Leben
„Babys gut gelandet. Danke für die Flugbegleitung“ Lilo Edelmann arbeitet seit 40 Jahren als freiberufliche Hebamme - Petition „Rettet die Hebammen“
Seit 40 Jahren ist Lilo Edelmann als Hebamme tätig, davon seit 24 Jahren in Meppen. „Es ist ein schöner Beruf, ich bin glücklich“, sagt die 59-Jährige. Den Beweis, dass auch sie zum Glück vieler Familien beigetragen hat, sieht man überall im Familien-Gesundheitszentrum „Wiege“, Am Nachtigallenwäldchen in Meppen. Die Wände der Praxis sind voll dekoriert mit Fotos von lachenden Babys, glücklichen Müttern und Dankesworten in Gedichtform. Hier ein Beispiel: „Liebe Lilo – ganz herzlichen Dank für die tolle Betreuung vor, während und nach der Geburt unserer süßen Engel“, haben die Mütter vom Geburtsvorbereitungskurs Februar/März 2010 geschrieben. Auf einem anderen Bild liest man: „40 Wochen Schwangerschaft sind schon ein Erlebnis, doch erst nach der Geburt sieht man das Ergebnis. In dieser äußerst spannenden Zeit, wurden wir immer super betreut. Wir möchten herzlichst Danke sagen, für tolle Tipps auf viele Fragen.“ Ein weiteres Zitat: „Crew an Lilo: Babys gut gelandet. Danke für die Flugbegleitung!“ All diese Dankesworte sprechen von einer tiefen Verbundenheit und Dankbarkeit gegenüber der Hebamme, die vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende
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emsblick
– April/Mai 2014
der Stillzeit nur für die Mütter da ist. Darüber freuen sich Lilo Edelmann und ihre Kolleginnen sehr. Sie sind auch dankbar, dass viele junge Frauen, Mütter und Väter das Anliegen der Hebammen unterstützen. Denn sie haben aktuell ein großes Problem. Es betrifft alle freiberuflichen Hebammen in Deutschland. Ab Sommer 2015 gibt es für diesen Berufsstand keine Haftpflichtversicherung mehr. Für die Hebammen bedeutet dies das berufliche Aus, denn ohne Versicherung dürfen sie nicht arbeiten. Sie sind ja per Gesetz dazu verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. „Rettet die Hebammen“, heißt eine bundesweite Online-Petition, die auch viele Mütter aus Meppen unterschrieben haben. 2003 zahlten die Hebammen in Deutschland noch 453 Euro Haftpflichtprämie im Jahr. In den letzten zehn Jahren sind aber die Kosten um das Zehnfache gestiegen. Die Lage hatte sich vor kurzem durch die Ausstiegsankündigung einer Versicherung aus den beiden letzten verbliebenen Versicherungskonsortien weiter zugespitzt. Lilo Edelmann weist darauf hin, dass sich bereits viele der freiberuflichen Hebammen aus der Geburtshilfe verabschiedet haben. Für werdende Familien bedeutet dies nach ihren Worten, dass ihre Grundversorgung
Der Hintergrund: Der Deutsche Hebammenverband e.V. hat 2010 die erste Petition ins Rollen gebracht. 2013 ist eine Mutter den nächsten großen Schritt gegangen, indem sie durch eine Online-Petition auf die weiterhin bestehenden Missstände aufmerksam gemacht hat und die Politiker mit Hilfe tausender Unterschriften dazu bewegte, nach Lösungen für die Hebammensituation zu suchen und eine Neuregelung der Haftpflichtprämien herbeizuführen. Mit der OnlinePetition hat Anke Bastrop viele Menschen bewegt. Sie schrieb: „Ich bitte Sie, diese Petition zu unterstützen. Sie unterstützen damit ihre Töchter, ihre Enkelin, ihre Freundin, alle Frauen, die eine selbstbestimmte Geburt haben möchten. Sie unterschreiben im Sinne aller Kinder, die ein Recht darauf haben, in Ruhe geboren zu werden. Sie unterschreiben den Fortbestand dieser Gesellschaft.“
nicht mehr flächendeckend gewährleistet werde. Die Hebamme fragt: Was ist dann mit dem Menschenrecht auf freie Wahl des Geburtsortes? Lilo Edelmann hofft, dass die Lösung nun bald auf der politischen Ebene gefunden werden kann. Die betroffenen Mütter und ihre Familien dürften nicht im Stich gelassen werden. Unter welchen Umständen werden künftig ihre Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge im Wochenbett verlaufen? Edelmann, die früher 20 Jahre lang berufspolitisch gearbeitet hat, berichtet von der aktuellen Entwicklung, dass sich mit den ausufernden Versicherungskosten für freiberufliche Hebammen nun der Bundestag befasst. Demnach sollten bald Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch liegen. Die Hebammen warten darauf. „Hoffentlich nicht lange“, sagt Edelmann. Die Praxen brauche dringend Planungssicherheit. „Ich glaube, sie werden sich einig“, fügt sie zuversichtlich hinzu. Beispiele aus skandinavischen Ländern zeigen, dass Lösungen möglich sind. Es geht ja um die Mütter. Fotos: Anna Solbach