Bild mitte: Mit größter Sorgfalt zeichnet Christine Heuer Muster mit Wachs auf die Eier. So entstehen wahre Kunstwerke, die in der Landessprache Pisanky, “die Geschriebenen”, heißen.
„Es ist mein Hobby und Leidenschaft zugleich“, erläutert Christine Heuer, vom Beruf Medizinisch Technische Assistentin (MTA). Dann erzählt sie die Geschichte, wie sie dazu gekommen ist, Ostereier mit ukrainischen Mustern zu bemalen. „Das war in New York“, sagt die Meppenerin, die ihren Mann auf Geschäftsreisen ins Ausland begleitet. Dort habe sie ein Geschäft mit Spezialitäten aus der Ukraine entdeckt, in dem man auch Kurse besuchen konnte. Für einen Kurs habe sie sich dann angemeldet. „Es hat Spaß gemacht“, schwärmt sie. Das erste Osterei, das sie bemalte, hatte eine dunkle Optik und nur eine Blume an beiden Seiten. Mittlerweile hat sie die Technik verfeinert und weiterentwickelt. Die Farben bringt ihr Mann immer noch aus New York mit. Die ukrainischen Muster kombiniert sie mit literarischen Sprüchen und Zitaten, gerne von Wilhelm Busch. Sie zeigt auch vier Gänseeier mit Bildern und Texten aus der „Häschenschule“, dem wohl bekanntesten Bilderbuch von Fritz Koch Gotha und Albert Sixtus über Hasenhans und Hasengretchen und ihren Schulkameraden, bemalt. „Ich habe sie für meine Enkelkinder gemacht“, sagt sie. „Waren Sie einmal in der Ukraine?“ „Nein“, lautet die Antwort. Dann holt Christine Heuer einen Stapel Bücher und Museumskataloge auf Englisch und Ukrainisch aus dem Regal und zeigt, dass sie das osteuropäische Land und seine Kultur mittlerweile gut kennt. Allerdings aus einer anderen Perspektive. Die kunstvoll verzierten Ostereier heißen in der Landessprache „Pisanky“, was ins Deutsche übersetzt „die Geschriebenen“ heißt. „Die bemalten Ostereier werden in der Ukraine verschenkt und sind ein fester Bestandteil des christlichen Osterbrauchtums“, sagt sie. Sie gelten als Glücksbringer und drücken aus, dass alle Sachen in der Welt lebendig sind. Es gibt eine Legende, die besagt, dass die zur Osterzeit verschenkten Eier die Häuser und ihre Bewohner vor Unglück und Katastrophen schützen und sich positiv auf Gesundheit, Fruchtbarkeit, Liebe und Reichtum auswirken sollen.
„Jedes Motiv und auch jede Farbe haben eine symbolische Bedeutung“, erläutert Heuer. Blumen symbolisieren Liebe, Barmherzigkeit und den guten Willen. Gelbe Sonnenblumen zeigen die Wärme der Sonnenstrahlen. Rote Rosen sind Symbole für Liebe und Fürsorge. Immergrüne Bäume sorgen für ewige Jugend und Gesundheit. Es sind alles gute Wünsche. Auf einmal klingelt in der Werkstatt von Christine Heuer das Telefon. „Nein, Straußeneier bemale ich nicht. Sie sind zu groß. Da braucht man einen ganzen Eimer Farbe“, beantwortet sie die Anfrage. Sie bemalt Hühner-, Gänse- und Enteneier. Eine Woche vor Ostern wird sie auf dem Künstler Ostermarkt (12. und 13. April) in Neuharlingersiel mit einem Stand präsent sein. „Da kommen Sie vorbei“, lädt sie die Kundin am Telefon ein. Auf dem Teppich neben dem Schreibtisch stehen schon zwei Körbe bereit, voll gefüllt mit bemalten Ostereiern. Sie will noch ein paar mehr machen. „Die Hühnereier kaufe ich meistens auf dem Wochenmarkt“, berichtet sie weiter von ihrer Arbeitsweise. Die Eier müssen glatt sein und eine harte Schale haben. Die Muster werden mit größter Sorgfalt mit einem Wachsstift auf die Eier gezeichnet und diese nach und nach in verschiedenen Farbtönen überfärbt. So entstehen wahre Kunstwerke, wie in einer Töpferwerkstatt. Denn nicht der Wachsstift, sondern das Ei wird bewegt. Eintauchen, trocknen, zukleben, dann wieder eintauchen in eine andere, dunklere Farbe. “Es ist nicht ganz einfach“, macht Christine Heuer klar. Am Ende werden die bunten Ostereier lackiert sowie das Eiweiß und Eigelb mit einer kleinen Bohrmaschine rausgeholt. Mit den ukrainischen Ostereiern hat die Meppenerin schon sehr viele Menschen beschenkt, nicht nur zur Osterzeit. „Sie sind schöner als Blumen“, lächelt sie. Kontakt mit Christine Heuer: Telefon 05931/14476 oder per Mail helmutf.heuer@arcor.de Fotos: Anna Solbach
April/Mai 2014 –
emsblick
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