Ein Leben im Zeichen der Knospe Kräuter, Käse, Kastanien – in Südbünden wird der Bio-Gedanke wie in kaum einem anderen Landstrich der Schweiz gepflegt. Treibende Kräfte hinter den Produkten im Zeichen der Knospe sind in vielen Fällen die Frauen.
Text: Flavian Cajacob Fotos: Mayk Wendt
G
ut und gerne vierzehn Stunden steht Chatrina
bündner Bio-Bäuerinnen und Produzentinnen von
beitet die Milch von Kuh, Schaf, Geiss und Büf-
Bio-Produkten mehr als einmal, wenn es um ihre Vor-
fel zu kleinen und grösseren Käselaiben. Innovation
stellungen eines Auskommens im Einklang mit der
bedeutet – nicht nur für sie – zuerst einmal viel Arbeit.
Natur ging. Obwohl das Bio-Label heute weit verbrei-
Doch die Arbeit trägt Früchte: Zu ihren Abnehmern
tet und von den Konsumenten breit akzeptiert ist, haf-
zählen Fünf-Sterne-Hotels und die Fluggesellschaft
tet Hofläden und Direktvermarktern mitunter der Ruf
Swiss genauso wie kleine Läden und Einzelpersonen.
des «Handgestrickten» und der Ineffizienz an. Barbara
Eigentlich – so schildert die zweifache Mutter aus
Niederhauser aus Tarasp tut dies mit einem Schmun-
Tschlin – habe sie vor Jahren beruflich den Wiederein-
zeln ab. «Kraut und Rüben durcheinander in einem
stieg als Sportartikelverkäuferin angestrebt. «Doch
Korb ausgestellt, improvisierte Lädeli und schmudde-
diese Jobs sind in der Gegend rar und ich hätte min-
lige Mehrweggläser, das war einmal. Wir Bio-Bäuerin-
destens bis nach Scuol fahren müssen, und das wollte
nen legen heute grössten Wert auf eine tipptoppe Aus-
ich nicht unbedingt.»
lage und eine zeitgemässe Vermarktung.»
Also schaute sich die heute 41-Jährige nach Alternativen um. Und sie hatte eine zündende Idee: Weshalb
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«Che Chaschöl» – «so ein Käse!». Das hörten alle Süd-
Mair täglich in ihrer kleinen Käserei und verar-
Qualität spricht sich herum
müssen eigentlich die ortsansässigen Bauern ihre
In ihrem Hofladen verkauft Barbara Niederhauser
Milch auswärts weiterverarbeiten lassen? Das könnte
vom Käse über Essig bis hin zu selbst gemachten Deko-
ich doch auch hier im Ort machen! Ihr Ehemann – ein
rationsartikeln fast alles, was mit Arbeit und Ernte ei-
Käser von «auswärts» – führte sie in die Kunst des Kä-
nem Bauernhof abzugewinnen ist. Längst hat sich die
sens und Joghurtmachens ein. Heute, sieben Jahre
Qualität der Erzeugnisse vom Hof «Chants» herumge-
später, freuen sich Chatrina und Peter Mair gemein-
sprochen – bis weit ins Unterland. Niederhausers lie-
sam über den guten Geschäftsgang ihrer «Chascharia
fern ihre Bio-Produkte inzwischen bis in den Kanton
Che Chaschöl».
Zug, in die alte Heimat der Bäuerin. «Natürlich, Fami-
piz 45 : Sommer | Stà 2013