Prävention von Radikalisierung - Leitfaden zur Entwicklung lokaler Handlungsstrategien

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European Forum for Urban Security

Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus Leitfaden zur Entwicklung lokaler Handlungsstrategien


Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus Leitfaden zur Entwicklung lokaler Handlungsstrategien Ergänzend zur im Jahr 2016 veröffentlichten Publikation "Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung auf lokaler Ebene" hat Efus diesen methodischen Leitfaden für lokale Behörden entwickelt. Er beschreibt die verschiedenen Phasen der Entwicklung einer lokalen Strategie zur Prävention von Radikalisierung, von der politischen Mobilisierung über die Konzeption und Evaluation, basierend auf einer lokalen Sicherheits- und Bedarfsanalyse. Für jede Phase werden methodische Hinweise gegeben, Hindernisse und Möglichkeiten zu deren Überwindung erklärt und Beispiele für lokale Praktiken präsentiert. Diese Tipps stammen aus der Erfahrung vieler Kommunen mit unterschiedlichen Profilen, Partner des Projekts "LIAISE 2 - Kommunen gegen gewalttätigen Extremismus". Sie sollten jedoch nicht verallgemeinert werden - abhängig von der örtlichen Situation müssen Strategien von Kommune zu Kommune angepasst werden. Dieser Leitfaden, veröffentlicht vom Europäischen Forum für Urbane Sicherheit (Efus), ist das Ergebnis der im Rahmen des Projekts “LIAISE Local Institutions Against Violent Extremism II” (2016-2018) geleisteten Arbeit. Er wurde von den Projektmanagern Farid Bounouar, Juan Cristellys und Emilie Petit unter Leitung von Geschäftsführerin Elizabeth Johnston geschrieben. Auch der Experte Götz Nordbruch vom deutschen Verein Ufuq.de hat dazu beigetragen. Verwendung und Nachdruck dieser Veröffentlichung zu nichtgewerblichen Zwecken sind gebührenfrei unter der Maßgabe dass die Quellen genannt werden. Übersetzung: MM International Communication Redaktion: Götz Nordbruch, Moritz Konradi Layout: Marie Aumont, micheletmichel.com ISBN: 978 2 913181 66 3 Hinterlegung des Pflichtexemplars: Dezember 2017 Europäisches Forum für urbane Sicherheit 10, rue des Montiboeufs 75020 Paris, France Tél.: + 33 (0)1 40 64 49 00 contact@efus.eu - www.efus.eu Kofinanziert durch den Fonds für die innere Sicherheit der Europäischen Union. Die Inhalte dieser Publikation bringen nicht die Meinung der Europäischen Union zum Ausdruck. Die Verantwortung für die darin geäußerten Informationen und Ansichten liegt ausschließlich bei den Verfassern.


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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus Leitfaden zur Entwicklung lokaler Handlungsstrategien


Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Danksagung

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Die Entwicklung dieses Leitfadens wurde ermöglicht durch die Einbeziehung der lokalen Partner, die sich für die Durchführung von Pilotprojekten zur Prävention von Radikalisierung einsetzten und bereit waren, ihre Analyse dieses Prozesses zu teilen. Wir danken den gewählten Repräsentanten, die bereit waren, ihre Erfahrungen und ihr Wissen zu teilen. Die Beiträge der assoziierten und externen Partner, die unter anderem an den Koordinierungstreffen und thematischen Seminaren teilgenommen haben, haben ebenfalls zu unserer Arbeit beigetragen, und wir danken ihnen dafür. Darüber hinaus wäre dieses Projekt, insbesondere die Durchführung lokaler Aktionen, ohne den Beitrag der Experten, die zur Unterstützung der Kommunen beigetragen haben, nicht möglich gewesen. Wir danken ihnen für ihre Zusammenarbeit und die Qualität ihrer Arbeit. Ein besonderer Dank geht an Götz Nordbruch vom Verein Ufuq.de, der zu allen Phasen dieses Projekts wichtige Beiträge geleistet hat, von der Konzeption über die Erstellung des Leitfadens bis hin zur Animation der Seminare und der Unterstützung der Partnerkommunen. Seine Arbeit wurde von allen Partnern geschätzt. Unser Dank geht auch an alle Institutionen und Personen, die uns willkommen geheißen und uns bei der Organisation unserer Seminare unterstützt haben: die Stadt Bordeaux, die Stadt Löwen und das belgische Forum für Prävention und urbane Sicherheit, die European Confederation of Probation und die Stadt Den Haag, das italienische Forum für urbane Sicherheit und die Stadt Rimini, die Stadt Barcelona und die Generalitat von Katalonien. Schließlich danken wir der Europäischen Kommission für ihre finanzielle Unterstützung, ohne die unser Projekt und dieser Leitfaden nicht möglich gewesen wären.

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Projektpartner Alexandroupolis (GR), Augsburg, Düsseldorf, Essen (DE), Bagneux, Bordeaux, Sarcelles, Toulouse (FR), die Generalitat von Katalonien, L'Hospitalet de Llobregat (ES), Bologna, Reggio Emilia (IT), Brüssel, Lüttich (BE), Malmö (SE), Setubal (PT), das deutsche, belgische, französische und italienische Forum für urbane Sicherheit und die Nichtregierungsorganisationen Ufuq.de und die European Confederation of Probation.

Assoziierte Partner Das Landesamt für Verfassungsschutz Bremen, das bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Brno (CZ), Rotterdam (NL), die Nichtregierungsorganisation Cultures Interactive e.V.

Externe Partner Montreuil, Provinz Val d'Oise (FR), Barcelona (ES), Charleroi, Löwen (BE), Den Haag (NL).

Anmerkungen der Redaktion In dieser Veröffentlichung haben wir im Interesse einer besseren Lesbarkeit davon abgesehen, gender-sensible Sprache (z.B. Repräsentant/ in oder Abgeordnete*r) zu verwenden. Efus ist jedoch überzeugt, dass Geschlechtergerechtigkeit systematisch und durchgängig mitgedacht werden muss und vertritt diesen Ansatz in all seinen Aktivitäten.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Inhaltsverzeichnis

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Einleitung..................................................................... S. 8 Kapitel 1 – Entwicklung einer lokalen Strategie zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung: eine Notwendigkeit für Kommunen? .............................. S. 11 1.1. Aspekte und lokale Auswirkungen von Radikalisierung........ S. 12 1.2. Ein Phänomen, das alle Kommunen betreffen kann.............. S. 15 1.3. Die Entwicklung einer Strategie braucht Zeit......................... S. 17

Kapitel 2 – Leitprinzipien .......................................... S. 18 2.1. Prävention von Radikalisierung oder von gewaltbereitem Extremismus?............................................................................... S. 19 2.2. Unterschiedliche Formen von gewaltbereitem Extremismus zusammendenken................................................... S. 21 2.3. Lokale Ansätze als ganzheitliche Strategie............................. S. 23

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Kapitel 3 – Schritte zur Erarbeitung und Umsetzung einer Strategie........................................ S. 25 3.1. Politische Mobilisierung...................................................................S. 26 3.2. Aufbau und Konsolidierung des Netzwerkes......................... S. 31 3.3. Schulung und Fortbildung lokaler Akteure............................ S. 36 3.4. Lokale Sicherheits- und Bedarfsanalysen............................... S. 48 3.5. Kommunikation..................................................................... S. 57 3.6. Konzeption und Umsetzung lokaler MaĂ&#x;nahmen................. S. 63 3.7. Evaluation.............................................................................. S. 71

Anhang......................................................................... S. 80

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Einleitung

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Im Rahmen des vom Europäischen Forum für Urbane Sicherheit (Efus) zwischen 2014 und 2016 durchgeführten europäischen Projekts Local Institutions AgaInSt Extremism (LIAISE) entstand die erste Veröffentlichung zur Rolle der lokalen Behörden auf diesem Gebiet. Ziel dieser Handreichung, die unter dem Titel „Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung auf lokaler Ebene” erschienen ist, war die Vorstellung wesentlicher Erkenntnisse aus der Forschung über Radikalisierungen und gewaltbereiten Extremismus, sowie die Präsentation von Empfehlungen für Städte, Kommunen und andere Akteure der Prävention. Diese Veröffentlichung umfasste wesentliche Elemente einer lokalen Präventionsstrategie und zeigte mögliche Formen von deren Umsetzung anhand einzelner Praxisbeispiele auf 1. Efus konnte die begonnene Arbeit zwischen Januar 2016 und Dezember 2017 im Rahmen des von der Europäischen Kommission und 34 weiteren Partnern aus zehn Ländern kofinanzierten Projekts LIAISE 2 fortführen2. Hauptziel dieses zweiten Projekts war es, die beteiligten Städte und Kommunen bei der Umsetzung lokaler Pilotprojekte zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung zu unterstützen. Im Rahmen des Projekts wurden 17 innovative Pilotprojekte in den beteiligten Städten und Kommunen ausgearbeitet und umgesetzt. In diesen Maßnahmen wurden verschiedene Bereiche der Radikalisierungsprävention behandelt, wobei diese an die Bedürfnisse und Ressourcen vor Ort angepasst wurden. So ging es in einigen Kommunen, in denen bisher noch keine lokale Strategie für die Radikalisierungs1- Radikalisierung: Verstehen und Erkennen / Entwicklung akteursübergreifender lokaler Strategien / Unterstützung und Stärkung von Familien / Prävention: Sensibilisierung und Förderung von Resilienz / Deradikalisierung und Ausstieg / Gegenerzählungen. 2- Alexandroupoli, Augsburg, Bagneux, Barcelona, Bologna, Bordeaux, Brünn, Brüssel, Charleroi, Düsseldorf, Essen, Den Haag, L'Hospitalet de Llobregat, Lüttich, Leuven, Malmö, Montreuil, Paris, Reggio Emilia, Rotterdam, Sarcelles, Setubal, Toulouse; Landesamt für Verfassungsschutz Bremen, Freistaat Bayern, Regionalregierung von Katalonien, Rat des Departements Val d’Oise, deutsche, belgische, französische und italienische Foren für urbane Sicherheit, Ufuq, Cultures Interactive e.V und die Confederation of European Probation (CEP).

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prävention entwickelt wurde, um die Bildung von Arbeitsgruppen, um die Mobilisierung lokaler Akteure und das gemeinsame Entwickeln einer Strategie. Andere wiederum, die bereits ihre Prioritäten definiert hatten, konzipierten Maßnahmen zu spezifischen Thematiken, wie der Begleitung von Familien, der Verbreitung von Gegennarrativen oder der Ausstiegsarbeit3. Sie wurden alle von Efus und europäischen Experten bei der Umsetzung der Maßnahmen unterstützt. Auf Grundlage der Erfahrungen aus der Entwicklung der Pilotprojekte und dem zweijährigen europäischen Austausch haben die Partner des Projekts LIAISE 2 diesen methodischen Leitfaden entwickelt, um die Empfehlungen aus der vorangegangenen Handreichung „Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung auf lokaler Ebene“ zu vertiefen und zu ergänzen. Er erläutert die verschiedenen Etappen der Entwicklung einer lokalen Strategie zur Radikalisierungsprävention: von der politischen Mobilisierung über die Erstellung von Sicherheits- und Bedarfsanalysen bis hin zur Konzeption, Umsetzung und Auswertung. Zu jeder Etappe werden methodische Empfehlungen vorgestellt, mögliche Hindernisse skizziert und Möglichkeiten des Umgangs mit ihnen aufgezeigt. Zur Veranschaulichung dienen Beispiele aus der lokalen Praxis. Die Empfehlungen stammen aus den Erfahrungen in Städten und Regionen mit ihren jeweils unterschiedlichen Kontexten und Profilen. Sie bieten daher kein Patentrezept - interessierte Kommunen sind vielmehr eingeladen, sie für die Arbeit vor Ort zu modifizieren und an die jeweiligen lokalen Bedingungen und Prioritäten anzupassen. Schließlich sei bemerkt, dass sich die Arbeit von Efus und der Partnerstädte auf Formen von Radikalisierung bezieht, die zu gewaltbereitem Extremismus führen können (siehe die Definitionen im folgenden Kästchen). Aus Gründen der Lesbarkeit werden wir in diesem Leitfaden von einer Strategie zur Prävention von Radikalisierung, gewaltbereiter Radikalisierung oder gewaltbereitem Extremismus sprechen.

3- Die vollständige Liste der Pilotprojekte ist diesem Text als Anhang beigefügt.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Radikalisierung: Es gibt keine gemeinhin akzeptierte Definition von Radikalisierung. Sie kann im Allgemeinen als Prozess beschrieben werden, bei dem ein Individuum oder eine Gruppe von Personen in den Radikalismus oder den Extremismus abgleiten oder ihm verfallen. Dieser Prozess kann zu verschiedenen Formen des Extremismus führen: Rechts- oder Linksextremismus, anarchistischer, religiöser oder auch ökologischer Extremismus. Radikal / Radikalismus: Analysiert man die Wortebene, so bezeichnet der Begriff „radikal“ die Rückkehr zu den Wurzeln, zum Ursprung einer Sache. Die Radikalisierung oder das Radikalsein kann somit zum Radikalismus führen, der nicht gleichbedeutend mit Extremismus ist. Der Radikalismus geht von der Vorstellung einer grundlegenden Veränderung des Status quo der Gesellschaft aus. Diese Einstellung schließt jeden Kompromiss aus und impliziert, der eigenen Überzeugung konsequent bis zum Ende zu folgen. Dies kann zu Veränderungen im fortschrittlichen Sinn führen. Nelson Mandela und Martin Luther King Jr. wurden ebenfalls als Partisanen des Radikalismus bezeichnet und kämpften für Freiheiten und Rechte, die heute Teil unserer Grundwerte geworden sind.

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Kognitiver Extremismus: Er verweist auf Konzepte, die den Grundwerten liberaler Demokratien zuwiderlaufen. Er setzt den Versuch voraus, einer Gesellschaft die Suprematie einer bestimmten Ideologie oder Glaubensform aufzuzwingen, ohne dabei die Grundsätze von Demokratie und Menschenrechten anzuerkennen. Gewaltbereiter Extremismus: Er bezeichnet gewalttätige Mittel und Methoden, zu denen extremistische Individuen oder Gruppen zur Erreichung ihrer Ziele greifen und sich dabei über die körperliche Unversehrtheit, die Grundrechte und -freiheiten ihrer Mitmenschen hinwegsetzen.

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Kapitel 1

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Entwicklung einer lokalen Strategie zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung: eine Notwendigkeit fßr Kommunen?

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Die Notwendigkeit, Städte und Regionen in die Strategien zur Prävention von gewaltbereiten Radikalisierung einzubeziehen, ist auf nationaler und europäischer Ebene unbestritten4. Immer mehr Kommunen entwickeln lokale Strategien und Maßnahmen in diesem Themenfeld. Allerdings sind Städte und Regionen in Europa auf ganz unterschiedliche Weise betroffen, für viele von ihnen ist die Beschäftigung mit der Thematik noch neu. Ist es für alle Kommunen notwendig, eigene Strategien zur Prävention von gewaltbereiter Radikalisierung zu entwickeln?

1.1. Aspekte und lokale Auswirkungen von Radikalisierung

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Gewaltbereiter Extremismus ist von transnationaler Tragweite, hat allerdings auch lokale Auswirkungen. Zudem weisen bestimmte Radikalisierungsfaktoren deutlich lokale Verortungen auf:

 Gewaltbereiter Extremismus – z. B. in Form von Sachbeschädigung, Sabotage, Attentaten oder politischen Morden – manifestiert sich vor Ort in den Städten und Regionen. Lokale und regionale Behörden sind diejenigen, die sich um die Opfer kümmern, dem Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung begegnen, öffentliche Plätze absichern, den sozialen Zusammenhalt stärken usw.;

 Lokale Spannungsfaktoren wie Unzufriedenheit mit den Lebensbedingungen in den Wohnvierteln, Diskriminierung, negativer Einfluss von Peergroups, schwache soziale Kohäsion oder das urbane und soziale Umfeld können zur Radikalisierung beitragen5;

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4- European Forum for Urban Security, The role of local authorities in European national strategies against radicalisation, Paris 2016; European Forum for Urban Security, Local authorities in European and international guidelines to fight radicalisation, Paris 2016 5- Lorenzo Vidino, Francesco Marone, Eva Entenmann, „Fear Thy Neighbor. Radicalisation and Jihadist Attacks in the West“, Mailand, 2017, S. 77–100. https://icct.nl/wp-content/ uploads/2017/06/FearThyNeighbor-RadicalizationandJihadistAttacksintheWest.pdf. Dieser Bericht schildert eindrücklich den Einfluss der sozialen Strukturen vor Ort (Gruppendynamik, soziales und urbanes Umfeld usw.) auf Radikalisierungsprozesse und somit die Unterschiede zwischen den europäischen Ländern und innerhalb eines einzelnen Landes. Die Studie beruht auf Fallstudien aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien und Norwegen.


 Radikalisierte Personen und ihre Familien sind Bewohnerinnen und Bewohner von Städten und Regionen. Die Kommunen müssen sich mit den Interessen und Bedürfnissen dieser Familien auseinandersetzen und sie begleiten. Außerdem obliegt es teilweise auch lokalen und regionalen Behörden, sich auf die mögliche Rückkehr von gewaltbereiten Personen aus Kampfgebieten vorzubereiten und entsprechende Maßnahme zu ergreifen – auch dann, wenn diese Personen eventuell von Strafverfolgung und Inhaftierungen betroffen sind.

 Die Anwesenheit radikalisierter Personen oder die Durchführung eines Anschlags können das Zusammenleben, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und auch die Außenwahrnehmung einer Stadt negativ beeinflussen. Dies kann wiederum nachteilige Auswirkungen auf die soziale Kohäsion, die Resilienz der Bevölkerung sowie den Tourismus oder andere Wirtschaftszweige haben.

>>>>>>>>>> Radikalisierungsfaktoren Bei Radikalisierungsprozessen spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Keine Ursache steht allein, vielmehr kommt jeweils ein komplexes Geflecht von Einflüssen zum Tragen. Der schwedische Wissenschaftler Magnus Ranstorp spricht von einem „Kaleidoskop der Faktoren“. Zu den Faktoren zählen unter anderen:

findividuelle sozialpsychologische Faktoren soziale Faktoren politische Faktoren ideologische und religiöse Einflüsse Probleme in Verbindung mit Zugehörigkeit, Identität und Kultur traumatische Erlebnisse oder andere Auslöser Gruppendynamik psychische Erkrankungen ... 13


Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Diese Faktoren lassen sich in unterschiedlicher Weise systematisieren. Einige Wissenschaftler sprechen beispielsweise von Push- und Pull-Faktoren. Push-Faktoren sind: soziale, politische und wirtschaftliche Konflikte und Problemlagen, das Gefühl von Ungerechtigkeit und Diskriminierung, persönliche Krisen und Tragödien, Entfremdung, Faszination für Gewalt, Bedürfnis nach Antworten auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, Identitätskrisen, soziale Ausgrenzung, Marginalisierung, Enttäuschung über demokratische Prozesse, Polarisierung usw. Pull-Faktoren sind: persönliche Sinnsuche, Zugehörigkeitsgefühl zu einem Kollektiv oder Zweck, eine Ideologie oder ein soziales Netzwerk, Macht und Kontrolle, Gefühl von Loyalität und Engagement, Gefühl von Spannung und Abenteuer, romantische Vorstellung von einer Ideologie oder Bewegung, Streben nach Heldentum, persönliche Läuterung usw.

>>>>>>>>>> Kommunen sind gemeinsam mit ihren Partnern besonders geeignet, um diesen Problematiken zu begegnen. Dabei erweisen sich folgende Aspekte als hilfreich:

 Bürgernähe: Sie sind vor Ort präsent und können direkten Kontakt zur Bevölkerung herstellen. Sie verfügen über gute Kenntnisse der Problematiken vor Ort, kennen die Bedürfnissen der Bevölkerung und können gezielte Antworten anbieten.

 Angebote: Sie erbringen wichtige öffentliche Leistungen, die für die Radikalisierungsprävention eine zentrale Rolle spielen und bedeutende Faktoren beeinflussen können6: soziale Kohäsion, Jugend, Bildung, Gesundheit, Sport, örtliche Polizei7 usw.

 Kompetenz: Auch wenn sich die Kompetenzen der Kommunen in den europäischen Ländern unterscheiden, kommt ihnen bei der Koordination von Maßnahmen zur kommunalen Kriminalprävention eine wichtige Rolle zu. Damit sind sie auch für die Prävention gewaltbereiter Radikalisierung von zentraler Bedeutung.

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6- Efus, Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung auf lokaler Ebene, Paris 2016 - Kapitel „Radikalisierung: Verstehen und Erkennen“. 7- Während in Deutschland Polizei grundsätzlich Ländersache ist verfügen Kommunen in einigen anderen europäischen Ländern über eigene örtliche Polizeibehörden.


1.2. Ein Phänomen, das alle Kommunen betreffen kann

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Zwar berührt gewaltbereite Radikalisierung nicht alle Städte und Regionen in gleichem Maße, aber die Erfahrung zeigt, dass alle betroffen sein können:

 Die geographische Verteilung extremistischer Anschläge zeigt, dass Kommunen mit sehr unterschiedlichen Strukturen und Merkmalen betroffen sind (Stadtgebiete, Vororte oder ländliche Gegenden ebenso Großstädte, Städte mittlerer Größe usw.).

 Die Profile der radikalisierten Personen sowie ihre Wohnorte sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Das Problem gewaltbereiter Radikalisierungen ist weder auf bestimmte Städte oder Stadtteile noch auf bestimmte Personengruppen (zum Beispiel markiert durch die soziale Herkunft, das Geschlecht etc.) beschränkt8.

 Die Radikalisierung einer Person hat ihre Ursache in einer Kombination von individuellen und sozialen Faktoren, die sich von Individuum zu Individuum unterscheiden. Während einzelnen Faktoren für sich genommen meist nicht alarmierend sind, kann die Kombination bestimmter Faktoren Radikalisierungsprozesse zur Folge haben. Solche Faktorengeflechte können überall auftreten, weshalb eine Sensibilisierung aller Kommunen notwendig ist.

 Angesichts der zunehmenden Verbreitung extremistischer Diskurse über das Internet sowie der Mobilität extremistischer Gruppen (dschihadistische Netzwerke, identitäre Bewegungen usw.) in Europa kann heute jede Kommune betroffen sein.

 Polarisierung ist als Prozess zu verstehen, der die Unterschiede zwischen den sozialen Gruppen einer Gesellschaft verstärkt und starke Spannungen verursachen kann. Sie wird von Forschern und

8- Siehe beispielsweise Vidino/Marone/Entenmann (Fn5), S. 15-17.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

politischen Entscheidungsträgern als mögliche Ursache für die Verstärkung der diversen psychologischen und sozialen Faktoren betrachtet, die Radikalisierungsprozesse auslösen und nähren können. Wachsende Spaltungen und Feindseligkeit innerhalb einer Gesellschaft und zwischen spezifischen Gruppen können eine Polarisierung in „Wir“- und „Ihr“-Gruppen verstärken. Daraus entsteht dann ein Nährboden für radikale Umfelder und extremistische Bewegungen. Polarisierung ist damit sowohl Ursache als auch Folge von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus. Gleichwohl ist es möglich, Polarisierung entgegenzuwirken – hierin besteht eine wichtige Herausforderung für lokale Strategien zur Prävention von gewaltbereiter Radikalisierung.

>>>>>>>>>> Projekt EcoPol, Brüssel, Belgien (Pilotprojekt LIAISE 2) Das Projekt EcoPol (Écologie de la polarisation en milieu scolaire) verfolgt das Ziel, die Polarisierungsmechanismen im schulischen Umfeld besser zu verstehen und ihre Auswirkungen zu bekämpfen. Durch das Erlernen von Methoden für fokussierte Gruppendiskussionen und die regelmäßige methodologische Begleitung der teilnehmenden Schulen zielt das Projekt darauf ab, dem Lehrpersonal Methoden an die Hand zu geben, mit denen sie bei ihren Schülerinnen und Schülern positive Eigenschaften wie Empathie, Zuhören, Gefühlsmanagement und kognitive Fähigkeiten aufbauen können, um Reflexionen in sensiblen Themenbereichen zu ermöglichen. EcoPol ist das Ergebnis einer gemeinsamen Analyse- und Abstimmungsarbeit der Generaldirektion für Bildungswesen und des SPOS (Service Prévention Orientation Santé) der Stadt Brüssel, des Zentrums für geistige Gesundheit SéSame und der „Cellule Pre-Rad“ des gemeinnützigen Vereins Bravvo.

>>>>>>>>>> Schließlich ist daran zu erinnern, dass es bei der Prävention gewaltbereiter Radikalisierung vor allem darum geht, den bei diesem Prozess greifenden

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Faktoren entgegenzuwirken. Es gilt also, die Resilienz von Einzelpersonen zu stärken, ihre Fähigkeit des kritischen Denkens zu fördern, Diskriminierung zu bekämpfen, das Zerbrechen von Familien zu verhindern und dergleichen mehr. Somit trägt eine Strategie zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts bei - ein Ziel, das zahlreiche Kommunen ohnehin verfolgen.

1.3. Die Entwicklung einer Strategie braucht Zeit

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Zahlreiche Städte und Regionen haben aufgrund von Anschlägen oder der Ausreise von radikalisierten Personen in Konfliktgebiete damit begonnen, Strategien zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung umzusetzen. Kommunen stehen vor der Herausforderung, solchen Entwicklungen frühzeitig entgegenzuwirken. Daher ist es wichtig, auch ohne konkrete Problemlagen präventive Handlungsstrategien zu entwickeln. Darüber hinaus – dies hat sich in mehreren Partnerstädten des Projekts LIAISE 2 gezeigt – besteht in kritischen Situationen dringender Handlungsbedarf, dem besser entsprochen werden kann, wenn Vorbereitungen getroffen wurden, z.B. bereits Arbeitsbeziehungen zu wichtigen Akteuren etabliert worden sind. Aus den Erfahrungen von Kommunen, die bereits von Radikalisierungsprozessen vor Ort betroffen sind, lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

 Die Erstellung von Sicherheits- und Bedarfsanalysen – diese erfordert Zeit, da Daten zusammengetragen und ausgewertet werden müssen.

 Die Mobilisierung von Partnern bereits in der Phase der Situationsanalyse und der Erarbeitung einer Strategie. Dies erleichtert deren Einbeziehung bei der Umsetzung der Maßnahmen.

 Die Erstellung eines detaillierten Kommunikationsplans. Ein solcher Plan erleichtert die Reaktion auf Anfragen von Medien und Öffentlichkeit und macht die Ziele und Vorgehensweise transparent.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Kapitel 2 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Leitprinzipien >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

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2.1. Prävention von Radikalisierung oder von gewaltbereitem Extremismus?

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Peter Neumann, Leiter des Internationalen Zentrums für Studien zu Radikalisierung und politischer Gewalt (International Centre for Study of Radicalisation and Political Violence), unterscheidet zwei Ansätze des politischen Umganges mit Radikalisierungen, die zu gewaltbereitem Extremismus führen können9:

 Ansatz 1: Strategien, die bereits vor dem Beginn von Radikalisierungsprozessen ansetzen und sich dabei nicht ausschließlich auf gewaltbereite Formen beschränken.

 Ansatz 2: Strategien, die den Übergang zum gewaltbereiten Extremismus – also das Verüben extremistischer Gewalttaten – verhindern wollen und sich auf bereits zu beobachtende Radikalisierungsprozesse konzentrieren. Diese beiden Ansätze sind hier schematisch dargestellt – tatsächlich gibt es in Überschneidungen und Verbindungen zwischen beiden Ansätzen. An dieser Stelle geht es nicht darum, diese Ansätze zu bewerten. Für Kommunen ist es wichtig, den eigenen Ansatz selbst klar zu benennen und die Ziele der Strategie entsprechend zu bestimmen. Die in Europa entwickelten und implementierten nationalen Strategien lassen sich mehr oder weniger nach diesen beiden Grundansätzen unterscheiden– mit landesspezifischen Abweichungen aufgrund der Geschichte, der Kultur, des rechtlichen Kontextes oder der bereits etablierten staatlichen Maßnahmen. Auf lokaler Ebene hängt die Wahl des Ansatzes u.a. von bereits bestehenden nationalen Strategien und rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Dennoch gibt es für die Kommunen oft Möglichkeiten, eigene Schwerpunkte zu setzen. Dabei ist es wichtig, die Ausrichtung in Abstimmung mit den Partnern vor Ort zu treffen, da ihre Beteiligung an der lokalen Strategie eine wichtige Voraussetzung für deren erfolgreiche Umsetzung ist. Falls dies nicht möglich, 9- Peter R. Neumann, “The trouble with radicalization”, International affairs, 2013

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

sollten die Partner zumindest transparent und klar über den verfolgten Ansatz informiert werden, um eine Beteiligung entsprechend der eigenen Zielsetzungen und Rollenverständnisse abzuwägen. Angesichts des sensiblen und kontroversen Charakters des Themas ist Transparenz wichtig, um Misstrauen unter potentiellen Partnern abzubauen, Missverständnissen vorzubeugen und divergierenden Erwartungen gerecht zu werden. Grundsätzlich lassen sich folgende Einschränkungen und Probleme der oben beschriebenen Ansätze ausmachen:

 Ansatz 1: Mit Maßnahmen im Vorfeld von Radikalisierungsprozessen verbindet sich das Problem möglicher Konflikte mit Grundfreiheiten (insbesondere der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung) sowie die Gefahr einer Kriminalisierung von Verhaltensweisen, die als „radikal“ wahrgenommen werden. Zudem besteht das Risiko der Stigmatisierung von Personen und Bevölkerungsgruppen10. Zu berücksichtigen ist hier, dass Radikalisierungsprozesse nicht zwingend in gewaltbereitem Extremismus resultieren. Radikalität selbst ist keine Straftat und kann progressive gesellschaftliche Prozesse anstoßen. Weiterhin besteht das Risiko, radikale Bewegungen in den Untergrund zu drängen, was sich im Hinblick auf die potenzielle Gewaltbereitschaft dieser Bewegungen als kontraproduktiv erweisen kann11.

 Ansatz 2: Mit der Fokussierung der Prävention auf gewaltbereite Formen des Extremismus verbindet sich die Gefahr, kognitive Formen des Extremismus aus den Blick zu verlieren, die in eine mögliche Gewaltbereitschaft münden können. So verweisen Kritiker eines solchen Ansatz auf die polarisierende Wirkung von extremistischen Ideologien unabhängig davon, ob sie Gewalt unterstützen oder dazu aufrufen, und mögliche Auswirkungen dieser Ideologien auf den sozialen Zusammenhalt. In einer mittel- und langfristigen Perspektive wäre es aus dieser Sicht wichtig, auch solchen polarisierenden Ideologien entgegenzuwirken, die nicht unmittelbar Gewalt befürworten, um sich gegenseitig verstärkende Dynamiken von Polarisierung und Radikalisierung zu durchbrechen. 10- Siehe hierzu beispielsweise eine Kritik am französischen Modell: Commission nationale consultative des droits de l’homme, „Avis sur la prévention de la radicalisation“, 2017. 11- Clark McCauley und Sophia Moskalenko, Mechanisms of Political Radicalization: Pathways Toward Terrorism, in: Terrorism and Political Violence, 20: 415-433, 2008.

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In der Praxis setzen Städte und Regionen vielfach Strategien um, die beide Modelle kombinieren. Um die jeweiligen Fallstricke zu vermeiden, empfiehlt es sich:

 Klare und gemeinsame Ziele zu definieren, die die Kompetenzen und Berufsethiken aller Beteiligten berücksichtigen.

 Die eigene Politik klar in Einklang mit den Menschrechten und Grundfreiheiten zu gestalten, da diese eine grundlegende Rolle für die Sicherheit spielen.

 Klare Unterscheidungen zwischen Maßnahmen zu treffen, die auf die Stärkung des sozialen Zusammenhalts einerseits und die Verbesserung der öffentlichen Sicherheit andererseits abzielen. Beide Ziele sind miteinander verbunden und ergänzen sich, machen aber unterschiedliche Maßnahmen erforderlich und folgen unterschiedlichen Logiken.

 Kurz-, mittel- und langfristige Ziele zu definieren, um kontraproduktive Auswirkungen erkennen und vermeiden zu können.

2.2. Auf alle Formen von gewaltbereitem Extremismus reagieren

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Europa ist schon seit vielen Jahren mit verschiedenen extremistischen Bewegungen konfrontiert, deren Stärke, Rückhalt sowie öffentliche und politische Sichtbarkeit phasenweise variieren. In den letzten Jahren haben die Entwicklung des Dschihadismus, die Zunahme der Anschläge, zu denen sich Extremisten aus diesem Umfeld bekennen, und die hohe Sichtbarkeit dschihadistischer Bewegungen zu einer Fokussierung auf dieses Phänomen geführt. Derweil sind andere Formen des Extremismus keineswegs verschwunden und einige, insbesondere der Rechtsextremismus, haben sich sogar verstärkt12.

12- National Coordinator for Security and Counterrorism, Ministry of Security and Justice, Terrorist Threat Assessment for the Netherlands 42, Den Haag, Juli 2016; Anhörung von Herrn Patrick Calvar, Chef des französischen Inlandsgeheimdienstes DGSI, Kommission für nationale Verteidigung und Streitkräfte des französischen Parlaments, Dienstag, den 10. Mai 2016, Protokoll Nr.47 (Frankreich).

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Doch obwohl in politischen Debatten immer häufiger von der Notwendigkeit gesprochen wird, Strategien zur Prävention von allen Formen des Extremismus zu definieren, wird dies auf nationaler wie lokaler Ebene nur selten strategisch umgesetzt. Die Fokussierung auf eine einzige Form des Extremismus bleibt jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch:

 Mögliche Unterschätzung anderer Formen von gewaltbereitem Extremismus: Sie stellen jedoch ebenso eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt dar und entwickeln sich weiter, wenn die Akteure vor Ort nicht darin geschult sind, sie zu erkennen und auf sie zu reagieren. Jede Form von Extremismus, ob religiöser und/oder politischer und/oder kultureller Art, stellt eine Gefahr dar.

 Stigmatisierung: Eine ausschließliche Konzentration auf eine Form des Extremismus verstärkt die Stigmatisierung einer Gemeinschaft und trägt zur Diskriminierung und zum Gefühl von Ausgrenzung bei. Diese Erfahrungen bilden einen weiteren Nährboden für Extremismus.

 Wechselwirkungen: Extremismen verstärken sich gegenseitig, daher ist eine einseitige Herangehensweise kontraproduktiv. Prävention erfordert eine ganzheitliche Strategie. Ganz gleich, um welche Formen von Extremismus es sich handelt, spielen in Radikalisierungsprozessen ähnliche Faktoren13 eine Rolle, daher wirken die meisten Präventionsmaßnahmen gegen verschiedene Formen von Extremismus. Dennoch ist eine Kenntnis der verschiedenen extremistischen Strömungen, ihrer Diskurse und Resonanz in der Bevölkerung wichtig, um Präventionsmaßnahmen an den jeweiligen lokalen Kontext anpassen zu können. So ist es unerlässlich zu verstehen, warum eine bestimmte Art des Extremismus heute mehr Anhänger findet als eine andere, die vielleicht zuvor eine stärkere Dynamik aufwies. Ein Verständnis für die Anziehungskraft extremistischer Ideologien und Bewegungen macht es möglich, Präventionsstrategien entsprechend anzupassen und effektiver zu gestalten.

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13- „Same Anger, Different Ideologies: Radical Muslim and Neo-Nazi“ (Katrin Bennhold) in: New York Times, 5. März 2015 https://www.nytimes.com/2015/03/06/world/europe/two-outcomes-similar-paths-radicalmuslim-and-neo-nazi.html?mcubz=.


2.3. Lokale Ansätze als ganzheitliche Strategie

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Die Entscheidung darüber, welchem öffentlichen Politikfeld die Prävention gewaltbereiter Radikalisierung angegliedert wird, wird in der Regel politisch begründet und hat Einfluss auf die strategische Ausrichtung der Maßnahmen. Diese Entscheidung trifft jede Kommune für sich. Da Radikalisierung und gewaltbereiter Extremismus – sowohl in Bezug auf die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Ursachen als auch auf die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen (Sport, Kultur, Bildung, Arbeit, Kampf gegen Diskriminierung usw.) – anderen Kriminalitätsphänomenen ähneln, haben sich zahlreiche Kommunen dafür entschieden, die Radikalisierungsprävention in die Strategie zur kommunalen Kriminalprävention zu integrieren. Einige Partnerstädte des LIAISE 2 Projekts haben einen anderen Weg gewählt und ihre Strategien zur Radikalisierungsprävention in andere Politikfelder integriert – z. B. Demokratieförderung, den Kampf gegen Diskriminierung oder die Jugendarbeit. Die in verschiedenen lokalen und regionalen Kontexten gesammelten Erfahrungen zeigen, dass Strategien zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung nicht isoliert, sondern in andere öffentliche Politikfelder integriert entwickelt werden sollten, und zwar aus mehreren Gründen:

 Obwohl es sich bei gewaltbereiter Radikalisierung um eine spezifische Problematik handelt, sind einige ihrer Hintergründe und Facetten nicht neu (Jugendkultur und –„sub“kultur, Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit, familiäre Probleme usw.) und überschneiden sich mit anderen, von den Städten bereits behandelten Problematiken (Kriminalität, Familienförderung usw.). Es ist also von wesentlicher Bedeutung, die Erfahrungswerte der Städte in angrenzenden Bereichen zu nutzen14. Die Politik zur Prävention gewaltbereiter

14- Matthew Davies, Richard Warnes, Joanna Hofman, Exploring the transferability and applicability of gang evaluation methodologies to counter violent radicalisation, RAND Europe, 2017 https://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_reports/RR2100/RR2120/RAND_ RR2120.pdf

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Radikalisierung verfolgt spezifische strategische Ziele, kann aber auch transversal in die übrigen kommunalen Politikfelder integriert werden.

 Die zu mobilisierenden öffentlichen Maßnahmen sind vielfältig und erfordern die Zusammenarbeit eines breiten Netzwerks von Partnern. In der Regel gibt es bereits zahlreiche Kooperationen, die in anderen kommunalen Politikfelder aufgebaut wurden. (z. B. Kriminalitätsprävention). Es ist sinnvoll, auf diesen aufzubauen, zumal die Bildung von Partnerschaften im Umgang mit der Radikalisierung ein sehr sensibles Thema sein kann.

 Die Einbindung der Radikalisierungsprävention in bestehende Netzwerke und Kooperationen kann Ressourcen bündeln, vermeidet Doppelstrukturen und erleichtert eine optimale Koordination der geplanten Maßnahmen.

>>>>>>>>>> Kommunaler Plan zur Radikalisierungsprävention, L'Hospitalet de Llobregat, Spanien (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Stadt L’Hospitalet de Llobregat (Spanien) hat eine Strategie zur Radikalisierungsprävention mithilfe einer Arbeitsgruppe entwickelt, die in verschiedene Dienste und Vereine der Stadt integriert wurde. Diese Partnerschaft stützt sich auf das gelungene Experiment einer Zusammenarbeit zwischen städtischen Diensten (soziale Dienste, Mediation/Konfliktregulierung und städtische Polizei) und verschiedenen Abteilungen der Regionalregierung von Katalonien (Regionalpolizei und Bildungseinrichtungen), die vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde, um der Gewalt zwischen Jugendbanden vorzubeugen.

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Kapitel 3 >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Schritte zur Erarbeitung und Umsetzung einer Strategie >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Schritte zur Erarbeitung und Umsetzung einer lokalen Strategie zur Radikalisierungsprävention vorgestellt. Die Reihenfolge dient als Richtschnur. Sie kann geändert und an die lokalen Verhältnisse angepasst werden. Die einzelnen Schritte lassen sich zeitlich nicht immer eindeutig trennen. So sind beispielsweise Schulungen und Trainings vor der Diagnose von entscheidender Bedeutung, spielen aber auch später noch eine Rolle, wenn der Bedarf genauer geklärt ist.

3.1. Die politische Mobilisierung

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> 3.1.1. Politische Mobilisierungen: ungleich, aber unerlässlich Wie im Rahmen aller öffentlichen politischen Maßnahmen ist eine klare strategische Ausrichtung der Präventionsmaßnahmen unerlässlich. Dies gilt aufgrund des sensiblen und kontroversen Charakters des Themas insbesondere für Maßnahmen der Radikalisierungsprävention. Die Definition klarer Zielsetzungen und die politische Unterstützung der relevanten Fachkräfte15 sind entscheidend für die Mobilisierung der Partner und die Umsetzung der Maßnahmen. Die ersten Städte und Regionen, die an der Prävention gewaltbereiter Radikalisierung gearbeitet haben, waren diejenigen, die unmittelbar (aufgrund von Gewaltvorfällen durch Gruppen oder Einzelpersonen, Einwohnern, die in Kampfgebiete ausreisen oder aus ihnen zurückkehren oder durch ortsansässige gewaltlegitimierende Vereine) oder mittelbar (Wohnsitz von Sympathisanten, Demonstrationen oder Veranstaltungen mit nationalem oder internationalem Charakter auf dem Territorium) mit dem Phänomen konfrontiert waren. Die politische Mobilisierung von Städten und Regionen im Efus-Netzwerk verläuft unterschiedlich. Nicht überall wird der lokalen Ebene eine besondere Bedeutung in der Radikalisierungsprävention zuge15- Mit Fachkräften sind hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lokaler oder regionaler Behörden und kommunaler Verwaltungen oder anderer öffentlicher Einrichtungen gemeint, deren Tätigkeit für die Radikalisierungsprävention relevante Politikfelder und mit ihnen verbundene öffentliche Maßnahmen berührt.

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messen. Aufgrund der jeweiligen politischen und kulturellen Kontexte eines Landes und der Sensibilität der einzelnen Mandatsträger unterscheidet sich die jeweilige Rolle der Kommunen zum Teil deutlich. Angesichts dieser Lage weisen einige Fachkräfte darauf hin, wie schwierig es für sie ist, einen klaren politischen Auftrag zu erhalten, der für die Mobilisierung von Partnern aber unerlässlich ist. Die Frage nach der Prävention gewaltbereiter Radikalisierung kann in der Tat bei den kommunalen Mandatsträgern und Fachkräften ambivalente Gefühle hervorrufen, die auf einem Mangel an Fachwissen, unklaren Zuständigkeiten oder auch Ängsten, die das Thema auslöst, beruhen können. Drei hemmende Faktoren lassen sich ausmachen:

 Mangelnde

Kenntnis Sensibilisierung.

der

Problematik

durch

fehlende

 Zurückhaltung beim Angehen der Problematik, da Radikalisierung als sicherheitspolitisches Problemfeld betrachtet und im Zuständigkeitsbereich nationaler Sicherheitsbehörden verortet wird.

 Angst vor einer Stigmatisierung bzw. einer Schädigung des Rufs der Kommune durch eine offene Politik der Radikalisierungsprävention.

3.1.2. Die Rolle der Fachkräfte bei der politischen Mobilisierung Die Rolle der lokalen Fachkräfte – also der Mitarbeiter der zuständigen Abteilungen in den Kommunalverwaltungen – ist es, die zuständigen Mandatsträger bzw. politischen Entscheidungsträger mit Fachkenntnissen und Hilfe bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Von der Verwaltung müssen Vorschläge kommen, damit die Kommunalpolitik Maßnahmen veranlassen können, die einerseits den Erwartungen der Bevölkerung, andererseits ihrem Regierungsauftrag entsprechen. Fachkräfte können damit beginnen, ein Strategiepapier zu verfassen und mögliche Wege zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung aufzeigen. Solche Papiere sind vertraulich zu behandeln und sollten nur den jeweiligen Mandatsträgern zugänglich sein. Es sollte kurz und eingängig geschrieben sein, damit die Mandatsträger Entscheidungen treffen und in voller Kenntnis der Sachlage eine Strategie entwickeln können.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Die am Projekt LIAISE 2 beteiligten Kommunen haben Anknüpfungspunkte sowie wichtige Aspekte zusammengetragen, die sich für die Information und Mobilisierung der Mandatsträger besonders eignen. Sie empfehlen, folgende Punkte in ein erstes Strategiepapier aufzunehmen:

 Informationen zum Thema Radikalisierung im unmittelbaren Kontext der Stadt. Anhand von Daten zu Ausmaß und Ausdrucksformen auf lokaler Ebene, die meistens bei staatlichen Behörden vorliegen, sowie von Erhebungen bei den Akteuren vor Ort und der Bevölkerung, lässt sich ermitteln, inwiefern die Stadt betroffen ist und welche Prioritäten bei den Maßnahmen angezeigt sind.

 Die Funktionsweise der nationalen Strategie und die Rolle der Kommunen. Es empfiehlt sich, die Mandatsträger über Strategien und Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention auf nationaler Ebene sowie über das Zusammenwirken von Maßnahmen auf lokaler und nationaler Ebene zu informieren. Wichtig ist dabei, dass die Kommunen auf den drei Präventionsebenen (primär, sekundär und tertiär) agieren und damit einen Beitrag zur Erkennung und Erfassung leisten können.

>>>>>>>>>> Man unterscheidet drei Präventionsebenen:

 Primäre Prävention: Sie ist allgemeiner und kollektiver Natur und setzt frühzeitig an. Zu ihr tragen öffentliche Maßnahmen und Einrichtungen bei, die nicht unmittelbar mit gewaltbereitem Extremismus in Zusammenhang stehen, jedoch im Vorfeld einen wichtigen Beitrag zur Prävention leisten können.

 Sekundäre Prävention: Sie richtet sich an Bevölkerungsgruppen und interveniert in situativen Kontexten, die aufgrund von Risikofaktoren besonders gefährdet sind.

 Tertiäre Prävention: Sie richtet sich an bereits radikalisierte Personen und zielt darauf ab, Wiederholungstaten und Rückfälle zu verhindern sowie den Ausstieg zu fördern.

>>>>>>>>>> 28


 Entwicklung einer Arbeitsmethodik zur Strategieausarbeitung, insbesondere mit dem Hinweis darauf, wie wichtig die lokale Sicherheits- und Bedarfsanalyse und die Einbindung lokaler Partner in die Ausgestaltung der Strategie sind.

 Das Strategiepapier sollte die Frage nach dem Zusammenspiel der Strategie zur Radikalisierungsprävention mit der übrigen Stadtpolitik aufwerfen. Darüber hinaus sollte eine Aussage dazu getroffen werden, in welcher Abteilung der kommunalen Verwaltung die Steuerung der Strategie zur Radikalisierungsprävention angesiedelt werden sollte.

 Die Sensibilisierung weiterer Mandatsträger anregen. Um eventuellen Vorbehalten von Kommunalpolitikern vorzugreifen, wenn es um die Prävention von gewaltbereiten Radikalisierungen geht, sollte eine entsprechende Sensibilisierung erfolgen. Es empfiehlt sich außerdem, die Mandatsträger an den Initiativen der lokalen oder nationalen Partner zu beteiligen (z. B. an vor Ort organisierten Versammlungen, Debatten, Forumtheater, Filmvorführungen, Erfahrungsberichte).

 Veranschaulichung durch Beispiele von Maßnahmen aus anderen Städten. Dabei ist es hilfreich, die Mandatsträger an Netzwerken zum Austausch mit anderen Städten und Regionen, die an derselben Problematik arbeiten, zu beteiligen, um von deren Wissen und Empfehlungen zu profitieren16. So können Kommunen bereits bestehende Dynamiken nutzen, von den Erfahrungen anderer Städte und Regionen lernen, und sie erhalten besseren Zugang zu vorhandenen Unterstützungsangeboten.

3.1.3. Die Steuerung der Strategie definieren Für die Umsetzung der Strategie sind nicht zwangsläufig umfangreiche Ressourcen erforderlich. Entscheidender ist es, bereits vorhandene Kompetenzen und Fachwissen zu mobilisieren. Es ist also bei der Um-

16- Beispiele für Netzwerke: Europäische und Deutsch-Europäische Foren für urbane Sicherheit (Efus und DEFUS), die von Europarat und Efus gegründete Allianz europäischer Städte gegen den gewaltbereiten Extremismus, das Radicalisation Awareness Network (RAN) der EU oder das vom Institute for Strategic Dialogue koordinierte Strong Cities Network.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

setzung der Strategie wichtig, die Rolle und die Tätigkeiten jedes Einzelnen zu klären und nachvollziehbar zu machen. In erster Linie gilt es, einen Mandatsträger zu ernennen, der die politische Steuerung der Strategie übernimmt, sowie eine Fachkraft innerhalb der Verwaltung zu bestimmen, die mit der technischen Umsetzung betraut wird. Da Präventionsmaßnahmen einem partnerschaftlichen Ansatz folgen, muss die mit der Steuerung der Strategie beauftragte Abteilung transversal arbeiten. Meistens handelt es sich um eine Person aus der Ordnungs- bzw. Innenverwaltung, die in der Regel auch für die Kriminalprävention zuständig ist, oder eine Person aus den für Jugend und/oder Soziales zuständigen Behörden. Die verantwortliche Person ist für Koordinierung zwischen den verschiedenen kommunalen Behörden und den Partnern vor Ort sowie die Zusammenarbeit mit den übrigen Regierungsebenen zuständig, insbesondere den Ministerien und nachgeordneten Behörden auf Länderund Bundesebene. Sie sollte als Referent bzw. als Ansprechpersonen für die externen Partner, aber auch für die internen Dienststellen der Kommunalverwaltung fungieren. In Belgien wurden im Jahr 2015 Stellen für Referenten zum Thema Radikalisierung geschaffen. In ihren Verantwortungsbereich fällt die Netzwerkarbeit. Sie bilden die Schnittstelle bei der Durchführung der Maßnahmen, insbesondere in den Bereichen Information, Sensibilisierung, Schulung und Entwicklung pädagogischer Ansätze. Andere europäische Länder haben sich dafür entschieden, Beamte der lokalen oder regionalen Verwaltungen, die nicht ausschließlich für Radikalisierung zuständig sind, mit diesen Aufgaben zu betrauen. Dabei handelt es sich in der Regel um Beamte mit einem allgemeineren Dienstauftrag (Kriminalprävention, Jugend, Soziales). Die Prävention gewaltbereiter Radikalisierung ist für sie häufig ein zusätzliches Aufgabengebiet.

>>>>>>>>>> Anders als die meisten französischen Kommunen, die sich dagegen entschieden haben, für die Politik der Radikalisierungsprävention eine Vollzeitkraft einzustellen, wurde in Straßburg ein Referent für das

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Thema Radikalisierung eingesetzt. Er ist bei der Stadtverwaltung angestellt und mit der Umsetzung eines lokalen Plans zur Radikalisierungsprävention beauftragt. Außerdem dient er als Ansprechpartner für staatliche Behörden, Bediensteten städtischer Einrichtungen und die lokalen Partner. Zudem wurde ein stellvertretender Bürgermeister mit dem Aufgabenbereich Prävention gewaltbereiter Radikalisierung betraut.

>>>>>>>>>> Die Erfahrungen zeigen, dass für die administrative Steuerung des Vorgehens die Unterstützung des Bürgermeisters unerlässlich ist. Sie ermöglicht es, alle beteiligten Dienststellen zu mobilisieren und die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen zu stärken.

3.2. Aufbau und Konsolidierung des Netzwerkes

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Um die Strategie voranzutreiben, ist ein Netzwerk von Partnern erforderlich, die in der Lage sind, Einfluss auf die Faktoren zu nehmen, die bei der Prävention von Radikalisierungsprozessen und der Förderung des Ausstiegs aus extremistischen Gruppen oder Ideologien eine Rolle spielen. Die Förderung von Partnerschaften, beispielsweise über eine operative Arbeitsgruppe, kann zur Entstehung einer gemeinsamen Kultur der Radikalisierungsprävention beitragen und ein koordiniertes und sich ergänzendes Handeln ermöglichen. Voraussetzung dafür ist eine Bestandsaufnahme aller Akteure und Einrichtungen, die einen Beitrag zu Umsetzung der Strategie leisten können. Hierbei sollte zwischen zwei Gruppen von Akteuren unterschieden werden: Einerseits diejenigen, die den engeren Kern der Zusammenarbeit bilden, weil sie aufgrund ihrer Tätigkeitsfelder und Aufgabenstellungen unmittelbar zuständig sind. Diese Partner sollten

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

in die Entwicklung der Strategie eingebunden sein und aktiv an ihrer Umsetzung teilnehmen. Die meisten von ihnen sind Akteure, mit denen die Kommunen bereits zu anderen Themen der Kriminalprävention zusammenarbeiten. Andererseits diejenigen Partner, die punktuell an der Umsetzung mitwirken, aber nicht an der Ausarbeitung und der Steuerung der Strategie beteiligt sind. Ein Beispiel für solche Partner sind lokale Medien, die als Mittler fungieren und für Maßnahmen in den Bereichen Kommunikation, Entwicklung von Gegen-Narrativen oder der Medienerziehung mobilisiert werden können. Die Mitgliedsstädte und -regionen von Efus, und insbesondere diejenigen, die am Projekt LIAISE 2 teilgenommen haben, haben sich in u.a. mit folgenden Partnern zusammengeschlossen:

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Partner

Warum ist die Mobilisierung dieser Partner wichtig?

Polizeibehörden

Unverzichtbarer Partner für sämtliche Sicherheitsfragen, sowohl für präventive als auch für repressive Maßnahmen.

Nachrichtendienste

In zahlreichen Ländern für die Koordination des Austauschs sensibler Informationen zum Thema Radikalisierung zuständig.

Justiz

Ein wichtiger Akteur in der sekundären (Personengruppen im Prozess der Radikalisierung) und tertiären (radikalisierte Personengruppen) Prävention.

Strafvollzug

Fachkräfte, die in der Lage sind, bei Straftätern im Gefängnis oder in der Bewährung eine beginnende oder bereits stattgefundene Radikalisierung zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Sie sind ebenfalls wichtige Partner bei der Resozialisierung von Straftätern.

Behörden auf Landesoder Bundesebene

Verantwortlich für die Umsetzung der nationalen Strategie. Es muss eine enge Zusammenarbeit etabliert werden, um die Koordinierung und Kohärenz mit der lokalen Strategie zu gewährleisten.

Örtliche Polizei

Knotenpunkt für zahlreiche präventive und repressive Maßnahmen sowie für den Informationsaustausch (insbesondere in Städten, die über kommunale Polizeibehörden verfügen).


Bildungseinrichtungen

In der Arbeit mit gefährdeten oder bereits radikalisierten Jugendlichen sind schulische und außerschulische Bildungseinrichtungen wichtige Akteure (u.a. für die Umsetzung von Maßnahmen, dem Erkennen von Radikalisierungsprozessen und der Fallbetreuung).

Sozialarbeiter

Sie haben direkten Einblick in die soziale Situation der Personengruppen und sind entscheidende Akteure im Hinblick auf Prävention, Erkennung und Betreuung.

Fachbereich Jugend, Soziales und Sport der Kommunalverwaltung

Die Maßnahmen dieser Fachbereiche sind für die Förderung des sozialen Zusammenhalts, der Integration, der Demokratie und des bürgerschaftlichen Engagements von besonderer Bedeutung. Jugendarbeiter, Erzieher, Sportbetreuer oder Trainer stehen in ständigem Kontakt mit den jungen Menschen und können daher bei der Erkennung problematischer Situationen und der Einleitung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen eine wichtige Rolle übernehmen.

Akteure im Kulturbereich

Akteure im Bereich der kulturellen Bildung und der Förderung von Teilhabe und Engagement sollten ebenfalls in Präventionsmaßnahmen eingebunden werden. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhaltes und des interkulturellen Austausches, der Entwicklung von Handlungskompetenzen und der Förderung von Resilienz.

Gesundheitsdienste

Die Gesundheitsdienste spielen für die medizinische Betreuung oder die psychologische Beratung und Begleitung von gefährdeten oder radikalisierten Personen und deren Angehörige eine zentrale Rolle. Insbesondere psychologische Beratungsstellen und der sozialpsychiatrische Dienst sind wichtig für die Begleitung und Unterstützung von Betroffenen.

Ausbildungs- und Berufsförderung

Fachkräfte für die Betreuung von Personengruppen mit beruflichen Eingliederungsschwierigkeiten können in die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen eingebunden werden, um die soziale und berufliche Integration zu fördern.

Wohnungsgesellschaften/Hausverwaltungen

Akteure in diesem Bereich sind in der Regel vor Ort präsent und können einen Beitrag zur Sensibilisierung für das Thema leisten. Sie verfügen über Informationen, die für Bedarfsanalysen und das Erkennen von Problemsituationen hilfreich sind.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Lokale Vereine und Initiativen

Akteure, die über gute Kontakte zur Bevölkerung verfügen und einen wichtigen Beitrag in verschiedenen Handlungsfeldern leisten. Sie fördern u.a. den sozialen Zusammenhalt, stärken bürgerschaftliches Engagement und machen Angebote für Betroffene.

Opferschutzverbände und Verbände zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

Wichtig für die Betreuung von Opfern und die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen (Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Beteiligung an Angeboten des Täter-Opfer-Ausgleichs). Eine Mobilisierung von Familien ist auf verschiedenen Ebenen möglich, insbesondere über die Vereine. Das familiäre Umfeld ist ein wichtiger Aspekt im Radikalisierungsprozess und kann zur Stärkung der Resilienz beitragen.

Familien und Familienvereine

Familien müssen sensibilisiert werden, um eine Erkennung von Radikalisierungsrisiken und ein entsprechendes Reagieren zu ermöglichen. Erfahrungsberichte von Familien und Diskussionsrunden mit „Peers“ sind wichtige Ansätze der Prävention. Die von der Radikalisierung eines Angehörigen betroffenen Familien benötigen eine Begleitung durch qualifizierte Akteure. Zu beachten ist, dass es Familien oft schwerfällt, sich dieser Problematik anzunehmen. Hier sind vertrauensbildende Maßnahmen von besonderer Bedeutung. Es ist ratsam, auf bestehende Strukturen der Eltern- und Familienberatung zurückzugreifen.

Universitäten und Forschungseinrichtungen

Vertreter von Religionsgemeinschaften

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Die Verbindung von Forschung und Präventionsarbeit vor Ort ist für die Analyse von Radikalisierungsprozessen und eine Evaluation von staatlichen Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung. Universitäre Akteure können darüber hinaus einen Beitrag im Bereich der Sensibilisierung und der Fortbildung leisten. Je nach Kontext ist die Beteiligung von Religionsgemeinschaften sinnvoll, wenn es kompetente und repräsentative Dialogpartner gibt. Sie können insbesondere an Maßnahmen der primären Prävention (bürgerschaftliches Engagement, interkulturelle Arbeit usw.), der individuellen Betreuung sowie an der Entwicklung von Gegennarrativen beteiligt werden. Die Erfahrungen zeigen, dass eine Zusammenarbeit in diesen Bereichen leichter fällt als eine explizite Auseinandersetzung mit dem Thema Radikalisierung, die eine Stigmatisierung der Gemeinden befördern könnte.


Die Dauer und die Intensität des Engagements der Partner kann sehr unterschiedlich sein. Viele Partner sind angesichts der Bedeutung des Themas allerdings bereit, sich aktiv zu engagieren und einen positiven Beitrag zur Umsetzung der lokalen Strategie zur Prävention von Radikalisierung zu leisten.

>>>>>>>>>> Wegweiser – Beratungsstelle gegen gewaltbereiten Salafismus, Essen, Deutschland (Pilotprojekt im Rahmen von LIAISE 2) Die Beratungsstelle „Wegweiser“ in Essen gehört zu einem landesweiten Netzwerk von Beratungsstellen im Themenfeld. Sie stützt sich auf ein bereits vorhandenes Netzwerk aus lokalen Spezialisten für Kriminalprävention sowie Jugend- und Schularbeit. Dazu zählen unter anderem verschiedene städtische Dienste, die Polizei und Organisationen der Zivilgesellschaft. Dazu zählen unter anderem verschiedene städtische Behörden, die Polizei und Organisationen der Zivilgesellschaft. Ihre Arbeit ist Teil einer umfassenderen Strategie zur Stärkung des Austauschs und der Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und mit anderen lokalen Partnern.

>>>>>>>>>> Die Projektpartner von LIAISE 2 stießen auf die folgenden Herausforderungen bei der Beteiligung von Partnern, die von Anfang an mit bedacht werden sollten. Diese Hindernisse, die Akteuren der Kriminalprävention auch aus anderen Bereichen bekannt sind, werden durch den sensiblen Charakter des Themas noch verstärkt:

 Institutionelle Blockaden: Einige Partner stehen einer Fokussierung auf das Thema Radikalisierung skeptisch gegenüber und zögern, sich an entsprechenden Präventionsmaßnahmen zu beteiligen. Andere zögern auf Grund von Vorbehalten gegenüber anderen beteiligten Akteuren (z. B. Polizei/Justiz und Sozial-/Bildungseinrichtungen). Zur Förderung der Zusammenarbeit ist es hilfreich, bestehende Arbeitsroutinen und Kooperationen aus anderen Themenfeldern aufzugreifen.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

 Daten- und Informationsaustausch: Wichtig ist eine klare und transparente Regelung des Austausches über personenbezogene Daten. Dabei muss den rechtlichen Bestimmungen und den Rollen und Aufgaben der beteiligten Einrichtungen Rechnung getragen werden. Auch hier wird empfohlen, sich an bereits bestehende Regelungen in anderen Bereichen der Kriminalprävention und Jugendhilfe zu orientieren.

 Die Prävention der gewalttätigen Radikalisierung sollte bereits umgesetzte Maßnahmen in anderen Bereichen wie Bildung, Kultur oder Kriminalitätsprävention in den Planungen berücksichtigen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, Schieflagen und eine ausschließliche Fokussierung auf das Thema Radikalisierung zu vermeiden. Dies fördert die Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen sowohl unter Fachkräften als auch in der weiteren Öffentlichkeit.

3.3. Schulung und Fortbildung lokaler Akteure

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Die Umsetzung einer lokalen Strategie hängt unter anderem von der Professionalität der lokalen Akteure ab. Es ist daher wichtig, die beteiligten Akteure inhaltlich und methodisch zu qualifizieren, um die gemeinsam gesteckten Ziele zu erreichen. Schulungen und Fortbildungen stehen im Mittelpunkt vieler Maßnahmen, die auf lokalen und überregionaler Ebene angestoßen wurden. Mittlerweile gibt es in vielen Ländern etablierte Angebote, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Gleichwohl stehen Kommunen oft vor der Herausforderung, die Angebote auf die konkreten Bedürfnisse vor Ort anzupassen und die angestrebten Zielgruppen zu erreichen. Bei der Konzeption und Umsetzung von Fortbildungen sollten folgende Leitprinzipien berücksichtigt werden. Sie basieren auf den Erfahrungen der Projektpartner und dem Efus.

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3.3.1. Ganzheitlichkeit und Praxisrelevanz Radikalisierung ist eine komplexe Problematik, die lokale Akteure (Fachkräfte, Verbände, Mandatsträger usw.) vor besondere Herausforderungen stellt. Dies äußert sich nicht selten in Vorbehalten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen (Bin ich überhaupt zuständig? Ist es nützlich?). Diese Vorbehalte können auch in Schulungen sichtbar werden. Um die Akzeptanz entsprechender Angebote zu fördern, ist es hilfreich, folgende Punkte zu berücksichtigen:

 Die Teilnehmenden sollten vor den Schulungen über den Zweck und die konkreten Ziele der Veranstaltung informiert werden. Dabei sollte auch auf den direkten Anlass eingegangen werden.

 Der ganzheitliche Ansatz der Veranstaltung sollte herausgestellt werden.

 Die Schulungen sollten aufeinander aufbauen und einzelne Lernziele und Lernfortschritte transparent machen.

 Die Erwartungen und Bedarfe der Zielgruppen der Veranstaltungen sollten abgefragt und berücksichtigt werden.

 Die Akzeptanz der Referenten und der durchführenden Einrichtung durch die Teilnehmenden sollte sichergestellt sein.

3.3.2. Anpassung Zielpublikum

der

Schulungsprogramme

an

das

Akteure der Präventionsarbeit verfügen über unterschiedliche Kompetenzen und Aufgaben. Die Kenntnisse, die die Akteure für die Entwicklung ihrer Maßnahmen benötigen, unterscheiden sich daher oft erheblich. In den Kommunen lassen sich drei Zielgruppen von Schulungen und Trainings unterscheiden:

 Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker  Verantwortliche und Fachkräfte der Behörden  Akteure vor Ort (Praktiker in Organisationen und Einrichtungen) Empfehlenswert ist eine zielgruppengerechte Gestaltung der Schulungen, die die besonderen Kenntnisse, Kompetenzen und Aufgaben der

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Teilnehmenden berücksichtigt. Dabei bieten Schulungen, die sich an Teilnehmende aus ähnlichen Handlungsfeldern richten, einen besonders vertrauensvollen Rahmen und erleichtern den fachlichen Austausch. Für die Anpassung der Schulungen an die Interessen und Erwartungen der jeweiligen Zielgruppen eignen sich Fragebögen, die im Vorfeld an mögliche Teilnehmer verteilt werden. Dabei können folgende Fragen berücksichtigt werden:

 Inwieweit ist der Stadtteil, in dem Sie tätig sind, von gewaltsamer Radikalisierung betroffen? Wie wirkt sich dies auf Ihre Tätigkeiten aus?

 Haben Sie bereits an Schulungen oder Trainingsveranstaltungen teilgenommen? Wenn ja, zu welchen Themen, und was haben sie Ihnen gebracht?

 Führen Sie bereits selbst Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention durch oder sind Sie an Maßnahmen beteiligt? Wenn ja, welche?

 Welche Wünsche und Bedarfe haben Sie bezüglich eines Trainings zum Thema gewalttätige Radikalisierung? Im Folgenden stellen wir Themenbereiche vor, die in ersten allgemeinen Schulungen zum Thema Radikalisierung für die drei genannten Zielgruppen aufgenommen werden können. Sie bilden den Ausgangspunkt für eine erste Auseinandersetzung der lokalen Akteure mit dem übergeordneten Thema. In weitere Schulungen lassen sich einzelne Aspekte vertiefen (z. B. Gegennarrative, Familienarbeit, Resilienzförderung bei Jugendlichen).

>>>>>>>>>> Schulungen zur Rolle von Religion in Gesellschaft und Staat Angesichts der religiösen Dimension dschihadistischer Gewalt und der Verquickung der Themen Religion und Gewalt im öffentlichen Diskurs kann es sinnvoll sein, in einer ersten Veranstaltung allgemeinere Fragen zur Rolle von Religion in der Gesellschaft (z.B. Religionsfreiheit) sowie zur Unterscheidung von Islam und Islamismus zu behandeln.

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Dies erleichtert eine Kontextualisierung religiöser Formen des Extremismus. Im Anschluss können dann in weiteren Veranstaltungen konkrete Themen wie Dschihadismus und andere Formen extremistischer Ideologien behandelt werden. Ufuq.de ist ein Verein, der in Deutschland Fortbildungen und Beratungen für Akteure der primären Prävention zum Thema gewalttätiger religiöser Extremismus anbietet. Die Angebote beschränken sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen über religiös-extremistische Ideologien und damit verbundene Präventionsstrategien, sondern beinhalten auch Module zur Rolle der Religion in Jugendkulturen, Identitätsbildungsprozesse sowie Erfahrungen von Diskriminierung und Rassismus. Dabei geht es darum, für die Hintergründe von Radikalisierungsprozessen zu sensibilisieren, aber auch um eine Reflexion eigener Haltungen in der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen und die Entwicklung von Handlungsoptionen in der eigenen Arbeit.

>>>>>>>>>> Mandatsträger Lokalen Mandatsträgern kommt vor allem eine politische Rolle zu. In Schulungen für diese Zielgruppe geht es daher weniger um die Vermittlung von direkt praxisbezogenen Kompetenzen, sondern um die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen von Extremismus und entsprechenden Präventionsstrategien. Schulungsziele:

 Besseres Verstehen des Phänomens, insbesondere von Radikalisierungsverläufen und Risikofaktoren, die auf politischer Ebene zu beeinflussen sind;

 Erörterung der Rolle der Kommune und insbesondere der Mandatsträger für die Entwicklung und Umsetzung von Präventionsstrategien (lokal und national).

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Fachkräfte/Mitarbeiter von Behörden Sie sind verantwortlich für die Umsetzung der strategischen Beratung der Mandatsträger und die fachliche Steuerung der Maßnahmen. Neben dem Verstehen des Phänomens müssen die Schulungsinhalte daher auch Fragen der konkreten Umsetzung von Maßnahmen behandeln. Zielsetzungen:

 Verstehen des Phänomens der Radikalisierung und Sensibilisierung für die Notwendigkeit eines präventiven Ansatzes auf lokaler Ebene.

 Unterstützung bei der Erstellung einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Ressourcen im Hinblick auf die Planung und Durchführung von Präventivmaßnahmen.

 Techniken der Mobilisierung von Akteuren vor Ort, der Förderung von Kooperationen und der Strategieentwicklung.

Akteure vor Ort Sie stehen in direktem Kontakt mit der Öffentlichkeit (Sozialarbeiter, Polizei, Vereine, Erzieher usw.). Die räumliche Nähe erleichtert es, die Realität und Bedürfnisse vor Ort besser zu verstehen und Maßnahmen für die Zielgruppen umzusetzen. Zielsetzungen:

 Verstehen des Phänomens der Radikalisierung und Sensibilisierung für die Notwendigkeit eines präventiven Ansatzes auf lokaler Ebene.

 Intensive Auseinandersetzung mit Radikalisierungsprozessen und Risikofaktoren.

 Reflexion über eigene Ansätze und Erfahrungen im Bereich der Prävention.

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>>>>>>>>>> Schulung der örtlichen Polizei, Bologna, Italien (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Kommune Bologna organisierte eine zweitägige Schulung zu den frühen Anzeichen von Radikalisierung, die zu gewaltbereitem Extremismus führen. Die Schulung richtete sich in erster Linie an lokale Polizeibeamte, aber auch an Sozialarbeiter und wurde von Luca Guglielminetti, einem auf Radikalisierungsfragen spezialisierten Forscher und Mitglied des Radicalisation Awareness Network (RAN) durchgeführt. Ziel war es, den Teilnehmenden die nötigen Instrumente und Kenntnisse zu vermitteln, damit sie im Rahmen des „Community Policing“ (bürgernahe Polizeiarbeit) zur lokalen Radikalisierungsprävention beitragen können.

>>>>>>>>>> Sensibilisierung der Akteure vor Ort, Alexandroupoli, Griechenland (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Kommune Alexandroupoli hat Sensibilisierungsveranstaltungen zum Thema Radikalisierung und gewaltbereiter Extremismus konzipiert und durchgeführt, die sich an Studierende, junge Berufstätige und lokale Fachkräfte aus dem Bereich Prävention und urbane Sicherheit richteten. Die Veranstaltungen wurden nach den Bedürfnissen, Erfahrungen und Tätigkeitsfeldern der verschiedenen Teilnehmergruppen gestaltet. Diese Aktivität wurde mit Unterstützung von zwei Museen in der Stadt sowie lokaler Medien entwickelt, wodurch eine gute Sichtbarkeit in der Stadtgesellschaft gewährleistet werden konnte.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

>>>>>>>>>> Radikalisierungsprävention in Gefängnis und Bewährungshilfe, Regierung von Katalonien und Confederation of European Probation, Spanien (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Regierung von Katalonien hat gemeinsam mit der Confederation of European Probation (CEP) eine Reihe von Sensibilisierungsveranstaltungen für Sozialarbeiter in Haftanstalten sowie Bewährungshelfer organisiert, um sie in die Lage zu versetzen, in ihren Gesprächen mit den Familien der Inhaftierten erste Anzeichen von Radikalisierung besser zu erkennen. Tatsächlich können in diesen Gesprächen Hinweise auf Radikalisierungsprozesse erkannt und folglich für eine verbesserte Prävention genutzt werden, wenn die Fachkräfte entsprechend sensibilisiert sind. Diese Schulungen wurden von Experten für Radikalisierung, Suchtverhalten und Sekten durchgeführt. Insgesamt nahmen 148 Fachpersonen aus Sozialarbeit und Bewährungshilfe an den Schulungen teil.

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3.3.3.Vorschläge für Schulungsinhalte Mandatsträger

Allgemeine Grundlagen

Mitarbeiter der Behörde

Akteure vor Ort

- Begriffsdefinitionen: Radikalisierung, Radikalismus, Extremismus - Lokale Ursachen und Auswirkungen der Radikalisierung -Faktoren und Dynamiken von Radikalisierungsprozessen - Vorstellung der nationalen Präventionspolitik und die Rolle der Kommunen - Bedeutung der Radikalisierungsprävention und mögliche Interventionsebenen (primär, sekundär, tertiär) - Beispiele für lokale Strategien und Maßnahmen in anderen Städten und Regionen in Europa

Spezifische Inhalte

Rolle der Mandatsträger: - Definition der strategischen Prioritäten - Politische Steuerung der Maßnahmen - Horizontale (kommunale Behörden) und vertikale (regionale, nationale, internationale Stellen) -Koordinierung - Externe Kommunikation (Bewohner, Medien)

- Erkennen von Radikalisierungsprozessen

- Erkennen von Radikalisierungsprozessen

- Meldeverfahren und Fallmanagement

- Meldeverfahren und Fallmanagement

- relevante Akteure und für die verschiedenen Interventionsebenen und Zielgruppen durchzuführenden Maßnahmen.

- Rolle der verschiedenen Akteure bezüglich der verschiedenen Interventionsebenen sowie Zielgruppen der durchzuführenden Maßnahmen.

Rolle der Fachkräfte: - Evtl. operative Trägerschaft der Maßnahmen - Horizontale Koordinierung (zwischen kommunalen Behörden) - Interne Kommunikation zwischen den Partnern

- Regelungen des Datenschutzes und des Informationsaustauschs - Methoden der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen und der individuellen Betreuung

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

3.3.4. Definition des Veranstaltungszwecks Sensibilisierung oder Schulung? Im Hinblick auf das Wissen und der Kompetenzen, die während der Veranstaltungen vermittelt werden, ist der Begriff „Schulung“ oftmals unangemessen. So können die Erwartungen der Teilnehmenden eventuell enttäuscht werden. Um dies zu vermeiden, kann es sinnvoller sein, die Veranstaltung als eine erste Sensibilisierung für die Thematik anzukündigen. Gerade für Akteure, die nicht direkt in die Umsetzung von Maßnahmen oder die fachliche Begleitung involviert sind (z.B. Mandatsträger), ist eine transparente Zielbestimmung der Veranstaltung notwendig. Der Begriff der Sensibilisierung betont die Aktualität und Neuartigkeit des Phänomens und kann hilfreich sein, um Vorbehalten gegenüber der Thematik entgegenzuwirken und relevante Akteure von der Bedeutung des Angebotes zu überzeugen.

>>>>>>>>>> Webinarreihe „Extremistische Radikalisierung – Herausforderungen für Kommunen und Möglichkeiten der Prävention“, Deutsch-Europäisches Forum für Urbane Sicherheit e. V. (DEFUS), Deutschland (Pilotprojekt LIAISE 2) Das Deutsch-Europäische Forum für Urbane Sicherheit e. V. (DEFUS) und das Institut für angewandte Präventionsforschung des Deutscher Präventionstages (DPT-i) haben gemeinsam eine Reihe von acht Webinaren organisiert, die sich mit verschiedenen Facetten von Extremismus und Radikalisierung beschäftigten. Das Webinarformat wurde von den Teilnehmenden als besonders hilfreich beschrieben, weil es einen überregionalen Austausch unter Fachkräften ermöglicht. Mit Webinaren lässt sich ohne größeren finanziellen Aufwand ein breiteres Publikum erreichen als mit herkömmlichen Seminaren.

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Schulung von Ausbildern (Train-the-Trainer) Train-the-Trainer Formate sind eine mögliche Lösung für die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen an lokale Akteure. Hier wird eine kleine Anzahl von Personen ausgebildet, die dann für die Schulung anderer Fachkräfte (in der Regel Kollegen in ihrer Organisation oder ihrem Handlungsfeld) verantwortlich sind. Angesichts des hohen Schulungsbedarfs für die Radikalisierungsprävention kann diese Methode besonders sinnvoll sein. Damit dieser Ansatz Erfolg haben können ist es wichtig:

 sicherzustellen, dass die Einrichtungen, bei denen die Teilnehmenden beschäftigt sind, Ressourcen für die interne Weitervermittlung der Schulungsinhalte bereitstellen;

 die Kenntnisse der geschulten Akteure zu evaluieren, bevor sie selbst als Ausbilder fungieren;

 eine Begleitung und gegebenenfalls Unterstützung für die ersten vom Ausbilder durchgeführten Schulungen zu gewährleisten. Der Begriff „Ausbilder“ oder „Trainer“ ist nicht immer eindeutig. Je nach Schulungsinhalten und Qualifikationen der Schulungsteilnehmenden ist auch die Bezeichnung „Multiplikatorenschulung“ denkbar. In diesem Fall werden die Schulungsteilnehmer als Ansprechpartner für Kollegen qualifiziert und können in den Einrichtungen für die Thematik sensibilisieren sowie bei der Konzeption von Maßnahmen beraten.

>>>>>>>>>> Multiplikatorenschulung, Bordeaux, Frankreich (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Stadt Bordeaux hat eine Multiplikatorenschulung für zwölf Fachkräfte durchgeführt, die in Jugend- und/oder Familienorganisationen tätig sind. Die Fachkräfte haben an fünf Schulungsmodulen teilgenommen und führen nun Informationsveranstaltungen in ihren jeweiligen Handlungsfeldern durch. Die Schulungsmodule hatten folgende Inhalte:

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

 Hintergrundinformationen zum Phänomen von Radikalisierungen sowie Sensibilisierung für Anzeichen von Radikalisierung, Präventionsansätze und Meldeverfahren (2 Sitzungen);

 Entwicklung von alternativen Angeboten: Schulung zur Resilienzförderung in der Arbeit mit Jugendlichen und Familien (3 Sitzungen). Die beteiligten Fachkräfte sind in dem Netzwerk A.G.I.R. - Action Globale d’Intervention sur la Radicalisation (Übergreifender Handlungsplan gegen Radikalisierung). Dieses Netzwerk bietet eine Plattform für den Praxisaustausch und ermöglicht zugleich den Austausch von Informationen über problematische Entwicklungen.

>>>>>>>>>> Projekt BOUNCE – Instrumente für Resilienz und Schulung von Ausbildern Efus ist als Partner am vom belgischen Innenministerium geleitet Projekt Stresaviora II (BOUNCE) beteiligt. Ziel des Projekts ist die Schulung von Fachkräften in zehn Städten mithilfe der Trainingsmethode BOUNCE. Folgende Städte sind beteiligt: Augsburg und Düsseldorf (Deutschland), Lüttich und Löwen (Belgien), Bordeaux und Montreuil (Frankreich), Amsterdam und Groningen (Niederlande), Landskrona und Malmö (Schweden). Die BOUNCE-Methode wurde auf Grundlage einer Studie über Ansätze der Resilienzförderung in der Arbeit mit Jugendlichen mit dem Ziel der Radikalisierungsprävention entwickelt. BOUNCE bietet Materialien für die Schulung und Sensibilisierung von Jugendlichen und deren soziales Umfeld. Die Materialien setzen im Vorfeld von Radikalisierungsprozessen an und stärken junge Menschen und ihr Umfeld im Umgang mit Konflikten und schwierigen Alltagserfahrungen. Die Materialien wurden im Rahmen von Multiplikatorenschulungen, die vom belgischen Innenministerium angeboten werden, in den zehn Partnerstädten verbreitet. Die Schulungen richteten sich an Praktiker, die

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mit Jugendlichen und deren Familien arbeiten. Nach einer ersten dreitägigen Schulung wurden die Fachkräfte an drei weiteren Tagen im Umgang mit den Materialien unterstützt. Die Materialien stehen auf der Internetseite des Projekts zur Verfügung. Hier ist auch eine Anmeldung zu Schulungen möglich: www.bounce-resilience-tools.eu

>>>>>>>>>> 3.3.5. Informationsvermittlung zu aktuellen Entwicklungen Das Phänomen gewaltbereiter Radikalisierung ist in der medialen und politischen Debatte ständig präsent, dennoch steht die Forschung zu den Hintergründen und Dynamiken von Radikalisierungsprozessen noch in den Anfängen. Erschwert wird die Auseinandersetzung mit dem Thema durch die Dynamik des Phänomens selbst. So sind einige der Indikatoren, die seit 2013 von staatlichen Stellen als Kriterien für eine mögliche Radikalisierung ausgemacht wurden, mittlerweile überholt. So haben sich beispielsweise sowohl das Auftreten von radikalisierten Personen als auch die Strategien von Anwerbern in den vergangenen Jahren gewandelt. So lassen sich u.a. gezielte Strategien ausmachen, mit denen die Zugehörigkeit zu relevanten Szenen verschleiert werden soll. In ähnlicher Weise habe sich auch die Ansätze der Gefahrenabwehr gewandelt, mit denen auf neue Anschlagsstrategien von gewaltbereiten Akteuren reagiert wird. Darüber hinaus ergeben sich auch mit Blick auf das Phänomen selbst neue Herausforderungen. So spielte die Frage nach dem Umgang mit minderjährigen Rückkehrern aus den Konfliktgebieten noch vor wenigen Jahren in der Fortbildungsarbeit kaum eine Rolle. Inzwischen ist dieses Problem ein wichtiges Thema und sollte gerade in Schulungen von Akteuren, die mit Minderjährigen und Familien arbeiten, angesprochen werden. Vor dem Hintergrund solcher Veränderungen und der Ergebnisse von Evaluationen, die von einzelnen Präventionsansätzen durchgeführt wurden, ist eine regelmäßige Aktualisierung der Schulungsinhalte unabdingbar.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Die meisten Kommunen verfügen nicht über die Ressourcen, um die wissenschaftliche und politische Debatte im Bereich der Radikalisierungsprävention systematisch zu verfolgen und auszuwerten. Dennoch gibt es auch für lokale Akteure Möglichkeiten, um aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen:

 Kontakte zu und Kooperationen mit wissenschaftlichen Stellen erleichtern den Zugang Fachinformationen.

zu

aktueller

Forschung

und

 Die Einbindung von lokalen Akteuren (z.B. von Mandatsträgern und Fachkräften in den Behörden) in Netzwerkstrukturen erleichtert den Erfahrungsaustausch und den Wissenstransfer.

3.4. Lokale Sicherheits- und Bedarfsanalysen

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Ansätze der Präventionsarbeit im Bereich der urbanen Sicherheit basieren auf einer strategischen Planung, mit der mittel- und langfristige Ziele erreicht werden sollen. Ad-hoc-Maßnahmen zur Erreichung kurzfristiger Ziele stehen nicht im Mittelpunkt. Dies erfordert eine regelmäßige Aktualisierung der Kenntnisse über die lokalen Gegebenheiten. Ausgangspunkt dafür ist die Durchführung einer lokalen Sicherheits- und Bedarfsanalyse17. Eine solche lokale Analyse sollte folgende Aspekte beinhalten:

 Allgemeine Informationen zur Demografie, Sozialstruktur und bestimmter anderer Merkmale der Stadt (Armutsquote, Arbeitslosigkeit usw.) als gesellschaftlichem Kontext. Die Statistiken der Ordnungs- und Sozialbehörden bilden hierfür die Grundlage.

 Problemanalyse bezüglich Ausmaß, räumlicher Verteilung, Dynamiken und Folgen im Sozialraum. 17- Efus, Methoden und Instrumente für einen strategischen Ansatz zur urbanen Sicherheit, 2016.

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 Bestimmung von Risikofaktoren und -gruppen im lokalen Kontext (z.B. bezüglich Geschlecht, Altersgruppen und sozioökonomischer Merkmale).

 Bestimmung relevanter Partner bei der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen (einschließlich einer Klärung der jeweiligen Rollen und Ziele).

 Bewertung des politischen und institutionellen Umfelds, um Möglichkeiten für die Entwicklung von Präventivmaßnahmen zu identifizieren.

 Bewertung der Ressourcen und Potenziale vor Ort (u.a. bürgerschaftliches Engagement, Präsenz von zivilgesellschaftlichen Organisationen und bestehender Projekte).

3.4.1. Akteure, die mobilisiert werden müssen Partnerschaft mit unterschiedlichen Institutionen In Anbetracht der Komplexität des Phänomens und der Vielfalt der Faktoren, die eine Radikalisierung befördern können, aber auch der bei unterschiedlichen Akteuren bereits vorhandenen Expertise zur Prävention, ist es wichtig, Partner aus unterschiedlichen Handlungsfeldern in die Sicherheits- und Bedarfsanalyse einzubinden.

>>>>>>>>>> Mobilisierung und Abstimmung der lokalen Partnerschaft, Toulouse, Frankreich (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Stadt Toulouse organisierte mit der Unterstützung von Efus Sensibilisierungs- und Arbeitstreffen, die zahlreiche Institutionen aus verschiedenen Arbeitsbereichen mobilisierten: Jugend, Bildung, Stadtpolitik, Sport, Freizeit, Kultur, Stadtpolizei, Präfektur, Justiz, Départementrat, Bildung auf nationaler Ebene, Familienbeihilfe, Geldgeber und Organisationen. Diese Treffen ermöglichten es, die von den einzelnen Partnern durchgeführten Maßnahmen gemeinsam zu nutzen, die lokalen Anforde-

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

rungen im Hinblick auf die Radikalisierungsprävention zu ermitteln und einen dynamischen Abstimmungs- und Stärkungsprozess für die Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention in der Region Toulouse einzuleiten.

>>>>>>>>>> Beteiligung der Bevölkerung Die Bevölkerung sollte in die Erstellung einer Sicherheits- und Bedarfsanalyse einbezogen werden, um Probleme und Erwartungen angemessen zu erfassen. Eine solche Beteiligung fördert zudem die Bereitschaft von Bürgern und Vereinen, an der Entwicklung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen mitzuwirken. Dabei sollte auf eine angemessene Repräsentation verschiedener Bevölkerungsgruppen geachtet werden, um unterschiedliche Erfahrungen und Wahrnehmungen von Konflikten und die damit verbundenen Erwartungen abzubilden. Um Vorbehalten und möglichen Stigmatisierungen vorzubeugen, kann es sinnvoll sein, eine explizite Fokussierung auf das Thema Radikalisierung zu vermeiden. Denkbar ist eine allgemeinere Ausrichtung auf Themen wie Demokratie, Diskriminierung oder sozialen Zusammenhalt.

Einbindung von Forschung und Wissenschaft Die Einbindung von Experten aus dem Bereich der Radikalisierungsforschung kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein:

 die wissenschaftliche Literatur, die ein Verständnis des Phänomens ermöglicht, ist sehr umfangreich und entwickelt sich ständig weiter;

 das Phänomen verändert sich (Rekrutierungsmethoden, Propaganda, Anschlagsmethoden Informationen;

etc.)

und

erfordert

aktuelle

 die politischen Rahmenbedingungen und Präventionsstrategien auf nationaler und europäischer Ebene entwickeln sich weiter und erfordern Kenntnis aktueller Projektansätze und -erfahrungen für die Entwicklung eigener lokaler Strategien;

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 wissenschaftliche Studien (bspw. zur Sozialstruktur oder sozialräumlichen Entwicklungen vor Ort) können die Qualität und Aussagekraft der Sicherheits- und Bedarfsanalyse erhöhen.

>>>>>>>>>> Landesprogramm Radikalisierungsprävention, Berlin, Deutschland Das Landesprogramm Radikalisierungsprävention des Berliner Senats fördert zahlreiche Projekte, Vereine und Maßnahmen im Bereich der primären Prävention sowie der Intervention und Deradikalisierung. Im Rahmen dieses Programms wurde eine formelle Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin vereinbart. Experten des Fachbereichs Polizei und Sicherheitsmanagement der HWR evaluieren die Maßnahmen des Landes und entwickeln Leitlinien zur Verbesserung der Präventionsstrategien. Die Kooperation mit der HWR gewährleistet zugleich über die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern in Wirtschaft, Verwaltung und Polizei einen kontinuierlichen Wissensund Erfahrungstransfer aus der Präventionspraxis und -forschung.

>>>>>>>>>> 3.4.2. Vertrauensbildung bei Partnern Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen gewaltbereiter Radikalisierungen kann bei Akteuren vor Ort Verunsicherung und Überforderung auslösen. Dabei spielen beispielsweise Unsicherheiten bezüglich der Kommunikation in Teams und zwischen unterschiedlichen Trägern eine Rolle, die mit Fragen des Datenschutzes verbunden sind. Voraussetzung für die Durchführung einer Sicherheits- und Bedarfsanalyse ist daher die Vertrauensbildung in der Zusammenarbeit mit den beteiligten Partnern. Wichtig sind daher:

 Transparente und klare Verantwortlichkeiten im Prozess.  Autorisierung der beteiligten Fachkräfte durch deren Vorgesetzte zur Beteiligung an der Maßnahme.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

 Klärung der politischen Erwartungen und Ziele der Sicherheitsanalyse, damit die beteiligten Fachkräfte wissen, wofür die Informationen verwendet werden.

 Klärung der Rollen der beteiligten Akteure. Ein Akteur vor Ort kann beispielsweise Informationen zur Lage in den Stadtvierteln weitergeben, hat aber weniger Informationen zur Partnerschaft zwischen seinem Dienst und den anderen Fachkräften. Sein Vorgesetzter wiederum verfügt eventuell über diese Informationen, kennt aber die Jugendlichen und die Familien vor Ort nicht. Hier ist eine Klärung der Erwartungen und Zuständigkeiten wichtig. Es sollte vermieden werden, dass Partner sich gedrängt sehen, Informationen beizutragen, über die sie nicht verfügen oder die sie nicht weitergeben dürfen.

 Transparenz über den erforderlichen Aufwand, der von den Partnern erwartet wird. Eine Sicherheitsanalyse erfordert Zeit, nicht zuletzt für die Vertrauensbildung unter den beteiligten Partnern. Das Risiko, Partner im Laufe des Projekts zu verlieren, weil diese den Umfang des Vorhabens nicht abschätzen konnten, sollte minimiert werden.

3.4.3. Gemeinsame Definitionen und Ziele erarbeiten Das Erarbeiten gemeinsamer Definitionen und Ziele sowie die Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis sind wesentliche Voraussetzungen für eine Sicherheitsanalyse:

 Die Akteure vor Ort müssen über Hintergründe und Dynamiken von Radikalisierungsprozessen informiert sein, um relevante Daten liefern zu können, mit deren Hilfe das Ausmaß und die Ausprägungen des Phänomens vor Ort erfasst werden können. So ist z.B. eine Sensibilisierung für den Zusammenhang von Diskriminierungserfahrungen und mangelnden Teilhabemöglichkeiten in Radikalisierungsprozessen notwendig, damit entsprechende Informationen von den Partnern berücksichtigt werden.

 Die Ziele und Problemdefinitionen der geplanten Maßnahmen müssen von den Akteuren geteilt werden. Was ist das Problem:

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gewaltbereiter Extremismus kognitiver Extremismus oder anderes? Eine gemeinsame Zielbestimmung ist wichtig, um Missverständnisse und Konflikte zwischen den Akteuren zu vermeiden und gemeinsame Indikatoren zu bestimmen.

 Mangelndes Wissen im Zusammenhang mit Radikalisierungsprozessen kann Stigmatisierungen bestimmter Bevölkerungsgruppen befördern. So kann eine fehlerhafte Bestimmung von Indikatoren dazu führen, dass einzelne Personengruppen oder Sachverhalte fälschlicherweise als relevant gemeldet werden. Eine inhaltliche Sensibilisierung für das Thema vor der Durchführung der Analyse schafft eine gemeinsame Wissensgrundlage und fördert die Vertrauensbildung unter den beteiligten Akteuren. Dies fördert die Qualität der Analyse.

3.4.4. Art der zu erhebenden Daten Daten über Radikalisierungsfaktoren, aus denen sich Rückschlüsse auf die Vulnerabilität oder Resilienz der Stadt ableiten lassen. Diese Daten sind insbesondere für die Bestimmung von Maßnahmen der Primärprävention hilfreich. Denkbar ist eine Auswahl von relevanten Faktoren, die Radikalisierungsprozesse befördern können. Hierbei können Informationen über Personen, die sich vor Ort radikalisiert haben, wichtige Anhaltspunkte liefern. Dabei geht es insbesondere auch um jene Aspekte, die Rückschlüsse auf die Situation vor Ort ermöglichen. Beispiele:

 Diskriminierung: Ergebnisse von Umfragen zu Diskriminierungserfahrungen, Beschwerdezahlen, Studien zum Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt, Demonstrationen gegen das Phänomen usw.;

 Befragungen der Akteure vor Ort zu Konflikten und Polarisierungen im Sozialraum oder Einrichtungen wie Schulen, Jugendeinrichtungen, Sportvereinen usw.;

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

 Vorhandensein von Stätten oder Denkmälern mit historischer oder symbolischer Bedeutung für extremistische Gruppen (Statuen von Persönlichkeiten, Friedhöfe usw.);

 Präsenz von gewaltbereiten extremistischen Akteuren in der Stadt (zum Beispiel in Form von Vereinen und Initiativen, Burschenschaften, Moscheegemeinden etc.);

 Vorfälle mit extremistischem Hintergrund;  lokale Auswirkungen internationaler Konflikte;  ... Daten zu Personen, die sich radikalisiert haben oder als solche gemeldet wurden, sowie zu Familien, die um Unterstützung gebeten haben. Diese Daten erleichtern die Entwicklung von Maßnahmen der Sekundär- und Tertiärprävention. Beispiel:

 Angaben zum Ausmaß des Phänomens in der Stadt (Anzahl der auffälligen Personen, betroffene Stadtgebiete usw.). Diese Angaben sind für eine realistische Einschätzung der Problematik vor Ort erforderlich.

 Angaben zum Profil von radikalisierten oder radikalisierungsgefährdeten Personen: Alter, Geschlecht, Wohngebiet, familiäre und schulische Situation usw. Dabei ist es eine namentliche Kenntnis der Personen nicht erforderlich. Die Angaben ermöglichen eine zielgerichtete Ausrichtung der Präventionsmaßnahmen: Welche Personen sind am meisten betroffen, welche Ursachen lassen sich in ihren Biographien ausmachen? Beispiel: In einigen Städten ist der Anteil von Mädchen unter den radikalisierungsgefährdeten Personen überproportional hoch. Hier kann es für lokale Akteure sinnvoll sein, speziell an Mädchen gerichtete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.

 Daten zu bereits bestehenden Maßnahmen, auf denen die Strategie aufbauen kann.

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In vielen Fällen lassen sich bestehende Maßnahmen in eine zu entwickelnde Präventionsstrategie integrieren. Ein Überblick über laufende Maßnahmen ist daher wichtig, um Parallelstrukturen zu vermeiden und Ressourcen zu bündeln. Mit der Berücksichtigung bestehender Maßnahmen wird zudem das Engagement der Akteure gewürdigt, was zugleich die Bereitschaft erhöht, sich an den geplanten Maßnahmen zu beteiligen. Denkbar ist die Nutzung der folgenden Tabelle, in der die angesprochenen Akteure die von ihnen bereits umgesetzten Maßnahmen beschreiben:

Vorstellung der Maßnahme

Erfolgt die Maßnahme im Rahmen der Radikalisierungsprävention? (ja/nein, mit Kommentaren)

Könnte sie zur Radikalisierungsprävention beitragen? (ja/nein eventuell mit Kommentaren)

Auf welchen Bedarf reagiert die Maßnahme?

Falls diese Maßnahme in die Strategie zur Radikalisierungsprävention integriert werden sollte, welche Elemente müssten verändert/ hinzugefügt/ gestärkt werden?

Maßnahme 1 Maßnahme 2

3.4.5. Welche Instrumente sollten eingesetzt werden? Es können die üblichen Analyseinstrumente zum Einsatz kommen: quantitative und qualitative Auswertungen, Gespräche und Befragungen, Arbeitsgruppen …

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Gespräche und Befragungen bieten sich an mit folgenden Personen:

 mit den am stärksten betroffenen Akteuren, die über umfangreiche Informationen verfügen;

 mit Akteuren, die den geplanten Maßnahmen kritisch gegenüberstehen, um Vorbehalte abzubauen und Vertrauen zu schaffen. Bei Arbeitsgruppen sollte die Teilnehmerzahl auf etwa zwanzig Personen begrenzt werden, um eine aktive Beteiligung aller Teilnehmenden zu ermöglichen. Den Teilnehmenden könnten folgende Fragen gestellt werden:

 Sind Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit mit gewaltbereiter Radikalisierung konfrontiert (innerhalb Ihrer Dienststelle, unter den Menschen, mit denen Sie arbeiten ...)? Wenn ja, welche Probleme treten auf ?

 Anhand von welchen Hinweisen/Indikatoren machen Sie das Problem fest?

 Welche Schulungs- und Präventionsinstrumente benötigen Sie?  Führen Sie bereits Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention durch, die in die Strategie integriert werden könnten? Oder kennen Sie Maßnahmen, die in dieser Strategie berücksichtigt werden könnten?

 Welche Aspekte sollten Ihrer Meinung nach vorrangig in der lokalen Strategie berücksichtigt werden?

 ...

PreRad, Bravvo Brüssel, Belgien PreRad ist in jenen Stadtteilen aktiv, die am stärksten von Radikalisierung betroffen sind. Der Verein bietet eine individuelle, vertrauliche Beratung und Begleitung und verfolgt dabei einem ganzheitlichen Ansatz, in dem verschiedene Dienste der Stadt (Schulen, psychologisch-medizinisch-soziale Zentren, soziale Dienste, Nachbarschaftszentren, Präventionsräte, Bürgeramt, örtliche Polizei) eingebunden sind.

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Bravvo führte 2013 eine erste Studie zum Phänomen der Radikalisierung durch. Diese basierte auf Informationen von Akteuren in unterschiedlichen Handlungsfeldern, die direkt mit Betroffenen arbeiten. Die Studie konzentrierte sich auf den Bezirk Laeken Centre. Angesichts der Dynamik des Phänomens ist eine weitere Studie geplant, die die Entwicklungen in der Stadt Brüssel in den Blick nimmt. Dabei soll auch das Phänomen einer zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung berücksichtigt werden. Die Ergebnisse dienen der Weiterentwicklung und Anpassung der bisher umgesetzten Maßnahmen. Im Rahmen dieser Studie wird von PreRad ein Bericht erarbeitet, in dem die Auswirkungen internationaler Konflikte vor Ort beschrieben werden. Der Bericht stützt sich auf Gespräche und Beobachtungen mit Akteuren vor Ort. Aus diesen Informationen lassen sich Prioritäten und Empfehlungen für die Konzeption und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen ableiten. Jahresbericht 2016 von PreRad: http://bravvo.be/radicalisme-385

3.5. Kommunikation

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Kommunikation ist ein zentraler Aspekt für die Umsetzung und Transparenz einer Strategie. Sie hat je nach Zielgruppe unterschiedliche Zielsetzungen. Für eine Kommune können zwei Ebenen der Kommunikation ausgemacht werden:

 Interne Kommunikation, die darauf abzielt, alle an einer Strategie beteiligten Partner zu informieren und ihre Beteiligung zu fördern;

 Externe Kommunikation, die darauf abzielt, nicht an lokalen Maßnahmen beteiligte Akteure (Bürger, Medien, andere öffentliche Behörden usw.) über die eingesetzten Mittel und die Situation vor Ort zu informieren.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Die Kommunikation über die Prävention gewaltbereiter Radikalisierung dient spezifischen Zielen und erfordert besondere Aufmerksamkeit für bestimmte Punkte der Präventionsstrategie. Im Folgenden werden die wichtigsten Elemente vorgestellt, die von den lokalen Partnern des Projekts LIAISE 2 im Rahmen der Durchführung ihrer Pilotprojekte ermittelt wurden.

3.5.1. Ziele Vertrauen unter den Partnern bilden und ihr Engagement steigern (interne Kommunikation) Wie bereits erläutert sind Präventionsnetzwerke gegen gewaltbereite Radikalisierung auf der lokalen Ebene aufgrund des sensiblen Charakters dieses Phänomens und damit einhergehenden Vorbehalten und Konflikten tendenziell fragil. Daher muss die Kommunikation zwischen den Partnern transparent sein, um ein Klima des Vertrauens zu schaffen. Folgendes sollte daher beachtet werden:

 regelmäßige Kommunikation zwischen den Partnern im Rahmen von Treffen;

 schriftliche Dokumentation der Strategie mit gemeinsamen Definitionen und Zielbestimmungen;

 regelmäßige Berichterstattung über die durchgeführten Maßnahmen. Die umgesetzte Strategie begründen (interne und externe Kommunikation) Die Kommunikation rund um Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention kann kompliziert sein. Einerseits, weil dabei sensible Themen (z.B. die Sorge vor Stigmatisierungen oder die Beteiligung von Aussteigern aus extremistischen Szenen) berührt werden, andererseits weil viele Maßnahmen erst mittel- bis langfristig positive Effekte zeigen und daher in der Regel nach kurzer Zeit kaum Ergebnisse vorgelegt werden können. Dies kann zu Diskussionen über die effektive Verwendung öffentlicher Mittel und die Zweckmäßigkeit der durchgeführten Maßnahmen führen.

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Um dieses Risiko zu vermeiden ist es wichtig, regelmäßig über die Umsetzung der Maßnahmen und die erzielten Fortschritte zu informieren. Dies ist auch für die politische Unterstützung und den Erhalt von Finanzmitteln unerlässlich.

Das Engagement Kommunikation)

der

Stadt

sichtbar

machen

(externe

Die Kommunikation kann genutzt werden, um das Handeln der Stadt in diesem Themenfeld sichtbar zu machen. Damit kann auf die Anliegen der Öffentlichkeit, den Bedarf der Fachkräfte und die Nachfrage der Medien eingegangen werden.

3.5.2. Kritische Aspekte Die Gefährdung der Maßnahmen sowie beteiligter Personen vermeiden In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, nur über die Strategie als Ganzes zu kommunizieren, ohne Angaben über einzelne Maßnahmen und die Art der beteiligten Akteure zu machen. So kann es notwendig sein, Akteure, die direkt mit gefährdeten oder bereits radikalisierten Personen arbeiten, nicht öffentlich zu benennen, um die Umsetzung der Maßnahmen und die Beteiligten nicht zu gefährden. Auch in anderen Fällen kann es hilfreich sein, eine offensive Öffentlichkeitsarbeit zu vermeiden, zum Beispiel um die Glaubwürdigkeit einer Maßnahme nicht zu beeinträchtigten.

>>>>>>>>>> Videoclip im Rahmen einer Kampagne für „Alternative Narrative“, Düsseldorf, Deutschland (Pilotprojekt LIAISE 2) Die Stadt Düsseldorf unterstützte die Produktion eines Videos von acht Jungen, die das örtliche Jugendzentrum Kamper 17 besuchen. Das Ziel des Projekts war es, alternative Narrative zu fördern, die auf jugendrelevanten Themen basieren. Die Gruppe entschied sich für die

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Arbeit über extremistische und rassistische Kommentare, die sie in den sozialen Medien und in der öffentlichen Debatte vorfinden und die sie als junge Muslime besonders berühren. In enger Zusammenarbeit mit der lokalen Medienwerkstatt Clipper (Akki e. V.) entwickelten sie ein Drehbuch und produzierten ein Video vor und hinter der Kamera. Das Video ist im Internet abrufbar und wurde im Rahmen einer halböffentlichen Veranstaltung Freunden und Familie präsentiert. Um die Glaubwürdigkeit der Botschaft, auf deren Inhalte die Stadt keinen Einfluss nahm, nicht zu gefährden, wurde in dem Video auf einen Hinweis auf die Finanzierung des Projektes durch die Stadt verzichtet.

>>>>>>>>>> Risiko der Stigmatisierung In einige Maßnahmen sind auch Privatpersonen direkt eingebunden. Dies gilt beispielsweise für die Arbeit mit Jugendlichen und Familien, z. B. im Rahmen von Counternarrative-Kampagnen oder Mentoring-Programmen. Sie möchten eventuell aus Sorge vor Stigmatisierungen nicht sichtbar in Erscheinung treten. Dies sollte bei der Konzeption und in der Öffentlichkeitsarbeit berücksichtigt werden. Das Risiko einer Stigmatisierung betrifft auch einzelne Örtlichkeiten oder Stadtviertel, die im Mittelpunkt präventiver Maßnahmen stehen. Medienberichte über die Durchführung von entsprechenden Maßnahmen können Vorbehalte und Stereotypen über die dortige Bevölkerung befördern („Gibt es ein Problem in diesem Viertel oder mit dieser Bevölkerungsgruppe?“).

>>>>>>>>>> Mit betroffenen Familien arbeiten Einige Städte fördern die Begegnung von Angehörigen, um sich über Radikalisierungen im familiären Umfeld auszutauschen. Dabei setzen die Beteiligten auf die Vertraulichkeit des Austausches. Die Träger dieser Maßnahmen stehen in der Verantwortung, diesen Rahmen zu gewährleisten. So informieren manche Träger lediglich über die

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Existenz solcher Einrichtungen, ohne weitere Details bekanntzugeben. Andere Träger entscheiden sich bewusst gegen jede Öffentlichkeitsarbeit. In jedem Fall ist es notwendig, eine eventuelle Öffentlichkeitsarbeit mit den Beteiligten abzusprechen.

>>>>>>>>>> Vorsicht mit Begriffen Angesichts des sensiblen Charakters des Themas kann die Verwendung von Begriffen wie „Radikalisierung“ oder „Extremismus“ bei der Kommunikation von Präventionsmaßnahmen Vorbehalte und Verunsicherungen auslösen. Stigmatisierungen von religiösen und ethnischen Gemeinschaften können die Folge sein, wenn sie mit Maßnahmen im Zusammenhang mit Radikalisierung, gewalttätigem Extremismus, Terrorismus usw. in Verbindung gebracht werden. Um dies zu vermeiden, entscheiden sich manche Behörden gezielt für andere Begrifflichkeiten.

>>>>>>>>>> „Mammakraft“ (Macht der Mütter), Malmö, Schweden (Pilotprojekt LIAISE 2) Die schwedische Stadt Malmö hat ein Netzwerk von Müttern in verschiedenen Stadtvierteln eingerichtet. Die Sozialbehörde brachte 12 Organisationen, Bildungsverbände und kommunale Einrichtungen zusammen und lud Saliha Ben Ali, die Mutter eines radikalisierten Belgiers, der in Syrien ums Leben gekommen ist, zu einem zweitägigen Schulungskurs ein. Daraufhin bildete sich eine Gruppe von Müttern, die sich um ihre Kinder Sorgen machten. Ihre Zusammenkünfte werden von den städtischen Behörden und den Organisationen in koordinierter Form vorbereitet. Dieses Projekt beschäftigt sich mit verschiedenen Fragen aus dem familiären Alltag, wobei immer wieder auch das Thema Radikalisierung angesprochen wird. In der externen Kommunikation über diese Maßnahme wird dieses Thema jedoch nicht erwähnt.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

>>>>>>>>>> Vorbeugen ist besser als Heilen: die Rolle von Jugendlichen bei der Radikalisierungsprävention, Reggio Emilia, Italien (Pilotprojekt LIASE 2) Die Stadt Reggio Emilia und das interkulturelle Zentrum Mondinsieme konzentrieren sich auf die Sensibilisierung kommunaler Organisationen der Jugendhilfe, insbesondere deren in der örtlichen Jugendarbeit tätigen ehrenamtlichen Mitarbeiter. Sie werden im Rahmen einer vom Extremismusexperten Luca Guglielminetti durchgeführten Schulung für verschiedene Formen der Radikalisierung sowie Möglichkeiten der Prävention sensibilisiert. Die Gruppe der Ehrenamtlichen organisierte dann mehrere Veranstaltungen, darunter die Vorführung des italienischen Dokumentarfilms Dustur, der den Weg mehrerer in Haft befindlicher Migranten nachzeichnet, gefolgt von einer Debatte mit den Protagonisten und Regisseuren des Films über die Notwendigkeit, lokale Initiativen zur Integration zu fördern. Die Veranstaltungen konzentrierten sich insofern nicht auf die Themen „Terrorismus“ oder „Extremismus“. Dadurch konnten Vorbehalte gegenüber einer solchen Veranstaltung abgebaut werden.

>>>>>>>>>> Wenn politische Entscheidungsträger vor den Medien sprechen müssen, insbesondere nach Ereignissen, die mit dem Thema in Zusammenhang stehen (Verhaftungen, Anschläge, Demonstrationen, Ausreise in Konfliktgebiete etc.), ist die richtige Wortwahl von großer Bedeutung. Polarisierende oder alarmistische Begriffe sollten vermieden werden – auch weil sie eine weitere Polarisierung befördern können. Hilfreich ist eine Öffentlichkeitsarbeit, in der das Ziel des sozialen Zusammenhalts und die Stärkung der Gemeinschaft herausgestellt wird.

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3.6. Konzeption und Umsetzung lokaler Maßnahmen

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Auf der Grundlage der Bedarfs- und Sicherheitsanalyse lassen sich die Maßnahmen an die lokalen Bedürfnisse anpassen. Dabei gibt es keine einheitliche Strategie, die sich auf jede Stadt anwenden ließe. In diesem Abschnitt werden Leitprinzipien vorgestellt, die bei der Ausarbeitung lokaler Maßnahmen berücksichtigt werden sollten.

3.6.1. Auf den drei Präventionsebenen handeln, individuelle Begleitung und kollektive Maßnahmen miteinander verknüpfen. Wichtig ist, dass eine Strategie die drei Präventionsebenen (primär, sekundär und tertiär) integriert und dass Maßnahmen für alle Zielgruppen und die unterschiedlichen Problembereiche umgesetzt werden. Städte und Kommunen leisten auf allen Präventionsebenen einen wichtigen Beitrag, aber in unterschiedlichen Rollen. Je nach Zuständigkeiten und Knowhow übernehmen sie die Federführung oder agieren als Partner. Während Kommunen gerade im Bereich der primären Präventionsmaßnahmen eine wichtige Rolle spielen, werden tertiäre Präventionsmaßnahmen, die radikalisierte Menschen zum Ausstieg bewegen sollen, häufig von anderen Akteuren wie den Justizbehörden gesteuert. Daher ist es notwendig, bei der Ausarbeitung der Strategie die Rollen klar zu definieren. In einer lokalen Strategie sollten darüber hinaus sowohl Gruppenangebote als auch individuelle Angebote berücksichtigt werden. In den meisten europäischen Ländern haben die nationalen bzw. föderalen Stellen in mehr oder weniger enger Partnerschaft mit den Kommunen Einrichtungen zur individuellen Begleitung von Angehörigen und Betroffenen aufgebaut. Individuelle Betreuungsmaßnahmen zur sekundären und tertiären Prävention betreffen radikalisierte und radikalisierungsgefährdete Menschen.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Eine Strategie zur Verhinderung gewaltbereiter Radikalisierung muss so früh wie möglich ansetzen und Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz von Menschen und Gemeinden beinhalten. Diese Maßnahmen sind Teil der Primärprävention und richten sich an ein breiteres Publikum. Die verschiedenen Präventionsebenen mit individuellen und kollektiven Maßnahmen ergänzen sich gegenseitig und decken die Problematik in ihren unterschiedlichen Facetten ab.

>>>>>>>>>> Lokaler Plan zur Radikalisierungsprävention, Bagneux, Frankreich (Pilotprojekt LIAISE 2) Die französische Stadt Bagneux hat einen lokalen Plan zur Prävention gewaltbereiter Radikalisierung ausgearbeitet, der Maßnahmen auf allen drei Präventionsebenen beinhaltet und sich an verschiedene Zielgruppen richtet. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt in mehreren Stufen:

 Sensibilisierung/Schulung: Sensibilisierung von Mandatsträgern und kommunalen Bediensteten für das Phänomen der gewaltbereiten Radikalisierung und die Rolle der lokalen Ebene in der Präventionsarbeit; Einbindung von Wissenschaftlern.

 Primäre Prävention: Sensibilisierung und Diskussionen mit der Bevölkerung (Jugendliche und Familien) rund um den Dokumentarfilm „La chambre vide“ (Das leere Zimmer) von Jasna Krajinovic, der die Geschichte einer von Radikalisierung betroffenen belgischen Familie und die Erfahrungen der Mutter, Saliha Ben Ali, schildert.

 Sekundäre und tertiäre Prävention: Die Stadt wird eine lokale Netzwerkstelle einrichten, die es lokalen Akteuren ermöglicht, vertrauliche Informationen über schwierige Situationen auszutauschen und zur Betreuung radikalisierungsgefährdeter oder bereits radikalisierter Menschen beizutragen

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3.6.2. Alle Faktoren berücksichtigen Zahlreiche Faktoren können einen Radikalisierungsprozess beeinflussen und sollten daher in einer Präventionsstrategie berücksichtigt werden. Dabei geht es darum, sowohl Push-Faktoren als auch Pull-Faktoren anzugehen (siehe Kasten in Teil 1). Lokale und regionale Behörden können mehr oder weniger direkt auf die verschiedenen Faktoren einwirken. Viele Kommunen vermeiden es allerdings, internationale Kontexte zu berücksichtigen. Doch auch wenn sie kaum oder gar keinen Einfluss auf den geopolitischen Kontext haben: Dieser existiert, er hat Auswirkungen auf die Atmosphäre in einer Stadt, auf die Gespräche der Menschen und ihre Interessen und Sorgen, die sich auf lokaler Ebene manifestieren. Darüber hinaus spielen geopolitische Fragen in extremistischer Propaganda eine wichtige Rolle (Konflikte im Nahen Osten, Geflüchtete in Europa …). Deshalb müssen auch solche Fragen aufgegriffen werden – nicht, weil Kommunen direkt auf sie einwirken könnten, sondern um ihre Existenz anzuerkennen und um Alternativen zu extremistischen Diskurses anzubieten. Möglich sind hier Videos mit alternativen Narrativen, die Organisation von Debatten oder Ausstellungen zu diesen Themen oder Informationen über Möglichkeiten, sich für internationale Anliegen zu engagieren.

>>>>>>>>>> 2013 verteilte das belgische Innenministerium ein zweiseitiges Faltblatt mit dem Titel „Hilfe für die syrische Bevölkerung: Ja, aber wie?“. Die Situation in Syrien stieß auch bei vielen jungen Belgiern auf Empörung und bestärkte ein Gefühl von Ungerechtigkeit und Ohnmacht. Mit einer Broschüre griff das Ministerium diese Empörung und Verunsicherung auf und informierte über Möglichkeiten, sich für die syrische Bevölkerung einzusetzen - anstatt sich selbst an den Kämpfen zu beteiligen. Die Broschüre schildert die katastrophale humanitäre Lage in Syrien, präsentiert Vereine, über die man sich engagieren kann, und zeigt die Risiken einer Reise in ein Konfliktgebiet auf. https://efus.knowledgeplaza.net/tile/view/4585/

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Radikalisierungsfaktoren und -prozesse sind geschlechtsspezifisch. Dies muss in der Entwicklung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden.

>>>>>>>>>> Aufdrehen – ein Filmprojekt für Mädchen, Augsburg, Deutschland (LIAISE-Pilotprojekt 2) In Augsburg richtete sich ein Videoprojekt an Mädchen und Frauen, um ihre Resilienz gegenüber religiös-extremistischer Propaganda zu stärken. Zehn in Augsburg lebende Mädchen wurden von einer Medienproduzentin und einer Medienpädagogin darin unterstützt, die vom IS verbreiteten Geschlechterrollen zu analysieren und ein Video zu produzieren, in dem sie ihre eigenen Erwartungen und Ziele im Leben vorstellen. Die Teilnehmerinnen entwickelten technisches Know-how in der Videoproduktion und wurden ermutigt, dieses in sozialen Netzwerken einzusetzen. Das Projekt reagierte auf religiös-extremistische Narrative in sozialen Medien und war Teil einer breiter angelegten kommunalen Politik zur Förderung von Gleichberechtigung und der Stärkung von Frauen. Diese Einbettung verhinderte eine Stigmatisierung und förderte den Wissens- und Erfahrungstransfer in der Verwaltung.

>>>>>>>>>> 3.6.3. Auf Bestehendem aufbauen und Neues ausprobieren Wie in der Einleitung dargelegt, ist es wichtig, dass eine Strategie zur Radikalisierungsprävention in eine Gesamtstrategie in anderen Politikbereichen eingebunden ist. Efus empfiehlt, bei der Entwicklung einer Präventionsstrategie auf bereits bestehenden Maßnahmen aufzubauen, um von vorhandenen Partnerschaften und Kenntnissen zu profitieren. So sollten auch Maßnahmen in anderen Politikbereichen (Bildung, Soziales …) eingebunden werden, die zur Radikalisierungsprävention beitragen können.

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Ebenso können Erfahrungen aus ähnlichen Arbeitsfeldern, insbesondere der Kriminalprävention dazu beitragen, spezifische Maßnahmen gegen gewaltbereite Radikalisierung zu entwickeln. Bei bestehenden Maßnahmen ist mitunter lediglich eine Anpassung des Inhalts oder ein Ausbau der Kompetenzen der entsprechenden Fachkräfte erforderlich. So gibt es beispielsweise in den Städten oft Maßnahmen, in deren Rahmen sich Eltern, unterstützt durch Fachkräfte, austauschen, um ihre Probleme anzugehen. Bei solchen Treffen können die Eltern frei über Radikalisierung sprechen und für das Phänomen sensibilisiert werden. Dabei ist das bisherige Format der Maßnahme oft geeignet, jedoch müssen die Inhalte angepasst und die beteiligten Fachkräfte geschult werden, damit das Thema gewaltbereite Radikalisierung angemessen diskutiert werden kann.

>>>>>>>>>> Austauschgruppe Eltern/Polizei, Valentijn-Schule, Rotterdam, Niederlande In den Stadtbezirken von Rotterdam sind einzelne Polizeibeamte für das Thema Prävention und den Kontakt zur Bevölkerung zuständig. Im Bezirk Valentijn organisiert eine Grundschule regelmäßig Gespräche zwischen den Eltern und dem Polizeibeamten, der dem Bezirk zugeteilt ist. Diese Treffen bieten Gelegenheit, die Atmosphäre in der Nachbarschaft, die aufgetretenen Probleme oder das Vorgehen der Polizei zu diskutieren. Die behandelten Themen sind vielfältig, die Regelmäßigkeit der Treffen fördert das Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern und dem Polizeibeamten. Als das Stadtviertel erstmals mit einem Fall einer Radikalisierung konfrontiert war, wurde das Thema von den Eltern selbst angesprochen. Dies erleichterte die Sensibilisierung der Familien sowie deren Unterstützung.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Die Einbindung bestehender Maßnahmen wertet die lokalen Akteure auf, optimiert Ressourcen und erlaubt eine Abstimmung von Maßnahmen in unterschiedlichen Politikbereichen der Kommune. Darüber hinaus ist der Austausch von Praktiken zwischen lokalen und regionalen Behörden sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene sehr hilfreich. Durch diesen Austausch lassen sich Maßnahmen identifizieren, mit denen sich auf ähnliche Problemstellungen reagieren lässt, und die Maßnahmen generell optimieren18.

>>>>>>>>>> Forumtheater, Sarcelles, Frankreich (Pilotprojekt LIAISE 2) 2016 fand ein Austausch zwischen den Städten Brüssel, Molenbeek (BE), Montreuil und Sarcelles (FR) statt. Fachkräfte aus Sarcelles besuchten Brüssel und Molenbeek zu einem Tag des Austausches über berufliche Praktiken zur Radikalisierungsprävention. Insbesondere trafen sich die Vertreter der Stadt Sarcelles mit dem Verein Vaartkapoen, der eine Theatergruppe mit Müttern aus Molenbeek, deren Familien von Radikalisierungen betroffen sind, initiiert hat. Aus dem Besuch ergab sich die Aufführung eines Theaterstücks in Sarcelles, an dem Mütter und Fachkräfte beteiligt waren.

>>>>>>>>>> Da gewaltbereite Radikalisierung ein Problem mit spezifischen Merkmalen und für Städte und Regionen noch ein vergleichsweise neues Phänomen ist, müssen innovative Maßnahmen entwickelt werden. Innovation im eigenen lokalen Kontext bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine neue Maßnahme, die es anderswo noch nie so gegeben hat. Es kann sich um eine Aktion aus einer anderen Stadt handeln, die an den lokalen Kontext angepasst wird. Dabei kann auch ein Experimentieren notwendig sein, um angemessene Antworten auf neue Problemstellungen zu finden. 18- Mehrere Netzwerke organisieren den Austausch zwischen lokalen und regionalen Behörden über gewaltbereite Radikalisierung und verfügen über Datenbanken mit lokalen Praktiken, darunter Efus, RAN und das Strong Cities Network.

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Experimentelle und innovative Maßnahmen sind besonders dann erfolgreich, wenn sie auf soliden Methoden beruhen und eine evaluative Komponente enthalten, damit geprüft werden kann, ob die Aktion den Bedürfnissen entspricht oder ggf. angepasst werden muss.

3.6.4. Welche Akteure sollten bei der Umsetzung der Maßnahmen eingebunden werden? Wie bereits erwähnt, ist es wichtig, sich auf bestehende Partnerschaften zu stützen. Ebenso wichtig ist es, spezifisches Know-how zu bündeln. Die Einbindung externer Personen kann für die Strategie sehr lohnend sein. Dadurch können externe Sichtweisen und Erfahrungen sowie spezifisches Fachwissen eingebunden werden. Insbesondere ist es sinnvoll, Vereine und andere zivilgesellschaftliche Organisationen zu beteiligen, die sich mit Radikalisierung beschäftigen oder zur Resilienzförderung beitragen.

>>>>>>>>>> Psychosoziale Unterstützung für radikalisierte Jugendliche und deren Familien: „PsyRad“, Lüttich, Belgien (Pilotmaßnahme-LIAISE 2) PsyRad ist ein handlungsorientiertes Forschungsprojekt, das ein Instrument zur psychosozialen Unterstützung und Integration von Jugendlichen oder Familien, die von Radikalismus betroffen sind, entwickeln soll. Das Projekt wird vom städtischen Präventionsprogramm in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Kriminalpsychologie der Universität Lüttich gesteuert. Die Methode wird in Absprache mit der Polizei und den Jugendämtern entwickelt. Die zwischen Universität und Stadt erarbeitete und umgesetzte Betreuung könnte auch eine Ergänzung oder Alternative zu Strafen darstellen. Dazu finden derzeit Gespräche mit den Justizbehörden statt.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Viele lokale und regionale Behörden greifen auf externe Expertise zurück (Wissenschaft, Vereine, Fachverbände, Beratungsfirmen usw.). Angesichts der Neuartigkeit des Phänomens und der politischen Dringlichkeit fiel es einigen Kommunen schwer, geeignete Dienstleister auszuwählen. Um mit externen Dienstleistern gut zusammenzuarbeiten, empfiehlt Efus folgendes Vorgehen: 1. Vorrangig sollten die bereits vor Ort vorhandenen Strukturen genutzt werden. Dafür lassen sich folgende Gründe anführen:

 ihre lokale Verankerung gewährleistet gute Kenntnisse des Sozialraums und der Zielgruppen;

 es gibt bereits Erfahrungen mit der Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen;

 Sachkenntnis in den Arbeitsbereichen Jugendhilfe, Kriminalprävention und Jugenddelinquenz ist bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention wertvoll und unerlässlich. Man sollte sich deshalb auf Strukturen stützen, die über dieses Fachwissen verfügen, und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Kenntnisse auf den Bereich der Radikalisierung auszudehnen, damit sie diese Problematik in ihre Praxis integrieren können. Diese Akteure sollten von Anfang an in die Entwicklung einer Präventionsstrategie einbezogen werden, da so relevante Akteure für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen gefunden werden können. 2. Wenn kein bekannter Partner den Bedarf decken kann, sollte ein Anforderungsprofil für einen externen Dienstleister erstellt werden. Dieses Profil sollte genaue Vorgaben enthalten und unter Einbeziehung der wichtigsten lokalen Partner erstellt werden, die an der Strategie beteiligt sind. Zudem sollten sie in die Auswahl der Dienstleister einbezogen werden. Dies erhöht die Akzeptanz des externen Partners bei lokalen Akteuren. Außerdem sollten Erfahrungsberichte anderer Städte eingeholt werden, die bereits mit den in Betracht gezogenen Anbietern zusammengearbeitet haben.

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3. Nach der Auswahl des Anbieters ist es wichtig, dass dieser regelmäßig über die Umsetzung der Maßnahme berichtet und die lokalen Partner in die strategische Steuerung einbindet. Es kann auch ein aus den wichtigsten Partnern bestehendes Steuerungsgremium eingesetzt werden. Dieses kann die Ziele der Maßnahme und den Zeitplan festlegen und Ergebnisse auswerten. Zudem kann es die Evaluierung beaufsichtigen. Das Steuerungsgremium soll sicherstellen, dass die Maßnahme mit der lokalen Strategie im Einklang steht, die gesetzten Ziele erfüllt und auf weitere Maßnahmen abgestimmt ist.

3.7. Evaluation

>>>>>>>>>>>>>>>>> In den vergangenen Jahren haben die EU-Mitgliedstaaten die Mittel für lokale Programme und Projekte zur Radikalisierungsprävention erheblich aufgestockt. Die Evaluierung von entsprechenden Strategien und Maßnahmen ist ein wichtiges Instrument, um die Qualität und Wirksamkeit der genutzten Ansätze und Vorgehensweisen zu gewährleisten, das Vertrauen in die Wirksamkeit der lokalen Strategien zu stärken, aber auch die Rechenschaftspflicht der Projektträger sicherzustellen und die öffentlichen Ausgaben zu rechtfertigen. Der Zweck der Evaluation besteht jedoch nicht nur in der Wahrnehmung der öffentlichen Kontrolle. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil jedes Präventionsprogrammes und ermöglicht es, dessen Vorannahmen zu bewerten und Anpassungen und Weiterentwicklungen der Maßnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten zu steuern. Sie beschränkt sich nicht nur auf die Bewertung der Ergebnisse, sondern umfasst auch eine Überprüfung des Umsetzungsprozesses und liefert wichtige Informationen, um Strategien und Maßnahmen an die verfolgten Ziele anzupassen. Zudem fördert eine Evaluation den Wissens- und Erfahrungstransfer19. 19- Naureen Chowdhury Fink, Peter Romaniuk, Rafia Barakat, Evaluating Countering Extremism Programming. Practice and Progress. Center on Global Counterterrorism Cooperation, Goshen, 2013, 3-8.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Evaluationen können intern oder extern durchgeführt werden, wobei beide Ansätze Vor- und Nachteile haben. Während externe Evaluierungen in der Regel eine objektivere Prüfung der grundlegenden Annahmen, der Kohärenz der Strategie und der Wirksamkeit ermöglichen, erleichtern interne Evaluationen die Anpassung und Neuausrichtung strategischer und methodischer Entscheidungen. Auch wenn eine externe Evaluation vorgesehen ist, ist die Einbindung interner Akteure unerlässlich. Die meisten Evaluationen kombinieren beide Ansätze. Die Schwierigkeiten bei der Evaluierung von Projekten zur Radikalisierungsprävention ähneln in vielerlei Hinsicht denen aus anderen Bereichen der Kriminalprävention20. In der Primärprävention beispielsweise geht es darum, ein Problem zu vermeiden: Ihre Wirksamkeit zeigt sich im Nichteintreten von Ereignissen. Die Evaluation basiert daher häufig auf der Überprüfung der Plausibilität von Projektstrategien und -methoden und der Konsistenz ihrer Umsetzung, weniger auf quantitativen Erfolgsindikatoren. Selbst bei auf Einzelpersonen ausgerichteten Interventionen und Projekten, die einen Ausstieg oder eine Distanzierung zum Ziel haben, ist die Definition von Indikatoren problematisch. Dies zeigt sich bereits in der Schwierigkeit zu definieren, was genau als „Fall“ beschrieben wird. Was ist ein Fall und auf welcher Grundlage? Eine Person, die sich für (gewaltbereite) extremistische Websites interessiert? Eine Person, die an extremistischen Aktivitäten beteiligt ist, aber keine Gewaltbereitschaft zeigt? Oder jemand, der Gewalt befürwortet? Ebenso problematisch ist die Definition von Erfolg: Geht es darum, eine explizite Ablehnung von Gewalt zu erreichen? Eine Distanzierung von Ideologien, die Gewaltbereitschaft befördern können? Oder ein ausdrückliches Bekenntnis zu demokratischen Werten und Prinzipien? Die Evaluation ist nicht dazu gedacht, diese Fragen zu beantworten. Ziel ist es, die Kohärenz zu bewerten, mit der das Projekt seine Aufgaben und Ziele definiert. Eine Evaluation sollte daher folgende Aspekte berücksichtigen.

20- Impact Europe, Synthesis report on the state-of-the-art in evaluating the effectiveness of counter-violent extremism interventions (Synthesebericht über den Stand der Technik bei der Bewertung der Wirksamkeit von Interventionen gegen gewaltbereiten Extremismus); Rand Europe, Cambridge 2014.

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1. Relevanz: Sind die Ziele der Maßnahme an die tatsächlichen Probleme und allgemeinen Ziele der Präventionsstrategie angepasst? Viele Kommunen entwickeln Präventionsstrategien, da sie einer gewaltbereiten Radikalisierung im Vorfeld entgegenwirken wollen. In einigen Fällen werden sie als Reaktion auf beobachtete Spannungen und Konflikte konzipiert und umgesetzt. Ziel der Evaluation ist es, die Kohärenz des Projekts mit den auf lokaler Ebene verfolgten allgemeinen Strategien sowie mögliche Widersprüche und mittelfristige Nebeneffekte auszumachen. Beispiel: Im Falle eines Projekts, das sich an junge Frauen richtet, die als radikalisierungsgefährdet eingestuft werden, ist eine Einschätzung dazu hilfreich, wie sich das Projekt in eine breitere kommunale Gleichstellungsstrategie einfügt.

2. Wissenschaftlich fundierte Analyse und Methodik: Entsprechen die Diagnose, die Annahmen und die Methoden des Projekts den neuesten Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen? Innerhalb der wissenschaftlichen Forschung zu den Ursachen von Radikalisierungen herrscht kein Konsens. Gleiches gilt für die Empfehlungen zu Präventionsstrategien und -methoden. Evaluationen sind ein Instrument, mit dem sich einschätzen lässt, inwieweit ein Projekt aktuelle wissenschaftliche Debatten aufgreift und reflektiert. Die Beteiligung von Forschern an der Projektentwicklung und -evaluierung erleichtert die Entwicklung und Umsetzung evidenzbasierter Strategien. Sie ermöglicht es auch, die ausgewerteten Daten in die Forschung und die akademische Debatte einzubringen. Beispiel: Ein Projekt, bei dem Online-Inhalte produziert werden, um auf gewaltbereite extremistische Propaganda in sozialen Netzwerken zu reagieren, muss aktuelle Kontroversen über Möglichkeiten und Grenzen von Gegennarrativen und Alternativen Narrativen widerspiegeln.

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

3. Qualifizierung und Schulung: Ist das Projektteam qualifiziert und geschult, um das Projekt beziehungsweise die Maßnahme umzusetzen? Die Radikalisierungsprävention ist für die meisten Akteure in diesem Bereich eine relativ neue Aufgabe. Es ist schwierig, qualifizierte Fachkräfte zu finden, und die Entwicklung methodischer Standards steht noch am Anfang. Eine externe Evaluation ist ein Instrument, um sicherzustellen, dass sich die Teams der zentralen Problematiken und Herausforderungen bewusst sind. Darüber hinaus ermöglicht es eine Evaluation einzuschätzen, inwiefern das Projekt auf neue Fragestellungen und veränderte Rahmenbedingungen reagiert und die beteiligten Mitarbeiter entsprechend qualifiziert.

4. Interne Kohärenz: Stehen die Ziele des Projekts miteinander im Einklang? Radikalisierungsprävention ist eine komplexe Aufgabe, und es ist oft schwierig, Prioritäten eindeutig zu definieren. Die Ziele einer Maßnahme müssen jedoch klar definiert werden. Eine Evaluation zielt darauf, die Machbarkeit der erklärten Absichten und die Erreichbarkeit der Ziele mit den vorhandenen Ressourcen, Qualifikationen und am Projekt beteiligten Partnern zu bewerten.

5. Externe Kohärenz: Stehen die Ziele des Projekts im Einklang mit anderen Projekten, die von der Stadt oder Kommune durchgeführt werden? La prevención de la radicalización es un esfuerzo multidisciplinario Radikalisierungsprävention ist eine multidisziplinäre Herausforderung, die Maßnahmen auf mehreren Ebenen und in verschiedenen Bereichen erfordert. Mithilfe einer Evaluation lässt sich einschätzen, wie das Projekt auf die Komplexität des Problems reagiert und inwiefern das Projekt andere Maßnahmen vor Ort aufgreift und einbindet. Beispiel: Ein Präventionsprojekt, das sich nur an junge Muslime richtet, kann stigmatisierend wirken und im Widerspruch zu lokalen Aktivitäten im Bereich der Diskriminierungsprävention und der Förderung des sozialen Zusammenhalts stehen.

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6. Einbindung der Zielgruppen Um Radikalisierungen vorzubeugen, bedarf es der Kenntnis der Zielgruppen der verschiedenen Maßnahmen und eines Bewusstseins für ihre Anliegen und Perspektiven. Wie in anderen Bereichen der Prävention fördert die Einbeziehung der Zielgruppen in die Konzeption und Durchführung von Präventionsmaßnahmen die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen. Eine Evaluation ermöglicht es, diese Beteiligung zu bewerten und potenzielle Einwände zu benennen, die einer effektiven Umsetzung entgegenstehen können.

7. Effektivität: Führt die Maßnahme oder das Projekt zu den erwarteten Ergebnissen? SMART-Kriterien (nach dem englischen Akronym für specific, measurable, achievable, relevant und time-bound goals, also: spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und terminiert) sind heute im Projektmanagement alltäglich. Diese Kriterien sind gerade in der Primärprävention hilfreich, in der messbare Erfolgsindikatoren in der Regel fehlen (z. B. erfolgreiche Interventionen mit x Personen). Anhand dieser Kriterien können die erwartete Anzahl an Schulungen beziehungsweise die gewünschte Teilnehmerzahl für Workshops und Seminare vorgegeben werden und so wichtige Informationen über den Umsetzungsprozess gesammelt werden. Inwieweit diese Kriterien erfüllt sind, kann intern gemessen werden. Eine externe Evaluation ermöglicht es, diese Ziele in einen breiteren Kontext zu stellen und sie mit anderen Projekten und Maßnahmen in anderen Kommunen und Städten zu vergleichen.

8. Wirksamkeit: Welche direkten und indirekten Auswirkungen hat das Projekt? Projekte zur Radikalisierungsprävention zielen darauf ab, Einstellungen und Verhaltensweisen zu verändern oder die Resilienz der Zielgruppen zu stärken. Ihre Auswirkungen sind schwer messbar und es ist schwierig, einen kausalen Zusammenhang zwischen einem Projekt und den beobachteten Veränderungen nachzuweisen. Darüber hinaus

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

basiert die Primärprävention in der Regel auf mittel- bis langfristigen Wirkungen, die nicht unmittelbar beobachtet oder gemessen werden können. Ziel der Evaluation ist es daher, die subjektive Erfahrung von Teilnehmern und Partnern zu dokumentieren, um nicht quantifizierbare Ergebnisse zu ermitteln, die für eine nachhaltige Präventionsstrategie unerlässlich sind, wie z. B. die Sensibilisierung von Praktikern oder die Steigerung des Selbstwertgefühls von Jugendlichen.

9. Umsetzung: Wird/wurde das Projekt wie geplant umgesetzt? Wie reagieren die beteiligten Akteure auf mögliche Probleme? Umfang und Dauer von Präventionsprojekten und -maßnahmen auf lokaler Ebene sind begrenzt, aber oft erwarten Politiker, Bürger und Medien sofortige Ergebnisse. Dies kann den Druck auf die beteiligten Akteure erhöhen, die Wirksamkeit und Effektivität des Projekts oder der Maßnahme nachzuweisen. Darüber hinaus kann dies dazu führen, dass sie zögern, Probleme oder Misserfolge im Umsetzungsprozess zu reflektieren. Eine Evaluation ermöglicht es einzuschätzen, inwieweit die Akteure darauf vorbereitet sind, auf unvorhergesehene Probleme zu reagieren und entsprechende Anpassungen oder Veränderungen in der Projektumsetzung vorzunehmen.

>>>>>>>>>> Die Stadt Málaga (Spanien) hat ihren ersten Plan für ein friedliches Zusammenleben und die Prävention gewaltbereiter Radikalisierung für den Zeitraum 2017–2020 verabschiedet. Für jede Achse des Plans hat die Stadt in Zusammenarbeit mit der Universität Málaga drei Arten von Indikatoren entwickelt:

quantitative Indikatoren zur Messung der Veränderung in Zahlen;  qualitative Indikatoren, die auf Einschätzungen und Wahrnehmungen der beteiligten Personen beruhen. Sie helfen, Veränderungen in Prozessen, Einstellungen, Überzeugungen, Motivationen und Verhaltensweisen zu verstehen;

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 Ergebnisindikatoren, die die erwarteten Ziele und erreichten Ergebnisse quantitativ oder qualitativ vergleichen. Englische Version: http://derechossociales.malaga.eu/opencms/export/sites/dsociales/. content/galerias/1-ssociales/First-Cross-cutting-Plan-for-the-Conviviality.pdf Spanische Version: http://derechossociales.malaga.eu/opencms/export/sites/dsociales/. content/galerias/1-ssociales/I-Plan-Transversal-por-la-Convivencia.pdf

>>>>>>>>>> IMPACT Europe ist ein Toolkit für Fachkräfte in der Prävention von gewaltbereitem Extremismus. Es enthält detaillierte Leitlinien für die Entwicklung und Durchführung von Evaluationen. IMPACT Europe formuliert folgende Empfehlungen: 1. Planen Sie die Evaluation im Rahmen der Konzeption Ihrer Maßnahme. 2. Evaluieren Sie das, was Sie tatsächlich wissen wollen, nicht das, was am leichtesten machbar ist. 3. Klären Sie Ihre Methodik. 4. Nutzen Sie Ihre Daten. 5. Verwenden Sie quantitative Methoden dort, wo es möglich und sinnvoll ist. 6. Prüfen Sie, ob eine Evaluation der Kosteneffizienz sinnvoll und möglich ist. 7. Prüfen Sie, ob eine langfristige Evaluation möglich ist. 8. Wählen Sie eine Evaluationsmethodik, die den Kontext berücksichtigt, in dem die Interventionen stattfinden. Fuente: http://www.impact.itti.com.pl/index#/inform/waysforward

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Literaturverzeichnis

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>> Efus-Dokumente  Efus, The role of local authorities in the fight against radicalisation: national strategies and international guidelines, 2016  Efus, Local authorities in European and international guidelines to fight radicalisation, 2016  Efus, Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung auf lokaler Ebene, 2016  Efus, Methoden und Instrumente für einen strategischen Ansatz zur urbanen Sicherheit, 2016

Forschung, Studien und Artikel  Commission nationale consultative des droits de l’Homme, “Avis sur la prévention de la radicalisation”, 2017  Impact Europe, Synthesis report on the state-of-the-art in evaluating the effectiveness of counter-violent extremism interventions; Rand Europe, Cambridge 2014  Lorenzo Vidino, Francesco Marone, Eva Entenmann, “Fear thy neighbor”, ICCT, ISPI, The George Washington University, 2017  Matthew Davies, Richard Warnes, Joanna Hofman, Exploring the transferability and applicability of gang evaluation methodologies to counter violent radicalisation, RAND Europe, 2017  McCauley und Moskalenko, Mechanisms of Political Radicalization: Pathways Toward Terrorism , Psychology Department, Bryn Mawr College, Bryn Mawr, 58 8~ Pennsylvania, USA , 2008

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 Naureen Chowdhury Fink, Peter Romaniuk, Rafia Barakat, Evaluating Counter Extremism Programming. Practice and Progress. Center on Global Counterterrorism Cooperation, Goshen, 2013  Peter R. Neumann, “The trouble with radicalization”, International affairs, 2013  RAN issue paper, The root causes of violent extremism, Januar 2016  Ranstorp Magnus, Understanding Violent Radicalisation: Terrorist and Jihadist Movements in Europe, Routledge, New York, 2010  Same Anger, Different Ideologies: Radical Muslim and Neo-Nazi, New York Times, 5 März, 2015

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus

Anhang: Liste der Pilotprojekte und Merkblätter

>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>  Alexandroupoli (Griechenland) – Sensibilisierung der Akteure vor Ort  Augsburg (Deutschland) – Aufdrehen – ein Filmprojekt für Mädchen  Bagneux (Frankreich) – Lokaler Plan zur Radikalisierungsprävention  Bologna (Italien) – Schulung zur Rolle der örtlichen Polizei bei der Prävention einer gewaltbereiten Radikalisierung in den Städten  Bordeaux (Frankreich) – Schulung von Ausbildern und Gründung des Netzwerks A.G.I.R. (Action Globale d’Intervention sur la Radicalisation)  Brüssel (Belgien) – Projekt EcoPol  Düsseldorf (Deutschland) – Videoclip im Rahmen einer Kampagne für „Alternative Narrative“  Essen (Deutschland) – Wegweiser - Beratungsstelle gegen gewaltbereiten Salafismus  Deutsch-Europäisches Forum für Urbane Sicherheit e. V. (DEFUS) – Webinarreihe „Extremistische Radikalisierung – Herausforderungen für Kommunen und Möglichkeiten der Prävention“  Regierung von Katalonien und Confederation of European Probation – Ausbildung von Sozialarbeitern in Haftanstalten und Bewährungshelfern  L'Hospitalet de Llobregat (Spanien) – Kommunaler Plan zur Radikalisierungsprävention

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 Lüttich (Belgien) – Psychosoziale Unterstützung für radikalisierte Jugendliche oder deren Familien: „PsyRad“  Malmö (Schweden) – Mammakraft  Reggio Emilia (Italien) – Vorbeugen ist besser als Heilen: die Rolle der Jugendlichen bei der Radikalisierungsprävention  Sarcelles (Frankreich) – Forumtheater  Setubal (Portugal) – Kommunale Radikalisierungsprävention  Toulouse (Frankreich) – Mobilisierung und Abstimmung der lokalen Partnerschaft

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Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus Leitfaden zur Entwicklung lokaler Handlungsstrategien Um umfassend auf Radikalisierung und gewaltbereiten Extremismus zu antworten reichen repressive Reaktionen nicht aus. Sie müssen durch präventive Maßnahmen ergänzt werden, die die Ursachen des Phänomens in den Blick nehmen. Städte und Regionen sind gut positioniert, um akteursübergreifende Strategien und Maßnahmen auf lokaler Ebene zu entwickeln. In diesem methodischen Leitfaden werden die Etappen der Entwicklung und Umsetzung einer lokalen Strategie zur Prävention von Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus beschrieben, die durch praktische Hinweise und Beispielprojekte ergänzt werden.

efus.eu


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