Piz #54 WINTER 2017/18: MUT ZU NEUEM [CURASCHI PEL NOUV]

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#54

Winter | Inviern 2017 | 2018

SIND TIERE MUTIG?

Interview mit Nationalpark-Direktor Heinrich Haller

DER INNEREN STIMME VERTRAUT Abschied von der Familie und Neuanfang im Kloster Müstair

KULTUR MOTIVIERT ZUM NEUBEGINN In Häusern mit abblätterndem Charme entstanden besondere Hotels

[ Curaschi ]

Mut



INHALT / CUNTGNU Editorial. Mut | Curaschi

5

Der inneren Stimme vertraut. Nur ein paar Meter lagen

6

zwischen ihrem Abschied von der Familie und dem Neuanfang im Kloster Müstair.

Sind Tiere mutig? «Wer in der Tierwelt eine Ausmarchung nicht besteht, wird seine Gene nicht weitervererben können», sagt Nationalpark-Direktor Heinrich Haller im piz-Interview.

10

Bewegung bei der Büvetta. Neue Hoffnung für die historische Trinkhalle in Nairs am Inn: eine Stiftung soll das inventarisierte Gebäude vor dem Zerfall retten.

14

Auch Umwege führen zum Ziel. Katharina von Salis hat sich ihr Leben lang für die Chancengleichheit, ihre politischen Ansichten und ihre Karriere eingesetzt.

18

Brav und rebellisch. Es gibt nur eine kleine romanische Literaturszene mit hoher sozialer Kontrolle. Erstickt das den Mut oder ist das eine Herausforderung?

22

Der Plan war ganz ein anderer. Beni Prevost hat mit 23 Jahren den Bio-Bauernhof der Familie übernommen. Ein mutiger Schritt in der Not.

28

Kultur motiviert zum Neubeginn. Eine Frau und zwei Männer kauften zeitgleich von abgeblättertem Charme gezeichnete Engadiner Häuser und machten sie zu Kulturhotels.

32

Ein unbeirrbarer Blick nach vorne. Annegret Gallmann

36

begann Mitte 50 ein Psychologiestudium.

Risiko oder totaler Irrsinn? Julian Zanker ist Bergführer und wagt es, im Wingsuit von Felswänden zu springen.

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Die Sage vom getäuschten Nachtwächter. Einheimische überliefern sich seit Generationen Sagen aus der nahen Umgebung – oft Geschichten mit ziemlich grausamem Inhalt.

42

Die Rettung einer Schule. Das Hochalpine Institut in Ftan stand vor zwei Jahren vor der Schliessung – doch eine Gruppe von Müttern initiierte einen Rettungsplan.

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Die göttliche Kraft des Universums. Eigenverantwortung

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erfordert den Mut, den Möglichkeiten mehr Glauben zu schenken als dem Risiko des Scheiterns.

Gästefahrt im Bob: Kopf runter und los. Auf dem Bob Run von St. Moritz donnern Schlitten mit bis zu 135 km/h talwärts.

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Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.

54

Pizzeria. Aktuelles und Kulturhinweise aus Südbünden.

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Vorschau. Impressum.

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Titelbild: Ein Alpinist am Piz Terzer im Val Müstair. Fotos: Mayk Wendt. Rechts: Ein Alpinist auf dem Weg zum Piz Daint bei –28 Grad am Ofenpass.


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Mut zu Neuem Curaschi pel nouv Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur

S

ind Tiere mutiger als Menschen? Im Laufe

Sun bes-chas plü curaschusas co umans? Dürant las

der Recherchen zu dieser piz-Ausgabe haben

retscherchas per quista ediziun da piz m’han, in

mich die Antworten von Nationalpark-

quist connex, surprais las respostas dal directer dal

Direktor Heinrich Haller zu dieser Frage erstaunt:

Parc Naziunal Heinrich Haller: «Curaschi o eir

«Mut oder auch Angst sind Charaktereigenschaften,

temma sun trats da caracter cha nus cugnuschain

die wir bei Menschen kennen. Für das Verhalten

pro umans. Per il cumport da las bes-chas sulvadias

der Wildtiere stehen nicht individuelle Eigenschaf-

nu stan caracteristicas individualas i’l center, dim-

ten, sondern die Gegebenheiten der jeweiligen Le-

persè ils fats reals dals sistems da vita correspun-

benssysteme im Vordergrund», sagt er im Inter-

dents», disch el in l’intervista. Al cuntrari da la bes-

view. Umgekehrt gedacht, entwickelt also der

cha fuorma l’uman il curaschi dürant sia vita e quai

Mensch im Laufe seines Lebens dank seiner Intelli-

grazcha a sia intelligenza. Il curaschi premetta la

genz Mut. Mut setzt Entschlusskraft sowie eigen-

forza da decider sco eir la facultà da pensar e d’agir

EDITORIAL

ständiges Denken und Handeln voraus. Wir kön-

da maniera autonoma. Grazcha a l’agir activ pu-

Urezza Famos

nen in gefährlichen, mit Unsicherheiten behafteten

daina superar situaziuns privlusas plainas da mal-

Situationen dank aktivem Handeln bestehen. Ei-

sgürezzas. Tscherts umans sun lapro plü activs co

nige Menschen sind dabei aktiver, andere weni-

oters. In quista ediziun Tillas / Tils preschantaina a

ger. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen Frauen und

duonnas ed homens, chi s’han confruntats a las sfi-

Männer vor, die sich in verschiedensten Lebens-

das illas plü differentas situaziuns da vita. Ellas / els

situationen den Herausforderungen gestellt haben.

sun idas / its nouvas vias, tschertün(a)s vivan perfin

Sie sind neue Wege gegangen, einige gestalten ihr

a l’ur dal ris-ch.

Leben gar am Rand des Risikos. Der in Zernez gebo-

Riet Grass, nat a Zernez, scriva sur da quai in seis

rene Riet Grass schreibt dazu in seinem Buch «Das

cudesch «La furtüna da nu reuschir» (Das Glück des

Glück des Scheiterns»: «Mut wird geboren, wenn

Scheiterns): «Il curaschi nascha cur cha la brama es

die Sehnsucht grösser ist als die Angst. Mut ist, den

plü gronda co la temma. Avair curaschi voul dir da

Möglichkeiten mehr Glauben zu schenken als dem

dar daplü credibiltà a las pussibiltats co al ris-ch ed

Risiko und der Krise. Mut ist aber auch eine Art

a la crisa. Curaschi es però eir üna sort d’energia

Energie, die einen zu neuen Wegen treibt.»

chi’ns fa ir vers nouvas vias».

Das piz-Team geht auch immer wieder neue Wege.

La squadra da piz va eir adüna darcheu nouvas vias.

Wir haben während der letzten Ausgaben mit dem

Dürant las ultimas ediziuns vaina collavurà culla

Team der «Engadiner Post / Posta Ladina» zusam-

squadra da la «Engadiner Post / Posta Ladina». Eir in

mengearbeitet. Auch in dieser Nummer finden sich

quist nomer as chatta darcheu texts dals collegas da

wieder Texte der Zeitungskolleginnen und Kolle-

la gazetta. Ils editurs da Gammeter e Famos restan

gen. Die Verlage Gammeter und Famos belassen es

pro la collavuraziun da redacziun locca e nu plani-

bei einer lockeren redaktionellen Zusammenarbeit,

seschan pel mumaint ulteriurs pass.

weitere Schritte sind im Moment nicht geplant.

Ed amo ün’indicaziun administrativa: La stamparia

Und noch ein administrativer Hinweis: Neu über-

AVD a Goldach al Lai da Constanza surpiglia l’ad-

nimmt die Druckerei AVD in Goldach am Bodensee

ministraziun dals abunents. Ch’Ellas, ch’Els tra-

die Abonnentenverwaltung. Schicken Sie also Abo-

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piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

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Der inneren Stimme vertraut Nur ein paar Meter lagen zwischen dem Haus der Familie und der neuen Gemeinschaft im Kloster St. Johann in Müstair. Ein kleiner geografischer Schritt, doch einer zwischen zwei Welten. Eine Geschichte über den Mut, der inneren Stimme zu vertrauen.

Text: Myrta Fasser Foto: Mayk Wendt

G

epackt war schnell: Alltagskleider, Wäsche,

Sie liess alles Profane hinter sich, bereit, ein sakra-

tos, Bücher, nicht viel mehr, als ob sie in die

les Leben zu führen nach der Regel des Heiligen Be-

Ferien reisen würde. Vieles hatte sie vorher schon

nedikt – als Schwester Domenica im geschlossenen

ihren Schwestern verschenkt, wohl wissend, dass

Kloster von Müstair, nur einen Steinwurf von ih-

sie diese Dinge nie wieder brauchen würde. Zu viel

rem Elternhaus entfernt, das Leben «draussen»

Ballast aus der Welt, die sie hinter sich lassen wollte.

stets in Sichtweite. Schnell hatte sie im riesigen

Dinge, die in einer sakralen Welt keinen Platz ha-

Klosterkomplex ein Fenster gefunden, von dem aus

ben. Ganz ohne Schmerz sei das Loslassen nicht ge-

sie ihr Elternhaus sah. «Dann sass ich oft da und be-

wesen. Aber Gina Dethomas, damals 25 Jahre alt,

obachtete, wo grad Licht brannte, und überlegte

wusste an diesem Oktobertag 1969 in jedem Mo-

mir, was sie wohl machen», erinnert sie sich. Sie

ment, dass sie das Richtige tat. Es war der Schritt,

hatte Heimweh nach ihrer Familie. Und abends gab

über den sie rund acht Jahre lange nachgedacht

es ganz viel Zeit um Nachzudenken. Um 20 Uhr zie-

hatte. Und als sie dann an jenem Montag Richtung

hen sich die Nonnen in die Zelle zurück und um

Kloster lief, war sie glücklich. «Endlich war der Tag

neun ist Lichterlöschen. «Damit hatte ich am An-

da – es war wie eine Erlösung», erinnert sich Schwes-

fang grosse Mühe! Da liest du in einem Buch und

ter Domenica. So fühlt sich wohl Gottvertrauen an.

egal ob du grad mitten in einem Kapitel bist, du musst einfach das Licht löschen.» Aber Schwester

Die Erzählerin

Domenica war erfinderisch, sie überdeckte das

Im Klosterhof herrscht emsiges Treiben, Handwer-

kleine Fenster ihrer Zelle mit einer Eternitplatte,

ker laden Material ab, Kinder fahren mit dem Fahr-

damit die Priorin beim Kontrollgang nicht be-

rad durch den Hof, zwei Nonnen fahren mit dem

merkte, dass da noch Licht brannte. «Ein paar Wo-

Auto vor und Touristen schauen etwas ungläubig

chen hat es funktioniert», lacht Schwester Dome-

zum kleinen Gartensitzplatz mitten im Hof, wo

nica, «dann bin ich aufgeflogen und sehr bestimmt

eine Nonne sitzt und ein Schwätzchen hält. Jahre

auf die Regel aufmerksam gemacht worden, nach

sind vergangen, aber die sieht man Schwester Do-

der ich im Kloster zu leben habe.»

menica (73) nicht an. Diese zärtliche Sanftmut in

6

Der Blick nach Hause

Toilettenartikel, Notizblock und Stifte, Fo-

ihrem fast faltenfreien Gesicht und ihr breites Lä-

Hinhören und verstehen

cheln sind immer noch wie damals – und auch ihr

«Ins Kino gehen, tanzen, Freunde treffen, auch mal

schelmisches, ansteckendes Lachen. Ihre Erzähl-

Alkohol trinken und rauchen ... und öfter mal zu

kunst sowieso. Unzählige Kinder aus Müstair ha-

schnell Auto fahren, das war mein Leben und ich

ben sie dafür geliebt, damals, als sie noch die Kin-

habe es genossen», lacht Schwester Domenica, «vor

dergärtnerin des Ortes war und der Kindergarten

allem die Fahrten mit meinem beigen VW-Käfer

sich im Klosterkomplex befand.

über die Pässe.» Damals arbeitete sie als Kindergärt-

Sie erzählt ihre Geschichte mit Schalk, Humor und

nerin in Chur. Sie genoss mit Freunden die Ange-

ohne religiöse Worthülsen. Man könnte ihr stun-

bote der Stadt und war gerne in Gesellschaft. Mit

denlang zuhören, das Material würde reichen, um

Freundinnen und Freunden zusammen war sie

ein Buch zu füllen.

glücklich. Alleinsein löste Melancholie aus.

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Damals war sie noch die Kindergärtnerin Gina Dethomas. Sie liebte das Kino, den Tanz und ihren beigen VW-Käfer. Dann liess sie alles hinter sich und heute ist Schwester Domenica Priorin des Klosters St. Johann Müstair.

Auch in ihrem Traum, den sie immer wieder hatte,

Doch als Kindergärtnerin in Chur verspürte sie im-

ging es um Gemeinschaft. Sie sah sich zusammen

mer öfter eine Leere. «Irgendetwas fehlte mir und

mit anderen Frauen, die einen gemeinsamen Weg

ich wusste nicht was.» Zuerst «verdeckte» sie, was

gehen. «Wir werden geführt, mit Gedanken und

sich mehr und mehr in ihr meldete. Sie versuchte

Gefühlen. Wir müssen nur hinhören und versu-

sogar einen Berufswechsel. «Und dann, eines Tages,

chen, es zu verstehen», sagt Schwester Domenica

fragte Jesus mich, ob ich zu ihm kommen möchte.»

heute. Sie hörte damals zwar hin, wollte und konnte

Das sei keine Stimme gewesen, sondern ein Gefühl,

die Bedeutung aber noch nicht verstehen. «Ich

damals, als sie alleine in ihrer Wohnung war und

wusste ja schon lange, dass ich gerne ins Kloster

das schlichte Kreuz an der Wand anschaute.

möchte, aber mir fehlte der Mut, die damit verbun-

Dann fasste sie Mut, den ersten Schritt zu tun, sie

denen Schritte zu tun.»

sprach mit einem Pfarrer darüber und später traf sie

Die Zeit der Berufung Aufgewachsen ist Gina Dethomas in einfachen Ver-

sende erste Schritte, die ihr Kraft gaben, auch die weiteren zu gehen. Es den Eltern und den Schwes-

hältnissen. In einer Bauernfamilie mit einem Bru-

tern beizubringen. «Denn für sie war es auch ein

der und zwei Schwestern. Die Familie war gläubig,

Opfer, nicht nur für mich.» Ihre Schwestern hatten

aber nicht streng religiös. Auch später, als erwach-

Mühe, Ginas Schritt zu verstehen, denn sie war ja

sene junge Frau, besuchte sie nicht regelmässig die

die Gesellige, die Lebhafte. «Meine Schwestern ga-

Messe. Das Kloster neben ihrem Elternhaus fand sie

ben mir 14 Tage, bis ich wieder draussen sei», lacht

jedoch immer schon sehr faszinierend. Die Non-

sie im Rückblick.

nen und ihr Leben waren für Gina schon als klei-

8

sich mit der Priorin des Klosters in Müstair. Erlö-

nes Mädchen etwas Wunderbares. Sie wollte auch

«Du bleibst Mensch»

so eine Frau werden, «eine, die für den lieben Gott

Sour Domenica ist geblieben. Auch wenn es oft hart

arbeitet und für die Menschen betet» – so hatten es

war. «Du kommst nicht ins Kloster und bist dann

ihr ihre Eltern erklärt.

Nonne. Das musst du lernen.» Der Gehorsam, die

Dieser «Berufswunsch» ging dann vergessen, bis

kleine Gemeinschaft von mittlerweile elf Nonnen

sie 17 war. Dann spürte sie das erste Mal eine Beru-

und das «Silenzi», was so viel heisst wie: Gespro-

fung, und dieses Gefühl kam immer wieder. Zwi-

chen wird nur, wenn man gefragt wird. «Schwer

schendurch gab es zwar Jahre, da wollte sie vom

waren auch die Besuche meiner Familie, die fanden

Klosterleben nichts wissen. Damals, als sie in einem

hinter einem eisernen Gitter statt.» Heute ist vieles

Institut bei Schwestern die Ausbildung zur Kinder-

anders, lockerer. Auch dank ihrem Engagement als

gärtnerin machte. «Das Leben dort war so streng

Priorin. Seit 2013 leitet sie selber das Kloster und

und kontrolliert, dass ich mir sagte: So, Gina, jetzt

hat die Kompetenz, Dinge zu ändern. Besuche emp-

hast du gesehen, wie das ist, jetzt weisst du, dass das

fangen die Nonnen heute in einem Zimmer ohne

Kloster nichts für dich ist.»

Gitter oder im Garten.

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Nach zwei Jahren hatte sich Schwester Domenica

wusste nicht, wie es wird, was mich wirklich erwar-

eingelebt. «Wenn ich damals das Kloster verlassen

tet. Das war wie damals, als ich ins Kloster eintrat.

hätte, da wäre nichts gewesen, was mich erfüllt

Denn wir wissen einfach nicht, wie es wird, weil

hätte … aber wenn es geheissen hätte, ich dürfe

sich alles ständig verändert – in einem Kloster ge-

raus, um ein paar Tage Ferien zu machen, dann

nauso wie draussen. Aber: ich habe hier gefunden,

wäre ich sofort losgerannt.»

was ich gesucht habe: Gott. Und ich bin glücklich»,

Mut im Klosteralltag

Manchmal liegt das Glück ganz nah, nur hundert

Die elf Schwestern im Kloster Müstair führen ein

Schritte vom Elternhaus entfernt.

sagt Schwester Domenica und man sieht es ihr an.

behütetes und strukturiertes Leben, was aber nicht heisst, dass sie keine Probleme und Sorgen haben. «Du wirst Nonne, aber du bleibst Mensch. Du

Schwester Domenica (73)

machst Fehler, hast Zweifel, Sorgen. Es fehlt dir

ist seit vier Jahren die Priorin (Oberhaupt) des Klos-

manchmal an Selbstvertrauen oder du hast Mühe,

ters St. Johann in Müstair. Sie ist die 25. Priorin in

dich an die Regeln zu halten. All diese Dinge blei-

der Geschichte der Gemeinschaft – seit 120 Jahren

ben auch uns nicht erspart.» Hilfe bekomme sie

wieder eine Einheimische als Oberhaupt der

dann von ihren Mitschwestern – und von Gott.

Schwesterngemeinschaft, die nach der Regel des

«Die Beziehung zu Gott, seine Nähe, ist nicht ein-

Heiligen Benedikt leben «Ora et labora» (Bete und

fach da, wenn du ins Kloster eintrittst. Das ist ein

arbeite). Zwischen den fünf Gebeten pro Tag be-

langer Weg, mit viel Beten und Meditieren – das

steht der Klosteralltag für die Nonnen vor allem aus

dauert Jahre.»

Arbeit in und um das Kloster: Gartenarbeit, Sticke-

Anders als im Leben ausserhalb des Klosters gibt es

reien, Handarbeiten, Betreuung des Gästehauses,

bei Problemen nicht viel, um sich innerhalb der

Haushalt und Büroarbeiten. Benedikt teilte den Tag

Klostermauern ablenken zu können. Probleme und

so ein, dass die Arbeitszeit am Stück niemals zu

Sorgen lassen sich nicht verdrängen. «Im Kloster

lang dauert, sie wird durch Gebet, Lesung oder Zu-

lernst du genau hinzuschauen: Wie bist du und ist

sammenkunft der Schwestern immer wieder unter-

das gut so, wie du bist? Musst du an deinem Verhal-

brochen. Die Konzentration kann so besser auf-

ten etwas ändern?»

rechterhalten bleiben. – Das Kloster St. Johann ist

Dinge anzusprechen oder auch mal Kritik zu üben,

seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe und vor allem

das seien Aufgaben, die sie als Priorin nun auch

bekannt für den grössten und besterhaltenen Fres-

habe und die ihr nicht immer leichtfallen. Der

kenzyklus aus der karolingischen Zeit.

Schritt, Priorin zu werden, habe Mut gekostet. «Ich

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24.10.2017 13:34:21

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Sind Tiere mutig?

In der Tierwelt hat jedes Individuum Mut oder Angst, geht zum Angriff über oder ergreift die Flucht. Denn wer in der Ausmarchung nicht besteht, wird seine Gene nicht weitervererben können, sagt Nationalpark-Direktor Heinrich Haller im piz-Interview.

Interview: Herbert Cerutti Fotos: Mayk Wendt

HERBERT CERUTTI: Wenn ich im Herbst den Natio-

Nein, man beurteilt dies heute differenzierter. In

nalpark besuche, bin ich beeindruckt, wie Hirsche um

den letzten Jahrzehnten hat die Verhaltensfor­

die Weibchen kämpfen. Sind solche Tiere mutig?

schung erstaunliche Ergebnisse erzielt und heute

HEINRICH HALLER: Mut oder auch Angst sind Cha­

darf man den höher entwickelten Tieren durchaus

raktereigenschaften, die wir bei Menschen ken­

eine gewisse Entscheidungsfreiheit und persön­

nen. Als Zoologe bin ich vorsichtig, solche Begriffe

lichen Erkenntnisgewinn zugestehen. So haben

auf Tiere zu übertragen. Trotz diesem Vorbehalt

etwa Schimpansen in Westafrika gelernt, Steine

bewundere ich aber den Steinadler, wenn er nicht

als Werkzeuge zum Knacken von Nüssen zu ver­

nur ein junges Murmeltier, sondern sogar ein

wenden, und Gorillas legen zum Überqueren

Gämskitz vom Boden holt. Und umgekehrt: Eine

von sumpfigen Stellen Holzstücke vor sich auf den

ausgewachsene Gämse braucht zwar beim Äsen

Boden. Aber auch Vögel, deren Hirn sich doch

nicht den Adler zu fürchten, seit jüngster Zeit aber

sehr vom menschlichen Hirn unterscheidet, zei­

den wieder eingewanderten Wolf. Für das Ver­

gen ein individuelles Lernverhalten, das weit

halten der Wildtiere stehen nicht individuelle Ei­

über ererbte Vorbestimmung hinausgeht.

genschaften, sondern die Gegebenheiten der je­ weiligen Lebenssysteme im Vordergrund.

Haben Sie zu diesem Thema persönliche

In der Zoologie galt früher die Meinung, Tiere seien

Ja, durchaus. Ich untersuchte Kolkraben im Natio­

durch ihre Gene fest programmiert und alles Verhalten

nalpark und dessen Umgebung. Dazu wollte ich

durch die Natur vorgegeben. Wird dies heute noch

die Horste aller Kolkrabenpaare finden. Ein Paar

so gesehen?

muss meine Absicht erkannt haben und trickste

Beobachtungen?

10

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


mich richtiggehend aus. Wenn sich Vögel beob­

Individuum hier nicht genügen, wird es seine

achtet fühlten, zeigten sie sich an verschiedenen

Gene nicht weitervererben und damit seine natür­

Orten des Reviers, nur nicht in der Umgebung

liche Aufgabe verpassen.

des Brutplatzes. Erst als ich mich entfernt hatte und später verdeckt wieder näher kam, fand ich

Wie sieht solches Verhalten etwa beim Hirsch

den geheim gehaltenen Horst.

während der Brunft aus? So aggressiv uns der Hirsch erscheinen mag, wenn

Sind also Tiere uns ähnlicher als wir bisher glaubten?

im Herbstwald plötzlich die Geweihe von kämp­

Natürlich gilt weiterhin, dass der Mensch dank

fenden Stieren aufeinanderkrachen, ist solches Ge­

seines hochentwickelten Gehirns im Laufe der Evo ­

fecht immer nur das Schlusskapitel eines länge­

lution zum geistigen Dominator der Welt ge­

ren Kräftemessens. Tiere kämpfen nicht aus Spass

worden ist. Der ehemals tief gezogene Graben zwi­

oder Rauflust, denn eine allfällige Verletzung

schen Mensch und Tierwelt ist aber deutlich

ist in der harten Wildnis nicht selten lebensbedro­

kleiner geworden. Das ist letztlich nicht erstaun­

hend. In der Brunft zeigt das Hirschmännchen

lich, denn schliesslich stammt der Mensch von

durch tage­ und nächtelanges Röhren den Konkur­

zoologischen Vorfahren ab und die Evolution hat

renten seine Fitness, denn je lauter und tiefer

auch die Tierwelt laufend weiterentwickelt.

die Stimme, desto kräftiger ist offenbar der Kerl.

So teilen wir mit den Schimpansen und den Goril­ las mehr als 98 Prozent der Gene.

Aber die Tiere belassen es ja nicht beim Röhren. Wie entscheidet sich ein Machtkampf?

Besitzer von Katzen, Hunden oder Pferden sind

Kommen sich irgendwann die Konkurrenten

überzeugt, dass ihre Schützlinge sogar Gefühle wie

doch in die Nähe, nehmen sie optisch Mass. In

Zuneigung, Freude und Trauer kennen.

steifem Gang marschieren sie mit einigen

Davon gehe auch ich aus. Gefühle können wichtig sein für das soziale Zusammenspiel von Lebe­ wesen. Und bei hochentwickelten Tiergemeinschaf­ ten dürften deshalb auch Gefühle ihren Platz haben. Es ist doch beeindruckend, wie Tiere etwa bei der Partnerwahl und im Zusammenleben offenbar Erfahrungen sammeln, lernen und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Man weiss zwar nicht, wie Tiere Gefühle erleben. Schliesslich sieht man ja auch dem Mitmenschen nicht in sein Herz. Gefühlsreaktionen lassen sich in neue­ rer Zeit aber durchaus mit modernen Messungen am Gehirn beobachten, wobei bei höheren Säuge­ tierarten die gleichen Hirnregionen aktiv werden wie beim Menschen. Zurück zum Thema des offenbar doch irgendwie mutigen Verhaltens von Wildtieren, etwa dem Hirsch bei der Brunft. Wie lässt sich solche Courage bewerten? Ist sie sinnvoll für die Existenz des Tieres? Hier muss man zwei verschiedene Ebenen unter­ scheiden: «Mut» als Teil des im Laufe der Evo­ lution entwickelten Lebenssystems. Oder mutiges Auftreten als individueller Charakterzug. Im täglichen Kampf um Nahrung, zur Abwehr von Gefahren und insbesondere auch in der Kon­ kurrenz um Partner für die Fortpflanzung braucht jedes höhere Tier ein notwendiges Mass an Mut oder Angst, Angriff oder Flucht. Kann das einzelne

Heinrich Haller ist seit 1996 Direktor des Schweizerischen Nationalparks mit Büro in Zernez.


Metern Abstand parallel nebeneinander, um aus

Wir reden bis hierher vom männlichen Imponierge-

den Augenwinkeln zu prüfen, wie gross der

habe. Wie verhalten sich die Weibchen?

Gegner tatsächlich ist. Oft genügt dieser Imponier­

Da sich die grössten Fortpflanzungschancen für

marsch, um die Machtfrage zu klären, und das

die Männchen zeitlich eng beschränken, sind

sich unterlegen fühlende Tier ergreift die Flucht.

sie in diesen Jahren risikofreudiger als die Weib­

Nur wenn beide Tiere sich stark fühlen, kommt

chen. Denn die Weibchen sind viel länger Teil

es zum entscheidenden Kampf.

von Harems und haben deshalb eine längere Le­

Verändert ein Wildtier im Laufe seines

müssen sie nicht unmittelbar gegen andere Weib­

bensphase für die Fortpflanzung. Auch Lebens sein Verhalten?

chen kämpfen. Aber auch die Weibchen haben

Ja, beim Hirsch gibt es ganz klare Lebensab­

ihre sexuelle Strategie. Ein dominantes, in der Re­

schnitte. Gegen einen erfahrenen Platzhirsch hat

gel körperlich starkes Weibchen kann schwä­

ein Junghirsch kaum eine Chance, obwohl er

chere Geschlechtsgenossinnen von den besten

sich im hitzigen Geschehen der Brunftzeit gele­

Futterplätzen vertreiben und so für sich und

gentlich doch mit einer Hirschkuh paaren kann.

ihre Kälber einen Ernährungsvorteil verschaffen,

Die grösste Kraft hat der männliche Rothirsch im

was wiederum den persönlichen genetischen

Alter von etwa acht bis zwölf Jahren. In dieser

Erfolg steigert.

kurzen Zeit muss er nun möglichst viele Nachkom­ men zeugen. Sein Verhalten ist ein Optimieren

Es gibt also auch Platz-Hirschkühe?

von Risiko und Ertrag, weshalb er jetzt doch grös­

Ja, Studien zeigen, dass über die Hälfte aller

sere Kampfbereitschaft mit entsprechendem

Jungen von nur einem Viertel der erwachsenen

Risiko zeigt als etwa Jungtiere oder alte Hirsche.

Weibchen stammen.


HATECKE

ALPS D'ENGIADINA


Bewegung bei der Büvetta «Nairs» heisst «schwarz» – in der Mehrzahl. Der grosse Nadelwald am steilen Hang ist dunkel, stimmt, wie der enge Ort am Inn unten. Aber das Künstlerhaus strahlt Licht und Hoffnung aus. Und die Büvetta auch, obschon sie am Zerfallen ist. Mut heisst die Losung.

Text: Daniel Lüthi Fotos: Mayk Wendt

N

och ist die Zukunft der Trinkhalle bei Scuol

«Betreten verboten» gilt seit über zehn Jahren. Im

ungewiss. Schwarz ist sie keineswegs. Alle,

Mai 2006 bereits nagelten die Behörden eine Infor­

die sich dazu äussern, sind sich einig: In

mation an die Wand; die Büvetta erlebe seit Jahren

Nairs steht als Teil eines Ensembles ein Juwel, das

«schwere Zeiten», steht hier, trotzdem habe die Ge­

unbedingt zu erhalten und mit neuem Leben zu

meinde beschlossen, ihre Beiträge für den Betrieb

füllen ist. Die Büvetta sei «der Nabel des Unterenga­

und den Erhalt des Gebäudes «auf ein Minimum zu

diner Kurtourismus», schreibt die Tourismus­Zent­

reduzieren», man hoffe auf Verständnis.

rale in Scuol. Direktorin Martina Stadler ergänzt:

Viele hatten kein Verständnis – aber nur wenige den

«Für unsere Positionierung im Bereich Wasser­,

Mut, konkret etwas zu unternehmen. 2012, am in­

Wellness­ und Gesundheitstourismus ist sie von

ternationalen «Tag des Wassers», gründeten einige

grosser Bedeutung.» «Eminent» sei die kulturhisto­

Unentwegte den Verein «Pro Büvetta». Christof

rische Bedeutung der Büvetta, erklärt Professor

Rösch war einer von ihnen und ist heute noch ei­

Nott Caviezel, Präsident der Eidgenössischen Kom­

nes der Zugpferde. Seine Führung durch den ehe­

mission für Denkmalpflege: «Sie besitzt als funkti­

maligen Prachtbau mutet an wie die traurige Begeg­

onal gedachte und gleichzeitig repräsentative Archi­

nung mit einer sterbenden Diva.

tektur einen hohen typologischen und gestalteri­ schen Eigenwert und zählt zu den bedeutenden Leistungen der historistischen Baukunst.»

Betreten verboten

Rechts: Die Flugaufnahme zeigt es: Die Büvetta ist heute zwischen Strassen eingeklemmt. Nachdem Freiwillige im Sommer 2017 einige Tonnen Pavatex­Platten aus der Büvetta getragen hatten, zeigt sich das ziemlich lädierte Original­Arventäfer.

14

Die Zeit drängt Der Architekt Bernhard Simon hatte das Unikum 1874–1876 erbaut, durch die Patina hindurch sind ihm die gloriosen Zeiten noch anzusehen. Von der

Der Künstler und Architekt Christof Rösch ist Lei­

Betonbrücke aus, der 1970 eine schöne gedeckte

ter des «Zentrums für Gegenwartskunst» auf der

Holzbrücke hatte weichen müssen, ist die grandi­

anderen Inn­Seite, einen Steinwurf von der Büvetta

ose Dimension der Büvetta gut erkennbar: Eine

entfernt. Er wirkt nach der Renaissance «seines»

rund 100 Meter lange Wandelhalle aus Holz, die bis

Künstlerhauses in Nairs etwas müde, schöpft aus

weit ins letzte Jahrhundert zum Flanieren und Ein­

dem erfolgreichen Abschluss der aufwändigen Sa­

kaufen einlud, mündet in einen etwas tiefer gelege­

nierung aber neue Energie. Die vielen Jahre Enga­

nen, kathedralenartigen Kuppelbau aus Stein, der

gement haben sich gelohnt, das ehemalige Bäder­

drei Mineralwasser­Quellfassungen wie Heiligtü­

haus erstrahlt heute in neuem, internationalem

mer beherbergt und beschützt: Bonifacius, Lucius

Glanz. Davon dürfte jetzt auch die Trinkhalle pro­

und Emerita. Lucius sprudelt noch leise, ansonsten

fitieren, sagt Denkmalpfleger Johannes Florin: «Für

aber ist alles hier bedrückend morbid.

die Büvetta ist das Künstlerhaus ein leuchtendes

«Pioniergeist, Grösse und Grosszügigkeit von da­

Beispiel dafür, dass ein solches Projekt nicht ein

mals sind noch gut spürbar», schwärmt Christof

Fass ohne Boden sein muss.»

Rösch, wird dann aber schnell wieder leise. «Die

Bloss: Der Zerfall der Trinkhalle ist sichtbar und

Zeit drängt», sagt er, «und der Fels drückt.» Was ihn

geht erbarmungslos weiter und weiter. Ein Schild si­

aber vor allem bedrücke, sei dies: Alle würden die

gnalisiert Steinschlaggefahr, der Fels direkt hinter

Büvetta loben und preisen, aber niemand habe bis

dem Gebäude muss dringend gesichert werden.

jetzt den Mut, hinzustehen und einen ersten kon­

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1 Im Sommer rissen Freiwillige die in den späten 1960er­Jahren eingebauten Pavatexplatten heraus. (Foto: Claudia Fischer-Karrer) 2 Reminiszenzen an den längst eingestellten Kurbetrieb: die Gurgelräume. 3 Die Losung der einstigen Kuren: «…so atme, trink, gesunde!»

kreten Schritt zu ihrer Rettung zu tun. Ein paar

Schutz und Erhaltung der Büvetta ist die Gemeinde

nen Pavatex­Platten entsorgt, um das ursprüngli­

als Eigentümerin.»

che Arventäfer sichtbar zu machen – ein eher sym­

Fragen wir also nach bei der politischen Gemeinde

bolischer Akt. «Ideelle Solidarität reicht jetzt nicht

Scuol, der heutigen Besitzerin. «Alleine können wir

mehr», sagt Rösch, und in seine engagierte Rede

die Trinkhalle nicht retten», schreibt Gemeinde­

mischt sich nebst viel Unverständnis und einer Por­

präsident Christian Fanzun auf Anfrage, «wir hof­

tion Ernüchterung auch etwas Wut. «Für erste Not­

fen, dass Bund und Kantone Beiträge leisten wer­

massnahmen, eine Erhaltung der Substanz und

den.» Und: «Wir sind sehr von zusätzlichen

dann eine nachhaltige Totalsanierung brauchen

Institutionen und Gönnern abhängig.» Zu einem

wir zwischen acht und zwölf Millionen Franken.»

konkreten Verteilschlüssel will sich Fanzun nicht

Wer soll das bezahlen?

äussern. Und die Eidgenossenschaft? Die eidgenös­

Heisse Kartoffel

sische Denkmalpflege habe kein Budget, erklärt de­ ren Präsident, Nott Caviezel. «Der wichtigste und

«Wenn es um den Strassenbau geht, ist diese Frage

effektive Schutz von Denkmälern obliegt den Kan­

schnell beantwortet», ärgert sich Rösch und zeigt

tonen.» So wird ein Juwel wie eine heisse Kartoffel

an den Hang gegenüber, der zugepflastert ist mit

im Kreis herumgereicht.

der klotzigen und kurvigen Kantonsstrasse, die das

16

noch keine nennen, sagt er. Und: «Zuständig für

Dutzend Freiwillige haben im Sommer einige Ton­

englische Kirchlein verdeckt. Gebaut als Verbin­

Stiftung soll helfen

dung der beiden Talseiten ist diese Strasse in ihrer

Immerhin: Am Horizont zeichnet sich ein Silber­

Dimension bereits wieder nutzlos, denn 2010

streifen ab, bei der Büvetta ist nicht nur der Fels in

wurde der dominante Viadukt eröffnet, der weit

Bewegung, dies haben die Recherchen von piz er­

oben den Verkehr über den Inn und über die Bü­

geben. Konkret: Dem Verein «Pro Büvetta», den

vetta führt. Aus den Augen, aus dem Sinn.

alle Befragten in den höchsten Tönen loben, soll

Wer also soll ihre dringend nötige Sanierung finan­

demnächst eine Stiftung zur Seite gestellt werden.

zieren? Je länger man warte, je aufwändiger werde

Diese soll die Büvetta von der Gemeinde überneh­

das Ganze, sagt Architekt und Denkmalpfleger Flo­

men. Damit dies möglich wird, muss sie unter

rin. Er sei von diesem Ort «total fasziniert» und der

Denkmalschutz gestellt werden. Entsprechende

Kanton werde aus verschiedenen Quellen sicher

Verhandlungen zwischen der Gemeinde Scuol und

auch zur Sanierung beitragen. Zahlen könne er

dem Kanton Graubünden laufen. «Wir hoffen bis

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im März 2018 so weit zu sein», stellt Gemeindeprä­

nanziell unterstützt.» Wie auch immer: Christof

sident Fanzun fest. Endlich eine konkrete Zahl. Im

Rösch glaubt auch diesmal daran, dass endlich gut

nationalen Kulturgüterschutz­Inventar ist die Bü­

wird, was lange währt. Und schon schielt er auf ein

vetta «als Objekt von nationaler Bedeutung» be­

neues Projekt: «Wenn die Büvetta einmal saniert

reits verzeichnet. Dies ist laut Nott Caviezel jedoch

ist, müssen wir uns der Verbindung des histori­

noch kein «rechtlich verbindlicher Bundesschutz».

schen Ensembles in Nairs widmen, und damit dem

Und da wird es richtig kompliziert: «Ein Gebäude

alten Verkehrsweg zwischen Scuol und Tarasp. Ich

wird unter Bundesschutz gestellt, wenn der Bund

möchte die alte Holzbrücke neu erfinden, neu in­

Arbeiten zu dessen Erhaltung und Restaurierung fi­

terpretieren.» – Visionäre sind mutige Menschen.

St. Petersburg am Inn

das Hotel Quellenhof, einen Kursaal, eine Trink­

Bernhard Simon, Erbauer der Büvetta in Nairs,

halle und ein Therapiebad. So wurde der Architekt

wurde 1816 in Niederurnen GL geboren. In Lau­

Simon Hotelier, Begründer des Nobelkurortes und

sanne, wo sein Onkel Bauinspektor war, lernte er

Pionier in Sachen Bäderkultur. Tarasp liess sich vom

das Bauhandwerk kennen. 1839 zog er nach St. Pe­

Erfolg Simons anstecken und erreichte, dass er die

tersburg, wo er es als selbstständiger Architekt zu

Pläne für die Trinkhalle – die Büvetta – und die

Ruhm und Reichtum brachte. 1854 kehrte er in die

«Villa Victoria» neben dem Hotelkomplex lieferte.

Schweiz zurück. Hier machte er sich unter anderem

Die Bauten atmen den Geist russischer Baukunst.

im Eisenbahnbau einen Namen. 1867 kaufte er dem

Am Inn zwischen Scuol und Tarasp ist also auch ein

Kanton St. Gallen die Domäne Hof Ragaz und die

Hauch der Grandezza von St. Petersburg zu spüren.

Konzession für das Bad Pfäfers ab. In Ragaz baute er

Bernhard Simon starb 1900.

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Auch Umwege führen zum Ziel Katharina von Salis hat sich ihr Leben lang für die Chancengleichheit, ihre politischen Ansichten und ihre eigene Karriere eingesetzt. Mut brauche sie dazu keinen, meint sie. Sie tue einfach, was sie wolle.

W

enn ihr etwas gegen den Strich geht, dann

in den Ruderclub. Unmöglich. Es gab keine WCs

Text: Sina Bühler

wehrt sie sich. Die Silvaplanerin Katha­

oder Garderoben für Frauen. «Daran scheiterten

Foto: Mayk Wendt

rina von Salis exponiert sich, schreibt Le­

damals unzählige Gleichberechtigungsfragen – an

serbriefe und setzt sich für Gerechtigkeit ein. Sie

den WCs!» Sie schüttelt heute noch den Kopf über

sitzt im Kreisrat und spricht an Gemeindever­

die Ausreden. Als leidenschaftliche Berggängerin

sammlungen. Im eher konservativen Engadin ver­

wollte sie dem Akademischen Alpenclub Bern bei­

tritt sie meist die Meinung einer Minderheit. Es sei

treten, den ihr Grossvater mitgegründet hatte. Die

aber schon vorgekommen, dass sie nach einem Vo­

Antwort: Nein, keine Frauen.

tum eine Abstimmung gewonnen habe, sagt sie lä­ chelnd, «aber Mut brauche ich nicht wirklich dazu».

Engagement im Sport

Anders im Gebirge, beim Klettern, wenn es galt,

Man kann sich heute noch vorstellen, wie Katha­

eine schwierige Passage zu überwinden. «Dort, ja,

rina von Salis einfach mit den Schultern zuckte

braucht es Mut.» Oder als sie nach einem Velo­

und lachend einen Umweg nahm. Statt zu rudern

unfall einige Jahre später erstmals aufs E­Bike stieg.

wurde sie mehrfache Schweizer Meisterin im Ski­

Politisch brauche sie viel weniger Courage. «Das

langlauf und OL, trat einem anderen Alpenclub bei.

mache ich einfach» – oft übrigens erfolgreich.

Mit der Benachteiligung von Frauen hat auch ihr

Sie sei halt nicht angepasst, sagt die 77­Jährige von

erster Leserinnen­Brief zu tun, auf den so viele fol­

sich selbst. Bereits ihre Mutter war selbstbewusst

gen sollten. Sie empörte sich, dass nur die männli­

und arbeitete als Journalistin, weil sie ihr eigenes

chen Pfadfinder vom Militär unterstützt wurden,

Geld verdienen wollte, obwohl der Vater, General­

weil das als militärischer Vorunterricht galt. Die

sekretär bei der PTT, genug verdiente. Die Mutter

Mädchen­Abteilungen gingen leer aus.

wechselte spät noch zum Fernsehen, «das war da­

Kurze Zeit später, in den frühen 1960er­Jahren,

mals eine Riesengeschichte!», erinnert sich Katha­

wurde sie als Diskussionsrednerin an eine «Frauen

rina von Salis, die von sich selber sagt, sie habe

und Sport»­Konferenz in Magglingen eingeladen.

schon als Kind nicht viel darauf gegeben, was die

«Vor der Schlussdiskussion kamen einige Frauen auf

Gesellschaft von ihr, dem Mädchen, erwartete.

mich zu, um mir zu sagen, welches Thema ich doch

Eleganz ist nicht ihr Ding

konnten nicht offen reden, weil ihre Verbände je­

Es ist ihr heute noch egal, sie macht Witze über ih­

nen der Männer unterstellt waren.»

ren Mangel an Eleganz, an dem man sie erkennen

bitte noch anschneiden solle, denn diese Frauen

könne. «Meine Mutter war Modejournalistin, aber

Sie beweist auch Ärzten, was geht

das hat nicht auf mich abgefärbt», meint sie. Der

Es sei eine unglaubliche Zeit gewesen. Frauen durf­

lila Faserpelz, das hohe Bürzi, die patenten Schuhe

ten kaum Wettkampfsport betreiben, und wenn sie

mit Klettverschluss sind dafür praktisch. Und von

sich in Leichtathletikwettkämpfen massen, wur­

einer pensionierten Geologin erwartet auch nie­

den weder bei Läufen ihre Zeit noch im Hoch­

mand ein Deux­Pièces. «Es war mir eben immer

sprung die Höhe oder im Weitsprung die Weite ge­

wichtiger, zu tun, was ich wollte», erzählt sie. Nur

messen. «Und dann erklärten uns Ärzte lang und

ging das für Frauen nicht. Als Studentin wollte sie

breit, was Frauen aus biologischen Gründen alles

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nicht können.» Beispielsweise, dass sie keine Lang­

Pragmatisch ist das Schlagwort, unter welchem Ka­

strecken laufen könnten, was Katharina von Salis

tharina von Salis ihr ganzes Leben organisiert hat.

damals mehrmals die Woche sehr wohl tat.

Ihr Mann reiste für Shell durch Europa, während

«Das hat meinen Glauben an Autoritäten massiv er­

sie selber an der ETH Zürich forschte und später als

schüttert. Eine Fachperson, ein Mann, sagt mir,

Titularprofessorin arbeitete. Die drei Töchter lebten

was ich nicht kann. Obwohl ich es bereits mache.»

beim Vater, zogen mit ihm von Wien nach London,

Das habe ihr sicher geholfen. Beim Reklamieren

Den Haag, Wien und wieder nach London. Eine

und sich durchzusetzen.

Nanny betreute die Kinder, Katharina von Salis sel­ ber verbrachte jede zweite Woche mit ihnen. Eine

Karriere als Geologin

praktische Selbstverständlichkeit, die allerdings

Katharina von Salis hat eine C­Matura gemacht.

heute noch aussergewöhnlich wäre. Sie zuckt mit

Laut Berufsberater sollte sie Mathematik studieren.

den Schultern. «Nur die Kollegen meines Mannes

«In Deutsch und Ausdruck waren meine Leistungen

fanden das merkwürdig, er selber nicht.» Nur ein­

unterirdisch. Ein für junge Frauen damals übliches

mal, als sie noch in Kopenhagen wohnten und ihr

Phil­I­Studium kam deshalb nicht in Frage.» Bei der

Mann wegen einer Stelle nach Schweden sollte,

Berufsberatung meinten sie: «Was sie auch macht,

schlug er ihr vor, ihren Job aufzugeben. «Ich habe

sie wird dabei nicht glücklich.» Sie fand das nicht

gesagt: oder wir machen es umgekehrt. Ich habe

gerade sensibel. Und ausserdem stimmte es nicht.

eine gute Stelle in Kopenhagen, eigentlich kannst

Sie studierte Geologie, machte mit 25 Jahren den

du zu Hause bleiben.» Er habe sie lange schweigend

Doktor. «Sorgen darüber, welche Stelle ich später

angeschaut, sei nach Schweden gezogen, sie blieb

finde, habe ich mir keine gemacht», sagt sie. Dabei

in Dänemark und das Thema wurde nicht mehr an­

wären die Sorgen berechtigt gewesen. Jobs gab es

gesprochen. Beide liebten ihren Beruf.

damals nur im Ausland, in der Erdölbranche. Bei Shell konnte sie sich nicht einmal bewerben. Die

Engagement für die Gleichstellung

nahmen keine Frauen.

Erst spät wurde ihr feministisches Engagement Teil

Karriere machte sie trotzdem. Ihr Mann, ein däni­

ihres Berufes. Sie engagierte sich für Gleichstel­

scher Chemie­Ingenieur, arbeitete in Kopenhagen

lungsfachstellen an den Hochschulen und für eine

bei Shell. Sie selber bekam an der Uni eine For­

«Dual Career Policy» an der ETH und den Universi­

schungsstelle und wurde später Abteilungsleiterin.

täten sowie bei Shell. Obwohl sie sich manchmal

«Mein dänischer Chef», sagt sie, «war eine Frau.» In

darüber nervte, dass sie «die Emanze» war. Nicht

Skandinavien seien die Dinge pragmatischer gelöst

weil sie keine Feministin sein wollte, im Gegenteil.

worden, beispielsweise die WC­Frage. Damit die

«Aber ich war doch vor allem eine erfolgreiche Wis­

Frauen nicht kilometerweit zu ihren eigenen Toilet­

senschafterin.» Sie nur als Emanze zu bezeichnen,

ten laufen mussten, habe man einfach Blumen­

war eine weitere Methode, ihr Kompetenzen abzu­

tröge in die Pissoirs gestellt. «Wenn dann jeweils

sprechen.

die staatlichen Arbeitsinspektoren kamen, wurden

Sie fand zudem immer, dass Lösungen nur gemein­

sie für kurze Zeit weggeräumt.»

sam mit Männern erarbeitet werden könnten. Ab­ gesehen davon, dass sie als Geologin meist mit Männern arbeitete, war ihr immer bewusst, dass nur so ein echter Fortschritt in Sachen Chancen­

Engagement in der Lokalpolitik

Katharina von Salis mischt sich immer wieder in die Lokalpolitik ein, etwa wenn es – nach der Eröffnung des Umfahrungstunnels Richtung Julierpass – um die Neugestaltung des Dorfplatzes ihrer Wohngemeinde Silvaplana geht. Dann soll dort eine Begegnungszone mit Kopfsteinpflaster und Bänken entstehen. Dazu schrieb sie in einem Leserbrief: «Stopp, falsch. Silvaplana lässt sich einen teuren Platz bauen, den es kaum anders bespielen wird, als er bisher bespielt worden ist … Die wenigen Einheimischen werden den Platz nicht beleben, und die Touristen gehen lieber auf die Berge und an die Seen.» Und sie kritisiert, dass dann die Busse nicht mehr durchs Dorf fahren und die Haltestellen zum See hinunter an den Kreisel verlegt werden.

gleichheit möglich war. Zum Teil gelang ihr das mit ihrer pragmatischen Taktik. Beispielsweise, als die Erdwissenschaften an der ETH ein neues Reglement ausarbeiteten. «Die jungen Frauen forderten eine geschlechtsneutrale Sprache. Die Männer fanden das nicht so wichtig. Weil an jenem Tag das Bun­ desgericht entschied, dass auch in Appenzell In­ nerrhoden das Frauenstimmrecht eingeführt wer­ den musste, schlug ich vor, zur Feier des Tages das ganze Reglement in weiblicher Form zu verabschie­ den. Die genderneutrale Sprache fanden die Män­ ner dann eine grossartige Lösung.»

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Brav und rebellisch Es gibt nur eine kleine romanische Literaturszene mit hoher sozialer Kontrolle und erst noch in einer peripheren Lage. Erstickt das den Mut Romanisch schreibender Literaten? Oder fordert es ihn erst recht heraus?

Text: Clà Riatsch Fotos: Mayk Wendt

W

er sich im 16. Jahrhundert daran macht,

andere Sprache allgemein verständlich zu ma-

die Bibel in eine allgemein verständliche

chen», «chel nu puossa aunchia commünamaing dêr

Volkssprache zu übersetzen, braucht zu-

ad inclijr ün oter launguaick». Die Zweifler dagegen

nächst den Mut, theologisch-politischen Monopol-

glauben mit dem Chronisten Aegidius Tschudi

ansprüchen einer Kirche entgegenzutreten, welche

(1505 – 1572), dass «man Churwelsch nit schryben

die Bibel ihrem spezialisierten Personal vorbehal-

kann», jedenfalls nicht «richtig schreiben», «scriver

ten will. Dann braucht er den Mut, sich und seiner

indret», sonst hätten es nämlich «unsere Alten, die

Sprache die Kraft zuzutrauen, das wichtigste Werk

klug waren», «nos uijlgs, quels chi sun stôs sappiains»,

des bedeutendsten Autors, Gottes Wort, die Heilige

längst getan.

Schrift, angemessen wiedergeben zu können. Wer

Zu einer Zeit, da die Überlegenheit der «Alten» eine

diesen Versuch in einer Regionalsprache ohne

verbreitete Vorstellung war, brauchte es Mut, dieses

Schrifttradition wagt, wie der Notar Jachiam Bif-

Argument in den Wind zu schlagen. Wenn man an-

run (1506 – 1572) aus Samedan, hat warnende Stim-

dere Sprachen schreiben könne, warum nicht auch

men im Kopf, die ihm davon abraten und ihm auch

Romanisch, fragt sich Bifrun, eine Frage, die längst

Gründe nennen, warum ein solches Unterfangen

nicht alle, am wenigsten das offizielle Graubünden,

scheitern müsse.

so forsch beantworten wie der Bibelübersetzer aus

Im Vorwort zu seiner Übersetzung des Neuen Tes-

Samedan im Jahre des Herrn 1560.

taments von 1560 lässt Bifrun diese Stimmen zu Wort kommen. Einige sagen, man könne die Bibel

«Was uns abgeht, Freunde, ist Mut ...»

nicht ins Romanische übersetzen, «weil unsere

Gut vierhundert Jahre nach Bifruns mutigem An-

Sprache eng und mangelhaft sei», «per che, che nos

fang stellt der Engadiner Dichter Andri Peer (1921–

launguaick saia strêt & amanchianthûs». Mangelhaft

1985) bei seinen rätoromanischen Dichterkollegen,

sei das Romanische zwar, lässt Bifrun gelten, aber

die er ironisch als «amis» anspricht, einen generel-

nicht so sehr, dass es nicht in der Lage wäre, «eine

len Mangel an Mut fest: ↓

Quai chi’ns mangla

Was uns abgeht

Quai chi’ns mangla, amis,

Was uns abgeht, Freunde,

ais curaschi.

ist Mut.

Curaschi da tour il pled

Der Mut, das Wort zu ergreifen,

intant ch’el ais bugliaint;

solange es glüht;

da nomnar la peidra peidra

Stein zu nennen den Stein

e’ l sang sang

und das Blut Blut

e la temma temma.

und die Angst Angst.

Ün di gnarà la naiv gronda,

Eines Tages fällt der grosse Schnee

e lura, aint il sbischöz

und dann, im Gestöber

saraja greiv

wird es schwierig,

da’s dar d’incleger.

einander noch zu verstehen. ↗

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Hier spricht der eher für seine geheimnisvollen

Für den Feigling, der vor dem offenen Wort zurück-

Metaphern bekannte Dichter sein Gegenüber aus-

schreckt, hat das Romanische drastische Ausdrü-

nahmsweise ganz direkt an, um ihm offen ins Ge-

cke: «Smachatretels» oder «Splattapuglinas», «Furz-

wissen zu reden. Gegen die verbreitete Duckmäu-

verdrücker» oder «Hühnerscheisseglätter». Ihnen

serei erinnert er an die Notwendigkeit, das Wort zu

wird «oura culla pomma!» zugerufen, «raus mit den

ergreifen und die Dinge beim Namen zu nennen.

Beeren!».

Zur Vorführung dient eine kleine Liste von Entspre-

Rückt die romanische Literatur zwischen Bifrun

chungen, die mit Stein und Blut beginnt, die auch

und Andri Peer die «Beeren» heraus oder ist sie ein

Leisetreter so nennen müssen, im Gegensatz zur

Tummelplatz von «Furzverdrückern»? Grundsätz-

Angst, die sie gern als Vorsicht, Rücksichtnahme

lich lässt sich sagen, dass sie sich beim Herausrü-

oder Höflichkeit verkaufen. Die Forderung nach

cken an die Leitlinien hält, die da gezogen werden

Mut zum Klartext wird mit einer Drohung begrün-

von konfessionellem und bürgerlichem Moralis-

det: «la naiv gronda», «il sbischöz», «der grosse

mus, von Autoritätsgläubigkeit, sozialer Kontrolle,

Schnee», «das Gestöber», werden bald jede Verstän-

Anstand und Scham. Wie überall.

digung gefährden.

Ausgeprägte Feigheit der Rätoromanen?

Gedicht von Gianna Olinda Cadonau aus ihrem Band «Ultim’ura da la not / Letzte Stunde der Nacht», Edition Mevina Puorger, Fr. 27.–

Die archaisch-wilden Bergler Wie überall, oder stärker? Die Vermutung, die «Ta-

Ist dieser «Schneesturm» nicht ein eklatanter Ver-

buisierung» sei in der romanischen Literatur be-

stoss gegen den eben angemahnten Mut zum Klar-

sonders evident, verweist auf die Enge des geografi-

text? Warum spricht Andri Peer nicht offen an, was

schen und sozialen Raumes, auf die Tatsache, dass

droht? Nämlich das Ende des Romanischen, die

hier oben jeder jeden kenne, was der Schere im

Sinnlosigkeit einer multimedialen Dauerbeschal-

Kopf der Autorenschaft einen ganz besonderen

lung, die Isolation in der totalen Beliebigkeit? Im-

Schliff verleihe.

plodiert das Gedicht an seinem Widerspruch oder

Aber da sind doch diese archaisch-wilden, unzähm-

führt es vor, dass ein «glühend» geschmiedetes

baren, freiheitsliebenden Bergler, die sofort aufbe-

Dichterwort Bild und Klartext verbinden kann,

gehren, gerne streiten und dabei auch vor deftigen

dass die Metapher weder verziert noch verschweigt,

Beleidigungen nicht zurückscheuen? Ein Märchen,

sondern auf ihre Weise Klartext spricht?

meint der Erzähler in Leo Tuors «Settembrini», nach-

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

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dem er seinen Grossonkel über die Feiglinge von Jägern hat fluchen hören, die brav die kantonalen Ab-

moralistischer Prohibitionen wird aber nicht nur

schussformulare ausfüllen:

programmatisch ausgerufen, sondern literarisch in

«Il tip grischun fuva ina zucca obedeivels, humiliteivels

vielen Szenen gekonnt umgesetzt; da wird nicht

e servils viers leschas ed autoritads. Sch’ei vegneva ora

einfach Tabuisiertes «hinausposaunt», da werden

ina lescha giu Cuera, vegneva sevilau, lu fatg pugn en

auch gängige Darstellungsmuster verlassen oder pa-

sac, lu suandau ella. [...] Quei servilissem vegneva neu

rodistisch subvertiert.

dil temps dils castellans, dils quals ins veva tema sco da

24

«durch den Sumpf der Liebe» gehen will. Das Ende

Diu. Las historias dallas revoltas cun ‹tuors sfraccadas

Feigheit vor dem Freund?

en› encunter ils tirans ein praulas.»

Wenn die Kleinräumigkeit eine Literatur nicht aus-

Übersetzt: «Lange war der Bündner Typ folgsam,

schliesst, die auch ästhetisch den Mut zur Selbstbe-

unterwürfig und servil in allem, was Gesetze und

stimmung hat, so ist sie für die Kritik ein evidentes

Autoritäten betraf. Wenn in Chur ein neues Gesetz

Problem. Dass die romanische Literaturkritik ab-

herauskam, wurde gepoltert, die Faust im Sack ge-

wechslungsweise als inexistent und als inkompe-

macht und gehorcht. Die Unterwürfigkeit stammte

tent bezeichnet wird, liegt am Verdacht einer gene-

noch aus der Zeit der Landvögte und Schlossherren,

rellen Feigheit vor dem Freund, die nur Bücklinge

die man fürchtete wie Gott. Die Geschichten von

zulasse: «Jeu laudel tei, ti laudas mei, con bi ei quei»,

den Bauernrevolten und zerbrochenen Tyrannen-

«Ich lobe dich, du lobst mich, wie schön ist das», zi-

burgen sind Märchen.»

tiert Hendri Spescha den surselvischen Lyriker Al-

Dieser Feststellung widerspricht ihr Zustandekom-

fons Tuor (1871 –1904), um dann festzuhalten, die

men; wer sie macht, ist ein anarchischer Urbündner

Kritik brauche den Mut, «sich zu exponieren», ja ei-

im Buch eines Autors, der nicht dafür bekannt ist,

nen «Wahrheitsfanatismus», sonst verkomme die

mit pointiertem Einspruch und saftiger Polemik

Literatur leicht zu einem Sammelsurium leerer

hinter dem Berg zu halten. Bei Leo Tuor wird auch

Phrasen und abgestandener Formeln. Dass dem Kri-

das Ende des Moralterrors der Priester diagnosti-

tiker der Mut fehlt, die Gedichte des Lyrikers zu ver-

ziert: «Ils prers han craschlau, o!», «Die Pfaffen haben

reissen, mit dem er am nächsten Tag im Postauto

ausgekrächzt», findet Giacumbert Nau, der barfuss

sitzt, ist so evident wie fatal. Auf der anderen Seite

nicht nur durch frische Kuhfladen, sondern auch

können Kleinräumigkeit und Nähe die erbittertsten

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Abneigungen und die heftigsten Bruderzwiste her-

werden. In einem Kindergarten der Selvaclera (Hell-

vorrufen. Davon zeugen die vielen konfessionellen

wald: für die Sutselva) hätten die Kleinen einen

Kampfschriften, in denen Katholiken und Protes-

phantastischen Papierdrachen ausgeschmückt, der

tanten mit irrwitzig unchristlichen Argumenten

sich beim Spiel von der Schnur gelöst habe. Mit dem

darlegen, warum «Häretiker» oder «Papisten» keine

Wind sei er über den Bergkamm geflogen und am

richtigen Christen sind.

Himmel der Selvas-chüra (Dunkelwald: für Surselva)

Vielen Forderungen nach «mutiger Kritik» liegt zu-

aufgetaucht: «Üngün dubi, quella marmaglia avaiva

dem ein naives Vertrauen in die Wahrheit des Ne-

fat üna trida carricatura d’ün ot dignitari da Selvas-

gativen zugrunde, in die Kompetenz des Zeterers

chüra», «Kein Zweifel, diese Rasselbande hatte eine

vom Typ Marcel Reich-Ranicki, «der noch zu sagen

üble Karikatur eines hohen Würdenträgers des

wagte», dass diese Nobelpreisträger einfach nicht

Dunkelwaldes gezeichnet». So seien die unschuldi-

schreiben können.

Der Geist als wilder Mann

gen Kinder in die Lage des Autors geraten, der alle Figuren frei erfindet und dann erschrocken feststellen muss, dass er von Beleidigten umgeben ist, die

In der Literatur zeigt sich die Feigheit vor dem

glauben, sie seien gemeint. Neben solchen perfiden

Freund in Schonhaltungen gegenüber einer Leser-

Finten gibt es aber auch die offene Propagierung der

schaft, die leicht beleidigt ist, auch weil sie sich in

notwendigen Freiheit des Geistes, die sich in Ca-

allen möglichen Figuren selbst zu erkennen meint.

ratschs Texten an vielen Stellen zeigt:

Einer, dem man diese Art Schonung nicht vorhalten

«Il spiert es ün vagabund. Il spiert es ün rebel, ün spiri-

kann, ist Reto Caratsch (1901 – 1978). In seiner «Re-

ver, ün girun, ün hom sulvedi culla barba sbarüffeda da

naschentscha dals Patagons» (1949) wird die vielbe-

las strasoras e dals sboffaduoirs. Il spiert es tuot – be na

schworene «Wiedergeburt» des Rätoromanischen

ün esnin chi porta prus – e fidel – e diligiaintamaing ils

satirisch vorgeführt, und alle wichtigen Akteure

sachs a mulin.»

werden in wunderbaren Karikaturen lächerlich ge-

«Der Geist ist ein Vagabund. Der Geist ist ein Rebell,

macht. Um das Mass der Perfidie voll zu machen,

ein Wildfang, ein wilder Mann mit einem von

führt er in einer kleinen Allegorie die Betroffenen

Sturm und Wetter zerzausten Bart. Der Geist ist al-

als Psychopathen vor, die überall einen «Schlüssel-

les – nur nicht ein Eselein, das zahm und treu und

roman» wittern, in dem ausgerechnet sie verhöhnt

fleissig die Säcke zur Mühle trägt.»

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| Stà

#54

2017

Winter | Inviern 2017 | 2018

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Heinrich Haller

CH   RIS DER INNEREN STIMME AS – F han  BIOG H  VERTRAUT te Met uzier U ieren prodAbschied nt AB K iefera von der Familie und Neuanfang n T nergiel on de r E Das v n ideale wäre ei

im Kloster Müstair

KULTUR MOTIVIERT ZUM NEUBEGINN In Häusern mit abblätterndem Charme entstanden besondere Hotels

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Der Plan war ganz ein anderer Beni Prevost hat im Alter von 23 Jahren den Bio-Bauernhof seines Vaters übernommen. Und dafür seine Karriere als Gastronom an den Nagel gehängt. Dazu brauchte es eine Portion Furchtlosigkeit und Beherztheit.

Text: Muriel Gnehm Foto: Mayk Wendt

B

eni Prevost sieht müde aus. In der letzten

gewohnt und hatte bald einmal kein Gefühl mehr

Nacht hat er nicht gut geschlafen. Drei Mal

in den Händen. Er litt an einem Karpaltunnelsyn-

ist er aufgestanden und mit seinem alten

drom. Nach ein paar Wochen sass er mit seiner

Golf die paar hundert Meter von Guarda hinunter

Schwester, seinem Schwager und seiner Freundin

zu seinem Hof gebraust. Er wusste, dass eine seiner

zusammen, um über die Zukunft des Bio-Bauern-

Kühe kalbern wird.

hofes zu reden – ein Thema, das die Familie lange

Der 26-jährige Bauer stösst die Stalltüre auf und

vor sich hergeschoben hatte, «weil alle meinten,

zeigt auf das Kälbchen, das noch ziemlich wackelig

uns blieben noch ein paar Jahre, bis wir uns ent-

auf den Beinen steht und mit seinem Mund gerade

scheiden müssten». Früher äusserten sich seine

das Euter der Mutter sucht. Diese ist noch etwas

Schwester und deren Ehemann auch schon so, als

blutverschmiert, ansonsten sieht man ihr nicht an,

würden sie den Hof vielleicht irgendwann über-

dass sie eben erst geboren hat. Beni Prevost sagt:

nehmen. Beni hingegen spielte erst mit diesem Ge-

«Sie hat das gut gemacht» – und klingt dabei stolz

danken, als er bereits in die Fussstapfen des Vaters

wie ein Vater, der über sein Kind spricht.

getreten war.

Der Plan sah ganz anders aus

in den Händen wieder. Und jetzt gefiel es ihm, sein

Es ist bloss drei Jahre her, da waren Prevosts Nächte

eigener Chef zu sein. Er sei ist nicht der Typ, der

noch länger und ruhiger. Er lebte mit seiner Freun-

acht Stunden pro Tag im Büro sitzen könne. Das

din in Domat/Ems und hatte gerade die Hotelfach-

habe er bereits während des Gymnasiums gemerkt,

schule abgeschlossen. Den Winter über wollte er als

als er in einem Architekturbüro schnupperte. Zu-

Skilehrer Geld verdienen, danach wollten sie zu

dem mag er Tiere. Das spürt man, wenn man ihm

zweit ein paar Monate um die Welt reisen und ir-

zuhört: «Die Geburt eines Kalbes ist ein so schöner

gendwann, später, ein eigenes Restaurant eröffnen.

Moment, den kann man nicht beschreiben.»

«Nichts Schickes, einfach eine gemütliche Beiz, in

28

Dank Physiotherapie verschwanden die Schmerzen

der man sich wohlfühlt», sagt er, während er sich

Wirklich zurück ins Dorf der Kindheit?

vor dem Hof auf einen krummen Stuhl in die Sonne

Doch den Hof zu übernehmen hiess auch, nach

setzt. Er schaut hinunter ins Tal – dorthin, wo im

Guarda zurückzukehren, ins Dorf, in dem er aufge-

Stundentakt Touristen und Bewohner des Dorfes

wachsen war. Kam das für ihn in Frage, wieder hier

Guarda aus der Rhätischen Bahn aussteigen und wo

zu leben, auf 1653 m ü.M., im Ort mit rund 160 Ein-

auf der anderen Talseite dunkler Wald wuchert.

wohnern, drei Hotels – weit weg von jeder grösseren

«Doch dann starb unser Vater ganz plötzlich an ei-

Stadt? «Damit hatte vor allem Deborah, meine

nem Herzinfarkt», schildert Beni und mit leiser

Freundin, Mühe. Sie kommt aus Schaffhausen»,

Stimme fährt er fort: «Gestorben, hier im Stall bei

sagt Beni Prevost in seiner ruhigen Art. Er konnte

seinen Kühen.»

sie verstehen. «Die Engadiner sind nicht sehr offen.

Weil man die Tiere keinen Tag sich selber überlas-

Es ist schwierig, hier Anschluss zu finden.»

sen kann, war Beni sofort nach Hause gezogen. Ein-

Aber nicht nur deshalb erforderte seine Entschei-

springen als Übergangslösung, so dachte er anfäng-

dung Mut. Sie fiel ihm auch schwer, weil er kein

lich. Er war die strenge Arbeit auf dem Hof nicht

ausgebildeter Landwirt war, aber von einem Tag auf

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


den anderen alleine den Hof führen musste. «Als

Im Internet stellen sich Beni und Deborah persön-

Kind half ich zwar oft im Stall. Mit der Administra-

lich vor, laden zum Besuch auf dem Hof ein, und

tion eines Bio-Betriebes kannte ich mich aber über-

sie haben einen Online-Shop eingerichtet.

haupt nicht aus.»

Jungbauer mit Zukunftsplänen

Er hat die Herausforderung gepackt: Von einem Tag auf den anderen musste Beni Prevost den Landwirtschaftsbetrieb der Familie übernehmen.

Der Traum ist noch nicht ausgeträumt Neben Fleisch, Wurst und Käse bietet Deborah

Trotz all dieser Fragen und Schwierigkeiten ent-

auch eingemachtes Gemüse nach Rezepten ihrer

schied er sich vor zwei Jahren dazu, den Hof zu

Oma an. Selber hat sie in der Zwischenzeit in der

übernehmen – nicht irgendwann später, sondern

Region Anschluss gefunden. Die 30-Jährige arbeitet

jetzt und definitiv. Ein Mal die Woche fährt er seit-

bei einer Bank in Scuol, trifft sich abends mit

her nach Landquart in die Landwirtschaftsschule,

Freundinnen und ist in der Frauenorganisation,

vier Jahre dauert die Ausbildung.

dem Zonta Club, mit dabei. Beni ist derweil wieder

Mittlerweile hat Beni Prevost als Landwirt konkrete

öfter in der «Giuventüna», im Jugendverein, anzu-

Zukunftspläne. Während sein Vater auf die Milch-

treffen, dort, wo er schon als Jugendlicher dabei

produktion gesetzt hatte, will er sich auf Viehzucht

war und wo die Männer bis zur Heirat Mitglied blei-

und Aufzucht konzentrieren. Das heisst: trächtige

ben dürfen.

Rinder an Bauern verkaufen, dazu Bio-Fleisch und

Den Traum vom eigenen kleinen Restaurant haben

Alpkäse anbieten. Und deshalb steht auch ein klei-

Beni und Deborah aber noch nicht aufgegeben. Ir-

ner Kühlschrank vor dem Haus in Guarda, gefüllt

gendwann möchten sie Gäste bewirten und dort

mit Salametti, Salsiz und seinen Visitenkarten. Da-

soll dann Fleisch, Käse und Eingemachtes vom ei-

rauf die Adresse der Homepage: WotschBeef.com.

genen Hof auf der Speisekarte stehen.

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

29


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Kultur motiviert zum Neubeginn Eine Frau und zwei Männer kauften zeitgleich von abgeblättertem Charme gezeichnete Engadiner Häuser und machten sie zu Kulturhotels. Alle drei kamen sie bewusst ins Hochtal und wagten mutig einen Neuanfang.

Text: Birgit Eisenhut Fotos: Mayk Wendt

D

as Engadin, insbesondere das Unterengadin,

beitete sie in München in der Redaktion eines

Kosmopoliten und Kunstliebhabern dermas­

grossen Verlags.

sen den Kopf, dass sie hier ihren neuen Lebensmit­

Sie kam zurück ins Engadin, in ihre Heimat, und als

telpunkt setzten. Damit bieten sie nicht nur Gästen

sie per Zufall vom Verkauf der «Villa Flor» hörte,

aus aller Welt ein temporäres Daheim, sondern ge­

kam ihr der Gedanke, aus diesem Jugendstilbau,

ben den Künstlerinnen und Künstlern und deren

dessen Charme schon verblichen war, ein «Guest­

Werken eine Bühne: Ladina Florineth mit der «Villa

house» mit mediterraner Lebensart zu gestalten. Sie

Flor» in S­chanf, Carlos Gross mit der «Pensiun Al­

wollte dem Haus den lebendigen Charme zurückge­

dier» in Sent und Hans Schmid mit dem Hotel «Piz

ben und es nicht, wie ihre Mitbieter es vorhatten,

Linard» in Lavin haben sich alle fast gleichzeitig,

zu einem Miethauskomplex umbauen. Das gefiel

Mitte der 2000er­Jahre, im Unterengadin mit eige­

dem Vorbesitzer, und sie erhielt den Zuschlag. Als

nen Betrieben selbstständig gemacht. Sie haben ihr

alleinstehende Frau, ohne Erfahrung in der Hotel­

Vermögen in die Häuser gesteckt – und ihren Kunst­

lerie, und mit einer 16­jährigen Tochter.

sachverstand. Was bringt Menschen dazu, eine si­

War ihr nicht mulmig zumute, als aus einer vagen

chere Existenz aufzugeben, um sich auf unsicheres

Idee plötzlich Realität wurde? Hatte sie einen Busi­

Terrain zu begeben?

Kunst im Jugendstil-Palazzo

nessplan, bevor sie das Hotelprojekt startete? Sie lacht: «Nein, sonst hätte ich es nicht gemacht. Ein Bekannter, ein Banker, fragte mich danach, und ich

Ladina Florineth, eine zierliche Person mit langem

sagte ihm nur, er solle mich damit in Ruhe lassen.

blondem Haar und geradem Blick, ist in St. Moritz

Ich habe eine ‹Milchbüchleinrechnung› gemacht.

geboren. Ihr «Guesthouse», so nennt sie die «Villa

Ich glaube, wenn man nur aufs Geld schaut, macht

Flor», eröffnete 2009 nach acht Monaten Umbau. Es

man sowas nicht. Ich lebe in einem Umfeld mit vie­

ähnelt einem kleinen, romantischen italienischen

len Kreativen, Intellektuellen, da hat Geld eine an­

Palazzo. Böden, Decken und Wände, Jugendstillam­

dere Bedeutung, da ist dieses Sicherheitsdenken

pen, ein roter Salon, das Arvenholz­Frühstückszim­

nicht so ausgeprägt.» Gibt es denn Zeiten, in denen

mer harmonieren. Auf dem Dach eine Aussenter­

sie hadert, wenn sie alles allein entscheiden muss?

rasse mit weitem Blick auf den Inn, ins Tal und auf

«Ich bin mein eigener Chef, da macht man die

die umliegenden Berge. Keines der sieben Gästezim­

Dinge mit einer anderen Energie. Und wenn man

mer gleicht dem anderen. Die «Handschrift» der

nichts wagt und nichts riskiert, ist das Leben nicht

Hausherrin zeigt das Gefühl für Interieur.

halb so spannend.»

Im roten Salon erzählt Ladina Florineth, wie sie

32

treffen, bevor sie ihre Familie gründete. Später ar­

verdrehte mit seiner hochalpinen Kraft drei

dem Engadin schon in jungen Jahren den Rücken

Giacomettis Kunst in Hotelfluren

kehrte, um das tun zu können, was sie noch heute

In Sent beschäftigen Carlos Gross fast die gleichen

am liebsten tut: sich mit Kunst befassen. In London

Fragen. Für ihn steht die Kunst von Alberto und Di­

und Paris sucht sie bis heute Neues aus Fotografie

ego Giacometti und die seines verstorbenen Freun­

und bildender Kunst. Sie kam schon viel in der Welt

des, des Fotografen und Verlegers Ernst Scheidegger,

umher, war in der Film­ und Modebranche anzu­

an erster Stelle. Gross hat über die Jahre eine umfas­

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


sende Sammlung an Lithografien, Zeichnungen

war schon erfunden.» Anfang der 2000er­Jahre

und Radierungen der beiden Giacomettis zusam­

kam er oft ins Engadin, wohnte und ass öfter im da­

mengetragen. Dazu eine Sammlung der Künstler­

maligen Hotel Rezia in Sent, und suchte nach ei­

bücher, an denen Alberto Giacometti beteiligt war.

nem geeigneten Gebäude, in dem er seine Kunst­

Dieser Schatz lag bei ihm im Verborgenen.

sammlung endlich der Öffentlichkeit zugänglich

Als Sohn Schweizer Eltern wurde Carlos Gross in

machen konnte. Ohne Erfolg. Bis nach mehreren

Venezuela geboren und wuchs dort bis zum neun­

Jahren in einer «weinseligen Stunde mit Freunden»,

ten Lebensjahr auf. Zurück in der Schweiz, stu­

zu denen inzwischen auch der Künstler Not Vital

dierte er das Hotelfach. Und entschied als junger

gehört, dieser ihm vorschlug, er solle doch die Be­

Vater mit zwei kleinen Kindern, in Castino, einem

sitzerin des Rezia fragen, ob sie nicht verkaufen

500­Seelen­Dorf im Piemont, eine Firma für regio­

wolle. Das Hotel war in die Jahre gekommen. Car­

nale Produkte zu gründen. Mit nichts in der Tasche.

los Gross schickte ihr einen handgeschriebenen

In 25 Jahren baute er eine «ziemlich respektable

Brief. «Mein Motor war immer die Neugier. Die war

Firma» mit 100 Angestellten auf, die regionale Pro­

geweckt, und ich habe schon immer meinem

dukte herstellte und in 37 Länder der Welt lieferte.

Bauchgefühl vertraut.» Am nächsten Tag klingelte

Und dazu eine Logistikfirma, die weitere elf Ange­

das Telefon. Für die damalige Besitzerin war sein

stellte beschäftigte. Nach einem Vierteljahrhun­

Angebot ein Glücksfall.

dert konnte er dem Unternehmertum in Italien

Gross baute das Haus sorgfältig um, bewahrte mit

aber kein Abenteuer mehr abringen. Das «Schiff»

der Unterstützung des heimischen Architekten

wurde ihm zu gross, zu kommerziell. «Und mich

Duri Vital die baulichen Schätze. Heute begegnet

von jungen Betriebswirten, die keine Ahnung von

dem Gast Behaglichkeit – und Kunst. In den Fluren

Kultur und Essen haben, belehren zu lassen, wie

finden sich Tierbronze­Figuren von Giacometti, in

das heisse Wasser neu erfunden wird – danke, das

16 Zimmern und Suiten schlafen die Gäste neben

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

«Villa Flor» in S­chanf: Ein «Guesthouse» der mediterranen Lebensart.

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Pensiun Aldier, Sent (links): In den Zimmern schlafen die Gäste neben Originaldrucken.

Originaldrucken von Hans Arp, Miró und Chillida, als «Bettmümpfeli» liegt ein Buch zum Mitnehmen auf dem Kopfkissen. Mit Hingabe schuf Gross im Kellergewölbe des Hotels einen würdigen Raum für seine Sammlung. Wenn er Interessierte dort durch­ führt, seien das keine eigentlichen Führungen, denn er erzählt Geschichten zu den Bildern. Der Name der Pensiun «Aldier» ist eine Hommage an die drei Künstler. Es sind jeweils die beiden An­ fangsbuchstaben der Vornamen der Giacomettis, Alberto und Diego, und von Ernst Scheidegger.

Das Hotel im «Klein-Florenz» am Inn Hans Schmid verbreitet mit dem Credo «Wiesen­ blumen im Milchkrug» das, was seine Gastfreund­ schaft auszeichnet: Poesie. Unkonventionell ist er, genauso wie das Hotel «Piz Linard» in Lavin und die vor fünf Jahren dazu erworbene «Chasa Basti­ ann» auf der gegenüberliegenden Seite des Dorf­ platzes. Die Häuser sind zu einer kulturellen Insti­ tution des Unterengadins geworden. Im grossen arvenholzvertäfelten Saal «ruht» ein behäbiger Bass und wartet auf Spielgesellen. Die bekommt er regelmässig, denn Musik in allen Schattierungen, von der Jazzkombo bis hin zu kleinen klassischen Konzerten, findet hier regelmässig statt. In der «Chasa Bastiann» sind unter Gewölbedecken Ge­ mälde zu bestaunen – einige vom Hausherren selbst geschaffen. Die beiden Häuser sind so etwas wie ein Gesamtkunstwerk. Hans Schmid, seine damalige Partnerin Gaby Schmid und die vielen, die das Vorhaben mittragen, mussten einen steinigen Weg gehen. Das 2006 zum Verkauf ausgeschriebene Gasthaus war in die Jahre gekommen, «der Investitionsstau so mächtig wie der Berg, der dem Haus den Namen gegeben hat», sagt Schmid. Und doch kam für ihn nur der Ort La­ vin in Frage: «Ein authentisches Dorf, das den Geist der Pioniere atmet.» Er habe sich verliebt in die Pa­ tina der italienischen Palazzi und in den weissen Betonbrunnen von Flurin Bischoff.


Der Hotelier ist Quereinsteiger. Der Jurist war nach

dingungen. Eine Rückzahlungsklausel band die In­

kurzer Anwaltstätigkeit acht Jahre Generalsekretär

itianten ans Projekt: «Hätten wir wieder aufgege­

des Volkswirtschaftsdepartements des Kantons

ben, wäre der Beitrag zurückgefordert worden.» Die

St. Gallen, bevor er dort Chef des kantonalen Kul­

Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredite rang

turamtes wurde. «Im dritten Jahr hatte ich ein

den Gründern gar eine Bürgschaft für die persönli­

Schlüsselerlebnis, bei dem mir klar wurde, dass ich

che Haftung ab. «Da kommen mittelalterliche Ge­

nicht ‹Mittelbeschaffer für Dritte› sein will, son­

fühle der Leibeigenschaft hoch», kommentiert

dern der Unternehmer, der in mir steckt.» Seiner­

Hans Schmid.

zeit verheiratet, Vater von vier Kindern, gab es nur

Fertig saniert ist das Piz Linard nicht. «Das ewig

eine Möglichkeit, an eigenes Kapital zu kommen:

knappe Geld ist ein Stressfaktor», sagt er, «doch die

die Pensionskasse aufzulösen. «Da wird es einem

Not beflügelt die Kreativität.» Mut scheint sich für

mulmig. Doch der Instinkt des Pioniers schaltet die

ihn, seinen heutigen Mitunternehmer Julian Kar­

Vernunftebene aus. Zuversicht, Naivität und die

rer und die zehn fest angestellten Mitarbeiterinnen

Lust, es zu packen, übertönten alle Zweifel.»

und Mitarbeiter zu lohnen: «Aus der Auszeichnung

Die eigenen Mittel reichten bei weitem nicht aus.

als Historisches Hotel 2018 und aus der Nomina­

Das Vorhaben brauchte Millionen. Eine AG wurde

tion für den Prix Montagne der Berghilfe schöpfen

gegründet und ein Crowdfunding lanciert. Freunde,

wir die Motivation, weitere Hürden zu nehmen.»

Verwandte und Weggefährten schenkten dem Pro­

Für die Unternehmerin und die zwei Unternehmer

jekt Vertrauen und wurden Aktionäre. Menschen

scheinen sich ihre stete Energie und ihr Mut ge­

aus dem Dorf und dem Tal sowie Stiftungen unter­

lohnt zu haben, wenn auch nicht in erster Linie fi­

stützten ihn. Sein Projekt überzeugte auch die

nanziell. Für sie hat sich der Satz von Demokrit

Schweizer Berghilfe. Sie zahlte eine Viertelmillion

(ca. 460–371 v. Chr.) bewahrheitet: «Mut steht am

à fonds perdu, knüpfte das Geld aber an harte Be­

Anfang des Handelns, Glück am Ende.»

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Hotel «Piz Linard», Lavin (oben): Das Unfertige beflügelt die Kreativität.

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Ein unbeirrbarer Blick nach vorne Annegret Gallmann, die heute in Sent zuhause ist, stand mit knapp Mitte 50 vor der Entscheidung: wie weiter? Ihr Alter war für sie kein Thema beim Entschluss, Psychologie zu studieren. Nicht als Beschäftigungstherapie, sondern mit der klaren Berufsvorstellung.

Text: Marina U. Fuchs Foto: Mayk Wendt

36

W

er Annegret Gallmann sieht, mit ihr redet,

Gespräch mit ihr zieht, dann ist es «spannend».

der weiss sofort, dass Mut lohnt, dass ihre

Dieses «spannend» steht für ihre Offenheit, die

Entscheidungen für sie persönlich ganz

Neugier, die Wissbegierde sowie für das Bedürfnis,

und gar richtig waren. Ihre Augen blitzen im Ge-

den Dingen auf den Grund zu gehen. «Spannend»

spräch vor Begeisterung, ihr Lachen ist so einneh-

steht auch für ihren Mut, sich immer wieder neuen

mend und ansteckend, dass man nicht einmal auf

Herausforderungen zu stellen und dann unbeirrbar

die Idee kommt, über ihr Alter nachzudenken. Mut

ihren Weg zu gehen.

scheint Flügel zu verleihen, und sie vermutet, sie

Mut braucht es unter anderem in gefährlichen Situa-

habe die Courage schon von früheren Generatio-

tionen, doch es waren nicht Gefahren, was sie zu

nen ihrer Familie mitbekommen. Wenn sich ein

befürchten hatte. Es waren Unsicherheiten auf dem

Wort durch Annegret Gallmanns Leben und ein

Weg, den sie sich 1992 vorgenommen hatte. In ei-

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


nem Alter, in dem sich manche Gedanken zur Pen-

«Ich habe mir Zeit gelassen mit einer Entscheidung,

sionierung machen, beschloss sie noch einmal

habe mich informiert. Wichtig war mein soziales

durchzustarten und zu studieren.

Umfeld», erklärt sie den Prozess der Neuorientie-

Die Anfänge

rung. Zurück in den Schuldienst wollte sie nicht und so beschloss sie mit annähernd Mitte fünfzig,

Annegret Gallmann wurde am Zürichsee in eine

in Zürich Psychologie zu studieren – und zu pen-

Familie hineingeboren, in der Dialog, Austausch

deln. An der Uni waren Aufnahme, Austausch und

und Kultur wichtig waren: «Es wurde viel gelesen

das Miteinander kein Problem, von den anderen

und philosophiert, das Interesse am Menschen

Studenten wurde sie sofort akzeptiert. Hilfreich

stand im Zentrum.» Der Vater – er war Zahnarzt –

war, dass sie all die Jahre vorher immer mit jungen

schrieb mit 95 Jahren noch ein Buch. Sie kam

Leuten zu tun gehabt hatte.

schon als Kind ins Engadin, mit einer «Ferienkolonie» nach Tarasp – einem Vorläufer der heutigen

Erfolgreiches Psychologiestudium

Summercamps. Begeistert und gut spielte sie Quer-

«Es war ein ganz neues Gefühl von Freiheit», be-

flöte und stand vor der Entscheidung, ob sie eine

schreibt sie den Zustand im Studium. In Zürich

musikalische Ausbildung beginnen wollte.

konnte sie bei ihren Eltern wohnen, Arbeitsdiszip-

Doch sie wurde Primarlehrerin, weil sie sich ihrer

lin hat sie bei den eigenen Töchtern, die in Zürich

musikalischen Begabung nicht vollkommen sicher

und in Chur studierten, abgeschaut. Angst, ob sie

war. Als ganz junge Lehrerin wurde sie angefragt,

das alles schaffen würde, war kein Thema. «Wenn

ob sie ins damalige Töchterinstitut nach Ftan wech-

man sich entschieden hat, muss man es machen,

seln wolle. Sie sagte zu und blieb drei Jahre, unter-

zielgerichtet denken», so ihr Motto. Mann und

richtete Deutsch, Französisch und Sport mit

Töchter standen hinter ihr und unterstützten sie sie.

Schwimmen im damals «Schlangenteich» genann-

1997 schloss sie mit dem Lizentiat in Psychologie ab

ten heutigen Badesee. Selbstverständlich war dane-

– zu diesem Zeitpunkt schon fast Grossmutter eines

ben noch die Betreuung von 20 bis 25 jungen Mäd-

Enkels, der im Jahr darauf zur Welt kam. In den Ne-

chen im Internat: «Es war eine gute und spannende

benfächern belegte sie Kinder- und Jugendpsycho-

Zeit.» Aufenthalte in Florenz und Paris schlossen

pathologie, Sozialpsychologie sowie Sozial- und

sich an und Annegret Gallmann unterrichtete ins-

Präventivmedizin.

gesamt fast zehn Jahre. 1963 heiratete sie den Mann,

Bis 2002 bildete sie sich zur Psychotherapeutin wei-

den sie schon seit der Ausbildung an der Pädagogi-

ter. Es folgten Zertifikate, Spezialseminare, Kurse,

schen Hochschule Zürich, dem damaligen Oberse-

Supervisionen und Tagungen. «Eine erste Stelle zu

minar, kannte. Auch er war Lehrer, studierte an-

bekommen, war nicht ganz einfach», blickt sie auf

schliessend Germanistik und unterrichtete Deutsch

die Anfänge zurück. Doch dann gelang der Neu-

und Geschichte.

start beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen

Wieder rief das Unterengadin

Dienst Graubünden. Danach war sie zwei Jahre Assistenzpsychotherapeutin in der Kantonalen Psy-

Das Töchterinstitut bot 1971 dem Ehepaar die Di-

chiatrischen Klinik Beverin in Cazis.

rektion an. Nach anfänglichem Zögern sagten die

Da ihre Liebe dem Unterengadin gehört, kontak-

beiden zu. «Wie damals üblich, war der Mann Di-

tierte sie unter anderem den Bezirksarzt. So begann

rektor, die Frau arbeitete intensiv mit», schildert sie.

sie als delegierte Psychotherapeutin mit den Ärzten

«Ständige Präsenz war selbstverständlich, sei es im

in der Region zusammenzuarbeiten, voller Empa-

Internat oder im Kontakt mit den Eltern.» Und

thie für die Menschen und deren Probleme.

schon in dieser Zeit bewies sie Mut, eine schwierige

Annegret Gallmanns Mut, zu einem unüblichen

Situation anzusprechen: als ihre persönliche Ba-

Zeitpunkt noch einmal ganz von vorne anzufan-

lance nicht mehr stimmte und sie – nicht zuletzt

gen, hat sich gelohnt. Sie hat ihre Lebensaufgabe

wegen der Altersversorgung – nach einem eigenen

gefunden, arbeitet inzwischen zwar mit reduzier-

Arbeitsvertrag fragte. «Das war gut für meine per-

tem Pensum, aber mit ungebrochener Begeisterung.

sönliche Entwicklung», betont die Mutter von zwei

In der Freizeit spielt sie begeistert Golf, treibt Sport

inzwischen längst erwachsenen Töchtern.

und widmet sich der Musik und dem Lesen. «Man

Insgesamt zwanzig Jahre verbrachte die Familie

muss immer etwas machen», zieht sie Bilanz, «Of-

Gallmann in Ftan. Dann war die Zeit reif für Ver-

fenheit, Flexibilität, Interesse, Beweglichkeit und

änderungen.

soziales Engagement sind wichtig.»

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Annegret Gallmann begann ihre berufliche Karriere als Lehrerin. Zusammen mit ihrem Mann leitete sie viele Jahre das Hochalpine Institut Ftan und bildete sich dann zur Psychotherapeutin weiter. Heute arbeitet sie als Psychotherapeutin mit reduziertem Pensum mit den Ärztinnen und Ärzten im Unterengadin zusammen.

37


Risiko oder totaler Irrsinn? Was treibt einen Menschen an, sich mit etwas Stoff zwischen Armen und Beinen 1000 Meter in die Tiefe zu stürzen? Kalkulierbares Risiko oder kompletter Irrsinn? Julian Zanker ist sich da nicht mehr so sicher, seit er bei diesem Sport einen Freund verloren hat.

Text: Reto Stifel

D

er Blick von Julian Zanker geht zum Himmel.

von der Jungfrau im Berner Oberland bis nach Lau-

Ein gutes Dutzend Gleitschirme kreist über

terbrunnen, eine Distanz von rund zehn Kilome-

Interlaken. Piloten mit ihren Gästen, die

tern Luftlinie. «Das sind dann locker drei Minuten

vom nahen Beatenberg aus gestartet sind und in

Flug, bis du den Schirm ziehen musst, ein extrem

Kürze am Rand des Dorfes landen werden. Zwi-

intensiver Moment.» Zeit für Angst bleibt keine.

schendurch ist ein befreiender Jauchzer zu hören,

Sprung, Flug, Schirm ziehen, Landung: So einfach,

wenn der Pilot in den Spiralflug übergeht.

wie es in der Theorie tönt, ist es in der Praxis doch

Der Traum vom Fliegen fasziniert die Menschheit

nicht. Nur beim «Exit», so nennt die Szene etwas fa-

seit jeher. An immer neuen Möglichkeiten wurde

talistisch den Absprungpunkt, da kennt auch Ju-

getüftelt, um die Schwerkraft zu überwinden und

lian Zanker ein Gefühl von Angst. «Es ist eine na-

elegant wie ein Vogel durch die Lüfte zu gleiten.

türliche Angst, eine, die mich nicht blockiert,

Auch Julian Zanker hatte diesen Traum. Bereits als

sondern mich extrem fokussieren lässt auf die

Vierjähriger ist er mit seiner Mutter auf die Engadi-

nächsten Sekunden und Minuten.» Mit zunehmen-

ner Berge gestiegen. Hat auf dem Gipfel den Doh-

der Erfahrung hat er gelernt, damit umzugehen,

len zugeschaut und sich gewünscht, auch einmal so

und er ist auch psychisch viel stärker geworden.

fliegen zu können. Aufgewachsen ist Zanker in St. Moritz, am Fusse des Hausberges Corviglia, der

Der Bauch entscheidet

romanische Name für Bergdohle.

Wer Basejumper nicht gleich als verrückt abstem-

Unglaubliches Gefühl

38

pelt, stellt sich zumindest überdurchschnittlich mutige Menschen vor. Mut? Zanker zögert. «Nein,

Als 16-Jähriger unternahm Zanker seinen ersten

ich bezeichne mich nicht als besonders mutig, ich

Fallschirm-Tandemsprung aus dem Flieger. Drei

war das auch als Kind nie.» Kokettiert hier einer mit

Jahre später absolvierte er die Fallschirm-Ausbil-

seiner Sportart, die per se schon viel Aufmerksam-

dung. Für ihn die perfekte Basis, um sich an das zu

keit erregt? Zanker zögert noch einmal. «Ja, viel-

wagen, was viele für lebensmüde halten: Basejum-

leicht braucht es auch Mut, an der Felskante zu ste-

ping. Sich von einer Felskante in die Tiefe stürzen,

hen und sich tausend Meter in die Tiefe zu stürzen»,

ausgerüstet lediglich mit einem Wingsuit und ei-

sagt er schliesslich, um gleich anzufügen, dass

nem Fallschirm. Der Stoff zwischen den gespreiz-

Wingsuit-Fliegen durch viel Training und eine

ten Armen und Beinen funktioniert wie Flügel.

schrittweise Annäherung an diesen Sport nicht ge-

Vögeln gleich, fliegen die Basejumper in die Tiefe,

fährlicher ist als andere sogenannte Extremsportar-

um erst kurz über dem Boden den Schirm zu zie-

ten auch.

hen. «Dieses Gefühl, wenn du drei, vier Sekunden

«Nicht zu springen braucht mehr Mut.» Vor allem

nach dem Absprung spürst, wie sich der Wingsuit

dann, wenn die äusseren Bedingungen eigentlich

mit Luft füllt und du von der Wand wegfliegst, ist

perfekt wären, aber das Bauchgefühl nicht stimmt,

unglaublich. Du weisst: Es passt, du beginnst zu

der Kopf nicht bereit ist. «In solchen Momenten zu-

fliegen und zu geniessen.» Die Intelligenz des Ma-

sammenzupacken im Wissen, dass ein mehrstündi-

terials hat viel dazu beigetragen, dass heute Flüge

ger Abstieg ins Tal bevorsteht, ist nicht immer ein-

von mehreren Minuten möglich sind. Zum Beispiel

fach.» Aber überlebenswichtig. Zanker weiss, dass

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Basejumping und Wingsuit Basejumping ist der Oberbegriff, Wingsuit-Fliegen ist eine Disziplin. Wie es der Name sagt, erlaubt der spezielle Anzug, der Wingsuit, tatsächlich fliegend Distanzen zurückzulegen. Wer ohne Wingsuit springt, fällt mehr oder weniger gerade der Felswand entlang, bevor er den Fallschirm öffnet. Mehr auf www.julianzanker.ch Fotos: Archiv Julian Zanker (1, 3), Romano Salis (2), Diego Defilla (4)

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das Wingsuit-Fliegen Risiken birgt, in einigen Ländern sogar verboten ist. Schon ein falscher Schritt beim «Exit» kann tödlich en-

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den. Einmal in der Luft, passiert alles rasend schnell. Mit 130 bis

Einheimisches Wild

220 Stundenkilometern sind die Basejumper unterwegs, die kleinste Fehleinschätzung kann tödlich sein.

Sich wieder herantasten Letztes Jahr hat Zanker einen guten Kollegen beim Basejumpen verloren. Mit ein Grund dafür, dass er seit Februar nicht mehr ge-

Hausgemacht

sprungen ist, nicht weiss, ob er je wieder an einem «Exit» stehen

Aus dem Engadin

wird. «Ich will es probieren, weil ich das Basen extrem vermisse.» Er weiss, dass die Rückkehr keine einfache sein wird. Er muss sich wieder herantasten an das Gefühl des Fliegens, wird praktisch von vorne beginnen, mit ersten Sprüngen aus dem Helikopter. Auch das Thema Angst wird ihn wieder beschäftigen, wenn er am «Exit» steht.

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Als 16-Jähriger hatte er zusammen mit seiner Mutter bei einem

Selbst gefischt

Bergunfall am Palü-Ostpfeiler grosses Glück. Zanker ging drei Jahre lang nicht mehr bergsteigen, heute ist er Bergführer. Ob der Wiedereinstieg beim Wingsuit-Fliegen auch gelingt? Er weiss es noch nicht. «Wenn es für mich nicht mehr stimmt, dann höre

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ich auf», sagt er. Einer, der sich mit mittlerweile 700 Base- und

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450 Fallschirmsprüngen seinen Kindheitstraum vom Fliegen wie eine Bergdohle längst erfüllt hat, kann diese Frage vielleicht gelassener angehen. Es ist kühl geworden, die Sonne scheint nur noch milchig durch die dünne Wolkendecke. Die letzten Gleitschirme schweben an diesem Tag über Interlaken. Noch einmal gleitet der Blick von Julian Zanker in den Himmel. «Fliegen ist einfach etwas unglaublich Schönes.»

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Julian Zanker (27)

ist in St. Moritz aufgewachsen und lebt heute in Unterseen bei Interlaken. Inzwischen hat er seine Bergführerausbildung erfolgreich abgeschlossen. Er ist seit seiner Jugend leidenschaftlicher Kletterer und Bergsteiger und er hat eine Fallschirmlizenz. Seine letzte, sechswöchige Expedition hat ihn im Oktober 2017 zusammen mit Stephan Siegrist und Thomas Huber zum 6150 Meter hohen Cerro Kishtwar ins Kaschmir-Gebirge geführt. Dort haben die drei eine 1200 Meter lange, äusserst schwierige Wand als Erste bestiegen. Mit dem Wingsuit sind ihm zahlreiche Erstabsprünge geglückt. 2015 hat er im Rahmen der TV-Sendung «Sommer-Challenge» das Scheidegg wetterhorn bestiegen und ist anschliessend nach Grindelwald geflogen.


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Die Sage vom getäuschten Nachtwächter «Sagenhaftes Grischun – Vergessene Legenden aus Graubünden» heissen die zwei bisher erschienen Bände aus dem Verlag Islandbooks. Sie halten lokale Sagen fest, die man sich seit Generationen weitererzählt – oft Geschichten mit ziemlich grausamem Inhalt. Nacherzählt von Silvio Hosang; Illustration: Gregor Gilg


D

er alte Römerturm in Pontresina diente den

gendlichen Bösewichte hielten sich auf dem Alko-

Rittern als Wohnsitz. Ihre Aufgabe bestand

ven versteckt, so dass sie mitbekamen, wie der

darin, Wegzölle für Menschen und Ware

Ritter auf ihre Spuren reagierte. Schuldbewusst

einzufordern, die über den Berninapass ins Pusch-

kehrten sie nach Hause zurück. Doch weder die Ju-

lav und ins Veltlin reisten. Da der Pass nicht ganz-

gendlichen noch der Ritter fanden in dieser Nacht

jährig geöffnet war, hatten die Kastellanen das

den nötigen Schlaf, denn das Wolfsgeheul in un-

Recht zu jagen. Im Winter brauchten sie sich nicht

mittelbarer Nähe war unerträglich.

sehr anzustrengen, da sich das Rotwild bis auf den Talboden hinunter wagte. Die leichte Beute wurde

*** Am darauffolgenden Tag wollte er die Spuren, die

gehäutet, die Felle bot man zum Verkauf an. Das

von seinem Haus wegführten, überprüfen, doch da

zerlegte Fleisch wurde einerseits zum Räuchern, an-

waren es auf einmal doppelt so viele wie noch zur

dererseits im Dachstock zur Lufttrocknung aufge-

Mitternacht, als er nach Hause gekommen war.

hängt und haltbar gemacht, um es später im Velt-

Und als er die Burschen erblickte, die ins Dorf zu-

lin gegen Wein und im Bodenseegebiet gegen

rückliefen, schwante ihm Böses. Die Fussspuren

gewobene Tücher aller Art einzutauschen. Der ein-

seiner Frau führten zum Pfarrhaus. Dort hatte seine

zige Wermutstropfen der Kastellanen war, dass sie

Frau Aufnahme und körperlichen Trost in den Ar-

im Winter stündlich eine Runde als Nachtwächter

men des Pfarrers gefunden.

drehen mussten. Denn in der Winterzeit kamen auch die Wölfe in Dorfnähe hinunter. In Rudeln

*** In Pontresina wurde der Ritter zum Gespött. Am

waren sie sehr angriffig.

meisten litt der Nachtwächter darunter, als er bei

*** Wer gar keine Freude am Ritter als Nachtwächter

seinem nächtlichen Rundgang das Gestöhne seiner ehemaligen Frau hörte. Wenn der Nachtwächter an

hatte, waren die Jugendlichen. Vor Allem in der

die Türen klopfte, blieb ihm die Türe fortan ver-

Winterzeit, wo die Burschen an den Abenden genug

schlossen. Als Haushälterin sorgte sie nun im Pfarr-

Zeit gehabt hätten, die Mädchen in ihren Zimmern

haus für das leibliche Wohl.

zu besuchen. Spuren im Schnee verrieten schnell

*** Anmerkung des Nacherzählers: Diese Geschichte

einmal, von welchem Haus Schuhspuren weggingen und zu welchem Haus sie hingingen. Der

erzählte mir mein Grossonkel Nicolin aus St. Mo-

Nachtwächter kannte alle Personen, welche in ei-

ritz, als ich bei seiner Schwester in den Ferien war.

nem Haus wohnten. Schon wegen allfälligen Lawi-

Seltsames: In Pontresina trifft man auf einen Spa-

nenniedergängen musste man wissen, wer alles in

nierturm und auf eine Sarazenenbrücke. Es gibt

einem Gebäude wohnte. Bei vermutetem Besuch in

wohl kaum einen Ort in Graubünden, über dessen

den Zimmern der Mädchen klopfte der Ritter deren

Namen und Entstehung so sehr debattiert wurde.

Eltern aus dem Bett. Er verlangte Einlass, um die

Seltsam auch, dass im Tal Poschiavino beispiels-

Zimmer ihrer Töchter zu kontrollieren.

weise der Buchweizen «grano sarazeno» heisst und

*** Ertappte Mädchen mussten mit in den Römerturm

der Mais «grano turco».

BUCHTIPP: Sagenhaftes Grischun, Band 1 und 2, Islandbooks, je Fr. 38.–

zum Ritter. Der machte dort gleich selber mit den jungen Frauen einen Keuschheitstest. Das stand ihm auch zu als strenger Sittenwächter. Von den jungen Frauen, die ihre Keuschheit schon vor dieser Überprüfung verloren hatten, verlangte er die sofortige Heirat. Denn unsittliches Verhalten tolerierte er in seiner Gemeinde keineswegs. *** Junge Männer rächten sich an ihm, indem sie in einer Nacht zurück zu seinem Römerturm liefen. Die Spuren im Schnee sahen aus, als ob seine Frau in seiner Abwesenheit als Nachtwächter mehrere Männer bei sich als Besucher gehabt hätte. Er riss vor Zorn seine Frau aus dem Bett und jagte sie im

Sagen gesucht

Die beiden Bände «Sagenhaftes Grischun» gehen auf ein Projekt von Marc Philip Seidel zurück (www.vissivo.ch). Er reichert die Sagen, die teils aus dem Mittelalter stammen, mit aktuellen Wanderrouten an, samt Karten, Plänen und zahlreichen Illustrationen. Am Ende der Geschichten – auch der hier abgedruckten Nachtwächtergeschichte aus Pontresina – gibt es deshalb Hinweise auf Seltsames im jeweiligen Ort. Die Buchreihe hat mit dem Band «Sagenhaftes Chur» bereits eine Fortsetzung gefunden und die Initianten haben auch eine Hör-CD herausgegeben, auf der Gian Rupf zehn Mundarttexte aus ganz Graubünden liest. Marc Philip Seidel will mit «sagenhafteschweiz.ch» das Gemeinschaftsprojekt mit der Bevölkerung fortführen, um das Kulturerbe zu sichern und Menschen zusammenzubringen. Dazu sucht er weitere Sagen.

Nachtgewand in die kalte Nacht hinaus. Die ju-

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Die Rettung einer Schule Das Hochalpine Institut in Ftan ist die einzige rätoromanisch-deutsche Mittelschule der Schweiz. Vor zwei Jahren sollte sie wegen finanzieller Probleme geschlossen werden – bis eine Gruppe von Eltern einen Rettungsplan initiierte. Text: Nina Rudnicki, Foto: Mayk Wendt

Drei Mütter haben mit ihrer Initiative den Anstoss zur Rettung des Hochalpinen Instituts in Ftan gegeben: Aita Zanetti, Barbla Conrad und Seraina Felix (v.l.n.r.)

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N

iemand hätte einen Fünfer darauf gewettet,

1500 Unterschriften kamen an einem Tag zusam-

dass wir so erfolgreich sein werden», sagt

men. Über die Aktion wurde national in den Me-

Aita Zanetti. Dann erzählt sie von jenem

dien berichtet.

Mittwochabend im Juli 2015, als sich eine Gruppe

von Eltern traf. Einen Tag zuvor hatten sie per Brief

Anderen Mut gemacht

erfahren, dass das Hochalpine Institut Ftan (HIF)

Weder Aita Zanetti noch Barbla Conrad oder Se-

wegen finanzieller Probleme geschlossen werden

raina Felix hatten bis zu diesem Tag in der Öffent-

soll. Das HIF ist die einzige Mittelschule der Schweiz,

lichkeit gestanden, jetzt war auf einmal ein grosser

an der Schülerinnen und Schülern die Matura zwei-

Stein ins Rollen gekommen. Mehr und mehr Perso-

sprachig, in Deutsch und im Unterengadiner Ro-

nen solidarisierten und engagierten sich. Über die-

manisch-Idiom Vallader, machen können. Die

sen Moment sagt Aita Zanetti: «Die Türe ging mit

Schule ist wichtig für das Selbstverständnis, die

einem solchen Knall zu, dass anderswo ein Fenster

Kultur und die Identität einer ganzen Region. «Das

aufging.» Barbla Conrad ergänzt: «Nur wenn sich

Info -Schreiben traf uns Eltern völlig unerwartet

alle für dieselbe Sache einsetzen, kann man etwas

und unvorbereitet», erinnert sich die Mutter.

bewegen.» Und Seraina Felix bilanziert: «Es braucht

Auch Seraina Felix sah den Schliessungsentscheid

Mut, über seinen Schatten zu springen und auf die

nicht kommen. «Das war wie eine Ohrfeige. Wo

Strasse zu gehen. Weil wir gegen die sofortige

sollte meine Tochter jetzt zur Schule gehen?» Se-

Schliessung der Schule einstanden, fanden auch

raina Felix hatte früher selbst im HIF den Unter-

andere den Mut, ihren Namen unter die Initiative

richt besucht. Doch nun ging es um die Zukunft ih-

zu setzen.»

rer Tochter. Würde das HIF schliessen, müsste sie

Unterschriften kamen auch von Personen, die gar

weg von zu Hause. An einer Info-Veranstaltung

nicht in dem Tal leben, sich aber mit der Region

wurden die Eltern auch gleich aufgefordert, ihre

verbunden fühlten. Zum Beispiel die Aargauerin

Kinder an einer neuen Schule anzumelden. «Das Si-

Verena Nold. Sie schrieb Private und Stiftungen an.

gnal war eindeutig, dass das HIF geschlossen wird

Das Geld, das so zusammenkam, sicherte den

und sich daran nichts ändern lässt.»

Schulbetrieb vorübergehend. Weitere Personen gründeten zusammen mit den drei Müttern den

Mit Unterschriften gegen die Schliessung

Verein Pro HIF. Und dann kam eine weitere gute

Betroffen vom Entscheid waren nicht nur die Schü-

Nachricht: Im Oktober 2015 gewährte die Ge-

lerinnen und Schüler und deren Eltern, sondern

meinde Scuol der Schule nach Verhandlungen mit

auch die Lehrpersonen und Mitarbeitenden, zum

der neu zusammengestellten Strategiegruppe rund

Beispiel jene in der Küche oder im Internat, die ih-

um den heutigen HIF-Verwaltungsratspräsidenten

ren Job verlieren würden. Das wollte niemand ein-

Jon Peer ein zinsloses Darlehen von drei Millionen

fach so hinnehmen. Bereits am Samstag derselben

Franken, welches den Schulbetrieb vorerst sicherte.

Woche stand eine Initiative, mit der die Gruppe Un-

Es seien verschiedene Gründe gewesen, die ihn

terschriften gegen die Schliessung sammelte. «Als

dazu motiviert hätten, für das HIF zu kämpfen, sagt

ich die Unterschriftenbögen in der Hand hielt,

der Berner Unternehmer Peer. Sein Vater stammte

brauchte ich Mut und fragte mich, ob das klappen

aus der Region «und als Kind verbrachte ich die Fe-

wird», sagt Seraina Felix.

rien immer bei den Verwandten im Unterengadin».

«Ich wollte etwas dagegen unternehmen, nicht nur

Ausserdem sei bereits seine Berner Grossmutter

wütend sein», so Barbla Conrad, die ihren Sohn

mütterlicherseits im HIF zur Schule gegangen. «Ich

fortan nach Samedan oder Zuoz zur Schule hätte

fühlte mich also stark mit der Region verbunden,

schicken müssen. So wie ihr ging es allen Eltern. In

die ich selbst vorher nur aus den Ferien kannte.»

kürzester Zeit hatten sie sich organisiert: Einige be-

Und als Vater von zwei Söhnen wisse er ausserdem,

gannen zusammen mit Mitarbeitenden der Schule

wie wichtig gute Bildungsinstitutionen für eine Re-

Geld zu sammeln und Stiftungen anzuschreiben.

gion seien.

Andere organisierten die Unterschriftensammlung. «Damit wollten wir ein Zeichen setzen und der Po-

Die Rettung ist gelungen

litik zeigen, wie viele Personen hinter der Traditi-

Seit 2015 hat sich Weiteres getan: Die Schule hat

onsschule stehen», sagt sie. Der Plan ging auf. Auf

mit Elisabeth Steger eine neue Gesamtleitung. Seit

dem Stradun in Scuol standen die Menschen

eineinhalb Jahren leitet sie das HIF bereits. Davor

Schlange, um für das HIF zu unterschreiben. An die

war sie Professorin an der Pädagogischen Hoch-

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Mit Geld und Schülern aus Asien Das Hochalpine Institut Ftan (HIF) will sich im internationalen Markt vernetzen. Ein Jahr hatte der neue Verwaltungsrat, präsidiert von Jon Peer, Zeit, um neue Angebote und eine neue Führungsstruktur aufzubauen sowie die finanzielle Basis zu schaffen. Inzwischen ist dies gelungen: Investoren sind gefunden und machten eine erste Kapitalerhöhung von vier Millionen Franken möglich. Eine zweite Kapitalerhöhung mit einer Million erfolgte über die Investorengruppe SCC Education Group aus St. Moritz, die aus drei Schweizer Familien und 14 Chinesischen Investoren besteht. Sie will jedes Jahr 20 bis 25 internationale Schülerinnen und Schüler für das HIF akquirieren. Hin zu kommen 900’000 Franken, die Peer von privaten Investoren mittels eines Anlagezertifikats bündeln konnte.

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schule in St. Gallen und führte dort das Institut für

Schweizer Meisterschaften insgesamt 19 Medaillen

und sichere Stelle und war nicht aktiv auf Jobsu-

geholt. Eine Schülerin nahm sogar an der Welt-

che», sagt sie. Dann sah sie das Inserat des HIF. Die

meisterschaft teil.»

Schule und die Region kannte sie von den Ferien.

Wie es mit dem Label «Swiss Olympic Sport School»

Aus den Medien hatte sie ausserdem erfahren, wie

weitergeht, ist offen. Konkrete Pläne gibt es hinge-

sich eine ganze Region für die Schule eingesetzt

gen für den zweisprachigen Schulunterricht: Ab

hatte. «Ich war beeindruckt von der Dynamik. Es

kommendem Schuljahr wird am HIF die roma-

war klar: für das HIF gibt es nur einen Weg, und

nisch-deutsche Sekundarschule auch in Deutsch-

zwar nach vorne.» Daher habe sie sich für die Stelle

Englisch eingeführt, vorausgesetzt die Kantonsre-

beworben. Elisabeth Steger beschreibt sich selbst

gierung bewilligt dies. Ein Jahr später sollen das

als Gestalterin und als Person, die Herausforderun-

Gymnasium sowie internationale Abschlüsse wie

gen liebt und keiner Routinearbeit nachgehen

das «International Baccalaureate» und das «Cam-

möchte. Das HIF ist für sie ein ungeschliffener Di-

bridge IGCSE» folgen.

amant, ein Institut mit viel Potenzial. Sie könne hier alles einbringen und anwenden, was sie «im

Internationale Ausrichtung

Rucksack» habe. Dennoch zweifelte sie zuerst, sich

Dank des bilingualen Systems sollen die Schülerin-

auf dieses, aus damaliger Sicht, risikohafte Unter-

nen und Schüler dann auch mit einer internationa-

nehmen einzulassen. «Schliesslich war es ein

len Matura abschliessen können. Das ist wichtig,

Bauchentscheid, der mich Mut kostete.»

weil man Jugendliche aus der ganzen Welt gewinnen möchte. Aktuell ist die Schule dabei, ein inter-

Zur Selbstverantwortung anleiten

nationales Netzwerk aufzubauen. Ziel ist es, in den

Den Schritt hat sie bis heute nicht bereut. Im Ge-

kommenden Jahren die Zahl der Schülerinnen und

genteil: Wenn sie über die Zukunft und die Pläne

Schüler auf rund 180 gegenüber heute fast zu ver-

für das HIF spricht, spürt man ihr Feuer. Immer

doppeln. Davon sollen je ein Drittel Romanisch-

wieder betont sie, dass sich die Schule bereits enorm

sprechende, Deutschsprachige und junge Leute mit

entwickelt habe, und das nicht nur auf dem Gebiet

internationaler Herkuft sein.

der Bildung, sondern auch auf der sozialen und er-

Das Konzept und diese Drittel-Aufteilung über-

zieherischen Ebene. Das ist ihr wichtig. Die Jugend-

zeugt auch die Eltern und Mitglieder des Vereins

lichen sollen im Unterricht nicht nur konsumieren,

«Pro HIF». Alle betonen, dass von der Zukunft des

sondern individuell und selbstverantwortlich ler-

HIF auch die ganze Region abhängt. Ein Tal bleibe

nen. Von den Lehrpersonen werden sie auf diesem

nur lebendig, wenn es dort Familien, junge Men-

Weg intensiv gefördert.

schen und genügend Arbeitsplätze gibt. Würde das

Schülerinnen und Schüler, die die Sportklasse be-

HIF schliessen, würden mit einem Schlag fünfzig

suchen, haben zudem einen individuellen Stun-

Arbeitsplätze verloren gehen und einer der fünf

denplan. Die Sportförderung hat in der Schule eine

grössten regionalen Arbeitgeber verschwinden.

lange Tradition und unter den Absolventen finden

Die Zukunft des Instituts ist gesichert. Dennoch

sich bekannte Sportler. Der prominenteste ist

möchte der Verein «Pro HIF» weiterhin aktiv blei-

Olympiasieger Dario Cologna. Allerdings wurde

ben. Barbla Conrad begründet dies: «Der Verein

dem HIF 2015 wegen seiner geringen Schülerzahl

wurde seinerzeit aus der Verantwortung gegenüber

das Label «Swiss Olympic Sport School» aberkannt.

den Unterzeichnern der Initiative gegründet, nun

«Nach wie vor bringt die Schule aber starke Athle-

sieht er sich als Brückenbauer zwischen der Schule

tinnen und Athleten hervor» sagt die Schulleiterin.

und der Region.»

Sportklasse mit Sommer-Golftraining

Koordinations- und Krafttraining, abgestimmt auf

In Zusammenarbeit mit dem Golfclub Vulpera

den Stundenplan. Der Sportklasse steht die Infra-

Scuol lanciert das Hochalpine Institut Ftan eine

struktur der Schule mit Kraft- und Gymnastikraum

neue Golf-Sportklasse. Die Jugendlichen werden

zur Verfügung und die Schule bietet die nötige Un-

wöchentlich trainiert und können den Golfplatz

terstützung und Koordination angesichts der Dop-

uneingeschränkt

pelbelastung von Schule und Sport.

benutzen,

inklusive

Driving-

Range. Dazu kommt ein regelmässiges Konditions-,

48

«In diesem Jahr haben unsere Jugendlichen an den

Weiterbildung und Beratung. «Ich hatte eine gute

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Die Göttliche Kraft des Universums Es ist eine altbekannte Wahrheit: Wer Verantwortung für sein Leben übernimmt, hat bessere Chancen, glücklich zu sein. Eigenverantwortung erfordert jedoch Zuversicht sowie den Mut, den Möglichkeiten mehr Glauben zu schenken als dem Risiko des Scheiterns.

Text: Riet Grass Bearbeitung: Charlotte Walder Briner Foto: Mayk Wendt

E

inst hatten die Götter zu entscheiden, wo sie

einer Führungsposition tätig. Als Verwaltungsrat

die grösste Kraft des Universums verstecken

verschiedener Firmen kann er seine Stärken und In-

sollten. Sie brauchten ein gutes Versteck, da-

teressen in strategischer und konzeptioneller Hin-

mit der Mensch diese Kraft nicht finden konnte, be-

sicht einsetzen. Der frühere Stress ist weg, stattdes-

vor er reif für sie war. Einer schlug vor, sie auf der

sen ist er erfüllt von begeistertem Engagement für

Spitze des höchsten Berges zu verstecken. Doch sie

seine Aufgabe. Josef sagt heute, dass er durch die

hatten Bedenken, dass der Mensch diesen zu früh

eingehende Selbstreflexion seine Persönlichkeit

bezwingen könnte. Ein anderer regte an, sie auf

weiterentwickeln konnte. Er hatte den Mut, die ent-

dem Grund des Meeres zu versenken. Aber auch da-

scheidenden Fragen zu stellen und auch die Ant-

hin würde der Mensch wohl zu früh vorstossen.

worten zu akzeptieren: Wo stehe ich? Wer bin ich?

Schliesslich sagte der weiseste Gott: «Ich weiss, was

Was will ich?

zu tun ist.» Nun, das Ende der Geschichte sei hier

*** Unsere Flügel können uns viel weiter tragen, als wir

noch nicht verraten. Mutig wären wir alle gerne. Mut macht uns hand-

glauben. Aber wir müssen die Zuversicht und das

lungsfähig auch in gefährlichen Situationen. Er

Vertrauen aufbringen, sie zu entfalten. Diese Kraft

lässt unsere Kraft stärker sein als die Furcht vor der

ist vor allem in Krisensituationen schwierig zu fin-

Gefahr, die uns bei einer Aktivität herausfordern

den. Krisen werfen uns aus der Bahn. Was eben

oder uns bei der Verweigerung einer unzumutba-

noch in Ordnung war, ist plötzlich in Frage gestellt.

ren oder verwerflichen Tat drohen kann.

Angst macht sich breit. Es erfordert Mut, sich von

Neben dem physischen Mut, der auf Körperkraft

dieser nicht einschüchtern zu lassen, sondern die

und -schulung vertraut, etwa beim Bungeejumping

Chance zu packen und die Weichen neu zu stellen.

oder auf dem Bobrun, gibt es den «moralischen

Es bedeutet, die Frage nach dem persönlichen Le-

Mut». Dieser entspringt aus der klaren Einsicht in

bensauftrag zuzulassen.

das Notwendige, verbunden mit Willens- und Cha-

Es braucht Mut, seinem Herzen zu folgen. Es bedarf

rakterstärke. Das für wahr und gut Erkannte, wie

einer Anstrengung, «Müssen» in «Wollen» zu ver-

zum Beispiel ein persönlicher Neuanfang oder ein

wandeln und sich selbst zu motivieren. Dennoch

Berufswechsel, wird gegen jeden Widerstand und

sollte man sich nicht mit weniger zufrieden geben.

jede Einschüchterung hochgehalten und verteidigt.

50

Doch wie wächst dieser Mut?

Vision und Motivation

Reflexion

weil er nicht mehr zur Firmenkultur passt. Seine

Josef, Ingenieur mit MBA, 54-jährig, hat zeitlebens

Motivation hat schon länger gelitten, weil er in der

Friedrich, Bankdirektor, 51-jährig, wird entlassen,

im gleichen Konzern gearbeitet. Als ein neuer CEO

Finanzwelt keinen Sinn mehr fand. Friedrich hat

an die Spitze kommt, muss Josef gehen. Es folgt eine

vielseitige Fähigkeiten: neben Führungs- und Sozi-

schwere depressive Krise. Während dieser gelingt es

alkompetenz auch ein besonderes Flair im Umgang

Josef aber langsam, die Situation zu analysieren

mit Kunden. Er fängt an, nach seiner persönlichen

und zu erkennen, wer er ist und was er kann, aber

Vision zu suchen. Dabei wächst in ihm, der über

vor allem was er will. Heute ist Josef nicht mehr in

viele Jahre seine dementen Eltern im Heim besucht

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


hat, der Traum, selbst ein Alters- und Pflegeheim zu

men, stellt sich der Vergangenheit und findet wie-

führen. Ein hartes Stück Arbeit kommt auf ihn zu.

der zu ihrer ursprünglichen Lebensfreude zurück.

Aber sein inneres Feuer, seine Leidenschaft für

Heute vermittelt sie Immobilien in einem exklusi-

diese neue, sinnvolle Aufgabe und sein Mut bewir-

ven Segment und arbeitet zwar Vollzeit, aber nicht

ken, dass er seinen Traum verwirklichen kann.

darüber hinaus. Sie hat wieder Zeit für sich und

Während sieben Jahren führt er seine Institution

ihre Hobbys. Mittlerweile ist Rita für die harte, aber

mit grossem Erfolg und noch grösserer persönlicher

lehrreiche Erfahrung dankbar und hat sich mit der

Erfüllung. Heute sagt er: «Als Altersheimleiter habe

Vergangenheit versöhnt. Sie lebt glücklich in einer

ich zwar viel weniger verdient, aber ich war viel

neuen Partnerschaft.

glücklicher!»

*** Es braucht Mut, zu prüfen, ob die eigenen Werte

*** Friedrich hatte eine Vision und den Mut, sich nicht

(noch) mit jenen des Unternehmens zusammen-

auf die Suche nach Hindernissen zu konzentrieren,

passen, für das man arbeitet. Altes hinter sich zu

sondern auf Chancen. So kann ein «Scheitern», wie

lassen, erfordert von Betroffenen häufig auch, Ver-

zum Beispiel eine Entlassung, sich zu einem unge-

gangenes zu verzeihen.

ahnten Glück wenden, wenn es dem oder der Be-

Die Beispiele zeigen, dass man mit Mut über sich hi-

troffenen gelingt, Macht über sich selbst zurückzu-

nauswachsen kann. Indem man Krisen annimmt

gewinnen. In der Krise liegt die Chance versteckt,

und die sich ergebenden Veränderungen managt,

zu sich selbst zu finden und sich neu kennenzuler-

eröffnen sich neue Möglichkeiten. Betroffene

nen, wenn man Unerprobtes zum ersten Mal tut.

schaffen es dank mehr Selbstvertrauen, ihre Kom-

Konklusion

weiterzuentwickeln: «Es gibt auf der Welt einen

Rita erfüllt ihre Aufgabe als Hoteldirektorin in der

Weg, den niemand gehen kann, ausser du – denn es

Luxusklasse gemeinsam mit ihrem Ehemann jahre-

ist dein Weg. Gehe ihn mit Zuversicht.»

lang mit grossem Einsatz, bis sie ausgerechnet vor

fortzone zu verlassen, Altes loszulassen und sich

Weihnachten einen doppelten Tiefschlag einste-

Die grösste Kraft im Universum

cken muss: Ihr Ehemann hat sich in eine Kollegin

Und wie geht es nun aus, das Märchen von der

im Hause verliebt und übergibt Rita mit seinem Ge-

grössten Kraft des Universums? Schliesslich sagte

ständnis gleich auch die Kündigung. Ihre Welt

der weiseste aller Götter: «Ich weiss, was zu tun ist.

bricht zusammen. Nach durchgestandener Krise

Lasst uns die grösste Kraft des Universums im Men-

entdeckt Rita, dass sie sich so sehr in die Arbeit ge-

schen selbst verstecken. Er wird niemals dort da-

stürzt hatte, um Unverarbeitetes aus ihrer Kindheit

nach suchen, bevor er reif genug ist, den Weg nach

und verdeckte Probleme in ihrer Ehe nicht angehen

innen zu gehen.» Und so versteckten die Götter die

zu müssen. Sie nimmt ihren ganzen Mut zusam-

grösste Kraft des Universums im Menschen selbst.

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Buchtipp: Die Zitate stammen aus dem Buch von Riet Grass: Das Glück des Scheiterns, mit einem Vorwort von Gian Gilli, 168 S., NZZ Verlag, Fr. 49.–

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Gästefahrt im Bob: Kopf runter und los Es ist eine kleine Mutprobe: Eine Fahrt als Passagier durch den Olympia Bob Run von St. Moritz. Erst einmal gestartet, ist man mit einem Tempo von bis zu 135 Stundenkilometern unterwegs und es gibt bis in den Zielauslauf hinein kein Zurück.

Text: Michael Lütscher Fotos: z.V.g

D

ie Fahrt beginnt recht gemütlich. Beim Start

Als Passagier kann man den Lauf der Dinge nicht

sitzt man bereits, ein Helfer schiebt den

beeinflussen. Es ist wie auf einer Achterbahn auf

Schlitten an. Auf der langen Startgeraden

der Chilbi. Man kann nichts tun, schon gar nicht

hat man die Musse, um dem entgegenzusehen, was

zurück. Allerdings verläuft die Fahrt in der Bob-

einen erwartet – die erste Kurve. Dann geht es rasch

bahn nur in eine Richtung: hinunter, ununterbro-

schneller, im «Sunny Corner», der ersten 180-Grad-

chen beschleunigend. Und so erinnere ich mich,

Kehre, staucht es einen ordentlich zusammen, die

wie ich nach dem erleichterten Aussteigen noch

zweite Haarnadel, die Steilwandkurve «Horse Shoe»,

einmal hinunter wollte, um die rasante Fahrt be-

sieht man noch auf sich zustürmen. Dann wird

wusster zu erleben.

man zusammengepresst, als wäre man ein Mostapfel. Der Rest ist Rütteln, Schütteln und vorbeira-

52

Braucht eine Gästefahrt Mut?

sende Baumstämme. «Den Kopf nach unten hal-

Schaut man im Wissen, selbst bald in einem Bob zu

ten», hatte der Pilot vor dem Start gesagt. Selbst

sitzen, anderen Bobs zu, wie sie durch Kurven don-

wenn man möchte, brächte man ihn angesichts des

nern, wird einem schon mulmig. Dem Piloten

Luftwiderstands bei einer Höchstgeschwindigkeit

könnte ja das Steuerseil entgleiten. Oder eine Kufe

von 135 km / h nicht mehr hoch. Das Adrenalin

könnte brechen, der Schlitten kippen. Doch auf die

wirkt, man kommt kaum zum Atmen und schnauft

Fahrkunst der Piloten kann man vertrauen. «Alles

heftig, wenn der Schlitten wieder stillsteht.

erfahrene Leute, ehemalige Wettkampfsportler»,

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


sagt Alexandra Kolb, die für die Gästefahrten zu-

Frau mit dabei sein musste. Die Damen taten dies

ständig ist. Mit etwas Glück wird man sogar von ei-

so, wie es die Sitten verlangten: mit Hut und in lan-

nem ehemaligen Champion pilotiert. Die Ex-Welt-

gem Rock, wie Fotos von damals zeigen. 1908 fuhr

meister Reto Götschi und Beat Hefti, aber auch

der deutsche Kronprinz Wilhelm auf einem Bob

Olympia-Silbermedaillengewinner Marcel Rohner

mit – auf einem Foto sieht man ihn auf den Start

gehören zu jenen Piloten, die die Passagiere über

warten, wie heutige Gäste.

den Olympia Bob Run chauffieren.

Aber es ist nicht so, dass alle Reichen und Promi-

Rund 3000 Gäste fahren pro Saison den Run hin-

nenten, die sich Winterferien in St. Moritz leisteten,

unter, jeweils zwei pro Schlitten, zwischen Pilot

sich auch auf den Bob Run wagten. Charlie Chaplin,

und Bremser. Letzterer wird seinem Namen aller-

der im Winter 1931/32 mehrere Monate in St. Mo-

dings erst nach der Zieldurchfahrt gerecht. Er zieht

ritz weilte, lernte zwar Skifahren. Aber beim Bob

die Bremsen im bergauf führenden Auslauf, der vor

schaute er nur zu. Eine Gästefahrt ist also etwas, das

ein paar Jahren verlängert wurde, weil die Schlitten

nicht mal der abenteuerlustige Tramp wagte.

immer schneller werden. Ja, man sitzt in ziemlich neuen Wettkampfschlitten. Es sei denn, man wünsche in einem alten Bob der legendären Marke Fei-

Fahrten und Kursangebote

erabend aus Engelberg runterzubrettern. Davon hat

Eine Gästefahrt im Bob kostet 250 Franken. Anmel-

der Bob Club St. Moritz bis zu fast achtzig Jahre alte,

dung unter www.olympia-bobrun.ch/adrenalin

restaurierte Exemplare im Fuhrpark.

Wer nicht nur mitfahren, sondern am Steuer sitzen

Auch Prominente wagten das Abenteuer

erbobkurs. Auch für Skeleton gibt es eine Grund-

Gästefahrten haben in St. Moritz eine lange Ge-

ausbildung. Diese Kurse finden allerdings nur je

will, besucht einen mehrtägigen Mono- oder Zwei-

schichte. Offiziell eingeführt wurden sie schon, als

einmal pro Winter statt und sind sehr gut gebucht.

die starren Feierabend-Schlitten die schnellsten

www.olympia-bobrun.ch/schools

Bobs der Welt waren. Damals, in den 1930er Jahren,

Einfacher ist der Einstieg auf dem benachbarten

als sich das Bobfahren zum Wettkampfsport wan-

Cresta Run. Dort finden mehrmals wöchentlich

delte, wurden die Taxifahrten eingeführt. Eigent-

Anfängerkurse für das traditionelle Skeletonfahren

lich besteht die Tradition aber schon länger. In sei-

statt. Als Erstes wird man dabei auf die Risiken des

ner Gründerzeit, in der Belle Epoque vor dem

Bäuchlingsschlittelns aufmerksam gemacht: «Death

Ersten Weltkrieg, war Bobfahren ein Gesell-

Talk» heisst das traditionelle Eingangsreferat des

schaftsereignis gewesen. Ausdruck davon war, dass

Klubsekretärs für die Novizen.

auf jeder Fahrt reglementsgemäss mindestens eine

Alles Weitere auf www.cresta-run.com

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Fotos: St. Moritz Tourismus, Filip Zuan (linke Seite) und Göran Strand (rechte Seite)

53


BUCHER Novas istorgias dal cumissari

Alpendohlen – zweisprachig

Arte Albigna

Ils misteris dal banal

Attilio Bivetti: «L'aungel da Nuot Nes», Chasa Editura Rumantscha, Fr. 30.–

Angelika Overath: «Corniglias – Alpendohlen», SJW, Fr. 6.–

Werner Bätzing, Tim Krohn: «Arte Albigna», Edition Badile, Fr. 28.–, bestellen via www.sac-cas.ch/shop

Dumenic Andry: «sablun», poesias, vallader, Chasa Editura Rumantscha, 2017, Fr. 30.–

Ils cas criminals cunti­

Angelika Overath

Die sorgfältig

En questas 78 poesias

nueschan en la regiun

kam vor über zehn

gestaltete Publi­

pren l’autur engiadi­

da l’Engiadina Ota:

Jahren aus Deutsch­

kation zur ver­

nais cun egliada fina

Il scrivent e veterinari

land ins Unteren­

gangenen Som­

per muments delicats

pensiunà Attilio Bi­

gadin und setzt sich

mer­Kunstausstel­

il lectur sin in viadi

vetti preschenta en ses

seither intensiv mit

lung im Bergell –

naven dal microcos­

segund tom novas istorgias dal cu­

dem rätoromanische Idiom Valla­

diesmal hoch oben am Albigna­

mos enfin en il vast universi da

missari Nuot Nes es ses assistent

der auseinander. Im SJW­Heft

Stausee, ist mit Abbildungen,

siemis. Andry ha rut giu a moda

Marco Mangiù. Ed era ils novs cass

«Corniglias – Alpendohlen» prä­

Werkbeschreibungen und einem

senza remischun ils texts enfin lur

enturn il cumissari e ses assistent

sentiert sie 14 ihrer Gedichte

Foto­Insert versehen. Der Band

coc essenzial, e commoventa e

reveleschan situaziuns dramaticas

zweisprachig. Es sind Beobach­

ist mehr als ein Ausstellungskata­

tucca uschia, cun temas e descrip­

amez las «prüvedas» vischnancas

tungen aus dem Alltag und

log. Abgedruckt ist darin das

ziuns per mintgin. «Die Skepsis

da l’Engiadina Ota. Attilio Bivetti,

sprachliche Einladungen, sich

Eröffnungsreferat des Alpenfor­

gegenüber dem Klimbim ver­

oriund da Segl, è stà durant plirs

mit Lauten und Silben ausei­

schers Werner Bätzing, der sich

schmilzt mit dem Vertrauen der

decennis veterinari per l’Engiadi­

nanderzusetzen – ein neuer Zu­

mit der Entwicklungsperspektive

möglichen Entdeckung von berra­

na Ota e la Bregaglia. Dapi la

gang zur Poesie. Die Illustra­

der Bergregionen befasst. Dazu

schungen und Geheimnissen, die

pensiun viva el tranter Sils, Fex e

tionen von Madlaina Janett in

ein Beitrag von Tim Krohn. Er ver­

sich verstecken und sich im an­

Castasegna. Bivetti ha in egl ed

ihren frischen Blau­, Gelb­ und

knüpft in seiner Geschichte

scheinend Banalen zeigen, in

ina lingua originala per descriver

Grüntönen regen ebenfalls die

«Michael Panda am Lägh da

dem, was wir vor den Augen und

la dinamica sociala ed economica

Fantasie an. Ein SJW­Heft auch

l’Albigna» das Ausstellungspro­

unter den Füssen haben; wie der

da sias vals alpinas.

für Erwachsene.

jekt mit eigenen Erfahrungen.

Sand.» Clà Riatsch, im Begleitwort

Das private Universum

Herzkater

Es war ein Sensationsfund

Lesen und essen

Stephan Kunz, Lynn Kost (Hrsg.): «Not Vital – univers privat», Verlag Scheideg­ ger & Spiess, Fr. 51.90

Chatrina Josty: «Barbacor Herzkater», Rumantsch Grischun/Deutsch, Verlag Desertina, Fr.18.–

Diverse Autoren: «St. Moritz, Mauritiusquelle – Die bronzezeitliche Quellfassung», Somedia Buchverlag, Fr. 48.–

Maximilian Grüninger / Michael Lütscher: «Essen gehn! Engadin», Fr. 70.– bestellen: www.essengehn.ch

Das Kunstmuseum

Die Texte erzählen von

Vor über 100 Jah­

Essen gehen emp­

Chur widmete im

der jungen Generation,

ren wurde einer

fiehlt 18 ausge­

Herbst 2017 dem

die in einer globalisier­

der bedeutendsten

zeichnete und

Engadiner Künstler

ten Welt lebt, simultan,

prähistorischen

sympathische Res­

Not Vital eine um­

ephemer und entwur­

Funde im Alpen­

taurants im Ober­

fassende Retrospek­

zelt. Wir sehen einen

raum gemacht: die

und im Unteren­

tive. Ihr Titel: «univers privat».

Spiegel eines Individuums, das Teil

über 3400 Jahre alte, bronzezeit­

gadin – zwei mehr als die

Not Vital zählt zu den internatio­

einer Gesellschaft ist, die alles ha­

liche Quellfassung von St. Moritz

letztjährige Ausgabe. Der Band ist

nal am stärksten beachteten

ben kann.Als Leserin fühlt man

im Oberengadin. Dabei handelt

zugleich ein Gutscheinbuch

Schweizer Künstlern. Der Ausstel­

sich ertappt. Zu jedem Buchstaben

es sich um ein mächtiges Holzge­

und offeriert einen Hauptgang in

lungskatalog zeigt seine Be­

des Alphabets gibt es einen Text

viert aus Blockhölzern, Bohlen

jedem der darin vorgestellten

schäftigung mit verschiedenen

mit Illustrationen von Donat Ca­

und ausgehöhlten Baumstämmen,

Lokale. In Leinen gebunden und

Kulturen. Oft arbeitet er mit

duff. Ses texts raquintan dad ina

in dem wertvolle Opfergaben

mit Fotos illustriert, steht das

lokalen Handwerkern zusammen,

generaziun che viva en in mund

niedergelegt wurden. Alle 95 Höl­

Buch bildhaft für Qualität und

verwendet vor Ort gefundenes

global, simultan, efemer e sra­

zer der Holzkonstruktion, die

Originalität der Restaurants.

Material, sucht surreal anmutende

gischà. L’autura articulescha en

uns dank ihrer ausgezeichneten

Darunter finden sich gemütliche

Verbindungen verschiedener

moda sensibla e subtila sias du­

Erhaltung noch heute im «Forum

Ausflugsbeizen wie der nun

Kulturfragmente. Er lokalisiert

mondas ed emoziuns. Ils texts èn

Paracelsus» in St. Moritz die hohe

auch im Winter geöffnete Alpen­

seine Projekte bewusst in ver­

curts, averts, directs – nus lecturs

Qualität bronzezeitlicher Zim­

gasthof Crusch Alba in S­charl.

schiedenen Weltgegenden. Er ar­

vegnin ad ans sentir traplads! Il

mermannskunst vor Augen führt,

Aber auch vornehme Lokale wie

beitet vorwiegend als Bildhauer.

concept per questa publicaziun ha

wurden in den letzten Jahren

das Grand Restaurant des Hotels

Das Buch dokumentiert aber auch

ordinà ils divers texts tar diffe­

erstmals systematisch und umfas­

Walther in Pontresina. Entschei­

Gemälde, Druckgrafiken, Per­

rents temas alfabeticamain. Cun

send untersucht. Sie geben Auf­

dend bei der Auswahl war der

formances und Architektur.

ilustraziuns da Donat Caduff.

schluss über das Leben damals.

Geschmack der Herausgeber.

54

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


SILVIO GIACOMET TI 1955-2008

GALERIE CURTINS S T. MORIT Z VIA S TREDAS 5 079 431 86 63

GALERIE- CURTINS.CH

GALERIE PALÜ Via Maistra 226 CH-7504 Pontresina T +41 (0)81 842 76 35 info@galeriepalue.com www.galeriepalue.com

Jacques Guidon und Bruno Ritter in der Galerie La Suosta Madulain, Via Principela 80

Jacques Guidon Jacques Guidon Jacques Guidon

Jacques Guidon, mutiger Kämpfer für die Romanische Kultur und Meister der Farbe sowie, als Gast, Bruno Ritter in der Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper - zeigen ihr aktuelles Werk. Weitere Veranstaltungen und Lesungen auf www.lasuosta.ch. Dienstag – Freitag 15:00 – 17:00 Uhr, Samstag 10:00 – 12:00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung (+41 (0) 79 639 62 03)

sils museum andrea robbi stiftung

Winterausstellung Die Oberengadiner Landschaft in Malerei, Zeichnung und Fotografie — einst und heute Sils Museum – Andrea Robbi Stiftung | Chesa Fonio, neben der offenen Kirche, Sils Maria Dienstag – Sonntag 16 – 18 Uhr | www.andrearobbimuseum.ch Bild: Max Ernst, L’Engadine, 1935, oil on canvas, 24 × 19 cm, Privatbesitz

Bruno RitterRitter Bruno


PIZZERIA Nossaistorgia.ch Das rätoromanische Radio und Fernsehen (RTR) und die Stiftung Fonsart haben die rätoromanische Internetplattform nossaistorgia.ch online geschaltet. RTR dokumentiert hier teils jahr-

Historisches Hotel 2018 «Historisches Hotel des Jahres 2018» ist das Hotel Piz Linard in Lavin. Vergeben wird die Auszeichnung von Icomos Suisse, der Landesgruppe des Internationalen Rats für Denkmalpflege, zusammen mit GastroSuisse, hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus. Der Betrieb – so die Jury – habe eine lange

zehntealte Beiträge. Da stösst

und bewegte Geschichte, «die auf Schritt und Tritt

man zum Beispiel unter

spürbar ist und bewusst inszeniert wird.» Das Hotel

dem Stichwort «Tarasp» auf

entstand 1870/71 aus der Asche des Dorfrandes von

Riesige Mengen Geröll und Schlamm baggerten

Filmaufnahmen aus dem

Lavin (1869). Die zehn Jahre, die Hans Schmid –

die grössten Maschinen des Landes nach den Berg-

Ein Tal verändert sein Gesicht

abgebrannten «Waldhaus»

heute zusammen mit seinem Geschäftspartner

stürzen im August und September am Piz Cengalo

oder von den ersten Ski-

Julian Karrer – das Haus führt und ihm wieder eine

aus dem Auffangbecken bei Bondo. Dieses Material

marathons. Auch Private und

Seele eingehaucht hat, werden nun mit dem Titel

wird etwas weiter talabwärts deponiert – eine De-

«Historisches Hotel des Jahres» gekrönt. Das Haus

ponie, die die Landschaft markant verändern wird.

Institutionen können hier Fotos, Videos und Dossiers hochladen.

sei «ein Paradebeispiel

Der Murgang hat viele Touristinnen und Touristen

für

zeitgemässen

davon abgehalten das Bergell zu besuchen – die

den

Umgang mit Historisch-

ausbleibenden Gäste aber machen die Situation im

Altem und Künstlerisch-

Tal nicht einfacher. Die Aktion «Forza Bregaglia»

Neuem,

will – auch über Facebook – die Menschen dazu

die

gekonnt

verschmelzen» und dem

bewegen, weiterhin das Tal zu besuchen, denn dort

Haus einen individuel-

Ferien machen, essen gehen oder einkaufen, nützt

len Charakter verleihen.

den Talbewohnern am meisten.

Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Winterprogramm 2017/2018 Details und Ergänzungen: www.waldhaus-sils.ch

21.12. Peter Gysling liest aus «Andere Welten» – Begegnung mit Ländern in Osteuropa.

19.2. Martin Walker liest aus «Grand Prix». 26.2. Rudolph Jula im Gespräch mit dem Schriftsteller Martin Mosebach.

27.12. «Verba Alpina – Sprachen im Alpenraum», 5.1.

Vortrag von Thomas Krefeld.

1.3.

Freestyle-Lesung mit Arno Camenisch.

Klavierrezital mit Severin von Eckardstein.

2.3.

Zai-Skitag mit Benedikt Germanier und Arno Camenisch.

6.–12.1. «Body & Soul», Feldenkrais-Seminar. 7.1.

Fotografien von Camillo Paravicini Plattner & Plattner Art

Christoph Denoth. 12.1. Flurin Caviezel, «Kurzschluss».

der Künstler in der Sommerausstellung Linolschnitte, fotorealistische Ölbilder und farbintensive Hinterglasmalereien präsentiert hat, steht jetzt die Fotografie im Fokus.

Mahlknecht. 19.3. Lesung «Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der grösste Bestseller

Ashoff präsentiert ihre Dokumentarfilme.

aller Zeiten, Martin Luther». 23.3. Jazz mit Irène Schweizer (Piano) und Pierre Favre (Drums).

mit Ursina Badilatti. 29.1. Charles Lewinsky liest aus «Der Wille des

26.3. Musikalische Lesung mit Hans Martin Ulbrich und dem Trio Poetico.

Volkes». 2.2.

Chasper Pult spricht über Arthur Neustadt

28.3. «Kasper und der Osterhase», Freiburger Puppenbühne.

und dessen Roman «Surlej».

28.12.2017–31.3.2018,

Jazz mit dem Dani Felber Quartett.

12.3. Chasper Pult im Gespräch mit Selma

19.1. Oliver Diggelmann liest aus «Maiwald». 28.1.–4.2. Langlauf – Yoga – Meditation

Kubus im Waldhaus: Mirella Carbone stellt «Das Oberengadin in der Malerei» vor.

9.3.

www.nossaistorgia.ch 15./16.1. «Omaggio a Claudio Abbado» Birgitta

dreissigjährigen Künstlers Camillo Paravicini. Nachdem

3.3.

Lesung mit Thomas Bockelmann und

Gallery in Pontresina präsentiert die Folgeschau des erst

«Shakespeare & Dowland», musikalische

Mo–Fr 9–12.30 u. 13.30– 18 h

4.2.

Jazz mit «Echoes of Swing».

5.4.

Kabarettabend mit Josef Brustmann.

Vernissage: 28.12.2017, 17 h

9.2.

«Der Kontrabass» mit dem Schauspieler und

9.4.

Chasper Pult im Gespräch mit Dana

www.plattnerundplattner.ch/ art-gallery/

56

Musiker Giuseppe Spina. 15.–23.2. Shiatsu- und Qi-Gong-Woche. piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

Grigorcea. 14.4. Saisonabschluss mit «La Cumbricula».


PIZZERIA Hotels Laudinella & Reine Victoria, St. Moritz-Bad, Winterprogramm 2017/2018 Details und Ergänzungen: www.laudinella.ch sowie www.reine-victoria.ch

Jacques Guidon und Bruno Ritter Die international bekannten

26.2. «Modern Times» von Charlie Chaplin, live

20.–27.12. Jazz@Reine Victoria mit dem Anna Hirsch Quartett. 26.12. Weihnachtskonzert.

Künstler – Jacques Guidon

begleitet von der Kammerphilharmonie

als kritischer Geist und Meis-

Graubünden.

ter der Farben sowie Bruno

29.12. Kasperlitheater: Rotkäppchen, 17 h.

1.3.

Bibi Vaplan & Band.

Ritter in der Auseinanderset-

5.1.

Konstantin Scherbakov, Klavierrezital.

3.3.

Jahreskonzert der Musikgesellschaft

zung mit dem menschlichen

9.1.

Szenische Lesung mit den Schauspielern

St. Moritz, 20 h.

Körper – zeigen ihr aktuelles

4.3.

Nikolaus Schmid und Kurt Grünenfelder.

mit ehemaligem Militärküchenchef Felix

13./14.1. La Compagnia Rossini präsentiert «Il

Schlatter und Christoph Schlatter sowie dem

Campanello» von G. Donizetti (14.1.: 17 h).

Fotografen Christian Schwager, 18.30 h.

17.1. Apéro-Konzert von Andri Steiner, Lavin. 9.3.

22.1. Das Engadin leben – eine persönliche

in Madulain. Di–Fr 15:–17 h, Sa 10–12 h oder nach Vereinbarung (+41 79 639 62 03). www.lasuosta.ch

(14.3.: 17 h).

25.1./26.1. Jazz mit dem Andrea Nydegger Quartett.

17.3. Poetry Slam mit Fatima Moumouni, Gabriel

31.1. Flurin Jecker liest aus seinem Roman «Lanz».

Vetter und Nils Straatmann.

Litteratura rumantscha: Dumenic Andry, Rut Plouda, Göri Klainguti und Gianni

21.3. Das Engadin leben, Menschen erzählen.

Olinda Cadonau lesen aus ihren Texten,

29.3. Tango-Apéro-Konzert mit Cuarteto Nocturno, 17 h.

Romanisch und Deutsch, 17 h. 6.2.

Theater Impro-Match.

Werk in der Galerie La Suosta

14./15.3. Apéro-Jazz mit Neele & Sound Voyage

Geschichte.

4.2.

Table d’hôte: Cordula Seger im Gespräch

30.3. Tango-Workshop mit Rafael Herbas und

Duo Chugai mit Klavier und Violine.

Milonga ab 13 h.

7./8.2. Jazz mit Niko Seibold & Band (7.2.: 17 h). 12.2. Annette Postel «sing oper stirb».

31.3. Abrazo: Tango-Musiktheater

15.2. Die Pürin, szenische Lesung mit Noémi Fiala.

31.3. Recherche zum möglichen Schicksal der Melenta De Oro, einer Frau aus den Alpen,

17./18.2. Christoph Walter Orchestra: 8 Musiker

die in Buenos Aires der 1930-Jahre zum

mit über 20 Instrumenten (18.2.: 17 h).

Tango-Star aufsteigt.

22.2. Neues Zürcher Orchester spielt Kompositionen von Joseph Martin Kraus.

Veranstaltungsbeginn, wo nicht anders vermerkt, jeweils 20.30 h

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Zentrum für Gegenwartskunst NAIRS, Winterprogramm 2017/2018 Details und Ergänzungen: www.nairs.ch/programm

2018 feiert die Fundaziun NAIRS das 30-jährige Bestehen der Künstlerresidenz im ehemaligen

Gepflegte

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piguetweb.ch

Webpublishing aus dem Engadin Jon A. Piguet, Via Sura, CH 7554 Sent Telefon +41 81 860 31 81

Kurmittelhaus in Nairs. Mit einer AlumniAusstellung wird das Jubiläum eingeläutet: Zum

Jahreswechsel

zeigt

die

Ausstellung

Kunst-Salons rund hundert Arbeiten von ehe-

Oberengadiner Kulturpreise

maligen StipendiatInnen. Das Badehaus wird

Drei Frauen aus dem Ober-

für einmal nicht seine Kühle gegenüber seinem

engadin erhielten Anfang

SPOT ON NAIRS in der Art und Dichte eines

Publikum wahren, sondern die warme Atmosphäre eines lebendigen Marktes verströmen. Sämtliche ausgestellten Werke können zu bewusst erschwinglich gehaltenen Preisen erworben werden. Ausstellung SPOT ON NAIRS – 30 Jahre

Dezember Preise von der Kulturförderungskommission des Kreisrates Oberengadin: Cordula Seger, St.Moritz, wird für ihre Arbeiten als Kulturwissenschafterin ausgezeichnet. Sara Hermann,

Künstlerhaus: 30.12.17–1.4.18.

Samedan, für ihr künstleri-

Vernissage und Jahresausklang: 30.12.2017,

sches Schaffen und Pia Valär,

15–19 Uhr. Finissage: 1.4.2018.

Zuoz, für ihre Illustrationen.

piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018

57


VORSCHAU / PREVISTA

IMPRESSUM

Bewegung | Movimaint

Herausgeberin | editura

Im nächsten Sommer widmet sich piz dem Stichwort Bewegung | Mo-

FAMOS, Verlag & Kommunikation, piz Magazin, Gseckstrasse 20, 8707 Uetikon am See

vimaint. Der Begriff umfasst sowohl unser eigenes Aktiv-sein als

Tel. +41 (0)79 610 48 04, famos@famosbuero.ch, www.pizmagazin.ch

auch den passiven Aspekt, etwa eine Reise von Ort zu Ort, per Auto

Redaktion | redacziun Urezza Famos, René Hornung (rhg), redaktion@pizmagazin.ch

oder Bahn. Bewegung bedeutet immer auch Veränderung: bewegte Menschen streben anderes oder Neues an. Der Begriff ist aber nicht nur auf das Individuum zugeschnitten. Auch die gesamtgesellschaftlichen und die politischen Prozesse bringen ständige Veränderungen mit sich – Veränderungen, die die einen hinnehmen, die anderen verfluchen und die Dritten aktiv mitsteuern. Und so wird piz in der kommenden Ausgabe Entwicklungen nachspüren sowie Institutionen und Menschen vorstellen, die selber bewegen oder © shutterstock / Fedorov Oleksiy

die bewegt wurden – solche die sich auf veränderte Zustände ein-

Anzeigenverkauf | inserats E. Deck Marketing Solutions, Edmund Deck, Strada Principale 27b, 7516 Maloja, Tel. +41 (0)81 832 12 93, e.deck@bluewin.ch Produktion | producziun René Hornung, Eva Lobenwein Artdirektion, Grafik | grafica Eva Lobenwein, Innsbruck, www.dieeva.com Bildredaktion | redacziun da las illustraziuns Urezza Famos Bildbearbeitung | elavuraziun grafica TIP – Tipografia Isepponi, Poschiavo

stellen mussten und solche, die

Korrektorat | correctorat tudais-ch Helen Gysin, Uster

versuchen, «an den Hebeln der

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Macht» das Schiff in eine andere Richtung zu lenken. Die nächste Ausgabe, piz 55, wird

FAMOS, Verlag & Kommunikation

Druck | stampa AVD, Goldach (SG)

im Juni 2018 erscheinen. Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias

Magazin für das Engadin und die Bündner Südtäler Magazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd

www.pizmagazin.ch Nr. 54, Winter | Inviern 2017 / 2018.

Sina Bühler, *1976, freie Journalistin im Pressebüro St. Gallen, buehler@pressebuero-sg.ch Herbert Cerutti, *1943, Publizist und Autor der NZZ-Tierkolumnen, Wolfhausen, herbert@cerutti.info Birgit Eisenhut, *1961, Autorin, Lektorin und Korrektorin, Susch, birgiteisenhut@aol.com

Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 20 000 Ex.

Myrta Fasser, *1976, Verlagsleiterin «Engadiner Post / Posta Ladina», verlag@gammeterdruck.ch

Distribution:

Marina U. Fuchs, *1953, Kulturjournalistin und Publizistin, Zuoz, info@marinafuchs.ch

piz liegt in der Region Südbünden in Hotels und Ferienwohnungen, in Restaurants, Tourismusbüros, Banken, Bahnhöfen, Arztpraxen, vielen Geschäften und weiteren öffentlich zugänglichen

Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner, Bern, www.malepiwo.ch

Orten auf. Bei Bedarf können jederzeit Hefte nachbestellt werden.

Muriel Gnehm, *1982, Freie Journalistin in Zürich, murielgnehm@bluemail.ch

Abonnemente:

Riet Grass, *1950, Mentaltrainer und Coach, Zug, www.grassholding.ch

Magazin piz, c/o AVD Goldach AG, Sulzstrasse 10–12, CH-9403 Goldach, piz@avd.ch Zweijahresabonnement: Fr. 55.– (exkl. Versandkosten und Mehrwertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert

Daniel Lüthi, *1958, Journalist, Buchautor und Kommunikationsspezialist, Bern, www.dlkommunikation.ch Michael Lütscher, *1962, Buchautor und Journalist, Zürich, kontakt@michaelluetscher.ch

es sich automatisch um zwei Jahre. info@editionpiz.ch

Clà Riatsch, *1956, professur per litteratura rumantscha, Università Turich, riatsch@gmx.ch

Nächste Ausgabe: Juni 2018

Nina Rudnicki, *1985, freie Journalistin im Pressebüro St. Gallen, rudnicki@pressebuero-sg.ch

Für unverlangt eingesandtes Text-, Bild- und Tonmaterial übernimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.

Reto Stifel, *1966, Chefredaktor «Engadiner Post / Posta Ladina», Celerina, reto.stifel@engadinerpost.ch Mayk Wendt, *1982, Fotograf, Scuol, www.maykwendt.com

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piz 54 : Winter | Inviern 2017/2018


Einziehen. Ausatmen.

nungen L e t z t e Wo h e n P re is e n z u a t t r a k t iv Park Quadratscha, Samedan Exklusive Zweitwohnungen im Herzen des Oberengadins Der «Wohnpark Quadratscha» bietet an unverbaubarer Lage in der schönsten Ferienregion der Schweiz eine einmalige Wohnsituation, die keine Wünsche offen lässt. Eine äusserlich markante Architektur, die traditionelle Baumaterialien mit den Ansprüchen moderner Formensprache verbindet. Im Innern erlauben moderne, flexible Wohnungsgrundrisse eine individuelle Gestaltung der persönlichen Raumbedürfnisse. Grosszügige Fensterflächen geben den Blick auf die imposante Bergkulisse frei und sorgen für helle, lichtdurchflutete Räume. Neben der überzeugenden Grundrissgestaltung sorgen hochwertige Apparate und Materialien für ein erstklassiges Wohngefühl. Der Ausbaustandard darf als hochwertig bezeichnet werden. Es stehen noch eine 2½- und drei 4½-Zimmer-Wohnungen im Rohbau zum Verkauf. Somit können Ihre Ausbauwünsche optimal berücksichtigt werden.

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EIN BADEJUWEL IM ENGADIN

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