Kultur
Kunst oder Nichtkunst? Zwei legale Graffiti-Wände in Meppen in der Uferstraße und Meppener Marsch Meppens Graffiti-Szene ist tatsächlich ganz unverwechselbar die ihre. Wer legal Graffiti aufsprüht, kann sich Zeit nehmen, um ein künstlerisches Werk zu schaffen. Zwei legale Graffiti-Wände machen es in Meppen möglich. Wo genau, ist klar gekennzeichnet und mit der Stadt und Polizei abgesprochen.
Zum einen ist es eine private Wand auf der Hinterwand eines Geschäftes in der Uferstraße, die die Geschäftsführerin der Firma „Robben Bernd Eisenwaren und Holzhandel“ auf Initiative des früheren FDP-Ratsherren Clemens Paul Schulte vor 15 Jahren den Sprayern zur Verfügung stellte. Die zweite Graffiti-Wand entstand auf Wunsch der Sprayer-Szene auf zwei Brücken-Pfeilen unter der Bundesstraße B 70 in der Meppener Masch. Eröffnet wurde sie im Rahmen eines Förderprogramms des Jugendzentrums der Stadt Meppen im Juni 2013. Ihr Ziel ist es, der Graffiti-Kunst als Ausdrucksform kreativer Jugendlichen auch in Meppen eine Chance zu geben. Zu der Einweihung kamen der Bürgermeister persönlich und die Vertreter der Straßenmeisterei. Der Vorteil der zweiten Graffiti-Wand: Unter der B 70 können die Künstler auch beim schlechten Wetter arbeiten. Kunst oder Nichtkunst? Darüber haben wir uns einmal vor der ersten legalen Graffiti-Wand in der Uferstraße mit einem Kunst-Studenten aus der Schweiz, der anonym bleiben möchte, unterhalten. „Natürlich gibt es da Unterschiede“,
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emsblick
– Februar/März 2015
antwortete er mit dem Blick auf die dortigen „Writings“. Doch jeder hat nach seinen Worten irgendwie angefangen, kreativ zu arbeiten. Kunst sei es allemal, selbst wenn es sich nicht so einfach definieren lässt. „Für mich die einzige Regel ist Respekt“, wies der Sprayer auf die nicht geschriebenen Regeln der Graffitiszene hin. Denn jeder habe seinen eigenen Stil. So gebe es zum Beispiel Künstler, die ihre „Signs“ tausendmal an die Wände gesprayt haben. Trotzdem Respekt. Er dagegen male seine Graffiti jedes Mal anders. Meistens sind es Figuren, die das Basiselement der Komposition bilden. Natürlich brauche man dafür etwas mehr Zeit. Doch der Betrachter kann mit solchen Bildern mehr anfangen und sie besser verstehen. Ein gutes Graffiti-Bild auf der Wand zu malen, ist allerdings kein Kinderspaß. „Man braucht für ein einzelnes Graffito drei bis vier Stunden lang, je nachdem wie anspruchsvoll es ist“, erläuterte uns ein Sprayer. Dazu zählt noch die Übungszeit zu Hause. Denn die Hand trainieren muss man lange, bis sie so sicher ist, dass man das Graffito von der Skizze mit der Dose
auf die Wand in einem Zug übertragen kann. „Man muss dabei auf die Proportionen achten.“ Denn erst, wenn die Proportionen stimmen, fangen die Sprayer damit an, das Geschriebene zu schmücken und sie mit Farben auszufüllen. Sie tragen dabei Handschuhe und Schutzmasken, weil der Dampf aus der Dose gesundheitlich schädlich ist. Graffiti, auch „Writing on the Wall“ (Schreiben auf der Wand) genannt, ist eine Kunstform in der Tradition der abstrakten Malerei, die ihre Wurzeln in New York der 1960er Jahre und der Hip-HopKultur hat. Diese Kunstart ist jetzt heute über 50 Jahre alt. Graffiti-Museen gibt es mittlerweile in der ganzen Welt und viele „Writer“, die als Künstler internationale Kariere machen. Bekannte Namen sind z. B. „Loomit“ in München, „DAIM“ in Hamburg, „Seen“ in New York. Zudem gibt es berühmte Sprayer wie Thomas Baumgärtel, Kunstprofessor Harald Naegeli und „OZ“ in Hamburg. Zur Rechtslage: Das Aufsprühen von Graffiti ist nur auf legalen Graffiti-Wänden erlaubt. In anderen Fällen gilt es als Sachbeschädigung und wird verfolgt.