Dokumentation Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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l7. Dokumentation zur Preisverleihung 2022


© Michael Conrad

EINFACH. MEHR. LEISTUNG.

Hochmoselbrücke

www.seh-engineering.de


Inhalt

Geleitwort Dr.-Ing. Dirk Jesse 1 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2022 – Impressionen aus den Jurysitzungen Vorwort Prof. Dr.-Ing. M.Arch. Lucio Blandini 5 Vorwort Preisträger 7 Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau, Gümmenen (CH) Auszeichnungen 13 Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (CH) 17 Djamaâ el Djazaïr – Die Große Moschee von Algier, (Algerien) Shortlist Kandidaten 22 Hochmoselbrücke im Zuge des Hochmoselübergangs B 50 neu bei Zeltingen-Rachtig (D) 24 Stuttgarter Holzbrücke an der Birkelspitze, Weinstadt im Remstal (D) Weitere Einreichungen (Reihenfolge gemäß Posteingang) 26 Aufzug Petersberg, Erfurt (D) 28 Arnulfparkbrücke, München (D) 30 Grundinstandsetzung und Sanierung der Stahl-Glasfassaden der Neuen Nationalgalerie, Berlin (D) 32 Hochwasserschutzanlage Niederhafen, Hamburg (D) 34 Stade de la Tuilière, Lausanne (CH) 36 Geh- und Radwegbrücke über die Mur, Gratwein-Straßengel und Gratkorn (D)

17. Ingenieurbaupreis

38 Bogenfachwerkbrücke, BW380f AK Fürth/Erlangen im Zuge der A 3 (D)

Sonderpublikation

40 Capricorn Brücke, Mediahafen Düsseldorf (D)

© 2022 Ernst & Sohn GmbH Rotherstraße 21 10245 Berlin

42 Die raumgreifende Überdachung des ZOB Leverkusen (D) 44 SRF Campus, Zürich (CH)

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022


Inhalt

46 Fuß- und Radwegebrücke am Mozartturm, Darmstadt (D) 48 Fahrradparkhaus, Nürnberg (D) 50 Roche Multifunctional Workspace Building, Grenzach-Wyhlen (D) 52 Neues Verlagshaus der Tageszeitung taz, Berlin (D) 54 Neue Bahnbrücke Kattwyk, Hamburg (D) 56 Neubau der Neckarbrücke Benningen (D) 58 Academy Museum of Motion Pictures, Los Angeles (CA, USA) 60 Illerbrücke – Instandsetzung der denkmalgeschützten Stampfbetonbrücke, Illerbeuren (D) 64 Sanierung der historischen König-Ludwig-Brücke, Kempten (D) 66 Space Cube, Hannover (D) 68 Alstadtring Tunnel München – Verstärkung von Block 34 unter laufendem Verkehr (D) 70 Neubau der Schorgasttalbrücke mit Galerie über die DB im Zuge der Ortsumfahrung Untersteinach (B 289) (D) 72 smartBRIDGE, Hamburg (D) 74 Neubau Zweite Hinterrheinbrücke, Ersatz Überführung A 13, Reichnenau (CH) 76 Himmelhausmattesteg: Die Hängebrücke am Seilnetz, Trubschachen (CH) Historie / Impressum

Unterstützt durch:

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022


Geleitwort

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2022 – Impressionen aus den Jurysitzungen Dr.-Ing. Dirk Jesse

Mit dem neuen „alten“ Namen kehrt der Verlag zurück zu den Wurzeln des Preises, wie er im Jahre 1988 von Dr.-Ing. Klaus Stiglat ins Leben gerufen und seither im Abstand von zwei Jahren durch den Verlag vergeben wird. Wie so oft im Leben, zwingen die äußeren Umstände zu Anpassungen und Veränderungen und so musste der Verlag die aktuelle Auslobung (hoffentlich einmalig), die nunmehr 17. Auslobung des Preises coronabedingt um ein Jahr verschieben. Zum Ausgleich wurde der Fertigstellungszeitraum für Bauwerke um ein Jahr erweitert, sodass kein „verlorenes Jahr“ für fertiggestellte Bauprojekte entstand. Vor drei Jahren entschied sich der Verlag dazu, die bis dahin stets eintägigen Jurysitzungen aufzuteilen, vorrangig, um der Jury mehr Zeit für die Begutachtung der großen Bandbreite unterschiedlichster Bauwerke einzuräumen. Zugleich war es ein Anliegen des Verlags, einfach mehr der vielen ein-

genieurbaus eingereicht, darunter 16 Brückenbauwerke. Die Bauprojekte befinden sich mehrheitlich in Deutschland und der Schweiz, jeweils ein Wettbewerbsbeitrag wurde in den USA und in Algerien gebaut. Keine Einreichung erhielten wir in diesem Jahr aus Österreich – auch ging trotz der deutlich gestiegenen Zahl der Einreichungen, der Anteil internationaler Bauprojekte spürbar zurück.

drucksvollen Wettbewerbsbeiträge in der Öffentlichkeit vorzustellen, was über die Shortlist gelungen ist. Ganz nebenbei ist der Prozess dann auch spannender. Beide Effekte waren bereits bei der letzten Auslobung positiv spürbar. Dazu haben wir die Jury spürbar verkleinert, was der fachlichen Diskussion zum jeweiligen Projekt mehr Zeit und Raum gab und dies kam am Ende dem Wettbewerb um die besten Einreichungen zugute. Im Namen des Verlages möchte ich mich daher herzlich bei allen diesjährigen Jurymitgliedern für das große Engagement und die sehr angenehme Atmosphäre während der beiden Sitzungen bedanken.

Die erste Jurysitzung zum Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022 fand am 13. November 2021 in Berlin statt. Die siebenköpfige Jury, bestehend aus erfahrenen Bauingenieuren aus Wissenschaft, Praxis sowie Behörden und Verbänden, stellt der Verlag Ernst & Sohn vor jeder Auslobung des Preises neu zusammen. Jeder Preis erhält seine eigene Jury. Um Interessenskonflikte in der Entscheidungsfindung zu vermeiden, haben Jurymitglieder bei Wettbewerbsbeiträgen, bei denen sie persönlich oder über das Arbeitsumfeld involviert sind, kein Stimm- und Mitspracherecht.

Damit ist aber mit den Veränderungen noch nicht Schluss, denn das öffentliche Leben leidet nach wie vor unter den Einschränkungen, welche uns COVID-19 auferlegt. Der Verlag verzichtet deshalb auf die bisher im Februar stattfindende feierliche Preisübergabe. Wir werden die persönliche Übergabe der Urkunden und Preisplaketten mit den Einreichern individuell abstimmen und selbstverständlich in den üblichen Social-MediaKanälen darüber berichten.

Nach Festlegung der Shortlist, traf sich die Jury am 13. Januar 2022 zur Findung des Preisträgers und möglicher Auszeichnungen erneut. Beide Sitzungen waren geprägt von leidenschaftlichen Fachdiskussionen rund um die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Projekts bezüglich der Wertungskriterien Konstruktion, Innovation, Interdisziplinarität, Ästhetik und Nachhaltigkeit.

In diesem Jahr wurden insgesamt 32 Wettbewerbsbeiträge aus allen Bereichen des In-

Schließlich legte sich die Jury auf den diesjährigen Preisträger fest, die Erneuerung des Saaneviadukts einschließlich Doppelspur-

Foto: © Lydia Brandes Ernst & Sohn

Drei Jahre nach der letzten Preisverleihung ist es endlich wieder so weit. Zum 17. Mal lobte der Verlag Ernst & Sohn im Frühjahr 2021 seinen Ingenieurbaupreis aus, um die Leistungen der Bauingenieure zu würdigen und in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Jurymitglieder von links nach rechts: Dr.-Ing. Dirk Jesse (Sitzungsleitung, Ernst & Sohn), Dr.-Ing. Bernhard Hauke (Red.„Stahlbau“, Ernst & Sohn), Dipl.-Ing. Oliver Zscherpe (LEONHARD WEISS), Dipl.-Ing. Sandra Niebling (schlaich, bergermann partner), Dipl.-Bauing. Daniel Meyer (sia – Schweizer Ingenieur- und Architektenverein), Prof. Conrad Boley (Universität der Bundeswehr München), Prof. Jan Akkermann (KREBS + KIEFER), Prof. Lucio Blandini (Werner Sobek AG)

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Geleitwort

Der Verlag bedankt sich an dieser Stelle bei den Mitgliedern der Jury für ihr Engagement und sieht der Auslobung des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2024 bereits mit Freude entgegen. „Der Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis hat für mich als Beratender Ingenieur den Gewinn, dass wir mit den hochqualifizierten Einreichungen und den herausragenden Auszeichnungen an die Außenwelt tragen können, wie wir die Leistungen des Bauingenieurwesens darstellen können.“ – Prof. Dr.-Ing. Jan Akkermann (KREBS + KIEFER) Shortlist Aus 32 hochkarätigen Einreichungen sind dafür nominiert: Djamaâ el Djazaïr – Die Große Moschee von Algier (DZ) Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau Gümmenen (CH) Hochmoselbrücke im Zuge des Hochmoselübergangs ‚B 50 neu‘ bei ZeltingenRachtig (D) Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (CH) Stuttgarter Holzbrücke an der Birkelspitze, Weinstadt im Remstal (D)

Weitere Einreichungen

Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau, Gümmenen (Schweiz) Preisträger des Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises 2022 ist das Projekt „Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau, Gümmenen (Schweiz)“. Das Bauwerk reagiert in vorbildlicher Weise auf aktuelle Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Ressourcenerhaltung. Der zweigleisige Ausbau fördert die Mobilitätswende. Das Viadukt erhält dadurch gesellschaftliche Relevanz und leistet einen zeitgenössischen Beitrag zur Baukultur. Der rücksichtsvoll kreative und subtile Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestandsbauwerk überzeugte die Jury. Die neuen Tragelemente fügen sich unaufgeregt in das Bild des Gesamtbauwerks ein. Auf Basis eingehender rechnerischer und materieller Analysen des Bestands gelang eine signifikante Aufwertung des Bauwerks. Insbesondere aufgrund des Ausbaus von Einzel- auf Doppelspur und der damit verbundenen, weitaus höheren Lasten, ist der geringe Eingriff in die Natursteinkonstruktion bemerkenswert. Die Konzeption des neuen Schottertrogs in Segmentbauweise ermöglichte die Weiterleitung der Zusatzlasten weitgehend ohne Verstärkungen. Die lokalen Erweiterungen durch eine Verbundkonstruktion aus Stahlbeton mit vorgesetztem Mauerwerk fügen sich respektvoll in die ursprüngliche Gestaltungsidee ein. Die bestehende alte Stahlfachwerkbrücke wurde durch eine neuzeitig interpretierte und dennoch klassische Lösung ersetzt.

Foto: © Johannes Frese und Max Sänger

Aufzug Petersberg, Erfurt (D) Arnulfparkbrücke, München (D) Neue Nationalgalerie Berlin (D) Hochwasserschutzanlage Niederhafen, Hamburg (D) Stade de la Tuilière, Lausanne (CH) Geh- und Radwegbrücke über die Mur, Gratwein-Straßenengel und Gratkorn (D) Bogenfachwerkbrücke BW380f AK Fürth/ Erlangen (D) Capricorn Brücke Mediahafen Düsseldorf (D) Zentraler Omnibusbahnhof Leverkusen (D) Hochmoselbrücke (D) SRF Campus, Zürich (CH) Fuß- und Radwegebrücke am Mozartturm, Darmstadt (D) Fahrradparkhaus, Nürnberg (D) Roche Multifunctional Workspace Building, Grenzach-Wyhlen (D) Neues Verlagshaus der Tageszeitung taz, Berlin (D) Neue Bahnbrücke Kattwyk, Hamburg (D) Neubau der Neckarbrücke Benningen (D) Academy Museum of Motion Pictures, Los Angeles (CA, USA) Illerbrücke Illerbeuren (D) König-Ludwig-Brücke, Kempten (D) Space Cube, Hannover (D) Altstadtring Tunnel - Verstärkung Block 34, München (D) Stuttgarter Holzbrücke an der Birkelspitze, Weinstadt (D) Schorgasttalbrücke, Untersteinach (D) smartBRIDGE Hamburg (D) Zweite Hinterrheinbrücke, Graubünden (CH) Himmelhausmattesteg, Trubschachen (CH) Knies Zauberhut, Rapperswil (CH) Neubau Firmensitz Max Felchlin AG, Ibach (CH)

Preisträger 2022

Abstimmung der Jury (v. l. n. r.: Prof. Conrad Boley, Dipl.-Ing. Sandra Niebling, Prof. Lucio Blandini, Dipl.-Bauing. Daniel Meyer

2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Johannes Frese und Max Sänger

ausbau, Gümmenen (Schweiz), eingereicht durch das Ingenieurbüro Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH aus Arwangen (Schweiz). Weiterhin entschied sich die Jury dafür, Auszeichnungen an die Djamaâ el Djazaïr – Große Moschee von Algier (Algerien) und das Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (Schweiz) zu vergeben.

Begutachtung der Einreichungen (v. l. n. r.: Prof. Lucio Blandini, Dr.-Ing. Bernhard Hauke, Prof. Conrad Boley)


Foto: © FürstLaffranchi

Geleitwort

Saaneviadukt

Die Jury würdigt den sorgfältigen und ressourcenschonenden Umgang mit dem Viadukt und ist beeindruckt von der Selbstverständlichkeit dieser komplexen und anspruchsvollen Umbaumaßnahme. Projektbeteiligte: Einreicher / Verantwortliches Ingenieurbüro (Projektverfasser, Bauleitung): Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH Ausführende Baufirma (Baumeister, Hauptunternehmung): Frutiger AG Bauherr (Projektleiter): BLS Netz AG Architekt (Beratung für Gestaltung): FLURY und RUDOLF Architekten AG Vorfabrikation Schottertrog: Fanger Elementtechnik AG Stahlbau: Schneider Stahlbau AG Stahlbau: Senn AG Natursteinmauerwerk: Villapierre AG Vorspannung: VSL (Schweiz) AG

tes stählernes Raumfachwerk entworfen. Eine besondere Herausforderung stellte die Beherrschung der hohen Erdbebeneinwirkungen auf die unterschiedlichen Tragwerkstypologien und deren Gründung dar. Die in Algerien erstmals ausgeführte seismische Isolierung des bis zu 32.000 Gläubige fassenden Gebetssaales in einer Kombination aus Gleitpendellagern und viskosen Dämpfern garantiert eine hohe Erdbebensicherheit. Es ist den Entwurfsverfasser:innen gelungen, die hohen ästhetischen Ansprüche mit den technischen Anforderungen in Bezug auf anzusetzende Belastungen und Dauerhaftigkeit elegant in Einklang zu bringen. Projektbeteiligte: Einreicher / Verantwortliches Ingenieurbüro (Tragwerksplanung): KREBS+KIEFER

Ingenieure GmbH Ausführende Baufirma (Generalunternehmer): China State Construction Bauherr (Generaldirektor: ANARGEMA) – Architekt (Architektur / Generalplanung): KSP Engel GmbH Generalplanung (in ARGE)/Bauüberwachung: KREBS+KIEFER International GmbH Planung Technische Gebäudeausrüstung: Klett Ingenieur GmbH Gründungsberatung: Smoltczyk & Partner GmbH Windgutachten: Wacker Ingenieure GmbH Seismische Isolatoren und Dämpfer: Maurer SE Schleuderbetonstützen: Fuchs Europoles GmbH

Auszeichnungen 2022 Djamaâ el Djazaïr – Die Große Moschee von Algier (Algerien)

Hinter dem einheitlichen Erscheinungsbild der Moschee verbergen sich zahlreiche, für die einzelnen Teilbauwerke geschickt gewählte Tragsysteme. So wurde der hohe, schlanke Turm des Minaretts als duktile Stahlverbundkonstruktion ausgebildet und die Kuppel über dem Gebetssaal als effizien-

Foto: © KREBS+KIEFER

Die Große Moschee von Algier ist ein monumentales Sakralbauwerk und überzeugt die Jury durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit der internationalen Projektbeteiligten bei der Vielzahl der technischen Herausforderungen.

Moschee Djamaâ el Djazaïr, Algier

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Audemars Piguet

Geleitwort

Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (Schweiz) Das Museum überzeugte die Jury insbesondere mit Innovation im Konstruktiven Glasbau sowie der hohen Gestaltungsqualität und deren Umsetzung im Detail. Die Idee, für die Ausstellung und Manufaktur des Uhrenherstellers eine eigene Identität zu erschaffen, spiegelt sich in der Architektur des Bauwerks wider. Die Geometrie mit gegenläufigen Kreisen simuliert die Unruh eines Uhrwerks. Zudem fügt sich das Gebäude durch die transparente Bauweise mit den begrünten Dachflächen ausgesprochen harmonisch in die umgebende Landschaft ein. Dies gelingt durch die schlüssige ingenieurtechnische Planung und Realisierung. Das innovative Tragwerk nimmt sich zurück und ist durch seine aussteifenden, gekrümm-

4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

ten Glaselemente kaum wahrnehmbar. Die raumhohen Verbundgläser übernehmen den kompletten vertikalen sowie horizontalen Lastabtrag und sind zugleich Teil der thermischen Hülle. Die Tragwerksplanung wurden durch umfangreiche Bauteilversuche validiert und durch die gewonnenen Erkenntnisse optimiert. Den Ingenieur:innen ist es hervorragend gelungen, die tragende Struktur und raumbildende Fassade miteinander zu verschmelzen und hierdurch eine ästhetisch überzeugende Identität zu schaffen. Projektbeteiligte: Einreicher / Verantwortliches Ingenieurbüro (Projektleiter, Tragwerksplanung Tiefbau, Massivbau): Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG Ausführende Baufirma (Projektleiter

Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (CH)

Ausführung Stahlbau/Glasbau): FRENER & REIFER GmbH Bauherr (Projektleiter Bauherrschaft): Audemars Piquet Architekt (Projektleiter Architektur): B.I.G. ARCHITECTURE Lokaler Architekt, Bauleitung: CCHE Massivbau: INDUNI & CIE SA Bauphysik: Estia Glasverarbeitung: SFL Glastechnik Thermische Glasspannungsanalysen: concepts4glass GmbH & Co. KG Bauteilprüfungen: Kompetenzzentrum für Gebäudehüllen, Hochschule Luzern

Kontakt: ingenieurbaupreis@ernst-und-sohn.de www.ingenieurbaupreis.de


Vorwort

Vorwort Prof. Dr.-Ing. M.Arch. Lucio Blandini

Es ist immer wieder beindruckend zu sehen, wie vielfältig die Leistung der Bauingenieur:innen ist – und welche Verantwortung für unsere Gesellschaft damit verbunden ist! Dies wurde mir besonders deutlich vor Augen geführt, als am Tag der Jurysitzung des 17. Ernst & Sohn Ingenieurbaupreises die eingereichten Projekte zu bewerten waren. Kleine und große Infrastrukturprojekte, Museen, monumentale Sakralbauwerke, innovative Hochbauprojekte – all die eingereichten Projekte zeigten eindrucksvoll, welche Breite an Themen mit unserem spannenden Beruf assoziiert werden können. In manchen Sektoren wie im Brückenbau sind Bauingenieur:innen leicht als «Autor:innen» identifizierbar; in manchen anderen sind die Bauwerke das Ergebnis eines sehr gut abgestimmten Teams, in dem der Ingenieursbeitrag neben dem vieler anderer Sparten steht. Auch das Spektrum an angewendeten Materialen ist sehr breit: Holz, Stahl, Glas, Beton, Mauerwerk, Stoff etc.

Prof. Lucio Blandini

Ausgehend von solchen Grundgedanken war es mir persönlich besonders wichtig, das Verantwortungsbewusstsein der beteiligten Planer:innen auch bei den Auszeichnungen widergespiegelt zu sehen. Die Vielfalt der Bauwerke hat die Juryarbeit nicht leicht gemacht, da eine Bewertung und Priorisierung komplexer wurden. Die Tatsache, dass Hintergrund und Blickwinkel der Jury-Mitglieder zum Teil sehr unterschiedlich waren, hat die Diskussion auf positive Art und Weise angeregt. Dank eines offenen und aufrichtig gehaltenen Austauschs kamen wir relativ schnell zu einer konvergierenden und gut begründbaren finalen Entscheidung. Diese ergebnisoffene Diskussion empfanden wir alle als sehr bereichernd.

troffen, dass die Honorierung der sehr gut gelösten Ertüchtigung und Modernisierung eines denkmalgeschützten Brückenbauwerks und die Auszeichnung von zwei neuen Hochbauprojekten genau das richtige Signal setzen. Ressourcenschonung und Umweltschutz werden immer wichtiger, und der Einsatz wertvoller Ressourcen ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn schöne, durchdachte und nützliche Bauwerke entstehen. Dieser Preis soll von daher als Ermutigung für eine Berufssparte dienen, die oft lieber hinter den Kulissen steht. Es ist wichtig, dass unsere Rolle in der Gesellschaft stärker wahrgenommen wird, denn wir können einen wichtigen Beitrag leisten. Voraussetzungen dafür sind Kreativität, Mut zur Innovation und ein Bewusstsein für den richtigen Umgang mit der Umwelt.

Gemeinsam haben wir die Entscheidung ge-

Lucio Blandini

Fotos: © Johannes Frese und Max Sänger

Der Entwurf von Tragwerken, die Wahl der bestmöglichen Materialien und die Entwicklung der Konstruktion fordern Kreativität ebenso wie synthetische und analytische Fähigkeiten. In Anbetracht der maßgebenden Rolle des Bauwesens bei der Verwendung von natürlichen Ressourcen, beim Energieverbrauch, bei der Erzeugung von Treibhausgasemissionen und bei der Entstehung von Abfall haben die Entscheidungen von Ingenieur:innen eine viel größere Tragweite, als

dies bei den einzelnen Projekten auf einem ersten Blick vermutet werden könnte. Durch unser Handeln können deutlich weniger natürliche Ressourcen verbraucht werden – durch unsere Entscheidungen können wir einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Reduktion des Abfallaufkommens leisten! Hinzu kommt die Tatsache, dass nützliche und schöne Bauwerke in der Regel länger Bestand haben und identitätsstiftend wirken. Sie prägen das Stadtund Infrastrukturbild und begleiten manchmal sogar mehrere Generationen. Ein wesentlicher Bestandteil von Baukultur – geprägt von Ingenieur:innen!

Dipl.-Bauing. Daniel Meyer, Prof. Conrad Boley, Dipl.-Ing. Sandra Niebling und Prof. Jan Akkermann in reger Diskussion während der Jurysitzung (v. l. n. r.)

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Richard J. Dietrich

Faszination Brücken Baukunst. Technik. Geschichte.

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richard J. Dietrich

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Preisträger

Foto: © Luca Ferrario

Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau Gümmenen (CH)

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Luca Ferrario

Foto: © Luca Ferrario

Preisträger

Begründung der Jury

Die Erneuerung des Saaneviadukts überzeugte die Jury durch den respektvollen und subtilen Umgang mit dem Bestandstragwerk. Die neuen Tragelemente fügen sich unaufgeregt in das Bild des Gesamtbauwerks ein. Durch den maximalen Erhalt der Originalsubstanz leistet das Projekt einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum Denkmalschutz. Insbesondere und aufgrund des Ausbaus von Einzel- auf Doppelspur und der damit verbundenen höheren Lasten ist der geringe Eingriff in die Natursteinkonstruktion bemerkenswert. Die bestehende alte Stahlfachwerkbrücke wurde durch eine neuzeitig interpretierte und dennoch klassische Lösung ersetzt. Die Jury würdigt

den sorgfältigen und ressourcenschonenden Umgang mit dem Viadukt und ist beeindruckt von der Selbstverständlichkeit dieser komplexen und anspruchsvollen Umbaumaßnahme. Aufgabenstellung

Der um 1901 erbaute Saaneviadukt ist einer der bedeutendsten Eisenbahnviadukte der Schweiz. Unter Beachtung seines Denkmalwerts mit der Vorgabe, die Bausubstanz möglichst ungeschmälert zu erhalten, wurde der 120 Jahre alte Saaneviadukt erneuert und auf Doppelspur ausgebaut. Dabei wurden die Natursteinviadukte instand gesetzt, die Schottertröge auf den Viadukten erneuert sowie das historische und filigrane Eisenfachwerk der Hauptöffnung ersetzt.

Einreicher/ Ingenieurbüro: Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH, Aarwangen (CH) Bauherr: BLS Netz AG, Bern (CH)

Flury und Rudolf Architekten AG, Solothurn (CH) Ausführende Baufirma: Frutiger AG, Thun (CH)

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Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Luca Ferrario

Architekt:


Grafik: Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH

Preisträger

Das Bauwerk weist eine Gesamtlänge von 399 m auf und gliedert sich in zwei beidseitig der Saane liegende Abschnitte aus Naturstein, welche durch ein leichtes Stahlfachwerk miteinander verbunden sind. Im westlichen Bauabschnitt wurde der bestehende eingleisige Schottertrog durch einen neuen, beidseitig 3,35 m über das Mauerwerk auskragenden Schottertrog aus vorfabrizierten Betonelementen ersetzt. Der östliche Bauabschnitt wurde infolge der Erhöhung der Aus-

baugeschwindigkeit der Bahnstrecke und dadurch größeren Kurvenradien in Natursteinbauweise verbreitert. Das Eisenfachwerk der Hauptöffnung wurde durch eine moderne Stahlbetonverbundbrücke ersetzt. Erläuterung der Gestaltung

Der historische Viadukt ist einfach, klar und neoklassizistisch gestaltet. Sämtliche bauliche Maßnahmen sind diesem Prinzip untergeord-

Foto: Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Luca Ferrario

Preisträger

net, wobei mit dem Doppelspurausbau neue klare Linien geschaffen werden, welche die Einfachheit des bestehenden Bauwerks unterstreichen. Der Gestaltung des Fachwerks lag der Wunsch zugrunde, den Kräfteverlauf durch die Gestalt der Fachwerkmasche ablesbar zu machen und dennoch möglichst transparent zu halten. Wahl der Baustoffe

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Der Saaneviadukt konnte mit maximalem Erhalt der Originalsubstanz erneuert und auf Doppelspur ausgebaut werden. Dank dem weitgehenden Erhalt der bestehenden Bausubstanz wurde ein äußerst nachhaltiges Bauwerk mit minimalem Materialaufwand erzielt, ohne dass seine Bedeutung als Baudenkmal geschmälert wurde.

Sämtliche neue Bauteile ordnen sich dem gestalterischen Ziel unter, das Bauwerk in seiner Einfachheit und Klarheit nicht zu schwächen und die neuen Elemente zurückhaltend und im Einklang mit dem historischen Bestand zu gestalten. Diesem Prinzip unterlag auch die Wahl der Baustoffe, welche durch die bereits bestehende Bausubstanz vorgegeben wurde.

Der Doppelspurausbau des Viadukts verlangte eine vertiefte Auseinandersetzung mit der bestehenden Bausubstanz. Die Abtragung der deutlich größeren Einwirkungen aus dem Bahnbetrieb sowie die Berechnung der Temperaturverformungen des gesamten Viadukts erforderten ein vertieftes Verständnis des Tragverhaltens des Natursteinviadukts und sein Zusammenwirken mit den neuen Elementen. Die Konfiguration der variablen Fachwerkmasche visualisiert den Kräfteverlauf und stellt eine raffinierte und innovative Antwort auf die hohen gestalterischen Ansprüche an das denkmalgeschützte Bauwerk dar. 10

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Luca Ferrario

Besondere Ingenieurleistung


Foto: © Luca Ferrario

Preisträger

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Bernhard Hauke, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, Institut Bauen und Umwelt (Hrsg.)

Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Klimaschutz Bernhard Hauke (Hrsg.) Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Klimaschutz

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Bernhard Hauke (Hrsg.)

Konstruktive Lösungen für das Planen und Bauen Aktueller Stand der Technik

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Das Buch betrachtet die Themen Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Klimaschutz. Das Bauwesen hat hier eine wichtige Rolle. Für die von den Bauingenieuren verantworteten Hauptstrukturen wird eine Übersicht zu den technischen Möglichkeiten für das Planen und Bauen gegeben.

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Foto: © Audemars Piguet

Auszeichnungen

Musée Atelier Audemars Piguet, Le Brassus (CH) Begründung der Jury

Die Idee, für die Ausstellung und Manufaktur des Uhrenherstellers eine eigene Identität zu erschaffen, spiegelt sich in der Architektur des Bauwerks wider. Die Geometrie mit gegenläufigen Kreisen simuliert die Unruh eines Uhrwerks. Nach Ansicht der Jury fügt sich das Gebäude durch die transparente Bauweise mit den begrünten Dachflächen ausgesprochen harmonisch in die umgebende Landschaft ein. Das innovative Tragwerk nimmt sich zurück und ist durch seine aussteifenden, gekrümmten Glaselemente kaum wahrnehmbar. Den InEinreicher/Ingenieurbüro:

genieur:innen ist es hervorragend gelungen, die tragende Struktur und raumbildende Fassade miteinander zu verschmelzen. Aufgabenstellung

Das Projekt orientierte sich an der Zielstellung, den Wertekanon der Schweizer Uhrenmanufaktur Audemars Piguet architektonisch adäquat widerzuspiegeln. Der Neubau eines Uhrenmuseums mit Schauwerkstatt bildete den Kern der Aufgabenstellung. Das Gebäude ist hohen Schneelasten sowie saisonal sehr tiefen Temperaturen bis weit unter -20 °C ausgesetzt. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz waren wichtige Entwurfsparameter.

Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG, Zürich Bauherr: Audemars Piguet, Le Brassus Architekt: BIG Architects, New York; CCHE, Lausanne Foto: © Iwan Baan

Ausführende Baufirma: FRENER & REIFER GmbH, Brixen (Stahl- und Glasbau) INDUNI & CIE SA, Petit-Lancy (Massivbau) Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Grafik: Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG

Auszeichnungen

Beschreibung der Hauptkonstruktion

Foto: © Ambroise Tezenas

Eine Leichtbaukonstruktion bestehend aus einem Stahldach und tragenden Glaswänden als ausschließliche vertikale Tragelemente bildet die oberirdische Tragstruktur des spiralförmigen Gebäudes; sie lagert auf einem Untergeschoss in Massivbauweise. Die Dachkonstruktion aus Stahl besteht aus regelmäßig radial angeordneten Querträgern, die zwischen Metallkassetten aus Stahl montiert sind.

Randprofile entlang der Fassade vervollständigen die Struktur. Im Auge der Spirale gewährleistet ein Stahlrost aus primären Stahlprofilen und kürzeren Sekundärträgern die stützenfreie Überdachung des zentralen Raums mit 9,40 m Durchmesser. Die entwickelten lastabtragenden Verglasungen nehmen sowohl die vertikalen als auch die gesamten horizontalen Lasten auf. Die Vertikallasten treffen entsprechend den Lasteinzugsflächen jeweils an zwei Punkten auf die strukturellen Glaselemente. Die Horizontallasten hingegen wirken

1 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022


Auszeichnungen global auf das Gebäude. Hier werden über die schubsteif ausgebildete Dachkonstruktion und begünstigt durch die Spiralgeometrie gleichzeitig mehrere Glasscheiben für die Lastabtragung aktiviert. Erläuterung der Gestaltung

Foto: Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG

Eine gegenläufige Doppelspirale als Grundform bildet das wesentliche Gestaltungselement. Sämtliche vertikalen Tragelemente des oberirdischen Gebäudeteils sind als Ganzglaskonstruktionen ausgeführt, wodurch eine bemerkenswerte Transparenz erzielt wird. Wahl der Baustoffe

Besondere Ingenieurleistung

Die Realisierung einer komplexen, konsequent strukturell aktivierten Ganzglaskonstruktion aus gebogenen Scheiben wird den anspruchsvollen bauphysikalischen Fassadenanforderungen gerecht und stellt in dieser Form eine ingenieurtechnische Pionierleistung und ein bautechnisches Novum dar.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

In einer überzeugenden interdisziplinären Kooperation aller an Planung und Bau beteiligten Akteure gelang es, das Tragwerk und die Fassade zu einer strukturellen Einheit zu entwickeln und die einzigartige gestalterische DNA des Gebäudes in Form eines doppelspiralförmigen Glasbaus vom Entwurf in die gebaute Realität zu überführen.

Foto: © Ambroise Tezenas

Der Einsatz des Hauptbaustoffs Glas folgt hauptsächlich dem gestalterischen Anspruch an größtmögliche Transparenz und technische Exzellenz. Zur Begrenzung der vertikalen Belastung bei gleichzeitiger Notwendigkeit einer hohen Steifigkeit wurde das Dachtragwerk als leichte Stahlkonstruktion ausgeführt. Für das teilversenkte Untergeschoss wurde Stahlbeton als geeigneter Baustoff ausgewählt.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Konrad Bergmeister, Frank Fingerloos, Johann-Dietrich Wörner (Hrsg.)

Beton-Kalender 2022 Schwerpunkte: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Instandhaltung (2 Teile)

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der Beton-Kalender hat einen unvermindert hohen Stellenwert in den Planungsbüros in der Bauindustrie und bei Bauproduktenherstellern Autoren aus Praxis Normung und Forschung topaktuell: Hintergrundinformationen zur Notwendigkeit und den Zielen der DAfStb-Richtlinie „Belastungsversuche an Betonbauwerken”

Der Beton-Kalender 2022 ist solide Arbeitsgrundlage und topaktuelles, verlässliches Nachschlagewerk für die Planung und Nachrechnung von Betonbauwerken. Themenschwerpunkte sind Instandsetzung und Belastungsversuche von Betonbauwerken sowie die Digitalisierung im Bauwesen.

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Foto: © KREBS+KIEFER-Z.Zebar

Auszeichnungen

Djamaâ el Djazaïr – Die Große Moschee von Algier (Algerien) Jurybegründung

Das nach außen einheitliche Erscheinungsbild der Moschee besteht aus verschiedenen, geschickt gewählten Tragwerkssystemen. So wurde beispielsweise der hohe, schlanke Turm des Minaretts als duktile Stahlverbundkonstruktion ausgebildet und die Kuppel über dem Gebetssaal als effizientes stählernes Raumfachwerk entworfen. Eine

besondere Herausforderung stellte die Beherrschung der Bauzustände bei der Herstellung der Gründung in dieser sensiblen Erdbebenzone dar. Es ist den Entwurfsverfasser:innen nach Überzeugung der Jury gelungen, die hohen ästhetischen Ansprüche mit den technischen Anforderungen in Bezug auf die Erdbebensicherheit auf elegante Weise in Einklang zu bringen.

Einreicher/Ingenieurbüro: KREBS+KIEFER Ingenieure GmbH, Karlsruhe Bauherr: Agence Nationale de Réalisation et de Gestion de la Mosquée d‘Algerie (ANARGEMA), Algier Architekt: KSP ENGEL GmbH, Frankfurt/ Braunschweig Foto: KREBS+KIEFER

Ausführende Baufirma: China State Construction and Engineering Corp., Algier

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Grafik: KREBS+KIEFER

Auszeichnungen

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Mit dem Projekt initiierte der algerische Staat den Bau eines neuen nationalen Wahrzeichens als identitätsstiftende Landmarke, das weithin sichtbar in 500 m Entfernung von der Bucht von Algier gelegen ist. In der weltweit drittgrößten Moschee mit einer Bruttogeschossfläche von ca. 400.000 m² werden täglich bis zu 120.000 Besucher erwartet. Das Minarett mit einem Museum, Forschungseinrichtungen und einer Besucherplattform ist mit 265 m das weltweit höchste und gleichzeitig das höchste Gebäude Afrikas. Der gesamte Komplex beherbergt zudem ein Kongresszentrum, eine Bibliothek und eine Universität. Algier liegt in einer seismisch stark gefährdeten Zone.

Ein Stahlbetonsockel auf einer Grundfläche von 150 m x 150 m und ein Stahlraumfachwerk auf oktogonalen Stützen darüber gestalten den 72 m hohen Gebetssaal mit zweischaliger Kuppel. Die Horizontalaussteifung des komplett fugenlosen Bauteils erfolgt über die Wandund Dachebenen. Das als schlankes Hochhaus mit Gebäudefunktionen konzipierte Minarett erhielt für die Erdbebensicherheit eine kombinierte Barette-Plattengründung sowie ein in die vier Eckkerne integriertes Stahlverbundaussteifungssystem. Für die stilprägenden oktogonalen Kelchstützen wurde aus Gestaltungs- und Dauerhaftigkeitsgründen Schleuderbeton gewählt.

Foto: KREBS+KIEFER

Aufgabenstellung

1 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022


Foto: KREBS+KIEFER

Auszeichnungen

Erläuterung der Gestaltung

Das formale Konzept des Moscheekomplexes verfolgt eine zunehmende Geschlossenheit der Gebäude, um die Entwicklung vom offenen Kontakt mit der umgebenden Stadt zur kontemplativen Abgeschiedenheit des zentralen Gebetssaals zu verdeutlichen. Wahl der Baustoffe

Der in Algerien übliche Baustoff Stahlbeton wurde mit Baustahl kombiniert. Hierbei wurde bereits im Entwurf hinsichtlich Konstruktions-, Vorfertigungs- und Fügeformen Rücksicht auf die örtliche Realisierbarkeit genommen. Da mehrere, für Algerien innovative Bauformen gewählt wurden, fand erstmalig offiziell die europäische Normenfamilie der EN Anwendung. Besondere Ingenieurleistung

Der monumentalen Bedeutung als nationales Wahrzeichen verbunden mit höchsten Anforderungen an Erdbebensicherheit, Gestaltungsqualität und Dauerhaftigkeit war besondere Rechnung zu tragen. Die erheblich höher auszubildende Erdbebensicherheit wird beim sehr schlanken Minarett-Hochhaus durch ein dissipatives Stahlaussteifungssystem erzielt. Die transparente Innenraumgestaltung des Gebetssaals als lichtdurchflutete Säulenhalle ohne innere Aussteifungselemente sowie seine Bedeutung als Großversammlungsstätte bedingten seine komplette seismische Isolierung mittels Isolatoren und Dämpfern.

Foto: KREBS+KIEFER

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Es entstand ein weithin als nachhaltige Landmarke wahrgenommenes nationales Wahrzeichen mit hoher Aufenthaltsqualität. Die Realisierung der außerordentlichen Architektur in einem Starkbebengebiet gelingt nur in Verbindung von ingenieurseismologisch komplexen Lösungen und vor Ort robust zu verwirklichenden Konstruktionen. Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Weitere Einreichungen ...


Foto: © Rene Legrand

Shortlist Kandidat

Hochmoselbrücke im Zuge des Hochmoselübergangs B 50 neu bei Zeltingen-Rachtig Jurybegründung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Jury würdigt die anspruchsvolle Arbeit der Ingenieur:innen, welche sich durch eine enge Abstimmung zwischen Gründung, Pylonen und Überbau auszeichnet. Die einseitige Vormontage und der Einschub ohne Hilfsstützen reduzieren den erforderlichen Landschaftseingriff. Die Hochmoselbrücke ist eine der größten Talbrücken Deutschlands, die sich nach Überzeugung der Jury elegant in die Mosel-Kulturlandschaft einbettet.

Das als Deckbrücke ausgelegte Tragwerk ist 1702,35 m lang. Der einteilige Überbau ist eine über elf Felder durchlaufende stählerne Balkenbrücke mit einzelligem Kastenquerschnitt und orthotroper Fahrbahnplatte. Die Felder verfügen über Stützweiten von 104,00 m bis zu 209,52 m. Auf einer Gesamtbreite von 29,00 m werden zwei zweispurige Richtungsfahrbahnen mit Standspur und beidseitig angeordneten Kappen überführt. Der Überbau ruht auf zwei kastenförmigen Widerlagern und zehn tiefgegründeten Pfeilern.

Aufgabenstellung Erläuterung der Gestaltung

Die Hochmoselbrücke bildet das Kernstück eines Fernstraßenprojekts, das die Wirtschaftszentren und Nordseehäfen der Benelux-Staaten mit dem Ballungsraum Rhein/Main verbindet. Sie ist eine der größten Stahlbrücken in Deutschland, die sich in einer Höhe von ca. 160 m über das Moseltal spannt.

Die Hochmoselbrücke ist in ihrer Gestaltung und Konzeption an die 1987 fertiggestellte Sauertalbrücke angelehnt. Die Lage der Brücke in einem durch Weinberge geprägten Landschaftsbild machte es erforderlich, dass der Entwurf möglichst transparent und zurückhaltend wirkt. Dies wurde durch die Schlankheit der Pfeiler und Einpassung der Randfelder in die Hanglagen erreicht.

Einreicher/Ingenieurbüro: KLÄHNE BUNG Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Berlin Bauherr:

Ausführende Baufirma: SEH Engineering GmbH (vormals Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH, Hannover

2 2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Michael Conrad

Landesbetrieb Mobilität, Rheinland-Pfalz, Trier


Foto: © Michael Conrad

Foto: © Michael Conrad

Shortlist Kandidat

Wahl der Baustoffe

Der Stahlüberbau war in der Stahlgüte S355 ausgeschrieben, in der Detailbearbeitung zeigte sich das Erfordernis des teilweisen Einsatzes der Stahlgüte S460; die Betonbauteile sind durch übliche Betone bis zu einer Güte C50/60 geplant. Besondere Ingenieurleistung

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Der Bau der Hochmoselbrücke ist mit Weiterentwicklungen in Bezug auf wirtschaftliche Optimierungsprozesse und montagetechnologische Stahlbaulösungen verbunden.

Hierzu zählen: Konzept der statischen Analyse mit der Zielfunktion einer Optimierung und Verzahnung aller notwendigen Bemessungsschritte Beitrag zur Verifizierung der Beulnachweise Vertikalmanipulation des Pylons zur Variation der Seilvorspannung Patentiertes dezentrales Verschubsystem Entwicklung von konstruktiven Lösungen gegen Winderregung des Überbaus

Zeichnung: KLÄHNE BUNG

Die besondere Ingenieurleistung bestand in der Beherrschung der komplexen interagierenden ingenieurtechnischen Fragestellungen und der Findung der tragwerksplanerischen Lösung in einem engen Zeitkorsett. Die Tragwerkslösung – bestehend aus wirtschaftlicher Materialverteilung und machbarem Montagekonzept – forderte eine mehrfache rechnergestützte Optimierung, in die als Eingangsgrößen die einzelnen Bauzustände, der Endzustand, die Interaktion zwischen Haupttragwirkung und Quertragwirkung, die Erfüllung aller lokalen Stabilitätsnachweise (Beulen) und weitere Parameter eingingen. Die Konzeption des Standsicherheitsnachweises bestand in einem definierten Workflow, in dem die verschiedenen Parameter eingespeist und Änderungen innerhalb des Optimierungsprozesses sofort verarbeitet wurden.

Foto: © Michael Conrad

Die Hochmoselbrücke verlässt mit ihrer Größe die üblichen Dimensionen des Ganzstahlbrückenbaus.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Bastian Kratzke

Shortlist Kandidat

Stuttgarter Holzbrücke an der Birkelspitze, Weinstadt im Remstal Jurybegründung

Die Holzbrücke an der Birkelspitze beeindruckte die Jury damit, wie das Bauwerk in Form und Materialität überzeugend auf die örtlichen Randbedingungen reagiert. Der beidseitig eingespannte Holz-Betonverbundbalken ermöglicht eine überzeugende Schlankheit als integrale Geh- und Radwegbrücke. Die Seilnetzgeländerausfachung erzeugt Transparenz. Das Haupttragwerk aus Leimholzträgern wird durch die trageffiziente und dauerhafte Fahrbahn aus carbonfaserbewehrten Betonfertigteilen geschützt. Der Überbauträger wird mittels einer einfachen, originellen und robusten Fügung mit den Stahlbetonwiderlagern verbunden.

Insgesamt, so die Meinung der Jury, verdeutlicht die Brücke in bester Weise einen ganzheitlich innovativen Ansatz, der einen schlüssigen Weg zum ressourceneffizienten Bauen anbietet. Aufgabenstellung

Der Bedarf an „identitätsstiftenden und verbindenden” Fuß- und Radwegbrücken im Zuge der interkommunalen Remstal Gartenschau 2019 war der Anlass, das im Forschungs- und Entwicklungsprojekt neu entwickelte Konzept erstmals in die Praxis umzusetzen. Mit der Eröffnung der Remstal Gartenschau am 10. Mai 2019 wurden die Brücken Birkelspitze und Urbacher Mitte mit identischen lichten Öffnungsweiten von 32,20 m zur Nutzung übergeben.

Einreicher: Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG, Schwäbisch Hall Ingenieurbüro: knippershelbig GmbH, Stuttgart Bauherr: Stadt Weinstadt, Weinstadt Architekt:

Ausführende Baufirma: Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG, Schwäbisch Hall HF Hermann Fuchs Bauunternehmung GmbH, Ellwangen (Rohbau)

2 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Bastian Kratzke

cheret bozic architekten bda dwb, Stuttgart


Foto: © Bastian Kratzke

Zeichnung: © knippershelbig GmbH

Shortlist Kandidat

zu konservieren, schließlich ist der Holzüberbau durch den überstehenden Gehbelag vor Regenwasser sicher geschützt – die für den konstruktiven Holzschutz notwendigen 30° Einfallwinkel sind überall eingehalten. Um eine hohe Dauerhaftigkeit abzusichern, überwacht die MPA Stuttgart den Überbau an acht ausgewählten Stellen mittels permanenter Feuchtemess- und Temperatursensoren. Die Bauwerkslasten werden von den Widerlagern aufgenommen und über insgesamt 12 Mikropfähle (d = 63,5 mm) mit Längen von 6 bis 15 m in den Baugrund eingeleitet. Mit dem Ausbetonieren der Einbindebereiche wurde die kraftschlüssige Verbindung zu den Stahlbetonwiderlagern hergestellt.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das Haupttragwerk aus Leimholzträgern wird durch die trageffiziente und dauerhafte Fahrbahn aus carbonfaserbewehrten Betonfertigteilen geschützt. Der Überbauträger wird mittels einer einfachen, originellen und robusten Fügung mit den Stahlbetonwiderlagern verbunden. Die Form des Überbaus folgt dem Momentendiagramm des einfeldrigen Rahmentragwerks unter Gleichlast: Der Querschnitt reduziert sich von den Aufweitungen am Anschlusspunkt zum Widerlager mit hohem Einspannmoment auf ein Minimum am Momentennullpunkt und weitet sich in der Feldmitte wieder auf. Die Abtreppung verweist auf die Fertigungsmethode: Insgesamt 13, mit variierenden Ausrundungsradien im Leimbett geformte, jeweils 20 cm breite Brettschichtholzsegmente der Festigkeitsklassen GL28c/GL24h werden in liegender Position zum 2,6 m weiten und 93 cm hohen Brückenträger mit einem Gesamtvolumen von 45 m³ blockverleimt. Bereits in der Werkstatt wurden insgesamt 78 Betonrippenstähle mit 16 mm Durchmesser und Längen von 2,3 – 3 m bis zu 1,2 m tief in den 30 m langen, blockverleimten Träger eingeklebt. Diese Rippenstähle wurden dann auf der Baustelle in die Widerlager einbetoniert. Dadurch ist eine fugenlose Verbindung zwischen Hauptträger und Widerlager entstanden.

Wahl der Baustoffe

Im massiven Überbau aus blockverleimten Brettschichtholz, das aus Wäldern nahe dem Verarbeitungsort eingeschlagen wurde, ist klimaschädliches Kohlendioxid dauerhaft sequestriert. In den Massivholzkörpern der Brücken Birkelspitze und Urbacher Mitte sind so jeweils ca. 40 t Kohlendioxid dauerhaft gebunden, das während der Umtriebszeit der Bäume zu Glukose und Sauerstoff synthetisiert wurde. In Verbindung mit der niedrigen Verarbeitungsstufe ergibt sich verglichen mit anderen Brückenbaumaterialien ein unerreichbar geringes Niveau an aus Herstellung und Betrieb resultierenden Emissionen.

Erläuterung der Gestaltung Besondere Ingenieurleistung

Ein feuchtigkeitsempfindlicher Faseranschnitt ergibt sich so nur auf der Oberseite, die mit einem Quer- und Längsgefälle und einer diffusionsoffenen Abdichtung vor stauender Nässe geschützt ist. Eine Hirnholzversiegelung schützt den Kontaktbereich zum Stahlbetonwiderlager. Es nicht notwendig, weitere Teile des Massivholzkorpus

Die Neuentwicklung ist die erste integrale, also lager- und fugenlose Brücke: Träger und Widerlager sind monolithisch miteinander verbunden. Eingeklebte Gewindestangen aus Betonstahl, die mit entsprechender Übergreifungslänge in die Bewehrung des Widerlagers eingebunden sind, übertragen die Biegezug- und Normalkräfte zwischen Holzüber- und Stahlbetonunterbau.

Foto: © Schaffitzel Holzindustrie

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die integrale Stuttgarter Holzbrücke belegt die Nachhaltigkeit des ältesten Brückenbaustoffs und zeigt neue Möglichkeiten für dessen Gestaltsprache im Brückenbau auf. Das monolithische Tragwerk ohne Fugen und Lager ist wartungsarm und aufgrund des hohen Vorfertigungsgrads schnell montierbar. Zudem ergibt sich aus der monolithischen Fügung und der an der Herstellmethode ausgerichteten Querschnittsgestaltung eine eigenständige Gestaltsprache für diesen Brückentyp, die sich andernorts mit entsprechend variierenden Ausbauelementen leicht adaptieren und so auch an den jeweiligen Ort anpassen lässt. Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Schulitz Architekten

Weitere Einreichungen

Aufzug Petersberg, Erfurt Aufgabenstellung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Zitadelle Petersberg war vom angrenzenden Stadtzentrum aus bislang nicht barrierefrei erschlossen. Spätestens mit der BUGA 2021 gab es die Notwendigkeit, ein vertikales Erschließungselement zur Überwindung der etwa 14 m hohen Festungsmauer zu errichten, welches aber gleichzeitig möglichst wenig in die historische Bausubstanz eingreifen sollte.

Das Primärtragwerk der vertikalen, anthrazitfarbenen Stahlkonstruktion ist ein Fachwerkturm mit Auskreuzungen in der einen Richtung und einem Warrenverband (bildlich: Zick-zack-Verband) in die andere Richtung. Die Eckstützen des Fachwerkturms sind quadratische Hohlprofile QHP200. Sie stellen das Schachtgerüst für den Aufzug dar, tragen die Plattform und die beiden Stege und die gesamten Windlasten auf die Konstruktion. Die Stege sind schmal und außerordentlich schlank ausgeführt und am bastionsseitigen Auflager nur mit einem Gleitlager verbunden. Auf diese Weise kommen nur sehr geringe zusätzliche Lasten auf die historische Mauerkrone, sodass diese nicht verstärkt werden muss.

Die Lösung von Schulitz Architekten und Bollinger Grohmann Ingenieure sieht daher einen mit Abstand vor der Festungsmauer positionierten Aufzugsschacht und eine obere Anbindung durch filigrane Verbindungsstege vor. Die Plattform wird über in V-Form angeordnete Verbindungsgänge mit dem Festungsplateau verbunden.

Einreicher: Bollinger + Grohmann Ingenieure, Stuttgart Ingenieurbüro: Schulitz Architekten, Braunschweig, mit Bollinger + Grohmann Ingenieure, Stuttgart Bauherr: Stadt Erfurt, Erfurt

Schulitz Architekten, Braunschweig Ausführende Baufirma: Mühlbauer Stahl + Metallbau GmbH, Furth im Wald (Stahlbau) BR Ingenieurbau GmbH, Elxleben (Rohbau)

2 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Schulitz Architekten

Architekt:


Foto: © Schulitz Architekten

Foto: © Schulitz Architekten

Weitere Einreichungen

Die Stege haben eine fischbauchförmige Unterspannung aus einem Vollstab D65, der an den Enden aufgespreizt und an den Längsträgern verankert wird. Damit handelt es sich eigentlich um einen Dreigurt-Fachwerkträger mit gekrümmtem Untergurt. Die geneigten Pfosten stellen einen Warrenverband dar, der den Verband für ungleichförmige und v. a. auch einseitige Lastanordnungen (Torsion) aussteift. Die Hauptlasten werden jedoch nicht über den Verband, sondern durch den gekrümmten Untergurt getragen. Zusammen mit der günstigen statischen Höhe von 2,0 m auf 27,0 m Spannweite ergibt dieses auf Leichtigkeit getrimmte Tragwerk eine sehr filigrane und sparsame Konstruktion.

Besondere Ingenieurleistung

Die Besonderheit lag hier im Zusammentreffen der bestehenden schweren und wehrhaften Bastionsmauer mit einer modernen und leichten Stahlkonstruktion. Die alte Substanz wird zwar oftmals wertgeschätzt, aber aus Unsicherheit möglichst gar nicht angetastet. Dadurch können aufwendige und groteske Vermeidungskonstruktionen entstehen, die – auch wenn sie unsichtbar bleiben – kein gutes Verhältnis zur Vergangenheit bezeugen. Beim Lastabtrag der Stege auf die Festungsmauer werden Vertikal- und Horizontallasten über eine Stahlbetonplatte zentrisch in die Mauer eingeleitet. Ein paar halbtiefe Mikropfähle halten die Platte gegen Verdrehung.

Erläuterung der Gestaltung

Zeichnung: © Schulitz Architekten mit Bollinger Grohmann

Um das filigrane Erscheinungsbild nicht zu stören, wurde zur Schachteinhausung eine VSG-Vollverglasung mit einer besonders flachen Stahlaufsatzkonstruktion gewählt, welche direkt durch die Tragwerksglieder aufgenommen wird.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © SSF Ingenieure / Florian Schreiber

Weitere Einreichungen

Arnulfparkbrücke, München Aufgabenstellung

Erläuterung der Gestaltung

Die Fuß- und Radwegbrücke Arnulfparkbrücke überspannt 37 Gleise im Vorfeld des Hauptbahnhofs München. Sie ist die erste eigenständige gleisübergreifende Fuß- und Radwegverbindung abseits der großen Verkehrshauptrouten in München. Die Brücke bietet einen Zugang zur S-Bahn-Haltstelle Donnersbergerbrücke.

Die Seiten des konstant hohen Querschnitts bilden die allmählich ausknickenden Untergurtwangen und die oben wieder nach innen klappenden Pfosten und Obergurte. Die oberhalb des entstandenen Knicks angebrachten flächigen Verglasungen dienen als Berühr- und Wetterschutz. Sie reflektieren aufgrund der sich im Verlauf der Brücke ändernden Glasneigungen das Sonnenlicht und den Himmel. Der Träger ändert so im Tagesverlauf fortwährend seine Gestalt.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Bei dem im Jahre 2012 von der LH München ausgelobten Verhandlungsverfahren hat das von SSF Ingenieure und Lang Hugger Rampp Architekten erarbeitete elegante Vierendeelsystem überzeugt. Die Stahlkonstruktion der 240 m langen Brücke wurde mit Spannweiten bis zu 90 m über drei Felder realisiert. Die beiden Längsträger bilden mit dem orthotropen Gehweg einen Trogquerschnitt, der auf der Nordseite außerhalb des Bahnbereichs montiert und über die gesamte Bahnanlage abschnittsweise eingeschoben wurde.

Der Weg steigt entsprechend der erforderlichen Gradiente zur Trägermitte an und die Öffnungen in der Verglasung werden zur Mitte hin ebenfalls höher, was verstärkt durch den variablen Querschnitt einen gewissen Erlebniswert beim Überqueren der Brücke bietet. Kontrastierend zur Stahl-Glaskonstruktion des linearen Trägers wurden die in Sichtbeton gehaltenen Rampen- und Treppenanlagen durch Anordnung und Material optisch den Widerlagern und Stützen zugeordnet.

Einreicher/Ingenieurbüro: SSF Ingenieure AG, München Bauherr:

Architekt: Lang Hugger Rampp GmbH, München Ausführende Baufirma: ARGE Mayerhofer GmbH, Simbach am Inn Plauen Stahl GmbH, Plauen (Vogtland)

2 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Lang Hugger Rampp GmbH

Landeshauptstadt München


Foto: ©SSF ingenieure / Florian Schreiber

Foto: ©SSF ingenieure / Florian Schreiber

Weitere Einreichungen

Wahl der Baustoffe

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die tragenden Elemente der Stahlbrücke wurden in der Stahlgüte S355 und besonders beanspruchte Bereiche in S460 realisiert. Die Pfeiler und Widerlager wurden als Stahlbetonkonstruktion in C30/37 ausgeführt.

Seit der Inbetriebnahme zeigt sich, dass die Zielsetzung der Entwerfer, einen belebten Stadtbaustein mit Aufenthaltsqualitäten zu schaffen, erreicht ist und nicht nur passierende, sondern auch sich treffende Personengruppen den Ort mit Wetterschutz und großartigen Ausblicken von den Nischen des Trägers aus genießen.

Besondere Ingenieurleistung

Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Planungsdisziplinen macht Gestaltungen dieser Art erst möglich. Das herausragende Engagement des Bauherrn und die ebenso agierenden hochkompetenten Unternehmen in der Ausführung haben wesentlich zum Gelingen beigetragen.

Foto: © SSF Ingenieure

Eine wesentliche Herausforderung der Gesamtmaßnahme war zweifellos die Herstellung in dem beengtem Umfeld der Bahnanlagen. Der Stahlüberbau wurde von der nördlichen Seite her, in fünf Takten über vier im Gleisfeld befindliche Hilfsstützen, eingeschoben. Der Einschub erfolgte ohne Vorbauschnabel. Stattdessen kam eine in das Überbauende integrierte hydraulische Hubeinrichtung zum Höhenausgleich beim Auffahren auf die Verschublager zum Einsatz.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © BBR / Marcus Ebner

Weitere Einreichungen

Grundinstandsetzung und Sanierung der StahlGlasfassaden der Neuen Nationalgalerie, Berlin Aufgabenstellung

Denkmalgerechte Sanierung der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Stahlkonstruktion mit einem weitgespannten quadratischen Dach, das von außenliegenden Stützen getragen wird. Die Untergeschosse sind als Stahlbetonkonstruktion ausgebildet. Das Gebäude ist im Bereich des Untergeschosses auf Einzel- und Streifenfundamenten gegründet, im Bereich des tiefer liegenden Kellergeschosses auf einer Sohlplatte.

tischen Dachs beträgt 64,8 m; die Glaswände sind allseitig um 7,2 m zurückgesetzt und bilden so die Haupthalle. Das Dach wurde beim Bau als ein Gesamtelement von der Montagehöhe auf der Sockelplattform über die acht Stahlstützen gehoben und dort auf den vier Seiten auf je zwei Stützen abgesetzt. Der sich darunter ergebende Raum bildet die große, stützenfreie Haupthalle. Wahl der Baustoffe

Glas: Verbund-Sicherheitsglas mit Schubverbund mit teilvorgespanntem Glas aus Weißglas als Floatglas. Gesamtnenndicke einschließlich Verbundfolie 27,04 mm, zweischeibig aus 2 x 12 mm TVG, mit Zwischenschicht aus Folie mit Schubverbundwirkung.

Erläuterung der Gestaltung

Auf einer 105 × 110 m großen Granitterrasse setzt der quadratische Pavillon als Stahl-Glaskonstruktion auf. Die Kantenlänge des quadra-

Neue Stahlbauteile: Aus Stahl S355 J0 EN 10 027-1 hergestellt. Es kamen Sonderprofile zum Einsatz, die durch CNC-Fräsen oder ähnliche Bearbeitung gefertigt werden mussten.

Einreicher: flz | Stahl- und Metallbau Lauterbach GmbH, Putbus Ingenieurbüro: GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH, Berlin Bauherr:

Architekt: David Chipperfield Architects, Berlin Ausführende Baufirma: flz | Stahl- und Metallbau Lauterbach GmbH, Putbus

3 0 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © BBR / Thomas Bruns

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin


Foto: © Guenther Haussmann

Weitere Einreichungen

Bestandsstahlbauteile: Die Pfosten und Riegel der Bestandsfassadenkonstruktionen bestehen aus unberuhigt vergossenem Stahl mit überhöhten Gehalten an Schwefel und Phosphor.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die Mitwirkung an der „Ikone der Moderne“ stellte für das gesamte Planungs-, Fertigungs- und Montageteam eine neue Qualität dar.

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © northglas-flz

Zusammenspiel verschiedener Fachgebiete und Verfahren: Stahlbau, Glasbau, Schweißtechnik, Vermessung, Statik, Werkplanung, Bauteilversuche, Hochschulen und Werkstofflabore, Ingenieurbüros, Außenhandelskanzleien und internationale Banken, Containerschiffreedereien, Restauratoren und Beschichtungsstoffhersteller.

Zeichnung: flz Lauterbach

Sanierung und Erhalt der Bestandsstahlkonstruktion, Entwicklung von Schweißverfahren und Wärmebehandlungsverfahren an nur eingeschränkt schweißbaren Stählen, Einbau von Dehnpfosten, Einsatz von Glas als tragende aussteifende Elemente, Erwerb und Transport von Glas in Großformaten aus der Volksrepublik China, Einholung der ZIE für die Verglasung mit Schubverbund und für den Einsatz als aussteifende Elemente im Stahl-Glas-System, Denkmalgerechter Umgang mit der gesamten Bausubstanz, Wiederherstellung einer denkmalgerechten Beschichtungsoptik kombiniert mit einem hochwertigen Korrosionsschutz, Kombination von Ingenieurtechnik, Handwerk, Restaurierungsverfahren.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Piet Niemann

Weitere Einreichungen

Hochwasserschutzanlage Niederhafen, Hamburg Aufgabenstellung

Hamburg erneuert und verstärkt seine Hochwasserschutzanlagen. Der 625 m lange Abschnitt Niederhafen ist eine exponierte Lage Hamburgs mit der bekanntesten Hafenpromenade der Stadt und von überregionaler touristischer Bedeutung.

tion erfolgt zur Elbe hin durch eine Stahlspundwand mit dahinterliegendem Pfahlsystem aus schrägen und senkrechten Pfählen. Den Anschluss an die Gründungspfähle zwischen Baugrund und massivem Aufbau bildet die 1 m dicke Sohlplatte. Darauf folgt der Überbau aus Stahlbeton mit der Hochwasserschutzwand und der Stahlbetondecke. In dem Hohlraum zwischen Sohlplatte und Decke entstanden eine Parkgarage sowie Gewerberäume.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion Erläuterung der Gestaltung

Der Neubau ist als massives, tiefgegründetes Bauwerk ausgebildet. Da die neue Anlage insgesamt höher und breiter wurde, war auch ein Vorbau in die Elbe von 4,0 m bis zu 7,5 m hinein erforderlich. Die neue Flutschutzhöhe bis NN 8,90 m liegt bis zu 1,70 m über der vorhandenen Höhe und beinhaltet bereits zukünftig geforderte Ausbaureserven für höher werdende Sturmflutereignisse. Die Gründung der Konstruk-

Die Planung hat den zentralen Ansatz, die Promenade zum städtischen Umfeld und zum Wasser zu öffnen. Dazu wurde der aufgrund des Hochwasserschutzes gegenüber der Straßenebene hoch liegende, lineare Bau an den Punkten ausgehöhlt, wo Straßen aus dem angrenzenden Stadtteil auf die Anlage treffen. Sie bewirken dort Einschnitte als kegelartige Treppen.

Einreicher/Ingenieurbüro: Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg – Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, Hamburg Architekt: Zaha Hadid Architects, London

LOS 1: ARGE Niederhafen (Bilfinger Construction GmbH; Hochtief Solutions AG), Hamburg LOS 2: Hochtief Infrastructure GmbH, Hamburg

3 2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Zeichnung: © Zaha-Hadid

Ausführende Baufirma:


in die Elbe hinein verbreitert werden. Die Hinterfüllung der Hochwasserschutzwand unterhalb der Parkgarage musste unter Berücksichtigung der vorhandenen Weichschichten und der Biegung der Daueranker erfolgen. Hierzu wurden detaillierte Baugrundaufschlüsse und statische Sonderbetrachtungen für die Biegebeanspruchungen der Anker erforderlich. In die Hochwasserschutzwand wurden die vorhandenen Bauwerke integriert. Die Arbeiten erfolgten zum Teil vom Wasser aus. Zur Aufrechterhaltung der Zugänge für die Schifffahrt wurden Behelfsbrücken errichtet.

Wahl der Baustoffe

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die neue Anlage bietet eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Treppen laden zum Verweilen ein, da man eine optimale Sicht auf die Sehenswürdigkeiten des Hamburger Hafens hat. Die Nutzflächen wurden deutlich erhöht. Durch die Realisierung der zukünftigen Schutzhöhe und die Integration von Parkraum ist die Anlage besonders nachhaltig.

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © Piet Niemann

Durch die komplexe Geometrie und die Parkgarage wurden sehr viele unterschiedliche statische und konstruktive Lösungen erforderlich. Für die Umsetzung musste die Promenade zwischen 4,0 m und 7,50 m

Foto: © Piet Niemann

Stahlspundwände Daueranker für Wandverankerung Stahlbetonbohrpfähle für die vertikale Gründung massive Stahlbetonkonstruktion für Garage, Promenadenebene, Hochbauten Betonfertigteilstufen für die Treppenanlagen Basalt für Belag Stahl-Glasfassade für Technik und Gewerbenutzungen auf der Landseite Stahlgeländer

Zeichnung: © Ingenieurbüro Grassl

Foto: © Piet Niemann

Foto: © Piet Niemann

Weitere Einreichungen

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Ariel Huber

Weitere Einreichungen

Stade de la Tuilière, Lausanne (CH) Aufgabenstellung

Im Norden von Lausanne entstand das neue Fußballstadion mit 12.000 Sitzplätzen als Heimspielstätte des FC Lausanne-Sport. Das Fußballstadion wurde mit vier separaten überdachten Tribünen erbaut. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Tragstruktur ist ein integraler Bestandteil der Architektur des Stadions. Die dreieckigen geneigten Stahlbetonscheiben an den aufgefalteten Ecken dienen als Auflager für die Stahlkonstruktion des Dachs. Ein vorgespannter horizontaler Zugring, der den gesamten Umfang des Stadions umschließt, gewährleistet das Kräftegleichgewicht der überhängenden Eckscheiben. Die vertikalen Lasten des Stadionbaus werden über Tieffundationen abgeleitet. Die Haupttragelemente der Seitentribünen bilden freitragende, vorgespannte vertikale

Betonscheiben. Am Scheibenkopf erfolgt die konzentrierte Einleitung von Vertikallasten aus den Auflagerkräften des Dachs sowie der vorgefertigten Hauptlängsträger der Tribünen. Das übrige Tragwerk der Seitentribünen besteht vollständig aus vorgefertigten Stahlbetonund Spannbetonelementen. Große Spannweiten und eine Begrenzung von Bauteiltypen prägen die Stahlstruktur der Stadionüberdachung. Die auskragenden gevouteten Hauptträger überdecken die gesamten Tribünenbereiche. An ihrem Ende auf der Stadionaußenseite sind sie über eine vertikale Zugstange an einem Zugpfahl verankert. Erläuterung der Gestaltung

Klarheit und Einfachheit bilden die wesentlichen Charakteristika der Stadionarchitektur. Die einprägsame gefäßartige Gestalt und die zumeist unverkleideten rohen Tragstrukturen verleihen dem Bauwerk seinen unverwechselbaren, ikonografischen Ausdruck. Mit dem „Auffalten“ der vier Stadionecken wird auf die beengten Verhältnisse des Bauperimeters ideal reagiert.

Einreicher/Ingenieurbüro: Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG, Zürich Bauherr: Direction des sports et de la cohésion sociale, Ville de Lausanne Architekt:

Ausführende Baufirmen: Dentan Frères SA, Lausanne (Stahlbetonbau) Element AG, Tafers (Elementbau) SOTTAS SA, Bulle (Stahlbau)

3 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Ariel Huber

:mlzd und Sollberger Bögli Architekten, Biel


Wahl der Baustoffe

Das radikal auf das Notwendige reduzierte, robuste Tragwerk besteht aus einer schalenartigen Stahlbetonkonstruktion, die von den Tribünen der Spielfläche gebildet wird. Eine als leichter Stahlbau ausgeführte Dachkonstruktion überdeckt die Tribünenbereiche. Ein hoher Grad an Vorfabrikation stellte eine wirtschaftliche und effiziente Ausführung sicher. Besondere Ingenieurleistung

sche Funktionen. Die Konstruktionscharakteristika der einfachen Grundform mit den aufgefalteten Ecken und den schlanken Spannbetonträgern resultieren aus einem intensiven Dialog der Konstrukteure und der beständigen Suche nach struktureller Effizienz, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Das neue Stadion präsentiert sich als eine vollkommene Einheit aus Architektur und Tragstruktur mit hohem Wiedererkennungswert. Der Rückgriff auf die bewährten Prinzipien des Spannbetons ermöglichte es, eine sehr funktionale Tragstruktur und eine besondere räumliche Wirkung zu erzielen.

Foto: © Ariel Huber

Tragstruktur mit vorgefertigten Spannbetonelementen der Seitentribünen B und C

Zeichnung: Dr. Lüchinger+Meyer

Foto: © Ariel Huber

In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit wurde die originelle Entwurfsgrundidee konsequent bis in die Ausführung weitergeführt. Die sichtbar belassenen Tragelemente übernehmen zugleich architektoni-

Foto: © Ariel Huber

Foto: © Ariel Huber

Weitere Einreichungen

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Helmut Tezak

Weitere Einreichungen

Geh- und Radwegbrücke über die Mur, Gratwein-Straßengel und Gratkorn Aufgabenstellung

Der Neubau der Geh- und Radwegbrücke nördlich von Graz ist Bestandteil des stark frequentierten Murradwegs und verbindet die beiden Marktgemeinden Gratwein und Gratkorn. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Wesentliche gestalterische Herausforderungen waren die Anbindung an die beiden parallel zur Mur verlaufenden Radwege, der verhältnismäßig geringe Abstand zu den zwei bestehenden Straßenbrücken sowie eine Integration in die ausgeprägte Ufervegetation. In einer Vorstudie wurden die Lage und Ausrichtung sowie die Anbindung an das angrenzende Verkehrsnetz und die bestehende räumliche Infrastruktur ausgelotet und bewertet. Durch die drei Rampenbauwerke

wurde zudem auch der wesentliche Planungsgrundsatz der barrierefreien Erschließung gewährleistet. Erläuterung der Gestaltung

Ein wesentliches gestalterisches Ziel war eine harmonische Abstimmung der für die Gesamtlänge von 71,4 m notwendigen statischen Höhe auf die umgebende Situation. Die Silhouette basiert auf einem einfachen Zweifeldträger mit einem kurzen und einem langen Feld. Die Beanspruchungen konnten durch variierende Bauhöhen der Randträger ideal aufeinander abgestimmt werden. Der Pfeiler in der Uferböschung teilt die Brücke in zwei Felder mit 24 m und 47,4 m und führt zur höchsten Bauhöhe im Bereich der ohnehin üppigen Ufervegetation. Gleichzeitig erlaubt der zugehörige Biegemomentenverlauf die Ausbildung der geringsten Bauhöhe im Bereich der größten Spannweite über dem Fluss.

Einreicher: Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, Stuttgart Ingenieurbüro:

Bauherr: Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Graz Architekt: Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, Graz Ausführende Baufirma: STRABAG AG, Graz

3 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Engelsmann Peters Beratende Ingenieure

Engelsmann Peters Beratende Ingenieure, Graz


Skizze: © Engelsmann Peters Beratende Ingenieure

Weitere Einreichungen

Die Ausgestaltung eines aufgelösten Umlenksattels über dem Mittelpfeiler bildet die Basis für die Geometrie der Spannkabel und die Ausführung als schlanke Spannbetonbrücke. Die Betonrandträger bilden einen U-förmigen Querschnitt mit einer lichten Breite von 4 m. Die aus den statischen Erfordernissen abgeleitete Trägerhöhe dient, in Korrelation mit einem bereichsweise ergänzenden Stahlgeländer, gleichzeitig als Absturzsicherung.

Besondere Ingenieurleistung

Wahl der Baustoffe

Eine Herausforderung bestand in der Schalung der beiden Längsträger, die als geschlossene Konterschalung mit Überhöhung und leicht verwundenen Oberflächen ausgeführt worden sind. Die Schalung in Sichtbetonklasse 2 wurde konventionell in 6-m-Elementen aus Holzspanten und Schaltafeln vorgefertigt und auf dem Hilfsgerüst aufgebaut. Eine betontechnologische Herausforderung lag in der gleichzeitigen Betonage beider Hauptträger unter Verwendung eines pumpfähigen ECC-Betons in Kombination mit Schalungsrüttlern.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Foto: © Helmut Tezak

Foto: © Engelsmann Peters Beratende Ingenieure

Das statisch unbestimmte Tragsystem ist als semiintegrale Konstruktion ausgeführt. Der Überbau ist dazu auf der einen Seite monolithisch mit dem Widerlager und dem Pfeiler verbunden und ruht gegenüber auf längs verschieblichen Brückenlagern. Der 5,28 m breite, trogförmige Überbau erreicht seine maximale Höhe mit 3,90 m über dem Pfeiler und nimmt zu den Widerlagern bis auf 1,35 m hin ab. Die im Querschnitt gevouteten Randträger formen auf der Außenseite eine durchlaufende Kante, die die Gehwegebene markiert.

Der zur Führung der Vorspannkabel notwendige Trägerquerschnitt ist auf ein erforderliches Minimum verringert, um die Schlankheit der Konstruktion zu betonen.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Ingenieurbüro Grassl GmbH, / René Legrand

Weitere Einreichungen

Bogenfachwerkbrücke, BW380f AK Fürth/Erlangen im Zuge der A 3 Aufgabenstellung

Die Bogenfachwerkbrücke am AK Fürth/Erlangen wurde als Auftaktbauwerk für den sechsstreifigen Ausbau der BAB A 3 in besonderer Art gestaltet. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das neue Bauwerk wurde als integrale Brücke mit einem außenliegenden Stahlfachwerk in Bogenform und einer dazwischenspannenden Verbundplatte geplant. Die flach gespannten Bögen übernehmen im mittleren Bereich die Funktion der Fachwerkobergurte und wirken in den Randbereichen wie Sprengwerkstreben. Die außenliegenden Versteifungsträger überschneiden sich mit den Bögen und bilden im mittleren Bereich die Fachwerkuntergurte. Vor den Widerlagern ergänzen sie die Sprengwerke. Erläuterung der Gestaltung

Mit der Bogenform reiht sich das neue Bauwerk in die Brückenfamilie

der benachbarten Bahn- und Autobahnüberführungen ein, die als klassische Stabbögen mit Hängern ausgeführt sind. Gleichzeitig hebt es sich aber durch eine besondere Fachwerkausbildung ab. Das oberund unterhalb der Versteifungsträger aufgelöste Bogenfachwerk ist in dieser Form weltweit einmalig. Im Brückenquerschnitt sind die Bögen ober- und unterhalb der Fahrbahn nach innen geneigt. Die gegenläufig geneigten Stegbleche reflektieren das Licht unterschiedlich, wodurch die schlanke Ansicht optisch verstärkt wird. Wahl der Baustoffe

Das Haupttragsystem ist aus Stahl S355 und die Verbundfahrbahnplatte aus Stahlbeton C35/45 vorgesehen. Besondere Ingenieurleistung

Klassische frei aufgelagerte Stabbögen werden i. d. R. mit einem Verhältnis der Stützweite zur Höhe des Bogenscheitels von L/5 ausgeführt. Um die Konstruktionshöhe zu minimieren, wurde der Bogen in den Randbereichen unter der Gradiente weitergeführt und in die Wi-

Einreicher/Ingenieurbüro:

Bauherr: Die Autobahn GmbH des Bundes, Nürnberg Architekt: Firmhofer + Günther Architekten, München Ausführende Baufirma: Züblin Bau GmbH, Bayreuth; Roßlauer Schiffswerft, Dessau-Roßlau

3 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Ingenieurbüro Grassl GmbH, / Hajo Dietz

Ingenieurbüro Grassl GmbH, München


Grafik: © Ingenieurbüro Grassl GmbH,

Weitere Einreichungen

dichtung erforderlich, welche stets Schwachstellen darstellen und Tausalze in die Konstruktion eindringen lassen können. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Durch die besondere Ingenieurleistung konnte ein herausragend gestaltetes Bauwerk realisiert werden, welches außerdem wirtschaftlich, dauerhaft und robust ist. Bis ins letzte Detail wurde dieser Ansatz verfolgt und sowohl bei der besonderen Gestaltung der Untersicht als auch durch den Einsatz einer Bordsteinlinienentwässerung zusätzlich zum integralen Tragwerk konsequent umgesetzt.

Foto: © Ingenieurbüro Grassl GmbH, / Hajo Dietz

derlager eingespannt. Durch die zusätzliche innovative Verknüpfung des Stabbogentragsystems mit der Robustheit und Steifigkeit eines Fachwerks konnte die Scheitelhöhe weiter reduziert und eine Schlankheit von L/8 erzielt werden. Eine absolute Besonderheit stellt die Gestaltung der Untersicht des Bauwerks dar. Es wurden die Fertigteile als gevoutete Elemente vorgesehen. In Längsrichtung betrachtet wirkt die Fahrbahnplatte wie ein gevouteter Durchlaufträger und ist damit statisch optimiert. Zudem wird durch diese Form der Verzicht auf Vogelabweisbleche auf den Untergurten möglich und die Dauerhaftigkeit erhöht. Des Weiteren wurde eine Bordsteinlinienentwässerung vorgesehen. Somit sind keine Durchdringungen der Ab-

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © HG Esch

Weitere Einreichungen

Capricorn Brücke, Mediahafen Düsseldorf Aufgabenstellung

Die zentrale Aufgabe der Capricorn Brücke ist es, zwei architektonisch sehr unterschiedliche Bürogebäude, das Float-Gebäude und das Capricorn-Haus, miteinander zu verbinden. Eine geschlossene Fußgängerbrücke sollte die vierspurige Holzstraße, den Hauptzugangsweg in den Düsseldorfer Medienhafen, überspannen.

form sowie durch Umsetzung als räumlich trianguliertes Stahlstabwerk. Die Stahlkonstruktion ist auf einem massiven Fundamentkörper aus Stahlbeton verankert, die Auflagerkräfte und Einspannmomente des Bauwerks werden durch drei Bohrpfähle in den Baugrund eingeleitet. Die beiden Kragarmenden sind zusätzlich durch Zugverbände in Stegebene an beiden Gebäuden horizontal aufgelagert. Erläuterung der Gestaltung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Beim statischen System des röhrenförmigen Baukörpers handelt es sich um einen beidseitig auskragenden Biegeträger, der am zentralen Auflagerpunkt eingespannt ist. Die Biegesteifigkeit wird durch ein geschosshohes räumliches Stabwerk aus aufgelösten Stahlhohlprofilen erzielt. Die Kraglängen betragen 25,4 und 13,8 m. Die hohe Steifigkeit des Tragwerks ergibt sich aus der in der Mitte geknickten Grundriss-

Die entscheidende Entwurfsidee war es, den Verbindungssteg als architektonisch eigenständiges Objekt zu betrachten. Um die gestalterische Eigenständigkeit der Capricorn Brücke zu erreichen, wurde die Verteilung der Bauwerksmasse in den Straßenraum verortet und die Brücke auf nur einem markanten eingespannten Auflagerpunkt im Mittelstreifen der vierspurigen Straße gegründet. Dadurch konnte der Verbindungssteg zu beiden Gebäuden hin auskragen und statisch not-

Einreicher: osd - office for structural design, Frankfurt/M. Ingenieurbüro: osd - office for structural design, Frankfurt/M.; Wilhelm + Partner, Stuttgart Bauherr: Pirol Holzstraße GmbH & Co. KG, Düsseldorf Architekt:

Ausführende Baufirma: seele GmbH, Gersthofen; seele pilsen s.r.o., Pilsen (CZ)

4 0 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © HG Esch

SUPERGELB ARCHITEKTEN GmbH, Köln


wendige Anschlüsse an den Bestandsbauten auf ein Minimum reduziert werden. Wahl der Baustoffe

Stahl, Glas und Aluminium sind die Werkstoffe, die für die bauliche Umsetzung eingesetzt wurden. Das komplette Stahltragwerk ist mit 60 großformatigen, dreiecks- und trapezförmigen Isolierglasscheiben (bis zu 9,2 m x 2,5 m) eingedeckt. Die partielle Bedruckung der Scheiben dämpft die solare Einstrahlung, ohne den transparenten Charakter der Hülle zu beeinträchtigen. Die Scheiben wurden aufgrund ihrer Größe und Einbaulage als Zweifachisoliergläser aus Verbundsicherheitsglas (VSG) hergestellt.

Foto: © HG Esch

Foto: © HG Esch

Weitere Einreichungen

tigung. Um die gewünschte Leichtigkeit und Eleganz der Brücke zu erreichen, wurden – neben der statischen Minimierung der Rohrdurchmesser – sämtliche Rohrstabverbindungen des Stabtragwerks voll verschweißt. Die zum Teil enormen Schweißnahtgrößen wurden explizit nicht verschliffen, um die handwerkliche Arbeit zu zeigen. Die Abstimmung der statischen Berechnungen und der Konstruktionsplanung auf die voll verschweißte Fügung und den Zusammenbau des räumlich komplexen Stabtragwerks war eine herausfordernde Aufgabe für die Ingenieure und das ausführende Unternehmen. Neben der triangulierten Rohrstabkonstruktion stellten auch die ungewöhnlichen Glasformate die Planung, Fertigung und Montage vor große Herausforderungen. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Besondere Ingenieurleistung

Die Capricorn Brücke zeigt eindrucksvoll, dass Ingenieurbaukunst nur durch eine frühzeitige und enge Zusammenarbeit von Architekten, Ingenieuren und ausführenden Unternehmen gelingen kann.

Foto: © HG Esch

Fügung und Zusammenbau des räumlich komplexen Stabtragwerks aus Stahlrundrohren war eine herausfordernde Aufgabe für die Fer-

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Foto: © Roman Mensing

Weitere Einreichungen

Die raumgreifende Überdachung des ZOB Leverkusen Aufgabenstellung

Wie schafft man es, unter Einhaltung aller Funktionalitäten für die großflächige Überdachung des ZOB Leverkusen mit einer Gesamtabmessung von Länge/Breite/lichte Höhe = 120 m/24 m/4,75 m ein lichtdurchlässiges und leichtes Dach zu entwerfen? Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Anstelle eines flächigen Dachtragwerks wurde für den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Leverkusen eine dreidimensionale und räumlich erlebbare Überdachung geschaffen. Die Linienführung des Stahlprimärtragwerks ist zugleich auf die architektonische Gestaltungsidee und die lastabtragende Funktion abgestimmt. Durch die punktuelle Überführung des Dachs von der Horizontalen in die Vertikale ist das Dach in der Lage, sich selbst zu stützen.

Die formgebende Primärtragstruktur wird durch ebene, CNC-geschnittene Stahlspanten gebildet, deren Bauhöhen dem Kraftfluss folgen. Die Spanten sind radial zu den acht Öffnungen in der Dachfläche hin angeordnet und entwickeln sich von dort trichterförmig nach unten bis zum Boden. Als Tragelemente der acht Membrane dienen zum einen der umlaufende Randträger und die Trennprofile zwischen den Membranen an der Oberseite und zum anderen die Kreisringträger an der Unterseite der Trichter. Als Materialwahl für die Eindeckung wurde eine PVC-Membran gewählt, deren Elastizität es ermöglicht, der komplexen dreidimensionalen Form zu folgen. Zudem wird über die Transluzenz des Materials eine Leichtigkeit erzeugt, die je nach Tageszeit vom Sonnen- oder Kunstlicht lebt. Erläuterung der Gestaltung

Der entscheidende Entwurfsansatz formte sich aus der Idee, die Trennung von Dach und Stützen gestalterisch aufzuheben und die Stahl-

Einreicher/Ingenieurbüro: osd GmbH, Frankfurt /Main Bauherr: Stadt Leverkusen, TLB Technische Betriebe Architekt: PAHL + WEBER-PAHL (PWP), Darmstadt

Montage + Anlagenbau Gründken GmbH, Nottuln (Stahlbau), Koch Membranen GmbH, Rimsting (Membrane), formTL ingenieure für tragwerk und leichtbau GmbH, Radolfzell (Membranplanung)

4 2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Roman Mensing

Ausführende Baufirma:


Grafik: © osd

Foto: © Roman Mensing

Weitere Einreichungen

textile PVC-Membran Rechtquerschnitte der radialen und tangentialen Spanten aus ebenen Stahlblechen mit t = 40 mm und 50 mm, S235 und S355 umlaufender Randträger und Trennprofile als geschweißte Kastenträger mit t = 10–20 mm, S235 und S355 optimierte Schweißkonstruktion auf Basis der Querschnittsausnutzung Kreisringfundamente mit Zerrbalken, Stahlbeton C35/45

Bereits mit Beginn des Wettbewerbs wurde die zentrale Entwurfsidee durch ein parametrisches 3D-Modell von der Tragwerks- und Membranplanung unter Berücksichtigung des architektonischen Entwurfs aufgebaut und bis zur Werkstattplanung fortgeführt. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Ähnlich wie beim Zusammenwirken von Stahl- und Membrantragwerk war auch der Planungsprozess von einer interagierenden Abstimmung zwischen den Planungsbeteiligten geprägt. Es zeigte sich, dass mit offener, lösungsorientierter Kommunikation die Belange aller planerisch Beteiligten berücksichtigt werden konnten. So entstand ein gestalterisch herausragendes Ingenieurbauwerk.

Grafik: © osd

Wahl der Baustoffe

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © Roman Mensing

spanten an ausgewählten Punkten gebündelt von der Horizontalen in die Vertikale zu überführen. Aus dem flächigen Dachtragwerk wird ein räumliches Erlebnis.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Kuster Frey

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SRF Campus, Zürich (CH) Erläuterung der Gestaltung

Der Baustoff Beton ist im Projekt in der ganzen Bandbreite zum Einsatz gekommen – von seiner gröbsten Form im Tiefbau bis zum haptischen Finish im Büro- und Gastrobereich. Es wurde versucht, den konstruktiven Beton je nach Aufgabe, Verarbeitungsform, Herstellungsart und tektonischer Funktion zu differenzieren und aus den Verfahren von Erdabguss, Ortbetonbau und dem Einsatz von Hybrid- und Fertigteilen eine eigene Grammatik zu entwickeln. Der Charakter des Rohbaus und die Spuren seiner Herstellung und Fügung sind das primäre Ausdrucksmittel für das Projekt und werden bis in die Sendestudios durch die Elemente des hochtechnisierten Ausbaus nur ergänzt. Tiefgarage/Zentrale Süd Für die Tiefgarage wurde zunächst mit einer umlaufenden Schlitzwand bis auf die tragfähige Molasse in 30 m Tiefe ein Dicht- und Tragrahmen erstellt. Die wellenförmige Sandgussdecke wurde direkt auf den durch GPS-gesteuerte Bagger wellenförmig modellierten und stabilisierten Baugrund gegossen.

Die Untergeschosse wurden nachfolgend in Deckelbauweise erstellt. Mit der Schalung aus lose verlegten dünnen Holzfaserplatten wurde eine äußerst rationelle Schalungsmethode entwickelt, die den Verzicht auf provisorische Stützmaßnahmen erlaubte und zugleich eine sehr spezifische textile Oberflächentextur aufweist. News- und Sportcenter Im News- und Sportcenter stellten die funktional bedingten, großen Spannweiten, die einschränkende zulässige Gebäudehöhe und die umlaufenden Gebäudeauskragungen über dem Sockelgeschoss die besonderen Herausforderungen dar. In den zwei Sockelgeschossen dienen längs- und quervorgespannte Gitterdecken der Anforderung, große stützenfreie Bereiche mit knapper Konstruktionshöhe für die Studio- und Sendelandschaft zu erstellen. Das regelmäßige Netz von Aussparungen in den Gitterrippen ermöglicht dabei, die technischen Installationen mit der Struktur zu verweben und trotzdem zugänglich zu behalten.

Einreicher/Ingenieurbüro: PENZEL VALIER AG, Zürich (CH) Bauherr: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), Zürich Leutschenbach (CH)

PENZEL VALIER AG, Zürich (CH) Ausführende Baufirma: ARGE Meier + Jäggi, Zofingen (CH)

4 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Georg Aerni

Architekt:


Foto: © Kuster Frey

Weitere Einreichungen

Schrägstützen oder an den zwei doppelgeschossigen Wandscheiben auf dem Dach, die die Lasten wie Brückenträger nach außen abführen.

Besondere Ingenieurleistung

Mangels fehlender verfügbarer Gesamthöhe wurde für die großen Spannweiten und Auskragungen in den Geschossen über dem Sockel eine Konstruktion aus schrägen vermittelnden Stützen sowie Durchlauf- und Kragträgern in hybrider Stahlbetonverbundbauweise entwickelt. Die Geschossdecken bestehen aus perforierten Rippenhalbfabrikaten, die ihrerseits haustechnische Installationen ohne Höheneinbußen aufnehmen können. Mit einem flächigen Ortbetonüberguss werden sie zu einem zusammenhängenden horizontalen Deckensystem zusammengefasst. Vertikal hängen die Längsträger an

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Foto: © Georg Aerni

Grafik: © Penzel Valier AG

Mit den beschriebenen differenzierten Lösungsansätzen konnte der Landverbrauch für das Projekt nachhaltig minimiert und der Standort mit seinen vielfältigen baurechtlichen und funktionalen Herausforderungen im Sinne der Ressourcenoptimierung bestmöglich für SRF als Campus und Medienwerkstatt entwickelt werden.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Jörg Hempel

Weitere Einreichungen

Fuß- und Radwegebrücke am Mozartturm, Darmstadt Aufgabenstellung

Erläuterung der Gestaltung

Zielsetzung des ausgelobten Wettbewerbs war die Verbindung zwischen dem TZ Rhein-Main und dem Hauptbahnhof mit einer Fuß- und Radwegebrücke über die Rheinstraße, die eine bedeutende Straßeneinfahrt in die Stadt darstellt. Die verträgliche Einbindung der Brückenkonstruktion in das Stadtbild auch in ökologischer Hinsicht, den angrenzenden Waldpark betreffend, war neben den funktionalen Anforderungen der wichtigste Teil der Aufgabenstellung.

Die Brücke schlängelt sich mit ihren Rampen zwischen den Bäumen des angrenzenden Waldparks, dessen alter Baumbestand durch die Rampenführung weitestgehend erhalten werden konnte. Während Mobilitätseingeschränkte und Radfahrer die behindertengerecht ausgebildeten Rampen nutzen, können Fußgänger an beiden Seiten der Brücke über zusätzliche Treppenläufe den Weg abkürzen. Wahl der Baustoffe

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Haupttragkonstruktion der Stahlkonstruktion ist ein Trogquerschnitt, der auf V-förmigen, aus schlanken Rundrohren bestehenden Doppelstützen aufliegt. Der Überbau des Trogquerschnitts ermöglicht minimierte Konstruktionshöhen im Bodenaufbau, die bei dem vorgegebenen Lichtraumprofil zu den kürzesten Rampenlängen führen. Die Wangen- und Bodenbleche des Trogs sind durch regelmäßig angeordnete Seiten- und Bodensteifen und ein an der Oberseite umlaufendes Gurtblech versteift.

Die Eignung des gewählten Baustoffs Stahl ergibt sich aufgrund der freien und filigranen Formbarkeit, des geringen Gewichts, der ökonomischen Betrachtung sowie des hohen möglichen Vorfertigungsgrads, der mit kurzer Bauzeit und geringen Montagezeiten einhergeht. Zudem entspricht Stahl durch die uneingeschränkte Rezyklierbarkeit dem Anspruch an nachhaltiges Bauen.

Einreicher/Ingenieurbüro: TRAGRAUM Ingenieure PartmbB, Nürnberg Bauherr:

Architekt: netzwerkarchitekten GmbH, Darmstadt Ausführende Baufirma: Donges SteelTec GmbH, Darmstadt

4 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Peter Henricht

Wissenschaftsstadt Darmstadt


Foto: © Donges SteelTec GmbH

FE-Modell: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Weitere Einreichungen

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Ingenieurtechnisch herausfordernd waren die Umsetzung der freien Formgebung der Wegführung in der Fertigung sowie die Verfolgung und Ableitung der sich aus der Formgebung ergebenden Umlenkkräfte in den Trogwangen im Bereich der starken Krümmungen der Rampen mit parametrisch optimierten Randsteifen. Die beiden geschwungenen Rampen an den Brückenenden gewährleisten durch die gewählten Krümmungen im Grundriss eine Reduzierung der Zwangsspannungen infolge von Temperaturschwankungen. Des Weiteren war eine detaillierte Montageplanung, auf deren Grundlage elementierte Bauteile entwickelt wurden, Grundlage für eine reibungslose Montage vor Ort.

wirtschaftliche Realisierung der freien Formgebung durch optimierten Tragwerksentwurf Minimierung der Beeinträchtigung des Straßenverkehrs bei der Montage durch detaillierte Bauteil- und Bauablaufplanung Minimierung des Aufwands bei Brückeninspektionen und Sanierungen durch reduzierte Oberflächen und frei zugängliche und einsehbare Konstruktionen und Untersichten hohe Nutzerakzeptanz durch Umsetzung eines markanten Entwurfs, der die Überquerung der Rheinstraße zu einem Erlebnis werden lässt

Foto: © Jörg Hempel

Foto: © Jörg Hempel

Foto: © Peter Henricht

Besondere Ingenieurleistung

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Weitere Einreichungen

Fahrradparkhaus, Nürnberg Aufgabenstellung

Erläuterung der Gestaltung

Aufgabenstellung war es, ein Fahrradparkhaus direkt am Südausgang des Nürnberger Hauptbahnhofs zu errichten. Auf einer Fläche von ca. 113,4 m x 8,1 m sollten hier für Pendler wie für Spontannutzer wetterfeste und sichere Fahrradabstellplätze in einer zugangsbeschränkten Fahrradgarage angeboten werden. Hierzu lobte die Stadt Nürnberg 2017 einen Realisierungswettbewerb aus.

Die Grundrissgestaltung folgt weitestgehend der Nutzung sowie der lang gestreckten Lage des Baugrundstücks südlich des Hauptbahnhofs. Auf 113 m Länge bietet das Fahrradparkhaus Platz für ca. 400 Fahrräder. Die Fassadengestaltung nimmt mit dem durch die versetzt zueinander angeordneten Stahlstützen entstehenden Moiré-Effekt, der im Schattenspiel großformatige Kreise entstehen lässt, abstrahiert das Thema des Radfahrens auf.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion Wahl der Baustoffe

Einreicher/Ingenieurbüro: TRAGRAUM Ingenieure PartmbB, Nürnberg Bauherr: Stadt Nürnberg Architekt: SRAP Sedlak Rissland Architekten Partnerschaft GmbB, Nürnberg Ausführende Baufirma: Metallbau Greil GmbH, Röttenbach

4 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Die Stahlbauweise der Primärtragkonstruktion ermöglicht gestalterisch hochwertige Anschlussdetails und äußerst schlanke Querschnittsabmessungen in der Rundrohrfassade sowie am freien Deckenrand. Gleichermaßen erfüllt diese Bauweise als nichtbrennbare Konstruktion die Anforderungen des Brandschutzes und durch eine uneingeschränkte Rezyklierbarkeit den Anspruch an nachhaltiges Bauen.

Foto: © SRAP Sedlak Rissland Architekten Partnerschaft GmbB

Das Fahrradparkhaus ist als schlanke Stahlkonstruktion errichtet. In der Fassadenebene bilden die vertikalen Rundrohrstützen in Verbindung mit jeweils einem horizontal angeordneten durchgehenden Flachstahl an Stützenkopf- und -fußpunkt die lastabtragende Konstruktion. Die Rundrohrprofile sind zweireihig an die Flachstähle angeschweißt, wobei die Stützen der hinteren Stützenebene geneigt ausgeführt sind.


Foto: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Weitere Einreichungen

Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Stahlkonstruktion mit Trapezblecheindeckungen nach dem Stapelprinzip wurde die Dachkonstruktion ingenieurtechnisch als unterzugsfreie Konstruktion ohne sichtbare Stahlträger geplant. Hierzu wurden sämtliche Dachträger untereinander höhengleich in der Ebene der Trapezblecheindeckung ausgebildet. Die Ausbildung der für die Außenwirkung des Fahrradparkhauses maßgebenden tragenden Rundrohrfassade stellte eine weitere Kernaufgabe für die Tragwerksplanung dar. Die aufgrund der sehr großen Gebäudelänge anzusetzende Längenveränderung durch Temperaturschwankungen wurde über eine räumliche Berechnung simuliert.

Die Vereinigung des gestalterischen Entwurfs mit dem Tragwerk stellt den wesentlichen positiven Aspekt des Tragwerksentwurfs dar. Die sich aus der Entwurfsidee ergebende Stabwerkstruktur wird gleichzeitig als lastabtragendes Tragwerk genutzt. So konnte auf weitere vertikale Tragglieder in Form von zusätzlichen Stützen gänzlich verzichtet werden. Durch die Konstruktion als unterzugsfreies Dachtragwerk mit schlank ausgebildeten Vordachbereichen wurden ein positiver Raumeindruck und eine ansprechende Außenwirkung des Fahrradparkhauses realisiert.

Foto: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Foto: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Skizze: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Skizze: © TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Besondere Ingenieurleistung

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Walter Mair

Weitere Einreichungen

Roche Multifunctional Workspace Building, Grenzach-Wyhlen Aufgabenstellung

In den 1960er-Jahren entwickelte der Architekt Roland Rohn einen Masterplan für das Produktionsareal des Pharmaunternehmens Roche in der deutschen Gemeinde Grenzach-Wyhlen. Mit der Entwicklung des Standorts von einem Produktions- zu einem reinen Dienstleistungsstandort für den deutschen Vertriebsbereich wurden zusätzliche Räume benötigt. Das Multifunktionsgebäude ist das neue Herz des Roche-Campus in Grenzach-Wyhlen. Es schafft flexible Arbeits- und Meeting-Welten, die hybrides Arbeiten optimal unterstützen. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das Gebäude wurde als Skelettbau in Ortbetonbauweise erstellt. Die Platzierung der Erschließungskerne in den vier Gebäudeecken spielt die Gebäudemitte frei und gibt ihr den Charakter einer „Werkhalle“. Möglich wird dieser stützenfreie Innenraum durch eine in Querrichtung vorgespannte, aus Betonfertig-

teilen hergestellte Kassettendecke. Entlang der Fassaden tragen Fassadenstützen die Ränder der Flachdecken. Stabilisiert wird der Bau durch acht Stahlfachwerke, die in der Fassadenebene liegen und in den Gebäudeecken an die Treppenhauswände anschließen. Erläuterung der Gestaltung

Zielsetzung des Entwurfs war es, ein multifunktionales Gebäude zu gestalten, das auch ohne zusätzliche bauliche Maßnahmen zukünftige Nutzungen erlaubt. Dazu wurde ein flexibler Grundriss mit einem weitgespannten Innenbereich entwickelt. Dieser große, stützenfreie Bereich wird mit einer Kassettendecke überspannt. Dieses Deckensystem ist sehr materialeffizient. Die ansonsten arbeitsaufwendige Herstellung der Schalung wurde mit vorfabrizierten Betonelementen industriell gelöst.

Einreicher/Ingenieurbüro: Schnetzer Puskas International AG, Basel Bauherr:

Architekt: Christ & Gantenbein AG, Basel Ausführende Baufirma: Implenia Bau GmbH, Eschbach

5 0 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Mark Niedermann

Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen


Zeichnung: © Schnetzer Puskas International

Foto: © Michael Fritschi

Zeichnung: © Schnetzer Puskas International

Weitere Einreichungen

Wahl der Baustoffe

Die flächig tragenden Kassettendecken sowie der übrige flächig und vertikal tragende Skelettbau wurden als Stahlbetonkonstruktion konzipiert. Die vertikal tragende Erdbebenaussteifung ist aus Stahl. Dieser Baustoff hat ein hohes Verformungsvermögen. Die Querschnitte der stehenden Fachwerke können relativ fein konzipiert werden, woraus eine geringe horizontale Steifigkeit des Gesamtsystems resultiert. Mit der Konzeption des Systems und der Wahl des Baustoffs Stahl wurde ein Optimum zwischen Steifigkeit und den daraus resultierenden Erdbebenkräften erreicht. Besondere Ingenieurleistung Positive Aspekte der Ingenieurleistung

In enger Zusammenarbeit mit den Architekten hat die Ingenieurleistung dazu geführt, dass der Bau in dieser Form überhaupt realisiert werden konnte. Insbesondere die Entwicklung der weitgespannten Kassettendecken und die innovative Erdbebenaussteifung haben einen entscheidenden Beitrag geliefert.

Foto: © Michael Fritschi

Besondere Ingenieurleistungen betreffen folgende Hauptmerkmale der Tragstruktur: die Entwicklung der Kassettendecken, die ein großes Ingenieurwissen und umfangreiche Abklärungen erforderte; die Erdbebenaussteifung durch verformbare und relativ schlanke, vertikal stehende Stahlfachwerkkonstruktionen; den Brandschutz der Erdbebenaussteifung mit redundanten aussteifenden Stahlfachwerken.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Rory Gardiner

Weitere Einreichungen

Neues Verlagshaus der Tageszeitung taz, Berlin Aufgabenstellung

Die architektonische Gestalt des neuen Verlagshauses der Tageszeitung taz erinnert an den Moskauer Schablowka-Radioturm von Wladimir G. Schuchow aus den frühen 1920er-Jahren, dessen Struktur – als Netz ausgebildet – mit möglichst wenig Material maximale Tragfähigkeit erreichte. Das Netz ist eine Struktur, in der alle Teile gleich viel leisten müssen und nur zusammen Stabilität erreichen. Die architektonische Anmutung des neuen Hauses für die taz wird so Struktur und Sinnbild der Organisation zugleich. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Architektur und Tragwerk harmonieren perfekt, daher konnte dem Wunsch der Bauherrschaft entsprochen werden, hierarchiefreie Strukturen direkt auf das Gebäude zu übertragen. Auf den ersten Blick scheint das umlaufende Stahlnetz den Neubau zu stützen.

Tatsächlich ist die filigrane Schicht nur vorgelagert. Das eigentliche Tragwerk besteht aus diagonalen Stahlbetonstreben, die unmittelbar hinter der Glasfassade liegen. Im Verbund mit den vorgespannten Randunterzügen bilden sie stabile und effiziente Dreiecksstrukturen aus. Erläuterung der Gestaltung

Im Grundriss ist das Gebäude in drei Teile unterteilbar: einen südlichen Teil, welcher über eine durchgängige Brandwand von der zukünftigen Nachbarbebauung getrennt ist, einen nördlichen Teil und einen dazwischenliegenden Mittelteil, in welchem sich die Haupterschließungstreppe befindet. Sämtliche Stockwerkslasten werden konzentriert entlang der Fassadenebenen sowie an den zwei Erschließungsschächten der Haustechnik abgeleitet.

Einreicher/Ingenieurbüro: Schnetzer Puskas International AG, Basel Bauherr: taz, die tageszeitung. Verlagsgenossenschaft eG, Berlin

E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich Ausführende Baufirma: Sedeño Bauplanung GmbH, Berlin

5 2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Rory Gardiner

Architekt:


Zeichnung: © Schnetzer Puskas International

Foto: © E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten

Weitere Einreichungen

die Bewohner des Raums. Dies ist beim taz-Neubau aus programmatischen und konzeptuellen Gründen nicht der Fall – zwei statisch separate Teilsysteme werden auf architektonisch elegante und äußerst effiziente Weise kombiniert.

Wahl der Baustoffe

Ein primäres Tragsystem muss robust und möglichst duktil sein sowie den erforderlichen Branschutz aufweisen. Daher wurde das primäre Tragsystem von den Rippendecken über die Dreiecksstrukturen bis hin zu den lastverteilenden, steifen Untergeschossen in Stahlbetonweise konzipiert. Das Stahlnetz bringt wie ein äußerer Schleier architektonisch die Struktur von innen nach außen. Sie ist eng an den Schablowka-Turm angelehnt und daher in Stahlbauweise konstruiert.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © Rasmus Norlander

Das Raffinierte am Tragsystem des Projekts besteht vor allem darin, dass die vertikal lastabtragenden Elemente auch die horizontale Aussteifung des Gebäudes gewährleisten. Oftmals entstehen bei der Kopplung dieser beiden statischen Teilsysteme Einschränkungen für

Foto: © Rasmus Norlander

Das Konzept der Wandelbarkeit wurde beim Verlagsgebäude für die Tageszeitung taz konsequent für alle Teilsysteme des Tragwerks und des Fassadenbauwerks verfolgt. Das übergeordnete statische Konzept ermöglicht nicht nur heute große horizontale Nutzungsflexibilität, sondern wäre auch zukünftig in der Lage, innerhalb der drei Teile des Grundrisses mehrgeschossige Nutzungsszenarien zu ermöglichen.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Lina Nguyen Fotografie

Weitere Einreichungen

Neue Bahnbrücke Kattwyk, Hamburg Aufgabenstellung

Die bestehende, 1973 erbaute Kattwykbrücke ist die größte bewegliche Brücke Deutschlands. Für den stetig anwachsenden Hafenverkehr auf Schiene und Straße stellte die Brücke für die Zukunft keine ausreichend leistungsfähige Verbindung dar. Die neue Brücke soll als zweigleisige reine Bahnbrücke den gesamten Zugverkehr aufnehmen. Die bestehende Kattwykbrücke soll erhalten bleiben und dann dem Straßenverkehr ohne Einschränkung durch bahnbedingte Wartezeiten langfristig zur Verfügung stehen. Mit Einreicher: der Neuen BahnbrüLeonhardt, Andrä und Partner cke Kattwyk ist im Beratende Ingenieure VBI AG, Hamburg

Hamburger Hafen derzeit eine der größten Hubbrücken der Welt entstanden. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Der stählerne Überbau der Neuen Bahnbrücke Kattwyk wird als Einfeldträgerreihe aus drei parallelgurtigen Fachwerkträgern mit Einzelstützweiten von 75,805 m – 130,810 m (Hubfeld) – 75,805 m hergestellt. Die Querträger sind als offene Vollwandträger ausgebildet. Die Fahrbahn ist mit Schotterbett auf einer orthotropen Platte ausgeführt. Im Hauptfeld sind Stahlschwellengleise mit unter den Gleisen liegenden Schienenlängsträgern angeordnet. Die Pylone (Hubtürme) bestehen aus je zwei stählernen Kastenstielen mit einer Gesamthöhe von

Ingenieurbüro: Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Hamburg; Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg; Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Hamburg Bauherr: Hamburg Port Authority AöR, Hamburg Architekt: PPL Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg

Massivbau: ARGE Firmengruppe Max Bögl, Neumarkt; HC Hagemann GmbH & Co. KG, Hamburg; Heijmans N.V. Rosmalen, Niederlande Stahlbau: SEH Engineering GmbH, Hannover

5 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Lina Nguyen Fotografie

Ausführende Baufirma:


NN +81 m, die Hubhöhe beträgt 45,70 m. Die Strompfeiler sind als Senkkästen mit Abmessungen im Grundriss von 29 m x 14 m errichtet. Die Widerlager sind als Kastenwiderlager auf einer Gründung aus Großbohrpfählen ausgebildet. Der Antrieb des Hubteils erfolgt über je zwei Treibtrommeltriebwerke. Das Hubteileigengewicht wird über Gegengewichte ausgeglichen. Die Gegengewichte sind als Stahlkästen ausgeführt. Die Pylone sind jeweils mit Aufzügen, Transportöffnungen, Leiterschacht und einem bequemen Treppenhaus ausgerüstet.

Foto: © Lina Nguyen Fotografie

Foto: © Lina Nguyen Fotografie

Weitere Einreichungen

Besondere Ingenieurleistung

Die Neue Bahnbrücke Kattwyk im Hamburger Hafen ist derzeit eine der größten Hubbrücken der Welt. Ihr Antrieb erfolgt elektromechanisch über einen Friktionsantrieb in der Pylonspitze. Wie alle beweglichen Brücken ist sie ein Unikat und erfordert ein Zusammenspiel sehr vieler Ingenieurdisziplinen. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Erläuterung der Gestaltung

Die Neue Bahnbrücke Kattwyk als moderne Dreifeldbrücke mit stählernem Fachwerkträger-Überbau orientiert sich architektonisch an der bestehenden Kattwykbrücke und fügt sich damit harmonisch in das Gesamtbild als Brückenfamilie ein.

Das insgesamt 287 m lange Bauwerk mit dem 2000 t schweren Hubteil ist ein bedeutendes Infrastrukturprojekt der HPA, das vor allem der Entflechtung des Verkehrs im Hafen dient. Mit der neuen Bahnbrücke werden Straßen- und Schienenverkehr getrennt und so die alte Kattwykbrücke deutlich entlastet.

Wahl der Baustoffe

Zeichnung: © Leonhardt, Andrä und Partner

Zeichnung: © Leonhardt, Andrä und Partner

Für die Überbauten und Pylone wurde Stahl vorgesehen. Die massiven Widerlager und Betriebsgebäude erhalten eine Klinkerverkleidung. Die Maschinenhäuser auf der Spitze der Pylone sowie das Dachgeschoss des Steuerstands im Betriebsgebäude sind mit transparenten Paneelen verkleidet.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

55


Foto: © Bastian Kratzke

Weitere Einreichungen

Neubau der Neckarbrücke Benningen Aufgabenstellung

Im Zuge der Ortsumfahrung Benningen ist der Neckar in einer geschwungenen Kurve zu überqueren. Neben der Überbrückung des Flusses war ein Bauwerk zu entwerfen, das sich harmonisch in die Umgebung der Weinberge einfügt und durch eine geringe Konstruktionshöhe die Höhe der anschließenden Straßendämme reduziert. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die 195 m lange, semiintegrale Verbundbrücke ist als Dreifreifeldbauwerk konzipiert. Die Voute wird im Bereich der Pfeiler in einen durchlaufenden Überbauriegel als Zugband und die Schrägstiele aufgelöst. Durch die nachgiebige Pfeilergründung am Ufer entsteht ein Zweigelenkrahmen mit angeschlossenen Seitenfeldern. Der Überbau wird als dichtgeschweißter Hohlkasten ausgebildet. Die in Querrichtung weit auskragende Betonfahrbahnplatte lässt das Tragwerk in der Untersicht besonders leicht und elegant wirken. Die Stege des Überbaus gehen monolithisch in die Schrägstiele über.

Die Schrägstiele binden in die sogenannten Stummelpfeiler ein. Die im oberen Bereich beweglichen Bohrpfähle leiten die Beanspruchungen in den Baugrund weiter. Erläuterung der Gestaltung

Die Neckarbrücke prägt mit ihrer geschwungenen Form als dynamisches und ästhetisches Bauwerk die umliegende Landschaft. Neben der schlanken Konstruktion überzeugt das Tragwerk durch die markanten V-förmigen Pfeiler. Aus der starken Grundrisskrümmung resultiert eine eigene Dynamik. Dies wird in der Gestaltung aufgegriffen, indem entsprechend dem Kraftfluss der Überbau zu den Flusspfeilern hin stark angevoutet wird. Unterhalb der Rahmenecken verjüngen sich die Schrägstiele, was das Tragverhalten des Zweigelenkrahmens widerspiegelt. Zudem wirkt die Brücke aufgrund der monolithischen Übergänge wie aus einem Guss.

Einreicher/Ingenieurbüro: Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart Bauherr:

Ausführende Baufirma: WOLFF & MÜLLER Ingenieurbau GmbH, Stuttgart; MCE GmbH, Linz

5 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Bastian Kratzke

Regierungspräsidium Stuttgart


FOTO: © LAP

Foto: © PERI Deutschland

Weitere Einreichungen

Wahl der Baustoffe

Der Überbau und die Schrägstiele sind als luftdichte Stahlkästen ausgebildet. Für die Stummelpfeiler wurde aufgrund der hohen Bewehrungsdichte ein selbstverdichtender Beton C60/75 SVB eingesetzt, die Lastausleitung aus den Schrägstielen in den Betonquerschnitt erfolgt mit Kopfbolzendübeln. Die semiintegrale Bauweise ermöglicht eine dauerhafte und wartungsarme Konstruktion.

Dies betrifft insbesondere die Bewegungsmöglichkeit der Bohrpfahlgründung mit konischer Bewehrungsführung, den Anschluss der Schrägstiele an die Stummelpfeiler mit sehr hoher Bewehrungsdichte sowie die stahlbaumäßig komplexe Ausbildung der Rahmenecken. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Durch gezielten Einsatz der verwendeten Baustoffe, die semiintegrale Bauweise und eine konsequente Ausbildung hinsichtlich des Kraftflusses wird ein nachhaltiges, funktionales und wartungsarmes Bauwerk geschaffen.

Besondere Ingenieurleistung

Zeichnung: © LAP

Die elegante Brücke bildet einen Beitrag zur Baukultur innerhalb des Mittellaufs des Neckars.

Foto: © Bastian Kratzke

Die besondere Form der Brücke bedingt eine geometrisch und bautechnisch komplexe Konstruktion. Dabei waren an verschiedenen Konstruktionsdetails besonders detaillierte Untersuchungen und neuartige Lösungen zu entwerfen.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Patrickwprice

Weitere Einreichungen

Academy Museum of Motion Pictures, Los Angeles (CA, USA) Aufgabenstellung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das Projekt umfasst ein sechsstöckiges, renoviertes Gebäude, nun Saban Building genannt, welches die meisten Ausstellungsflächen, Büros und ein Restaurant beherbergt. Im daran anschließenden, kugelförmigen Neubau in Stahlbetonbauweise befindet sich ein Kinosaal mit 1000 Sitzen und eine darüberliegende großzügige Terrasse, welche von einer 45 m spannenden Stahl- und Glaskuppel überspannt wird.

Die Gesamtgeometrie der Glaskuppel folgt einer perfekten Halbkugel mit einem Durchmesser von etwa 45 m. Die Öffnung im Süden ist etwa 3,4 m hoch, im Norden etwa 6,7 m, gemessen von der Terrasse. Die Primärstruktur der Stahlgitterschale besteht aus bogenförmigen Stahlrundprofilen mit 101,6 mm Durchmesser in Ost-West-Richtung. Die Rohre sind meist mit 10 mm Wandstärke ausgebildet, in der Nähe der beiden Öffnungen aufgrund erhöhter Biegemomente jedoch mit 16 mm. Die Bögen sind im Grundriss parallel zueinander ausgerichtet und haben einen Abstand von etwa 1,2 m zueinander. In Nord-SüdRichtung bestehen die radial ausgerichteten Bögen aus speziell gefrästen, massiven Rechteckquerschnitten (etwa 50 mm × 60 mm) und schneiden sich an jedem Knoten stets senkrecht mit den Ost-WestBögen. Die untere Hälfte der Kugel ist abgeschnitten, überschneidet sich jedoch teilweise noch mit der Stahlbetonkonstruktion des Kino-

Diese Kuppel des Academy Museums war als komplexes Raumfachwerk vorgesehen, welches sich entlang radial zum Hochpunkt verlaufender Tragelemente ausrichtete. Dies führte zu einer relativ kräftig anmutenden Konstruktion und stellte das Tragwerk in den Vordergrund. Das Bestreben der Architekten bestand darin, die Glashülle so leicht wie möglich, beinahe schwebend wirkend, zu gestalten. Um diese Transparenz zu erzielen, musste das Tragwerk radikal anders konzipiert werden.

Einreicher/ Ingenieurbüro: knippershelbig GmbH, Stuttgart Bauherr: Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Los Angeles (USA)

Renzo Piano Building Workshop, Genua (Italien) Ausführende Baufirma: Josef Gartner GmbH, Würzburg

5 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Patrickwprice

Architekt:


saals. Im Bereich der Überschneidung befindet sich eine Vielzahl von Pendelstäben, welche die Schalenkonstruktion am Betonbau auflagern. Die Mehrzahl der Stäbe ist senkrecht zur Tangente des Kreisbogens ausgerichtet, tragen also keine axialen Kräfte aus den Bögen ab, sondern nur Schubkräfte. Nur entlang einer horizontalen Reihe von Pendelstäben, etwas unterhalb der Terrasse platziert, sind die Pendelstäbe mit diagonalen Druckstäben ergänzt. Diese bilden als Zugund Druckstab das eigentliche Auflager der Bögen. Erläuterung der Gestaltung

Die Konstruktion versteht sich einerseits geometrisch als Fortsetzung des kugelförmigen Neubaus aus Stahlbeton, setzt jedoch andererseits aufgrund der filigranen Bauweise aus extrem schlanken Stahlprofilen und der Glaseindeckung als hochtransparenter, architektonischer Kontrast vom restlichen Baukörper ab. Die Kuppel überdacht die sogenannte Dolby-Terrasse, ein Ort für besondere Ausstellungen und Veranstaltungen, und muss daher neben dem Schutz vor Regen eine Vielzahl von weiteren Funktionen erfüllen, weshalb sie mit einer Reihe von nichttragenden Bauteilen bestückt ist. Das Glasdach ist somit das Ergebnis einer komplexen Komposition vielfältiger tragender und nichttragender Bauteile: Stahltragwerk, Beschattungssysteme, Belichtung, Elektrizitätsleitungen, Sprinklerrohre, Wartungszugänge. Wahl der Baustoffe

Für die Gitterschale wurde vorwiegend S355 Stahl verwendet, teilweise wurden je nach Beanspruchung auch hochfeste Stähle und rostfreie Stähle verwendet. Eine Besonderheit in diesem Projekt lag in der Verwendung von europäisch genormtem Stahl und Verbindungsmitteln in den USA. Diese europäischen Stahlfestigkeiten wurden anhand ihrer Streckgrenzen und chemischer Zusammensetzung (z. B. Magnesiumgehalt) den amerikanischen Stahlfestigkeiten gegenübergestellt, um deren äquivalente Qualität darzulegen.

Foto: © Knippers Helbig

Foto: © Knippers Helbig

Weitere Einreichungen

messen von der Rotationsachse für allgemeine Halbkugelschalen) befindet sich der Breitengrad der Bruchfuge (Übergang von Druck- in Zugringe) in der vorliegenden Schale aufgrund der höherliegenden Auflager etwas weiter oben, bei etwa 31°. Bei geschlossenen Halbkugeln kann durch Einführen von Tragelementen entlang der Zug- und Druckringe den genannten Verformungen entgegengewirkt werden. Diese Elemente können jedoch in diesem Projekt durch die großen Öffnungen nicht ununterbrochen ausgebildet werden und der gewünschte Mechanismus sich nicht vollständig entwickeln. Durch die eingeführte diagonale Seilverspannung konnten die Auslenkungen unter Eigengewichtsbedingungen in einem Bereich von wenigen Zentimetern gehalten werden, eine visuell nicht wahrnehmbare geometrische Abweichung von der idealen Kuppelform. Dennoch entwickeln sich entlang der Ost-West-Bögen relativ starke Biegemomente unter Eigengewicht. Diese sind im Vergleich zu den Biegemomenten aus Windlastkombinationen jedoch nicht maßgeblich. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die von knippershelbig konzipierte rechteckige Gitterschale mit diagonal verlaufenden Seilpaaren zeigt ein vorteilhafteres Tragverhalten und eine erhöhte Redundanz auf als die ursprünglich vorgeschlagene Raumfachwerkkonstruktion. Mithilfe der Umgestaltung des statischen Systems der Kuppel des Academy Museums gelang es somit, den Ansprüchen hinsichtlich Transparenz und Leichtigkeit gerecht zu werden.

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © Knippers Helbig

Die kugelförmige Geometrie war die klar definierte Gestaltungsabsicht der Architekten. Aus tragwerksplanerischer Sicht stellt diese Geometrie nicht die Idealform für den Abtrag von gleichmäßig entlang der Struktur verteilten Lasten (Eigengewichtslasten) dar. Ideal wäre etwa eine Kettenline, um die Eigengewichtslasten vorrangig als axiale Druckkraft abzutragen. Die Exzentrizität der kreisförmigen Bögen zur Kettenlinie jedoch führt zu der charakteristischen Verformung von Halbkugeln, welche sich durch ein Absacken des obersten Bereichs und ein Ausbauchen des unteren Bereichs auszeichnet. Verglichen mit einer allgemeinen Halbkugel (Bruchfuge bei etwa 52°, geErnst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Eva Bartussek

Weitere Einreichungen

Illerbrücke – Instandsetzung der denkmalgeschützten Stampfbetonbrücke, Illerbeuren Aufgabenstellung

Erläuterung der Gestaltung

Die Illerbrücke Illerbeuren ist ein einzigartiges Beispiel der Ingenieurbaukunst und Stampfbetonbauweise. Sie befindet sich zwischen Illerbeuren und Lautrach im Unterallgäu. Dieses inzwischen denkmalgeschützte Kleinod galt bereits bei der Fertigstellung im April 1904 als eine sehr bedeutende Eisenbahn-Betonbrücke. Nach Stilllegung der Bahnstrecke wird sie seit 1981 als Geh- und Radwegbrücke genutzt.

Den einstigen Planern war es wichtig, die Brücke in einem Bogen über die Iller zu spannen, um bei Hochwasser mögliche Aufstauungen zu vermeiden. Der visuell prägende Hauptbogen und die 222 Konsolköpfe machen das Bauwerk einzigartig. Die bewusst sichtbaren Stampffugen und der Verzicht auf die Bearbeitung der Oberflächenstruktur runden das Erscheinungsbild ab.

Ziel der Maßnahmen war, mit modernster Technik und Ingenieurverstand so viel Bausubstanz wie möglich zu bewahren und eine denkmalschutzgerechte sowie optisch überzeugende Instandsetzung zu realisieren, um die Brücke langfristig zu schützen.

Wahl der Baustoffe

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Stampfbetonbrücke hat eine Gesamtlänge von 90 m, eine lichte Weite des Dreigelenkbogens von 59 m und eine lichte Höhe von 13 m. Der Fahrbahntrog wird durch halbkreisförmig endende Entlastungsbögen getragen und weist eine Breite von 4,6 m auf. Es wurden damals insgesamt 2400 m³ Beton verbaut.

Für dieses spezielle Bauwerk wurden in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz bereits zwei Jahre vor Baubeginn Musterflächen für das Instandsetzungsmaterial angelegt. Wegen der porösen Struktur des Stampfbetons wurden sieben Produkte von vier Herstellern mit verschiedenen Materialparametern in ihrer Anwendbarkeit bewertet, bis das geeignetste Material gefunden war.

Einreicher/Ingenieurbüro: Konstruktionsgruppe Bauen AG, Kempten

Landratsamt Unterallgäu, Mindelheim Ausführende Baufirma: Xaver Lutzenberger GmbH & Co. KG, Pfaffenhausen

6 0 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Eva Bartussek

Bauherr:


Weitere Einreichungen

Altbetone dauerhaft instandsetzen

Frank Fingerloos (Hrsg.)

Historische technische Regelwerke für den Beton-, Stahlbetonund Spannbetonbau

Betonersatz für Hochbau, Verkehrsbau, Wasser- und Abwasserbau

Bemessung und Ausführung

historische Massivbaunormen komplett

AURUM KCII, Köln, DE StoCretec-Kompetenz: StoConcrete Repair Prime TS 136

und im Original

praxisnahe Hilfe im Ingenieurbüro

Das Buch enthält die Reprints der technischen Regelwerke, die von 1904 bis 2004 für die Bemessung und Ausführung der Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbauwerke im Hochbau Foto: cityfoto24/Adobe Stock

gültig waren, sowie eine chronologische Übersicht und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis.

Illerbrücke, Illerbeuren, DE StoCretec-Kompetenz: StoConcrete Repair Light LM

2009 · 1316 Seiten Hardcover ISBN 978-3-433-02925-1

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Weitere Einreichungen

Heinz Günther Schmidt

Opa, was macht ein Bauschinör? Die Geschichte von einer alten Brücke

Begeisterung für die technischen Wissenschaften: authentisch und greifbar

Kinder fasziniert Lärm und Dreck auf Baustellen, während erwachsene Laien amüsiert bis irritiert auf das scheinbar unübersichtliche Treiben blicken. Nach der Lektüre dieses Buches ordnen sich eine Baumaßnahme zu einem komplexen Vorgang und ein Bauwerk zu einer exakten Struktur.

2. neu gestaltete Auflage · 2009 · 122 Seiten · 220 Abbildungen Hardcover ISBN 978-3-433-02946-6

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FE-Modell: © Konstruktionsgruppe Bauen AG

Weitere Einreichungen

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Grundlage für die Instandsetzung waren vertiefte Bauwerksprüfungen, die „schwebend“ am Klettergurt erfolgten, da schwere Geräte die Brücke nicht befahren durften.

Aus einer unscheinbaren und nur noch bedingt tragfähigen Brücke ist ein Schmuckstück entstanden, das heute von vielen Wanderern und Radfahrern gerne und sicher genutzt werden kann.

Die Untersuchung des Stampfbetons erfolgte visuell sowie mittels Radarmessungen und des Ultraschall-Echoverfahrens.

Der Ansatz der weiteren Nutzung eines über 115 Jahre alten Bauwerks bedeutet eine besondere Nachhaltigkeit, denn das historische Baudenkmal kann ohne großen Unterhaltungsaufwand seine Funktion in den nächsten Jahrzehnten sicher und dauerhaft erfüllen.

Die vorgefundenen Schäden im Hauptbogen wurden mit einer 3D-Finite-Elemente-Software modelliert und die Tragfähigkeit mittels physikalisch nichtlinearer Berechnungen nachgewiesen. Auch die Bauzustände des Fahrbahntrogs und die Zwangsbeanspruchungen aus der neuen Fahrbahnplatte flossen in die Berechnungen mit ein. Zur Verbesserung der Robustheit wurde für die hochbeanspruchten Gelenkbereiche eine Spaltzugbewehrung notwendig.

Foto: © Krah GmbH

Besondere Ingenieurleistung

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Hermann Rupp-Silberstern

Weitere Einreichungen

Sanierung der historischen König-Ludwig-Brücke, Kempten Aufgabenstellung

Die Geschichte der zwischen 1847 und 1852 errichteten König-Ludwig-Brücke ist bewegt. Zunächst als Eisenbahnbrücke, dann von 1911 bis 1970 als Straßenbrücke und nach Umbau 1987 als Geh- und Radwegbrücke genutzt, wurde das Baudenkmal 2013 infolge der Ergebnisse der Bauwerksprüfung gesperrt. 2015 entschied die Stadt Kempten, die Brücke grundlegend zu sanieren. Ziel der Maßnahme war eine denkmalschutzgerechte Instandsetzung unter Verwendung von möglichst viel historischer Bausubstanz. Darüber hinaus wurde auf eine überzeugende optische Ausführung sowie eine wartungsarme, dauerhaft geschützte Konstruktion Wert gelegt.

weiten von jeweils 38 m, 55 m und 28 m gebildet. Die Ober- und Untergurte sowie die Diagonalen bestehen aus Lärchenhölzern. Das vertikale Achsmaß der Howeschen Träger beträgt etwa 5,0 m, das horizontale Achsmaß etwa 3,1 m. Bügel und Auflagerverstärkungen wurden aus Eichenholz hergestellt. Die Fachwerkträger sind durch Hängerstangen aus Metall zusammengespannt. Erläuterung der Gestaltung

Die zum Witterungsschutz des Tragwerks notwendige Fassade ist transparent ausgebildet. Dies erlaubt den Blick auf die historische Tragkonstruktion. Das für die sichere Nutzung erforderliche Geländer wurde als Seilgeländer mit beleuchtetem Handlauf ausgeführt. So konnte auf störende Laternen verzichtet werden.

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Das Haupttragwerk wird durch zwei parallele Howesche Fachwerkträger mit Spann-

Einreicher/Ingenieurbüro: Konstruktionsgruppe Bauen AG, Kempten Bauherr:

Ausführende Baufirma: Josef Hebel GmbH & Co. KG, Memmingen (Brücke); Holzbau Buhmann GmbH & Co. KG, Weitnau (Holzbau); Schmidbauer GmbH & Co. KG, Gräfelfing (Krane)

6 4 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Konstruktionsgruppe Bauen AG

Stadt Kempten


Foto: © Eva Bartussek

Foto: © Hermann Rupp-Silberstern

Weitere Einreichungen

Die neue Verkleidung erzeugt durch die Neigung der Lamellen eine Abtriebskraft an der Luv-Seite und eine kleine abhebende Belastung auf der Lee-Seite, was sich günstig auf die Nachweise der Lagesicherheit auswirkt.

Wahl der Baustoffe

Wie bereits beschrieben, wurde die Brücke aus Lärchen- und Eichenholz gebaut. Bei der Sanierung wurden die damals verwendeten Holzarten jeweils wieder eingesetzt. Die neue Fassade besteht ebenfalls aus Lärchenholz.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Durch die Sanierung der 170 Jahre alten Brücke ist es gelungen, unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes ein einzigartiges historisches Ingenieurbauwerk für die Nachwelt zu bewahren. Der innovative Schutz der tragenden Konstruktion ermöglicht nun eine weitere langjährige Nutzung ohne großen Unterhaltungsaufwand. Der Erhalt einer Brücke aus dem natürlichen Baustoff Holz verursacht von sich aus einen geringen CO2-Fußabdruck. Es ergab sich eine Synergie aus Nachhaltigkeit und Denkmalschutz.

Besondere Ingenieurleistung

Über ein eigens entwickeltes Web-Interface konnten die einzelnen in einer Datenbank erfassten Auffälligkeiten eingesehen, bewertet, gefiltert und für die weiteren Schritte ausgewählt werden. In Zusammenarbeit mit der HTWG Konstanz erfolgte die Beurteilung der Bauteile mithilfe von Impulstomografiemessungen.

Foto: © Konstruktionsgruppe Bauen AG

Foto: © Konstruktionsgruppe Bauen AG

Foto: © Konstruktionsgruppe Bauen AG

Um das 140 t schwere Mittelfeld wieder einheben zu können, wurde in enger Abstimmung mit dem Kranunternehmen ein ausgeklügeltes Krankonzept für vier Krane (750 t, 700 t, 2 x 500 t) entwickelt.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © FOTOGRAFIEIMRAUM

Weitere Einreichungen

Space Cube, Hannover Aufgabenstellung

Ein abgeschirmter Raum für kreatives Teamwork in ansprechendem Umfeld – das sollte es sein. Offene Raumstrukturen und modernste Technik für Ideen in gelockerter Atmosphäre. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die leichte Stahlkonstruktion schwebt auf acht runden Stahlstützen mit Durchmessern von 273 mm und Wandstärken von 10 mm. Stahlbetoneinzelfundamente sind durch Stahlbetonbalken in Querrichtung miteinander verbunden. Die Stahlskelettkonstruktion aus Doppel-T-Profilen ist in den erforderlichen statischen Querschnitten optimiert. Da die Fassade direkt an die Stahl-

struktur angeschlossen wurde, waren nur geringe Fertigungs- und Montagetoleranzen zugelassen. Zur Aussteifung wurden in den Hauptachsen Stockwerksrahmen mit in den Fundamenten eingespannten Stützen angeordnet, mit weiterer Aussteifung über horizontale Verbände in Decken, Dach und über Vertikalverbände. Innen sind keine Stützen oder Wände erforderlich, dies ermöglicht eine flexible Raumaufteilung. Die Grundfläche im 1. OG hat eine Breite von 8,95 m und eine Länge von 29,60 m. Das 2. OG ragt mit einem 4,20 m auskragenden Balkon über das 1. OG hinaus und hat eine Länge von 31,60 m.

Einreicher: SEH Engineering GmbH, Hannover Ingenieurbüro: EIL Engineering Innovation Lab GmbH, Hannover Bauherr:

Architekt: EIL Engineering Innovation Lab GmbH, Hannover Ausführende Baufirma: SEH Engineering GmbH, Hannover

6 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © FOTOGRAFIEIMRAUM

SEH Engineering GmbH, Hannover


Foto: © FOTOGRAFIEIMRAUM

Foto: © FOTOGRAFIEIMRAUM

Weitere Einreichungen

nach genauen Vorgaben integriert und der Sonnenschutz ist nur sichtbar, wenn er benötigt wird.

Erläuterung der Gestaltung

Die aufgeständerte Konstruktion schafft darunter nutzbaren Raum. Die Vorteile des Stahls kommen voll zur Geltung. Große Spannweiten ermöglichen stützenfreie Räume und großzügige Glasfronten. Stahlkonstruktion und Haustechnik bleiben sichtbar. Detailliert geplant wurde die Gebäudehülle mit einer Blech- und einer Holzfassade. Besonders ist die Gestaltung mit Siding-Paneelen bei freier Profilgeometrie – mit durchlaufenden Profilen, millimetergenau gekantet und montiert. Entwässerungseinrichtungen sind innenliegend und münden in einem Versorgungsschacht. Auch die Attikaverkleidung wurde

Wahl der Baustoffe

Der Bauherr: ein Stahlbauunternehmen. Der dominierende Baustoff: Stahl bei Tragkonstruktion und Fassade, Haupt- und Fluchttreppe sowie sichtbarer Stahlkonstruktion im 2. OG. Verglaste Balkonbrüstungen unterstreichen den Charakter des Gebäudes. Besondere Ingenieurleistungen

Besondere Herausforderung war die Konstruktion eines demontierbaren Gebäudes, aufgeständert auf ein Minimum von Stützen ohne störende Elemente im Erdgeschoss für flexible Nutzungsfläche unter dem Gebäude. Durch Verzicht auf aussteifende Wände wurde eine flexible Raumgestaltung möglich, eine zügige Montage war durch vorgefertigte Module gewährleistet. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Es wurde ressourcenschonend gebaut. Die hochdämmende Hülle und die Photovoltaikanlage ermöglichen eine unabhängige Energieversorgung und damit ein nachhaltiges Bauen.

Foto: © FOTOGRAFIEIMRAUM

Die Fläche unterhalb des Gebäudes kann zu anderen Zwecken mitgenutzt werden. Die Konstruktionsart wäre eine mögliche Lösung zur innerstädtischen Nachverdichtung, da die aufgeständerte Konstruktion auf oder zwischen Bestandsgebäuden montiert wird.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Prof. Feix Ingenieure

Weitere Einreichungen

Alstadtring Tunnel München – Verstärkung von Block 34 unter laufendem Verkehr Aufgabenstellung

Der Altstadtring stellt mit einem täglichen Verkehrsaufkommen von ca. 74.000 Fahrzeugen die zentrale West-Ost-Verbindung im Zentrum von München dar.

Spannbetonträger (als Lamellen bezeichnet) mit Höhen von 3,5 m und Spannweiten von bis zu 36 m hergestellt. Diese Lamellen liegen auf den später hergestellten Tunnelwänden auf, bilden nun die Tunneldecke und tragen die gesamte Last des Prinz-Carl-Palais ab. Erläuterung der Gestaltung

Im Jahr 2013 ergab eine Nachrechnung der Tunneldecke, dass aufgrund des verwendeten spannungsrissgefährdeten Spannstahls ein ankündigendes Versagen der Tunneldecke nicht gegeben ist. Daher sollte für den Block 34 des Tunnels die Tragfähigkeit bei Ausfall der Spannbewehrung über eine Verstärkung wieder hergestellt werden. Die vorgegebenen Randbedingungen dafür waren, dass der Einbau der Verstärkung unter Verkehr im Tunnel erfolgen muss und von der Unterseite erfolgt, ohne Störung im Prinz-Carl-Palais.

Nach der Prüfung mehrerer Ideen wurde das Büro Feix Ingenieure GmbH mit der Planung der Verstärkung beauftragt. Der Entwurf der Verstärkung sah den Einsatz des an der Universität Innsbruck unter der Leitung von Prof. Feix erforschten Systems von Betonschrauben als nachträgliche Bewehrung vor. Diese Betonschrauben mit Durchmessern von 22 mm wurden mit einer Länge von 3,2 m durch die vorhandenen Hohlkörper der Spannbetonlamellen als nachträgliche Querkraftbewehrung vorgesehen. Für die Sicherstellung der Biege-

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

In den 1960er-Jahren wurde der Altstadtring-Tunnel überwiegend in offener Bauweise errichtet, lediglich der Block 34 wurde nachträglich unter dem historischen PrinzCarl-Palais gebaut. Dazu wurden im Kellergeschoss des Palais insgesamt 15 einzelne

Einreicher/Ingenieurbüro:

Bauherr: Landeshauptstadt München Ausführende Baufirma: Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, München

6 8 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Prof. Feix Ingenieure

Prof. Feix Ingenieure GmbH, München


tragfähigkeit wurde eine nachträgliche Bewehrung mit Gewindestäben Durchmesser 43 mm und 63,5 mm aus hochfestem Stahl in eine Spritzbetonschicht von 30 cm Stärke an der Tunnelunterseite geplant. Die Verankerung dieser Bewehrung am Ende der Lamellen erfolgte ebenfalls über Betonschrauben in die beiden Auflagersockel über den Tunnelwänden und über Koppelplatten.

Foto: © Prof. Feix Ingenieure

Foto: © Prof. Feix Ingenieure

Weitere Einreichungen

freie Detektion der Spannbewehrung gelegt. In insgesamt 22 Monaten Bauzeit konnte so unter laufendem Verkehr die Verstärkung sehr erfolgreich umgesetzt werden. Dies war vor allem durch die hervorragende Zusammenarbeit des Bauherrn, der ausführenden Firma und des Planers möglich, womit auf die auftretenden Probleme und erforderlichen Anpassungen immer schnell reagiert und die Planung entsprechend angepasst werden konnte.

Wahl der Baustoffe Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die geplante Verstärkung des Blocks 34 sah insgesamt 7044 Betonschrauben als Querkraftverstärkung und Rückverankerung und zusätzliche Biegebewehrung mit einem Gesamtgewicht von 57,56 t vor.

Unter schwierigen Randbedingungen und unter Verwendung eines innovativen Systems konnte das Bestandstragwerk auf die Tragfähigkeit der aktuellen Normung angepasst werden.

Besondere Ingenieurleistung

Foto: © Prof. Feix Ingenieure

Die Ausführung der Verstärkung begann im Juni 2019 und dauerte bis März 2021. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die zerstörungs-

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Foto: © Hajo Dietz

Weitere Einreichungen

Neubau der Schorgasttalbrücke mit Galerie über die DB im Zuge der Ortsumfahrung Untersteinach (B 289) Aufgabenstellung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Schorgasttalbrücke mit der Galerie über die Bahnlinie im Westen von Untersteinach ist Teil eines neuen Streckenabschnitts der Bundesstraße 289. Aufgrund der exponierten Lage im sensiblen Schorgasttal wurde im Jahr 2010 ein Realisierungswettbewerb durchgeführt. Der Auslober erwartete gut gestaltete Bauwerke mit optimalen Lösungen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, Funktion, Konstruktion, Innovation und Bauverfahren.

Der erfolgreiche Entwurf sieht einen von sechs Pylonen mit je zehn Schrägseilen getragenen schlanken Stahlverbundlängsträger mit torsionssteifem Kastenquerschnitt als Brückenüberbau vor.

Länge der Talbrücke: 426 m Konstruktionshöhe des Überbaus: nur 1,85 m 7 Felder, 6 Pylone – Höhe der Pylone jeweils ca. 25 m über Tal 2 × 6 Seilfächer mit je 5 Seilen, 1300 m vollverschlossen, Seildurchmesser 110 mm

Einreicher: BPR Dr. Schäpertöns Consult, München Ingenieurbüro: ARGE: SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult, Kronach; BPR Dr. Schäpertöns Consult, München; SB Schultz-Brauns Planung, München Bauherr: Freistaat Bayern / Staatliche Bauamt Bayreuth Architekt:

Ausführende Baufirma: ARGE: Ed. Züblin, Dresden; Züblin Stahlbau, Hosena

7 0 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Hajo Dietz

SBR Schultz-Brauns & Reinhart Architekten, München


3500 t Baustahl 780 m Bohrpfähle mit Durchmesser 150 cm, bis zu 54 m tief Länge der Galerie: 134 m Erläuterung der Gestaltung

Das besondere Erscheinungsbild Brücke ergibt sich durch die einseitige Aufhängung des Überbaus an der Kurveninnenseite sowie durch die radial nach innen geneigten Pylone und den schlanken Überbau. Weitere Gestaltungselemente sind die nach außen geneigten Lärmschutzwände und der asymmetrische, unten abgeschrägte glatte Überbauquerschnitt. Die niedrige Konstruktionshöhe des Überbaus wird durch die Schrägseilabspannung ermöglicht.

Foto: © Hajo Dietz

Foto: © Hajo Dietz

Weitere Einreichungen

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Zehn Jahre nach der Preisgerichtssitzung haben die seinerzeitigen Preisrichter aus der Region im Rahmen eines Pressetermins eine positive Bilanz gezogen und Folgendes festgestellt: „Die Brücke ist ein herausragendes architektonisches Meisterwerk. Spektakulär und elegant schwingt sie sich über das Tal – ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst.“

Besondere Ingenieurleistung

Grafik: © BPR Dr. Schäpertöns Consult

Foto: © Hajo Dietz

Der Überbau mit einer Höhe von 1,85 m besteht aus einer Stahlverbundkonstruktion mit einem luftdicht verschweißten Stahlkasten und einer darüberliegenden, mit der Stahlkonstruktion fest verbundenen Fahrbahnplatte aus Beton. Es handelt sich um ein teilintegrales Bauwerk, bewegliche Lager befinden sich nur am Anfang und am Ende der Brücke (am Widerlager und am Trennpfeiler zur Galerie). Die Stützen und Pylone sind biegesteif mit dem Überbau der Brücke verschweißt. Die Höhe der Pylone beträgt ca. 25 m über dem Talgrund. Die niedrige Konstruktionshöhe des Überbaus wird durch die Schrägseilabspannung ermöglicht.

Lageplan

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Screen: © MKP GmbH

Weitere Einreichungen

smartBRIDGE, Hamburg Aufgabenstellung

Am Beispiel der Köhlbrandbrücke sollte ein Instrument geschaffen werden, mit dem Informationen zum Bauwerkszustand in Echtzeit erhalten und die Instandhaltung besser und effizienter geplant werden können. Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Köhlbrandbrücke ist 3618 m lang und besteht aus zwei Rampen in Stahl- und Spannbetonbauweise sowie der Strombrücke als StahlSchrägkabelbrücke. Erläuterung der Entwicklung

aus Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 von Straßenbrücken. Es wurde eine Schnittstelle entwickelt, die relevante Informationen aus SIB-BW extrahiert und so strukturiert, dass die Daten auf die zentrale Datenplattform abgelegt werden. IoT-Sensoren ermöglichen in Zukunft eine permanente und automatisierte Überwachung von Bauwerkskenndaten, woraus Echtzeitinformationen zum aktuellen Zustand generiert werden. Damit lassen sich aus der Datenhistorie Prognosen zum künftigen Bauwerksverhalten erstellen. Zusätzlich werden die Daten aus diagnostischen Untersuchungen (OSA nach RI-EBW-PRÜF) konsequent im Digitalen Zwilling eingebunden und unterstützen die gesamthafte Zustandsbewertung.

smartBRIDGE Hamburg ist ein Metakonzept, das die digitale Transformation bei der Optimierung der Instandhaltung von Brücken auf der Basis des Digitalen Zwillings zeigt. SIB Bauwerke (SIB-BW) (Version 1.9) ist aktuell die zentrale Quelle für Zustandsdaten

Einreicher/Ingenieurbüro: MKP GmbH, Weimar Bauherr:

Projektbeteiligte: customQuake GmbH, Hamburg WTM Engineers GmbH, Hamburg

7 2 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Screen: © MKP GmbH

Hamburg Port Authority AöR, Hamburg


Der Digitale Zwilling besteht aus einem geometrischen Modell, welches um statische Metainformationen, kombiniert mit dynamischen Zustandsinformationen, erweitert ist. Es wurde zudem mit dem FROST-Server eine zentrale IoT-Datenplattform erschaffen. Diese basiert auf einer offenen Schnittstelle. Sie besitzt eine hohe Leistungsfähigkeit, einen geringen Ressourcenverbrauch und ist Open Source.

Für die Nutzung von smartBRIDGE Hamburg wurden verschiedene Visualisierungen und Benutzermodi entwickelt. Damit ist es möglich, sich Übersichten genauso wie Detailinformationen intuitiv zu beschaffen. Es gibt zudem die Möglichkeit, sich durch das fotorealistische Modell zu navigieren und Informationen über AR zu konsultieren. Positive Aspekte der Ingenieurleistung

smartBRIDGE Hamburg zeigt die Zukunft der prädiktiven Instandhaltung auf. Eine längere Nutzung unserer vorhandenen Infrastruktur wird dadurch möglich.

Screen: © MKP GmbH

Im Projekt wurde ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, die sehr heterogenen Datenquellen gemeinsam nach einem einheitlichen Schema zu bewerten, sodass für das Bauwerk ein aggregierter Zustandsindikator entsteht.

Screen: © MKP GmbH

Screen: © MKP GmbH

Weitere Einreichungen

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Foto: © Stéphane Braune, WaltGalmarini AG

Weitere Einreichungen

Neubau Zweite Hinterrheinbrücke, Ersatz Überführung A 13, Reichenau (CH) Aufgabenstellung

Die Rhätische Bahn hat 2015 einen anonymen, internationalen Wettbewerb zum Bau einer ca. 200 m langen Brücke über den Hinterrhein und die Nationalstraße A 13 ausgeschrieben. Die neue Brücke soll unmittelbar neben der historischen Hinterrheinbrücke (Baujahr 1896) zu liegen kommen und so einen zweispurigen Bahnbetrieb über den Hinterrhein ermöglichen. Im Rahmen des Projekts soll auch die Zubringerüberführung der historischen Hinterrheinbrücke über die Autobahn A 13 ersetzt werden.

über den Hinterrhein durch V-förmige Stahlstreben auf Betonpfeilern gehalten wird. Einziger Fixpunkt in Längsrichtung bildet das Widerlager Bonaduz (S5). Die Steifigkeit der beiden Flusspfeiler ist bewusst so geplant und umgesetzt, dass sie in Brückenlängsrichtung ausreichend biegeweich reagieren, um einerseits Kräfte aus verhinderter Temperaturdehnung klein zu halten, andererseits aber ausreichend steif sind, um die Durchbiegungen des Trägers unter Bahnverkehrslasten (Auseinanderspreizen der Pfeiler) innerhalb der Gebrauchsgrenzen zu halten. Erläuterung der Gestaltung

Beschreibung der Haupttragkonstruktion

Die Zweite Hinterrheinbrücke besteht aus einem Stahltrog, der über 196 m spannt und dabei beidseits des Felds

Im herausfordernden Kontext von gebirgiger Landschaft sowie zahlreichen historischen und neuzeitlichen Brücken soll die Zweite Hin-

Einreicher: INGE COWI / WaltGalmarini AG, Zürich (CH) Ingenieurbüro: COWI, London (GB); WaltGalmarini AG, Zürich (CH)

Rhätische Bahn (RhB), Chur (CH) Architekt: Dissing+Weitling, Copenhagen S (DK) Ausführende Baufirma: Stahlbau: ARGE Schneider Stahlbau-Jörimann-Hebag, Jona (CH) Unterbau: Erni AG, Flims (CH)

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Foto: © Roman Sidler, WaltGalmarini AG

Bauherr:


Zeichnung: © WaltGalmarini AG

Weitere Einreichungen

terrheinbrücke eine selbstverständliche Ergänzung bilden und dabei eine Synthese finden zwischen Umfeld, Anforderungen, Architektur, Landschaft und Ingenieurskunst. Die bewusst angestrebte hohe Transparenz der Zweiten Hinterrheinbrücke hat zur Folge, dass die alte und die neue Brücke stets zusammen wahrgenommen werden, sie wirken als zusammenspielendes Ensemble zweier Brücken, die ihrem jeweiligen 4. Stand der Technik des Brückenbaus entsprechen.

Besondere Ingenieurleistung

Besonders erwähnenswert ist die Ermöglichung des hautnahen Erlebens des historischen und modernen Brückenbaus mithilfe eines neuen Wanderwegs durch die drei Brücken bzw. deren Widerlager. Der Unterhaltssteg der ersten Hinterrheinbrücke im Inneren ihres historischen Fachwerks ist mittels Öffnungen in den alten und neuen Widerlagern für die breite Öffentlichkeit erschlossen und in das malerische Wanderwegnetzwerk der berühmten Rheinschlucht integriert worden.

Wahl der Baustoffe Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Das Integrieren des Wanderwegs in das Gesamtprojekt ermöglicht der breiten Öffentlichkeit neue, spektakuläre Ausblicke in die wunderbare Landschaft der Rheinschlucht und lässt sie dabei gleichzeitig die Baukünste zweier Jahrhunderte hautnah erleben.

Foto: © Andreas Galmarini, WaltGalmarini AG

In ihrer Materialität orientiert sich die Zweite Hinterrheinbrücke an der historischen Stahlfachwerkbrücke. Stahl ist zudem typisch für die meisten der damaligen Eisenbahnbrücken, Beton dominiert bei den neueren Straßenbrücken. Die Verwendung von Stahl ist daher nicht nur wirtschaftlich, sondern widerspiegelt auch den Charakter der örtlichen Infrastruktur.

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Foto: © Severin Jakob

Weitere Einreichungen

Himmelhausmattesteg: Die Hängebrücke am Seilnetz, Trubschachen (CH) Aufgabenstellung

Erläuterung der Gestaltung

Eine elegante Hängebrücke überquert die Trub in Trubschachen im Emmental. Die Konstruktion der Fuß- und Radwegbrücke ist einzigartig: Erstmals hängt eine Brücke an einem Drahtseilnetz anstelle der üblichen Hängeseile.

Die Gehebene aus Gitterrosten lagert auf vier HEA-140-Längsprofilen, welche über die freie Spannweite auf sieben Querjochen gelagert sind und durch das Verspannen über die Netzstruktur einen Bogen mit einem Stich von 280 mm aufweisen. Dieser Stich ist so gewählt, dass die resultierende Steigung die Nutzung für Mobilitätsbeeinträchtigte erlaubt.

Beschreibung Haupttragkonstruktion

Die Himmelhausmattestegbrücke verbindet die Trubschacher Himmelhausmatte mit dem Bahnhof. Sie schafft so für die Kinder des Orts einen sicheren Schulweg und schließt eine Lücke im nationalen Wander- und Velonetz. Die Umsetzung der Brücke besteht aus einer verspannten Konstruktion von Tragseilen und Brückenträgern mit dem Edelstahlseilnetz Webnet. Der Einsatz des Seilnetzes als Substitut der Hängeseile erlaubt den Verzicht auf eine zusätzliche Absturzsicherung. Die freie Spannweite des Brückenträgers zwischen den Pylonen beträgt 21,5 m bei einer Brückenbreite von 2,2 m. Ausgelegt ist die Brücke auf eine Nutzlast von 4,0 kN/m2.

Wahl der Baustoffe

Das Edelstahlnetz besteht aus Seilen von 3 mm Durchmesser, 6 × 19 + WC, welche bei einer Maschenweite von 80 mm mit Hülsen verbunden sind. Angebracht ist das Seilnetz an das Tragseil von 26 mm Durchmesser, einem offenen Edelstahlspiralseil 1 × 37, beidseitig mit

Einreicher/Ingenieurbüro: Jakob Rope Systems, Trubschachen (CH) Bauherr:

Architekt: Jakob Rope Systems, Trubschachen (CH) Ausführende Baufirma: Thuner Bau AG, Trubschachen (CH)

7 6 Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

Foto: © Severin Jakob

Gemeinde Trubschachen (CH)


Zeichnung: © Jakob Rope Systems

Weitere Einreichungen

Jakob-Forte-Gabeln mit Spannschlössern versehen. Das Tragseil weist einen Stich von 2,4 m auf seine Spannweite von 23,7 m auf, woraus ein Verhältnis f/l = 1/10 resultiert. Die Tragseile sind, zusammen mit den Abspannstangen Jakob Forte M36 und dem Rückhalteseil, an den Pylonkopflaschen angebracht.

ckenträgers. Diese sind mittels Bolzenverbindungen mit den Pylonen verbunden. Die Brückenkonstruktion inklusive Gitterroste ist rd. 12 t schwer und auf Schwergewichtslösungen aus Stahlbeton verankert.

Besondere Ingenieurleistung

Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2020. Nach der Erstellung der Fundationen erfolgte die Montage der Pylone, welche temporär positioniert wurden. An die errichteten Pylone wurden temporäre Trag- mit vormontierten Hängeseilen angebracht. Der Brückenträger wurde als Stück in der Werkstatt zusammengefügt und mittels Pneukran eingehoben. In regelmäßigen Abständen wurden anschließend temporäre Kettenzüge angebracht, um den Brückenträger mit der Verspannung zum Tragseil in Position zu bringen. Im Frühjahr 2021 wurde die Hängebrücke eröffnet.

Positive Aspekte der Ingenieurleistung

Die 5,3 m hohen Pylone aus geschweißtem Hohlprofil sind gelenkig gelagert und tragen auf ihrem Querriegel die Längsprofile des Brü-

Foto: © Severin Jakob

Foto: © Severin Jakob

Die Brücke ist ein Gemeinschaftsprojekt der Firmen Jakob AG, der Thuner Bau AG und Kambly SA sowie der Gemeinde Trubschachen.

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis 2022

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Historie / Impressum

Ingenieurbaupreis von Ernst & Sohn seit 1988 Gründungsidee

Seit 2002 auf Bauwerke in Schweiz und Österreich ausgeweitet

Erstmals Standorte weltweit; Bauwerke aus 13 Ländern eingereicht Umbenennung in „Ulrich Finsterwalder Ingenieurbaupreis“, Kooperation mit der Familie Finsterwalder (2015-2020)

Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis

Jahr

Preisträger

Ingenieure

1988

Kein Preisträger, dafür drei gleichwertige Auszeichnungen

1990

Dach über dem Innenhof im Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburg

Schlaich, Bergermann und Partner (D)

1992

Freudenstein-Tunnel im Zuge der DB-Neubaustrekke Mannheim-Stuttgart"

Gerhard Prommersberger, DB Karlsruhe (D); Karl Kuhnhenn, Ingenieurbüro Bung, Heidelberg (D); Dieter Kirschke, Ettlingen (D); Kalmann Kovari, Zürich (CH)

1994

Mainbrücke Nantenbach

Reiner Saul, Leonhardt, Andrä und Partner und Ortwin Schwarz, Deutsche Bahn AG (D)

1996

Verbreiterung der Rodenkirchener Hängebrücke

Landschaftsverband Rheinland, Zentralverwaltung, Ref. Brücken- und Tunnelbau, Köln (D); Ingenieurbüro HRA, Bochum (D); Rendel, Palmer, Tritton-Consulting Engineers, London (GB)

1998

Glacisbrücke Ingolstadt

Schlaich, Bergermann und Partner, Stuttgart (D)

2000

Kein Preisträger, dafür zwei gleichwertige Auszeichnungen

2002

Sunnibergbrücke bei Klosters in der Schweiz

Prof. Dr. C. Menn, Chur (CH); Bänziger + Köppel + Brändli + Partner, Chur (CH)

2004

Kanalbrücke des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg

Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg (D)

2006

Planung und Montage der Bügelbauten am Hauptbahnhof Bahnhof in Berlin

Donges Stahlbau GmbH, Darmstadt (Tragwerksplanung Sondervorschlag Klappen) (D); Schlaich, Bergermann und Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung Bauherrenentwurf) (D)

2008

Melezzabrücke in Borgnone-Palagnedra (CH)

ARGE Ingegneri Pedrazzini sagl, Lugano (CH) / De Giorgi & Partners Ingegneri Consulenti SA, Muralto (CH)

2010

Kein Preisträger, dafür fünf gleichwertige Auszeichnungen

2013

Nationalstadion Warschau (PL)

schlaich bergermann und partner (D)

2015

Kaeng Krachan Elefantenpark im Zoo Zürich (CH)

Walt + Galmarini AG dipl. Ing. ETH SIA USIC (CH)

2017

Instandsetzung Kochertalbrücke, Geislingen

Leonhardt, Andrä und Partner – Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart (D)

2019

Schutzdach der Ausgrabungsstätte am Göbekli Tepe

EiSat GmbH, Berlin (D)

2022

Erneuerung Saaneviadukt und Doppelspurausbau, Gümmenen (Schweiz)

Fürst Laffranchi Bauingenieure GmbH, Aarwangen (CH)

Impressum

Kunden-/Leserservice WILEY-VCH Kundenservice für Ernst & Sohn, Boschstraße 12, 69469 Weinheim Tel.+49 (0)6201 606400, service@wiley-vch.de Ernst & Sohn GmbH Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Tel. +49 (0)30 47031200, info@ernst-und-sohn.de www.ernst-und-sohn.de

Gestaltung/Satz Druck

Redaktion Dr.-Ing. Dirk Jesse, Berlin, Tel. +49 (0)30 47031275, dirk.jesse@wiley.com

Die veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das des Nachdrucks und der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Sonderausgabe darf ohne vorherige Zustimmung des Verlages gewerblich als Kopie vervielfältigt oder in elektronische Datenbanken aufgenommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen in erster Linie die persönliche Meinung der Verfasserin oder des Verfassers dar.

Gesamtanzeigenleitung Fred Doischer, Tel. +49 (0)30 47031234, fred.doischer@wiley.com Es gilt die Anzeigenpreisliste 2021.

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© 2022 Ernst & Sohn GmbH, Berlin


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