Zeitung der römisch-katholischen Pfarreien des Kantons Bern Alter Kantonsteil
Nr. 22
110. Jahrgang
Samstag, 17. Oktober, bis Freitag, 30. Oktober 2020
Am 29. November findet die Abstimmung über die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» statt. Die sogenannte Konzernverantwortungsinitiative (KVI) wird unter anderem von über 500 Kirchgemeinden und von mehr als 50 christlichen, kirchlichen Hilfswerken und Organisationen unterstützt. Erneut wird diskutiert, ob sich Kirchen politisch in Abstimmungskämpfe einmischen dürfen. Man hat in alten Zeiten von der Kanzel herab den Leuten Vorschriften gemacht, verkündet, was katholisch sei. Das will niemand mehr. Die Situation ist im konkreten Fall eine andere. Diakonie, die tätige Nächstenliebe, ist das Kerngeschäft der Kirchen. Die Kirchen sind in fast allen Kantonen öffentlich-rechtliche Institutionen. Diese dürfen sich in Abstimmungen äussern, wenn sie
vom Gegenstand der Abstimmung besonders betroffen sind. Es gibt Kampagnenmaterial zur KVI, darin kommen Menschen aus der ganzen Welt zu Wort, die unter Umweltzerstörung und Ausbeutung leiden, verursacht durch Konzerne, die ihren Sitz in der Schweiz haben. Zementstaub in Nigeria, Vergiftungen in Peru oder Kolumbien, verzweifelte Frauen, kranke Kinder. Niemand will verantwortlich sein. Hier dürfen Kirchen nicht schweigen, es geht um ihr Kerngeschäft. In der Schweiz werden Kirchensteuergelder demokratisch verwaltet. Es gibt Kirchgemeinden und Kirchenparlamente. Wenn sich eine Kirchgemeinde für die KVI ausspricht, ist das demokratisch legitimiert. Es hat also eine spezielle Qualität, wenn hunderte kirchliche Organisationen für die Menschenrechte votieren. Bei all dem gilt immer die
grundrechtlich geschützte Abstimmungsfreiheit. Die Kirchen müssen transparent und verhältnismässig sein. Argumente werden angeboten, niemandem wird das Christsein abgesprochen. Für diese «pfarrblatt»-Ausgabe haben wir einen Überblick über alle Argumente und involvierten Parteien zur KVI erstellt. Wir haben mit dem Co-Präsidenten des Initiativkomitees, alt Ständerat Dick Marty, gesprochen und mit Kampagnenleiterin Rahel Ruch. Es gibt ein Interview mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter sowie einen Kommentar und eine Predigt des Theologen Jonathan Gardy. Sie finden diese Texte auf den nächsten Seiten oder auf www.pfarrblattbern.ch. Andreas Krummenacher
Tagebau: Glencore-Mine in Cerro de Pasco, Peru. Foto: KVI
Maskenpflicht in Kirchen: Seit 12. Oktober gilt im Kanton Bern eine «Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen». Das be- deutet, dass auch in Kirchen, Pfarreizentren und anderen religiösen Versammlungsräumen Masken getragen werden müssen. Mehr auf Seite 30.
Kirchen sollen nicht handeln, um sich zu profilieren, sondern, weil es Not tut, weil es gilt, die christliche Botschaft zu leben. Heribert Prantl (siehe Seite 40)