Bautechnik 1/2025

1 102. Jahrgang Januar 2025 ISSN 0932-8351

Bautechnik Zeitschrift für den gesamten Ingenieurbau

– Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Straßeninfrastrukturprojekte – Untersuchung zum politischen Verständnis über graue Emissionen – Ökobilanzierung in der Tragwerks- und Fassadenplanung – Wiederverwendung im Tragwerk – Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl – Strategie für nachhaltige Planung bei Leonhardt, Andrä und Partner – Die Nachhaltigkeitszertifizierung von Büroimmobilien

Beton-Kalender-Tag 2025 Beton im Infrastrukturbau am Beispiel Tunnelbau 9. April 2025 · Berlin & Online 10 – 17 Uhr

Inhalte

Vortragende

Die Verkehrsinfrastruktur und ihre Bauten sind die Schlagadern unserer Gesellschaft. Neubau, Unterhalt und Instandsetzung sind zugleich gewaltige Investitionen in unsere Zukunft. Die Einbeziehung der neuesten Erkenntnisse bei Baustoffen, die Verwirklichung von Kreislaufkonzepten und die Anwendung digitaler Methoden in Planung, Ausführung und während der Nutzung sind daher essentiell für den verantwortungsvollen Umgang mit bestehenden Ressourcen und denen kommender Generationen.

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Prof. Matthias Flora BMK Stiftungsprofessur für Tunnel Information Modeling, Universität Insbruck

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Prof. Conrad Boley Institut für Bodenmechanik und Grundbau, Universität der Bundeswehr München

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Prof. Oliver Fischer Lehrstugl für Massivbau, TU München

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u.v.m.

Teilnahmegebühr Nachhaltigkeit von Betonen im Tunnelbau Tübbingfertigteile im Tunnelbau ◾ BIM im Tunnelbau ◾ Injektionen im Tunnelbau ◾ Sensorik und Langzeitmonitoring im Tunnelbau ◾ Beton im Tunnelbau ◾ ◾

ernst-und-sohn.de/btk

* Der Preis versteht sich zzgl. ges. MwSt. Es gelten die AGB der Akademie der Ingenieure.

Regulär

Vor Ort

Online

465 €*

405 €*

+ Beton-Kalender 2025 636,96 €*

576,96 €*

Inhalt Bautechnik 1/25 Zum Titelbild: Das Berliner Tempodrom, 1980 gegründet, wurde 2001 neu am Askanischen Platz eröffnet und erinnert an Niemeyers Kathedrale von Brasília. Das Gebäude bietet eine große Arena für 4000 Besucher, eine kleine Arena für 450 sowie das Liquidrom, ein Solebad mit Konzerten. Die Energieversorgung erfolgt über ein Blockheizkraftwerk und Solaranlagen.

(Foto: Nikita Pishchugin/Unsplash)

ÖKOBILANZIERUNG/NACHHALTIGKEITSZERTIFIZIERUNG

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EDITORIAL Yvonne Ciupack Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitszertifizierung – Bausteine für ein zukunftsfähiges Bauwesen AUFSÄTZE Pamela Haverkamp, Marzia Traverso, Lea Szukalla Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Straßeninfrastrukturprojekte Christian Glock, Aaron Dernbach, Fabian Kaufmann, Yannik Johann Empirische Untersuchung zum politischen Verständnis über graue Emissionen im Bauwesen

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BERICHTE Daniel Pfanner, Angela Feldmann, Karen Preuschoff, Marcel Reshamvala, Hanna Münch Ökobilanzierung in der Tragwerks- und Fassadenplanung

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Jana Nowak, Clea Kummert, Matthias Oppe Wiederverwendung im Tragwerk

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Jasper Maatz, Michaela Lambertz Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl

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Stefan Nübler, Tobias Mansperger, Korbinian Falk, Dorothea Jünger Strategie für nachhaltige Planung im Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner

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Matthias Barthauer Die Nachhaltigkeitszertifizierung von Büroimmobilien gewinnt an Relevanz

102. Jahrgang Januar 2025, Heft 1 ISSN 0932-8351 (print) ISSN 1437-0999 (online)

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BAUTECHNIK aktuell VERANSTALTUNGSKALENDER

Peer-reviewed journal Die Bautechnik ist im Journal Citation Report von Clarivate Analytics (vormals Thomson Reuters) sowie bei Scopus von Elsevier gelistet.

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Impact Factor 2023: CiteScore 2023:

0,5 1,3

http://wileyonlinelibrary.com/journal/bate

www.ernst-und-sohn.de/bautechnik

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Produkte & Objekte Klimagerechtes, nachhaltiges und energieeffizientes Bauen, Ökobilanzierung Bauen im Bestand, Bauwerksanierung und -erhaltung, Verstärkung und Instandsetzung Stellenanzeigen

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KLIMAGERECHTES, NACHHALTIGES UND ENERGIEEFFIZIENTES BAUEN, ÖKOBILANZIERUNG

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Recyclingmaterial als Füllung: In Serie gefertigte Kappendecke spart 60 % Beton ein

Bild 1 Ein Schnitt durch das Betonfertigteil concap offenbart die ressourcenschonende Füllung aus Recyclingmaterial.

Gemeinsam haben das Ingenieurbüro schlaich bergermann partner und der Betonfertigteilhersteller thomas betonbauteile die erste in Serie gefertigte Kappendecke aus Beton entwickelt. concap ist die Neuinterpretation der historischen Kappendecke und soll Maßstäbe in den Bereichen Eleganz, Ressourcenschonung, Technikintegration und Baulogistik setzen. Neben der markanten Ästhetik der historischen Vorgänger bietet concap zusätzlich eine deutliche CO2-Einsparung, einfache Anschlussdetails sowie eine intelligente Technikintegration.

Preußische Kappe als Vorbild Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde die sogenannte Preußische Kappe vermehrt für Geschossdecken in Wohngebäuden und in gewerblichen und landwirtschaftlichen Bauten sowie weitspannenden Fabrikhallen verwendet. Diese historischen Kappendecken waren kleinteilige, mit Steinen oder Ziegeln ausgefachte Konstruktionen. Daher war die Errichtung der später leicht anmutenden Form zeitaufwendig und erforderte spezialisiertes handwerkliches Wissen.

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Die neuentwickelte Kappendecke aus Beton concap eignet sich u.a. für weitspannende Hallen und Präsentationsräume.

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Die Idee zur Weiterentwicklung der Kappendecke stammte von Professor Mike Schlaich, der seit vielen Jahren an der TU Berlin zum nachhaltigen Bauen mit Beton forscht. Als Partner des Ingenieurbüros schlaich bergermann partner fand er mit Eckhardt Thomas, geschäftsführendem Gesellschafter der thomas gruppe, einen Partner aus der Betonindustrie, mit dem es innerhalb von 18 Monaten gelang, auf einer historischen Grundlage ein neues ressourcenschonendes Betonfertigteil zu entwickeln. concap erreicht durch die effiziente Schalentragwirkung mit nur 6 cm Schalendicke gleiche Spannweiten und Tragfähigkeiten wie konventionelle Deckensysteme, spart dabei aber etwa 60 % Konstruktionsbeton. concap ist nicht nur effizient und nachhaltig, sondern verleiht den Räumen durch das charakteristisch flache Bogenprofil eine besondere Eleganz und Großzügigkeit und erzeugt so eine helle, offene Atmosphäre.

Als hochwertiges Betonfertigteil in Sichtbetonqualität wird concap auf der Baustelle mit leicht verfügbarem gekörntem Recyclingmaterial verfüllt. Alle gebäudetechnischen Leitungen können in dieser Schüttung verlegt und verzogen werden. Durch die verschiedenen

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Variante Wohnraum

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(Abb.: sbp / Julia Metzger (1), concap (2–5))

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Variante Büro

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Variante Gewerbe

Modulgrößen und -breiten eignet sich das Deckensystem sowohl für Büro- und Wohngebäude als auch für Industrie- und Gewerbebauten.

und Traglaststufen erhältlich. Weitere, individuelle Maße sind auf Anfrage möglich.

Dabei erfüllt es, in Kombination mit der Schüttung, alle technischen Anforderungen hinsichtlich Deckenlasten, Schallschutz und Brandschutz (90 min) sowie Nutzerkomfort. Möglich sind eine Nutzlast bis 3 kN/m² und eine Ausbaulast (zusätzlich zur Schüttung) von bis zu 2,5 kN/m².

Zerstörungsfreier Rückbau und einfache Wiederverwendung möglich

concap sorgt mit einer schlichten Eleganz für einen großzügigen und weiten Raumeindruck. Die Deckenuntersicht von concap ist standardmäßig betongrau und schalglatt, da die Elemente im positiven Fertigungsverfahren hergestellt werden.

Im direkten Vergleich mit einer 8,1 m weit spannenden Flachdecke aus Ortbeton spart der Deckenaufbau mit concap durchschnittlich 55 % CO2. Dies wird durch die effiziente Tragweise der Bögen und die nachhaltige Schüttung aus kreislauffähigen Recyclingprodukten ermöglicht. Auch ist am Ende des Lebenszyklus von concap ein zerstörungsfreier Rückbau sowie eine unkomplizierte Wiederverwendung der Elemente möglich.

Die Elemente werden in Sichtbetonqualität geliefert und können in verschiedenen Betonfarben sowie Säuerungen und Abstrahlungen produziert werden, ganz individuell angepasst an das jeweilige Projekt.

Auf der concap Webseite bieten virtuelle Räume einen ersten Eindruck, wie das Deckensystem im Kontext von Wohnung, Büro, Gewerbe- und Industriebau wirkt. Ergänzend dazu ermöglicht eine AR-App die virtuelle Begehung der Räume unter den Kappendecken.

Leitungen finden in Schüttung Platz

Ein weiteres Highlight bietet der Showroom in Hennigsdorf bei Berlin. Hier ist das Deckensystem im Maßstab 1:1 erlebbar. Bei einer individuellen Besichtigung des Showrooms kann ein 8,1 m spannendes Modul inklusive Deckenaufbau und beispielhafter TGA-Integration besichtigt und begangen werden.

concap ermöglicht einen reduzierten Deckenaufbau, da in der offen unter dem Bodenbelag zugänglichen Schüttung alle benötigten Leitungen für Sanitär- und Elektroinstallationen integriert werden können. So entfällt selbst für hochtechnisierte Gebäude der Doppelboden.

www.con-cap.de

Die Leitungen werden entweder durch Aussparungen zwischen den Elementen oder in einer Zwischenschicht oberhalb des Elements verzogen. So ist ein Gesamtdeckenaufbau ab 32 cm Höhe möglich. Wenn gewünscht kann concap auch zur Raumtemperierung eingesetzt werden. Dabei erfolgt die thermische Betonkernaktivierung durch im Werk eingebaute Kapillarrohre. concap erfüllt alle geltenden deutschen Baunormen und kann bei Bedarf an technische EU-Normen angepasst werden. Zudem liegt für alle Typen eine Bewertung des vorhandenen Schallschutzes vor.

Dadurch entfallen aufwendige Versuche und langwierige Genehmigungsprozesse und concap kann direkt in die individuelle Planung übernommen werden.

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Auf der Baustelle ermöglicht das Betonfertigteil einen einfachen Bauablauf und einen schnellen Baufortschritt bei gleichbleibend hoher Qualität. concap ist derzeit für ein Achsraster von bis zu 810 cm Länge, 270 cm Breite und in verschiedenen Schallschutz-

Nachträgliches Verstärken von Stahlbeton durch Stahl-, oder Kohlefaserlamellen und CFK-Folien Tel. 08724/88-447 . 84323 Massing

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Mit geprüften Ökobilanzdaten planen und bauen

Bild 2 Bild 1

Die Schritte der EPD-Erstellung.

Das Institut Bauen und Umwelt (IBU) stellt auf der Online-Plattform IBU.data über 1.900 EPD-Daten digital zur Verfügung.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung prägen die Zukunft des Bauens.

Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) will mit der Plattform IBU.data einen Beitrag speziell hinsichtlich der Ökobilanzierung leisten. Digitale bzw. maschinenlesbare Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) sollen Architekten, Planern und Auditoren eine präzise Lebenszyklusbewertung von Gebäuden ermöglichen.

Auf IBU.data stehen die ökobilanzbasierten Daten aus den EPDs von Bauprodukteherstellern als XML-Dateien auf Basis des für EPDs erweiterten ILCD+EPD-Formates (International Reference Life Cycle Dataset) bereit. Per Such- und Filterfunktion kann gezielt nach der EPD für ein bestimmtes Produkt oder eines bestimmten Herstellers gesucht werden. Zu Informationszwecken und zur Einzeldatennutzung für die Berechnung von Ökobilanzen ist die Nutzung kostenfrei.

Digitale EPD-Daten für die nachhaltige Planung

Die von unabhängigen Dritten verifizierten Informationen stehen dabei online als PDF zur Verfügung. Um Anwendern die Verwendung von EPDs für die Berechnung von Gebäudeökobilanzen mit kompatiblen Informationen so leicht wie möglich machen, geht das IBU nun einen Schritt weiter: Mit IBU.data stellt es die EPDDaten digital, also maschinenlesbar zur Verfügung.

Nahtlose Verbindung von EPD-Daten und Software Über den Einzelzugriff hinaus können Software-Tools per APISchnittstelle und eine Lizenzvereinbarung mit dem IBU direkt auf die Daten zugreifen. Dieses Angebot nehmen laut IBU immer mehr Unternehmen wahr, um stets auf den gesamten und aktuellen Datenstand direkt in ihrer jeweiligen Software zugreifen zu können.

Aktuell stehen rund 1.900 EPDs öffentlich digital zur Verfügung und es werden stetig mehr. Neben klassischen EPDs vom Einzelprodukt bis zum Branchendurchschnitt stellt IBU.data auch pro-

Bild 3 Über den Einzelzugriff hinaus können Software-Tools per API-Schnittstelle und eine Lizenzvereinbarung mit dem IBU direkt auf die EPD-Daten zugreifen.

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(Fotos: Institut Bauen und Umwelt e.V.)

EPDs sind ein Industriestandard im Bauwesen, um Ökobilanzdaten einheitlich zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Beim IBU läuft der Prozess der Erstellung, Prüfung, Veröffentlichung und Verwaltung von EPDs seit vielen Jahren digital über eine eigene EPD-Plattform (epd-online.com).

KLIMAGERECHTES, NACHHALTIGES UND ENERGIEEFFIZIENTES BAUEN, ÖKOBILANZIERUNG ANZEIGE jektspezifische EPDs bereit, die sehr viel präzisere Daten für einzelne Projekte liefern.

Dieses Angebot greift den Trend automatisiert erzeugter EPDs auf, die von verifizierten, systemgenerierten Daten gespeist werden. Als Erstes waren 120 Projekt-EPDs der Firma Holcim in IBU.data verfügbar, in den nächsten Monaten soll sich diese Anzahl durch weitere Hersteller deutlich erhöhen.

Dank IBU.data werden neue EPDs in kürzester Zeit digital veröffentlicht, sodass das IBU und die EPD-Inhaber unabhängig von den Vorgaben externer Datenbankbetreiber sind. Dennoch bleibt die ÖKOBAUDAT als nationale Datenbank des Bundes ein zentraler Veröffentlichungskanal, insbesondere für generische Daten.

Darüber hinaus ist die IBU.data-Schnittstelle ein wichtiger Datenlieferant, da das IBU rund 80 % der produktspezifischen EPDs in der ÖKOBAUDAT liefert.

Besuchen Sie uns: Halle A3/431

EPDs digital.

Einfach. Effizient.

Mit IBU.data.

Digitale EPD-Daten – Der Schlüssel für nachhaltiges Bauen im digitalen Zeitalter

Ziel: Einheitliche Datenformate als Grundlage für nachhaltiges Bauen in ganz Europa Mit IBU.data ist das IBU Vorreiter der EPD-Programmbetreiber in Europa, um ihre Daten in Eigenregie digital zur Verfügung zu stellen. Grundlage ist das Konzept der Arbeitsgruppe InData (International open LCA and EPD Data Network for Sustainable Building). InData verfolgt das Ziel eines Netzwerks von digitalen EPD-Datenbanken der Programmhalter im XML-Format auf Grundlage des erweiterten ILCD+EPD. Die Entwicklung und Harmonisierung des Datenformats ILCD+EPD für EPDs und generische Daten für Bauprodukte gemäß EN 15804 zielt darauf ab, die Daten für Downstream-Software maschinenlesbar zu machen. Das Konzept basiert auf Open Source und einer offenen XML-basierten Lizenz und ist in andere Formate konvertierbar.

ISO 22057 „EPD für BIM“ wird umgesetzt InData arbeitet an der stetigen Weiterentwicklung des Formats.

Alle Updates sind dabei rückwärtskompatibel. Aktuell befasst sich InData zusätzlich damit, die Anforderungen der EPD-Grundlagennorm EN 15804 für Upstream-Software vollständig zu implementieren, um die Daten aus systemgenerierten EPDs vollständig kompatibel einbinden zu können. Zudem arbeitet die Arbeitsgruppe an der vollständigen Umsetzung der Anforderungen der ISO 22057 „EPD für BIM“.

Das IBU ist überzeugt davon, dass über europäische bzw. internationale Standards insbesondere für Building Information Modeling (BIM) ein enormes Potential für nachhaltiges Bauen gehoben werden kann.

Es gilt dabei, die digitalisierten Ökobilanzdaten mit BIM-Daten der Bauprodukte zu verknüpfen und damit Entscheidungshilfen für die Auswahl von Bauteilen, Gebäudestrukturen oder gar Quartieren im Sinne der Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Den Weg dorthin soll IBU.data eröffnen.

IBU.data – Ihre Plattform für digitale EPD-Daten.

Mit IBU.data wird Nachhaltigkeit greifbar. Unsere Environmental Product Declarations (EPDs) liefern Ihnen die relevanten Informationen, um ökologische Entscheidungen für nachhaltiges Planen und Bauen zu treffen – integrierbar in digitale Planungstools und BIM-Systeme.

Vorteile: Effizient: Zugriff auf verlässliche EPD-Daten in Echtzeit.

Flexibel: API-Schnittstellen ermöglichen eine einfache Integration in bestehende Systeme.

Kompatibel: Abgestimmt auf Datenformate für nachhaltiges Bauen.

Nutzen Sie digitale EPD-Daten und gestalten Sie die Zukunft des Bauens – digital und nachhaltig!

Mehr erfahren: ibu-epd.com/ibu-data-start/

www.ibu-epd.com/ibu-data-start

Institut Bauen und Umwelt e.V. Hegelplatz 1, 10117 Berlin ibu-epd.com

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KLIMAGERECHTES, NACHHALTIGES UND ENERGIEEFFIZIENTES BAUEN, ÖKOBILANZIERUNG

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CO2-negativer Fassadenstein gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis Damit stehen wir in der gesamten Baustoffindustrie allein auf weiter Flur.“ „Unser Pirrouet®-Startprogramm umfasst Fassadensteine in elf Farben mit einer zart strukturierten, eleganten Oberflächenstruktur“, sagt Johan Deburchgrave. „Damit haben wir neben dem wichtigen Aspekt der Nachhaltigkeit auch noch eine nicht weniger relevante, ästhetische Komponente, um Pirrouet® erfolgreich am europäischen Markt zu platzieren. Und ich bin mir sicher, dass uns das mit dem Sieg beim DNP auch ganz hervorragend gelingen wird.“

Über den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP)

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Bei der 17. Verleihung des DNP am 28. und 29. November wurde Vandersanden für seinen CO2-negativen Vormauerstein Pirrouet® ausgezeichnet.

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) ist die größte Auszeichnung für ökologisches und soziales Engagement in Europa. Bei der 17. Verleihung des DNP am 28. und 29. November konnte der Ziegelhersteller Vandersanden den DNP für seinen CO2-negativen Vormauerstein Pirrouet® entgegennehmen.

Das belgische Familienunternehmen absorbiert mit dem neuen Pirrouet®-Fassadenstein Kohlendioxid aus der Atmosphäre und bindet es permanent. Den gesamten Produktionsprozess betreibt das Unternehmen mit regenerativer Energie. Die Herstellung der Pirrouet®-Steine bindet dabei pro Jahr insgesamt 2.280 t CO2. das entspricht der jährlichen CO2-Absorption von 114.000 ausgewachsenen Bäumen.

Pirrouet® setzt sich gegen hunderte Teilnehmer durch Aus den insgesamt 272 Teilnehmern in der Kategorie Produkte in fünf Unterkategorien haben es im Transformationsfeld Klima 30 ins Finale geschafft. Vandersanden wurde als Sieger für den CO2negativen Fassadenstein Pirrouet® im Transformationsfeld Klima mit dem DNP prämiert. Johan Deburchgrave, CEO von Vandersanden: „Dass wir diese hochkarätige Auszeichnung gewonnen haben, ist wie ein Ritterschlag für uns. Wir sind begeistert, dass unsere Anstrengung für ein besseres Klima auf dieser Ebene honoriert wird.“

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist die nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in allen Sektoren. Mit sechs Wettbewerben, darunter erstmals der für Gesundheit, über 1.300 Bewerbern und 3.000 Gästen bei den Veranstaltungen ist der Preis der größte seiner Art in Europa.

Die Auszeichnung wird vergeben von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, kommunalen Spitzenverbänden, Wirtschaftsvereinigungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen.

Rahmen für die Verleihung ist der Deutsche Nachhaltigkeitstag in Düsseldorf, die meistbesuchte jährliche Kommunikationsplattform zu den Themen nachhaltiger Entwicklung.

Über Pirrouet® Pirrouet® ist der erste CO2-negative und kreislauffähige Fassadenstein am Markt. Bei der Herstellung von Pirrouet® geht CO2 aus der Atmosphäre eine chemische Verbindung mit calciumhaltigen Materialien gereinigter mineralischer Rückstände aus der Stahlindustrie ein. Durch diese Verbindung entstehen die sehr robusten Vormauersteine von Vandersanden. Während des Produktionsprozesses werden pro Tonne Pirrouet® 60 Kilogramm CO2 absorbiert und permanent im Stein gebunden.

Bei diesem Karbonatisierung genannten Prozess reagieren calciumhaltige Materialien (Ca) mit Kohlendioxid (CO2) zu Calciumcarbonat (CaCO3). Calciumcarbonat kommt weltweit in der Natur vor und ist ein wichtiger Faktor für eine natürliche CO2-Speicherung.

Pirrouet® ist laut Hersteller der erste CO2-negative Vormauerstein auf dem Markt. Im September 2024 hat Vandersanden sein erstes Pirrouet®-Werk im belgischen Lanklaar eröffnet. Für die Anlage investierte man insgesamt 32,5 Millionen Euro. Bei voller Auslastung produziert das Werk 20 Millionen der CO2-negativen Pirrouet®-Fassadensteine jährlich.

Vandersanden-CEO Deburchgrave: „Die Ausgangssituation war diese: Wie können wir Produkte herstellen, die weniger CO2-Ausstoß haben? Alles durfte in Frage gestellt werden. Und so haben wir mit Pirrouet® ein Produkt entwickelt, das nicht nur CO2-neutral ist, sondern über seinen Produktionsprozess und Lifecycle mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre zieht, als ausgestoßen wird.

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Das Pirrouet®-Startprogramm umfasst Fassadensteine in elf Farben.

KLIMAGERECHTES, NACHHALTIGES UND ENERGIEEFFIZIENTES BAUEN, ÖKOBILANZIERUNG

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Da Pirrouet® bis zu 80 Prozent aus Reststoffen der Stahlindustrie hergestellt wird (Carbinox und Stinox), werden nur zu ca. 20 % Primärrohstoffe wie Sand, Wasser und Farbstoffe benötigt. Die Abfallmenge reduziert sich damit erheblich.

Über Vandersanden Jaak Vandersanden gründete die Traditionsziegelei Vandersanden 1925 im belgischen Spouwen (Bilzen), unweit der deutschen Grenze. Dort befindet sich der Hauptsitz des Ziegelherstellers bis heute.

Bei dem Familienunternehmen stehen eine nachhaltige Produktion, Fachkompetenz und Innovation rund um die Ziegelherstellung im Vordergrund. Vandersanden bietet Ziegelprodukte für die Planung und Verwirklichung von Gebäuden, Gärten, Parks und im Straßenbau an.

Vandersanden bietet zudem vollständig integrierte Lösungen, wie RoboBrick und Drainflow, um den heutigen Herausforderungen im Bausektor zu begegnen. Mit dem Nachhaltigkeitsprogramm Together to Zero, dem Versprechen, bis 2050 vollständig kohlenstoffneutral zu produzieren und zu arbeiten, geht der Ziegelhersteller auf andere Interessensgruppen zu, um gemeinsam kohlenstoffneutral zu arbeiten.

Das Unternehmen produziert über 600 Millionen Ziegel pro Jahr für den europäischen Markt und darüber hinaus. Der Ziegelexperte ist nicht nur Marktführer für Handformverblender in Belgien und Deutschland, sondern auch für das Segment Pflasterklinker in den Niederlanden. Die Vandersanden-Ziegelproduktion in den

(Abb.: Vandersanden)

Die „Vandersanden-Familie“ besteht aus über 800 Mitarbeitern in Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Mit insgesamt neun Produktionsstätten für Vormauerziegel und Klinker, Pflasterklinker, Riemchen und gedämmte Fassadensysteme ist Vandersanden der größte familiengeführte Ziegelproduzent Europas.

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Die Herstellung der Pirrouet®-Steine bindet pro Jahr insgesamt 2.280 t CO2.

belgischen und niederländischen Werken arbeitet nach der Umweltmanagementnorm ISO 14001 und das Werk in der Oberlausitz nach ISO 50001. www.vandersanden.com/de-de/pirrouet

Moderne Betonfassaden - nachhaltig, langlebig und multifunktional Im November 2024 fand in den Räumlichkeiten der Laumer Bautechnik GmbH ein Seminar rund um nachhaltige Fassadenlösungen statt.

Veranstaltet wurde es vom InformationsZentrum Beton, der Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau sowie der gastgebenden Laumer Bautechnik GmbH.

lich und ästhetisch überzeugen, sondern auch intelligente Lösungen für Klimaschutz, Ressourcenschonung und flexible Nutzung bieten. www.laumer.de

Das Event lockte etwa 60 Teilnehmer und zahlreiche Aussteller aus der Zulieferindustrie ins niederbayerische Massing, darunter Solidian, Pfeifer, Geolyth, HAZ, Sika und BT Innovation. Dabei lagen die folgenden Themen im Fokus: (Foto: Laumer Bautechnik GmbH)

– Nachhaltige Fassadenlösungen – Architekturbeton und Recyclingmaterialien – innovative Photovoltaik- und Massivabsorber-Fassaden Nach Vorträgen und Diskussionen wurde eine Werksbesichtigung angeboten und die Vernetzung in der Bauindustrie durch den fachlichen Austausch beim Abendprogramm verstärkt.

Für die Veranstalter sind solche Treffen wichtig, da sie zeigen, wie moderne Betonfertigteilfassaden nicht nur funktional, wirtschaft-

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Im November kamen Vertreter der Bauindustrie zusammen, um sich in einem Fachseminar plus Ausstellung über nachhaltige Fassadenlösungen zu informieren.

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BAUEN IM BESTAND, BAUWERKSANIERUNG UND -ERHALTUNG, VERSTÄRKUNG UND INSTANDSETZUNG

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(Fotos: Fraunhofer WKI / Peter Meinlschmidt /Manuela Lingnau)

Windkraftanlagen: Drohnenwartung und schaltbare Klebstoffe sollen Nachhaltigkeit erhöhen

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Windkraft-Rotorblätter aus mehrlagigen, glas- und kohlefaserverstärktem Faserverbundkunststoff sollen künftig nicht mehr bloß „verschrottet“ sondern hochwertig recycelt werden.

In Deutschland gibt es circa 30.000 Windkraftanlagen, etwa 1.500 davon auf dem Meer (Stand: 2022). Die flächendeckend vorhandenen Bauwerke liefern inzwischen den größten Anteil der hierzulande verbrauchten elektrischen Energie. Die Rotorblätter von Windenergieanlagen sind hohen Belastungen ausgesetzt. Beschädigungen können schwerwiegende Folgen haben, weshalb Windenergieanlagen regelmäßig gewartet werden müssen. Bisher ist dies nur möglich, wenn Servicetechniker auf die teilweise über hundert Meter hohen Windkrafttürme klettern.

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Balsaholz, glasfaserverstärkter Kunststoff und andere wertvolle Rohstoffe machen Windkraft-Rotorblätter leicht und hochstabil.

Lösbare Harzsysteme sollen künftig eine sortenreine Rückgewinnung ermöglichen.

Intelligenter Klebstoff lässt sich an- und ausschalten Neben Recyclinglösungen für bestehende Rotorblätter entwickeln Forschende am Fraunhofer WKI Lösungen für neue Rotorblätter mit geringerem Recyclingaufwand. Rotorblätter bestehen aus komplexen Multimaterialverbünden, fest verbunden durch duroplastische Harze. Getestet wird, ob sich Rotorblätter mit wieder lösbaren Harzsystemen so konstruieren lassen, dass die Materialien am Ende der Nutzungsdauer sortenrein getrennt werden können.

Ob ganze Teile alter Rotorblätter für neue, kleinere Rotorblätter verwendet werden können, wird ebenfalls untersucht. Dazu werden schaltbare Klebstoffe getestet, die sich für die Nutzung anschalten und danach wieder ausschalten lassen.

Fraunhofer WKI testet Drohneneinsatz und nasschemische Behandlung an Rotorblättern Am Fraunhofer-Institut für Holzforschung (Fraunhofer WKI) werden aktuell Wartungskonzepte mit Hilfe von Drohnen erforscht, was die Inspektion der Rotorblätter deutlich erleichtern soll. Ein weiteres Forschungsziel sind völlig neue Recyclingverfahren mit einer möglichst hochwertigen stofflichen Verwertung.

Dabei sollen verwendetes Balsaholz sowie Kunststoffschaum zurückgewonnen werden und damit die Kreislauffähigkeit von Windenergieanlagen steigern.

Forschende des Fraunhofer WKI haben bereits die Verklebung des ersten Holzturms für kommerzielle Windkraftanlagen der Firma Modvion AB auf der Baustelle begleitet. In einem weiteren Projekt prüfen Forschende, inwiefern nachwachsende Rohstoffe für den Bau von Rotorblättern eingesetzt werden können. www.fraunhofer.de

(Abb.: Fraunhofer WKI)

Konkret wird der Faserverbundkunststoff aus den Rotorblättern durch Pyrolyse in seine Bestandteile zerlegt, um die eingesetzten Fasern zurückzugewinnen und industriell zu verwerten. Die Forschenden führen an den Glas- und Carbonfasern eine nasschemische Behandlung durch, bei der die Fasern mit einem Haftvermittler als Vorbereitung für die nächste Anwendung versehen werden. Dadurch können laut WKI mehrere Faserschichten in einem Schritt behandelt und anschließend imprägniert werden, ohne dass sie vorher aufwendig getrennt werden müssen.

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Die rückgewonnenen Glasfasermatten und Balsaholzkomponenten werden für hochwertige Folgenutzungen aufbereitet.

BAUEN IM BESTAND, BAUWERKSANIERUNG UND -ERHALTUNG, VERSTÄRKUNG UND INSTANDSETZUNG

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Spezialtiefbauarbeiten bis 2026: Baugrundverbesserung an der Schleuse Hessigheim

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Die Baugrundverbesserung der Schleuse Hessigheim wird voraussichtlich Anfang 2026 nach 29 Monaten Bauzeit abgeschlossen.

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Mit Hilfe des 3D-Modells können neben der Geometrie auch die Injektionsvolumina und -drücke abgebildet werden.

An der Schleuse Hessigheim wird auf einer Fläche von ca. 1.900 m² der Baugrund verbessert. Das Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) Heidelberg hat eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der Bauer Spezialtiefbau GmbH und der BTR Bohrtechnik Roßwag GmbH & Co. KG, mit den hierfür notwendigen Arbeiten beauftragt. Diese laufen seit Oktober 2023 und werden voraussichtlich im Februar 2026 abgeschlossen.

Monitoringsystem überwacht die Baustelle rund um die Uhr und meldet Lageveränderungen in Echtzeit.

330 Bohrungen bis 33 m Tiefe mit Sonic-Drilling-Verfahren

Herzstück ist dabei das Bauerdigital Portal, welches als zentraler Zugang für die digitalen Anwendungen fungiert. Hier können Kunden, Gutachter und Bauausführende den Fortschritt einsehen, Verpressarbeiten überwachen und Maßnahmen bewerten. Das 3D-Modell, ein digitaler Zwilling, bildet neben Geometrien auch Injektionsvolumina und -drücke ab.

Der Bauablauf gliedert sich in fünf Phasen: Zunächst wurden Messstellen errichtet und geophysikalische Untersuchungen durchgeführt, um die Ausgangslage zu dokumentieren und die Planung abzusichern. In Phase zwei geht es an die Kernaufgabe: Das Bohrteam führt insgesamt 330 Bohrungen bis in 33 m Tiefe mit dem Sonic-Drilling-Verfahren aus.

Dabei kommt ein Spezialbohrgerät mit 3D-GNMSS-Messung der BTR zum Einsatz, um die Verpressgestänge präzise zu positionieren. Anschließend übernehmen die Experten von Bauer Spezialtiefbau die Verdichtungsinjektionen mit der speziell konfigurierten KLEMM KR 806-2DB. Insgesamt werden voraussichtlich rund 8.000.000 l eigens entwickelter Mörtel nach einem exakten Stufenverfahren in gestörte Bodenschichten eingebracht. Allein hierfür sind 20 Monate vorgesehen. In Phase drei erfolgen erneut geophysikalische Untersuchungen und Seilkernbohrungen. Phase vier umfasst Nachvergütungen mit Zementinjektionen, um verbleibende Lücken zu füllen.

Bohrungen und Injektionsmaßnahmen wurden mithilfe von Building-Information-Modelling-Technologien (BIM) millimetergenau geplant. „Dank eines digitalen Bodenschicht- und Geotomographiemodells konnten wir die Bodenstruktur präzise analysieren“, erklärt Wolfgang Benz.

Zudem werden Sensordaten der Injektionsgeräte erfasst, gespeichert und in das Modell integriert, wodurch jede Maßnahme präzise dokumentiert wird. „Mit diesen digitalen Lösungen machen wir den Bauprozess transparenter und schaffen eine Grundlage für zukünftige Projekte,“ betont Marcus Daubner, Leiter Digitalisierung bei Bauer Spezialtiefbau. „Dieses Projekt zeigt, wie innovative Technologien nachhaltiges und effizientes Bauen ermöglichen.“ Schon vor dem offiziellen Baustart begann für Bauer die spannende Phase der Planung und Vorbereitung. Auf Basis der Planungsgrundlagen vom Bauherrn wurde das detaillierte 3D-Modell der Baustelle erstellt. Auf der Baustelle steuern die Spezialisten die Anlagen präzise, prüfen Mörtelchargen im Labor und starten neue

(Fotos: Bauer Gruppe)

Die Herausforderungen bei dem Projekt sind groß. Instabiler Baugrund verhindert senkrechte Arbeiten. Die Bohrungen müssen schräg von einem nur 3 m breiten Radweg aus durchgeführt werden. Zusätzlich holte Oberbauleiter Wolfgang Benz die Zustimmung der Anwohner ein, deren Gärten für 2,5 Jahre nutzen zu dürfen. Die Flächen wurden sorgfältig vorbereitet, mit Betonplatten versehen und für eine kontrollierte Wasserführung ausgestattet.

Digitales Bodenschicht- und Geotomographiemodell ermöglicht präzise Bodenstrukturanalyse Dem Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) Heidelberg stehen als Bauherrn eine durchgängige digitale Dokumentation und ein 3DModell des Baufelds jederzeit zur Verfügung. Ein tachymetrisches

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Zur Sicherung der Schleuse werden Verpressarbeiten mit der speziell konfigurierten KLEMM KR 806-2DB des Spezialtiefbauunternehmens Bauer durchgeführt.

BAUEN IM BESTAND, BAUWERKSANIERUNG UND -ERHALTUNG, VERSTÄRKUNG UND INSTANDSETZUNG

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www.bauer.de

Verpressstellen. Hierbei kommt es besonders darauf an, das Injektionsmaterial millimetergenau einzubringen, ohne historische Strukturen zu gefährden.

Wiederverwendung von Asphalt: Auf dem Weg zur postcarbonen Straße

(Foto: BAM)

von Asphalt. Dabei sollen statt frischem Bitumen biobasierte Verjüngungsmittel, sogenannte Rejuvenatoren, helfen, den Asphalt elastisch zu halten.

Biobasierte Verjüngungsmittel für Asphalt können aus Kiefernharz oder Cashewkernen gewonnen werden.

Asphaltschichten auf Straßen und Autobahnen müssen, je nach Beanspruchung und Ausführung, alle 15 Jahre erneuert werden. Dabei kommt inzwischen eine hohe Quote an Ausbauasphalt zum Einsatz.

Dieser wiederverwendete Asphalt wird jedoch mit der Zeit hart und spröde, was zu Rissen und anderen Schäden in der Fahrbahndecke führen kann. Mit jeder erneuten Verwendung verstärkt sich diese Tendenz.

Um der unerwünschten Verhärtung entgegenzuwirken, wird bislang dem Altmaterial neues bzw. „frisches“ Bitumen zugemischt.

Der Anteil des fossilen Bindemittels auf Erdölbasis muss bei jeder erneuten Wiederverwendung des Asphalts erhöht werden, um dessen Viskosität und Elastizität zu gewährleisten. Der zulässige Bitumengehalt im Asphalt ist gleichzeitig begrenzt. Das bisherige Verfahren verschlechtert trotz Recyclings mit jedem neuen Zyklus die CO2-Bilanz von Ausbauasphalt.

Zu diesen Mitteln zählen Öle, die aus Kiefernharz oder Cashewkernen gewonnen werden. Untersuchungen in einem Vorprojekt haben gezeigt, dass deren positive Wirkung auf maximal vier Wiederverwendungszyklen begrenzt ist. „Wir möchten die Grenzen verschieben und einen Weg aufzeigen, wie sich Asphalt mithilfe nachhaltiger Rejuvenatoren deutlich länger wiederverwenden lässt“, so Sandra Weigel, Expertin für Bindemittel im Straßenbau, die für die BAM das DFG-Projekt leitet.

Neue Erkenntnisse dank Infrarotspektroskopie und Lichtleitertechnik Entscheidend für die Langzeitwirkung ist, wie sich das Material mit dem vorhandenen Altbitumen im Asphalt vermischt. Nur bei einer möglichst vollständigen Vermischung bleiben Viskosität und Elastizität dauerhaft erhalten. „Bisher lässt sich dieser Vermischungsgrad nicht zuverlässig bestimmen und das Verjüngungsmittel daher nicht zielgerichtet anpassen“, so Sandra Weigel. „Wir nutzen die Infrarotspektroskopie und erstmals auch InfrarotLichtleiter, mit denen wir sozusagen in die Mischung hineinschauen können und ein besonders genaues chemisches Verständnis des Materials gewinnen.“ Zur Bestimmung der Vermischungsgrade ist die Erarbeitung von zwei neuartigen Methodenansätzen auf Basis der Infrarotspektroskopie vorgesehen.

Für eine vereinfachte Konzeptionierung von Asphaltmischungen mit mehrfach wiederverwendeten Ausbauasphalten sollen zudem Prognosemodelle für verschiedene Asphaltkennwerte basierend auf Bindemittel- bzw. Mastixkennwerten erarbeitet werden.

Biobasierte Verjüngungsmittel sollen Asphalt elastisch halten Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt „Postcarbone Straße“, an dem neben der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) die Ruhr-Universität Bochum und die Technische Universität Berlin beteiligt sind, zielt auf einen möglichst unbegrenzten Wiederverwendungskreislauf

Generell sollen die Ergebnisse dieses Projekts einen grundsätzlichen Weg aufzeigen, ob und wie eine mehrfache bzw. endlose Wiederverwendung von Asphalt umgesetzt werden kann, was für nahezu alle Akteure des Straßenbausektors relevant ist. www.bam.de

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Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Ultraschall für die Brücke: Forschungsgruppe stellt neues Prüfverfahren zur Bauwerksüberwachung vor

(Foto: Nadja Wollinsky / Stadtarchiv Ulm)

Die Forschungsgruppe „Concrete Damage Assessment by Coda Waves“ (CoDA), bestehend aus Forschenden der Technischen Universität München (TUM), der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Hochschule Bochum (BO), hat jetzt vielversprechende Ergebnisse zu einem neuen Verfahren vorgestellt.

Seit 2021 messen Forschende mit Ultraschall-Sensoren den Zustand der 96 m langen Gänstorbrücke zwischen Ulm und Neu-Ulm.

Seit dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden richtet sich eine breite öffentliche Aufmerksamkeit auf die Bauwerksüberwachung bzw. das Bauwerksmonitoring. In der Fachwelt hat das Thema längst Hochkonjunktur, wie jüngste Meldungen aus der Forschung zeigen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Prüfverfahren mit Ultraschall.

Mit Hilfe der sogenannten ultraschallbasierten, hochsensiblen Coda Wellen Interferometrie (CWI) sollen Bauwerke künftig nicht nur punktuell geprüft, sondern kontinuierlich und umfassend überwacht werden können. Dadurch ließen sich kritische Veränderungen an Bauten frühzeitig erkennen und Maßnahmen rechtzeitig ergreifen, um Sperrungen oder Evakuierungen zu verhindern.

Prüfmethode auf Beton- und Spannbetonbauteile zugeschnitten Die CWI ist eine Methode zur Überwachung und Analyse von Materialveränderungen, welche insbesondere für Beton- und Spannbetonbauteile geeignet ist. Sie nutzt Ultraschallwellen, um sehr kleine Änderungen in der Materialstruktur zu detektieren.

Diese Technik ist besonders nützlich, um Spannungszustände und potenzielle Schäden frühzeitig zu erkennen. Die Forschungsgruppe CoDA (DFG FOR 2825) testet aktuell die Anwendung der CWI für die Überwachung von Stahlbetonbauwerken in Langzeittest an zwei Bauwerken.

Ulrike Kuhlmann (Hrsg.)

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Seit 2021 messen die Forschenden dabei mit Ultraschall-Sensoren den Zustand der 96 Meter langen Gänstorbrücke zwischen Ulm und Neu-Ulm. 2022 begannen zudem die Messungen an der Münchner U-Bahnstation Scheidplatz. Dort messen die Sensoren die Belastung der Decke des Bauwerks durch den oberirdischen Straßenbahnverkehr.

Ausschlaggebend hierfür sei der systematische und ganzheitliche Ansatz, welcher sowohl die externen Einflüsse wie Temperatur und Feuchtigkeit als auch eine Vielzahl weiterer unterschiedlicher Faktoren für die Auswertung der Signale berücksichtigt.

Sechs Forschungsschwerpunkte auf mehrere Institute verteilt Computergestützte Modelle übersetzen Signale Die röhrenförmigen Sensoren mit einer Länge von gerade einmal 75 Millimetern und einem maximalen Durchmesser von 2 Millimetern werden in Bohrlöchern oder unmittelbar bei Herstellung dauerhaft im Bauwerk angebracht und liefern kontinuierlich Daten über die momentane Belastung und alterungsbedingte Veränderungen des Materials. Die Signale der Ultraschallsensoren sagen zunächst nichts über den Grad der Schädigung und die genaue Position etwaiger Schäden aus. Sie müssen zunächst übersetzt und interpretiert werden.

Hier kommen komplexe mathematisch-physikalische Modellierungen und Simulationen ins Spiel. In Kombination mit maschinellem Lernen werden die Ultraschalldaten so interpretiert, dass sie die Änderungen der physikalischen Materialeigenschaften, wie Steifigkeit, auf verschiedenen Skalen übersetzen können. Nicht nur der Grad, sondern auch der Ort der Schädigung kann mittels der Methoden abgeleitet werden. Die Daten der Sensoren werden an einen Server übertragen, was eine Bauwerksüberwachung aus der Ferne ermöglicht. So könnten zukünftig viele Bauwerke zentral beobachtet werden.

Der ganzheitliche Versuchsaufbau ist auf die folgenden sechs Forschungsschwerpunkte mit jeweils einem verantwortlichen Institut aufgeteilt: – TUM1: Umwelt- bzw. mechanisch bedingte Änderungen in der (Beton-)Mikrostruktur und ihr Effekt auf die Codasignale – RUB1: Skalenübergreifende Modellierung von Mikrostrukturänderungen im Beton und Schädigungsanalyse von Betonstrukturen zur Identifizierung von Coda-Signalen – BO: Höchstleistungs-Simulationen der Wellenausbreitung für Strukturuntersuchungen von Beton – RUB2: Korrelationen zwischen Ergebnissen thermo-mechanischer Experimente an Stahlbetonstrukturen und verteilten Coda Signalen – TUM2: Großskalige, hybride Modelle zur Schadenserkennung in beliebig geformten Betontragwerken – BAM: Codawellenbasierte Ultraschallmethoden für Beton – Erweiterung der Möglichkeiten durch 3D-Information, Kombination mit Schallemissionsanalyse und Erweiterung um zusätzliche Kennwerte hin zur Anwendung an realen Bauwerken www.mae.ed.tum.de/coda/projekt/

Forscher erwarten dauerhafte Überwachung mit minimalem Eingriff Für Christoph Gehlen, Professor für Werkstoffe und Werkstoffprüfung im Bauwesen an der TUM und Sprecher des CoDA-Projekts, sind die Ergebnisse der jahrlangen Versuche unter Realbedingungen eindeutig: „Uns ist es gelungen das CWI-Messverfahren derart zu verfeinern, dass wir zukünftig mit unseren Sensoren und den komplexen Auswertungsmodellen selbst große Bauten mit minimalen Eingriffen in die Struktur überwachen könnten.“

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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EDITORIAL

Yvonne Ciupack

Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitszertifizierung – Bausteine für ein zukunftsfähiges Bauwesen

Die Zielsetzung von Ökobilanzierungen und Zertifizierungen reicht weit über die reine Analyse hinaus. Sie sollen ein umfassendes Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Bauwesen und Umwelt ermöglichen und zugleich Anreize für nachhaltiges Handeln schaffen. Dabei richten sie sich nicht nur an Ingenieure, Architekten und Bauherren, sondern fordern auch politische Entscheidungsträger und Investoren heraus, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil von Qualität zu begreifen.

Autorenfoto (CMYK/300dpi) Foto: Lars Sieber

Das Bauwesen steht vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Der Klimawandel, die zunehmende Ressourcenknappheit und die wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit verlangen nicht nur nach technischen Innovationen, sondern auch nach einem Umdenken in der Planung, Umsetzung und Bewertung von Bauprojekten. In diesem Kontext bieten Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitszertifizierung zentrale Instrumente, um Transparenz zu schaffen und fundierte Entscheidungen zu fördern.

Yvonne Ciupack

In der praktischen Anwendung stehen nach wie vor zentrale Herausforderungen im Vordergrund, wie etwa die Vereinfachung komplexer Bewertungsprozesse oder die Etablierung standardisierter Methoden, die auch für kleinere Projekte praktikabel sind. Gleichzeitig bieten Best-Practice-Beispiele aus der Branche wichtige Orientierungspunkte. Sie verdeutlichen, wie ambitionierte Nachhaltigkeitsziele durch innovative Ansätze und strategisches Handeln erreicht werden können, und dienen als Inspiration für die Weiterentwicklung von Standards und Methoden.

Ein weiterer essenzieller Aspekt ist der Dialog zwischen Forschung, Praxis und Politik. Dieser macht deutlich, dass sowohl technische Standards als auch politische Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden müssen, um graue Emissionen und den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken effektiver zu berücksichtigen. Auch wenn aktuelle Methoden vielversprechend sind, stoßen sie an Grenzen. Es gilt, diese zu erkennen und Lösungen zu entwickeln, um den Weg für ein nachhaltigeres Bauwesen zu ebnen. Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitszertifizierung sind weit mehr als Werkzeuge. Sie sind Schlüssel für einen Kulturwandel im Bauwesen, bei dem ökologische, ökonomische und soziale Kriterien gleichermaßen in den Fokus rücken. Richtig angewandt, können sie Impulse setzen, neue Perspektiven eröffnen und praxisnahe Lösungen aufzeigen. Damit tragen sie entscheidend zur Transformation des Bauwesens bei – hin zu einer Baukultur, die nicht nur den heutigen Anforderungen gerecht wird, sondern auch ihre Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen erfüllt.

Ihre Prof. Dr.-Ing. Yvonne Ciupack PD – Stiftungsprofessur für ressourceneffizienten Hochbau Technische Universität Dresden

© 2025 Ernst & Sohn GmbH, Berlin. Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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DOI: 10.1002/bate.202400074

AUFSATZ

Pamela Haverkamp, Marzia Traverso, Lea Szukalla

Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Straßeninfrastrukturprojekte Ein Überblick und kritischer Vergleich Dieser Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme (NZS) für Straßeninfrastrukturprojekte. Die Baubranche trägt erheblich zum globalen Ressourcenverbrauch und zu den CO2-Emissionen bei. Daher ist der Bedarf an NZS und nachhaltigen Lösungen in den letzten Jahren gestiegen. NZS stellen Stakeholdern wichtige Entscheidungshilfen und Informationen zur Nachhaltigkeitsleistung in allen Projektphasen bereit. Im Fokus der vorliegenden Analyse stehen die Systeme BREEAM Infrastructure, SUNRA, LCE4ROADS, SPeAR, Greenroads, Envision und BASt, wobei Aspekte wie Anwendbarkeit, zertifizierte Projektphasen, Bewertungsmethode und Nachhaltigkeitsdimensionen adressiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die betrachteten Systeme in ihrer Struktur ähneln, sich jedoch in ihrer Gewichtung, dem Verhältnis der Nachhaltigkeitsdimensionen zueinander und der Definition der Indikatoren unterscheiden.

Sustainability certification systems for road infrastructure projects – An overview and critical comparison This article provides an overview of current sustainability certification systems (SCS) for road infrastructure projects.

The construction industry contributes significantly to global resource consumption and CO2 emissions. As a result, the demand for SCS and sustainable solutions has increased in recent years. SCS provide stakeholders with important decisionmaking tools and information on sustainability performance in all project phases. The present analysis focuses on the BREEAM Infrastructure, SUNRA, LCE4ROADS, SPeAR, Greenroads, Envision and BASt systems, addressing aspects such as applicability, certified project phases, assessment methodology and sustainability dimensions. The results show that the considered systems are similar in structure, but differ in their weighting, the relationship between the sustainability dimensions and the definition of the indicators.

Stichworte Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme; Straßenbau; BREEAM Infrastructure; SUNRA; LCE4ROADS; SpeAR; Greenroads; Envision; BASt

Keywords sustainability certification system; road construction; BREEAM Infrastructure; SUNRA; LCE4ROADS; SpeAR; Greenroads; Envision; BASt

1

Eine weitere Möglichkeit der Bewertung sind Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme (NZS), die Maßnahmen fördern, die als nachhaltiger als das business as usual gelten sollen [6]. Im Hochbau haben sich NZS weit verbreitet, mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB System), Building Research Establishment Environment Assessment Methodology (BREEAM) und Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) als prominente Beispiele. Im Gegensatz dazu sind NZS im Straßenbau weniger etabliert [7], wobei ihre Bedeutung derzeit zunimmt, wie die wachsende Zahl der auf dem Markt befindlichen Systeme zeigt.

Einleitung

Das deutsche Straßennetz umfasste im Jahr 2023 rd.

830.000 km [1]. Aufgrund ihrer Ausdehnung und Funktionen spielt die Straßeninfrastruktur eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Dennoch verursachen Straßen erhebliche Umweltauswirkungen wie schädliche Emissionen sowie einen erhöhten Ressourcen- und Energieverbrauch [2]. In Anbetracht dieser Herausforderungen und der Eingriffe des Straßennetzes in Umwelt und Gesellschaft ist eine nachhaltigere Straßeninfrastruktur von Relevanz [3].

Die Planung, der Bau und der Betrieb nachhaltigerer Straßen können durch die Bestimmung ihrer Nachhaltigkeitsleistung unterstützt werden, die mit unterschiedlichen Methoden ermittelt werden kann. Eine Möglichkeit stellt die lebenszyklusbasierte Nachhaltigkeitsbewertung (Life Cycle Sustainability Assessment, LCSA) dar, die eine ganzheitliche Evaluierung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen über den gesamten Lebenszyklus ermöglicht [4]. LCSA basiert auf der parallelen Anwendung der Ökobilanz (Life Cycle Assessment, LCA), der Lebenszykluskostenrechnung (Life Cycle Costing, LCC) und der Sozialbilanz (Social Life Cycle Assessment, S-LCA) für dieselbe funktionelle Einheit und äquivalente Systemgrenzen [5].

2

Wiley VCH 2501 / 386507

Im Folgenden werden NZS für Straßeninfrastruktur vorgestellt und miteinander verglichen. Ziel ist es, einen Einblick in aktuelle Systeme zu geben und Informationen über deren Aufbau, Anwendung, Bewertungsmethode und Integration der Nachhaltigkeitsdimensionen zu liefern. In den nächsten Abschnitten wird das Konzept der NZS erläutert, die Vorgehensweise bei der Auswahl der Systeme dargestellt und deren Inhalte miteinander verglichen.

© 2024 Ernst & Sohn GmbH, Berlin. Bautechnik 102 (2025), Heft 1

Dienstag, 17.12.2024 [S. 2/9]

1

2

Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme

NZS bewerten die Leistung von Projekten anhand definierter Indikatoren und Benchmarks [6]. Je nach Umfang der Bewertung und der durchführenden Instanz lassen sich diese Systeme in Nachhaltigkeitsbewertungssysteme (Sustainability Raiting Systems, SRS), Nachhaltigkeitsprüfungssysteme (Sustainability Assessment Systems, SAS) und merkmalspezifische Bewertungs-/Prüfungssysteme (feature-specific Rating/Assessment Systems, FRS/ FAS) kategorisieren [8].

Hinsichtlich des Bewertungsumfangs dienen SRS und SAS der Evaluierung ganzer Projekte, während FRS/ FAS auf einzelne Projektkomponenten ausgerichtet sind [9]. In Bezug auf die durchführende Instanz werden SRS und FRS von einer externen Partei ausgeführt. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei SAS und FAS um Selbstbewertungen [8].

Grundsätzlich basieren NZS auf einem Katalog, in dem die Projektanforderungen in bewertbare Kriterien oder Indikatoren überführt werden. Bei diesen Indikatoren handelt es sich um Messgrößen, die Aspekte im Zusammenhang mit den ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen eines Produkts oder Projekts erfassen. Sie ermöglichen die Bewertung der aktuellen Leistung und die Nachverfolgung des Fortschritts im Laufe der Zeit zur Unterstützung einer fundierten Entscheidungsfindung. Diese werden nach Relevanz gewichtet, oft im Rahmen eines Punktesystems [9]. Des Weiteren können NZS in den Geltungsbereich der DIN EN 1472 eingeordnet werden, in der der Bewertungsgegenstand, die Systemgrenzen, die Bewertungskriterien und weitere Aspekte festgelegt sind. Die Norm definiert jedoch keine Anforderungen an die Struktur und Gewichtung der Indikatoren [10]. Trotzdem werden diese Aspekte (Struktur, Gewichtung) bei der Analyse der NZS im Rahmen dieses Beitrags berücksichtigt (Abschnitt 4.5).

Obwohl NZS die Bestimmung der Nachhaltigkeitsleistung von Projekten ermöglichen, können sie einige Defizite aufweisen. So ist bspw. die Vergleichbarkeit von Projekten, die durch verschiedene Systeme zertifiziert wurden, eingeschränkt, da eingesetzte Methoden, Annahmen und Gewichtungen variieren können. Zudem werden Bewertungsergebnisse häufig in Form einer zusammengefassten Punktzahl angegeben, ohne dass die verwendeten Indikatoren, Gewichtungen und Kriterien transparent kommuniziert werden [11].

3

Auswahl der betrachteten Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme

Die vorliegende Untersuchung fokussiert auf NZS, die Gesamtprojekte betrachten. Die folgenden in Europa entwickelten Systeme wurden ausgewählt: BREEAM Infrastructure (BREEAM), Sustainability: National Road Administrations (SUNRA), Life Cycle Engineering for

Roads (LCE4ROADS), Sustainable Project Appraisal Routine (SPeAR) und das vorgeschlagene System der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Aufgrund ihrer signifikanten Verbreitung wurden zudem die Systeme Envision und Greenroads aus den USA mit einbezogen.

Die ausgewählten NZS wurden anschließend hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit, der zertifizierten Projektphasen, der Bewertungsmethode und der abgedeckten Nachhaltigkeitsdimensionen analysiert. Diese Vorgehensweise entspricht der von Cypra et al. für die Analyse von NZS für Wasserinfrastruktur [12]. Konkret wurden folgende Fragestellungen untersucht: – In welchen Anwendungsgebieten werden die Systeme eingesetzt?

– Welche Projektphasen werden in die Zertifizierung eingeschlossen?

– Welche Lebenszyklusphasen werden berücksichtigt?

– Wie ist das Bewertungssystem aufgebaut? Wie wird es durchgeführt?

– Wie ist die Verbreitung der Systeme?

– Wie sind die Indikatoren auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit aufgeteilt?

4

Vergleich der Zertifizierungssysteme

Die Tab. 1, 2 geben einen Überblick über die betrachteten NZS. Anschließend werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Systeme herausgearbeitet.

4.1

Herkunft und Anwendungsgebiet

Die analysierten Systeme lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Systeme zur Bewertung von Infrastrukturprojekten im Allgemeinen (BREEAM, SPeAR, Envision) und Systeme, die nur Straßenprojekte betreffen (SUNRA, LCE4ROADS, BASt, Greenroads).

BREEAM (früher CEEQUAL) wurde 2003 von der britischen Institution of Civil Engineers veröffentlicht und 2015 von BRE Global Limited übernommen. BREEAM deckt ein breites Spektrum von Infrastrukturprojekten ab, darunter Straßen, Schienennetze, Häfen und Kläranlagen. SPeAR wurde von der Beratungsfirma Arup unter Berücksichtigung von Richtlinien und Indikatoren der EU, der Vereinten Nationen und der Global Reporting Initiative entwickelt und ist weltweit für den Hoch- und Infrastrukturbau anwendbar. Envision hingegen ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Zofnass-Programm für nachhaltige Infrastruktur an der Harvard University Graduate School of Design und dem Institute for Sustainable Infrastructure (ISI), wobei die Grundidee darin besteht, die Nachhaltigkeitsleistung neuer Infrastrukturprojekte durch nachhaltigere Entscheidungen zu fördern.

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

Wiley VCH 2501 / 386507

AUFSATZ ARTICLE

P. Haverkamp, M, Traverso, L. Szukalla: Sustainability certification systems for road infrastructure projects

Dienstag, 17.12.2024 [S. 3/9]

3

1

P. Haverkamp, M. Traverso, L. Szukalla: Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Straßeninfrastrukturprojekte Tab. 1

Übersicht über NZS BREEAM, SUNRA, LCE4ROADS und SPeAR Overview of the sustainability certification systems BREEAM, SUNRA, LCE4ROADS and SPeAR

Aspekt

BREEAM

SUNRA

LCA4ROADS

SPeAR

Veröffentlichung

2003

2011

2013

2000

Herkunft

Vereinigtes Königreich (UK)

Zusammenschluss einiger europäischer Länder

Europäische Union (EU)

UK

Version

Version 6 (2019)

originale Version

originale Version

2017 review

Aufbau der Kriterien

8 Kategorien 30 Kriteriengruppen 248 Kriterien

26 Kriteriengruppen Kriterien (Anzahl unbekannt)

4 Kategorien 7 Kriteriengruppen 25 Kriterien

3 Kategorien 24 Kernkriterien +zusätzliche Kriterien

Leistungsstufen

bestanden (30 %) gut (45 %) sehr gut (60 %) exzellent (75 %) hervorragend (90 %)

Ziel nicht erreicht Ziel teilweise erreicht Ziel erreicht Ziel übertroffen

–

grafische Darstellung der Ergebnisse anhand eines Diagramms und Ampelsystems

Quellen

[13, 14]

[15]

[16, 17]

[18]

SUNRA und LCE4ROADS sind aus der Zusammenarbeit von Straßenbaubehörden verschiedener europäischer Länder entstanden. Beide Systeme sollen eine länderübergreifende Vergleichbarkeit von Straßenbauprojekten ermöglichen. Sie weisen jedoch einige Unterschiede auf.

So berücksichtigt SUNRA neben projektbezogenen Aspekten auch strategische und organisatorische Themen, während sich LCE4ROADS ausschließlich auf die Projektebene konzentriert.

von Praktiken oder Entscheidungen erreicht wird, die vom System als nachhaltig eingestuft werden.

Das BASt-System ist das einzige berücksichtigte NZS aus Deutschland. Das System wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) entwickelt, um zu prüfen, ob eine Adaption des Verfahrens zur Nachhaltigkeitsbewertung von Bundesbauten, das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB), zur Evaluierung von Straßeninfrastrukturprojekten möglich ist.

Die Entscheidung, in welcher Projektphase die Zertifizierung durchgeführt wird, hängt von den spezifischen Zielen ab, die erreicht werden sollen. Eine Nachhaltigkeitsbewertung in einer frühen Projektphase, z. B. in der Strategiephase wie bei BREEAM und SUNRA, kann dazu genutzt werden, um die Projektdurchführung zu beeinflussen. In der Tat ermöglicht der Vergleich verschiedener Alternativen die Auswahl derjenigen Option, die sich am besten auf die Nachhaltigkeitsleistung auswirkt.

Eine spätere Zertifizierung, z. B. in der Betriebsphase, führt hingegen zu genaueren Ergebnissen, da Planungsabweichungen einbezogen und reale Daten während Bau und Betrieb gesammelt werden können.

Greenroads wurde von der Greenroads Foundation entworfen und ist ausschließlich auf Straßen ausgerichtet.

Die Bewertung basiert auf der Annahme, dass eine verbesserte Nachhaltigkeitsleistung durch die Umsetzung Tab. 2

4.2

Zertifizierte und bewertete Lebenszyklusphasen

Bei sechs der untersuchten Systeme erfolgt die Projektzertifizierung in der Planungs-, Bau- oder Betriebsphase (Bild 1).

Übersicht über NZS Envision, Greenroads und BASt Overview of the sustainability certification systems Envision, Greenroads and BASt

Aspekt

Envision

Greenroads

BASt

Veröffentlichung

2012

2010

2016

Herkunft

USA

USA

Deutschland

Version

Version 3 (2019)

Version 3 (2020)

originale Version

Aufbau der Kriterien

5 Kategorien 14 Kriteriengruppen 55 Kriterien

7 Kategorien 60 Kriterien + 12 verbindliche Kriterien

5 Kategorien 7 Kriteriengruppen 23 Kriterien

Leistungsstufen

Verifiziert (>20 %) Silber (>30 %) Gold (>40 %) Platin (>50 %)

Bronze (40 Pkt.) Silber (50 Pkt.) Gold (60 Pkt.) Evergreen (80 Pkt.)

Bronze (50 %) Silber (65 %) Gold (80 %)

Quellen

[19, 20]

[8, 21, 22]

[23, 24]

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Darstellung der zertifizierten Projektphasen und der berücksichtigten Lebenszyklusphasen (Quelle: eigene Darstellung) Visualisation of the project phases in the application and the considered life cycle phases

Für eine umfassende Nachhaltigkeitszertifizierung ist der Lebenszyklusansatz von Bedeutung. Hinsichtlich der betrachteten Lebenszyklusphasen decken sich die analysierten NZS weitgehend. Alle NZS beziehen die Nutzungsphase in ihre Bewertung mit ein, was für Straßeninfrastrukturprojekte von großer Relevanz ist, da hier die meisten Emissionen [25] sowie bedeutsame soziale Auswirkungen (z. B. auf die Verkehrssicherheit oder die Gesundheit der lokalen Bevölkerung) entstehen. SUNRA, SPeAR, Envision und BASt bieten jedoch eine umfassendere Bewertung an, da sie auch das Lebensende des Projekts berücksichtigen.

4.3

Bewertungsmethode

Die untersuchten NZS basieren auf Kriterienkatalogen, die in Kategorien und Gruppen unterteilt sind. BREEAM verwendet bspw. einen gewichteten Kriterienkatalog mit acht Kategorien und 30 Kriteriengruppen, wobei jedem Kriterium eine bestimmte Punktzahl und eine Gewichtung mit standortabhängigen Faktoren zugeordnet wird. Bei Greenroads umfasst das System 61 Credits, davon zwölf obligatorische und 49 freiwillige. Die obligatorischen Credits müssen von allen Projekten erfüllt werden, während die freiwilligen Credits mit spezifischen Leistungszielen verglichen werden und in fünf Kernkategorien unterteilt sind. Die Ergebnisse werden auch gewichtet. Das BASt-System besteht wiederum aus fünf Hauptkriteriengruppen, denen Kriteriengruppen und Teilkriterien untergeordnet sind (Bild 2). Eine Gewichtung ist zwar vorgesehen, jedoch ist eine individuelle Anpassung auf Ebene der Teilkriterien möglich.

Envision enthält 64 Credits, die in fünf Kategorien unterteilt sind. Für die Bewertung werden jedem Credit Punkte zugewiesen, gefolgt von einer Gewichtung der Kategorien, die zum Teil auf Teilnehmerbefragungen basiert.

SUNRA wiederum gibt die Kriterien vor, während die je-

weiligen Zielwerte von den Projektakteuren selbst definiert werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt LCE4ROADS, bei dem die Straßenverwaltungsbehörden selbst spezifische Kriterien und Gewichtungen festlegen.

Bei SPeAR werden die Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Ökonomie und Soziales in einem Ampelsystem mit fünf Bewertungsstufen grafisch angezeigt, allerdings ohne Gewichtung.

Die Gewichtung ist für die Vergleichbarkeit von Projekten entscheidend. Aufgrund der vorgegebenen Gewichtung lässt sich die Nachhaltigkeitsleistung von BREEAM-, Greenroads- und Envision-Projekten miteinander vergleichen. Auch bei BASt-Projekten ist eine Vergleichbarkeit gegeben, sofern die Gewichtung der Einzelkriterien nicht angepasst wird. Bei SPeAR können Projekte verglichen werden, da diese weder gewichtet noch zu einer Gesamtnote zusammengefasst werden. SUNRA und LCE4ROADS definieren weder standardisierte Zielwerte noch Gewichtungen, daher können die Ergebnisse bei verschiedenen Projekten stark variieren.

4.4

Verbreitung der Systeme

Die Verbreitung der analysierten NZS auf dem Markt ist heterogen. BREEAM wurde bereits für die Zertifizierung von über 300 Projekten eingesetzt, mehr als die Hälfte davon im Bereich der Verkehrsinfrastruktur [26].

Greenroads wurde bisher für die Zertifizierung von ca.

180 Projekten in den USA eingesetzt, während Envision bei ca. 120 Projekten zum Einsatz kam [27]. SPeAR hingegen hat insgesamt über 100 Projekte in mehr als zehn Ländern zertifiziert [18].

Bei der Entwicklung von LCE4ROADS wurde ein Implementierungsplan zur Anwendung des Systems entworfen, der mehrere Pilotprojekte in jedem EU-Land vorBautechnik 102 (2025), Heft 1

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Bild 2

Struktur des BASt-Systems (Quelle: eigene Darstellung) Structure of the BASt system

sieht [16]. Ob diese Projekte bereits umgesetzt wurden oder ob sie erfolgreich waren, ist bisher nicht öffentlich einsehbar. Im Rahmen der Entwicklung des BASt-Systems wurde eine Pilotstudie durchgeführt, die gezeigt hat, dass eine Anpassung der Referenzwerte erforderlich ist und die Notwendigkeit weiterer Studien besteht [23].

4.5

Nachhaltigkeitsdimensionen

Bild 3 zeigt die Anzahl der Kriterien pro Nachhaltigkeitsdimension. In allen Systemen ist die Mehrheit der Kriterien der Umweltdimension zuzuordnen.

Die Kriterienkataloge interdisziplinärer Systeme (BREEAM, SPeAR, Envision) unterscheiden sich von jenen spezialisierter Systeme (SUNRA, LCE4ROADS, Greenroads, BASt). In interdisziplinären Systemen sind die Be-

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Anzahl der Kriterien in den ausgewählten NZS (Quelle: eigene Darstellung) Quantity of criteria in the selected SCS

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wertungskriterien allgemeiner formuliert. Ein Beispiel hierfür stellen BREEAM und SPeAR dar, die Kategorien wie „Umweltauswirkungen von Baumaterialien“ und „Kreislaufwirtschaft von Baumaterialien“ beinhalten. Allerdings besteht ein Risiko der interdisziplinären Ansätze darin, dass Faktoren, welche die Nachhaltigkeitsleistung bestimmter Projektarten beeinflussen, übersehen werden könnten. So enthält ein spezialisiertes System wie LCE4ROADS Kriterien, die sich auf straßenspezifische Aspekte beziehen, z. B. „Lärmminderung durch die Fahrbahnoberfläche“.

LCE4ROADS und BASt wenden einen ökobilanziellen Ansatz zur Quantifizierung potenzieller Umweltauswirkungen an (z. B. Treibhauspotenzial, Versauerungspotenzial etc.). Die übrigen Systeme beschränken sich auf das Treibhauspotenzial oder verwenden keine lebenszyklusbasierten Ansätze. Außerdem werden Parameter wie Wasserverbrauch, Biodiversität und Luftverschmutzung oft ohne messbare Indikatoren angegeben, sodass keine validen Aussagen darüber getroffen werden können, inwiefern das zertifizierte Projekt tatsächlich Einfluss auf die genannten Parameter nimmt.

Die sozialen Aspekte werden je nach System unterschiedlich ausführlich behandelt. Während LCE4ROADS und BASt nur Kriterien wie Komfort, Sicherheit und Lärm betrachten, integrieren SPeAR und Envision auch potenzielle Auswirkungen auf Gemeinden in ihre Bewertung. BREEAM Infrastructure und Greenroads gehen zudem auf Auswirkungen auf Arbeiter:innen und Lieferketten ein. Auch in der ökonomischen Dimension gibt es Unterschiede. BREEAM, LCE4ROADS, Greenroads, Envision und BASt fokussieren sich auf fi-

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Bild 4

Gewichtung der ausgewählten NZS (Quelle: eigene Darstellung) Weighting of the selected SCS

nanzielle Auswirkungen entlang der Lebenszyklusphasen. Bei SPeAR werden zusätzlich Aspekte wie die Standortwahl und finanzielle Risiken berücksichtigt.

Bild 4 veranschaulicht die Gewichtung der Nachhaltigkeitsdimensionen und weitere Kategorien der Systeme BREEAM, BASt, Envision und Greenroads. Für SUNRA, LCE4ROADS und SPeAR liegen keine Gewichtungen vor, was eine flexible Anwendung in verschiedenen Kontexten ermöglicht. BREEAM, Envision und Greenroads legen den Schwerpunkt auf die Umweltdimension, während die ökonomische Dimension die geringste Gewichtung hat. Hingegen werden bei BASt die Nachhaltigkeitsdimensionen gleich gewichtet.

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Schlussfolgerung

In diesem Beitrag wurden NZS für Straßeninfrastrukturprojekte vorgestellt und analysiert. Im Vergleich zum Hochbau gibt es nur wenig erprobte europäische Systeme für Infrastrukturprojekte. Darunter ist eine spezifische Ausrichtung auf Straßeninfrastruktur noch seltener gegeben.

Zur Analyse wurden sieben Systeme ausgewählt: BREEAM, LCE4ROADS, SPeAR, SUNRA, Envision, Greenroads und BASt. Dabei basieren die Bewertungsmethoden auf Kriterienkatalogen mit unterschiedlichen Gewichtungsansätzen. Eine ausgewogene Gewichtung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien ist nur beim BASt-System gegeben, während LCE4ROADS und SUNRA eine flexible Anpassung der Gewichtung an nationale Ziele ermöglichen.

Einige der Systeme zeigen Defizite in der Ganzheitlichkeit der Bewertung. Nur LCE4ROADS und BASt nutzen das LCA. Der Einsatz von LCA oder LCC kann dazu beitragen, Hotspots im Lebenszyklus zu identifizieren und eine Verlagerung negativer Auswirkungen zwischen Lebenszyklusphasen zu vermeiden. Der dritte, lebenszyklusbasierte Ansatz, S-LCA, fehlt in allen Systemen. Obwohl diese Methoden komplex und ressourcenintensiv sind, ermöglichen sie nicht nur die Bestimmung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen, sondern unterstützen auch die Identifizierung von Maßnahmen zur Optimierung der Nachhaltigkeitsleistung von Straßenbauprojekten. Des Weiteren kann eine korrekte Umsetzung von LCA, LCC und S-LCA die Vergleichbarkeit zwischen Projekten und Alternativen fördern. Diese Methoden gehen über die Ansätze einiger NZS hinaus, bei denen Projekte oft nur über die Umsetzung bestimmter Praktiken berichten müssen, die als nachhaltig gelten, ohne dass deren Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsleistung nachgewiesen werden müssen.

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Optimierungspotenzial besteht zudem in der Einführung eines gestuften Bewertungskonzepts, welches den Anwender:innen ermöglichen würde, den Komplexitätsgrad der Bewertung selbst zu bestimmen. Dadurch könnten Datenmengen, Kosten und Zeitaufwand reduziert werden. Ein Beispiel hierfür ist das Level(s) Rahmenwerk für den Hochbau, welches verschiedene Bewertungsebenen je nach Projektphase und Datenverfügbarkeit umfasst. Eine Adaption dieses Modells für den Infrastrukturbereich könnte die Diffusion der NZS fördern und die Vergleichbarkeit von Ergebnissen verbessern.

Ein wichtiger Punkt für NZS und die damit verbundenen Indikatoren ist die Datenverfügbarkeit, bspw. sind für bestimmte NZS-Anwendungen Daten wie Materialmengen oder Baukosten leicht zugänglich. Bei Systemen, die Lebenszyklusmethoden wie LCA verwenden, kann die Datenverfügbarkeit jedoch eingeschränkt sein. In diesem Sinne spielt auch die Datenqualität neben der Datenverfügbarkeit eine zentrale Rolle, einschließlich Genauigkeit (z. B. materialspezifische und aktuelle Daten) und Zuverlässigkeit (z. B. durch Dritte verifiziert). Um diese Herausforderungen zu meistern, könnten NZS-Entwickler durch Empfehlungen oder eigene Datenbanken die Datenverfügbarkeit und -qualität verbessern.

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Autor:innen Pamela Haverkamp, M.Sc. (Korrespondenzautor:in) pamela.haverkamp@inab.rwth-aachen.de Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Institut für Nachhaltigkeit im Bauwesen Mies-van-der-Rohe-Str. 1 52074 Aachen

Univ.-Prof. Marzia Traverso, Ph.D. marzia.traverso@inab.rwth-aachen.de Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Institut für Nachhaltigkeit im Bauwesen Mies-van-der-Rohe-Str. 1 52074 Aachen

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Lea Szukalla, B.Sc. lea.szukalla@inab.rwth-aachen.de Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Institut für Nachhaltigkeit im Bauwesen Mies-van-der-Rohe-Str. 1 52074 Aachen

Zitieren Sie diesen Beitrag Haverkamp, P.; Traverso, M.; Szukalla, L. (2025) Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme für Straßeninfrastrukturprojekte – Ein Überblick und kritischer Vergleich. Bautechnik 102, H. 1, S. 2–9. https://doi.org/10.1002/bate.202400074 Dieser Aufsatz wurde in einem Peer-Review-Verfahren begutachtet.

Eingereicht: 29. September 2024; angenommen: 19. November 2024.

Die Zeitschrift nbau. Nachhaltig Bauen bringt die Silos des sektoralen Denkens zum Tanzen.

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P. Haverkamp, M, Traverso, L. Szukalla: Sustainability certification systems for road infrastructure projects

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DOI: 10.1002/bate.202400069

Christian Glock, Aaron Dernbach, Fabian Kaufmann, Yannik Johann

AUFSATZ

Empirische Untersuchung zum politischen Verständnis über graue Emissionen im Bauwesen Bundestagsabgeordnete im Dialog Neben der angestrebten Minderung des Primärenergieverbrauchs von Gebäuden sind auch die grauen Emissionen Gegenstand von Forschung, normativen Vorhaben und Gesetzesinitiativen. Zugleich finden existierende Lösungsansätze zur Reduktion der grauen Emissionen bei gleichzeitiger Verbesserung der Effizienz selten Anwendung. Ziel dieser Untersuchung ist es daher, objektive Ursachen und wissenschaftliche Befunde für diesen Status quo zu identifizieren. Konkret: Warum werden gute Lösungsansätze nicht umgesetzt und welchen spezifischen wissenschaftlichen Input braucht die Politik? In einer Studie wurden Mitglieder des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestags in strukturierten Interviews befragt, um qualifiziert Ursachen und Lösungsansätze herauszuarbeiten. Die Ursachen für die hohen grauen Emissionen können seitens der Politik vergleichsweise präzise benannt werden. Im Hinblick auf die technische Komplexität möglicher Lösungen und die bestehenden regulatorischen Rahmenbedingungen zeigt sich ein erhebliches Defizit. Aktuelle Zahlen legen nahe, dass lediglich vier von 33 Abgeordneten des Ausschusses technische Vorkenntnisse aus einer Berufs- oder Hochschulausbildung im Bauwesen aufweisen können. Zur Umsetzung geeigneter Maßnahmen ist die Politik daher auf den zielorientierten Austausch mit der Wissenschaft und der Bauwirtschaft angewiesen. Dieser Beitrag soll einen Impuls hierzu geben und technische Lösungsansätze aufzeigen.

Empirical study on the political understanding of embodied emissions in the construction industry – Members of parliament in dialog In addition to the targeted reduction in the primary energy consumption of buildings, embodied emissions are also the subject of research, normative projects and legislative initiatives. At the same time, existing solutions for reducing embodied emissions are rarely applied although potentially improving efficiency. The aim of this study is therefore to identify objective causes and scientific findings for this status quo.

Specifically: Why are appropriate, well-tested solutions not being implemented and what specific scientific input is needed by policymakers? In a study, members of the German Bundestag’s Committee on Housing, Urban Development, Construction and Local Authorities were questioned in structured interviews to identify causes and possible solutions. The causes of the high embodied emissions can be identified relatively precisely by politicians. Regarding the technical complexity of possible solutions and the existing regulatory framework, there is a considerable deficit. Current figures show that only four out of 33 members of the committee have previous technical knowledge of vocational or higher education in the construction industry. To implement suitable measures, politicians are therefore dependent on a targeted exchange with the scientific community and the construction industry. This article intends to provide an impetus for this and highlights technical solutions.

Stichworte graue Emissionen; Bauwesen; empirische Untersuchung; Politik; Lösungsansätze

Keywords embodied emissions; construction sector; empirical study; politics; solutions and strategies

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Jahr ist daher aktuell unrealistisch, derzeit fehlen in Deutschland laut Schätzungen von unterschiedlichen Verbänden ca. 700.000 Wohnungen [2].

Einleitung

Der technische Fortschritt einer Gesellschaft hängt in wesentlichem Maße von der Leistungsfähigkeit des Bauwesens ab. Unabhängig davon, ob es um Wohngebäude, Bürogebäude, Fabriken, Forschungseinrichtungen oder Infrastrukturbauwerke wie Kanäle, Rohrleitungen, Straßen, Schienen und Brücken geht, stets ist die Baubranche für deren Errichtung und Instandhaltung verantwortlich. Aktuell befindet sich die deutsche Baubranche allerdings in einer Krise, dies liegt u. a. an der sinkenden Zahl der Baugenehmigungen, insbesondere bei Wohngebäuden. Vergleicht man die Zahlen vom April 2024 mit den Vorjahreszeiträumen, so lässt sich ein Rückgang von 17 % zu 2023 und sogar von 43,5 % zum Jahr 2022 feststellen [1]. Das von der Bundesregierung ausgerufene Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro 10

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Dass für den Rückgang von Baugenehmigungen im Vergleichszeitraum deutlich gestiegene Zinsen und Kaufkraftverluste durch eine verhältnismäßig hohe Inflation verantwortlich sind, ist unbestritten [3]. Im Sinne einer vollständigen Bewertung der Situation sind allerdings auch Herausforderungen abseits der geschilderten konjunkturellen oder bauablaufspezifischen Lage zu analysieren, allen voran die notwendigen Anstrengungen zur Einhaltung der Klimaziele. Die Bundesregierung hat sich mit dem im Jahr 2021 erstmals verabschiedeten Klimaschutzgesetz das Ziel gesetzt, in Deutschland im Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen [4]. Auch wenn die Treibhausgasemissionen entsprechend dem Klima-

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schutzgesetz zukünftig nicht mehr sektorspezifisch betrachtet werden müssen, kann für das Bauwesen ein Restbudget an maximal zulässigen Treibhausgasemissionen, gemessen am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens, definiert werden. Orientiert man sich dabei am Ansatz aus [5], bei dem den Hochbauaktivitäten ein Anteil von 12 % am Restbudget zuordnet wird und die Emissionen aus dem Jahr 2023 hinzugerechnet werden [6], so dürfen bis 2045 lediglich 160 Mio. t CO2-Äq. durch die Hochbaubranche emittiert werden. Zur Einordnung der Zahl sei angemerkt, dass allein im Jahr 2021 ca.

100 Mio. t emittiert wurden und in 2022 ca. 80 Mio. t [7, 8]. Ein Rückgang der Bautätigkeit bei gleichzeitig viel zu hohen Emissionen erfordert eine wesentliche Reduktion grauer Emissionen, damit die Klimaziele erreicht werden können. Graue Emissionen beschreiben im Rahmen dieser Veröffentlichung die materialgebundenen Emissionen, die während des Lebenszyklus eines Materials bzw. Gebäudes infolge Herstellung, Transport, Errichtung, Erhalt und Entsorgung anfallen [9].

Insgesamt wird deutlich, dass das deutsche Bauwesen vor großen Herausforderungen unterschiedlichster Art steht.

Daher werden Forderungen nach einer Reaktion der Politik immer lauter, zumeist wird ein Handeln der Bundesregierung gefordert. Entscheidend und meinungsbildend sind an dieser Stelle die Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Im Falle der für das Bauen relevanten Gesetzgebungsverfahren sind die Mitglieder des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen von besonderer Bedeutung. In Anbetracht der Komplexität der beschriebenen Herausforderungen stellt sich die Frage, inwieweit Fachkenntnisse hinsichtlich der Wertschöpfungskette der Branche, technischer Problemstellungen und möglicher Lösungsansätze bestehen. Um diese Fragen in einer empirischen Untersuchung genauer zu beleuchten, wurden alle Mitglieder des Ausschusses kontaktiert und zu einem strukturierten persönlichen Interview eingeladen. Nachfolgend wird zunächst ein Blick auf den Ausschuss und die damit verbundenen Aufgaben gerichtet, bevor die Ergebnisse der Interviews vorgestellt werden. Dabei wird besonderer Fokus auf die empirische Untersuchung des politischen Verständnisses zu den grauen Emissionen im Bauwesen gelegt, allerdings sind Erkenntnisse hierzu auch auf andere Herausforderungen zur Transformation des Bauwesens übertragbar. Abschließend folgen eine Diskussion und die Zusammenfassung der Ergebnisse.

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Ausschuss Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Mit Blick auf die Relevanz des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestags wird nachfolgend ein kurzer Überblick über seine Aufgaben und Zusammensetzung gegeben.

Anschließend werden die Bildungswege und die beruflichen Erfahrungen seiner Mitglieder analysiert.

2.1

Definition und Aufgaben

Ein Ausschuss im Bundestag, welcher sich nach der Stärke der Fraktionen zusammensetzt, ist „zur Beratung von Fachthemen und zur Vorbereitung der Beschlüsse im Plenum“ [10] bestimmt. Zu seiner Aufgabe gehört u. a. die Ausarbeitung eines ihm zugeteilten Gesetzesentwurfs [11]. Um diese vollumfänglich erfüllen zu können, sollen sich die Mitglieder in die Thematik einarbeiten.

Zudem dürfen sie zwecks Erkenntnisgewinn Expert:innen oder Interessenvertreter:innen zu öffentlichen Anhörungen des Ausschusses einladen. Aus diesem Grund wird die Ausschussberatung und Bearbeitung des Gesetzesentwurfs auch als die wichtigste Station im Weg der Gesetzgebung angesehen [12]. In den darauffolgenden Lesungen im Plenum können einzelne Abgeordnete bzw. in der dritten Lesung nur noch einzelne Fraktionen Änderungsanträge einbringen, die jedoch der Zustimmung des gesamten Plenums bedürfen. Die Mitglieder des Ausschusses nehmen dementsprechend eine zentrale Rolle im Prozess eines Gesetzesentwurfs ein, zumal sie aus ihren Fraktionen i. d. R. als Expert:innen in den Ausschuss entsendet werden.

2.2

Zusammensetzung

Jeder Ausschuss des Deutschen Bundestags besteht aus einer zuvor bestimmten Anzahl an ständigen Mitgliedern.

Dabei bestimmt der Bundestag diese Anzahl für jeden Ausschuss separat [13], die Ausschüsse werden durch eine:n Vorsitzende:n und seine:n Stellvertreter:in geleitet.

Dabei hat jedes Ausschussmitglied eine:n Stellvertreter: in, der in Abwesenheit des ständigen Mitglieds stimmberechtigt ist. Die Auswahl der Mitglieder des Bundestags in bestimmten Ausschüssen obliegt alleine den Fraktionen, dabei ist ein Wechsel der Ausschusszugehörigkeit innerhalb einer Wahlperiode möglich [14]. In der aktuellen Legislaturperiode wurde die Anzahl der ständigen Mitglieder im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen nach der Fraktionsauflösung der Linken von 34 ständigen Mitgliedern auf 33 korrigiert [15].

2.3

Qualifikation der Mitglieder

Zur Einschätzung der fachlichen Kenntnisse werden nachfolgend die beruflichen Vorerfahrungen im Bauwesen erfasst. Die Untersuchung bezieht sich auf die Zusammensetzung des Ausschusses zum Zeitpunkt des 28. September 2023. Aufgrund eines Wechsels der ständigen Mitglieder innerhalb einer Fraktion wurden zu diesem Zeitpunkt in [16] nur 33 ständige Mitglieder namentlich aufgeführt. Um den fachlichen Hintergrund der Abgeordneten im Kontext der Ausschussarbeit bewerten zu können, wurden ihre jeweiligen Studienabschlüsse bzw. erlernten Berufe sowie ihre zuletzt ausgeübten Berufe vor dem Abgeordnetenmandat näher betrachtet. Sollte

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eine Person mehr als einen Abschluss vorweisen können, wurden beide in die Statistik integriert [16].

umfasst alle Personen, die keinen der zuvor benannten Kriterien zugeordnet werden können.

Bild 1 veranschaulicht, dass insgesamt nur 6 % der Ausschussmitglieder, d. h. zwei Personen, unmittelbar vor ihrem Mandat im baurelevanten Bereich tätig waren. Demgegenüber haben fast zwei Drittel aller Abgeordneten vor ihrem Mandat Vorerfahrungen in den Bereichen Unternehmensorganisation, Buchhaltung, Recht und Verwaltung und Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschaftsund Wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung der Berufsklassifikationen [17]. Von insgesamt 33 ständigen Mitgliedern weisen nur 12 %, d. h. vier Mitglieder, ein Studium aus dem Bereich der Ingenieurwissenschaften auf (Bild 2), eine Ausbildung in einem Bauberuf hat kein Ausschussmitglied.

Obwohl diese geringen Zahlen aus Sicht des Bauwesens und der gerade in diesem Bereich erforderlichen Fachkenntnisse nicht nachvollziehbar sind, sei erwähnt, dass dies im Politikbereich nicht unüblich ist. Es ist die Aufgabe der Abgeordneten, sich in die spezifischen Fachthemen einzuarbeiten und sich ggf. professionellen Rat einzuholen.

Abschließend soll die technische Fachkenntnis jedes Abgeordneten anhand der Bilder 1, 2 sowie sonstiger Angaben aus den jeweiligen Lebensläufen, wie in Bild 3 dargestellt, eingeschätzt werden. Der Kategorie gute/sehr gute Fachkenntnisse (12 %) wird den Abgeordneten zugeordnet, welche ein ingenieurwissenschaftliches Studium mit Bezug zum Bauwesen abgeschlossen haben. Die der Kategorie mäßige Fachkenntnisse zugeordneten Personen (9 %) können zwar keine berufliche Qualifikation im Sinne einer Ausbildung oder eines Studiums aufweisen, standen jedoch im Zuge ihrer früheren Tätigkeiten im Austausch mit baurelevanten Themenbereichen. Die Kategorie schlechte bis sehr schlechte Fachkenntnisse (79 %)

3

Aufbauend auf der Analyse der öffentlichen Daten zur Zusammensetzung und zum beruflichen Hintergrund der Mitglieder des Fachausschusses Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen hat die nachfolgend vorgestellte empirische Untersuchung den Fachaustausch am Beispiel der Reduktion der grauen Emissionen im Bauwesen mittels strukturierter Interviews zum Ziel. Konkret sollen objektive Ursachen und wissenschaftliche Befunde für den aktuellen Status quo im Bereich Bauwesen und Politik identifiziert werden. Unter anderem die Fragestellung, warum gute Lösungsansätze des Bauwesens, wie z. B. ein CO2-Budget auf Bauwerksebene, verringerte Nutzeranforderungen, finanzielle Anreize für effizientes Planen, nicht umgesetzt werden oder ob und welchen wissenschaftlichen Input die Politik benötigt. Nachfolgend wird die Vorgehensweise erläutert und die geführten Interviews anonymisiert ausgewertet. Zunächst werden Kontaktaufnahme sowie Kommunikation vorgestellt, anschließend die Teilnahmequote sowie genannte Gründe bei einer Nichtteilnahme. Aufgrund des beschränkten Umfangs muss im Sinne einer Anonymisierung auf eine vollumfängliche Darstellung der Inhalte der Interviews verzichtet werden, die interne Auswertung der Interviews basiert allerdings auf vollständigen Transkriptionen. Im Folgenden werden zentrale Erkenntnisse aus den Interviews strukturiert in den drei Abschnitten Ursachen für fehlendes Bewusstsein für graue Emissionen, Lösungsansätze zur Reduktion der grauen Emissionen und Weitere wesentliche Erkenntnisse vorgestellt und in einem Fazit zusammengefasst.

3.1

Bild 1

Letzte berufliche Orientierung der Ausschussmitglieder vor ihrem Mandat gemäß Sektoren aus [17] Last professional orientation of the committee members before their mandate acc. to sectors from [17]

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Empirische Untersuchung über strukturierte Interviews

Kommunikationswege

Die Kontaktaufnahme zu den Ausschussmitgliedern erfolgte in einem ersten Schritt mittels eines personalisierten Anschreibens mit kurzer prägnanter Beschreibung des Forschungsprojekts auf dem Postweg. Im Ergebnis kamen innerhalb eines Monats sieben Rückmeldungen der 33 angeschriebenen Ausschussmitglieder. Zur Erhöhung der Resonanz wurden in einem zweiten Schritt die gleichen Anschreiben erneut versandt, diesmal elektronisch via E-Mail mit Anhang. Mit 13 weiteren Rückmeldungen in einer Woche hat sich der elektronische Übermittlungsweg zur Kontaktaufnahme als schneller und zu-

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Bild 2

Abgeschlossene Studiengänge oder Ausbildungen der Ausschussmitglieder [16] Graduated courses or trainings of the committee members [16]

verlässiger erwiesen. Von insgesamt 33 Abgeordneten kamen 20 Rückmeldungen, darunter 15 Absagen und fünf Zusagen zu einem strukturierten Interview. Hintergründe zu den Absagen können Bild 4 entnommen werden.

der Abgeordneten beruht und deutlich von der Realität abweichen kann.

Bemerkenswert ist, dass von nahezu der Hälfte der Nichtteilnehmer keine Rückmeldung erfolgte, weitere Gründe der Absage waren fehlende Zeit oder Themenkenntnis.

Anzumerken ist, dass zum Zeitpunkt der Interviewdurchführung das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts bekannt gemacht wurde [18], was die terminliche Verfügbarkeit aller Abgeordneten während des Befragungszeitraums stark eingeschränkt haben dürfte. Im Ergebnis entsprechen die fünf Interviews einer Beteiligungsquote von nur 15 %, allerdings liegt diese in der Größenordnung der entsprechend Abschnitt 2.3 dargestellten Anzahl der Ausschussmitglieder mit fachlichem Bezug zum Bauwesen. Bei zwei der fünf Teilnehmenden wurden sehr gute Fachkenntnisse zum Bauwesen vermutet, bei den restlichen drei Teilnehmenden eher schlechte. An dieser Stelle sei jedoch erneut darauf hingewiesen, dass diese Einschätzung lediglich auf den Lebensläufen

Im Falle der positiven Rückmeldung, Kontaktaufnahme oder Nachfrage seitens der Ausschussmitglieder auf die postalisch und elektronisch zugesandten Anschreiben wurden in einem nächsten Schritt ein Interviewleitfaden sowie weitere Informationen zur konkreten Durchführung der Interviews auf elektronischem Weg versandt.

Nach den Zusagen zur Teilnahme an den Interviews wurden vier der fünf Interviews von Mitte November bis Mitte Dezember 2023 online mittels eines Videokonferenzsystems durchgeführt und mit Erlaubnis aller Teilnehmenden für spätere Auswertungszwecke aufgezeichnet.

Aus terminlichen Gründen wurden im fünften Interview die Fragen lediglich in schriftlicher Form beantwortet.

Die fünf Interviews umfassen Ausschussmitglieder aus den Fraktionen CDU, FDP, Grüne und SPD. Bei allen Interviews diente der entwickelte strukturierte Interviewleitfaden als Gesprächsgrundlage. Dieser teilte das Gespräch in die zwei Abschnitte Ursachen der grauen Emis-

3.2

Konzeptualisierung und Ablauf

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Bild 3

Bewertung der technischen Fachkenntnis der Ausschussmitglieder Evaluation of the technical expertise of the committee members

sionen und Lösungsansätze zu deren Reduktion. Dabei wurden sowohl der Wissensstand der Ausschussmitglieder hinsichtlich grauer Emissionen als auch thematische Überschneidungen für zukünftige Unterstützungsmöglichkeiten identifiziert. Da die zeitliche Verfügbarkeit der Ausschussmitglieder begrenzt und im Vorfeld schwer einzuschätzen war, wurden die Fragen in drei verschiedene Prioritäten gewichtet. Somit wurde sichergestellt, dass Fragen mit einer hohen Priorität von möglichst vielen ständigen Ausschussmitgliedern beantwortet wurden, um in zentralen Themen auf eine entsprechend große Datengrundlage zugreifen zu können. Darüber hinaus war es den Teilnehmenden möglich, Rückfragen zu stellen und zum Schluss des Interviews eigene Themen in das Gespräch einzubringen. Die persönlichen Interviews hatten in Abhängigkeit von der zeitlichen Verfügbarkeit der Ausschussmitglieder eine Länge zwischen 30 min und 60 min.

3.3

Ergebnisse der strukturierten Interviews

Bei der nachfolgenden Darstellung der ausgewerteten Ergebnisse der strukturierten Interviews wird zunächst auf die Aussagen der Teilnehmenden hinsichtlich der Ursachen der grauen Emissionswerte Bezug genommen, bevor die von den Interviewten thematisierten Lösungsansätze vorgestellt werden. Abschließend werden weitere Erkenntnisse aus den Interviews präsentiert und die Verallgemeinerbarkeit bewertet.

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Bild 4

Von den Ausschussmitgliedern genannte Gründe für eine Nichtteilnahme Committee members stated reasons for not participating

3.3.1 Ursachen für fehlendes Bewusstsein für graue Emissionen Zu Beginn des Interviews wurden alle Teilnehmenden gebeten, Hauptursachen für die hohen grauen Emissionen im Bauwesen zu nennen. Anhand der Ergebnisse, die in Bild 5 illustriert werden, ist eine gute Fachkenntnis in diesem Bereich zu erkennen. Es werden sowohl technische Aspekte wie z. B. große Transportwege als auch soziale Probleme in Form der mangelnden Präsenz des Themas in der Bevölkerung genannt.

Zudem werden falsch gerichtete Subventionen, das Bauen mit emissionsreichen Baustoffen sowie das konservative Arbeiten bei Planung und Bau als weitere Hürden identifiziert.

In den folgenden Fragen zu den Herausforderungen und Problemstellungen des Bausektors zeigt sich überwiegend ein Konsens unter den Interviewten. Eine Mehrheit der Befragten sieht den Fokus aktueller Förderprogramme zu sehr auf den Betrieb ausgerichtet. Außerdem verhindere ineffektive Zusammenarbeit der Baubeteiligten einhergehend mit Informationsverlusten einen wirksamen Klimaschutz. Darüber hinaus fördere die aktuelle Vergütungsstruktur, bei der erhöht ausgeführte Mengen i. d. R. mit erhöhten Margen einhergehen, einen Mehrverbrauch an Ressourcen, d. h. einen verschwenderischen Materialverbrauch. Dieser Aspekt werde durch eine fehlende Lebenszyklusbetrachtung und temporäre Kosten-

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Bild 5

Von den Ausschussmittglieder benannte Hauptursachen für die hohen grauen Emissionen zu Beginn des Interviews Main causes cited by committee members regarding the high gray emission values at the beginning of the interview

ersparnisse verstärkt. Es fehle an wirtschaftlichen Anreizen statt an technischen Lösungen, wobei bei dieser Frage unterschiedliche Ansichten unter den Ausschussmitgliedern zum Vorschein kommen. Zum Abschluss des Interviewabschnitts wurden die Teilnehmenden dazu aufgefordert, die Hauptursache in einem Satz zusammenzufassen. Bild 6 zeigt die Vielzahl unterschiedlicher Antworten, die jedoch insgesamt die Herausforderungen sehr gut abbilden.

Schlussfolgernd lässt sich festhalten, dass die Abgeordneten sehr gut über die aktuellen Herausforderungen der Baubranche bezüglich der grauen Emissionen informiert sind. Allerdings zeigen die Ergebnisse auch, dass der Blick primär auf externen Faktoren wie fehlenden Gesetzesvorschriften, geringer Forschung und hohen Baustandards liegt. Andere Untersuchungen haben aber auch gezeigt, dass es interne Hemmnisse gibt. Giesekam et al.

[19] nennen in ihrer Untersuchung z. B. ein Fehlen von technischem Wissen oder Bedenken gegenüber der Dauerhaftigkeit als Hemmnisse, die den Einsatz von Materialien mit geringen grauen Emissionen verhindern. Frühere Untersuchungen der Autoren haben ebenso gezeigt, dass die Fragmentierung der Baubranche, fehlende Lebenszyklusbetrachtungen und eine geringe Forschungsaktivität Innovationen behindern und damit auch die Adoption von Lösungen zur Reduktion der grauen Emissionen verhindern [20].

3.3.2 Lösungsansätze zur Reduktion der grauen Emissionen Im zweiten Teil der Interviews mit den Ausschussmitgliedern wurden Lösungsansätze zur Reduktion der grauen Emissionen im Bauwesen besprochen und diskutiert.

Hierzu wurden den Teilnehmenden strukturiert unterschiedliche Lösungsvorschläge wie z. B. die neue DAfStbRichtlinie „Treibhausgasreduzierte Tragwerke aus Beton, Stahlbeton oder Spannbeton“ [21] sowie weitere aus der Literatur [7, 8, 20, 22–24] unterbreitet, die auf die zuvor im Gespräch identifizierten Problemstellungen abzielen. Die Antworten der Teilnehmenden zu diesen Vorschlägen werden im Folgenden auszugsweise vorgestellt.

Förderungen und Subvention effizienter Planungen stellen für zahlreiche Befragte in der Theorie eine gute Option dar, jedoch halten sie eine Umsetzung in der Praxis nicht für richtig oder möglich. Ähnliche Antworten zeigen sich auch hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit einer Begrenzung der grauen Emissionen auf Bauteil- und/oder Bauwerksebene sowie einer Berücksichtigung konkreter Nutzungen und/oder Nutzerzahlen als Bezugswert der grauen Emissionen. Solche Vorschläge werden grundsätzlich als theoretisch nachvollziehbar und schlüssig bewertet, aber nicht als praxistauglich oder politisch umsetzbar erachtet. Allgemein wird an mehreren Stellen der Interviews deutlich, dass ein Großteil der Teilnehmenden die bürokratischen Hürden des Handelns aktuell Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Bild 6

Genannte Hauptursachen der Ausschussmitglieder bez. der hohen grauen Emissionen im Bauwesen gegen Ende des Interviews Main causes cited by committee members regarding the high level of gray emissions in the construction industry at the end of the interview

als zu hoch ansieht. Deswegen steht eine Mehrzahl auch neuen Regelungen, Vorschriften oder Gesetzen kritisch gegenüber. Demzufolge lehnen die Teilnehmenden auch mehrheitlich verschärfte Anforderungen zum Gebäudeabriss ab, obwohl sie durch das Einsparen von Primärrohstoffen ein mögliches Instrument zur Reduktion der grauen Emissionen darstellen.

Insgesamt werden die im Gespräch diskutierten und in der Fachwelt bekannten Lösungsvorschläge als interessant erachtet, jedoch sehen die Teilnehmenden in der derzeitigen Lage kaum ihre Umsetzbarkeit. Analog zu den Fragen zuvor sollten die Teilnehmenden zum Ende des Interviewabschnitts konkrete Lösungsmaßnahmen zur Reduktion der grauen Emissionen vorschlagen.

Bild 7 zeigt die Antworten und veranschaulicht eine gewisse Ratlosigkeit zur Lösung der Thematik; keiner der Teilnehmenden kann einen expliziten Lösungsvorschlag formulieren. Während die Mehrzahl der Befragten die Frage durch erneutes Aufzählen von Hauptursachen und Fachbegriffen beantwortet, gibt eine Person offen an, keine Lösung formulieren zu können. Die Diskrepanz zwischen vergleichsweise hohem Bewusstsein und Verständnis für die Herausforderungen und Problemstellungen sowie dem Fakt, dass die Teilnehmenden spontan im Interview keine dazugehörigen Lösungen und Maßnahmen ableiten können, verdeutlicht ein Dilemma. Scheinbar sind Planung und Bau derart komplex und auch technisch anspruchsvoll, dass Probleme erkannt werden, aber die Lösungsvorschläge aus der Fachwelt der Politik nicht umsetzbar erscheinen. Hier ist eine enge Kooperation zwischen allen Beteiligten und insbesondere zwischen Politik und Wissenschaft zielführend; seitens der Befragten wird diese auch explizit gewünscht.

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Bild 7

Abschlussfrage: Lösungsvorschläge zur Reduktion der grauen Emissionen Concluding question: suggested solutions for reducing grey emissions

Zu bemerken ist, dass die Teilnehmenden an verschiedenen Stellen der Interviews einige politische Maßnahmen erwähnen, an denen derzeit gearbeitet wird bzw. die umgesetzt werden und das besprochene Themenfeld adressieren. Hierzu zählen u. a. die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sowie die darin enthaltene Förderung Klimafreundlicher Neubau (KfN). Diese Förderprogramme werden u. a. als Lösung für die fehlende Bestandsweiternutzung in den Mittelpunkt gestellt. Zudem wird der Ansatz der Einführung einer Gebäudeklasse E genannt, welche Abweichungen von Normen im Bau- und Planungsprozess vereinfachen soll. Zudem werden der digitale Gebäuderessourcenpass sowie die Lebenszyklusanalyse als möglicher Lösungsansatz aufgeführt. Des Weiteren wird als Alternative zur Emissionsbegrenzung auf Bauteilebene ein sektorübergreifender CO2-Preis benannt. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Untersuchungen [7] zeigen, dass der CO2-Preis vergleichsweise hoch liegen muss – im Bereich von 500 Euro/t – um zur Reduktion der grauen Emissionen im Bauwesen wirtschaftliche Anreize zu setzen.

3.3.3 Weitere wesentliche Erkenntnisse Während der Interviewdurchführung wird deutlich, dass wissenschaftliche Einrichtungen nur selten den direkten Kontakt zur Politik suchen. In allen persönlichen Gesprächen wird der Austausch sehr positiv gesehen, die Ausschussmitglieder bringen sich mit interessierten zusätzlichen Fachfragen ein und wünschen einen verstärkten Kontakt zwischen Wissenschaft und Politik. Zudem findet nach den Interviews ein weiterer Informationsaustausch über aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen auf Wunsch der Teilnehmenden statt. Es zeigt sich,

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dass besprochene und übersendete Inhalte auch in der politischen Arbeit Verwendung finden.

Des Weiteren wird im Gespräch mit einem Ausschussmitglied deutlich, dass die Unterbesetzung des Ausschusses im Bauwesen mit fachkundigen Mitgliedern ein konkretes Problem dieses Ausschusses darstelle. So sei die Anzahl an Mitgliedern mit Vorkenntnissen in anderen Ausschüssen merklich höher; als Positivbeispiel wird der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft genannt.

Bemerkenswert ist, dass generell bei den Interviews eine Sachkenntnis der Teilnehmenden über die Fachinhalte festgestellt werden kann, die über die in Abschnitt 2.3 erwartbare Einschätzung hinausgeht. Grund dafür scheinen die hohe investierte individuelle Arbeitszeit der Ausschussmitglieder und die daraus resultierende intensive Befassung mit den Fachthemen zu sein. Obwohl entsprechend der Angabe eines Interviewten lediglich 2 Stunden Ausschusssitzung pro Sitzungswoche angesetzt seien, liege die tatsächliche Arbeitszeit mit intensiver Befassung zu den Bauthemen signifikant höher. Konkret wird im Gespräch den baurelevanten Themen ein Viertel bis ein Drittel der gesamten Arbeitszeit bei einer durchschnittlichen Arbeitswoche zugeordnet. Somit ist festzuhalten, dass sich die Teilnehmenden einen Großteil ihrer Arbeitszeit mit baurelevanten Themen beschäftigen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass der behandelte Ausschuss sich nicht exklusiv mit dem Thema Bauen befasst.

Vielmehr umfasst die Themenbreite des Ausschusses Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen.

3.3.4 Verallgemeinerbarkeit der Interviews Die vorgestellten Inhalte und dazugehörigen Schlussfolgerungen der Interviews basieren auf den Rückmeldungen fünf ständiger Mitglieder des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Zu bemerken ist, dass diese Anzahl unter Berücksichtigung der Ausschussgröße einerseits als nicht repräsentativ angesehen werden kann. Andererseits erscheint die Anzahl im Verhältnis zu der gesamten Themenbreite des Ausschusses und der Mitglieder mit vertiefter Kenntnis zum Bauwesen angemessen. Darüber hinaus sind mit den Befragten fünf Mitglieder aus vier Fraktionen vertreten.

Vor dem Hintergrund, dass die politische Sach- und Themenarbeit überwiegend von Abgeordneten in entsprechenden Ausschüssen geleistet wird und im Gesetzgebungsprozess entsprechende Relevanz hat, haben die Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung unabhängig von der Stichprobengröße Gewicht.

4

Resümee

Die Herausforderungen im Bereich Planen und Bauen sind groß, vielfältig und komplex, zudem erfordern sie ein gemeinsames Handeln aller Beteiligten. Politik, Wirt-

schaft und Wissenschaft sind gemeinsam gefordert, das Bauwesen zukunftsweisend zu transformieren. Die vorliegende empirische Untersuchung zum politischen Verständnis der im Bauwesen wirkenden Zusammenhänge und im speziellen der resultierenden grauen Emissionen soll Einblicke in die Politik bieten und Ansatzpunkte zum erfolgreichen Handeln liefern. Wie einleitend geschildert, wird die Forderung nach einem Eingreifen der Politik zur Lösung der Herausforderungen lauter. Die strukturierten Interviews mit ständigen Mitgliedern aus dem Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen zeigen, dass mit einer solchen Forderung der Politik eine Aufgabe zugeschrieben wird, die sie nicht alleine lösen kann. Obwohl die Anzahl an Teilnehmenden mit beruflicher Orientierung im Baubereich innerhalb des Ausschusses überschaubar ist, versuchen die Mitglieder, sich intensiv in die jeweiligen Fachthemen einzuarbeiten. Die Interviews zeigen, dass alle Teilnehmenden sehr gut über die aktuellen Probleme und Herausforderungen der Baubranche informiert sind. Allerdings sind kaum eigene konkrete Lösungsvorschläge zu finden, und – falls vorhanden – dann teils widersprüchlich. Andererseits werden vorhandene Vorschläge aus Wissenschaft und Wirtschaft zumindest zu großen Teilen aufgrund mangelnder Umsetzbarkeit abgelehnt. Bemerkenswert ist, dass alle Teilnehmenden sehr interessiert am Austausch mit der Wissenschaft sind.

Um das Bauen der Zukunft zu gestalten und die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Beteiligten und insbesondere auch den Austausch zwischen Politik und Wissenschaft.

Zu Recht fordern die Teilnehmenden, dass die Wissenschaft auch aus eigener Initiative heraus den Kontakt zur Politik suchen solle. Anhand der positiven Resonanzen zu den übermittelten Forschungsinhalten ist deutlich zu erkennen, dass die Politik jederzeit offen gegenüber Input aus der Forschung sowie Kooperationen mit Forschungseinrichtungen ist. Hinweise wie z. B. die Einbeziehung digitaler Bauwerksmodelle als Planungsgrundlage, eine Erhöhung der Effizienz von Betonbauteilen oder eine verlängerte Nutzungsdauer von Bestandsbauwerken können hilfreiche Lösungsansätze sein. Obgleich das politische Berlin aus manchen Blickwinkeln in sämtlichen Aspekten recht weit entfernt scheint, sind die handelnden Personen dankbar für jede Hilfe, die sie von außen erhalten. Zugleich sollten sich politikinteressierte und fachkundige Personen aus dem bautätigen Bereich den Weg in die Politik und in legislative oder exekutive Organe vermehrt zutrauen, um dem Fehlen von Fachpolitiker:innen entgegenzuwirken.

Danksagung Die Autoren danken den engagierten Mitgliedern des Fachausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen für ihre Mitwirkung in diesem Forschungsprojekt.

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Hamburg: Know How Pool GmbH. https://finanzmarktwelt. de/baugenehmigungen-sinken-weiterhin-kraeftig-aktuelle-daten-322972 [4] Deutscher Bundestag (2019) Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG). Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 235) geändert worden ist. Berlin: Deutscher Bundestag. https://www.gesetze-im-internet.de/ ksg/KSG.pdf [5] Bechmann, R.; Weidner, S. (2023) Graue Emissionen im Bauwesen. Bestandsaufnahme und Optimierungsstrategien. DBVHeft 50 Nachhaltiges Bauen mit Beton – Graue Emissionen und Lösungsansätze zum Klimaschutz, Bd. 1.

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[8] Weidner, S.; Mrzigod, A.; Bechmann, R.; Sobek, W. (2021) Graue Emissionen im Bauwesen – Bestandsaufnahme und Optimierungsstrategien. Beton- und Stahlbetonbau 116, H. 12, S. 969–977. https://doi.org/10.1002/best.202100065 [9] Heckmann, M. (2024) Entwicklung eines Benchmarksystems für die Grauen Emissionen von Deckensystemen [Dissertation]. Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau. https://kluedo.ub.rptu.de/frontdoor/deliver/index/docId/8335/file/Dissertation_M._Heckmann.pdf [10] Deutscher Bundestag (2023) Deutscher Bundestag – Ausschuss [online]. Berlin: Deutscher Bundestag. https://www.bundestag. de/services/glossar/glossar/A/ausschuss-245346 [Zugriff am: 24. Juli 2024] [11] Deutscher Bundestag (2013) Deutscher Bundestag – Weg der Gesetzgebung [online]. Berlin: Deutscher Bundestag. https:// www.bundestag.de/parlament/aufgaben/gesetzgebung_neu/gesetzgebung/weg-255468 [Zugriff am: 24. Juli 2024] [12] Pötzsch, H. (2009) Ein Gesetz entsteht [online]. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/themen/ politisches-system/deutsche-demokratie/39351/ein-gesetz-entsteht [Zugriff am: 24. Juli 2024] [13] Deutscher Bundestag (2019) Deutscher Bundestag – VII. Ausschüsse [online]. Berlin: Deutscher Bundestag. https://www.

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Autor:innen Prof. Dr.-Ing. Christian Glock christian.glock@rptu.de Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern

Yannik Johann, B.Sc. yjohann@rptu.de Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern

Aaron Dernbach, M.Sc. (Korrespondenzautor:in) aaron.dernbach@rptu.de Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern

Zitieren Sie diesen Beitrag Glock, C.; Dernbach, A.; Kaufmann, F.; Johann, Y. (2025) Empirische Untersuchung zum politischen Verständnis über graue Emissionen im Bauwesen – Bundestagsabgeordnete im Dialog. Bautechnik 102, H. 1, S. 10–19. https://doi.org/10.1002/bate.202400069

Fabian Kaufmann, M.Eng. fabian.kaufmann@rptu.de Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern

Dieser Aufsatz wurde in einem Peer-Review-Verfahren begutachtet.

Eingereicht: 13. September 2024; angenommen: 11. November 2024.

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Dienstag, 17.12.2024 [S. 19/19]

AUFSATZ ARTICLE

C. Glock, A. Dernbach, F. Kaufmann, Y. Johann: Empirical study on the political understanding of embodied emissions in the construction industry

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DOI: 10.1002/bate.202400083

Daniel Pfanner, Angela Feldmann, Karen Preuschoff, Marcel Reshamvala, Hanna Münch

BERICHT

Ökobilanzierung in der Tragwerks- und Fassadenplanung Der folgende Beitrag beschreibt die Implementierung von Methoden der Ökobilanzierung als Entwurfs- und Entscheidungshilfe in den Planungsprozessen eines Ingenieurbüros.

Die Anwendung wird anhand von praktischen Projektbeispielen in der Tragwerks- und Fassadenplanung erläutert. Es werden konkrete Planungsszenarien aufgegriffen und aufgezeigt, welche Entwurfsentscheidungen durch entsprechende Analysen unterstützt und beeinflusst wurden und wie sich diese im weiteren Projektverlauf entwickelt haben. Konkrete Berechnungsbeispiele dienen der praktischen Anschauung und sollen Impulse für Tragwerks- und Fassadenplaner:innen geben.

Die derzeitigen bau- und planungsrechtlichen Rahmenbedingungen werden kurz erläutert, um die vorgestellten Methoden hinsichtlich ihrer Wirkung auf den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden zu bewerten.

Life cycle assessment in structural and façade design The following article describes the implementation of life cycle assessment methods as a design and decision-making tool in the planning processes of an engineering practice. The application is explained using practical project examples in structural and facade engineering. Specific design scenarios are shown. It is described which design decisions were supported and influenced by corresponding analyses and how they developed during the project. Specific calculation examples serve as a practical illustration and are intended to provide inspiration for structural and facade planners. The current building and planning legal framework is briefly explained in order to evaluate the methods presented in terms of their effect on the ecological footprint of buildings.

Stichworte Ökobilanzierung; Entwurfsentscheidungen; nachhaltiges Bauen; Methoden und Werkzeuge

Keywords life cycle assessment (LCA); integrated planning; sustainable building; methods and tools

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2030 festgelegt werden. In Deutschland stellt die Ökobilanzierung bisher keine gesetzliche Pflicht dar. Gleichwohl setzt das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) für Wohngebäude erstmals verbindliche Grenzwerte fest. Unter der Annahme einer etwa hälftigen Aufteilung der Gesamtemissionen auf Betrieb und Konstruktion und einem Anteil der CO2-Emissionen von tragenden Bauteilen an der Konstruktion von ca. 50 % ergibt sich aus den definierten Grenzwerten für Wohngebäude für das Tragwerk ein Budget von ca. 300 kg CO2-Äq./m2 für die QNG-Plus-Zertifizierung und 250 kg CO2-Äq./m2 für die QNG-Premium-Zertifizierung [2]. Dänemark ist hier bereits weiter und lässt für Wohngebäude und Nichtwohngebäude einen Maximalwert von ca.

150 kg CO2-Äq./m2 für das Tragwerk unter den vorherigen Annahmen zu [3]. Ein Maßstab, der den Handlungsbedarf in Deutschland unterstreicht. Bei der DGNB-Zertifizierung ist die Ökobilanzierung zwar Bestandteil, allerdings lediglich mit 9,5 % von der Gesamtbewertung, was die Relevanz freiwilliger Nachhaltigkeitsmaßnahmen betont [4]. Die im August 2024 neu veröffentliche DAfStb-Richtlinie „Treibhausgasreduzierte Tragwerke aus Beton, Stahlbeton oder Spannbeton“ zeigt einen Minderungspfad eines CO2-Budgets für tragende Bauteile angefangen von einem Referenzgebäude von 2020 mit 250 kg CO2-Äq./m2 für Wohngebäude und 320 kg CO2-Äq./m2 für Nichtwohngebäude auf [5]. Die dargestellten Treibhausgasminderungsklassen reduzieren sich um bis zu 70 % auf 75 kg CO2-Äq./m2 für Wohngebäude und

Einleitung

Die Ökobilanzierung hat sich als wichtiges Werkzeug etabliert, um die Umweltwirkung von Gebäuden systematisch zu erfassen und zu quantifizieren. Dabei wird besonders das Global Warming Potential (GWP), also das Treibhauspotenzial eines Bauwerks – auch als CO2-Fußabdruck oder graue Emissionen der Konstruktion bezeichnet – in den Fokus gerückt. Idealerweise wird die GWP-Betrachtung fest in den Planungsprozess integriert, um fundierte Entscheidungsgrundlagen für das komplette Planungsteam und die Bauherrenschaft zu schaffen.

Die Anfang 2024 überarbeitete EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie zielt darauf ab, die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 zu unterstützen. Im Rahmen des europäischen Green Deal sind die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie verpflichtet, sicherzustellen, dass ab 2028 für alle Neubauten mit einer Nutzfläche von über 1000 m2 (ab 2030 gilt dies für alle Neubauten) das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial im Energieausweis ausgewiesen wird [1]. Dies bedeutet, dass die Erstellung einer Ökobilanz oder LCA-Berechnung für alle Neubauten verpflichtend wird. Zudem sind die Mitgliedstaaten angehalten, bis zum 1. Januar 2027 Grenzwerte für das gesamte kumulative Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial neuer Gebäude einzuführen, wobei diese nach Klimazonen und Gebäudetypen differenziert werden sollen. Außerdem sollen Zielvorgaben für neue Gebäude ab 20

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© 2024 Ernst & Sohn GmbH, Berlin. Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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96 kg CO2-Äq./m2 für Nichtwohngebäude. Auch hier werden noch keine verbindlichen Minderungsklassen gefordert; diese sind mit den Auftraggeber:innen zu vereinbaren. Die aufgezählten Entwicklungen zeigen, dass die CO2-Emissionen bereits jetzt und besonders in den kommenden Jahren einen entscheidenden Parameter in der Bewertung von Bauwerken darstellen. Dies verschärft sich, sobald in Deutschland verpflichtende Grenzwerte für alle Neubauten eingeführt werden. Entsprechend ist das Befassen mit dem Thema Ökobilanzierung und Berechnung von CO2-Emissionen eine entscheidende Aufgabe für Ingenieur:innen geworden.

Um hinsichtlich der CO2-Emissionen der in der Planung befindlichen Projekte Aussagen zu treffen und diese als Entwurfswerkzeug zu nutzen, wurden bürointerne digitale Werkzeuge entwickelt – von einfachen Excel-Tools bis hin zu komplexen Schnittstellen, die Daten aus 3D-Modellen und Berechnungssoftware mit der Ökobilanzierung verknüpfen. So lassen sich Umweltwirkungen von Tragwerk und Fassade bereits in der Entwurfsphase bewerten. Diese Tools sind vielseitig einsetzbar und für Projekte jeder Größe und Funktion geeignet.

Der folgende Beitrag stellt die Anwendung dieser Tools vor. Es wird verdeutlicht, wie die Materialien Holz, Stahlbeton und Stahl in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt wurden und wie die entwickelten Werkzeuge auf eine Vielzahl von Projekten angewandt werden können.

Die Projektbeispiele zeigen, dass die Erkenntnisse aus der Ökobilanzierung stets projektspezifisch interpretiert werden müssen. Anhand konkreter Planungsszenarien wird erläutert, welche Entwurfsentscheidungen durch die Ökobilanzierung unterstützt und beeinflusst wurden und wie sich diese im weiteren Verlauf des Projekts entwickelt haben. Konkrete Berechnungsbeispiele bieten praxisnahe Einblicke und sollen insbesondere Tragwerksund Fassadenplaner:innen wertvolle Impulse für eine nachhaltigere Bauweise geben.

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Ökobilanzierung in der Tragwerksplanung

Im Folgenden wird die praxisnahe Anwendung der Ökobilanzierung in der Tragwerksplanung während der Leistungsphasen 2–4 vorgestellt. In diesen frühen Planungsphasen müssen grundlegende Entscheidungen des Planungsteams getroffen werden, die maßgeblich die CO2Bilanz des Gebäudes beeinflussen. Als ein zentraler Aspekt könnte die Reduzierung oder sogar der vollständige Verzicht auf unterirdische Geschosse diskutiert werden.

Unterirdische Geschosse erfordern oft den Einsatz großer Mengen an Beton und Stahl, die besonders CO2-intensiv in der Herstellung sind. Der Verzicht auf diese Geschosse stellt somit eine wirkungsvolle Möglichkeit dar, um die Umweltbelastung des Bauwerks zu verringern.

Darüber hinaus werden bereits in den frühen Planungsphasen systematische Entscheidungshilfen zur Auswahl geeigneter Tragkonstruktionen bereitgestellt. Besonders

großflächige Bauteile wie Decken und Wände stellen einen wichtigen Einflussfaktor auf die CO2-Bilanz des Gebäudes dar. Dementsprechend sollten die CO2-Äq. der verschiedenen Deckensysteme je m2 in jedem Projekt zu Planungsbeginn aufgestellt werden. Dies ermöglicht erste Vergleiche und integriert die CO2-Bilanzierung als wichtiges Entscheidungskriterium in den Planungsprozess.

Soll das grundsätzliche Deckensystem in einer Wettbewerbs- oder Vorentwurfsphase gewählt werden, sind i. d. R. die Spannweiten bzw. Raster, die zur Verfügung stehenden statischen Höhen sowie die Auswahl einer bestimmten Konstruktionsweise wie z. B. Massivbauweise oder Holzbauweise wichtige Kriterien. Um sofort bei dieser grundlegenden Variantenstudie den Einfluss der Entwurfsentscheidung auf die CO2-Emissionen des Deckensystems zu sehen, kann die auf Grundlage einer Vielzahl von abgeschlossenen Projekten entwickelte Deckenmatrix genutzt werden (Bild 1). Diese Matrix ermöglicht es, für definierte CO2-Grenzwerte die zur Verfügung stehenden Deckensysteme – vordimensioniert für spezifische Spannweiten – in Hinblick auf die Einhaltung der CO2Kriterien zu sortieren. So lässt sich mit geringem Aufwand entscheiden, welche Varianten für die weitere Planung in Betracht kommen (Bild 2). Die Berechnungen stützen sich auf Daten der ÖKOBAUDAT, der Datenbank des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

Zur besseren Veranschaulichung dient das 15-geschossige Holz-Hybrid-Hochhaus The Change in Eschborn als Praxisbeispiel. Im betrachteten Projekt wurde früh entschieden, ein Holz-Hybrid-Tragwerk zu realisieren. Dennoch wurde zur internen Bewertung ein Vergleich mit alternativen Tragwerksystemen durchgeführt, darunter ein klassisches Stahlbetontragwerk und eine Holz-Hybrid-Flachdecke.

Um eine realistische Vergleichsbasis zu schaffen, wird bei der Ökobilanzierung normalerweise der Einfluss bauphysikalisch notwendiger Bodenaufbauten in die Analyse miteinbezogen, da diese je nach Deckensystem variieren können. Bei Wohngebäuden haben diese Aufbauten einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Bilanz, auch wenn sie kein direkter Bestandteil des Tragwerks sind. Beispielsweise kommt bei einer Holzdecke oftmals eine zusätzliche Schüttung aus mittels Latexmilch gebundenem Kies zum Einsatz, um den Schallschutzanforderungen zwischen den einzelnen Geschossen zu genügen, während die Masse einer vergleichbaren Stahlbetondecke ausreicht, um auf weitere Maßnahmen verzichten zu können. Angesichts der geplanten Büronutzung im vorliegenden Beispiel und eines zum Einsatz kommenden Hohlraumbodens waren keine zusätzlichen Maßnahmen nötig.

Die CO2-Äq. der verwendeten Materialien wurden systematisch erfasst und grafisch aufbereitet, um die Emissionsunterschiede der verschiedenen Deckensysteme anschaulich darzustellen. Die Ökobilanzierung in der früBautechnik 102 (2025), Heft 1

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BERICHT REPORT

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Bild 1

Deckenmatrix (Quelle: B+G) Slab matrix

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Bild 2

Beispielhafter Vergleich der weiterzuverfolgenden Varianten (Quelle: B+G) Example comparison of variants

hen Leistungsphase der Vorentwurfsplanung erweist sich somit als effizient und für Tragwerksplaner:innen leicht umsetzbar. Die erste grafische Auswertung vergleicht die CO2-Äq. verschiedener Deckensysteme (Bild 3).

Auf Grundlage dieser Ergebnisse lässt sich eine erste Bewertung der Deckenvarianten vornehmen. Dabei wird deutlich, dass die Holz-Beton-Verbund-Rippendecke die geringsten CO2-Emissionen verursacht. Im Vergleich zur Stahlbetondecke können etwa 35 kg CO2-Äq./m2 eingespart werden. Neben den Deckenquerschnitten hat auch die Auflagersituation einen signifikanten Einfluss auf die Ökobilanz. Bei begrenzter Deckenaufbauhöhe kommen oft Stahlbetonverbundbalken bzw. Stahlbetonunterzüge zum Einsatz. Diese sind ggf. sehr energieintensiv in der Herstellung, was die CO2-Äq. des Tragsystems signifikant erhöhen kann. Die grafische Darstellung in Bild 4 veranschaulicht diesen Aspekt.

Zusätzlich zum Deckenquerschnitt werden die Auflagerbalken in die Bilanzierung integriert. Verglichen wird eine Holz-Hybrid-Flachdecke, die deckengleich auf Stahlbetonverbundträgern lagert (alle 5 m), mit der HolzHybrid-Rippendecke, die auf Holzträgern (alle 5 m) lagert. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Einsatz deckengleicher Stahlprofile zur Auflagerung der HBVFlachdecken ökologisch nachteilig ist. Falls eine große Anzahl an Stahlprofilen notwendig wird und die verfügbare Aufbauhöhe eine Flachdecke erfordert, sollte in Erwägung gezogen werden, stattdessen eine flache Stahlbetondecke mit Stützen zu realisieren. Diese frühen Überlegungen bieten bereits wertvolle Entscheidungshilfen für ein umweltfreundlicheres Tragwerksdesign.

In Leistungsphase 3 lassen sich die Berechnungen durch den fortlaufenden Planungsfortschritt weiter präzisieren.

Das am Ende der Leistungsphase vorhandene 3D-Modell des Tragwerks ermöglicht eine schnelle Massenzusammenstellung. Bei dieser Bilanzierung können nun auch Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Bild 3

Vergleich Decken CO2-Äq./m2: Stahlbeton, Holzbetonverbund-Rippendecke, Holzbetonverbunddecke (Quelle: B+G) Comparison of slabs CO2e/m2: reinforced concrete, timber-concrete composite rib slab, timber-concrete composite slab

Stützen, Wände und Unterzüge ohne größeren Aufwand in die Bilanzierung inkludiert werden. Die Bewehrungsgehälter innerhalb der Ökobilanzierung werden auf Grundlage von Erfahrungswerten geschätzt und angesetzt.

Im folgenden Projektbeispiel wurden die Materialmengen aus einem Revit-Modell extrahiert und mit Rhino und Excel visualisiert, wobei sowohl das verbaute Materialvolumen als auch das Treibhausgaspotenzial/m2 für die verschiedenen Bauteilgruppen dargestellt sind. Der Vergleich verdeutlicht das geringere Treibhausgaspotenzial

Bild 4

Hybrid-Decke mit Holzbalken als Hauptträger vs. Holz-Hybrid-Flachdecke mit Stahlträgern als Auflager (Quelle: B+G) Hybrid slab with timber beams as primary beams vs. timber hybrid flat slab with steel beams as supports

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Bild 5

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CO2-Bilanzierung eines Holz-Hybrid-Hochhauses LP4 (Quelle: B+G Tizian Alkewitz) LCA of a timber hybrid high-rise building LP4

der Holzbauteile gegenüber den Stahlbetonbauteilen im Verhältnis zum verbauten Materialvolumen (Bild 5).

Zum Abschluss der Leistungsphasen 4–5 lässt sich ein vergleichsweise präziser Wert der erwarteten CO2-Äq. ermitteln.

Zur Bewertung der Ökobilanzierungsergebnisse wurde ein Rating in der Fachzeitschrift The Structural Engineer vorgeschlagen. Dabei wird die ermittelte CO2-Äq.-Masse durch die Bruttogeschossfläche geteilt. Mit einer GWPRate von etwa 182 kg CO2-Äq./m2 erreicht das Holz-Hybrid-Hochhaus in diesem System die Bewertung B (Bild 6). Hierbei ist zu beachten, dass das SCORS-Rating auf den Markt in Großbritannien zugeschnitten ist und

Bild 6

Einordung der gesamten CO2-Äq.-Menge [6] Structural carbon rating system [6]

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Bild 7

B+G LCA-Projekt Datenbank (Quelle: B+G) B+G project carbon database

andere EPDs sowie Systemgrenzen zugrunde legen. Mangels eines entsprechenden deutschen Rankings liefert dies aber einen ersten Anhaltswert.

Die systematische Bilanzierung der Tragwerke in verschiedenen Projekten fördert ein vertieftes Verständnis für den Umwelteinfluss von Gebäudestrukturen und liefert frühzeitige Planungsstrategien zur Reduzierung von CO2-Emissionen. Um die Emissionen einer Vielzahl von Projekten zu erfassen, werden diese in einer internen Datenbank gespeichert und nach Kriterien wie Nutzung, Lastannahmen und Spannweiten katalogisiert (Bild 7).

Diese Datenbank ermöglicht es, für zukünftige Projekte mit ähnlichen Konstruktionsweisen Prognosen zur Umweltwirkung zu erstellen und Erkenntnisse bereits in frühen Planungsphasen einzubringen. Durch gezielte Maßnahmen und fundierte Entscheidungshilfen lassen sich signifikante Einsparungen erzielen, wodurch die Tragwerksplanung einen entscheidenden Beitrag zu nachhaltigeren Gebäuden leistet. Die aktuelle Projektanalyse zeigt allerdings auch, dass die derzeit diskutierten Grenzwerte meist nur knapp erreicht oder sogar überschritten werden. Eine weitergehende Reduktion erfordert daher ein grundlegendes Umdenken, etwa durch stärkeren Fokus auf das Bauen im Bestand. Mit der bisher weitverbreiteten Baupraxis wird eine umfassende Reduktion der Treibhausgasemissionen kaum zu erreichen sein.

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Ökobilanzierung in der Fassadenplanung

Montage von Fassaden, die etwa 10–20 % des gesamten CO2-Fußabdrucks eines Gebäudes ausmachen [7]. Aus diesem Grund ist es ratsam, bereits in frühen Planungsphasen die Umweltwirkungen einer geplanten Fassade mittels Ökobilanzierung zu bewerten.

Durch diese Herangehensweise kann frühzeitig eine fundierte Einschätzung über den zu erwartenden CO2-Fußabdruck der Fassade getroffen werden. Anpassungen an Rasterung, Materialwahl und Aufbau ermöglichen es, die Auswirkungen auf die CO2-Bilanz gezielt zu beeinflussen. So kann der CO2-Verbrauch der Fassade nicht nur bewertet, sondern auch im Vergleich zu anderen Fassadenoptionen eingeordnet und als „gut“ oder „schlecht“ klassifiziert werden. Diese Transparenz liefert Bauherr:innen fundierte Informationen und hilft dabei, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Es stellt sich die Frage, wie in frühen Planungsphasen bereits fundierte Aussagen zum Fußabdruck einer neuen Fassade getroffen werden können, wenn scheinbar keine Fassade der anderen gleicht und somit nicht auf eine einfache Schätzung zurückgegriffen werden kann. Die konkrete Herausforderung bei der Ökobilanzierung von Fassaden liegt in der Vielfalt der verwendeten Produkte und Materialien. Fassadenelemente bestehen aus zahlreichen Komponenten wie Aluminiumblechen, Stahlkonsolen, Dichtungen, Dämmstoffen und Sonnenschutzsystemen.

Besonders anspruchsvoll ist die Bewertung der Fassadenfüllung Glas, die sich in Bezug auf Beschichtungen, Laminierungen, Gasfüllungen und andere Eigenschaften stark unterscheiden kann.

Neben der Errichtung des Tragwerks entfällt ein beachtlicher Anteil der Emissionen auf die Herstellung und 26

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Bild 8

Lebenszyklus eines Gebäudes nach DIN EN 15978 und DIN EN 15804 [8] Life cycle of a building acc. to DIN EN 15978 and DIN EN 15804 [8]

Um diese Komplexität zu bewältigen, wurde bürointern ein intuitiv nutzbares Modellierungs- und Berechnungstool entwickelt. Dieses Tool ermöglicht es, in frühen Planungsphasen repräsentative Ausschnitte des Fassadensystems oder eines Fassadentyps mittels Volumen- und Flächenelementen zu modellieren. Die geometrischen Abhängigkeiten der einzelnen Fassadenbestandteile wie Pfosten, Riegel, verglaste und opake Einsatzelemente werden durch die einfache Eingabe von Basisparametern wie Gesamtlänge und Gesamtbreite der äußeren Rahmenkonstruktion sowie spezifischer Variablen wie Glasscheibenaufbau und Profilquerschnitte berücksichtigt.

Eine direkte Materialmengenermittlung, die Vorgabe oder Wahl von Transportprozessen, Entfernungen und

Bild 9

Energiemix zur Berücksichtigung der Transport- und Bauphase sowie die direkte Kopplung mit Umweltwirkungen in den unterschiedlichen Lebensphasen gemäß Bild 8 erlauben schließlich in Variantenstudien die Ermittlung von Einsparpotenzialen in Bezug auf Treibhausgase.

Grundlage für dieses Tool ist eine umfassende Datenbasis, die eine fundierte Bewertung der Materialien und Produkte ermöglicht. Eine wesentliche Rolle bei der Schaffung dieser Datenbasis spielen Umweltproduktdeklarationen (EPD), die jedoch nicht immer reibungslos eingesetzt werden können bzw. für einzelne Fassadenkomponenten nur sehr begrenzt verfügbar sind. Oft fehlen essenzielle Daten, wie etwa Angaben zu bauphysikali-

Benutzeroberfläche LCA-Fassaden-Tool – genereller Aufbau (Quelle: B+G) User interface LCA façade tool – general structure

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schen Eigenschaften von Fenstern oder Skalierungsmöglichkeiten für nicht standardisierte Bauelemente. Um dieses Problem zu umgehen, haben die Verfasser:innen eine eigene Datenbank entwickelt, die es ermöglicht, alle verfügbaren und relevanten Komponenten einer Vorhangfassade modellhaft abzubilden und mit Umweltdaten zu versehen (Bild 9).

Das Tool berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus der Fassade, von der Herstellung über die Errichtung bis zur Entsorgung und das Recyclingpotenzial der modellierten Komponenten. Es ermöglicht zudem eine direkte statische Vordimensionierung, die dazu beiträgt, das Tragvermögen von Querschnitten auszureizen und durch das Einsparen von Material und Masse wiederum CO2-Emissionen zu reduzieren.

Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, die berechneten Elemente dynamisch zu visualisieren und den Umweltindikator CO2-Äq. in Echtzeit zu kalkulieren. So lassen sich Änderungen am Aufbau der Fassade spielerisch hinsichtlich des Einsparpotenzials testen. Die Ergebnisse werden differenziert für die verschiedenen Fassadenkomponenten dargestellt, sodass gezielte Anpassungen vorgenommen werden können. Damit kann frühzeitig ermittelt werden, welche Konstruktionsvarianten besonders vielversprechend sind, um die Treibhausgasemissionen zu minimieren. Das Tool wird aktiv in Besprechungen genutzt, um Einsparpotenziale zu verdeutlichen und Planungsentscheidungen fundiert zu treffen.

Ein anschauliches Beispiel für die Effektivität dieser Methode ist das Projekt The Change in Eschborn. Durch eine experimentelle Windkanaluntersuchung konnte der Windlastansatz im Vergleich zur Norm reduziert werden, was zu einer Verringerung der Profiltiefen und einer entsprechenden Einsparung von etwa 90 t CO2 führte. Dies unterstreicht, welchen signifikanten Beitrag Planer:innen bei der Reduktion von Emissionen leisten können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die genaue Planung und Dimensionierung von Fassaden – insbesondere im Hinblick auf statische Anforderungen und die Wahl der Materialien – eine entscheidende Rolle bei der Einsparung von Emissionen spielt.

Bei Fassadensystemen stellt sich über die bloße Ermittlung der gebundenen Emissionen hinaus eine entscheidende Frage: Wie beeinflussen Entwurfsentscheidungen in der Fassade die betrieblichen Emissionen von Gebäuden? Diese komplexe Thematik wird von aktuellen Planungsansätzen oft nicht ausreichend erfasst, da insbesondere in den frühen Planungsphasen eine präzise und umfassende Analyse sowie Lösung nicht möglich sind. Es ist zwar evident, dass Investitionen in gebundene Emissionen während der Herstellung von Fassadensystemen zu verbesserten Eigenschaften führen und somit potenziell die betrieblichen Emissionen in der Nutzungsphase reduzieren können – etwa durch spezielle Wärmeschutzverglasungen für den Winter oder Sonnenschutzsysteme für 28

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den Sommer. Dennoch ist eine quantitative Bewertung der Auswirkungen verbesserter energetisch-thermischer Eigenschaften des Fassadenaufbaus auf die gesamten Lebenszyklusemissionen erst möglich, wenn die Anlagentechnik, die Nutzung des Gebäudes und die verwendeten Energieträger berücksichtigt werden.

Vor dem Hintergrund der Minimierung von Emissionen über den Lebenszyklus stellt sich daher die Frage: Wo liegt das Optimum, sprich der Minimalwert der Summe aus gebundenen und betrieblichen Emissionen über den Lebenszyklus der Fassaden? Ab welchem Zeitpunkt kann von einer Amortisation der höheren Herstellungsemissionen durch einen verbesserten Betrieb ausgegangen werden?

Zur Beantwortung dieser Fragen wird derzeit an der Integration einer dynamisch-thermischen Gebäudesimulation in das besprochene Modellierungstool gearbeitet.

Hierbei wird ein parametrisch definierter Musterraum hinter dem repräsentativen Fassadenausschnitt unter Berücksichtigung wesentlicher Basisdaten wie Raumtiefe, Raumhöhe, Ausrichtung und Bauweise der raumumschließenden Bauteile modelliert. Zudem soll eine vereinfachte Eingabe der haustechnischen Anlagenkomponenten ermöglicht und die angestrebte operative Raumtemperatur für ein angenehmes Raumklima berücksichtigt werden. Der Umfang der Simulation wird auf repräsentative Zeiträume in verschiedenen Jahreszeiten eingegrenzt, wobei zunächst die Entwurfsentscheidung im Vordergrund steht. Die exakte Bilanzierung wird im nächsten Schritt integriert. Hierbei könnten ähnliche Anforderungen an die Genauigkeit der Bilanzierung in frühen Leistungsphasen gestellt werden wie an Kostenermittlungen, die im Verlauf der Planung von Kostenschätzung über Kostenberechnung bis hin zum Kostenanschlag immer präziser werden.

Ein solches Vorgehen ermöglicht eine frühzeitige Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den gebundenen Emissionen von der Herstellung bis zum Lebensende und der Weiterverwertung auf der einen Seite sowie den betrieblichen Emissionen durch thermische Konditionierung und Gebäudebetrieb während der Nutzungsphase auf der anderen Seite. Nur durch die gekoppelte Betrachtung dieser beiden Umweltwirkungen wird es künftig möglich sein, eine ganzheitliche Optimierung von Fassadensystemen zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei einer frühzeitigen und effizienten Einbindung eines solchen Werkzeugs in die frühen Entwurfsphasen gelten. Sein Einsatz in Verbindung mit einer umfassenden und stetig wachsenden Datenbasis erlaubt die Entwicklung nachhaltiger Fassadenlösungen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch überzeugen.

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Fazit

Der vorliegende Beitrag verdeutlicht, wie Methoden der Ökobilanzierung gezielt in der Tragwerks- und Fassaden-

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planung integriert werden können, um fundierte Entwurfsentscheidungen zu unterstützen. Durch die frühzeitige Integration von Ökobilanzanalysen in den Planungsprozess werden Entwürfe erleichtert, die maßgeblich zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Das vorgestellte Projektbeispiel zeigt, dass diese Methoden für Bauvorhaben anwendbar sind und damit eine präzise CO2-Bewertung ermöglichen. Mithilfe interner Tools und detaillierter Berechnungen werden Materialien und Konstruktionsweisen hinsichtlich ihrer ökologischen Auswirkungen bewertet und optimiert. Allerdings muss beachtet werden, dass diese Ökobilanzierung nur ein Teilbild der gesamten Umweltwirkung abbildet. Eine Konzentration auf die in der Herstellungsphase gebundenen Emissionen des Rohbaus und ggf. auf daraus resultierende Konsequenzen für den Innenausbau erscheinen für Tragwerksplaner:innen ausreichend. In der Fassadenplanung jedoch ist es offensichtlich, dass der Hebel von unterschiedlichen Varianten der Gebäudehülle mitunter erst unter Berücksichtigung der betrieblichen Emissionen bestimmt und bewertet werden kann. Der vorliegende

Bericht kann Planer:innen und Architekt:innen sensibilisieren und Wege aufzeigen, mit vertretbarem Aufwand in frühen Planungsphasen einen signifikanten Beitrag zum nachhaltigen Bauen zu leisten. Abschließend sei aber auch darauf hingewiesen, dass Planer:innen und Architekt:innen sich zwar intensiv mit ökologischen und nachhaltigen Lösungen auseinandersetzen und versuchen, diese in ihre Entwürfe zu integrieren. Allerdings haben sie oft nur begrenzten Einfluss auf die endgültige Entscheidung der Bauherr:innen. Wenn die vorgeschlagenen Lösungen als zu kostspielig wahrgenommen werden, erfolgt oft eine Konzentration auf wirtschaftliche Überlegungen, wie z. B. die absolute Höhe und die zeitgewichtete Rendite von projektbezogenen Investitionen.

Dies bedeutet häufig, dass nachhaltige Ansätze nicht weiterverfolgt werden. Es ist eine Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen ökologischen Zielen und wirtschaftlichen Realitäten zu finden und es wird ggf. ein Umdenken der Baubranche und der öffentlichen Institutionen erfordern, um nachhaltige Praktiken und Bauweisen (auch finanziell) stärker zu fördern.

BERICHT REPORT

D. Pfanner, A. Feldmann, K. Preuschoff, M. Reshamvala, H. Münch: Life cycle assessment in structural and façade design

Literatur [1] Europäische Union (2024) Richtlinie 2024/1275 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden.

24. April 2024.

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[5] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e. V. – DAfStb (2024) Treibhausgasreduzierte Tragwerke aus Beton, Stahlbeton oder Spannbeton. Berlin: DIN Media GmbH. [6] Arnold, W. et al. (2020) Setting carbon targets: an introduction to the proposed SCORS rating scheme. The Structural Engineer 98, No. 10, pp. 8–12. https://doi.org/10.56330/SQDI8782 (IStructE: https://www.istructe.org/IStructE/media/Public/TSEArchive/2020/Setting-carbon-targets-an-introduction-to-theproposed-SCORS-rating-scheme.pdf) [7] Arup; Saint Gobain Glass (2022) Carbon footprint of façades: significance of glass [online]. London: Arup. https://www.arup. com/insights/carbon-footprint-of-facades-significance-of-glass [Zugriff am: 4. November 2024] [8] proHolz Austria [Hrsg.] (2017) Zuschnitt 65: Kreislauf Holz.

Zeitschrift über Holz als Werkstoff und Werke in Holz 17, Nr. 65.

Autor:innen Prof. Dr.-Ing. Daniel Pfanner daniel.pfanner@fb1.fra-uas.de Frankfurt University of Applied Sciences Nibelungenplatz 1 60318 Frankfurt am Main

Marcel Reshamvala, M.Eng. mreshamvala@bollinger-grohmann.de Bollinger+Grohmann Consulting GmbH Westhafenplatz 1 60327 Frankfurt am Main

Angela Feldmann, M.Sc. (Korrespondenzautor:in) afeldmann@bollinger-grohmann.de B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH Nymphenburger Straße 34 80335 München Karen Preuschoff, M.Sc. kpreuschoff@bollinger-grohmann.de B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH Westhafenplatz 1 60327 Frankfurt am Main

Hanna Münch, B.Eng. hmuench@bollinger-grohmann.de B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH Nymphenburger Straße 34 80335 München Zitieren Sie diesen Beitrag Pfanner, D.; Feldmann, A.; Preuschoff, K.; Reshamvala, M.; Münch, H. (2025) Ökobilanzierung in der Tragwerks- und Fassadenplanung.

Bautechnik 102, H. 1, S. 20–29. https://doi.org/10.1002/bate.202400083

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BERICHT

Jana Nowak, Clea Kummert, Matthias Oppe

Wiederverwendung im Tragwerk Ökologische Potenziale von Re-Use quantifizieren Wiederverwendung (engl. Re-Use) von Bauprodukten ist eine der wichtigsten Strategien, um eine klimagerechte und regenerative Bauwirtschaft zu etablieren. Dennoch stehen v. a. dem Bauen mit gebrauchten tragenden Bauteilen bislang sowohl regulatorische Hürden als auch der übliche lineare Planungsprozess im Weg. Die Wiederverwendung gebrauchter Stahlträger aus dem Treppenturm eines Parkhauses in Stuttgart zeigt als Pilotprojekt das große Potenzial von Re-Use tragender Bauteile auf. Die damit einhergehende Emissionseinsparung konnte mithilfe der Ökobilanzierung quantifiziert werden. Eine Betrachtung der zukünftigen Kreislauffähigkeit zeigt die Grenzen dieser Methode für eine umfassende Betrachtung der ökologischen Mehrwerte auf. Um diese einheitlich messbar zu machen und damit die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen zu begünstigen, muss die Methode der Ökobilanzierung um eine Zirkularitätsbewertung ergänzt werden.

Re-use of structural elements – quantifiying the ecological potential The re-use of building elements is one of the key strategies for establishing a climate-friendly and regenerative construction industry. However, building with used load-bearing components in particular has so far been hampered by both regulatory hurdles and the linear planning process. The re-use of steel girders from the stairwell tower of a parking garage in Stuttgart is an examplary project that demonstrates the great potential of reusing load-bearing components. The associated emission savings could be quantified with the help of life cycle assessment. A consideration of the future reusability shows the limits of this method for a comprehensive consideration of the ecological added value. To make these uniformly measurable and thus promote the implementation of a circular economy in the construction industry, the life cycle assessment method must be supplemented by a circularity assessment.

Stichworte Wiederverwendung; Ökobilanzierung; Nachhaltigkeitsbewertung; Kreislaufwirtschaft; Stahlbau; Pre-Use-Ansatz; Post-Use-Ansatz; Ressourceneffizienz; Emissionseffizienz; Kreislauffähigkeit; Kreislaufführung

Keywords re-use; life cycle assessment; sustainability evaluation; circular economy; steel construction; pre-use; post-use; resource efficiency; emission efficiency; circularity

1

oder recycelt werden, können Anreize schaffen. Allerdings gilt es noch zu klären, wie die Zirkularität einer Konstruktion im Rahmen der ökologischen Betrachtung quantifiziert werden kann.

Einleitung

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft im Bauwesen könnte einen wesentlichen Beitrag zur Einhaltung der Klimaziele und zur präsenten Ressourcenproblematik leisten. Um die notwendige Akzeptanz zu erreichen, ist ein systematischer Ansatz erforderlich, der technische, wirtschaftliche, regulatorische und kulturelle Aspekte entsprechend berücksichtigt. Öffentliche und private Bauherren könnten Kriterien für die Kreislaufwirtschaft bereits in den ersten Projektskizzen aufnehmen. Steuervergünstigungen oder Förderprogramme z. B. für die Verwendung von Baustoffen, die mehrfach verwendet

Bild 1

Wiederverwendung nach dem Pre-Use- und dem Post-Use-Ansatz [1] The pre-use and post-use approach of re-use [1]

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© 2024 Ernst & Sohn GmbH, Berlin. Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Grundlagen der Wiederverwendung im Bauwesen

2.1

Wiederverwendung nach dem Pre-Use- und dem Post-Use-Ansatz

Wenn es um Wiederverwendung im Bauwesen geht, muss zwischen dem Pre-Use- und dem Post-Use-Ansatz differenziert werden (Bild 1). Pre-Use steht für die Wiederverwendung von rückgebauten Materialien in einem aktuellen Bauvorhaben, der Post-Use-Ansatz beschreibt eine zukünftige Wiederverwendbarkeit von Materialien nach der Erstnutzung.

Beim Pre-Use-Ansatz, der von der DGNB als „heutiger Beitrag zur umgesetzten Kreislaufführung“ [2] definiert wird, dient der Bestand als Materialquelle für Bauvorhaben (Urban Mining). Die Realisierung einer Kreislaufführung im Pre-Use-Szenario setzt damit das Planen nach dem Ansatz Form Follows Availability voraus – die

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Form ergibt sich aus dem Verfügbaren. Statt einen Entwurf optimal an den Bedarf anzupassen, sollte die Planung vielmehr an der Verfügbarkeit bereits vorhandener Materialien ausgerichtet werden. Beispielsweise könnte die Spannweite auf Grundlage der Dimensionen wiederverwendbarer Träger festgelegt werden, statt typische Maße für eine bestimmte Nutzungsart zu verwenden.

Diese Prämisse bedeutet allerdings, dass verfügbare rückgebaute Materialien frühzeitig in den Entwurf eingebunden werden müssen. Auf dieses Vorgehen ist der übliche Planungsprozess (nach HOAI) nicht einfach anwendbar [3].

Mit dem Post-Use-Ansatz wird der „zukünftige Beitrag zur potenziellen Kreislauffähigkeit“ [2] bezeichnet. Er umfasst die Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die eine Wiederverwendung nach der Erstnutzung ermöglichen, sodass Ressourcen zukünftig geschont werden können. Für die Umsetzung bedeutet das, den Rückbau von Anfang an mitzudenken, indem nach dem Prinzip Design for Disassembly geplant wird.

2.2

Ökologische Potenziale der Wiederverwendung

Mit der Wiederverwendung – insbesondere von tragenden Bauteilen – können drei zentrale ökologische Potenziale assoziiert werden: die Reduktion des globalen Ressourcenverbrauchs und Abfallaufkommens, die Minimierung des Energieverbrauchs und die Einsparung von Treibhausgasemissionen (THG).

Mit einem Anteil von 38 % am nationalen Rohstoffkonsum trägt die Bauindustrie als einer der größten globalen Ressourcenverbraucher erheblich zum Abbau und zur Überbeanspruchung regenerativer Ressourcen bei [4].

Die Wiederverwendung von Bauteilen verringert den Bedarf, neue Ressourcen zu gewinnen bzw. neue Baumaterialien herzustellen, und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Ressourcenschonung. Gleichermaßen bedeutet die Wieder- bzw. Weiterverwendung ein geringeres Abfallaufkommen.

Die Herstellung neuer Baustoffe ist oftmals mit einem hohen Energieaufwand verbunden, der – solange fossile Energiequellen genutzt werden – signifikante CO2-Emissionen zur Folge hat. Zusätzlich entstehen insbesondere

Bild 2

Visualisierung des Projekts SMH (Quelle: haascookzemmrich) Visualization of the project SMH

bei der Herstellung von Zement, Stahl oder Glas große Mengen an prozessbedingten THG-Emissionen [3].

Durch die Wiederverwendung von Materialien und Bauteilen entfällt dieser Prozess und das Treibhauspotenzial (engl. Global Warming Potential, GWP) wird drastisch reduziert.

Berücksichtigt man nun – ergänzend zum Anteil der Herstellungsemissionen am GWP –, dass die Tragkonstruktion eines Gebäudes für einen Großteil der konstruktionsbedingten Emissionen verantwortlich ist [5], ergibt sich für die Wiederverwendung tragender Bauteile (Pre-UseAnsatz) ein enormes Einsparungspotenzial von THGEmissionen und Ressourcen. Das in Abschnitt 3 beschriebene Praxisbeispiel zeigt, wie dieser Ansatz bereits heute angewandt wird.

3

Re-Use von tragenden Bauteilen in der Praxis

3.1

Wiederverwendung von Stahlprofilen aus dem Treppenturm eines ehemaligen Parkhauses

Im Zentrum von Stuttgart entsteht derzeit ein von haascookzemmrich geplantes Smart-Mobility-Hub (SMH), das neben Pkw-Parkmöglichkeiten, Fahrradstellplätzen, Carsharing-Angeboten und Platz für Ladeinfrastrukturen auch Geschosse für Büro- und weitere flexible Nutzungen vorsieht (Bild 2).

Im Zuge des Planungsprozesses wurde vor dem Abriss des alten Parkhauses die Eignung einer Wiederverwendung von Bauteilen aus dem Bestand geprüft. Die Stahlkonstruktion des Aufzugs- und Treppenturms, der zur Erschließung des Bestandsparkhauses an der Westseite im Jahr 1999 ergänzt wurde, zeigte großes Wiederverwendungspotenzial (Bild 3). Während für das monolithische Stahlbetontragwerk des Parkhauses der Abriss feststand, wurden die fünf Hauptstützen (Rundhohlprofile 244,5 × 11) des Aufzugsturms als Stützen für das neu entstehende Solardach des Holzparkhauses eingeplant.

Neben den Hauptstützen konnte für weitere Stahlprofile des Treppenturms ein hohes Wiederverwendungspotenzial festgestellt werden. Die 12 m langen IPE-Profile, die

Bild 3

Treppenhausturm des Bestandsparkhauses (Quelle: knippershelbig) Stairwell tower of the existing parking garage

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BERICHT REPORT

J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Re-use of structural elements

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J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Wiederverwendung im Tragwerk Tab. 1

Projektdaten der Neubauprojekte mit Re-Use-Bauteilen Project data of the new construction projects with re-use components

Projekte

Smart Mobility Hub (SMH)

Kinder- und Jugendhaus Regenbogenwald (REG)

Standort

Stuttgart

Darmstadt

Planungsbeginn

2021

2024

Fertigstellung

2026

2027

Auftraggebende

E. Breuninger GmbH & Co.

Eigenbetrieb Immobilienmanagement Darmstadt

Architektur

haascookzemmrich

blrm Architekt*innen

Tragwerksplanung

knippershelbig GmbH

knippershelbig GmbH

Abbruch

AWR Abbruch GmbH

AWR Abbruch GmbH

als innenliegende Fassadenpfosten für die umlaufende Verglasung des Treppenturms gedient hatten, wiesen durch den Witterungsschutz der Fassade einen sichtbar guten Zustand der feuerverzinkten Oberfläche auf. Der Bauteilfund der weiteren Stahlträger im ehemaligen Aufzugsturm fiel mit dem Projektstart für das Kinder- und Jugendhaus Regenbogenwald in Darmstadt (REG), das ebenfalls von knippershelbig geplant wird, zusammen (Bild 4) (Tab. 1).

Nach dem Entwurf von blauraum Architekt*innen soll ein modularer, dreigeschossiger Bau mit kleinem Tragwerksraster von ca. 4,0 m entstehen. Die Fassade ist als Holzrahmenbaufassade geplant, in die recyceltes Fassadenmaterial eingesetzt werden soll. Die Tragstruktur soll möglichst aus wiedergewonnenen Bauteilen bestehen, wofür frühzeitig Suchprofile angelegt wurden. Das Konzept des Neubaus setzt zudem auf reversible Konstruktionsprinzipien nach dem Post-Use-Ansatz, um eine sortenreine Trennung der Bauteile bei einem zukünftigen Rückbau zu gewährleisten. Die zirkuläre Herangehensweise erfordert eine fortlaufende Anpassung der Tragwerkskonzepte und Konstruktionsprinzipien, um die gefundenen Materialien optimal einzusetzen (Abschnitt 2.1).

3.2

Traglasten der Profile erarbeitet. Das Wiederverwendungspotenzial konnte nur anhand eines vorliegenden Stahlbauplans und der Inaugenscheinnahme auf der Abbruchbaustelle abgeschätzt werden. Zugute kamen der Planung die Ergebnisse eines parallel laufenden Forschungsvorhabens des KIT und der TUM, in dessen Rahmen ein Leitfaden zur Erlangung einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE) für wiederverwendete Stahl- und Holzbauteile entwickelt wurde [6]. So konnte anhand der bekannten Bauwerksdaten die zunächst konservative Annahme der Mindeststahlgüte S235 erfolgen und eine Vorentwurfsvariante gewählt werden, die den Einsatz der IPE-Profile als Nebenträger im Dachtragwerk vorsieht.

Bild 5 zeigt, welche Bauteile aus dem Treppenturm (Quellgebäude) entnommen wurden und wo diese – nach

Planung mit Re-Use-Bauteilen

Die Planung mit den Re-Use-Stahlprofilen erforderte ein iteratives Vorgehen. Für den Einsatz im Projekt REG wurden im Vorentwurf mögliche Einsatzorte der IPEProfile unter Berücksichtigung der abgemessenen Dimensionen, gewinnbaren Stablängen und vermuteten

Bild 5

Bild 4

Visualisierung des Projekts REG (Quelle: blrm Architekt*innen GmbH) Visualization of the project REG

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Re-Use-Prozess der tragenden Stahlbauteile aus dem Projekt SMH (Quelle: knippershelbig) Re-use process of structural steel components from the project SMH

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Bild 6

Rückbau- und Re-Use-Prozess der wiedergewonnenen Stahlprofile (Quelle: knippershelbig) Deconstruction and re-use process of the recovered steel profiles

Rückbau, Zuschnitt, Prüfung und Transport – in den beiden Zielgebäuden eingesetzt werden sollen.

3.3

Rückbau- und Re-Use-Prozess

Nachdem Entwurfsplanung und Abstimmungen zur zerstörungsfreien Demontage mit dem Rückbauunternehmen finalisiert wurden, erfolgte die Zuschnittsplanung der Stahlprofile (Bild 6, 1–2). Dabei mussten die Wirtschaftlichkeit der Demontage, die Gewährleistung der Standsicherheit beim Rückbau, mögliche Transportlängen sowie zusätzliche Toleranzen für Verschnitt und Bauteilbearbeitung bedacht werden. Anschließend wurden die Stahlprofile nummeriert und nach dem Rückbau mit Einschlagnummern versehen (Bild 6, 3–5), die eine für die ZiE notwendige Zuordnung der Bauteile zu einer Prüfeinheit ermöglichen. Schließlich wurden die IPEProfile auf ihre finale Länge zugeschnitten, nach einer Zwischenlagerung auf der Baustelle abtransportiert und bis zur Prüfung und Wiederverwendung in einer angemieteten Halle gelagert (Bild 6, 6–8).

Damit sich die Wiederverwendung nicht nur auf Pilotprojekte, wie sie hier vorgestellt wurden, beschränkt, müssen die aufgezeigten ökologischen Potenziale quantifizierbar gemacht und als fester Bestandteil in Nachhaltigkeitsbewertungen integriert werden.

4

Quantifizierbarkeit der ökologischen Potenziale der Wiederverwendung

4.1

Zirkularitätsbewertungen im Bauwesen

Am umfänglichsten lassen sich die ökologischen Potenziale der Wiederverwendung sowohl im Pre-Use- als auch im Post-Use-Szenario mit sog. Zirkularitätsbewertungen erfassen. Diese Bewertungsmethoden haben das Ziel, die Ressourceneffizienz von Bauprojekten zu quantifizieren, wobei oft nur die Kreislauffähigkeit nach dem Post-Use-Ansatz bewertet wird (Bild 7) [2].

Unter den im deutschsprachigen Raum angewandten Methoden, die neben dem Post-Use-Szenario auch die Wiederverwendung nach dem Pre-Use-Ansatz berücksichtigen, sind v. a. der Circularity Passport Buildings (CP) Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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BERICHT REPORT

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J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Wiederverwendung im Tragwerk

Bild 7

Zirkularitätsbewertungsmethoden nach Ebenen, Lebenszyklusphasen und Indikatoren (angelehnt an [7, 8]) (Quelle: Deutsche Gesellschaft Nachhaltiges Bauen – DGNB e. V., 2023) Circularity assessment methods by levels, life cycle phases and indicators (based on [7, 8])

von EPEA, der Circularity Performance Index (CPX) von Concular, der Madaster Circularity Indicator (MCI), der Urban Mining Index (UMI) sowie der 2024 veröffentlichte Zirkularitätsindex (DGNB ZI) der DGNB zu nennen.

Zur Bewertung der Kreislaufführung (Pre-Use) werden jeweils unterschiedliche Indikatoren betrachtet. Relevant sind v. a. die Materialherkunft, entstehende Bau-/Abbruchabfälle, Schadstoffbelastungen und das GWP. Zur Quantifizierung der Kreislauffähigkeit (Post-Use) werden in Abhängigkeit von der Methode die Indikatoren Materialverträglichkeit, Demontagefähigkeit, werkstoffliche Trennbarkeit, Materialverwertung und Wiedereinsetzbarkeit untersucht.

4.2

Wiederverwendung in der Ökobilanz

Die Ökobilanz ist im Bauwesen derzeit die zentrale Methode zur Quantifizierung ökologischer Auswirkungen von Gebäuden und Bauteilen und stellt die Grundlage der Nachhaltigkeitsbewertung von Bauwerken über den Lebenszyklus dar. Werden die Ergebnisse mit weiteren Varianten verglichen, kann auch die Emissionseffizienz bewertet werden. Die Ressourceneffizienz einer Trag34

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konstruktion durch Re-Use kann im Rahmen einer Ökobilanz teilweise abgebildet werden. Hierfür werden zwei mögliche Betrachtungsszenarien vorgestellt (Bild 8).

Bei der Erstellung von Ökobilanzen werden die Herstellungsemissionen der Tragkonstruktion einmalig für die gesamte Lebensdauer – i. d. R. 50 Jahre – angesetzt (Bild 8: Status quo). Eine Möglichkeit, das Wiederverwendungspotenzial (Post-Use) bereits in der ersten Lebensdauer zu berücksichtigen, könnte darin bestehen, die für die wiederverwendbare Konstruktion anfallenden Herstellungsemissionen zu halbieren und auf zwei Lebensdauern aufzuteilen (Bild 8: Betrachtungsszenario 1).

Das Betrachtungsszenario 2 sieht vor, für die erste Lebensdauer 100 % der Herstellungsemissionen anzusetzen.

Kommt es am Lebensende zu einer Wiederverwendung der Bauteile, müssen für diese in der Ökobilanz des neuen Bauvorhabens keine Herstellungsemissionen angesetzt werden.

Betrachtungsszenario 1 birgt allerdings die Gefahr der Ergebnisverfälschung. Wenn z. B. für die erste Lebensdauer einer Tragkonstruktion der Ansatz zur Halbierung des GWP gewählt wird, es aber am Lebensende des Gebäudes nicht zu einer Wiederverwendung kommt, wurde fälschlicherweise nur die Hälfte der entstandenen Emis-

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Bild 8

BERICHT REPORT

J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Re-use of structural elements

Betrachtungsszenarien, um die Emissionseinsparungen von Re-Use-Bauteilen in Ökobilanzen zu berücksichtigen (Quelle: knippershelbig) Possible scenarios for considering emission savings of re-use components in life cycle assessments

sionen angesetzt. Auch die Berücksichtigung beider Betrachtungsszenarien führt zu einer fehlerhaften Bilanz, wenn für die erste Lebensdauer nur die Hälfte der Herstellungsemissionen und für die zweite keine angesetzt werden.

4.2.1 Berücksichtigung der Kreislaufführung (Pre-UseSzenario) in der Ökobilanz Den Ansatz des zweiten Betrachtungsszenarios vertritt auch das Institut Bauen und Umwelt e. V. (IBU), das für die Verwendung von Re-Use-Produkten neue Bilanzierungsregeln für die Lebenszyklusmodule A1–A3 veröffentlicht hat [9]. Demzufolge gehen gebrauchte Bauteile zunächst lastenfrei in das Bilanzierungssystem ein. Zu erfassen sind statt der Herstellungsemissionen sämtliche neu entstehende Umweltwirkungen, die aus der Wiedergewinnung und Vorbereitung zur Wiederverwendung resultieren, darunter selektiver Rückbau, Transporte und Aufbereitungsprozesse. Im Zuge des Projekts REG wurde für die ca. 3,58 t der Re-Use-Stahlprofile das GWP (nach derzeitigem Kenntnisstand) ermittelt und dem GWP neuer Profile gegenübergestellt (Bild 9).

Die Ergebnisse der Ökobilanz (Summe A1–A3, C3, C4) zeigen, dass die Wiederverwendung von Stahlprofilen zu einer Reduktion des GWPs von ca. 94 % führt.

4.2.2 Berücksichtigung der Kreislauffähigkeit (Post-UseSzenario) in der Ökobilanz Das Wiederverwendungspotenzial (Post-Use-Ansatz) wird in Ökobilanzen anhand des Lebenszyklusmoduls D angegeben. Das Einsparpotenzial einer Tragkonstruktion ergibt sich aus den Recycling- bzw. Wiederverwendungspotenzialen der einzelnen Materialien. Dabei geht das Potenzial i. d. R. nicht direkt mit in die Bilanz ein, sondern wird separat ausgewiesen, denn eine Gewährleis-

Bild 9

Vergleich des GWP von neuen und Re-Use-Stahlprofilen für das Projekt REG (Quelle: knippershelbig anhand [10]) Comparison of the GWP of the reclaimed steel components with newly manufactured profiles for the REG project

tung, dass dieses Potenzial tatsächlich ausgeschöpft wird, kann durch die Planenden nicht erfolgen.

Der Grad der Zirkularität eines Bauvorhabens kann allerdings nicht allein anhand der Materialität erfasst werden, da die Wiederverwendbarkeit einer Konstruktion in erster Linie von der Fügung einzelner Komponenten im Bauteil und gesamten Gebäude abhängt. Deshalb ist die Ausweisung eines einzigen Werts für das Modul D unzureichend für die Abbildung der Kreislauffähigkeit.

Eine differenziertere Quantifizierung der Wiederverwendbarkeit eines Bauteils könnte die Ausschreibung verschiedener Entsorgungs- oder End-of-Life-Szenarien (EoL) in EPDs ermöglichen. So wird in der aktuellen EPD für Feuerverzinkte Baustähle bspw. zwischen den Szenarien 100 % Recycling, 100 % Wiederverwendung, 100 % Deponierung und dem europäischen Durchschnitt (88 % Recycling, 11 % Wiederverwendung, 1 % Deponierung) unterschieden [10]. Die Wahl des EoL-Szenarios Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Wiederverwendung im Tragwerk Tab. 2

Auswirkung unterschiedlicher EoL-Szenarien auf das konstruktionsbedingte GWP von Stahlbauteilen (verwendete Werte aus [10]) (Quelle: knippershelbig) Impact of different EoL-scenarios on the design-related GWP of steel components

EoL-Szenarien

Prozentuale Verteilung

Ergebnisse für REG

C3, C4

C3, C4

D

D Recycling

Re-Use

[t CO2e]

[t CO2e]

Szenario 0: (100 % Recycling)

0%

100 %

0%

0,085

0,741

Szenario 1: (100 % Wiederverwendung)

0%

0%

100 %

0,085

–2,811

Szenario 2: (100 % Deponierung/Verlust)

100 %

0%

0%

0,136

6,911

Szenario 3: (europäischer Ø: 88 % Recycling, 11 % Wiederverwendung, 1 % Verlust)

1%

88 %

11 %

0,086

0,412

hat nicht nur Auswirkungen auf das Modul D, sondern auch auf die Module C3 und C4. In Tab. 2 sind die EoLSzenarien einschließlich der prozentualen Verteilungen in den Modulen C3, C4 und D dargestellt.

Beim Projekt REG wurde das konstruktionsbedingte GWP für den ersten Einsatz der Re-Use-Profile unter Berücksichtigung der verschiedenen EoL-Szenarien ermittelt (Bild 10). Die Herstellungsemissionen, die im Jahr 1999 angefallen sind, sind für alle EoL-Szenarien identisch. Auch die GWP-Werte der Module C3, C4 variieren nur geringfügig. Wird jedoch Modul D ebenfalls berücksichtigt, ergeben sich für das Gesamt-GWP erhebliche Differenzen: Im EoL-Szenario 1 weist Re-Use-Stahl ein GWP von lediglich 0,01 t CO2e (ca. 1 % des GWPs von EoL-Szenario 3) auf.

Die Wahl des EoL-Szenarios für Bauvorhaben muss bei den Planenden selbst liegen. Dazu ist ein Verständnis erforderlich, unter welchen Voraussetzungen die jeweiligen Szenarien angenommen werden können. Beispielsweise kann das EoL-Szenario 2 nur gewählt werden, wenn die Bauteile der Tragkonstruktion nach ihrem ersten Einsatz

zerstörungsarm getrennt und ausgebaut werden können.

Dabei können Planende die Wiederverwendbarkeit durch den Entwurf von rückbaubaren Verbindungen, Demontagekonzepten und die Bereitstellung von 3D-Gebäudemodellen mit Material- und Bauteildaten positiv beeinflussen.

Die Berücksichtigung konstruktionsbedingter EoL-Szenarien birgt das Potenzial, die Kreislauffähigkeit (PostUse) einer Tragkonstruktion bereits in der CO2-Bilanz des ersten Lebenswegs abzubilden. Da das Eintreten des gewählten EoL-Szenarios aber nicht garantiert werden kann, sollten die daraus resultierenden Potenziale stets separat ausgewiesen werden. Dazu müssten die Einsparungen von C3 und C4 mit Modul D verrechnet werden, sodass nur das Einsparpotenzial als flexibler – vom EoLSzenario abhängiger – Wert ausgegeben wird. Dies würde die Fehleranfälligkeit bei der Integration von Re-UseBauteilen in der Ökobilanz verringern.

5

Schlussfolgerungen

Zum Einsatz wiedergewonnener Bauteile in Tragwerken existieren in Deutschland bislang kaum Erfahrungswerte.

Das liegt an den zahlreichen Herausforderungen, die mit der Anwendung des Pre-Use-Ansatzes einhergehen. So gilt es finanzielle, regulatorische bzw. rechtliche Hürden zu überwinden. Die Anpassung des linearen Planungsprozesses an einen zirkulären sowie die Schaffung eines Markts für kreislauffähige Produkte (Angebot/Datenbanken/Verfügbarkeit) sind weitere notwendige Voraussetzungen, damit aus den hier beschriebenen Pilotprojekten bewährte Praxis wird.

Bild 10 GWP-Ermittlung verzinkter IPE-Profile aus dem Treppenturm für unterschiedliche EoL-Szenarien (Quelle: knippershelbig anhand [10]) GWP determination of galvanized IPE profiles from the stairwell tower for different EoL-scenarios

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Der vorliegende Beitrag zeigt, dass eine Quantifizierung des Materialverbrauchs und der Ressourceneffizienz mit der Methode der Ökobilanz nur bedingt erfolgen kann.

Für eine fundierte Bewertung muss die Zirkularität – auch im Rahmen von Zertifizierungen – stärker integriert werden. Denn die Ökobilanzierung allein genügt nicht, um die ökologischen Mehrwerte der Wiederverwendung umfassend abzubilden. Lediglich bei der Pre-Use-Be-

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trachtung wird sich perspektivisch – bei einer steigenden CO2-Bepreisung oder einem verpflichtenden CO2-Schattenpreis – die Ökobilanz zur Erfassung der Emissionseffizienz von Re-Use-Bauteilen auch in geringen Materialkosten niederschlagen. Die Post-Use-Betrachtung erfordert allerdings Ansätze zur Bewertung der Zirkularität,

die u. a. auch die Trennbarkeit berücksichtigen. Erst durch diese umfassendere Perspektive lassen sich die Potenziale von Re-Use sowohl ökologisch als auch ökonomisch ausschöpfen. Ein Umdenken in der Bewertungspraxis ist daher unerlässlich, um nachhaltige Bauweisen voranzutreiben.

BERICHT REPORT

J. Nowak, C. Kummert, M. Oppe: Re-use of structural elements

Literatur [1] Kummert, C. (2024) Wiederverwendung von gebrauchten tragenden Bauteilen. Potenziale, Hürden und die Umsetzbarkeit des pre-use-Ansatzes. Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, Rottenburg am Neckar.

[2] DGNB (2024) Qualitätsstandard für Zirkularitätsindizes für Bauwerke. Grundlegendes Qualitätsverständnis und DGNB Zirkularitätsindex Version 1.0. Stuttgart: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

[3] LUBW (2024) Zirkuläres Bauen erfolgreich umsetzen. Ein praxisnaher Leitfaden für Entscheidungstragende, Bauverantwortliche und Planende. Karlsruhe: Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg.

[4] UBA (2022) Die Nutzung natürlicher Ressourcen. Ressourcenbericht für Deutschland 2022. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt.

[5] London Energy Transformation Initiative (LETI) (2020) LETI Climate Emergency Design Guide. How new buildings can meet UK climate change targets. January 2020 ed.

[6] Müller, M. (2024) Wiederverwendung von Stahlbauteilen.

Stahlbauforum 2024. KIT Stahl- und Leichtbau, Karslsruhe, 11. März 2024.

[7] Hildebrandt, L. et al. (2023) Circularity Score – Entwicklung einer Ex-ante-Methode zur Bewertung von Kreislaufschließung.

RWTH Aachen.

[8] Theißen, S. (2024) Entwicklung einer multi-kriteriellen Methode zur zusammenhängenden Bewertung von materialgebundenen Umweltauswirkungen, Zirkularität und Schadstoffen raumlufttechnischer Anlagen im Rahmen digitaler Gebäuderessourcenpässe [Dissertation]. Institut für das Management digitaler Prozesse in der Bau- und Immobilienwirtschaft (BIM Institut), Bergische Universität Wuppertal.

[9] IBU (2023) Kreislaufwirtschaft wird durch neue Ökobilanzregeln für Re-Use-Produkte greifbar gemacht. Berlin: Institut Bauen und Umwelt e. V. [10] IBU (2024) Umweltproduktdeklaration. Feuerverzinkte Baustähle: Stahlprofile und Stabstählebauforumstahl e. V. & Institut Feuerverzinken GmbH. Deklarationsnummer: EPD-BFS20240011-IBG1-DE. Berlin: Institut Bauen und Umwelt e. V.

Autor:innen Jana Nowak, M.Sc. j.nowak@knippershelbig.com knippershelbig GmbH Tübinger Straße 12–16 70178 Stuttgart

Dr.-Ing. Matthias Oppe m.oppe@knippershelbig.com knippershelbig GmbH Tübinger Straße 12–16 70178 Stuttgart

Clea Kummert, M.Sc. (Korrespondenzautor:in) c.kummert@knippershelbig.com knippershelbig GmbH Tübinger Straße 12–16 70178 Stuttgart

Zitieren Sie diesen Beitrag Nowak, J.; Kummert, C.; Oppe, M. (2025) Wiederverwendung im Tragwerk – Ökologische Potenziale von Re-Use quantifizieren.

Bautechnik 102, H. 1, S. 30–37. https://doi.org/10.1002/bate.202400094

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

Wiley VCH 2501 / 387358

Dienstag, 17.12.2024 [S. 37/37]

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DOI: 10.1002/bate.202400087

BERICHT

Jasper Maatz, Michaela Lambertz

Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl Der Bausektor ist Deutschlands ressourcenintensivster Wirtschaftszweig, obwohl in der Effizienz des Gebäudebetriebs große Fortschritte erzielt werden. Effizienzgewinne werden jedoch häufig durch Reboundeffekte in der Gebäudenutzung ausgeglichen. Konstruktionsweisen und Materialien gewinnen bei im Betrieb energieeffizienten Gebäuden zunehmend an Bedeutung. Nachhaltigkeitsstrategien wie Suffizienz und Konsistenz bleiben oft unbeachtet. Das DGNB-Zertifizierungssystem unterstützt die gleichberechtigte Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien, setzt aber ein klares Aufgabenverständnis und definierte Zuständigkeiten voraus. Zentrale Kriterien sind Ressourceneffizienz, Zirkularität und Schadstofffreiheit. Maßnahmen wie der Einsatz biobasierter oder recycelter Baustoffe und Rückbaubarkeit senken Umweltauswirkungen und Lebenszykluskosten. Digitale Tools und Gebäuderessourcenpässe fördern Transparenz und Wiederverwendbarkeit. Das DGNB-System berücksichtigt, dass Suffizienz und Konsistenz Schlüsselprinzipien des nachhaltigen Bauens sind. Eine teamorientierte Arbeitsweise mit Unterstützung von digitalen Tools erleichtert die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten und maximiert deren Potenzial.

Project-accompanying strategies for sustainable material selection The construction sector is Germany’s most resource-intensive economic sector, despite significant progress in building operation efficiency. However, efficiency gains are often offset by rebound effects in building usage. Construction methods and materials are becoming increasingly important in energyefficient buildings during operation. Sustainability strategies such as sufficiency and consistency often remain overlooked.

The DGNB certification system supports the equitable implementation of sustainability strategies but requires a clear understanding of tasks and defined responsibilities. Central criteria include resource efficiency, circularity, and freedom from pollutants. Measures such as the use of bio-based or recycled construction materials and the ability to deconstruct buildings reduce environmental impacts and lifecycle costs.

Digital tools and building resource passports enhance transparency and reusability. The DGNB system recognizes that sufficiency and consistency are key principles of sustainable construction. A team-oriented approach supported by digital tools facilitates the integration of sustainability aspects and maximizes their potential.

Stichworte Nachhaltigkeit; DGNB-Zertifizierung; Suffizienz; Konsistenz; zirkuläres Bauen; Nachhaltigkeitsstrategien

Keywords sustainability; DGNB-certification; sufficiency; consistency; circular construction; sustainability strategy

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halbiert, die Wohnfläche pro Kopf hat sich allerdings fast verdreifacht und die Komfortansprüche sind gestiegen [4]. Dies ist u. a. auf den sog. Reboundeffekt zurückzuführen, der beschreibt, dass Effizienzeinsparungen durch Mehrverbräuche wieder aufgezehrt werden [5].

Neben Effizienzmaßnahmen (z. B. Dämmen) und Konsistenzmaßnahmen (wie Nutzung erneuerbarer Energien) müssen wir zur Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele auch Suffizienzstrategien verfolgen: Erst durch die Reduzierung des individuellen Flächenverbrauchs können die Effekte aus Effizienzgewinnen zum Tragen kommen.

Die Suffizienzstrategie basiert auf dem Prinzip „Weniger ist mehr“, mit dem Ziel, den Ressourcenverbrauch zu hinterfragen und durch reduzierten Konsum zu minimieren.

Bedeutung der Materialwahl

Der Bausektor hat einen erheblichen Einfluss auf die Belastung unserer Umwelt und ist für 37 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich [1]. Mehr als die Hälfte des deutschen Abfallaufkommens sind Bau- und Abbruchabfälle [2]. Gleichzeitig entfallen 41 % der in Deutschland eingesetzten Rohstoffe auf den Bausektor, der damit der ressourcenintensivste Wirtschaftszweig ist [3]. Um der damit verbundenen Verantwortung gerecht zu werden, wurden bisher v. a. Maßnahmen für einen energieeffizienten Gebäudebetrieb forciert. Heute lassen sich Gebäude bauen, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen – sog. Plusenergiehäuser. Dämmungen sind effizienter, Verglasungen dämmen besser, die Gebäudehülle ist dichter und Techniken zur regenerativen Energieerzeugung sind etabliert.

Dennoch liegt bspw. der Raumwärmebedarf pro Kopf in Deutschland auf einem ähnlichen Niveau wie 1970 (Bild 1). Zwar hat sich der flächenbezogene Raumwärmebedarf in Deutschland in diesem Zeitraum mehr als 38

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Zur ganzheitlichen Bewertung der Umweltauswirkungen eines Gebäudes ist eine Lebenszyklusbetrachtung, auch Gebäude-Ökobilanz genannt, erforderlich. Bereits vor der Errichtung entstehen sog. graue Emissionen – dies sind bspw. materialgebundene CO2-Emissionen, die bei der Herstellung und dem Transport der verwendeten Ma-

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Bild 1

Entwicklung des Raumwärmebedarfs in Deutschland (Quelle: Wuppertal Institut) Development of space heating demand in Germany

terialien sowie während der Nutzungsdauer, etwa durch den Austausch, das Recycling oder die Entsorgung von Baustoffen, freigesetzt werden. Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) entfällt bei zertifizierten Gebäuden der letzten zehn Jahre im Durchschnitt rd. ein Drittel aller äquivalenten CO2-Emissionen auf die Konstruktion (Bild 2).

Bei besonders energieeffizienten Gebäuden liegt dieser Anteil sogar bei 50 % – mit steigender Tendenz [6]. Dies verdeutlicht die Relevanz, die Baukonstruktion in den Fokus zu nehmen. Und dies in Bezug auf Materialart, Materialmenge und Fügetechnik. Das Potenzial von Effizienz- und Konsistenzstrategie, die darauf abzielt, Emissionen durch klimaschonende Konstruktionen, materialeffiziente Bauweisen und die Förderung von Kreislauffähigkeit zu reduzieren, ist hier weniger ausgeschöpft.

Nach dem Prinzip „Im Einklang mit der Natur“ setzt die Konsistenzstrategie auf Materialien und Technologien,

Bild 2

die über ihren Lebenszyklus hinweg geringere Umweltbelastungen verursachen.

Die ökologische Herausforderung besteht also darin, Gebäude zu entwickeln, die im Betrieb klimaneutral oder klimapositiv sind und dabei möglichst geringe graue Emissionen, also materialgebundene Emissionen verursachen. Dazu müssen Suffizienz, Effizienz und Konsistenz gleichermaßen berücksichtigt werden (Bild 3).

Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme können hier Orientierung bieten und als Planungs- und Optimierungstools unterstützen. Das DGNB-System berücksichtigt die unterschiedlichen Nachhaltigkeitsdimensionen und -strategien gleichermaßen. Der DGNB-Report Bauprodukte im Fokus der Nachhaltigkeit (2022) zeigt, dass bis zu 55 % der Gesamtpunktzahl einer DGNB-Neubauzertifizierung (Version 2018) durch die Materialwahl beein-

Anteil CO2e in Konstruktion und Betrieb zertifizierter DGNB-Projekte seit 2009 (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an DGNB) Share of CO2e in construction and operation of certified DGNB projects since 2009

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BERICHT REPORT

J. Maatz, M. Lambertz: Project-accompanying strategies for sustainable material selection

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J. Maatz, M. Lambertz: Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl

und ergänzt sie um sog. Querschnittsqualitäten: Technik-, Prozess- und Standortqualität (Bild 5).

Bild 3

Übersicht über die verschiedenen Nachhaltigkeitsstrategien (Quelle: BAUES WUNDER) Overview of the various sustainability strategies

flusst werden können [7]. Die frühzeitige Integration von Nachhaltigkeitsanforderungen bei der Wahl der Materialien birgt ein großes Potenzial, stellt Projektbeteiligte jedoch auch vor Herausforderungen: Sie müssen komplexe Nachhaltigkeitskriterien sinnvoll in ihre Entscheidungen integrieren und dabei eine Balance zu wirtschaftlichen, funktionalen und gestalterischen Anforderungen finden.

Im Folgenden werden Potenzial und Herausforderungen einer frühzeitigen Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsanforderungen bei der Materialauswahl im DGNB-Zertifizierungsprozess untersucht. Analysiert wird die Bedeutung der Materialwahl auf Basis des aktuellen DGNBSystems in der Version 2023 für Büro- und Verwaltungsneubauten. Der Fokus liegt auf Kriterien, die im Rahmen von Suffizienz- und Konsistenzstrategien von besonderer Bedeutung sind und durch die die Wahl der Materialien direkt beeinflusst wird (Bild 4). Kriterien, die nur indirekt durch das Material beeinflussbar sind – wie etwa die Reduktion des Wasserverbrauchs durch wassersparende Armaturen –, bleiben unberücksichtigt.

2

Materialbezogene Nachhaltigkeitsanforderungen am Beispiel ausgewählter DGNB-Kriterien

2.1

DGNB-Systematik

Es gehört zu den wenigen Green-Building-Labeln, das alle Nachhaltigkeitsdimensionen gleichgewichtig bewertet. Mit einem Marktanteil von über 80 % im Neubaubereich ist DGNB das meistgenutzte Zertifizierungssystem in Deutschland. Für die Bewertung werden die Qualitäten anhand verschiedener Kriterien bewertet. Konkrete Indikatoren machen die Erfüllung der Kriterien messbar.

Diverse Mindestanforderungen gewährleisten, dass insbesondere ökologische Mindeststandards eingehalten und im Sinne einer starken Nachhaltigkeit nicht zugunsten ökonomischer Interessen aufgeweicht werden [8].

2.2

Ökologie

Ziel des ersten DGNB-Kriteriums ENV 1.1 – Klimaschutz und Energie ist es, die Umweltauswirkungen im Gebäudelebenszyklus durch Ökobilanzen (Lifecycle Assessment, LCA) zu erfassen und durch Variantenvergleiche zu optimieren. Neben dem Energiebedarf im Betrieb (Heizen, Kühlen, Belüften, Beleuchten) sind insbesondere die Wahl der Materialien, die Konstruktionsmethoden und die Materialmenge entscheidend für das Bilanzergebnis.

Bereits in frühen Planungsphasen sollten Variantenvergleiche von Bauteilen, Bauweisen sowie Logistik- und Baustellenprozessen mithilfe von Ökobilanzen durchgeführt werden. In der Ausführungsplanung wird das vollständige Ökobilanzmodell des Gebäudes erstellt und in der Ausführung schließlich fortgeschrieben und finalisiert. Dafür sind frühzeitig Informationen über Bauteilaufbauten, Materialarten und -mengen sowie ggf. materialspezifische Umweltdaten, wie Umweltproduktdeklarationen (EPDs), erforderlich.

Nachhaltigkeit wird oft primär ökologisch verstanden, jedoch umfasst die gängige Definition die gleichwertige Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Dimensionen. Das DGNB-System folgt dieser Definition

Bild 4

40

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Auswahl materialbezogener Kriterien im DGNB-System (Quelle: BAUES WUNDER) Selection of material-related criteria in the DGNB system

Bild 5

Gewichtung der Qualitäten im DGNB-System V23 (Quelle: DGNB) Weighting of qualities in the DGNB system V23

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In der Regel übernimmt die auditierende Person, mit Unterstützung der Objektplanung und der Bauphysik, die Durchführung der LCA. Während der Ausführung stellen die Ausführenden spezifische EPDs zur Verfügung.

Wirksame Maßnahmen zur Minimierung der Umweltauswirkungen sind die Reduktion der Materialmengen (Effizienz, Suffizienz) und der Einsatz von CO2-reduzierten (Sekundär-)Rohstoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft (Konsistenz). Biobasierte Baustoffe wie Holz, Hanf oder Lehm, die in natürlichen Kreisläufen verbleiben und geringe Umweltbelastungen aufweisen, tragen ebenfalls zur Verbesserung der Ökobilanz bei. Weitere wirksame Maßnahmen umfassen den Bau von Lowtech-Gebäuden mit reduzierter technischer Ausstattung, die Wahl langlebiger Materialien und die Kombination von Baustoffen mit ähnlicher Lebensdauer.

Das DGNB-Kriterium ENV 1.2 – Risiken für die lokale Umwelt zielt auf die Minimierung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken ab. Ziel ist der Verzicht auf Risikostoffe und die Auswahl umweltfreundlicher Alternativen, die nicht nur die Raumluftqualität verbessern, sondern auch das Risiko teurer Sanierungen im späteren Lebenszyklus reduzieren.

Bereits in der Planungsphase können zirkuläre Konstruktionen die Voraussetzung für eine bessere Raumluftqualität schaffen, insbesondere durch den Verzicht auf unlösbare Verbindungen mit Klebstoffen oder Montageschäumen, die das Risiko einer Beeinträchtigung der Innenraumluftqualität erhöhen. Zudem fördert eine suffiziente Materialwahl die Minimierung potenzieller Schadstoffquellen. In den LPH 6, 7 gilt es, die Materialanforderungen an das Material-Controlling und an die Materialdokumentation in die Ausschreibungen zu integrieren (Abschnitt 2.6). In der LPH 8 ist der zur Ausschreibung konforme Materialeinsatz zu überwachen und zu dokumentieren. Hierzu sind insbesondere Schulungen der ausführenden (General-)Unternehmen jeweils vor Ausführungsbeginn notwendig. Entscheidend für den Zertifizierungsprozess ist die Qualität der Zuarbeit durch die ausführenden Unternehmen, da umfangreiche Informationen über die Materialzusammensetzung dokumentiert werden. Dazu gehören u. a. Bauteilaufbauten, der VOC-Gehalt (flüchtige organische Verbindungen), der SVHC-Gehalt (besonders besorgniserregende Stoffe) und weitere Inhaltsstoffe. Diese Daten stammen bspw. aus Sicherheitsdatenblättern, EPDs oder Herstellererklärungen und werden im materialökologischen Bauteilkatalog erfasst. Der Bauteilkatalog liefert zudem wichtige Informationen für die Qualitätssicherung, Mängelbehebung und kostenoptimierte Wartung.

Neben den Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit sind auch die Herkunft der Rohstoffe und die Produktionsmethoden, also die Lieferketten, zu berücksichtigen.

Daher wird der Einsatz von nachhaltig gewonnenen Rohstoffen oder Sekundärrohstoffen durch das Kriterium ENV 1.3 – Verantwortungsvolle Ressourcengewinnung

gefördert. Die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards vermeidet Risiken wie illegale und ausbeuterische Rohstoffgewinnung und den Einsatz toxischer Substanzen. Produktlabels (z. B. FSC, PEFC) können diese versteckten Aspekte für den Endverbraucher sichtbar machen und Qualitätsstandards etablieren.

In der Planungsphase sind Ziele für die Lieferketten und Mindestanforderungen zu definieren: Rohstoffe dürfen nicht illegal abgebaut werden und müssen zu 100 % frei von Kinder- und Zwangsarbeit sein. Holzprodukte müssen zu mindestens 50 % aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Darüber hinaus honoriert das DGNB-Kriterium ENV 1.3 planerische Maßnahmen wie Ressourceneinsparung, Materialverzicht und den Einsatz von Sekundärrohstoffen. Die Menge und Qualität der verantwortungsvoll gewonnenen Primär- und Sekundärrohstoffe wird anhand von Zertifikaten und Herkunftsnachweisen geprüft. Auch diese Anforderungen sind in die Ausschreibung der Bauleistungen zu integrieren. Die Ausführenden werden üblicherweise von der auditierenden Person geschult und sind für die Umsetzung sowie die Bereitstellung der erforderlichen Nachweise und Zertifikate verantwortlich. Die auditierende Person kann auch hier die Bauleitung bei der Überwachung der Umsetzung und der Koordination der Nachweisführung unterstützen.

2.3

Ökonomie

Das Kriterium ECO 1.1 – Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus zielt darauf ab, die Gesamtwirtschaftlichkeit von Gebäuden mittels Lebenszykluskostenanalyse (LCC) zu quantifizieren und durch Variantenvergleiche zu optimieren. Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Bauvorhabens sind nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die Kosten über den Lebenszyklus entscheidend. Während die Anfangsinvestition oft nur etwa 20 % der Gesamt-Lebenszykluskosten ausmacht, haben insbesondere die Betriebskosten sowie die Kosten für Instandhaltung, Rückbau und Entsorgung einen erheblichen Einfluss auf die langfristige Rentabilität.

Frühzeitige Variantenvergleiche in den Leistungsphasen 2–4 ermöglichen fundierte wirtschaftliche Planungsentscheidungen. Ein suffizienter Materialeinsatz senkt langfristig Kosten durch reduzierten Wartungs- und Instandhaltungsaufwand. Der Einsatz recycelbarer Materialien mit langer Lebensdauer fördert die Werthaltigkeit und minimiert Folgekosten. Circular-Economy-Modelle, wie Produktleasing mit vertraglich vereinbarter Rücknahme durch den Hersteller, können zusätzliche Vorteile bieten. Im Rahmen der Ausführungsplanung wird das LCC-Modell (in den meisten Fällen durch die auditierende Person) erstellt. Es berücksichtigt nach Möglichkeit auch End-of-Life-Kosten wie Rückbau, Transport sowie Entsorgung oder Recycling der Materialien. In der Leistungsphase 8 sollten die Materialwerte in einem Gebäuderessourcenpass dokumentiert werden.

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J. Maatz, M. Lambertz: Project-accompanying strategies for sustainable material selection

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J. Maatz, M. Lambertz: Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl

2.4

Soziales

Während im Kriterium ENV 1.2 die Grundlage durch die Auswahl emissionsarmer und schadstofffreier Materialien geschaffen wird, bewertet das Kriterium SOC 1.2 – Innenraumluftqualität die tatsächliche Luftqualität nach Fertigstellung des Gebäudes. Angesichts der Tatsache, dass in den Industrieländern die Menschen 90 % ihrer Zeit in Innenräumen verbringen, hat die Innenraumluftqualität einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Nutzerinnen und Nutzer [7]. Zur Bewertung werden die TVOC-Konzentration und der Formaldehydgehalt in der Innenraumluft gemessen. Eine Überschreitung der festgelegten Grenzwerte schließt eine Zertifizierung aus und stellt somit eine Mindestanforderung für eine DGNBZertifizierung dar.

Die Voraussetzungen für die Einhaltung der Mindestanforderungen an die Innenraumluftqualität werden bereits in der Planungsphase geschaffen: Ein reduzierter Materialeinsatz minimiert potenzielle Schadstoffquellen, während langlebige, recycelbare Materialien und lösbare Verbindungen dazu beitragen, die VOC-Emissionen zu verringern. Die Wahl emissionsarmer Oberflächenmaterialien, Bodenbeläge und Farben hat einen entscheidenden Einfluss auf die Innenraumluftqualität.

Die Raumluftmessungen sollten innerhalb von vier Wochen nach Fertigstellung durch ein akkreditiertes Messinstitut durchgeführt und frühzeitig vom Bauherrn beauftragt werden. Vor der Messung ist eine normgemäße Belüftung sicherzustellen und eine Beeinflussung der Ergebnisse durch Reinigungsoder Pflegemittel auszuschließen.

2.5

Technik

Das Kriterium TEC 1.6 – Zirkuläres Bauen fördert Planungs- und Bauprozesse, die den Prinzipien der Kreislauffähigkeit folgen, sodass Gebäude nach ihrer Nutzungsphase als Rohstofflager genutzt werden können (Bild 6). Durch den Einsatz recyclingfähiger Materialien, rückbaufreundlicher Konstruktionen und wiederverwendbarer Bauteile werden Ressourcen geschont und der ökologische Fußabdruck reduziert.

In den frühen Projektphasen werden zunächst Standortund Bestandsanalysen durchgeführt und ggf. (Teil-) Rückbaumaßnahmen geprüft. Positiv bewertet werden insbesondere die Nutzung lokaler Ressourcen, Rückbauanalysen unter Berücksichtigung von Gefahrstoffen sowie die Wiederverwendung rückgebauter Materialien.

Standortanalysen und Materialkataster ermöglichen es, verfügbare Sekundärmaterialien frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Dabei sollte die Planung v. a. monomaterielle Bauteilkonstruktionen und den Einsatz lösbarer Verbindungen berücksichtigen. In der LPH 8 wird die Zirkularität des Gebäudes abschließend gemäß DGNB42

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Bild 6

Darstellung eines zirkulären Gebäudelebenszyklus (Quelle: BAUES WUNDER) Representation of a circular building life cycle

Vorgaben bewertet und dokumentiert. Dies umfasst Angaben zu Materialarten, -mengen, Bauteilaufbauten, Konstruktionsarten und Recyclingfähigkeit. Diese Daten sollten bereits im ökobilanziellen Bauteilkatalog enthalten sein (DGNB-Kriterium ENV 1.1). Langlebigkeit, Wartungsbedarf, Umweltwirkungen sowie Nachhaltigkeitszertifikate (z. B. FSC, PEFC, C2C) werden i. d. R. von den ausführenden Unternehmen oder dem Generalunternehmer nachgewiesen. Hier ergeben sich Synergien mit den Kriterien ENV 1.2, ENV 1.3. Üblicherweise werden diese Informationen von der auditierenden Person konsolidiert und die Kreislauffähigkeit bewertet. Zudem wird positiv bewertet, wenn die Zirkularität im Gebäuderessourcenpass quantifiziert sowie der Zirkularitätsindex berechnet wird (z. B. Urban-Mining-Index). Der Gebäuderessourcenpass kann bspw. anhand der DGNB-Vorlage oder auch von externen Anbietern wie Madaster oder Concular erstellt werden.

2.6

Prozess

Das Kriterium PRO 1.4 – Sicherung von Nachhaltigkeitsaspekten in Ausschreibung und Vergabe fördert die Integration von gewerkespezifischen Anforderungen auf der Ebene einzelner Leistungspositionen. Um Nachhaltigkeitsziele im Bauprozess zu verankern, müssen diese Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen definiert und bei der Vergabe berücksichtigt werden.

Die auditierende Person kann bei Ausschreibung und Vergabe unterstützen, dass die Anforderungen an Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit (z. B. Zertifikate, Ausschluss von Gefahrstoffen etc.) in die Ausschreibung integriert werden. Technische Standards wie Dauerhaftigkeit, Wartungsfreundlichkeit und Rückbaufähigkeit sind zu definieren, ohne dabei Recyclingmaterialien auszuschließen. Bild 7 zeigt in einer Übersicht, wann im Projektverlauf die dargestellten materialbezogenen DGNBKriterien besonders zu beachten sind.

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Bild 7

Bedeutung materialbezogener DGNB-Kriterien im Projektverlauf (Quelle: BAUES WUNDER) Importance of material-related DGNB criteria throughout the project phases

3

Fazit

Im DGNB-System wird die Effizienzstrategie v. a. durch energieoptimierte Bauweisen und Gebäudetechnologien realisiert, die Umweltbelastungen und Kosten nachhaltig senken. Konsistenz wird durch die Verwendung schadstofffreier, recyclingfähiger Baustoffe und den Einsatz erneuerbarer Energien gefördert. Gleichzeitig stärkt das DGNB-System die Suffizienzstrategie, indem es Materialverzicht, -reduktion sowie flächensparende und flexibel nutzbare Gebäudestrukturen fördert. Die untersuchten Kriterien zeigen, dass Konsistenz und Suffizienz im Projektverlauf wesentliche Prinzipien des nachhaltigen Bauens darstellen. Dies wird durch die Gewichtung der untersuchten Kriterien von insgesamt 36,9 % in der DGNBBewertung für Büroneubauten (Version 2023) bestätigt (Bild 8) [9].

Die Anwendung von Ökobilanzen ermöglicht es, die Umweltauswirkungen eines Gebäudes über seinen Lebenszyklus zu bewerten und gezielt zu reduzieren. So können etwa CO2-Emissionen durch den Einsatz von CO2-reduzierten Materialien und Sekundärrohstoffen verringert

Bild 8

Gewichtung der materialbezogenen Kriterien gemäß DGNB-Version 2023 (Quelle: BAUES WUNDER) Weighting of material-related criteria acc. to DGNB version 2023

werden. Gleichzeitig trägt die Wahl langlebiger und schadstofffreier Materialien zur Verbesserung der Innenraumluftqualität bei, was nicht nur der Gesundheit der Nutzer zugutekommt, sondern auch die Lebenszykluskosten senkt. Langfristig führt eine suffiziente Materialwahl zu geringeren Wartungs- und Entsorgungskosten, was sich ebenfalls positiv auf die Lebenszykluskosten auswirkt. Zirkuläre Bauweisen, der Einsatz wiederverwendbarer und recycelbarer Materialien und trennbare Konstruktionsweisen sichern zudem die Ressourcenschonung und erhöhen die Werthaltigkeit des Gebäudes.

Entscheidend für die Realisierung dieser Potenziale ist die enge Zusammenarbeit des Projektteams. Zertifizierungssysteme sollten, trotz der damit einhergehenden Herausforderungen, insbesondere als Optimierungstool und nicht als reiner Dokumentationsaufwand verstanden werden. Oft erschweren jedoch unklare Zuständigkeiten und Diskussionen über Aufgabenverteilungen die Nutzung der vorhandenen Potenziale. Klare Leistungsbilder und klar definierte Schnittstellen erleichtern den Zertifizierungsprozess erheblich, reduzieren Kosten und Zeitaufwand und erhöhen die Chancen, ein ganzheitlich nachhaltiges Gebäude zu realisieren. Die frühzeitige Integration von Nachhaltigkeitskriterien fördert die Qualität und Langlebigkeit des Projekts und reduziert das Risiko nachträglicher Planungsanpassungen, die mit Mehraufwand verbunden sind.

Digitale Tools unterstützen die Umsetzung von Suffizienz und Konsistenz im Bauwesen, indem sie die Komplexität handhabbar machen, die sich aus der hohen Anzahl an Informationen, den zahlreichen Projektbeteiligten und den langen Zeitspannen ergeben. Plattformen, die den Zugang zu Sekundärmaterialien erleichtern und die Wiederverwendung von Bauteilen fördern, müssen ausgebaut werden. Forschungsprojekte wie das EFRE-geförderte Projekt TimberConnect zur automatisierten digitalen Erfassung von Prozessdaten entlang der Lieferkette von Holzbauteilen tragen dazu bei, soziale und ökologische Standards bereits vor dem Einbau sicherzustellen und die Weitergabe von relevanten Produktinformationen möglich zu machen.

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J. Maatz, M. Lambertz: Project-accompanying strategies for sustainable material selection

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Die Einführung eines Gebäuderessourcenpasses wurde 2021 im Koalitionsvertrag beschlossen und könnte perspektivisch, ähnlich wie der Energieausweis, verpflichtend für Baumaßnahmen werden [10]. Die DGNB hat 2023 einen Standard für die Erfassung der Qualität und Quantität wiederverwendbarer sowie recyclingfähiger Bauteile entwickelt. Dieser Pass dokumentiert detailliert die verwendeten Materialien, deren Umweltauswirkungen, Recyclingfähigkeit, Demontierbarkeit und Verwertbarkeit und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Förderung zirkulärer Bauweisen.

Die Antwort auf die Frage nach der nachhaltigen Materialwahl ist nicht trivial und vor allen Dingen ist sie nicht

universal. Das aus Nachhaltigkeitssicht richtige Material hängt von verschiedenen Aspekten ab und ist nur projektspezifisch zu definieren. Notwendig ist eine ganzheitliche Betrachtung insbesondere unter Berücksichtigung von Klimaschutz und Ressourcenschonung. Der jeweilige Einbauort und Einsatzzweck bestimmen genau wie Nutzungsart und -anforderung die Wahl des Baumaterials.

Pauschal lassen sich Materialarten nicht beurteilen. Zertifizierungssysteme und insbesondere die damit verbundenen Optimierungsprozesse und Bewertungsmethoden unterstützen die Entscheidungsfindung und führen nachvollziehbar und transparent zu nachhaltig sinnvollen Lösungen.

Literatur [1] United Nations Environment Programme (2024) Global Status Report for Buildings and Construction: Beyond foundations: Mainstreaming sustainable solutions to cut emissions from the buildings sector. Nairobi: UNEP. [2] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2023) Abfallwirtschaft in Deutschland, Fakten, Daten, Grafiken. Berlin: BMUV. [3] Statistisches Bundesamt (2021) Umweltökonomische Gesamtrechnungen, Aufkommen und Verwendung in Rohstoffäquivalenten – 2000 bis 2018 [online]. Wiesbaden: Destatis. https:// www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/ UGR/rohstoffe-materialfluesse-wasser/Publikationen/Downloads/rohstoffaequivalente-5853101189004.pdf?__blob = publicationFile [Zugriff am: 24. Oktober 2024] [4] Badr, A. et al. (2018) Nachhaltigkeit gestalten, Leitfaden für Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten, Stadtplaner, Fachingenieure, Bauherren und Interessierte. München: Bayrische Architektenkammer.

[5] Behringer, J. (2022) Effizienz für Nachhaltigkeit – notwendig, jedoch nicht hinreichend. Conexus 5, H. 1, S. 7–28. https://doi. org/10.24445/conexus.2022.05.003

[6] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (2021) Benchmarks für die Treibhausgasemissionen der Gebäudekonstruktion. Stuttgart: DGNB. [7] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (2022) Bauprodukte im Blick de Nachhaltigkeit: Worauf es bei der Materialwahl wirklich ankommt. Stuttgart: DGNB. [8] Lambertz, M.; Züll, C. (2018) Zertifizierungssysteme für Gebäude in: Ingenhoven, C. [Hrsg.] Praxishandbuch Green Building – Recht, Technik, Architektur. 1. Aufl. Berlin: De Gruyter, S. 136–221.

[9] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (2023) DGNB System, Kriterienkatalog Gebäude Neubau. Stuttgart: DGNB. Version 2023.

[10] SPD; Bündnis 90/Die Grünen; FDP (2021) Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit [online]. Berlin. https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf [Zugriff am: 15. November 2024]

Autor:innen Jasper Maatz, M.Sc. (Korrespondenzautor:in) maatz@baueswunder.com BAUES WUNDER Lambertz & Friesdorf Beratende Ingenieure PartGmbB Am Eichenkamp 27 51427 Bergisch Gladbach

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Michaela Lambertz lambertz@baueswunder.com BAUES WUNDER Lambertz & Friesdorf Beratende Ingenieure PartGmbB Am Eichenkamp 27 51427 Bergisch Gladbach Zitieren Sie diesen Beitrag Maatz, J.; Lambertz, M. (2025) Projektbegleitende Strategien zur nachhaltigen Materialwahl. Bautechnik 102, H. 1, S. 38–44. https://doi.org/10.1002/bate.202400087

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BERICHT

Stefan Nübler, Tobias Mansperger, Korbinian Falk, Dorothea Jünger

BERICHT REPORT

DOI: 10.1002/bate.202400095

Strategie für nachhaltige Planung im Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle im Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner. Die Leitlinien umfassen den Erhalt von Bausubstanz, die Wiederverwendung von Bauteilen, die Nutzung recycelter Baustoffe und die Reduzierung von Baumaterialien. Diese Ansätze werden in verschiedenen Projekten sowohl im Hochbau als auch im Brückenbau erfolgreich umgesetzt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Sanierung und Ertüchtigung zur Erhaltung bestehender Bauwerke, um die Lebensdauer zu verlängern und Ressourcen zu schonen. Darüber hinaus werden effiziente Neubauten, bei denen innovative Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, realisiert, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Hierfür werden Projekte im Hochbau und Brückenbau vorgestellt, bei denen Bauwerke erhalten, Bauteile wiederverwendet oder recycelte Baustoffe eingesetzt wurden, sowie Neubauprojekte, die durch eine reduzierte Materialverwendung, den Einsatz nachhaltiger Materialien und schonender Montagetechnologien überzeugen. Diese Maßnahmen unterstreichen den Anspruch von LAP an nachhaltiges Bauen und zeigen, dass ökonomische Effizienz und ökologische Verantwortung im Ingenieurbau Hand in Hand gehen können.

Strategy for sustainable design at Leonhardt, Andrä und Partner Sustainability plays a central role at Leonhardt, Andrä und Partner. The guidelines include the preservation of structures, the reuse of building components, the usage of recycled building materials and the reduction of used ressources.

These approaches are successfully implemented in various projects. One focus is on the rehabilitation and retrofitting of existing structures to extend their service life and conserve resources. Leonhardt, Andrä und Partner also design efficient new buildings that use innovative materials and techniques to minimise their environmental footprint. This report presents projects for buildings and bridges in which structures were preserved, components reused or recycled building materials included, as well as new construction projects that impress with reduced material use, the usage of sustainable materials and gentle assembly technologies. These measures emphasise LAPs commitment to sustainable design and show that economic efficiency and ecological responsibility in civil engineering can go hand in hand.

Stichworte Bauwerkserhalt; Materialeinsatz; Optimierung; Innovation; Bauverfahren; Ökobilanzierung

Keywords building preservation; use of materials; optimization; innovation; construction methods; life cycle assessment

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onhardt Andrä und Partner nimmt das als Chance wahr, durch herausragende Planungsleistungen merkbar positiven Einfluss auf die Bauwende hin zu mehr Nachhaltigkeit zu nehmen.

Strategie zur nachhaltigen Planung bei LAP

Der Begriff Nachhaltigkeit beinhaltet auch im Themenfeld des Bauwesens die drei wesentlichen Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales. Dabei kann in der Planungstätigkeit der Bereich Ökonomie durch wirtschaftliche Bauwerks- und Instandsetzungsentwürfe und der Bereich Soziales z. B. durch attraktive Tragwerkskonzepte sowie stimmige Bauwerksgestaltung positiv beeinflusst werden.

Die größte Steuermöglichkeit eines Planungsbüros liegt jedoch in der Optimierung des ökologischen Fußabdrucks der Planungs- und sich daraus ergebenden späteren Bauleistungen.

Das Bauwesen zählt weltweit zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen. Art und Umfang der Baumaßnahmen basieren auf Planungen verschiedener Fachbereiche.

Tragwerksplaner:innen im Hochbau sowie Tragwerksund Objektplaner:innen im Brückenbau steuern einen beachtlichen Teil der Planungsleistungen für Bauwerke bei. Entsprechend groß ist einerseits ihre Verantwortung, aber damit andererseits auch ihr Hebel, zu einer ganzheitlich nachhaltigen Planung beizutragen. Das Büro Le-

Die wesentlichen Key-Performance-Indikatoren (KPI) zur Bewertung einer nachhaltigen Bauweise sind: – Treibhauspotenzial (GWP) – nicht erneuerbare Primärenergie (PENRT) – erneuerbare Primärenergie (PERT) Zur Optimierung der KPI stehen verschiedene Aspekte im Mittelpunkt der planerischen Arbeit (Bild 1).

Unter dem Anspruch Reduce – Re-Use – Recycle rücken folgende Punkte besonders in den Fokus: – Erhalt durch Ertüchtigung und Sanierung vor Neubau – Weiter- und Wiederverwendung von Bauteilen und Baustoffen durch Einführung von Stoff- und Bauteilkreisläufen

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S. Nübler, T. Mansperger, K. Falk, D. Jünger: Strategie für nachhaltige Planung im Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner

Bild 1

Aspekte der nachhaltigen Tragwerksplanung [1] Aspects of sustainable design [1]

– zukunfts- und standortgerechte Bauwerks- und Tragwerkskonzeptionierung – Effizienz im Lastabtrag – umweltverträgliche Bauverfahren – innovativer, materialgerechter und -optimierter Baustoffeinsatz – Berücksichtigung emissionsreduzierter Materialien und Bauabläufe Für die Bewertung und Optimierung der CO2-Emissionen verschiedener Planungsvarianten kann ein rechnerisches Hilfsmittel herangezogen werden: die Ökobilanzierung.

Sie stellt ein transparentes Instrument zur Erfassung der Umweltauswirkungen über den Lebenszyklus eines Produkts, hier eines Bauwerks, Tragwerks oder Bauprodukts, dar und ist damit indirekt ein Messinstrument zur Bewertung einer nachhaltigen Planung. Die Ermittlung und nachfolgende Auswertung beruht auf einer frei zugänglichen und einheitlichen Datengrundlage, der ÖKOBAUDAT. Die Bilanzierung erfolgt über die Lebenszyklusphasen Herstellung (A1–A3), Errichtung (A4, A5), Nutzung (B1–B7), Entsorgung (C1–C4) sowie Vorteile und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen (D).

Eine praxistaugliche technische Hilfestellung sind die Entwurfstafeln zur Ökobilanzierung in der Tagwerkspla46

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nung des Attitude Building Collective e. V. (ABC) (Bild 2) [2], einer gemeinnützigen Vereinigung junger engagierter Bauschaffender, die konkrete Vorschläge für Tragsysteme und Materialauswahl veröffentlicht haben.

Checklisten helfen bei der Wahl der globalen Entwurfsparameter für effiziente und nachhaltige Tragwerke. Bürointern wurde ein Planungshandbuch mit Leitfäden, Hilfsmitteln, Varianten und Praxisbeispielen zusammengetragen, das die Tragwerksentwicklung prüft und unterstützt.

2

Hebel in der nachhaltigen Planung

2.1

CO2-Bilanzierung mit Ampelsystem für Hochbautragwerke

Innerhalb der niederlassungsübergreifenden Sachgebietsgruppe zur nachhaltigen Planung im Büro Leonhardt, Andrä und Partner wurden Planungsprozesse etabliert, um Tragwerkslösungen auf deren Umweltauswirkung zu bewerten. Entscheidend dabei ist, in frühen Leistungsphasen der Grundlagenermittlung und Vorplanung eine ökologische Bewertung vornehmen zu können, da hier die größten Einflussmöglichkeiten auf das Projekt existieren. Im Hochbau werden vorrangig Vergleichswerte aus realisierten Projekten herangezogen, um eine Einordnung zu ermöglichen. Damit können bereits frühzeitig

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Bild 2

Lebenszyklusphasen eines Bauwerks [2] Life cycle phases of a building [2]

komplexe Zusammenhänge bewertet werden. Grundlage dafür ist eine unternehmensweite Datenbank mit Kennzahlen und Randparametern wie Bauart oder Bauweise.

Ergänzend zur globalen Bewertung werden lokale Varianten in der Tiefe betrachtet. Dabei werden Deckenoder Gründungsvarianten auf deren KPI ausgewertet.

Dazu dient ein Inhouse-Berechnungstool, das sehr schnell Gegenüberstellungen von Varianten ermöglicht.

Eingangsparameter stellen die Baustoffeigenschaften und Geometriedaten dar, welche im Hintergrund mit den Parametern der ÖKOBAUDAT verknüpft werden.

Um hier die Zahlenresultate einzuordnen, hat sich im Hochbau eine Ampelbewertung bewährt (Bild 3). Die drei Farben, ggf. mit Zwischenstufen grünorange oder orangerot, lassen eine einfache Einordnung auch für Laien zu.

Dabei werden die Module A1–A3 der Herstellung aus der Lebenszyklusanalyse (LCA) in Ansatz gebracht, was dem Cradle-to-Gate entspricht. Diese Werte können präzise und zuverlässig ermittelt werden und stellen i. d. R. den Großteil der baurelevanten Auswirkungen dar. Zur vollständigen Bewertung müssen die Errichtungsphase, Nutzung und Entsorgung mitbetrachtet werden, was als verbale Erläuterung erfolgt. Dies ist besonders bei Holzbauten entscheidend, da der positive Effekt der CO2Speicherung sich durch eine thermische Verwertung ins

Bild 3

Negative kehrt. Die Bewertung sollte immer am Gesamtsystem, bezogen auf 1 m2 Bruttogeschossfläche (BGF), erfolgen, sodass Decken, Wände und Gründung als Hauptemittenten enthalten sind. Damit müssen alle Bauteile zu dem bewerteten Gesamtergebnis beitragen.

Als Grenzwerte wurden 110 kg CO2e/m2 BGF definiert.

Darüberliegende Werte werden als rot, folglich „schlecht“ festgelegt. Die beste Kategorie grün kann mit unter 45 kg CO2e/m2 BGF erreicht werden. Holzbauten können diese Kategorie erreichen, soweit das Untergeschoss/Massivbaugeschoss optimiert gestaltet und die Fläche maximal einem Viertel der Holzbaugeschossfläche entspricht. Reine Stahlbetonbauten können als optimierte Systeme im Neubau die mittlere orange Kategorie erreichen, ähnlich wie Holzbauten mit hohem Massivbauanteil oder Holzverbundbauwerke. Das zeigt die differenzierte Auswertungsmöglichkeit und die Potenziale unterschiedlicher Bauweisen. Sanierungen, Aufstockungen oder Erweiterungen haben die Möglichkeit, alle drei Kategorien zu erreichen. Über hohe Bestandserhaltung in der Fläche kann gut ein Wert unter 45 kg CO2e/m2 BGF erreicht werden.

In den späteren Leistungsphasen, in denen die gesamte Tragwerksstruktur im Planungsmodell erfasst ist, kann das Tool über eine Schnittstelle zum BIM-Modell die gesamte Tragwerksstruktur auswerten. Damit können die frühen Ansätze am Gesamtsystem verifiziert und im Planungsfortschritt überwacht werden. Bei größeren Bauwerken können kleinere Veränderungen bereits große Umweltauswirkungen haben, was mit diesem Tool schnell und gut zu erfassen ist. Da die Decken und die Gründung einen Anteil größer als zwei Drittel an den gesamten Emissionen des Tragwerks haben, muss hierauf der große Fokus gelegt werden. Hinzu kommt, dass Wände auch im Sinne einer flexiblen Nutzung und technischen Installation auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Nachhaltigkeitsbewertungskriterium für Hochbautragwerke (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Limits for valuation on sustainability of structural buildings

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2.2

Materialwahl

Der Stahlbeton hat mit dem hohen CO2-Impact aus der Zementherstellung einen besonders schlechten Ruf. Dennoch hat er im Sinne der Nachhaltigkeit als Hochleistungswerkstoff viele positive Eigenschaften. Aus Stahlbeton können kompakte Gebäude errichtet werden, welche hohe Widerstände bei Erdbeben, Feuchtigkeit, Brand oder mechanischer Beanspruchung etc. aufweisen. Hinzu kommen bauphysikalische Vorteile aus Schallschutz und Wärmespeicher sowie flexible Durchbruchsherstellung im Um- und Ausbau.

Demnach gilt es, den Einsatz von Stahlbeton sorgfältig abzuwägen und ihn effizient und anforderungsspezifisch einzusetzen. Bei Decken können Rippendecken, Spannbetonhohldielen, Kassettendecken oder individuell entwickelte Zwischenlösungen mit Gurtstreifen oder Trogkonstruktionen deutliche Massenoptimierungen herbeiführen. Der Einsatz vorgespannter Konstruktion wird bei größeren Spannweiten sinnvoll. Bei Flachgründungen kommen hohe Betonmassen mit hohem Betonstahlanteil zum Einsatz. Die Bauweise mit Streifen- und Einzelfundamenten hingegen setzt den Baustoff gezielt an den Belastungszonen ein und reduziert das Betonvolumen bei gutem Baugrund erheblich. Bei Tiefgaragen ohne Grundwasser kann gar ein offener Boden mit Pflasterbelag kombiniert werden. Bei klassischen Kellerbodenplatten ist die lokale Verstärkung mit Zerrbalken und Vouten sinnvoll, soweit diese mit Anforderungen einer wasserundurchlässigen (WU) Stahlbetonkonstruktion in Einklang gebracht wird.

Der Einsatz von nichtmetallischer Bewehrung verspricht v. a. im Brückenbau große Vorteile. Denn auch im Themenfeld des optimierten Materialeinsatzes steht als oberstes Ziel die Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit des Bauwerks. Um dies zu gewährleisten, ist im klassischen Stahlbetonbau, abhängig von den standortspezifischen Expositionsklassen, bspw. eine Betondeckung von 3 cm bis zu 12 cm rein zur Gewährleistung des alkalischen Milieus im Beton notwendig, um die verbaute Betonstahlbewehrung vor Korrosion zu schützen. Dieser Anforderung kann durch den Einsatz nichtmetallischer Bewehrung merklich entgegengewirkt werden.

Bei nichtmetallischer Bewehrung handelt es sich um Bewehrungsstäbe (Rebars) aus einem Komposit aus Carbon-/Basaltfasern und Vinylesterharz, welche sich bezüglich der Tragwirkung im Beton prinzipiell wie Betonstahl verhalten. Aufgrund der sehr guten Kraftübertragung Faser/Harz (Stoffschluss) sowie Harzverzahnung/Beton (Formenschluss) können die hohen möglichen Faserspannungen ausgenutzt werden. Höher- oder hochfester Beton ist hierfür nicht notwendig. Die Faserverbundstäbe können in der Bauausführung wie Betonstahlbewehrungen verwendet werden. Die Stäbe sind sehr biegsam, begehbar, UV-stabil, leicht, nicht rostend, witterungsunempfindlich und bei Verwendung von Basaltfasern elektrisch nichtleitend.

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Bei mehreren Pilotprojekten wurden durch LAP bereits Carbon- bzw. Basaltfaserverbundstäbe eingesetzt. Bezogen auf ihr Gewicht und die Festigkeitseigenschaften weisen Carbon- und Basaltstäbe in der Herstellung vergleichbare CO2-Werte wie herkömmlicher Bewehrungsstahl auf. Die eigentliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes findet bei nichtmetallischer Bewehrung jedoch auf der Sekundärebene statt. Vor allem durch die nichtkorrosive Eigenschaft der Bewehrung können dünnere Betonbauteile durch Reduktion der Betondeckung erstellt werden. Weiterhin können schützende Versiegelungen und Abdichtungen entfallen, sodass z. B. direkt befahrbare Fahrbahnplatten oder Parkdecks ermöglicht werden. Der Einsatz zementreduzierter Betone bzw. der Einsatz von Beton mit alternativen Bindemitteln ist in Verbindung mit nichtmetallischer Bewehrung sogar wünschenswert, sodass die Verwendung von Materialien mit energieintensiven Herstellungsprozessen reduziert werden kann.

Der Baustoff Holz bietet als nachwachsender Rohstoff und leichtes Baumaterial gleich mehrere positive Aspekte für den Einsatz als nachhaltiges Tragwerk. Durch das geringe Eigengewicht können Lasten für Abfangungen oder bei Aufstockungen reduziert und gegenüber einer klassischen Stahlbetonkonstruktion mit Stahlbetonflachdecken ca. 60 % der Gesamtlasten eingespart werden.

Die konsequente Vorfertigung ermöglicht zudem einen schnellen Baufortschritt und geringe Beeinträchtigungen.

Infolge zunehmender industrieller Holzbaulösungen, Ausbaulösungen, Anschlüsse und ergänzender Normungen ist der Einsatz von Holz nicht nur kleinen Objekten und Dachbindern vorbehalten. Die Holzbaulösung muss daher immer eine Variante in der Tragwerksentwicklung darstellen. Beim Bauen mit Holz erscheint in der Ökobilanzierung der Module A1–A3 eine positive Bilanz durch die Speicherung von CO2 im Holz im Wachstum. Über die Verarbeitung und den Transport entstehen CO2Emissionen, die dem gegengerechnet werden. Am Ende der Nutzung wird in den Modulen C1–C4 (Entsorgung) die Gutschrift aus dem Einlagern des CO2 über die thermische Verwertung abgezogen und bilanziell bleibt ein negativer Anteil. Dieser unterscheidet sich deutlich zwischen Schnittholz (ca. 60 kg CO2e/m3) und verarbeitetem Brettschichtholz (ca. 150 kg CO2e/m3). Das ist im Vergleich zu Beton (ca. 270 kg CO2e/m3) weitaus verträglicher, aber an der Einzellösung zu vergleichen. Zudem muss der Einsatz von Holz innerhalb einer Holzbauplanung genauso auf ein Mindestmaß reduziert werden, sodass Rippen und Hohlkastenquerschnitte einer Massivdecke vorzuziehen sind, genauso wie eine Ständerwand einer Massivholzwand. Der Einsatz hoch verarbeiteter Holzprodukte muss auf das notwendige Maß begrenzt werden. Eine holzbaugerechte Planung sollte mit einem geringen Stahlanteil auskommen. Regelknoten mit individualisierten Stahlknoten zählen nicht dazu und müssen konsequenterweise in der Ökobilanz berücksichtigt werden. Zusätzlich zu betrachten ist bei Holzkonstruktionen ggf. der zusätzliche Aufwand für Trittschall und sommerlichen Wärmeschutz.

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2.3

Erhalt vor Neubau

Unabhängig von einzelnen Baustoffen ist ökobilanziell das beste Bauwerk dasjenige, welches gar nicht erst gebaut wird. Folglich liegt ein großer Hebel für nachhaltige Planung im Erhalt von Bauwerken. Da die Emissionen zur Errichtung bereits erbracht sind und der Abbruch in der LCA ebenso fester Bestandteil ist, kann in vielen Fällen die ökologische Nachhaltigkeit eines Bauwerks durch eine Verlängerung seiner Nutzungsdauer in Form von Sanierung und Instandsetzung zielgerichtet verbessert werden. Bei bestehenden Bauwerken, insbesondere Brücken, handelt es sich um enorme ökonomische Investitionen und ökologische Eingriffe mit Auswirkungen über Generationen hinweg, was ein hohes Maß an verantwortungsvollem Umgang erfordert. Dieser Verantwortung stellen sich LAP und die Verfasser als beratende Ingenieurinnen und Ingenieure und finden Lösungen, bestehende Brücken auch bei veränderten Nutzungsanforderungen standsicher und betriebstauglich zu ertüchtigen und die vorhandene Infrastruktur damit langfristig zu erhalten.

LAP hat sich als Unternehmen bereits vor zehn Jahren mit einer eigenen Abteilung dem Bauwerkserhalt gewidmet und seither die Nutzungsdauer vielzähliger Brücken durch sachkundige Beratung und Planung verlängert. Dabei ist es für die Langlebigkeit eines Bauwerks entscheidend, den richtigen Zeitpunkt einer grundhaften und schädigungsspezifischen Instandsetzung zu wählen, bevor der Schädigungsprozess an tragwerkskritischen Bauteilen zu weit fortschreitet [3]. Zugleich ist es bei streckenbedingten Bedarfsveränderungen mit erhöhten Lasteinwirkungen der Anspruch, durch rechnerische Betrachtungen und ingenieurmäßige Herangehensweisen auch statische Ertüchtigungen und Verstärkungskonzepte von Bestandsbrücken zu entwickeln und die Bauwerke dadurch zu erhalten. Für die gelungene Instandsetzung und Ertüchtigung der Kochertalbrücke im Zuge der BAB A6 bei Geislingen (Bild 4) erhielt das Büro im Jahr 2016 den Deutschen Brückenbaupreis, welcher erstmalig einem Instandsetzungsprojekt gewidmet wurde. Dass ein Neubau vermieden werden konnte, gelang durch eine intensive Betrachtung des Bauwerkszustands mithilfe von rechne-

Bild 4

Kochertalbrücke (BAB A6) bei Geislingen (Kocher) (Quelle: Leonhard Weiss) Kochertal bridge (highway A6) near Geislingen (Kocher)

rischen Methoden und ingenieurmäßigen Instandsetzungs- und Ertüchtigungskonzepten.

2.4

Umweltgerechte Bauverfahren

Bei Bauwerken handelt es sich grundsätzlich um menschengemachte Eingriffe in die Umwelt. Zur Reduzierung von unvermeidbaren Eingriffen liegt im Brückenbau bei der Wahl des Bauverfahrens ein gewichtiger Anteil.

Sind Bauwerke in ökologisch sensiblen Bereichen erforderlich, können verschiedene etablierte Herstellungskonzepte wie Taktschieben, Freivorbau oder Vorschubrüstung angewandt werden. Leonhardt, Andrä und Partner versucht immer die bestmögliche Antwort auf die vorliegende Planungsaufgabe zu finden und entwickelt objektspezifische Lösungsmöglichkeiten.

So wurde bei der Saale-Elster-Talbrücke durch die SaaleElster-Aue die Vor-Kopf-Bauweise angewandt, bei der große Bereiche des Bauwerks komplett von oben hergestellt werden konnten. Dadurch konnten die ökologischen Anforderungen für die darunterliegenden Biotope eingehalten und der Einsatz von Baufahrzeugen in diesen Bereichen vermieden werden. Eine flexible Bauablaufplanung ermöglichte zudem die Berücksichtigung von mehrmonatigen Sperrzeiten zum Schutze der Vogelbrut.

Für den material- und zustandsbedingten Ersatzneubau der 400 m langen Brettachtalbrücke bei Neuenstadt a. K., deren Erhaltungsoptionen vorab akribisch untersucht wurden, folgten im Rahmen der Vorplanung (LPh 02) Betrachtungen verschiedener Bauverfahren. Zur Reduktion der Eingriffe in die umwelttechnisch sensiblen Bereiche des Brettachtals wurden sowohl für das Herstell- als auch das Rückbauverfahren Möglichkeiten zum „Arbeiten von oben“ erörtert. Als Vorzugsvariante ging unter Berücksichtigung umfassender Bewertungskategorien die Verwendung einer Vorschubrüstung hervor. Anders als beim Bauverfahren Taktschieben kann dieses System für den Rück- wie Neubau verwendet werden und spart verfahrensbedingt ca. 15 % an Material für den Spannbetonüberbau. Gegenüber dem Rückbau und der Herstellung auf Traggerüst kann zudem auf zusätzliche Hilfsgründungen in der Talaue verzichtet werden.

Bei Bauaktivitäten an bestehenden Verkehrswegen müssen die Beeinträchtigungen des Verkehrs auf ein Minimum reduziert werden, um externe Effekte, die durch Staus und Sperrpausen hervorgerufen werden, so gering wie möglich zu halten. Bei der Wahl der Baustoffe und der Bauweisen sind daher diejenigen zu bevorzugen, die sich durch möglichst hohe Vorfertigungsgrade auszeichnen und gleichzeitig ein geringes Eigengewicht aufweisen. Materialersparnis macht sich damit in doppelter Hinsicht positiv bemerkbar. Die grauen Emissionen werden ebenso reduziert wie externe und sekundäre Folgen durch Verkehrseinschränkungen.

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fallen. Neben der erheblichen CO2-Einsparung (Bild 6) konnten gleichzeitig Baukosten reduziert und der Aufwand für die Instandhaltung verringert werden.

3.3

Bild 5

Übersicht Visualisierung Martin-Behain-Gymnasium Nürnberg (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Overview on visualisation of Martin-Behain-Gymnasium Nuremberg

3

Projektbeispiele

3.1

Martin-Behain-Gymnasium, Nürnberg

Ein gutes Beispiel für konsequente Holzbauplanung ist das Martin-Behain-Gymnasium in Nürnberg, bestehend aus einem Schulbau für 1500 Schüler über sieben Ebenen, einer Mensa und einer Siebenfach-Sporthalle mit Dachnutzung (Bild 5). Je nach Tragwerksanforderung wurden Rippendecken, CLT-Decken, Holz-Beton-Verbundträger für die Decken- und Dachsysteme angewendet. Mit dem Hochleistungswerkstoff BauBuche können hohe Druckkräfte effizient im Grundriss über mehrere Etagen geführt werden. Der Stahlbetonanteil wurde hier auf Gründung und Erschließungskerne reduziert. Ebenso wurde im Verbau eine Kombination aus Bohrpfahl mit Steckträger zu Trägerbohlwand zur Betonreduktion optimiert.

3.2

Packhofstraße, Dresden

Am Beispiel des Projekts der Packhofstraße in Dresen [4] konnte ein besonderer Gründungsansatz durch intensive Abstimmung im Planungsteam und mit dem Bauherrn als Resultat hervorgehen. Dabei werden lediglich Technikräume als WU-Konstruktion ausgebildet und die seltene Flutung der Tiefgarage im Hochwasserfall HQ100 bewusst zugelassen. Durch den offenen Pflasterboden konnte bei 80 % der Fläche eine Stahlbetongründung ent-

Ergänzungsneubau des Tschirnhaus-Gymnasiums, Dresden

Der Neubau des Tschirnhaus-Gymnasiums in Dresden in Stahlbetonbauweise zeigt, dass wertvolle Ressourceneinsparungen auch in einer konventionellen Bauweise möglich werden. Variantenuntersuchungen zu Decken, Wand und Fassaden ermöglichten die Wahl der besten Lösung.

Hier wurden die Klassenräume mit Spannbetonhohldielen überspannt, welche mit geringem Materialeinsatz große Spannweiten überbrücken. Zudem wurde die Deckenuntersicht nur mit einem Akustiksegel abgehängt, sodass auf Abhangdecken verzichtet werden konnte. Die Flure wurden mit Halbfertigteildecken in geringer Dicke ergänzt.

In der Fassade kommt ein stark formoptimiertes Vollfertigteil zum Einsatz (Bild 7). Sie besteht aus einem Element mit zwei Stützen 20/20 cm und einer 10 cm schlanken Brüstung, welche Platz für Heizkörper und Brüstungskanäle bietet. Als Unterzug der Decke ist über den zwei Stützen des Elements ein 30/30 cm Balken mit seitlicher Auskragung angeordnet. Diese Elemente werden seriell ohne Fugenverguss aneinandergereiht und sind im Endzustand mit der Sichtbetonoberfläche der Vollfertigteilproduktion eine ökonomische und ökologische Lösung mit schnellem Baufortschritt.

Für die Gründung wurde aus der WU-Anforderung der hochwertigen Nutzung der Entwurfsgrundsatz A der WU-Richtlinie in Ansatz gebracht. Dafür wurde eine Gleitschicht zur Vermeidung von Trennrissen in der Bodenplatte angeordnet, was eine einheitliche Bodenplattenunterkante erfordert und im Widerspruch zur Geometrieoptimierung steht. Dennoch wurde hier ein CO2-optimierter Beton mit CEM-III-A-Zement für den Einsatz vorgegeben, welcher die CO2-Emission um 30 % reduziert (Bild 8).

Bild 6

Beton und Betonstahleinsparung Projekt Behördenzentrum Packhofstraße Dresden (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Savings of concrete and reinforce steel on project Behördenzentrum Packhofstraße Dresden

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Bild 7

Klassenraumansicht Tschirnhaus-Gymnasium Dresden (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner; Fotograph Gommlich) Classroom view Tschirnhaus-Gymnasium Dresden

Bild 9

3.4

Umbau des Tschirnhaus-Gymnasiums, Dresden

niert werden, sodass eine Stahlbetonrippendecke mit Aufbeton als Plattenbalken wirkend entsteht. Der Bestandsschutz erlaubt hier unter Bezug auf die Zulassung der Decke eine Abweichung im Brandschutzkonzept von R90 auf R60. Infolge teerhaltiger Schadstoffe, welche zwischen Rohdecke und Fußbodenaufbau verbaut wurden, waren entgegen den vorher angelegten Testflächen umfangreiche Fräsarbeiten im Aufbeton des Plattenbalkens erforderlich, welche bis zur Bewehrung gingen (Bild 9). Um den Bestandsschutz und die Tragfähigkeit sicherzustellen, wurde während der Bauphase ein Konzept entwickelt, bei dem ein Spritzbeton mit geringem EModul mit einer Haftbrücke aufgebracht wurde, um den geringen Festigkeiten und v. a. den Haftzugfestigkeiten gerecht zu werden. Abgestimmt mit allen Beteiligten und in erster Linie mit dem Prüfingenieur wurden anschließend gewählte Deckenfelder einem In-situ-Lasttest unterzogen. Dieser ohne jeden Zweifel aufwendige Prozess hat geholfen, etwa 4000 m2 Deckenfläche zu erhalten, und gegenüber einem angedachten Deckenaustausch 200 t CO2e eingespart.

Die Sanierung des denkmalgeschützten Schulbaus aus den 1950er-Jahren am Tschirnhaus-Gymnasium Dresden bietet viele Beispiele für die erfolgreiche nachhaltige Sanierung im Bestand. Grundlage einer nachhaltigen Bestandsplanung ist die Anamnese des Objekts, um aus einer fundierten Strukturkenntnis heraus das Tragwerk für die zukünftige Nutzung zu beurteilen und gezielt zu modifizieren. Hierzu zählen neben dem verformungsgenauen Aufmaß der Geometrie v. a. die Recherche zu Bestandsunterlagen aus der Bauzeit und den erfolgten Bauphasen. Diese müssen jeweils durch Sondierungen und Materialuntersuchungen gezielt ergänzt werden. Eine Schadensanalyse und ergänzende Untersuchungen wie Rissmonitoring oder Setzungsmessungen erlauben es, vorhandene Schwachstellen zu erkennen und zielgerichtet instand zu setzen.

Die Vorplanung ist beim Bauen im Bestand eine elementare Leistungsphase. Ziel einer nachhaltigen Tragwerksplanung ist es, die zukünftige Nutzung, Ausbauten und Durchbrüche mit den Möglichkeiten der vorhandenen Substanz zu organisieren und die Verstärkungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen so gering wie möglich zu halten.

Als Decken sind sog. Menzel-L-Decken verbaut: Sie bestehen aus L-förmigen Vollfertigteilsteinen, die ausbeto-

Bild 8

Schadstoffsanierung im tragenden Aufbeton der Menzel-L-Rippendecke am Tschirnhaus-Gymnasium Dresden Pollutant remediation in load-bearing concrete layer of Menzel-LRippendecke at Tschirnhaus-Gymnasium Dresden

Ressourceneinsparung Neubau Tschirnhaus-Gymnasium Dresden für Decken und Fassade (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Saving of resources at Tschirnhaus-Gymnasium Dresden for ceilings and facade

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Bild 10 Planabstrahierung zur Stützenkopfaufweitung [5] Plan abstraction of hammer-head construction [5]

3.5

Instandsetzung und Ertüchtigung der Vogelsangbrücke, Esslingen (N)

Ein gelungenes Beispiel für die Verlängerung der Nutzungsdauer eines Bauwerks ist die Instandsetzung und Ertüchtigung der Vogelsangbrücke in Esslingen am Neckar. Unter Berücksichtigung übergeordneter Einflüsse aus dem Infrastrukturnetz der Stadt Esslingen sowie städteplanerischer und wirtschaftlicher Faktoren sollte die Restnutzungsdauer verlängert werden, bevor die Brücke ersetzt werden muss. Aus der Nachrechnung des Bestands gingen Einschränkungen in verschiedenen Bauwerksbereichen hervor. Zudem wurde das Ankündigungsverhalten für Teilbauwerke mit spannungsrisskorrosionsgefährdetem Spannstahl auf Querschnittsebene untersucht, woraus weitere Maßnahmen erforderlich wurden. Durch rechnerische und probabilistische Untersuchungen in Kombination mit praxisgerechten Lastversuchen zur Verifizierung potenzieller Vorschädigungen des Spanngliedbestands konnte eine ausreichende Resttragfähigkeit nachgewiesen werden. Als konkrete Verstärkungsmaßnahme wurde an der Hauptbrücke, in der als spannungsrisskorrosionsgefährdet eingestufter Spannstahl verbaut ist, eine systematische Kombination aus Monitoring und CFK-Lamellenverstärkung umgesetzt, sodass durch die bereichsweise Querschnittsertüchtigung und ergänzende dauerhafte Überwachung mittels Monitoring ein ausreichendes Ankündigungsverhalten nachgewiesen werden konnte. Während der Bauausführung wurde mittels Streufeldmessungen zudem ein zerstörungsfreies Prüfverfahren angewandt, bei dem auf mehr als 2 km Länge die Spannglieder in den besonders exponierten oberflächennahen Fahrbahnbereichen untersucht wurden. An einzelnen Stellen mit potenziellen Störsigna52

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len bzw. Unstetigkeiten wurden die Spannglieder lokal geöffnet und auf Schädigungen des Spannstahls sowie Verpresszustands geprüft.

Für den Erhalt der Brücke mussten zudem die Defizite aus der Nachrechnung kompensiert werden.

Zur Reduzierung vorhandener Überschreitungen bei der erforderlichen Torsionslängsbewehrung wurde das Lagerungssystem des Plattenquerschnitts abschnittsweise von mittigen Einzellagern auf zwei Lager pro Achse angepasst. Die Realisierung gelang – unter Aufrechterhaltung des Verkehrs auf und unter dem Bauwerk – durch eine nachträgliche Aufweitung des Stützenkopfs, der mittels

Bild 11 Stützenkopfaufweitungen und CFK-Lamellen mit Messvorrichtung für Monitoringsystem (Quelle: Stefan Nübler) Hammer-head construction and CFRP strips with measuring devices for monitoring system

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3.6

Mettinger Brücke, Esslingen (N)

An der nächsten stromabwärts gelegenen Neckarbrücke Esslingens konnte die Grundsatzfrage zur Gewährleistung der Bauwerkssicherheit material- und systembedingt nicht mit „Erhalt der Brücke“ beantwortet werden. Doch auch in Fällen, in denen die Brücke als Ganzes, zumeist bedingt durch Einschränkungen in der Standsicherheit des Überbaus, nicht erhalten werden kann, versucht LAP Möglichkeiten zum Erhalt weiterer Bauwerksteile auszuloten.

Bild 12 Bauzustand mit neuem Überbautragwerk vor Absetzen auf Bestandsunterbauten mit neuen Pfeilerköpfen (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Construction stage with new superstructure before lowering on existing substructure with renewed pier heads

Stabspanngliedern in Längs- und Querrichtung sowie einer Verzahnung und Verdübelung der Schubfuge lastabtragend an der bestehenden Rundstütze ergänzt wurde (Bilder 10, 11).

Der Schlüssel zum Erfolg lag in einer ingenieurmäßigen Betrachtung der statisch-konstruktiven Fragestellungen zur Aufweitung der Bestandsstütze sowie einer intensiven Planung des Bauablaufs und der Baulogistik. An den beiden zugehörigen Rampenbauwerken mit derselben Problematik war infolge der angrenzenden Bahntrasse geometrisch bedingt keine nachträgliche Lagerspreizung möglich, sodass hier auf der Einwirkungsseite durch eine Fahrspurverengung dem statischen Defizit entgegengewirkt werden musste. Aus vorangegangenen Verkehrsuntersuchungen zur Rampenauslastung konnte diese nutzungseinschränkende Maßnahme als verträglich nachgewiesen werden, was den Gedanken der Suffizienzbetrachtung exemplarisch veranschaulicht.

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Für die Mettinger Brücke ist es gelungen, die beiden Neckarpfeiler für den neuen Stahlverbundüberbau weiterzuverwenden (Bild 12). Abseits kleinerer Instandsetzungsarbeiten wurde dafür jeweils der bestehende Pfeilerkopf abgetrennt und für das aktuelle Lagerungssystem erneuert. Zudem wurde ein Schiffsabweiser zur Gewährleistung einer ausreichenden Sicherheit gegen Schiffsanprall ergänzt. Neben den eingesparten Ressourcen und einem deutlich reduzierten Materialverbrauch konnten durch diesen Lösungsansatz auch die Bauzeit und Eingriffe in die Schifffahrt verringert sowie die Stützweite der Strombrücke in einem verträglichen Maß von 60 m gehalten werden. Bei einer Erneuerung der Pfeiler wäre der Bestandsschutz entfallen und die neuen Unterbauten hätten in einem Mindestabstand von 5 m zur Uferlinie erstellt werden müssen, woraus eine neue Hauptspannweite von ca. 90 m und ein obenliegendes Tragwerk resultiert hätten.

Als innovatives Bauverfahren kam bei diesem Projekt das System „Alt hilft Neu – Neu hilft Alt“ zur Anwendung [6]. Kernstück dieses Abbruchkonzepts ist die Nutzung des Bestandsüberbaus als Herstellgerüst für das Stahltragwerk des neuen Überbaus über dem Neckar (Alt hilft Neu) sowie der Einsatz dieses neuen Stahltragwerks als Hilfsträger für den Abbruch des Überbaus über dem Neckar (Neu hilft Alt). Hierdurch kann der Neubau des Überbaus über dem Neckar ohne größere Baubehelfe oder aufwendige Bauverfahren kleinteilig auf dem Bestandsüberbau hergestellt werden. Weiterhin fungiert der neue Stahlüberbau als Baubehelf für den Abbruch, wodurch entsprechende Synergieeffekte genutzt werden. Die für den Abbruch hergestellte Stahl-

Bild 13 Bauverfahren „Alt hilft Neu – Neu hilft Alt“ an der Mettinger Brücke Esslingen; Rückbau Bestandsüberbau (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Consgtruction method „Alt hilft Neu – Neu hilft Alt“ at Mettinger bridge Esslingen; dismantling of existing superstructure

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konstruktion wird anschließend in das Brückentragwerk integriert (Bild 13).

3.7

Bauwerk 399c, BAB A3 bei Nürnberg

Das Bauwerk 399c setzt neue Maßstäbe für nachhaltige Überführungsbauwerke durch innovative Technik und anspruchsvolle Gestaltung [7]. Die Forstwegüberführung, 6,70 m breit und als einfeldriger Stahlverbundrahmen ausgeführt, beeindruckt mit der weltweit ersten orthotropen Verbundfahrbahnplatte (Orthoverbundplatte), bei der Carbonbewehrung zum Einsatz kam (Bild 14). Diese Platte wurde auf die vollständigen Belastungen einer Straßenbrücke inkl. Ermüdung ausgelegt. Die geringeren Betondeckungsanforderungen ermöglichten eine nur 18 cm dicke Betonschicht, auf eine zusätzliche Belagsschicht wurde verzichtet. Das führte zu einer Reduzierung des Betonvolumens um etwa 50 % und des Eigengewichts des Überbaus um 40 %, was die Gesamtbelastung um rd. 20 % senkte. Die daraus resultierende Einsparung an Baustahl sowie die geringere Dimensionierung der Widerlager und Fundamente verbesserten die Ressourceneffizienz deutlich.

Ein weiteres innovatives Merkmal ist der Einsatz von Verbunddübelleisten anstelle der traditionellen Kopfbolzendübel [8]. Die Dübelleisten weisen bessere Ermüdungseigenschaften auf und bieten Vorteile bei der Verlegung der Carbonbewehrung, da sie zugleich als Abstandshalter dienen. Dies bedeutet einen signifikanten Fortschritt in der Entwicklung der Orthoverbundplatten, insbesondere für große Brücken. Zudem konnte die Höhe des zu überführenden Forstwegs um 25 cm abgesenkt werden, wodurch der Aufwand für die Dämme an den Brückenenden reduziert wurde.

Erstmals wurde das Bauwerk 399c als integrales Rahmenbauwerk komplett auf einem Vormontageplatz neben der Autobahn gefertigt und mit Schwerlastfahrzeugen an den Einsatzort transportiert. Vor Ort mussten le-

Bild 14 Verbunddübelleisten und Einbau der Carbonbewehrung (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Composite dowels and installation of carbon reinforcement

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Bild 15 Einfahren des Verbundüberbaus mit SPMTs (Quelle: Leonhardt, Andrä und Partner) Transport of composite superstructure by SPMTs

diglich die Widerlager fertiggestellt werden. So wurden Arbeiten über der Autobahn vermieden und die Verkehrsbehinderungen auf eine einzige nächtliche Sperrung beschränkt. Dies trug erheblich zur Verkehrssicherheit und zur Reduktion von Folgekosten durch Verkehrseinschränkungen bei (Bild 15).

Die Nachhaltigkeitsstrategie des Bauwerks spiegelt sich in einer besonders ressourcenschonenden Bauweise wider: Weniger Baustoffverbrauch und ein effizienteres Design aufgrund des reduzierten Eigengewichts führten zu einer erheblichen Verbesserung der CO2-Bilanz. Der Einsatz der Orthoverbundplatte und der Carbonbewehrung reduzierte die CO2-Emissionen um ca. 20.000 kg.

Die Carbonbewehrung senkt die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu herkömmlichem Betonstahl um 33 % und das geringere Gewicht des Überbaus sparte insgesamt etwa 10 % Stahl, was weiteren 22.500 kg CO2 entspricht. Zudem wurde auf Asphaltbelag verzichtet, wodurch zusätzlich 5700 kg CO2 eingespart wurden.

Die integrale, fugenlose Bauweise des Bauwerks senkt den Inspektions- und Wartungsaufwand. Auch der vollständig dichtgeschweißte Stahlbau verbessert den Korrosionsschutz und verringert so den Instandhaltungsbedarf (Bild 16).

Bild 16 Fertiggestelltes Bauwerk 399c (Quelle: Nürnberg Luftbild Hajo Dietz) Completed Bauwerk 399c

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Fazit

Konstruktive Ingenieurinnen und Ingenieure haben im Laufe des Planungsprozesses verschiedene Möglichkeiten und Hebel zur Einflussnahme, um Bauwerke ökologisch nachhaltig zu gestalten und zu erhalten. Das Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner arbeitet dazu fachgebiets- und niederlassungsübergreifend Hand in Hand und bedient sich interner wie öffentlicher Planungshilfen und Arbeitsmittel. LAP versucht in jeder Phase der Planung die Auswirkungen von Einzelentscheidungen zu reflektieren und so das Gesamtergebnis aus Planungs- und Bauprozess zu optimieren.

Bei vorhandenen Bauwerken wird zunächst erörtert, ob und welche Erhaltungsmöglichkeiten sich im jeweiligen Einzelfall ergeben sowie welche Maßnahmen für die Weiternutzung eines Gebäudes oder einer Brücke möglich sind und notwendig werden. Durch die intensive Anwendung vorhandener Regelwerke und ingenieurmäßige Berechnungsmethoden in Kombination mit substanziellen Bauwerksuntersuchungen konnte bereits eine Vielzahl an Bauwerken erhalten werden.

Als Grundsatz gilt jedoch immer, dass die Sicherheit eines Bauwerks unantastbar ist. Daher sind Ersatzneubauten von Bauwerken oder Bauwerksteilen nicht immer vermeidbar und in bestimmten Fällen sogar nachhaltiger als ein Bauwerkserhalt. Für diese Fälle gilt es, besonders in den frühen Phasen (Tragwerksentwicklung, Wahl des Bauverfahrens) einen Vergleich der Ökobilanz verschiedener Varianten zu unternehmen. Durch bürointern erarbeitete Berechnungstools auf Basis materialspezifischer Eingangswerte aus der ÖKOBAUDAT können frühzeitig die Weichen zu einem ökologisch nachhaltigen Bauwerksentwurf gestellt werden. Eine effiziente und materialgerechte Querschnitts- und Tragsystementwicklung hat hier höchste Priorität.

BERICHT REPORT

S. Nübler, T. Mansperger, K. Falk, D. Jünger: Strategy for sustainable design at Leonhardt, Andrä und Partner

In der weiteren Ausarbeitung betrachtet LAP stets Möglichkeiten, mit dem Einsatz innovativer Konstruktionsprinzipien und nachhaltiger Materialien das Gesamtergebnis weiter zu optimieren, um in den Fachbereichen der Tragwerks- und Objektplanung seiner Verantwortung zum Beitrag für ein nachhaltiges Bauwerk bestmöglich gerecht zu werden.

Literatur [1] Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG (2025) ESG-Bericht 2024. (noch unveröffentlicht).

[2] Attitude Building Collective e. V. (2024) Entwurfstafeln Ökobilanzierung in der Tragwerksplanung. Stand November 2024.

[3] Nübler, S. (2023) Kolumne Stuttgarter Nachhaltigkeitsstammtisch: Bauen im Bestand – lasst uns Brücken … ERHALTEN! nbau. Nachhaltig Bauen 2, H. 6, S. 12.

[4] Kahl, M.; Qinami, A.; Falk, K. (2024) Nachhaltigkeit im Tragwerksentwurf am Praxisbeispiel. 28. Dresdner Baustatik-Seminar. TU Dresden, Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke. Dresden, 25. Oktober 2024.

[5] Nübler, S.; Jung, R. (2024) Nachhaltigkeit im Brückenbau: Mit Mut und Innovation zu mehr Bauwerkserhalt und zukunftsgerechter Neubauplanung in: Bundesingenieurkammer [Hrsg.] In-

genieurbaukunst 2025: Made in Germany. Berlin Ernst & Sohn, S. 156–160.

[6] Bothner, R. (2021) Die neue Hanns-Martin-Schleyer-Brücke in Esslingen in: Wiederspahn, M. [Hrsg.] Tagungsband 21. Symposium Brückenbau Construction & Engineering in Leipzig. Leipzig, 10./11. Feb. 2021. Wiesbaden: Verlagsgruppe Wiederspahn, S. 104–113.

[7] Mansperger, T. (2024) Das Bauwerk 399c – innovativ und nachhaltig in: Curbach, M. [Hrsg.] Tagungsband Dresdner Brückenbausymposium. Dresden, 13./14. März 2024. Dresden: Institut für Massivbau der TU Dresden, S. 129–140.

[8] Stroetmann, R.; Wisnewski, J.; Lewerenz, C.; Mansperger, T. (2023) Entwicklung einer Orthoverbundfahrbahnplatte für Straßenbrücken. Stahlbau 92, H. 9, S. 586–602. https://doi.org/10.

1002/stab.202300020

Autor:innen Stefan Nübler, M.Sc. B.Eng (Korrespondenzautor:in) stefan.nuebler@lap-consult.com Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG Heilbronner Str. 362 70469 Stuttgart

Dipl.-Ing. Dorothea Jünger dorothea.juenger@lap-consult.com Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG Heilbronner Str. 362 70469 Stuttgart

Dipl.-Ing. Tobias Mansperger tobias.mansperger@lap-consult.com Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG Cottaer Str. 2 01159 Dresden

Zitieren Sie diesen Beitrag Nübler, S.; Mansperger, T.; Falk, K.; Jünger, D. (2025) Strategie für nachhaltige Planung im Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner.

Bautechnik 102, H. 1, S. 45–55. https://doi.org/10.1002/bate.202400095

Korbinian Falk, M.Eng. korbinian.falk@lap-consult.com Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG Bucher Str. 103 90419 Nürnberg

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

Wiley VCH 2501 / 388072

Donnerstag, 19.12.2024 [S. 55/55]

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1

DOI: 10.1002/bate.202400098

Matthias Barthauer

BERICHT

Die Nachhaltigkeitszertifizierung von Büroimmobilien gewinnt an Relevanz DGNB, LEED und BREEAM sind die führenden Green-BuildingZertifizierungssysteme für Immobilien in Deutschland. Der Anteil der zertifizierten Büroimmobilien am gesamten Bestand in den sieben wichtigsten Märkten beträgt im Schnitt 14 %, wobei der Anteil in Frankfurt am Main mit 27 % mit Abstand am höchsten ausfällt. Insbesondere Banken und Finanzdienstleister mieten überdurchschnittlich häufig Flächen in zertifizierten Büroimmobilien an. Aus Investorensicht hat die Zertifizierung eine positive Auswirkung auf die erzielbare Miete. Der Effekt liegt zwischen 0,4 % in Toplagen und 6,8 % in Drittlagen.

The sustainability certification of office properties is becoming increasingly important DGNB, LEED and BREEAM are the leading green building certification systems for real estate in Germany. The share of certified office buildings in the total office stock averages 14 % in the seven most important markets, with the share in Frankfurt am Main being by far the highest at 27 %. Banks and financial service providers in particular rent space in certified office properties at an above-average rate. From an investor‘s perspective, certification has a positive effect on the achievable rent. The effect is between 0.4 % in prime locations and 6.8 % in third locations.

Stichworte JLL; Jones Lang LaSalle; CESAR; Nachhaltigkeitszertifizierung; Büroimmobilien; Green Building; Zertifikate

Keywords JLL; Jones Lang LaSalle; CESAR; sustainability certification; office properties; green building; certificates

In der Immobilienbranche steht kaum ein Thema so sehr im Mittelpunkt wie nachhaltiges Bauen und Bewirtschaften. Gebäude spielen eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens, das die globale Erwärmung auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzen will. Dies liegt daran, dass Immobilien zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen zählen und erhebliche Mengen an Energie verbrauchen.

Aufwand sowie einer begrenzten Messbarkeit des Wettbewerbsvorteils verbunden.

Deutschland weist einen sehr hohen Baustandard durch Bauvorschriften und politische Verordnungen, wie z. B. das Gebäudeenergiegesetz, auf. Wie in Deutschland wird in den meisten Ländern der Welt gemäß nationalen Vorschriften gebaut, die nur bedingt auf andere Länder übertragbar und somit nur eingeschränkt vergleichbar sind.

Dies stellt sich als große Herausforderung dar, v. a. für international agierende Mieter, Investoren und Markteilnehmer, die die Messbarkeit und Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele sicherstellen wollen. Nachhaltigkeitszertifikate bieten sich in dem Kontext als Instrument für Messbarkeit und mehr Transparenz an. Die Motive, warum Zertifikate angestrebt werden, sind vielfältig. Ein Zertifikat dokumentiert, dass der Eigentümer für die Nutzer eine nachhaltige Arbeitsstätte geschaffen hat, deren Betrieb ggf. kostengünstiger ist als der Betrieb einer konventionell errichteten Immobilie. Weitere Motive sind die Steigerung der Attraktivität des Gebäudes im Hinblick auf die Vermarktung und die Dokumentation, dass bspw. der CO2-Fußabdruck niedriger ausfällt, damit vorgegebene Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können. Nichtsdestotrotz werden Nachhaltigkeitszertifizierungen nach wie vor oft mit einem hohen administrativen 56

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Im deutschen Immobilienmarkt dominieren zwei Zertifizierungssysteme für nachhaltiges Bauen: das einheimische System der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und das aus den USA stammende Leadership in Energy and Environmental Design (LEED).

Die britische Building Research Establishment Environmental Assessment Method (BREEAM) ist in Deutschland vertreten, genießt jedoch noch nicht die gleiche Verbreitung wie DGNB oder LEED-Zertifizierungen.

Das Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) analysiert in seiner jährlichen Publikation CESAR [1] die mit einem Nachhaltigkeitszertifikat ausgestatteten Büroimmobilien der sieben wichtigen Immobilienhochburgen in Deutschland: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Zum Ende des ersten Halbjahres 2024 belief sich der gesamte Büroflächenbestand in diesen Big-7-Städten auf 98,7 Mio. m2. Hiervon waren 13,7 Mio. m2 (14 %) der Büroflächen zertifiziert, wiesen ein Vorzertifikat auf oder waren zur Zertifizierung registriert. Im Vergleich zum Zeitpunkt zwölf Monate zuvor hat sich der zertifizierte Flächenbestand damit erheblich um mehr als 2 Prozentpunkte erhöht.

Wie in den Vorjahren weist Frankfurt mit 27 % (3,2 Mio. m2) zertifizierter Fläche am Gesamtbestand den höchsten Anteil an Zertifizierungen auf. Innerhalb von fünf Jahren hat sich der zertifizierte Bestand dort um ein

© 2024 Ernst & Sohn GmbH, Berlin. Bautechnik 102 (2025), Heft 1

Mittwoch, 18.12.2024 [S. 56/57]

1

Tab. 1

von 30 %. Die Nachfrage der Büromieter nach zertifizierten Flächen ist also höher, als es der Bestand hergibt.

Büromarktdaten Office market data

Berlin Düsseldorf Frankfurt

2

1

Büroflächenbestand in Mio. m2

Zertifizierungen* in Mio. m2

22,42

2,78

9,36

1,40

11,87

3,21

Hamburg

15,70

1,43

Köln

7,93

0,82

München 3

22,21

3,31

9,24

0,74

Stuttgart

4

1

inkl. Ratingen, Neuss, Erkrath und Hilden inkl. Eschborn und Kaiserlei 3 inkl. Umlandgemeinden 4 inkl. Leinfelden-Echterdingen * Zertifikat, Vorzertifikat oder zur Zertifizierung registriert Stand: Juli 2024; Quelle: JLL [2] 2

Drittel erhöht. Mehr als verdoppelt hat sich der zertifizierte Gebäudebestand im Marktgebiet München, das einen Zuwachs von 1,8 Mio. m2 im Vergleich zur Jahresmitte 2019 verzeichnet. In München hat inzwischen fast jeder siebte Quadratmeter ein Zertifikat (Tab. 1).

Viele Büronutzer richten ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf ESG-Kriterien. Der Einsatz innovativer, energiesparender Technologien und zeitgemäßer Bürokonzepte mit hochwertiger Ausstattung bietet einen doppelten Nutzen: Einerseits wird der CO2-Ausstoß des Bürobetriebs reduziert, andererseits steigern diese Maßnahmen die Effizienz und das Wohlergehen der Mitarbeiter. Insbesondere Banken und Finanzdienstleister mieten überdurchschnittlich häufig Flächen in zertifizierten Büroimmobilien an.

Analysiert man den Flächenumsatz und damit die Vermietungsaktivität im ersten Halbjahr 2024 in den genannten Städten, so entfiel auf zertifizierte Flächen ein Anteil

Zunehmende Nachhaltigkeitsanforderungen machen es für viele Unternehmen erforderlich, Flächen für ihre Geschäftsräume in energieeffizienten und emissionsarmen Gebäuden anzumieten. Diese Entwicklung betrifft auch Asset- und Investmentmanager, die ihre Portfolios zunehmend auf umweltfreundliche Immobilien ausrichten müssen. Dadurch gewinnen zertifizierte Bürogebäude stark an Relevanz. Eine JLL-Studie vom Mai 2024 zeigt, dass solche Gebäude, besonders außerhalb der Toplagen, höhere Mieteinnahmen generieren können. In relativen Beträgen ausgedrückt, lässt sich mit fertiggestellten, zertifizierten Bürogebäuden mit mindestens Gold-Standard in der besten Lage ein Mietaufschlag von 0,4 % erzielen, in Zweitlagen sind es bereits 4,1 % und in Drittlagen sogar 6,8 %. Der geringe Aufschlag in Toplagen erklärt sich durch die aktuelle Flächenknappheit. In zentralen Geschäftsvierteln (CBDs) spielt die Zertifizierung als Differenzierungsmerkmal daher im Gegensatz zu weniger gefragten Standorten eine untergeordnete Rolle.

BERICHT REPORT

M. Barthauer: The sustainability certification of office properties is becoming increasingly important

Die Entwicklungen in den Immobilienhochburgen unterstreichen den Trend zu nachhaltigen und energieeffizienten Immobilien im Bürosektor sowie die Nachfrage nach Flächen in den begehrten Toplagen. Zertifizierungen spielen eine wichtige Rolle für Mieter und Investoren und werden immer stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen. Dies gilt insbesondere für jene Akteure, die verstärkt Wert auf umweltfreundliche, energieeffiziente und gesunde Arbeitsumgebungen legen. Die Nachfrage nach zertifizierten Büroflächen übersteigt das verfügbare Angebot bei Weitem. Dies deutet darauf hin, dass sowohl bei Bestandsimmobilien als auch bei Neubauprojekten vermehrt in Nachhaltigkeit und entsprechende Zertifizierungen investiert werden muss, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden.

Literatur [1] Jones Lang LaSalle SE (2024) CESAR 2024 [online]. Frankfurt: Jones Lang LaSalle SE. https://www.jll.de/de/trends-and-insights/research/cesar [Zugriff am: 8. November 2024] [2] Jones Lang LaSalle SE (2024) Zertifizierte Büroflächen machen sich vor allem abseits der Toplagen bezahlt [online]. Frankfurt:

Autor:in Matthias Barthauer (Korrespondenzautor:in) matthias.barthauer@jll.com Jones Lang LaSalle SE Research Alter Steinweg 1 20459 Hamburg

Jones Lang LaSalle SE. https://www.jll.de/de/presse/Zertifizierte-Bueroflaechen-machen-sich-vor-allem-abseits-der-Toplagenbezahlt [Zugriff am: 8. November 2024]

Zitieren Sie diesen Beitrag Barthauer, M. (2025) Die Nachhaltigkeitszertifizierung von Büroimmobilien gewinnt an Relevanz. Bautechnik 102, H. 1, S. 56–57. https://doi.org/10.1002/bate.202400098

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

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Editor-in-Chief: Prof. Dr. Matthias Flora Editorial Board: Prof. Dr. Oliver Fischer, Prof. Dr. Thomas Marcher, Prof. Dr. Panos Spyridis, Prof. Onur Behzat Tokdemir, Prof. Xiangyu Wang, Ph.D.

Civil Engineering Design Holistic digital design, construction and maintenance of infrastructures Online only, hybrid open-access journal 4 issues per year All aspects of digitalisation in infrastructure engineering

ISSN 2625-073X

Research papers as well as practice-oriented reports VOLUME 6 / MARCH 2024

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Short review and publication times

Civil Engineering Design Holistic digital design, construction and maintenance of infrastructures

Manuscript submission via ScholarOne Peer-reviewed

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11/2024

28.11.2024 11:17:38

Aus dem Inhalt Deutscher Ingenieurbaupreis 2024 feierlich in Berlin verliehen ........ 59 Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur geht an das Collegium Academicum .............................................................................. 60 69. BetonTage – Branchenkongress mit neuer Programmstruktur und neuen Zielgruppen ............................................................................... 61 Veranstaltungskalender ........................................................................ 62

BAUTECHNIK aktuell 1/25

WETTBEWERBE

Der Deutsche Ingenieurbaupreis geht nach Essen. Das Ingenieurbüro Ripkens Wiesenkämper Beratende Ingenieure PartGmbB erhielt am 28. November 2024 bei einer feierlichen Preisverleihung im Deutschen Technikmuseum in Berlin den mit 30.000 Euro dotierten Staatspreis für den Luftschiffhangar in Mülheim an der Ruhr. Mit dem erstmals ausgelobten Nachwuchspreis (10.000 Euro) wurde das Ingenieurbüro Pyttlik & Bormann S.À R.L für das CLTECH Brettsperrholzwerk in Kaiserslautern ausgezeichnet. Die Verleihung nahmen Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, vor rund 200 Gästen vor.

Klara Geywitz: „Egal wo Menschen sich aufhalten, sie sind umgeben von Ingenieurleistungen. Mit unserem Staatspreis möchten wir diese Leistung am Bau sichtbar machen. Ingenieurinnen und Ingenieure beeinflussen mit ihrem Tun unsere gebaute Umwelt. Sie tragen zu mehr Innovation und Nachhaltigkeit im Bauen bei – das zeigen unsere prämierten Projekte eindrücklich. Natürlich arbeiten sie nicht alleine, deshalb beglückwünsche ich ebenso die Bauherrinnen und Bauherren, die die Umsetzung ermöglicht haben. Ich freue mich, dass wir dieses Jahr mit dem Nachwuchspreis auch die Leistungen von jungen Talenten würdigen und der Öffentlichkeit zugänglich machen konnten.“ Dr.-Ing. Heinrich Bökamp: „Das Siegerprojekt des Deutschen Ingenieurbaupreises zeigt auf beeindruckende Weise, dass es sich auszahlt, mutig und im Team neue Wege zu gehen. Der Einsatz nachhaltiger Baustoffe ist beispielgebend. Damit wird ein wichtiger Beitrag zum nachhaltigen, zukunftsfähigen Bauen geleistet. Ich gratuliere den Preisträgern ganz herzlich. Auch den anderen Projekten, die mit Auszeichnungen geehrt wurden, zolle ich meinen Respekt.“

Foto: BMWSB/Christoph Petras

Deutscher Ingenieurbaupreis 2024 feierlich in Berlin verliehen

Die Verleihung des Deutschen Ingenieurbaupreises 2024 nahmen Klara Geywitz und Dr.-Ing. Heinrich Bökamp am 28. November 2024 vor rund 200 Gästen vor

Der Deutsche Ingenieurbaupreis ist als Staatspreis der bedeutendste Preis für Bauingenieur:innen in Deutschland und wird alle zwei Jahre verliehen – 2024 zum fünften Mal. Er wird gemeinsam vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und der Bundesingenieurkammer (BIngK) vergeben. Das Wettbewerbsverfahren wurde vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) durchgeführt. Zusätzlich wurden für vier Projekte Auszeichnungen verliehen, die mit je 4000 Euro dotiert sind.

Der Luftschiffhangar gewinnt den Deutschen Ingenieurbaupreis 2024, weil alle Kriterien der Auslobung – Gestaltung, Konstruktion, Innovation, Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit – in diesem Projekt in vorbildlicher Weise umgesetzt wurden. Der im Inneren an eine Kathedrale erinnernde Luftschiffhangar ist ein imposantes Beispiel für die konsequente Umsetzung des Holzbaus. Die Fachwerkträger und alle Knotenpunkte sind als reine Holzverbindungen ausgeführt. Diese innovative

Konstruktion stellt einen bedeutenden Fortschritt im Holzbau dar. Die Dimensionierung des Hallentragwerks und die Verwendung von vorgefertigten, rückbaubaren Elementen zeugen von einer durchdachten, von Anfang an integralen und BIMgestützten Planung. Die vom frühzeitigen Dialog zwischen Holzbau, Tragwerksplanung und Maschinenbau geprägte Planung zeigt, wie innovative Lösungen in die Praxis umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund beeindruckt auch die Bauzeit von nur sechs Monaten. Der Luftschiffhangar verknüpft in idealer Weise Ingenieurbaukunst mit Nachhaltigkeitskriterien. Die Holzkonstruktion ist rückbaubar, sodass eine Wiederverwendung der Bauteile möglich ist. Die Fundamente des Vorgängerbaus wurden vor Ort gebrochen und direkt wieder eingebaut, der Boden des Hangars besteht aus gebrauchten Betonplatten und die Aluminiumdeckung ist sortenrein rückbaubar und recycelbar.

Das CLTECH Brettsperrholzwerk erhielt den Nachwuchspreis, da der über 34 m spannende, 2,60 m hohe hybride Fach-

Bautechnik 102 (2025), Heft 1

59

BAUTECHNIK aktuell werkträger, der die Ausbildung eines sehr ressourcensparenden Dachtragwerks ermöglicht, von der Jury als besonders preiswürdig hervorgehoben wurde. Durch die innovative Kombination von Eichenschwachholz mit den Stahlzugdiagonalen konnte eine schlanke und CO2-minimierte Konstruktionsweise mit geringer Bauhöhe

realisiert werden. Das Betreten von Neuland bei der Verwendung von Schwachholz im Holzbau betrifft sowohl die konstruktive Ausbildung als auch deren Bemessung.

Die Nutzung von lediglich entrindeten Hölzern ermöglichte zudem eine neue gestalterische Sprache und verleiht dem Tragwerk seine einzigartige Charakteristik.

Hervorzuheben ist die kurze Planungsund Ausführungszeit, die nur durch eine vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligten möglich war.

Weitere Informationen: www.bbr.bund.de/deutscher-ingenieurbaupreis-2024

WETTBEWERBE

Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur geht an das Collegium Academicum

„Das Collegium Academicum ist ein Paradebeispiel dafür, wie gemeinschaftliches Planen, Bauen und Leben funktionieren kann“, sagt Prof. Amandus Samsøe Sattler, DGNB Präsident und Vorsitzender der Jury. „Die Eigeninitiative einer jungen Generation und das auf allen Ebenen gelungene Ergebnis stimmt zuversichtlich, dass es uns als Gesellschaft gelingen kann, unsere ureigenen Bedürfnisse in einer sowohl gleichberechtigten als auch nachhaltigen Gemeinschaft zusammen mit anderen zu erfüllen.“ Als Reaktion auf fehlenden bezahlbaren Wohnraum und aus dem Bedürfnis heraus, ökologisch vertretbar zu leben, wurde das Projekt Collegium Academicum von einer Gruppe junger Aktivist:innen ins Leben gerufen. Umgesetzt wurde es im Zuge der Internationalen Bauausstellung in Heidelberg in einem partizipativen Entwurfs- und Bauprozess. Heute bildet das Collegium Academicum das größte selbstverwaltete und selbstfinanzierte Wohn- und Gemeinschaftsprojekt für Menschen in der Ausbildung in Deutschland.

Auf der Konversionsfläche eines ehemaligen US-Militärhospitals fungiert das aus zwei sanierten Bestandsbauten und einem

60

Bautechnik 102 (2025) Heft 1

Quelle: Dariusz Misztal

Das Wohn- und Gemeinschaftsprojekt Collegium Academicum in Heidelberg wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur ausgezeichnet. Mit ihrer Wahl würdigt die Jury neben der architektonischen Qualität des selbstverwalteten Projektes auch die Eigeninitiative einer Gruppe junger Menschen. Entstanden ist ein zukunftsfähiges Areal, in dem die Gemeinschaft nachhaltig gestärkt wird. Deutschlands wichtigster Architekturpreis für nachhaltiges Bauen wurde in diesem Jahr zum zwölften Mal von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. zusammen mit der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis vergeben. Die Preisverleihung fand am 29. November 2024 im Rahmen des 17.

Deutschen Nachhaltigkeitstags in Düsseldorf statt.

DGNB-Präsident Prof. Amandus Samsøe Sattler, Frederik Ehling, Partner DGJ Architektur, Dr. Franziska Meier, Geschäftsführerin der Collegium Academicum GmbH und Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB

Neubau bestehende Areal als Entrée für ein aktuell entstehendes Quartier. Gleichzeitig spielt es eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung des für lange Zeit brachliegenden Stadtteils Rohrbach. Die Jury sieht das Projekt als Vorbild für eine sozial gerechte und gesellschaftsbildende Nachbarschaft inklusive der Umsetzung aller Parameter des nachhaltigen Bauens, der Nachnutzung und einer klimaangepassten Architektur.

Der im Zuge des Projektes von DGJ Architektur entworfene Holzneubau vereint im Sinne der Suffizienz flexibles und flächensparendes Wohnen, Leben und Lernen, ohne dabei auf Qualität zu verzichten.

Neben Wohnraum bietet das Collegium Academicum unterschiedliche Gemeinschaftsflächen wie eine Aula für Veranstaltungen, Werkstätten, Seminar- und Arbeitsräume. Innerhalb der 46 Wohngemeinschaften verändern die Bewohnerinnen und Bewohner dank flexibler Trennwände ihre Individualfläche zwischen 7 und 14 m² eigenständig, wodurch der gemeinschaftlich genutzte Bereich je Woh-

nung entsprechend größer oder kleiner wird.

Neben dem Collegium Academicum in Heidelberg standen das integrative Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbund e.V. in Dresden vom Büro Alexander Poetzsch Architekturen und die Erweiterung Werk II der Firma elobau in Leutkirch im Allgäu vom Büro f64 Architekten und Stadtplaner in der Endauswahl. Bei allen drei Projekten ist es den Beteiligten gelungen, über eine grundsätzlich nachhaltige Bauweise hinaus auch die soziale Komponente beim Bauen einzubeziehen und ganz unterschiedliche Orte für die Gemeinschaft zu schaffen.

Alle Einreichungen wurden von einer Fachjury bewertet, die auch in diesem Jahr wieder mit einem breit aufgestellten Kreis an anerkannten Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Bauen und Gesellschaft besetzt war. Bei der diesjährigen Jury mit dabei waren Heike Gruner (Geschäftsstelle Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“),

BAUTECHNIK aktuell

Innenhof Collegium Academicum in Heidelberg

Martin Haas (haas.cook.zemmrich – STUDIO 2050), Prof. Thorsten Helbig (knippershelbig GmbH), Prof. Maren Kohaus (Technische Hochschule Rosenheim, sustainable architecture GmbH), Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Gabriele Pfründer (Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR), Prof. Matthias Rudolph (Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart), Prof. Amandus Samsøe Sattler (ensømble studio

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur wurde zum zwölften Mal gemeinsam von der DGNB und der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis vergeben. Die Auszeichnung wird unterstützt durch die Bundesarchitektenkammer, den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, die Bundesstiftung Baukultur sowie Caparol.

Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB: „Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wurde in diesem Jahr durch einen parallel zur Veranstaltung veröffentlichten Artikel begleitet, der die Seriosität des Preises infrage stellt. Mindestens mit Blick auf unseren gemeinsam vergebenen Architekturpreis möchten wir die Anschuldigungen entschieden zurückwei-

Quelle: Thilo Ross

Quelle: Thilo Ross

architektur Berlin), Frank Schönert (Hütten & Paläste) sowie Ralph WölffingSeelig (Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen bdla, Landesverband BadenWürttemberg e.V.).

Wohngemeinschaft Collegium Academicum in Heidelberg

sen. Der DNP Architektur ist in seiner Methodik über viele Jahre etabliert und genießt zurecht eine hohe Reputation. Viele wertvolle Debatten konnten in den letzten Jahren mit dem Wettbewerb angestoßen werden.“ Weitere Informationen: www.dgnb.de/dnp-architektur www.nachhaltigkeitspreis.de/wettbewerbe/ architektur

VERANSTALTUNGEN

69. BetonTage – Branchenkongress mit neuer Programmstruktur und neuen Zielgruppen „Nachhaltigkeit neu Denken“ ist die Mission der 69. BetonTage. Der Leitkongress der Beton- und Fertigteilindustrie findet vom 11.–13. März 2025 im Congress Centrum Ulm statt, wartet mit einer neuen Programmstruktur auf und zielt auf die ökologische und digitale Transformation des Bauwesens ab. Was kann den Paradigmenwechsel weiter vorantreiben? Wie sieht das Bauen der Zukunft aus? Welche Führungsrolle spielt die Vorfertigung? Alle Vorträge beschäftigen sich mit diesen Fragen und zeigen Lösungen auf. Ausgewählte Podien werden wieder ins Englische übersetzt. Begleitet wird das Branchenevent wieder von einer umfangreichen Ausstellung mit Unternehmen und Start-ups aus der Zuliefer-, Maschinen- und Softwareindustrie.

Für die kommenden BetonTage wurde die Struktur des Programmes überarbeitet. So startet der Kongress am 11. März 2025 mit dem 1. Deutschen Infrastrukturtag. Die ganztägige Veranstaltung wird mit dem Bundesverband Betonkanalsysteme ausgerichtet. Die Vorträge präsentieren zukunftsweisende nachhaltige Lösungen von Kanal- und Schachtsystemen sowie des dezentralen Regenwassermanagements und nehmen als neue Zielgruppen Planungsbüros des Tiefbaus und die Öffentliche Hand als ausschreibende Stellen in den Fokus.

Parallel dazu findet ab 13 Uhr für die Hersteller von Betonfertigteilen und Betonwa-

ren das Podium „Alles, was RECHT ist“ statt. Konkrete juristische und wirtschaftliche Hilfestellungen für den Betriebsalltag in schwieriger werdenden Zeiten stehen auf der Agenda.

Die offizielle Eröffnung des Kongresses samt Ausstellung erfolgt um 17 Uhr. Keynote nach den Grußworten ist Boris Palmer, Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, der für seine provokanten Handlungsweisen bekannt ist. Sein Beitrag „Wider die Bürokratie des Bauens“ zeigt, wie ein Wust von Vorgaben in Deutschland viele wichtige kommunale Projekte verzögert oder gar verhindert. Laut dem früheren Grünen-Politiker ist das Maß an sinnvoller Bürokratie in Deutschland längst überschritten. Er fordert mehr Handlungsfreiheit in der Kommunalpolitik und schlägt Ansätze zum Bürokratieabbau im Bauen vor.

Der anschließende Branchentreff FAIRbinden bietet zum Ausklang des ersten Kongresstages Gelegenheit zum Networking in entspannter Atmosphäre.

Die Zukunft des Bauens gehört der Vorfertigung. Beiträge rund um die Herstellung und das Bauen mit Betonbauteilen ziehen sich daher wie ein roter Faden durch das Programm der 69. BetonTage. In diesem Jahr erhalten die Teilnehmenden Einblicke in das aufstrebende Gastland

Brasilien. Iria Doniak, die amtierende fibPräsidentin, ist selbst Eigentümerin eines Betonfertigteilwerks. Trotz der grundsätzlichen Verkürzung auf die zwei Haupttage Mitttwoch und Donnerstag für das Fachprogramm wurde die Programmvielfalt voll erhalten, auch vormittags finden bereits Parallelsessions statt. Sie wurden wieder in Zusammenarbeit mit den Fachorganisationen geplant und liefern wichtige Praxis-Impulse.

Die Beiträge spannen einen thematischen Bogen vom konstruktiven Fertigteilbau über den Leichtbau, das serielle und modulare Bauen bis hin zur additiven Fertigung und dem Re-Use von Betonbauteilen. Ausgewählte architektonische Lösungen aus Leichtbeton und Betonwerkstein zeigen darüber hinaus die Potenziale der Betonfertigteilbaus im Wohn- und Gewerbebau auf. Das Podium „Urbane Gestaltung von Lebensräumen“ adressiert die Hersteller von Betonsteinen. Vorträge und Vorführungen im Rahmen des PraxisWorkshops greifen Fragestellungen aus dem Betriebsalltag von Produktionsverantwortlichen im Werk auf.

Eine Schlüsselrolle zur Erreichung der Klimaziele im Bausektor spielt die Wissenschaft. Das Podium „Praxisgerechte Forschung für Beton“ zeigt wegweisende Entwicklungen im Bereich der Betontechnologie. Moderne Betone und ressourcenscho-

Bautechnik 102 (2025) Heft 1

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VERANSTALTUNGSKALENDER nende Zemente spielen dabei ebenso eine Rolle wie der Einsatz von multifunktionalen innovativen Betonbauteilen. „Nachhaltigkeit neu denken bedeutet auch, mit allen am Bau Beteiligten gemein-

sam nach innovativen Lösungen suchen“, so der Veranstalter Dr. Ulrich Lotz. Am 13. März 2025 wird daher in Kooperation mit der Bauwirtschaft bereits der 6. „Zukunftstag Bauwirtschaft“ bestritten. Zielgruppe sind neben Betonfertigteilherstel-

lern Verantwortliche aus Bauunternehmen, Architektur- und Ingenieurbüros.

Zum ausführlichen Programm: www.betontage.de

Kongresse – Symposien – Seminare – Messen

Änderungen vorbehalten – bitte beachten Sie die aktuellen Informationen der jeweiligen Veranstalter:innen.

Ort und Termin

Veranstaltung

Auskünfte und Anmeldung

Braunschweig 20.–21. Februar 2025

Pfahl-Symposium 2025

www.pfahl-symposium.de

Ostfildern 25.–26. Februar 2025

9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken

www.tae.de/weiterbildung/bauwesen/bautenschutzbausanierung/erhaltung-von-bauwerken

Online 04.–06. März 2025 24.–26. Juni 2025

Planen und Bauen für den Klimaschutz

www.betonverein.de/veranstaltungskalender

Ulm 11.–13. März 2025

69. BetonTage

www.betontage.de

Dresden 19. März 2025

Experimentelle Untersuchungen von Baukonstruktionen (SEUB)

https://tu-dresden.de/bu/bauingenieurwesen/imb/dasinstitut/veranstaltungen/SEUB

Stuttgart 20.–21. März 2025

Deutscher Bautechnik-Tag

https://bautechniktag.de

Essen 27. März 2025

14. RuhrGeo-Tag 2025

www.uni-due.de/geotechnik

Leipzig 02. April 2025

Leipziger Abdichtungsseminar

https://leipziger-abdichtungsseminar.de

Berlin 20.–21. Mai 2025

6. Deutscher Holzbau Kongress (DHK 2025) Bauen mit Holz im urbanen Raum

https://events.forum-holzbau.com/DHK

Hannover 26.–30. Mai 2025

Ligna Making more out of wood

www.ligna.de

Dresden 7. November 2025

29. Dresdner Baustatik-Seminar

https://tu-dresden.de/bu/bauingenieurwesen/sdt/ tagungen/dresdner-baustatikseminar

Hamburg 25.–27. November 2025

STUVA-Expo 2025

www.stuva-expo.de/start-stuva-expo-2023-new.html

62

Bautechnik 102 (2025) Heft 1

Chefredakteur

Impressum

Dr.-Ing. Dirk Jesse Chefredakteur Bautechnik Verlag Ernst & Sohn Rotherstraße 21 10245 Berlin Tel.: +49 (0)30 / 47031-275 Fax: +49 (0)30 / 47031-270 dirk.jesse@wiley.com

Bautechnik – Fachzeitschrift für Entwurf und Konstruktion, Berechnung und Ausführung, ­Brücken- und Verkehrsbau, Ingenieurhoch-, Holz- und Mauerwerksbau, Grundbau, Wasserbau, Bauwerkserhaltung und Baukultur.

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Satz: 3w+p GmbH Typesetting Automation Experts, Rimpar Druck: Westermann Druck Zwickau GmbH, Crimmitschauer Straße 43, D-08058 Zwickau Gedruckt auf säurefreiem Papier. © 2025 Ernst & Sohn GmbH Beilagenhinweis: Diese Ausgabe enthält folgende Beilagen: Ernst & Sohn GmbH, 10245 Berlin

Bautechnik 102 (2025) Heft 1

Vorschau 2/25 Zum Bild Die neue Gänstorbrücke wird die von Ulrich Finsterwalder im Jahr 1950 errichtete Spannbetonrahmenbrücke über die Donau zwischen den Städten Ulm und Neu-Ulm ersetzen. Das geplante Bauwerk ist ein einfeldriges integrales Verbundrahmenbauwerk mit einer lichten Weite von 86,50 m und damit eines der längsten Bauwerke seiner Art in Deutschland.

Im Beitrag von Thomas Klähne et al. wird über die statische Konzeption, die Herstellung sowie die Planung maßgebender Details wie u. a. die Ausbildung der Rahmenecke und die Leitdetails des Stahlbaus berichtet. Dabei war die integrierte Planung des Stahl- und Massivbaus mithilfe von 3D-Modellen in der Statik und Konstruktion von großem Vorteil.

Quelle: Thomas Klähne

Conrad Pelka, Jenny Keßler, Steffen Marx Gegenüberstellung der CO2-Bilanz für Erhalt und Neubau von Eisenbahnbrücken Samuel Loidl, Lara Bettinelli, Josef Fink Anwendbarkeit einer zugspezifischen Zusatzdämpfung auf neue Wagengenerationen Thomas Klähne, Bastian Sweers, Timo Roth Planung der neuen Gänstorbrücke in Ulm David Schaarschmidt, Jakob Putz, Frank Jesse, Holger Flederer, Thomas Bösche Prototyp einer vollmodularen Straßenbrücke – Adaptiv, reversibel und sofort tragfähig durch vorgespannte Trockenfugen Sebastian Krohn Brückenmodernisierung im Zuge des achtstreifigen Ausbaus der A1 in Hamburg Pauline Esser, Maria Walker, Alex Lazoglu, Lisa Ulbrich, Oliver Mosig, Steffen Marx Charakterisierung Digitaler Brückenzwillinge zur Integration messwertgestützter Tragsicherheitsnachweise Tobias Mansperger, Manuela Theis, Rolf Jung Die Elbebrücke Wittenberge im Zuge der BAB A14 (Änderungen vorbehalten)

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Das Nachschlagewerk zum Mauerwerksbau behandelt in seinem 50. Jahrgang verschiedene Aspekte des Nachhaltigen Bauens mit Mauerwerk. Verschiedene Methoden zur Erreichung von nachhaltigen Gebäuden, auch im Entwurf, werden vorgestellt.

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