Elisabeth von Leliwa | Dominik Susteck - Zeitgenössische Orgelmusik. Kölner orgel-mixturen 2007-2021

Elisabeth von Leliwa | Dominik Susteck (Hg.) Zeitgenössische Orgelmusik Kölner orgel-mixturen 2005 bis 2021

Impressum Are Verlag www.are-verlag.de © 2021 Are Verlag, Köln Alle Rechte vorbehalten Foto S. 155: Michael Muck Kremtz und Boris Heinrich Alle anderen Fotos: Dominik Susteck Printdesign: valorised design, Moritz Schmelzer Logo orgel-mixturen: Kai Kullen Lektorat: Elisabeth von Leliwa ISBN 978-3-924522-83-4 Bestellnr. Are 2283 Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Gefördert vom Kulturamt der Stadt Köln und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Festivals orgel-mixturen 2020/2021. Mit Dank an die Kölner Rubensgesellschaft e.V. und an den Deutschlandfunk (Frank Kämpfer) sowie an die Autoren, die ihre Texte für diese Publikation zur Verfügung gestellt haben.

Elisabeth von Leliwa | Dominik Susteck (Hg.) Zeitgenössische Orgelmusik Kölner orgel-mixturen 2005 bis 2021

Stephan Ch. Kessler SJ Grußwort Elisabeth von Leliwa Vorwort I Über den Kirchenraum und die Orgel von Sankt Peter Köln Bernd König Sankt Peter Köln: Kirchenbau, Kunst-Station und Orgel Dominik Susteck Vier Merkmale Neuer Musik an der Orgel von Sankt Peter Disposition Dominik Susteck im Gespräch mit Stefan Drees Zur Entwicklung der Orgel- und Kirchenmusik an der Kunst-Station Sankt Peter Dominik Susteck Von den Sinziger Orgeltagen zu den orgel-mixturen in Köln II Zeitgenössische Orgelmusik 1962 bis 2021 InItIalzündung zeItgenössIscher OrgelmusIk Ingo Dorfmüller György Ligeti Ingo Dorfmüller Mauricio Kagel neue eInfachheIt und IndIvIdualIsIerung Dominik Susteck Karlheinz Stockhausen.

Zur Interpretation des Tierkreis auf der Orgel Ingo Dorfmüller Wolfgang Rihm Ingo Dorfmüller Adriana Hölszky Ostdeutschland und Westdeutschland Ingo Dorfmüller Jörg Herchet Barbara Eckle Hans-Joachim Hespos tradItIOn und IdentItät: Japan, kOrea, Israel Ingo Dorfmüller John Cage und Toshio Hosokawa Hanno Ehrler Younghi Pagh-Paan und Isang Yun Ingo Dorfmüller Gabriel Iranyi gravItatIOnsfelder: essen und köln Hanno Ehrler Gerhard Stäbler

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Ingo Dorfmüller Gerald Eckert Dominik Susteck Raumgestalten Tobias Tobit Hagedorn Weitergehen Frank Kämpfer 12 Jahre Composer in Residence.

Kooperationen zwischen der Kunst-Station Sankt Peter und dem Deutschlandfunk Dominik Susteck im Podcast-Interview mit Irene Kurka … das, was man liebt und gerne tut, durchsetzen

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III Dokumentation orgel-mixturen Konzertprogramme 2008 bis 2021 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021

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Diskographie

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Quellen Literaturnachweise Verzeichnis der Autoren und Autorinnen Personenregister

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Grußwort Die Orgeln der Kunst-Station Sankt Peter Köln sind „Werkzeuge der Stille“. Sie erklingen im weitgehend leer geräumten Raum der Pfarrkirche Sankt Peter. In der bewusst gewählten Nüchternheit der liturgischen, musikalischen und künstlerischen Aktionen ermöglichen und verstärken die Orgeln die Konfrontation mit dem, was ist. Ihr Klang ist eine Einladung in die offene Weite der Stille. Nichts weiter, nur dieses.

Musik im Kirchenraum von Sankt Peter ist nie musikalische Rahmung.

Es geht letztlich immer um den Überstieg in Räume der Stille und des Schweigens. Die bewusste Leere des Raumes und die Freiheit der Töne sind gleichsam der Empfang in der bloßen Gegenwart. Aus diesem Grund braucht der liturgische und künstlerische Ort der Kunst-Station – mit seinem konsequent zeitgenössischen Profil – Musik auf der Höhe der Zeit. Deshalb sind die Orgeln ausdrücklich für Neue Musik konzipiert.

Orgelmusik im Kirchenraum schafft Konzentration, eröffnet Meditation. Diesem Ziel dienen die Orgeln mit ihren außergewöhnlichen Klangmöglichkeiten: Winddrossel, Mixturensetzern, diversen Schlagwerken und einem Percussion-Register et cetera. Die Kunst-Station Sankt Peter hat mit ihren Orgeln für Neue Musik einen bedeutenden Platz in der internationalen Musikszene erobert. Das verdankt sich nicht zuletzt dem Einsatz von Dominik Susteck als Organist an Sankt Peter, dessen Engagement in dem Dreiklang von Improvisation, Komposition und Interpretation der vorliegende Band bezeugt. Mit der aktuellen technischen Weiterentwicklung (neue elektronische Ausstattung und zweiter Spieltisch 2020/21) bereitet sich die Kunst-Station Sankt Peter vor, einen hoffentlich konstruktiven Beitrag für die moderne Fortschreibung der altehrwürdigen Kirchenorgel in der Gegenwart zu übernehmen.

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Nach einem Wort des langjährigen Organisten der Kölner KunstStation, Peter Bares (1936-2014), reicht Musik im Menschen dahin, „wo sonst nichts mehr hinkommen kann“. An diesem Ort wollen die Orgelklänge von Sankt Peter bewegen, erregen und erschüttern. In der Stille eröffnen sie einen Überstieg in Räume des Unfassbaren: ad maiorem Dei gloriam.

Köln, am 22. November 2020 Festtag der Märtyrerin Cäcilia, ehemalige Stiftspatronin von Sankt Peter Stephan Ch. Kessler SJ Pfarrer bei Sankt Peter, Köln

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Vorwort Dieser Band über das Festival orgel-mixturen an der Kunst-Station Sankt Peter in Köln soll mehr sein als eine Festschrift. Denn nicht nur erweiterte sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten 2005 bis 2021 die ursprüngliche Festwoche zu größer gespannten KonzertZyklen, sie bildete auch die Basis für eine grundlegende Recherche und Neu-Entdeckung zeitgenössischen Komponierens für Orgel.

Diese Entwicklung ist dem Organisten und Komponisten Dominik Susteck zu verdanken, der seit 2007 an der Kunst-Station Sankt Peter wirkt und die Konzepte von Pater Friedhelm Mennekes SJ und Peter Bares nicht nur weitergeführt, sondern um neue Aspekte belebt und mit seiner eigenen Handschrift geprägt hat. Insbesondere aus der kreativen Kooperation mit dem Redakteur des Deutschlandfunks Frank Kämpfer entwickelte sich – in Zusammenarbeit mit der Schallplattenfirma Wergo und anderen – eine Serie von CD-Veröffentlichungen, die eine musikhistorische Tat ist: die Sichtung, Interpretation und zusammenfassende Dokumentation avancierter Orgelmusik seit den 1960er-Jahren. Gleichzeitig blicken sowohl die orgel-mixturen als auch die Serie der Aufnahmen in die Zukunft und bieten einer jungen Generation von Komponist:innen eine inspirierende und fördernde Plattform.

Ohne das Konzept der Kunst-Station und die einzigartige Orgel in Sankt Peter wären diese Entwicklungen nicht denkbar gewesen. Am Beginn dieses Bandes geben Bernd König und Dominik Susteck einen Ein- und Überblick in die Geschichte, wie sich Orgel, Orgelmusik und ihre Präsentation im Kontext der Kunst entwickelt haben.

Der Hauptteil dieser Publikation widmet sich Komponist:innen und ihren Werken: Die fundierten Einführungsbeiträge, die allen voran Ingo Dorfmüller, außerdem Hanno Ehrler, Barbara Eckle und Dominik Susteck zu den CD-Aufnahmen beisteuerten und die erstmals in diesem Band vereinigt sind, zeigen ein breites Panorama von 8

1962 bis heute (was es mit dieser Jahreszahl auf sich hat, wird in diesem Band ausführlich erläutert). In einem weiteren Beitrag zeichnet Frank Kämpfer ein sehr persönliches Bild der Kooperation zwischen dem Deutschlandfunk und den orgel-mixturen – die bisher zu eindrucksvollen zwölf Kompositionsaufträgen an junge Komponist:innen geführt hat.

Abgerundet wird dieser Teil durch den Abdruck von Irene Kurkas Interview mit Dominik Susteck im Rahmen des Podcasts neue musik leben, das einen detaillierten Einblick in die Aufgaben und Arbeitsweisen des Sankt-Peter-Organisten zwischen Interpretation, Improvisation, Komposition und Organisation gibt. Der dritte Teil dieses Bandes dient der Dokumentation: Hier finden sich die erhaltenen Programme der orgel-mixturen ebenso wie eine vollständige Diskographie.

2020 erhielt das Festival orgel-mixturen eine zusätzliche Förderung des Kölner Kulturamts zur Dokumentation seiner Aktivitäten. Der Stadt Köln sei daher herzlich für die Ermöglichung der vorliegenden Publikation gedankt. Perspektivisch beginnen 2021 – dem von den deutschen Landesmusikräten ausgerufenen Jahr der Orgel – die neue Revision und der Bau eines neuen Spieltisches für die Orgel von Sankt Peter: der richtige Zeitpunkt also für eine umfassende Rückschau.

In diesem Sinne bietet das vorliegende Buch allen Freund:innen der Orgel und allen an der Neuen Musik Interessierten reichhaltigen Lesestoff.

Elisabeth von Leliwa Herausgeberin

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I Über den Kirchenraum und die Orgel von Sankt Peter Köln

Bernd König

Sankt Peter Köln: Kirchenbau, Kunst-Station und Orgel Eine Orgel wird immer für einen bestimmten Raum konzipiert – daher sei zunächst die Geschichte des Kirchenbaus Sankt Peter skizziert.

Bereits im 1. Jahrhundert standen an dessen Stelle die öffentlichen Bäder der römischen Stadt. Reste der Thermenanlage bilden heute das Fundament für die Nordwand. Im 10. Jahrhundert lässt sich ein erster romanischer Kirchenbau nachweisen. Ausgrabungen haben die Reste einer dreischiffigen Kirche sichtbar gemacht. Im 12. Jahrhundert wurde diese erneuert und nach Osten ausgerichtet. Um 1170 setzte man im Westen den bis heute bestehenden Turm vor.

1513 bis 1525 wurde Sankt Peter als dreischiffige Emporenbasilika fast gänzlich neu errichtet, um das Prestige der inzwischen sehr wohlhabenden Gemeinde zu unterstreichen. Dabei blieb der romanische Turm erhalten. Heute handelt es sich um den letzten erhaltenen spätgotischen Kirchenbau und gleichzeitig um die einzig erhaltene Doppelkirchenanlage Kölns – zusammen mit Sankt Cäcilien, die heute das Museum Schnütgen beherbergt. Sankt Cäcilien war in romanischer Zeit bis 1475 die Kirche der Stiftsdamen, Sankt Peter die Gemeinde des Sprengels. Nach der Auflösung des Damenstifts 1475 wurde Sankt Cäcilien zum Augustinerinnenkonvent und während der Säkularisierung ab 1802 als Krankenhaus genutzt, wodurch auch Sankt Peter erhalten blieb. In der sogenannten Sankt-Peter-und-Paul-Bombennacht vom 28. auf den 29. Juni 1943 wurden mit dem ganzen Viertel auch Kloster und Kirche zerstört. Die Wiederaufbaumaßnahmen durch Regierungsbaumeister Karl Band und Bauingenieur Wilhelm Schorn ab 1950 dauerten zehn Jahre und waren geprägt durch knappe Geldmittel, aber auch durch den Willen, die Wunden der Vergangenheit nicht zu verbergen.

Pater Friedhelm Mennekes SJ, Pfarrer von 1986 bis 2008, hatte eine 12

erste Kunst-Station mit Ausstellungen im Frankfurter Hauptbahnhof initiiert und brachte diese Idee mit nach Köln: 1987 gründete er die Kunst-Station Sankt Peter, um zeitgenössische Kunst, Musik und Liturgie in einen Dialog treten zu lassen. Seitdem hat Sankt Peter zahlreiche Ausstellungen beherbergt. Zu den eingeladenen Künstlern und Künstlerinnen zählten Francis Bacon, Rosemarie Trockel, Joseph Beuys, Markus Lüpertz, Anish Kapoor, Jannis Kounellis und viele andere. In den Arbeiten wurde immer wieder der besondere Raum thematisiert.

Am weitesten ging dabei James Lee Byars, dessen InstallationsPerformance White Mass von 1995 Gottesdienst und Kunst miteinander verschmolz und einen entscheidenden Impuls für eine grundlegende Neugestaltung der Kunst-Station Sankt Peter gab. In seiner Installation formulierte James Lee Byars existenzielle Fragen zum Werden und Vergehen. Diese wurden als Abkürzungen in vier weiße Marmorstelen eingraviert, die in der Mitte des leergeräumten Kirchenraums einen weißen Ring, beleuchtet durch das weiße Licht einer 2000-Watt-Glühbirne, umstanden. In dieser Installation wurde ein Gemeinde-Gottesdienst als Performance gefeiert. Im Jahr darauf platzierte Anish Kapoor Skulpturen als Intervention im Raum. Seit 1997 gibt es in Sankt Peter keine Kirchenbänke mehr.

Neben den wechselnden Ausstellungen im Kirchenraum seien zwei herausragende Kunstwerke erwähnt, die dauerhaft zu sehen sind: Das Gemälde Kreuzigung Petri (1638-40) von Peter Paul Rubens (1577-1640) und der Kreuzaltar Gurutz Aldare (1969/2000) von Eduardo Chillida (1924-2002). Rubens hatte sein Werk im Auftrag des Stadtrats Everhard IV. Jabach als Hauptbild für den Hochaltar seiner Kindheitskirche fertiggestellt. Der gekreuzigte Petrus steht bei Rubens für Papst und katholische Kirche in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges: ein Beispiel gegenreformatorischer Bildtheologie. 1794 gelangte das Bild als Kriegsbeute in den Pariser Louvre und kehrte am 2. August 1815 nach Köln zurück, was am 18. Oktober desselben Jahres (dem Jahrestag des Siegs der Völkerschlacht bei Leipzig) mit großem Pomp gefeiert und als 13

Politikum inszeniert wurde. Von 2002 bis 2004 trat das Rubens-Bild, über eine Drehwand alternativ verbunden mit der Bekehrung des Paulus (1644) von Cornelius Schut (1597-1655), in Beziehung zur Skulptur Gurutz Aldare des baskischen Bildhauers Eduardo Chillida.

Gurutz Aldare ging aus zwei gescheiterten Kunstprojekten hervor – einer Monumentalskulptur für die Stadt Lund ( proyecto para un monumento, 1969) und einem geplanten Altar für einen Benediktinerkonvent ( proyecto para un altar, 1969). Letzterer wurde 1992 als Eisenmodell in einer Ausstellung im Königspalast von San Sebastián gezeigt, wo Chillida und Mennekes aufeinandertrafen. Fünf Jahre später, im Zuge der Sanierung von Sankt Peter, „ergab sich der Gedanke, das Gemälde [von Rubens] und die Dimensionen des Raumes mit den Kreuzvariationen seines [Chillidas] Altarentwurfs zu kombinieren“ (Mennekes 2000). Im Jahr 2000 wurde der Altar realisiert und stand – nach dem Vorbild der mittelalterlichen Kreuzaltäre – am Kreuzungspunkt zwischen Längsund Querachse des Kirchenraums. Er besteht aus drei Teilen, die gleich mehrfach ein Kreuz formen. Dennoch entspricht der Altar in strenger Lesart nicht der katholischen Auffassung als ungeteilter „Tisch oder Opferblock“ (Mennekes 2000), wobei geteilte Altäre andernorts von der katholischen Kirche toleriert werden. Daher wurde die Skulptur im Jahr 2004 dieser Funktion enthoben und als Kunstwerk im nördlichen Seitenschiff neu positioniert.

Die äußere Gestaltung der Orgel ist bewusst in diesen Kunst-Raum integriert. Haupt- und Chororgel haben die Form von Quadern. Die Chororgel ist aus zwei übereinander geschichteten Quadern geformt. Hier lassen sich Pedal und Manuale einfahren, was die Form des Quaders betont. Die Hauptorgel hängt am romanischen Turm auf der Empore.

Ihre Trompeteria ragt mit ihren Horizontalpfeifen als Skulptur in den Raum hinein und korrespondiert mit Leerraum und Kreuzaltar. Statt der üblichen runden Prospektpfeifen aus Zinn verwendete man eckige aus Holz, die sich in einer vom Naturstein der Kirche abgeleiteten Farbe lackieren ließen und in das Raumkonzept einfügen.

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Doch erst ab 1962 hatte man überhaupt daran denken können, die Orgel wieder aufzubauen. Die erste Idee eines mechanischen Instruments musste jedoch aufgrund der mangelhaften Tragfähigkeit der Empore verworfen werden. Es blieb nur die Möglichkeit, die Orgel mittels eines Stahlgerüsts an der Turmwand der Empore aufzuhängen und mit einer elektrischen Traktur auszustatten. Die Voraussetzung, dass die Orgel von Sankt Peter später als Instrument für Neue Musik erweitert werden konnte, ergab sich also aus dieser historischen Notwendigkeit – auf rein mechanischer Basis wäre dies unmöglich gewesen. Zunächst wurde an ein dreimanualiges Werk aus Hauptwerk, Schwellwerk und Brustwerk gedacht. Die dreiundvierzig Stimmen, von denen man im Jahr 1964 ausging, wurden zwei Jahre später aufgrund von Platzmangel auf einunddreißig Stimmen reduziert. Stattdessen entwickelte man die Idee, neun Register als Chororgel links neben dem Altar aufzustellen.

1967 erhielt die bereits an der Planung beteiligte Firma Willi Peter aus Köln-Mülheim den Zuschlag. Die Chororgel erhält einen historischen Prospekt einer Orgel aus Sankt Margaretha in Knokke (Belgien) und ihr Registerbestand wird auf zwei Manuale und Pedal erweitert. Sie bekommt eine mechanische Tontraktur mit zusätzlichen Magneten, damit sie vom geplanten Generalspieltisch aus elektrisch angespielt werden kann, und wird 1968 als eigenständiger Bau abgeschlossen. Ihre spitze Disposition wird bei der später fertig gestellten Hauptorgel das Positiv (Hauptwerk der Chororgel) und das Brustwerk (Nebenwerk der Chororgel) ersetzen. 1971 wurden Haupt- und Chororgel gemeinsam eingeweiht. Das erste und vierte Manual des Generalspieltischs steuern das Haupt- und Nebenwerk der Chororgel, während das zweite und dritte Manual das Haupt- und Schwellwerk der Hauptorgel bedienen.

Diese ungewöhnliche Anordnung wurde bis heute beibehalten. Das Werk enthält neben den normalen Koppeln eine Superoktav-III-PedKoppel sowie fünf Setzerkombinationen und einen Cymbelstern.

Als Peter Bares 1992 seinen Dienst als Organist der Kunst-Station Sankt Peter antrat, baute er das ursprüngliche, für den Kirchenraum 15

schon recht große Instrument nach und nach als „Orgel für Neue Musik“ aus. 1993 ließ er jene Trompeteria einbauen, die er zuvor für seine Orgel in Sinzig selbst finanziert hatte. 1994 besuchte er anlässlich einer Uraufführung das Filmmuseum der Stadt Düsseldorf, wo er die dortige Welte-Kinoorgel spielte. Diese weist neben vielen Schlagwerken und Signalen auch ein 8-Fuß-Saxophon auf, von dem er ein SaxophonRegister für seine Kölner Orgel ableitete. (Die Schlagwerke der Kinoorgel waren für ihn jedoch keine Neuheiten, denn er ließ bereits 1972 eine Orgel in Sinzig errichten, die viele Besonderheiten, die später in Köln eingebaut werden, in kleinerer Form enthielt: Schlagwerke, ein Registermanual, eine Tastenfessel, ein Mixturensetzer und eine Winddrossel.)

1995 erhielt die Kölner Orgel ein neues Schwell- und ein neues Schlagwerk als Koppelwerk. Beides befand sich zunächst unter der Hauptorgel und wurde später ins Gehäuse integriert. Das neue Schwellwerk enthält das Saxophon im 32- und 16-Fuß, vier besonders obertonreiche Cymbeln und ein Großcornet. Die Trompeteria aus der Sinziger Orgel besteht aus einer 16-, 8- und 4-Fuß-Reihe.

Im Zuge einer Renovierung des Kirchenraums von 1997 bis 2004 bot das Erzbistum Köln der Gemeinde Sankt Peter an, die Kosten für Ausbau, Säuberung und Wiedereinbau der Orgel zu übernehmen. Der dafür vorgesehene Betrag wurde von Friedhelm Mennekes und Peter Bares dazu genutzt, die Orgel neu zu konzipieren. Dabei wurden die vorhandenen Register in das neue Werk integriert und die alten Windladen benutzt.

Die Chororgel wurde um vier Register aus der Hausorgel von Peter Bares und um einen ausfahrbaren und klingenden Hahn mit erweitert.

Die Zungenpfeifen des Hahnenschrei-Registers haben die Tonhöhen C0, E0 und Gis0. Hinzugefügt wurden Schlagzeugregister mit Permanentschaltung, die beim Liegenlassen der Töne diese schneller repetieren lässt, einem Glockenspiel aus Stahl im Umfang einer chromatischen Oktave sowie einem Xylophon aus Holz im Umfang von zwei chromatischen Oktaven.

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Die Hauptorgel erhielt neben konventionellen Registern die Physharmonika als durchschlagende Zunge. Die Physharmonika ist bis zum 16-Fuß ausgebaut und lässt sich in vier Fußtonlagen sowie mit zwei Sondertremulanten bedienen. Das Hauptwerk beherbergt eine mit Magneten ausgestattete Tastenfessel, die alle angespielten Töne auch visuell gedrückt hält. Außerdem enthält die Hauptorgel noch eine stufenlos regulierbare Winddrossel, ebenso die Chororgel.

Die Register der Koppelwerke, aller Schlagwerke und die Trompeteria können unabhängig voneinander auf allen Manualen und dem Pedal registriert werden. Die Koppelwerke sind in zwei großen Schwellkästen untergebracht. Hier stehen zwei leise Grundstimmen als 8-Fuß und 4-Fuß, vier ungewöhnliche Cymbeln, die Trillerpfeife, Schlagwerke wie Psalterium und Xylodur, das Saxophon, eine Großmixtur und das Großcornet. Die vielen Mixturen bieten eine Erweiterung und Flexibilisierung der Klangmischungen im Obertonbereich. Von den Schwellkästen ausgenommen sind platzbedingt die Harfe, die neben der Hi-Hat auf dem Dach der Orgel steht, die Trompeteria und die 18 Röhrenglocken, die entlang der gesamten Orgelinnenwand aufgehängt sind.

Bestimmte Klangeffekte wie Jauler, Sirene, Silberklang und Beckenstern lassen sich nur ein- und ausschalten und sind deshalb den Manualen nicht zugeordnet. Die Cymbeln decken zusammen den Obertonbereich ab. Sie können über eine Quadrupla-Schaltung in verschiedenen Varianten miteinander kombiniert werden. Spielt man eine Oktave aufwärts, so springen die vier Quadrupeln zwischen den Cymbeln hin und her. Die fünfte Quadrupla ist eine Permanentschaltung, die die Cymbeln in einem von Handreglern zu steuernden Tempo ein- und ausschaltet. Hierdurch entsteht ein sehr farbiger, glitzernder Klang.

Betrachten wir die Klangerzeugung der Schlagwerke noch etwas genauer: Das Schlagwerk besteht aus einem Psalterium, der Harfe, dem Xylodur, dem Xylophon, einem Glockenspiel, 18 großen Röhrenglocken aus Messing, einem Becken, einem Hi-hat, einem Beckenstern, 17

einem Silberklang sowie den sieben Turmglocken. Das Psalterium besteht aus dünnen Messingröhren mit Permanentschaltung, die Harfe aus Klangstäben in Bronze. Das Xylodur ist ein Xylophon mit harten Schlegeln. Es kann auch permanent in unterschiedlichen Geschwindigkeiten bedient werden. In der Chororgel befindet sich ein Xylophon sowie das 1-oktavige Glockenspiel.

Wenn die Hi-Hat auf dem Orgeldach aktiviert ist, klingt sie bei jedem Pedalton mit, entweder nachklingend (kurzer Anschlag) oder als Akzent (langer Anschlag). Der Beckenstern besteht aus fünf Orchesterbecken, die von einer rotierenden Kugel angestrichen werden, der Silberklang aus Aluminiumstäben, die ähnlich einem Windspiel hinund herbewegt werden. Die sieben Turmglocken sind über Knöpfe am Spieltisch ansteuerbar. Zu den Klangeffekten gehören der Jauler, die Sirene und die Trillerpfeife. Der Jauler ist ein Flexatron. Die Sirene wird über den Wind der Orgel gespeist. Bei der Trillerpfeife handelt es sich um Labialpfeifen, die innen mit kleinen Kügelchen versehen sind und so den Mechanismus einer Trillerpfeife nachbilden: eine Erfindung von Peter Bares.

Direkt über den vier Manualen befindet sich für das Hauptwerk ein Mixturensetzer, mit dem sich aus zwei Oktaven bis zu 24 Töne gleichzeitig zuschalten lassen, die dann mit dem gespielten Ton mitklingen. Dies gehört ebenso zur Organum-Technik, wie eine DurOrganum-Koppel im Pedal, die beim Spielen eines Einzeltons einen entsprechenden Durakkord erklingen lässt.

Jedes Manual hat seine eigenen Registerknöpfe auch für die zusätzlich zu bedienenden Koppelwerke, die Trompeteria und das Schlagwerk. Dadurch ist das Problem der Ansteuerung der Register bei flexiblen Orgeln gelöst. Alle Register lassen sich von allen Manualen aus chromatisch anspielen. Dem Pedal sind verschiedene Fußtonlagen der Koppelregister als Transmissionen zugeordnet, was weitere Differenzierungsmöglichkeiten ergibt. Es gibt ein Registermanual links 18

unterhalb der Registertafel, was einem Organisten gestattet, Registergruppen auf dem Hauptwerk kurzzeitig ein- und auszuschalten. Es ist so angeordnet, dass oben die Zungenpfeifen, in der Mitte die Labialpfeifen und nebeneinander die Fußtonlagen angesprochen werden.

2007 wurde die Chororgel um ein weiteres Werk mit einigen Grundstimmen auf elektronischer Kegellade erweitert, was ihrem Klang zusätzliche Fülle verleihen sollte. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Zusätzlich wurde 2010 ein weiteres Schlagzeugregister hinzugefügt, der sogenannte „Bronzeton“. Aktuell verfügt die Orgel – je nach Zählung – über etwa 112 Register und über 8000 Pfeifen.

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Dominik Susteck

Vier Merkmale Neuer Musik an der Orgel von Sankt Peter Parallel zur Entwicklung des wachsenden Schlagzeugs in der Neuen Musik entwickelte Peter Bares Orgeln, die ihren Klang durch hinzugefügte Schlaginstrumente erweitern. Ähnlich wie sich Helmut Lachenmann in seiner „musique concréte instrumentale“ ausschließlich für akustische Geräusche interessiert, verzichtet Bares auf jegliche elektronische Klangerzeugung.

Die erste Orgel mit Schlagwerken, die Bares 1972 realisiert, entsteht in der Pfarrkirche St. Peter in Sinzig. Diese Orgel verfügt zudem über technische Neuerungen wie Registermanual, Tastenfessel, Mixturensetzer und Winddrossel. Roman Summereder sieht in dieser Orgel einige von György Ligeti vorgeschlagene Änderungen verwirklicht. Dieser hatte 1968 im Vortrag für die Walcker-Stiftung „Was erwartet der Komponist der Gegenwart von der Orgel?“ gefordert, das Teiltonspektrum der Orgel zu erweitern, glocken-, metall- und sprachähnliche Klänge zu integrieren, die Steuerung der Windzufuhr zu ermöglichen sowie Tremulanten mit variablen Frequenzen einzubauen. Außerdem verlangte Ligeti die Entwicklung des Transmissionssystems sowie Jalousien für Registergruppen. Diese Möglichkeiten verwirklicht Bares mit seiner Orgel in Sankt Peter Köln.

Die klanglichen Besonderheiten von Bares’ Orgeln lassen sich in vier Merkmale einteilen. Erstens bieten die Instrumente eine Fülle von zuschaltbaren Obertönen. „Die große Zahl der gemischten Stimmen, besonders im Koppelwerk, dient eben jener Erweiterung und Flexibilisierung der Klangmischungen im Obertonbereich. Peter Bares’ Konzeption der neuen Orgel in Sankt Peter ist gegen das Ideal des romantischen Wohlklangs gerichtet. Er hat vielmehr das Klangideal etwa einer Arp-Schnitger-Orgel im Sinn, wenn er sagt, die Orgel müsse dissonanzfähig sein“ (Coignet 2006).

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Vier Cymbeln im Koppelwerk können in einer besonderen Quadruplaschaltung miteinander kombiniert werden. Wenn sie eingeschaltet sind, kann zwischen fünf Varianten gewählt werden, die die Cymbeln mischen. Mit dieser Schaltung greift Bares modernen Computerprogrammierungen vor.

Zweitens erweitert er die Musik durch das zugeschaltete Schlagwerk aus Xylophon, Xylodur, Röhrenglocken, Harfe und Glockencymbel.

Alle Register lassen sich auf allen Manualen und Pedal chromatisch sowie in steuerbarer Repetition anspielen. Bares lässt neben den gestimmten Schlagzeugregistern einzelne Schlagwerke über Knöpfe steuern: Beckenstern, Silberklang, Jauler und Sirene.

Drittens wirken sich einige intelligente Koppellösungen auf den Klang aus. Neben einer Koppel vom Pedal ins Manual baut Bares eine DurOrganum-Koppel, die beim Spielen eines Pedaltons einen Durakkord erklingen lässt. Die Organumtechnik wird im Mixturensetzer für das Hauptwerk flexibel gestaltet, indem beliebige Organumtöne angekoppelt werden können. Ein Registermanual gestattet es dem Spieler, einzelne Registergruppen sowie Schlagwerke, Trillerpfeife und Hahn kurzzeitig ein- und auszuschalten. Alle Tremulantengeschwindigkeiten sind stufenlos regelbar. Eine Tastenfessel hält die Töne des Hauptwerks auf Wunsch gedrückt.

Der vierte Aspekt bezieht sich auf den Winddruck der Orgel. Eine stufenlos verstellbare Winddrossel regelt die Geschwindigkeit des Motors und ermöglicht feine Abstufungen im Orgelklang.

Eine unabhängige Prüfung erfährt das Kölner Instrument 2006 durch den französischen Orgelexperten Jean-Louis Coignet mit einer Veröffentlichung im ISO Journal, dem Internationalen Magazin der Gesellschaft der Orgelbauer:

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„Der Klangcharakter vermittelt Fluss, Transparenz und auch Geheimnisvolles; man ist auf den ersten Anhieb fasziniert. [...] ein Instrument, das von einem Visionär entworfen wurde, der keiner Schule angehört und der dazu berufen ist, den Komponisten neue Horizonte aufzutun.

Kurz gesagt: Es ist eine zeitgenössische Orgel.“ Coignet vergleicht die Kölner Orgel mit dem berühmten Orgelneubau unter Frank Gehry in der Walt Disney Hall in Los Angeles. Letztere sei eine traditionelle Orgel, während die Kölner Orgel inhaltlich Neues biete, eher vergleichbar mit den von Jean Guillou entworfenen Orgeln oder mit dem Instrument im Museum Sanfilippo in Barrington, Illinois. „Schon in der Orgel von Sinzig hatte Peter Bares außergewöhnliche Mixturen eingeführt. Bei der Orgel von Sankt Peter geht er noch weiter, indem er dem Organisten gemischte Stimmen zur Verfügung stellt, deren Klangspektrum sich automatisch ändern kann, entweder programmiert oder fallbedingt. Der mit dieser Einrichtung hervorgerufene Klangeffekt ist wirklich außergewöhnlich. Für Peter Bares muss sich die Orgel für Dissonanzen eignen, und ich muss zugeben, dass sich das an der Orgel von Sankt Peter in beachtenswerter Weise zeigt.“ Fast wie selbstverständlich entwickelte Bares seine Orgeln aufgrund seines Denkens als Komponist. So ist er vielleicht ein „Orgelkomponist“ zu nennen, der seine Dispositionen „komponiert.“ Erstaunlich nahe kommen die Resultate den von Ligeti geforderten Neuerungen. Den Ausbau von 70 Registern zu einem Instrument von 112 Registern begründet Bares folgendermaßen: „Eine Orgel ist eigentlich nie groß genug. Dabei ist nicht die Lautstärke, sondern das Potential an Farbe und Geist entscheidend. Die Orgel ist ein hochgeistiges Instrument, weil sie alle Künste und Techniken in sich vereinigt“ (zit. n. Gassmann 2007).

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Disposition

Konzept: Peter Bares CHORORGEL I. Manual C-g“‘ mechanische Schleiflade: Gedeckt 8’ Principal 4’ Blockflöte 2’ Principal 1’ Scharff 3-4f 1’,2/3’,1/2’ Quinte 2/3’ Holzcymbel 2f ½’,1/3’ Terz 2/5’ Bärpfeife 16’ Vox humana 8’ Tremulant II. Manual C-g“‘ mechanische Schleiflade: Gemshorn 8’ Rohrflöte 4’ Sesquialtera 2-3f 2 2/3’,1 3/5’ Principal 2’ Quinte 1 1/3’ Cymbel 3f 2/3’ Musette 8’ Tremulant

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III. Manual C-g“‘ elektrische Kegellade, Schwellwerk: Einzeltonansteuerung möglich Violon 16’ Geigenprinzipal 8’ Gamba 8’ Salicional 8’ Geigenprinzipal 4’ Fagott 16’ Oboe 8’ Pedal C-f‘ mechanisch: Gedecktbaß 16’ Pommer 8’ Violon 16’ Violon 8’ Schlagwerk (vom I., II. Manual und vom Pedal sowie von allen Manualen und vom Pedal der Hauptorgel aus anspielbar): Xylophon C bis c1 Xylophon permanent Glockencymbel Glockencymbel permanent Bronzeton Bedienung ohne Klaviatur: Hahnschrei c0, e0, gis0 Winddrossel (Handregler) Koppeln: II/I II/P I/P III/P III/I III/II 25

HAUPTORGEL (vom Hauptorgelspieltisch können auch alle Register der Chororgel angesteuert werden) I. Manual C-g3 elektrisch = I. Manual Chororgel IV/I III/I P Hauptorgel/I P Chororgel/I II. Manual C-g3 elektrische Schleiflade; Hauptwerk der Hauptorgel Pommer 16’ Principal 8’ Rohrflöte 8’ Oktave 4’ Gedeckt 4’ Nasard 2 2/3’ Flöte 2’ Terz 1 3/5’ Sept 1 1/7’ None 8/9’ Mixtur 4-5f 2’,1 1/3’,1’,2/3’ Cymbel 3f 1/2’,1/3’,1/4’ Trompete 8’ Tremulant Physharmonika 64’ c1-g3 Physharmonika 32’ c0-g3 Physharmonika 16’ C-g3 Physharmonika 8’ C-g3 Tremulant I Tremulant II IV/II III/II Sub III/II 26

I/II P/II III. Manual C-g3 elektrische Schleiflade; Schwellwerk der Hauptorgel Principal 8’ Gedeckt 8’ Spitzgambe 8’ Oktave 4’ Blockflöte 4’ Superoktave 2’ Nachthorn 1’ Elfte 8/11’ Hintersatz 3f 2 2/3’,2’,1 1/3’ Mixtur 4-6f 1 1/3’,1’,2/3’,1/2’ Schalmey 16’ Trompete 8’ Clarine 4’ Tremulant IV/III Sub III IV. Manual C-g3 = II. Manual der Chororgel oder III. Manual der Chororgel Pedal C-f1 elektrische Schleiflade, bedient auch die Pedalregister der Chororgel 32’ nur C und D Principal 16’ Subbass 16’ Quinte 10 2/3’ Principal 8’ Flöte 8’ Quinte 5 2/3’ Octave 4’ 27

Traversflöte 4’ Nachthorn 2’ Hintersatz 4f 2 2/3’,2’,1 1/3’,1’ Posaune 16’ Trompete 8’ IV/P III/P II/P I/P Super III/P Super I/P Pedal Hauptorgel ab Koppelwerk (schwellbar, von allen Manualen und vom Pedal aus anspielbar, Multiplexlade) Saxophon 32’ Saxophon 16’ Saxophon 8’ (nur Pedal) Saxophon 4’ (nur Pedal) Cello 8’ Cello 4 4/7’ (nur Pedal) Cello 4’ (nur Pedal) Cello 3 1/5’ (nur Pedal) Cello 2’ (nur Pedal) Weidenpfeife 4’ Cornet 3 1/5’, 1 7/9’,1 1/3’ Cornet 5 1/3‘ (nur Pedal) Cornet 2 2/3‘ (nur Pedal) Mixtur 5-8f 2 2/3‘,2‘,1 1/3‘, 1 1/7‘,4/5‘ Aeolsharfe 4f 2 2/3‘,2‘,1 3/5‘,1 1/7‘ Aeolsharfe 4f 1 1/3‘ (nur Pedal) Aeolsharfe 4f 2/3‘ (nur Pedal) Trillerpfeife 1‘ Cymbel I 3f 2/5‘,8/27‘,1/4‘ 28

Cymbel II 3f 2/7‘,2/9‘,2/11‘ Cymbel III 3f 4/21‘,2/13‘,2/17‘ Cymbel IV 3f 2/15‘,2/19‘,1/12‘ Rotation der Cymbeln: Quadrupla I 3f Quadrupla II 3f Quadrupla III 6f Quadrupla IV 9f Quadrupla V 3-12f Trompeteria (von allen Manualen und vom Pedal aus anspielbar): Trompeta magna 16′ Trompeta da batalla 8′ Clarin brilliante 4′ Schlagwerk (von allen Manualen und vom Pedal aus anspielbar): Glocken 16′ Xylodur Xylodur permanent Becken (nur Pedal) Harfe Psalterium Psalterium permanent Bedienung ohne Klaviatur: Turmglocken: f‘, g‘, as‘, a‘, b‘, c“, f“‘, Carillon (Allein Gott in der Höh) Beckenstern Silberklang Jauler Sirene

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Spielhilfen: Elektronische Setzeranlage Organumkoppel: Intervallsetzer, beliebige Mixturerstellung im Rahmen von 2 Oktaven Pedal-Dur-Organum Buchstabenschiene über dem III. Manual der Hauptorgel Registermanual für die Momentschaltung von Registern; wirkt auf das II. Manual der Hauptorgel Tastenfessel, wirkt auf das II. Manual der Hauptorgel Winddrossel für Hauptorgel (Handregler)

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Zur Entwicklung der Orgel- und Kirchenmusik an der Kunst-Station Sankt Peter.

Dominik Susteck im Gespräch mit Stefan Drees stefan drees: Dominik, welchen Stellenwert nimmt die Orgel in der zeitgenössischen Musik ein? Wie groß ist überhaupt das Repertoire an jüngeren Werken und wo würdest du wichtige historische Wegmarken der letzten Jahrzehnte sehen? dOmInIk susteck: Die Orgel ist ein Randinstrument, weil sie in erster Linie in der Kirche und selten im Konzertsaal steht. Das bedeutet, dass es bei der Entstehung Neuer Musik immer auf einen konkreten Auftraggeber und eine konkrete Situation ankommt. Mittlerweile gibt es trotzdem eine Menge zeitgenössischer Musik für Orgel. Daniela Philippi hat darüber vor einigen Jahren einen schönen Überblick gegeben.

Die drei legendären Werke von György Ligeti (Volumina 1961-62), Bengt Hambraeus (Interferenzen 1961-62) und Mauricio Kagel (Improvisation ajoutée 1961) bildeten in den frühen 1960er-Jahren eine historische Zäsur, die die Orgel in den Blickpunkt der freien zeitgenössischen Musik rückte. Daraufhin haben viele Komponisten wenigstens einmal in ihrem Leben für Orgel komponiert. Meistens blieb es leider bei diesem einen Mal, deshalb gibt es viele Einzelstücke, die sich schlecht mit anderen Werken kombinieren lassen.

Ist Neue Musik für Orgel heute noch im liturgischen Kontext lokalisiert oder vollzieht sich ihre Entstehung mehr oder weniger losgelöst davon? Oder anders gefragt: Wie stellt sich das Verhältnis zwischen Kirche und Neuer Musik dar?

Die katholische Kirche sieht sich eher als Institution, in der Kultur kein Gottesdienst ist, im Unterschied zur evangelischen Kirche, wo man immerhin sagt, dass ein geistliches Konzert auch Gottesdienst sein kann. Im Klartext bedeutet das: In der katholischen Kirche gibt es zunächst einmal keine großen Bewegungen und keine großen Gelder für zeitgenössische Musik, und für die Orgel schon gar nicht.

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Aber natürlich haben sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder einzelne Festivals um die Orgel verdient gemacht, so beispielsweise die Internationale Orgelwoche Nürnberg (ION), für die Adriana Hölszkys Komposition … und ich sah wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt … entstanden ist. Oder es gab 1976 bis 1996 die von Peter Bares initiierte Internationale Studienwoche für Neue Geistliche Musik in Sinzig, für die jedes Jahr neue Kompositionen geschrieben wurden, und die wir mit der Reihe orgel-mixturen an der Kunst-Station Sankt Peter fortsetzen. Klaus Martin Ziegler hat mit der Reihe Neue Musik in der Kirche im Rahmen der Kasseler Musiktage sehr viel für die zeitgenössische Kirchenmusik insgesamt getan, ganz zu schweigen von den Protagonisten Gerd Zacher und Zsigmond Szathmáry, die nacheinander die Stelle in Hamburg-Wellingsbüttel innehatten.

Dennoch scheint es aber so, dass für die Orgel – ungeachtet ihrer enormen Möglichkeiten – weniger Neue Musik entsteht als für andere Instrumente.

Dass die Neue Musik von der Orgel tatsächlich nicht so stark Besitz ergriffen hat wie von anderen Instrumenten, liegt daran, dass sie das einzige Instrument ist, das vollkommen individuell gebaut wird. Deshalb ist es für die Komponist:innen schwieriger, sich auf ein klangliches Resultat zu verlassen als bei anderen Instrumenten. Überspitzt formuliert, muss man eigentlich für jede Orgel ein neues Stück komponieren.

Außerdem steht die Orgel im funktionalen Kontext der Kirchenmusik.

Gerade deshalb ist es umso spannender, wenn zeitgenössische Orgelmusik in der Kirche auftaucht. Die Uraufführung von Ligetis Volumina im Bremer Dom wurde 1962 untersagt und musste dann nach Schweden verlegt werden, von wo aus das Stück über Lautsprecher in den Sendesaal von Radio Bremen übertragen wurde, was eigentlich eine völlig absurde Situation ist. Das Neue stößt mit der festgefahrenen Institution zusammen.

Die Theologie fragt letztlich nach dem Existenziellen. Zeitgenössische Musik als aktuelle Reaktion auf existenzielle Fragen müsste im spirituellen und liturgischen Kontext eine große Rolle spielen – interessanterweise ist das Gegenteil der Fall.

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Nun scheint mir die Situation an der Kunst-Station Sankt-Peter geradezu ideal zu sein und diesen Forderungen nach Einbezug des Neuen entgegen zu kommen. Wie unterscheidet sie sich ganz konkret von der Situation an anderen Orten?

Tatsächlich haben wir an Sankt Peter ein Umfeld, das davon geprägt ist, dass zunächst die zeitgenössische Kunst und später die Musik in den spirituellen Kontext integriert wurden. Pater Friedhelm Mennekes hat 1987 die Kunst-Station Sankt Peter gegründet und damit den Kirchenraum für zeitgenössische, freie Kunst – für ganz abstrakte Werke – geöffnet. Bewusst distanzierte sich Mennekes von der funktionalen Kirchenkunst.

Der Komponist Johannes Fritsch wurde Kurator der Konzerte. 1992 gelang es Pater Mennekes, Peter Bares als Organisten für zeitgenössische Musik zu gewinnen. Mit ihm hielt die zeitgenössische Musik Einzug in die Messe. Die Gemeindelieder werden seitdem reduziert, während der freien Improvisation und der zeitgenössischen Musik viel Platz eingeräumt wird. Bares hat sogar ein eigenes zwölftöniges Gesangbuch geschrieben. Es ist als Alternative zu den Entwicklungen an anderen Orten gedacht, wo das Neue Geistliche Lied den Gottesdienst beherrscht. Dort wird mit Unterhaltungsmusik versucht, der Liturgie einen vermeintlich modernen Anstrich zu verleihen.

Bares und Mennekes haben hingegen betont: „Wir wollen die Hochkultur, wir wollen – wie es Jahrhunderte lang gewesen ist – in der Kirche nur das Beste vom Besten. Und es ist gleichgültig, ob du es verstehst oder nicht: Das Verständnis musst du entwickeln, und dafür musst du auch etwas tun.“ Das ist ein eklatanter Kontrast zur gängigen, unausgesprochenen Ansicht innerhalb der Kirche, dass Kunst verstehbar und funktional sein soll und sich der Theologie unterzuordnen habe.

Stattdessen soll die freie Kunst den Menschen ganz zum Authentischen hin öffnen. Das kann sie aber nur, wenn sie selbst authentisch ist und keinen funktionalen Zweck verfolgt.

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Auf welche Weise hast du nun diesem Ort deinen persönlichen Stempel aufgeprägt?

Ich kam Anfang 2007 nach Sankt Peter, als die Orgelstelle erneut ausgeschrieben wurde, und fand mich dann in einer Situation, die es mir auf ideale Weise ermöglichte, zeitgenössische Musik zu machen.

Meine Vorstellungen waren ganz anders als die von Bares: Der war zwar für die Kirchenmusik recht modern, aber innerhalb dieser Tradition war er noch stark kontrapunktisch geprägt, was ich schon auf eine gewisse Art als veraltet empfand. Außerdem konnte ich von Anfang an die Möglichkeiten der neuen Orgel nutzen, die seit 2002 installiert und 2004 geweiht wurde und explizit für zeitgenössische Musik konzipiert worden war. Bares improvisierte nur, während ich mit neuen Einspielungen die Orgel auch anders nutzen wollte.

Der Kölner Standort war von Vorteil, da ich 2008 den Deutschlandfunk mit ins Boot holen konnte. Damals haben wir festgestellt, dass die meisten Aufnahmen der Neuen Orgelmusik um die 30 Jahre alt und sehr verstreut sind. Zudem störten mich die sehr begrenzten Instrumente vieler Aufnahmen. Für mich ist die Orgel von Sankt Peter demgegenüber eindeutig ein Novum, da man damit den Kompositionen mit Leichtigkeit große klangliche Flexibilität hinzufügen kann, weil die Orgel eine Menge neuer Möglichkeiten bietet. So begannen wir, das zeitgenössische Repertoire nach und nach neu aufzunehmen sowie aktuelle Komponist:innen für die Orgel zu begeistern.

Wenn jetzt vor Ort Stücke in Auftrag gegeben werden: Wie arbeiten die Komponisten und Komponistinnen dann angesichts dieses besonderen Instruments? Schauen sie sich die Disposition an oder schreiben sie einfach ihre Stücke und hoffen, dass du als erfahrener Organist die Register kreativ einsetzen wirst?

Die finanzielle Unterstützung vom Deutschlandfunk ermöglicht es uns seit sieben Jahren, im Rahmen der orgel-mixturen einen Composer in Residence zu wählen und ihm oder ihr einen größeren Auftrag zu erteilen. Die unterschiedlichen Zugänge kann man nicht über einen 34

Kamm scheren. Einige schauen sich das Instrument sehr genau an, andere hingegen verfolgen eine von der Orgel unabhängige Idee und übertragen sie dann auf das Instrument. So hat Péter Kőszeghy 2009 mit UTOPIE XV „crystal“ ein großes Klangstück komponiert, in dem er zwar bestimmte technische Möglichkeiten des Instruments benutzte, ohne sie jedoch zwingend einzufordern. Samir Odeh-Tamimis chorís ónoma von 2012 hatte eher den Charakter eines Orchesterstücks, das auf die Orgel übertragen wurde. Ganz anders arbeitete Martin Schüttler, der 2014 mit index [St. Peter] für Orgeln, Imitate, Zuspielungen, Raummarkierung und Handouts ein live-elektronisches Stück geschrieben hat: Er hat Einzeltöne abgenommen und verstimmt zugespielt sowie Aufnahmen des Kirchenraums eingebaut – also die Musik dezidiert auf den Ort abgestimmt. Ganz unterschiedlich ist auch meine Rolle, wobei die exakte Festlegung auf bestimmte Register meist dem Organisten überlassen wird.

Du hast vorhin davon gesprochen, dass die Orgel Klang farben zur Verfügung stellt, die es bei anderen Instrumenten nicht gibt. Was bedeutet dies nun für die Erarbeitung von Klassikern wie beispielsweise Ligetis Volumina? Wie gehst du bei der Einstudierung solcher Werke vor und wie arbeitest die die klang farblichen Möglichkeiten der Orgel von Sankt Peter ein?

Wenn man über Interpretation spricht, muss man sich darüber klar werden, was genau der Interpretationsansatz bei zeitgenössischer Musik sein soll. Grundsätzlich lässt sich mit der Orgel ja sehr kultiviert historisch informierte Aufführungspraxis erreichen: Wenn ich Bach spiele, suche ich mir eine historische Orgel aus dem frühen 18. Jahrhundert, wenn ich dagegen Reger spielen möchte, wähle ich eine Orgel vom Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts. Entsprechend wähle ich die Spieltechniken der Artikulation und Agogik.

Aber wie ist das bei zeitgenössischer Musik? Wie kann man hier Aufführungspraxis verstehen? Wegen des neuartigen Umgangs mit dem musikalischen Material ist ein ganz anderes Vorgehen nötig. Die 35

Orgel von Sankt Peter spielt einem dabei letztendlich in die Hände.

Wenn ich mit den Schlagwerk-Registern oder mit bunten Farben Bach spiele, dann wirkt das irgendwie aufgesetzt. Die besondere Klangfarbe nützt der Musik nichts. Nehme ich dagegen ein Orgelstück von Wolfgang Rihm aus der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre und spiele es mit den besonderen Registern, hat man auf einmal das Gefühl, dass die Zwischenstufen zwischen Geräusch und Ton und die Farbvielfalt mit den Tonhöhen korrespondieren.

Die unterschiedlichen Kolorierungen, die Möglichkeiten, mit der Winddrossel umzugehen oder mithilfe des Schlagzeugs den Geräuschanteil zu erhöhen: All diese Dinge bilden die Voraussetzung, um zu einer gewissen Authentizität in der Interpretation zeitgenössischer Musik zu gelangen. Es ist ähnlich wie bei Helmuts Lachenmanns „musique concrète instrumentale“, wo das Geräusch emanzipiert und zum Bestandteil der Musik gemacht wird: Die Idee deckt sich mit einer Orgel, die mit Schlagwerk oder mit Winddruckschwankungen die Musik fluide und variabel macht.

Kannst du mir hierfür ein Beispiel geben?

Es ist auf der Orgel generell schwierig von Standards auszugehen. Die einen sind puristisch und sagen: „In den Noten steht Prinzipal 8-Fuß“, und ziehen dann dieses Register, andere erlauben sich eine größere Freiheit. Mein Zugang dagegen ist ein anderer – ich treibe der Orgel ihre Starre aus: „Wenn ich hier variabel diese Akkorde gestalten kann, mit unterschiedlichen Klängen, warum mache ich das dann nicht?“ Ich gehe also wie ein Komponist an das Material heran und kann Dinge leisten, die in der Komposition selbst nicht beachtet sind, weil sie auf der Orgel, für die sie geschrieben wurde, nicht möglich waren. Ich überlege also, was ich hinzufügen kann, um das auszuarbeiten, was ein Komponist vielleicht nur in Ansätzen ausgedrückt hat, wenn er zum Beispiel bestimmte Register in die Noten schrieb.

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Die Unbeweglichkeit der Orgel hat schon Schönberg und Ligeti gestört.

Ligeti nennt die Orgel wegen ihrer eingeschränkten Möglichkeiten der Flexibilisierung des Klanges eine Prothese. Es gibt von ihm einen Aufsatz über die Zukunft der Orgel, in dem er Dinge einfordert, die dann so ähnlich in Sankt Peter realisiert wurden, etwa verschiedene Schwellwerke für einzelne Werkgruppen sowie glockenähnliche, metallische Klänge, aber auch eine variable Windsteuerung. Ligeti war diesbezüglich ein fantastischer Visionär. Seine Vision einer Orgel der Zukunft fordert einen neuen interpretatorischen Ansatz, der sich den reichhaltigen Möglichkeiten einer Orgel für Neue Musik stellt.

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Dominik Susteck

Von den Sinziger Orgeltagen zu den orgel-mixturen in Köln Nach der Orgelweihe 2004 installierten Peter Bares und Friedhelm Mennekes 2005 in Sankt Peter erstmals das Orgelfestival orgel-mixturen, das zunächst unter Bares’ Arbeitstitel „Zimbeltage“ geplant wurde.

Damit wollten die Protagonisten die berühmte Sinziger Orgelwoche, die seit 1976 in St. Peter Sinzig und später noch einige Male in Köln und Bonn insgesamt zwanzig mal stattfand, in kleinerem Rahmen fortsetzen. Die Sinziger Orgeltage (gelegentlich auch Internationale Studienwoche für Neue Geistliche Musik Sinzig genannt) beherbergten wichtige Musikgrößen wie Ludwig Doerr, Theo Brandmüller, Hans Heinrich Eggebrecht, Clytus Gottwald, Werner Jacob und Wolfgang Stockmeier.

Ein weiterer wichtiger Protagonist der ersten Stunde blieb der Freiburger Zsigmond Szathmáry, der sowohl in Sinzig als auch in Köln regelmäßig eingeladen und 2008 zusammen mit Peter Bares zum Titularorganisten an Sankt Peter in Köln ernannt wurde. Neben dem Essener Gerd Zacher gilt Szathmáry als einer der wichtigsten und fantasievollsten Interpreten neuester Orgelmusik weltweit. Als langjähriger Orgelprofessor der Freiburger Hochschule für Musik war er auch in der jüngeren Generation präsent. Als Komponist wie auch als Interpret konnte damit – neben dem sich ganz auf die Improvisation beschränkenden Peter Bares – ein Garant für die Qualität des Festivals gewonnen werden.

Während auf evangelischer Seite die Festivals in Nürnberg (ION) und Kassel (Kasseler Musiktage) keine singuläre Veranstaltung darstellten, war die Sinziger Orgelwoche auf katholischer Seite eine Aufsehen erregende Neuerung, die von bis zu sieben Rundfunkanstalten übertragen wurde. Ankerpunkt war die in St. Peter Sinzig neu installierte 39

und von Peter Bares geplante Walcker-Orgel, die mit Winddrossel, Schlagwerken und besonderen Obertönen ausgestattet war.

Erst durch die umfassende Sanierung der Kirche Sankt Peter in Köln ab 2000 konnte Bares die Gelegenheit ergreifen, die Kölner Orgel endgültig seinen Vorstellungen entsprechend umzubauen und wie in Sinzig mit besonderen Spielhilfen auszustatten. Insofern war es folgerichtig, zunächst im Rahmen der Orgelweihe 2004 und danach wieder vermehrt Orgelkonzerte mit zeitgenössischer Musik zu veranstalten.

Anfang 2007 kam ich nach Sankt Peter, während Peter Bares noch im Dienst war. So ergab sich die paradoxe Situation, dass das Festival im November 2007 in zwei Teilen die unterschiedlichen Generationen abbildete: Neben mir spielten zum ersten November-Wochenende der Berliner Thomas Noll sowie Andreas Jacob. Das nächste Wochenende gestalteten Peter Bares sowie in Folge Wolfgang Mitterer, François Espinasse und Zsigmond Szathmáry.

2008 konnte der Deutschlandfunk als Partner gewonnen werden, der seitdem in der Regel mindestens zwei Konzerte im Radio übertrug.

2009 wurden die orgel-mixturen erneut von den Interpreten Thomas Noll, Andreas Jacob und Zsigmond Szathmáry gestaltet. Hinzu kam 2008 Ignatio Ribas Taléns aus Andorra mit eigenen Werken. Im Orgelbeirat wurde langfristig über die Ausrichtung des Festivals diskutiert.

Der Wunsch nach inhaltlicher Ausrichtung wurde laut. Dies war und ist jedoch bei dem schmalen Repertoire zeitgenössischer, avantgardistischer Orgelmusik schwierig umzusetzen. Mangels Finanzmittel wurde dann 2009 das Motto „crisis“ zum anregenden Titel erkoren.

Jedoch konnte sich in einem kleinen Festival, das ein hoch spezialisiertes Repertoire zu Tage bringt, die Begrenzung auf ein jährliches Thema nicht dauerhaft durchsetzen.

Als wichtigster Aspekt des Festivals galt analog zur Ausrichtung der ausgestellten Kunst im Kirchenraum eine freie, nicht sakrale und moderne Musik. So unterscheidet sich das Festival auch heute von den 40

Kirchenmusik-Festivals in Schwäbisch Gmünd oder Brauweiler, die sich eher der besonders aus Frankreich stammenden Tradition sakraler moderner Musik widmen. Inhaltlich sollten in Köln aktuelle Komponisten und Komponistinnen, die sich in der freien Musikszene bereits einen Namen gemacht haben, im Zentrum stehen.

Mit Neuer Musik die Orgel neu zu entdecken und so den initiativen Aufbruch von Ligeti, Kagel und Hambraeus fortzuführen, ist bis heute ein Merkmal des Festivals. Andere Orgelfestivals, die ebenfalls Auftragswerke fördern, grenzen sich oftmals nicht so klar von den gebräuchlichen und traditionellen kirchenmusikalischen Formen ab.

Die von Mennekes und Bares etablierte ästhetische Ausrichtung in Köln zielt auf die Unabhängigkeit der Bereiche Kunst, Musik und Liturgie.

Die Musik und Kunst solle nicht wie in früheren Jahrhunderten der Liturgie dienen. Die Freiheit der Komposition blieb oberstes Gebot.

Die Gefahr der Milieubildung und ein Abdriften der modernen Orgelmusik im Festhalten an der Tradition, um nicht „stören“ zu wollen, sollte unbedingt vermieden und eine eigenständige Entfaltung der Musik im Kirchenraum gefördert werden. Erst in dieser Freiheit und Eigenständigkeit könne authentische Kunst wieder Parallelen zur Spiritualität und Liturgie entwickeln und aufweisen.

Mit dieser Zielsetzung wurde ab 2010 vom Deutschlandfunk und der Kunst-Station Sankt Peter jährlich ein Composer in Residence eingeladen, sich frei und offen mit den Möglichkeiten der Orgel von Sankt Peter auseinanderzusetzen. Damit wird das Repertoire avangardistischer Orgelmusik weiter gefördert. Um dies zu dokumentieren, sind im Anhang dieser Publikation die Programme der orgel-mixturen ab 2008 zusammengestellt, wobei die frühen Festivalausgaben mangels Archivbestand vernachlässigt wurden.

Durch die Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk ergab sich darüber hinaus auch die Möglichkeit, bedeutende Werke des zeit41

genössischen Orgel-Repertoires in regelmäßigen CD-Veröffentlichungen sinnvoll zu bündeln und zugänglich zu machen. Die Pionierarbeit, die mit den orgel-mixturen geleistet wird, kann auf diese Weise nicht nur dokumentiert, sondern sogar erweitert und ergänzt werden. Die umfangreichen Einführungen, die für die CD-Booklets entstanden, werden in diesem Band erstmals zusammengeführt und fügen sich zu einem reichhaltigen Überblick zur Geschichte der Orgelkomposition seit den 1960er-Jahren.

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II Zeitgenössische Orgelmusik 1962 bis 2021

Initialzündung zeitgenössischer Orgelmusik Von ihrer Klangidee her, eine Vielzahl von Instrumenten und Stimmen in sich zu vereinigen, könnte man die Orgel als einen frühen Vorläufer des Synthesizers betrachten, dessen Tonerzeugung jedoch konventionell über Pfeifen erzeugt wird. Daher wirkt es auf den ersten Blick erstaunlich, dass die Avantgarde nach 1945 nur zögerlich auf dieses Instrument zugriff. Doch zu eng waren die Verbindungen zum kirchlichen und liturgischen Bereich mit seinen klaren Anforderungen und seinen seit dem 19. Jahrhundert rückwärts gewandten ästhetischen Idealen.

Tatsächlich lässt sich der „Urknall“ einer wirklich neuen Musik für Orgel auf den Tag genau datieren: Am 4. Mai 1962 wurden György Ligetis Volumina, Bengt Hambraeus’ Interferenzen und Mauricio Kagels Improvisation ajoutée anstelle einer Live-Uraufführung erstmals im Rundfunk gesendet.

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Ingo Dorfmüller

György Ligeti György Ligeti – Volumina (WERGO 67572) György Ligeti (1923-2006) – Musica ricercata per pianoforte (1951-53), für Orgel eingerichtet von Dominik Susteck (2012) – Zwei Etüden für Orgel (I: Harmonies, II: Coulée) (1967/1969) – Volumina für Orgel (1961-62, rev. 1966) Dominik Susteck (*1977) – Sprachsignale. (Maschinensprache, Gesang, Füllungen) (2012) Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2013 György Ligeti hat nur drei für die Orgel bestimmte Werke hinterlassen: Volumina (1961-62) und die beiden Etüden Harmonies (1967) und Coulée (1969). Sie sind wichtige Wegmarken seines kompositorischen Schaffens – vor allem aber revolutionierten sie die Orgelmusik und stellen so etwas wie die Initialzündung einer neuen Musik für die Orgel dar.

Welch einen Schock Volumina im Jahr 1962 ausgelöst haben muss, kann man ermessen, wenn man sich die Situation der Orgelmusik im 20. Jahrhundert kurz vor Augen führt. Denn die Orgelmusik hatte sich zusehends von der allgemeinen musikalischen Entwicklung abgekoppelt: In Frankreich setzte sich die über enge Lehrer-SchülerBindungen vermittelte Tradition der romantischen Orgel-Sinfonik fort, in Deutschland folgten in beiden Konfessionen kirchenmusikalische Reformbewegungen aufeinander, deren Bezugspunkte Gregorianik, Renaissance und Barock waren. Die Entwicklung in diesen beiden wichtigsten Orgel-Nationen ist durchaus repräsentativ. Die Orgelmusik bildete ein rückwärtsgewandtes Sonderrepertoire aus, zugleich zog sie sich wieder in den Kirchenraum zurück, aus dem sie im 19. Jahrhundert so vehement aufgebrochen war: Ein Großteil der neu entstehenden Orgelmusik war liturgisch gebunden.

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Die Entwicklung zur Dodekaphonie, erst recht zum Serialismus, ging an der Orgel vorbei. Neben dem Beharrungsvermögen eines traditionalistischen Milieus lassen sich dafür aber auch handfeste musikalische Gründe anführen: Das Instrument bot einfach nicht die in der seriellen Kompositionsmethode erforderte Differenzierungsfähigkeit. Häufige und schnelle Klangfarbenwechsel überforderten die Möglichkeiten der Registertraktur, eine dynamische Differenzierung schien nicht im wünschenswerten Maße möglich.

Grundsätzlich lassen sich die Parameter Klangfarbe und Dynamik nicht voneinander trennen: Eine Veränderung der Klangfarbe durch Hinzuziehen oder Wegnehmen eines Registers ändert automatisch auch die Lautstärke.

Sforzati und die dynamische Gestaltung des Einzeltons sind so gut wie unmöglich.

So blieb es bei vereinzelten Versuchen, Neue Musik auf der Orgel zu machen.

Mit einer signifikanten Ausnahme: Olivier Messiaen, der in den 1950er-Jahren tatsächlich serielle Strukturen auf die Orgel übertrug und dabei neuartige Klangfarben und Rhythmen in die Orgelmusik einführte. Diese Stücke waren freilich 1962 noch wenig bekannt und hatten nennenswerten Einfluss noch nicht entfalten können.

So konservativ war also das Umfeld, in das Ligetis Volumina, die ähnlich experimentellen Interferenzen von Bengt Hambraeus und die auf andere Weise ebenfalls „grenzüberschreitende“ Improvisation ajoutée von Mauricio Kagel förmlich hineinplatzten: alle drei zur Uraufführung vorgesehen in einem Konzert im Rahmen der von Radio Bremen veranstalteten, von Hans Otte kuratierten Konzertreihe pro musica nova am 4. Mai 1962 im Bremer Dom. Doch das Konzert mit dem schwedischen Organisten Karl-Erik Welin wurde von der Domverwaltung abgesagt. So kam es am vorgesehenen Termin nur zu einer Ursendung – Welin hatte die Stücke zuvor in zwei Stockholmer Kirchen aufgenommen. Bei ersten Aufnahmeversuchen in Göteborg waren gleich zu Beginn von Ligetis Volumina die Sicherungen des Orgelmotors durchgebrannt: Die Luftzufuhr für den Total-Cluster im vollen Orgel-Tutti erwies sich auch bei späteren Aufführungen gelegentlich als Problem. Die LiveUraufführung wurde dann eine Woche später in Amsterdam nachgeholt.

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Volumina ist ein Stück, das auf die üblichen, Zeit strukturierenden Parameter Melodie und Rhythmus ganz verzichtet, ebenso auf Harmonie, insofern darunter zielgerichtete harmonische Bewegung verstanden wird. Der einzige in dieser Musik aktive Parameter ist die Klangfarbe: Musik wird so zu einem Objekt eher der räumlichen als der zeitlichen Wahrnehmung, zu einem zwar ganz allmählich sich wandelnden, aber im Prinzip statischen Objekt – der Titel Volumina bezieht sich auf unterschiedlich dimensionierte Klangräume. Ligeti hatte ähnliche Konzepte schon in seinen ebenso epochalen, wie skandalträchtigen Orchesterwerken Apparitions (1959) und Atmosphères (1961) verwirklicht, allesamt Stücke, die auf fast alle Parameter, deren Strukturierung der eigentliche Gegenstand seriellen Komponierens war, von vornherein verzichten.

Ein Stück wie Volumina musste also nicht nur die Traditionalisten, sondern auch die Serialisten vor den Kopf stoßen.

Allerdings hatte Ligeti in seinen Orchesterpartituren die ganz allmählich in Lage und Klangfarbe sich verändernden Cluster oder Tontrauben (Ligeti selbst sprach auch gern von „Tonhaufen“) noch detailliert als eine Art orchestraler Mikropolyphonie ausnotiert. Die „stationären und sich verschiedenartig bewegenden Cluster“ (so das Vorwort zur Partitur) in Volumina konnte Ligeti auf der Orgel auf diese Weise nicht realisieren: Der Organist, der nun einmal nur zehn Finger und zwei Füße hat, muss etwa, um einen größeren Cluster hervorzubringen, Handflächen, Arme und mitunter Ellenbogen zur Hilfe nehmen und die Füße querstellen. Das freilich bedingt, dass die Tonhöhen nicht exakt angegeben werden können: Die Partitur zu Volumina gleicht also einem Balkendiagramm, in dem die Vertikale die ungefähre Tonhöhe angibt, die Breite des Balkens also den Ambitus eines Clusters, seine Verschiebung nach oben oder unten eine Lageveränderung. Ebenso ist der zeitliche Verlauf nur ungefähr angegeben: Eine Partiturseite soll etwa 45 Sekunden entsprechen, Abweichungen sind aber erlaubt und an besonderen Stellen der Partitur auch eigens ausgewiesen.

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Dieses Grundmodell wird vielfältig variiert. Es wird etwa nach chromatischen (alle Tasten), diatonischen (nur die weißen Tasten) und pentatonischen (nur die schwarzen Tasten) Clustern unterschieden, und die Partitur bietet verschiedene Möglichkeiten, von einer Art Cluster in eine andere gleichsam zu „überblenden“. Dann gibt es innerlich bewegte Cluster: solche, die in der Grafik der Partitur nicht als schwarze Balken erscheinen, sondern mit einem chaotischen Liniengewirr gefüllt sind (dementsprechend soll durch rasche Bewegungen der Finger im Ambitus des Clusters ein dichtes „Klanggewebe” erzeugt werden). Ein Muster kleiner Striche wiederum zeigt einen „Hagel“ kleiner, staccatierter Kurz-Cluster an.

Dennoch ist hier nicht an musikalische „Verläufe“ im traditionellen Sinne zu denken. Ligeti gibt im Vorwort zur Partitur vor, das Stück sei „wie ein einziger großer Bogen zu gestalten“, ohne Pausen und Zäsuren: „Die stationären Klangräume und ihre allmähliche, kontinuierliche Veränderung sollen vom Interpreten so realisiert werden, dass die klanglichen Zustände und Vorgänge die Empfindung großer Ruhe vermitteln“. In diesem Sinne ist auch die Behandlung der Klangfarben zu verstehen: die Veränderung eines stehenden Klangs durch Zu- oder Abschaltung von Registern oder das An- und Abschalten des Orgelmotors. Die Manipulation des Klangs durch halb gedrückte Tasten oder halb gezogene Register und die dadurch bewirkten „Intonationsschwankungen, nicht-temperierten Verstimmungen, verfremdeten Klangfarben“ sind so nur auf Orgeln mit mechanischer Traktur möglich. Die Orgel der Kunst-Station Sankt Peter, die eine elektrische Traktur aufweist, bietet dafür aber die stufenlos regulierbare Winddrossel mit noch reicheren Möglichkeiten der Klangbeeinflussung (etwas, das Ligeti seinerzeit als notwendiges Element einer Orgel der Zukunft nur fordern konnte).

Nach Volumina wandte Ligeti sich nur noch zweimal der Orgel zu: Mit den beiden Etüden Harmonies (1967) und Coulée (1969). Beide variieren das Motiv des stationären Klangraums oder Klangobjekts auf je charak48

teristische Weise, doch so, dass in beiden Fällen – gerade im Vergleich mit der Exuberanz von Volumina – eine strikte Limitierung des musikalischen Materials wirksam wird.

Harmonies entfaltet sich als eine ununterbrochene Kette zehnstimmiger Akkorde. Alle zehn Finger liegen auf der Tastatur: Doch von einem Akkord zum anderen ändert sich jeweils nur ein Ton, wechselt nur ein Finger seine Position. Stattdessen soll die Klangfarbe häufig wechseln, mit unmerklichen, kontinuierlichen Übergängen; unterstützt durch einen stark herabgesetzten Winddruck, der das Spektrum insgesamt zu den „fahlen, merkwürdig fremdartigen, ,verdorbenen‘ Klangfarben“ (Vorwort zur Partitur) verschiebt. Zur Entstehungszeit war eine stufenlos regelbare Winddrossel, wie sie in der Kunst-Station Sankt Peter vorhanden ist, noch eine reine Wunschvorstellung. In diesem Punkt war Ligeti, wiewohl er selbst am Konservatorium das Fach Orgel belegt hatte, auf die Fantasie seiner Organisten angewiesen: Zsigmond Szathmáry etwa entnahm einige tiefe Pfeifen mit hohem Windverbrauch und ließ die Luft ungenutzt entströmen; Gerd Zacher behalf sich, indem er statt des Orgelmotors einen leistungsschwachen Staubsaugermotor (!) anschloss.

Coulée (wörtlich: ein reißender Strom) ist im Wesentlichen eine Kette extrem schnell zu spielender Achtelbewegungen, die freilich wiederum nur eine allmählich fortschreitende Akkordprogession umschreiben und in tremolierend-flirrende Bewegung versetzen: „So dass die Einzeltöne kaum mehr wahrzunehmen sind: Die Bewegung verschmilzt fast zu einem Kontinuum“ (Vorwort zur Partitur). Die äußerste Beschleunigung gebiert ein Paradoxon: den rasenden Stillstand. Für die Orgelmusik war dieser Satztypus, den Ligeti ein Jahr zuvor in seinem Cembalostück Continuum erstmals erprobt hatte, eine Novität. Indessen ist nicht zu verkennen, dass der auf Erweiterung und Erneuerung des Instruments, also auf die „experimentelle Orgel“ zielende Impuls hier schon erlahmt: Das Stück ist, Virtuosität und Nervenstärke vorausgesetzt, auf jeder Orgel ohne weitere Vorkehrungen spielbar.

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Mag sein, dass Ligeti zwischenzeitlich an der Innovationsfähigkeit des Orgelbaus verzweifelte: Die Etüde Coulée blieb jedenfalls sein letztes Orgelwerk. Dafür aber trug er seine weitreichenden, mitunter utopischen Vorstellungen einer „Orgel der Zukunft“ für ein Seminar der Orgelbaufirma Walcker im Januar 1968 zusammen und veröffentlichte sie noch im selben Jahr unter dem Titel „Was erwartet der Komponist der Gegenwart von der Orgel?“ Utopisch sind sie insofern, als sie, in letzter Konsequenz, für jeden Komponisten, womöglich gar für einzelne Kompositionen eine je eigene Orgel erfordern würden. Seine historischen Betrachtungen über die wechselseitige Beeinflussung von Kompositionsstilen und Instrumentenbau sind freilich kaum zu widerlegen, und gegenwärtig am Beispiel der Orgel in der Kunst-Station Sankt Peter zu beobachten. Viele der konkreten Forderungen, die Ligeti in seinem Text erhoben hat, sind hier verwirklicht: Die stufenlose Regulierung des Winddrucks, ebenso stufenlos regulierbare Tremulanten und Schwellkästen, die Speicherung und schnelle Abrufbarkeit von beliebig vielen Registerkombinationen (die dank fortgeschrittener Computertechnik über Ligetis Vorstellungen noch weit hinausgeht), ein „Multiplexwerk“, das der von Ligeti angestrebten totalen Verfügbarkeit aller Register auf allen Manualen zumindest teilweise nahekommt. Auch andere Vorstellungen Ligetis wurden in der von Peter Bares konzipierten „Orgel für Neue Musik“ Wirklichkeit: Ligeti schwebte eine „große Erweiterung des Farbwerks“ vor, dabei sollten „höhere Teiltöne und auch nichtharmonische Klangkomponenten“ einbezogen werden; er beschrieb die Einbeziehung von Stabspielen wie Xylophon und die „Annäherung an den Glockenklang und ähnliche Metallklänge“ als eine „Überlagerung harmonischer und subharmonischer Spektren“ (zit. n. Lichtenfeld 2007). Als Fernziel schwebte Ligeti „die absolute Beherrschung des Teiltonraums“ vor, also genau das, was mit der elektronischen Musik bezweckt wurde – nur im klanglichen Ergebnis „viel edler“, nämlich ohne Qualitätseinbußen durch standardisierte Lautsprechermembranen und Verstärkerrauschen. (Diese waren ein Hauptgrund dafür, dass Ligeti seine Beschäftigung mit der elektronischen Musik nach nur zwei Versuchen wieder einstellte.)

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Die Orgel der Kunst-Station Sankt Peter realisiert aber nicht nur vieles von dem, was Ligeti einst forderte – sie regt ihrerseits heutige Komponist:innen zu neuen Stücken an. Ligeti selbst konnte in seinen Orgelwerken mit diesen Möglichkeiten noch nicht rechnen, sie können also in seinen Stücken nur sehr begrenzt zum Einsatz kommen. Dominik Susteck hat sich also aus heutiger Perspektive noch mit zwei anderen Stücken Ligetis auseinandergesetzt: dem Klavierzyklus Musica ricercata von 1951-53 und der elektronischen Komposition Artikulation von 1958.

In beiden Stücken geht es um ein Problem, mit dem sich Ligeti ebenfalls intensiv beschäftigt hat: Musik als Sprache.

Das meint zunächst die eigene musikalische Sprache, die mehr ist als ein bloßer Personalstil: „Für die gegenwärtige Situation ist es typisch, dass es keine einheitliche Musiksprache, keinen verbindlichen kompositorischen Wortschatz mehr gibt. Jeder Komponist muss sich ein eigenes Vokabular schaffen“ (zit. n. Lichtenfeld 2007). Das tut Ligeti bereits in seiner frühen Komposition mit dem programmatischen Titel Musica ricercata. Tatsächlich „erforscht“ Ligeti in diesen elf Klavierstücken ganz systematisch die Möglichkeiten der Komposition mit den zwölf chromatischen Halbtönen: Das erste Stück basiert auf der Repetition und Oktavversetzung eines einzigen Tons, erst ganz am Schluss wird ein zweiter Ton und zugleich das elementare Intervall aller westlichtonalen Musik eingeführt, die Quintfallkadenz. Die weiteren Stücke arbeiten jeweils mit um einen Ton vergrößertem Tonvorrat, wobei sich aber die Intervallverhältnisse von Stück zu Stück ändern. Die drei Töne von Stück II liegen also im Halbtonabstand nebeneinander, die vier Töne von Stück III hingegen bilden alternierend einen Duroder Molldreiklang, und so fort. Aus den jeweiligen Intervallverhältnissen leiten sich elementare Ausdrucksgesten ab, die Ligeti zu kleinen Charakterstücken weiterentwickelt: In Satz II beispielsweise zu einem starren Trauerkondukt, in Satz III zu Fanfarenmotiven, in Satz IV zu einem Drehorgelwalzer, in Satz VIII zu einem „rumänischen Tanz“ im 7/8-Takt, in Satz IX zu einem von „tiefen Glockenklängen“ (so in den Noten bezeichnet) grundierten Memorial. Im Schlussstück, das 51

alle zwölf Töne verwendet, wird zugleich ein traditioneller Formtypus europäischer Kunstmusik erreicht: die frühbarocke Form des Ricercare – der Satz ist dem Großmeister dieser Form, Girolamo Frescobaldi, gewidmet. Ligeti selbst hat 1953 eine Orgelbearbeitung dieses Satzes geschaffen; die übrigen Sätze, die eine gewisse Härte und Kantigkeit vom schlichten und sehr ruhigen Duktus des Ricercars deutlich unterscheidet, hat Dominik Susteck für seine Orgel eingerichtet.

Die Idee einer „Musik-Sprache“ verfolgte Ligeti noch in ganz anderem Sinn: Zum einen verwendete er Sprachklänge als musikalisches Material, zum anderen strebte er danach, Musik im physischen Sinne „sprachähnlich“ zu machen. Gerade in seinem Orgel-Artikel nimmt diese Idee breiten Raum ein: Im Anschluss an die „sprechenden Automaten“, die das späte 18. Jahrhundert zu entwickeln suchte, träumte Ligeti von einer Orgel, die mit ihren Pfeifen Vokale, mit entsprechenden Schlagwerk- und Geräuschregistern aber Konsonanten zu erzeugen imstande wäre und also tatsächlich „sprechen“ könnte. Dem Einwand, dass man dann ja auch gleich menschliche Sprache verwenden könne, begegnete Ligeti schon im Vorhinein: „Illusionen, Scheinwirkungen, Projektionen des Realen auf die Ebene des Imaginären und das Zurückholen dieser Projektionen in eine Realität höherer Ordnung, das alles produziert Kunst“ (zit. n. Lichtenfeld 2007). Illusionen oder Scheinwirkungen spielen in Ligetis Werk allenthalben eine große Rolle: Sie bewirken paradoxe Hörerlebnisse. In Atmosphères erzeugt die mit subtilster Genauigkeit notierte Bewegung von Tonhöhen in der Zeit die Illusion eines Klangraums; in Continuum und Coulée erzeugt rasende Bewegung die Illusion von Stillstand; in den einander überlappenden Akkordprogessionen der späten Klavieretüde Coloana infinită entsteht die Illusion einer unaufhörlichen Aufwärtsbewegung ... Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren. Ähnlich paradoxe Ergebnisse zeitigte auch Ligetis Beschäftigung mit der Sprache. Das beste Beispiel ist die dreiminütige elektronische Komposition Artikulation. Ligeti interessierte sich für die Sprachähn52

lichkeit der synthetischen Materialien und arrangierte sie unter konsequenter Ausnutzung der Stereo-Wiedergabe zu einem Dialog, ja zu einem Streitgespräch, dessen letzte „Aussagen“ dann tatsächlich aus gesprochener menschlicher Rede gewonnen zu sein scheinen. Ligeti macht also aus synthetisch erzeugter Musik eine „künstliche Sprache“, bei der, wie Ulrich Dibelius notierte, „der charakteristische Tonfall für den Wortsinn einzustehen“ hat (Dibelius 1984). Der hochgradig abstrakte Vorgang des Komponierens elektronischer Musik mündet in fast schon ironischer Weise im Menschlich-Allzumenschlichen. Noch einmal Ulrich Dibelius: „Es gibt Frage und Antwort, hohe und tiefe Stimmen, polyglottes Reden und Dazwischenreden, Affekt und Humor, Plappern und Tuscheln.“ Zugleich aber ließ Ligeti eine Hörpartitur erstellen, die von alledem nichts ahnen lässt, sondern lediglich die Klänge in ihren unterschiedlichen Tonhöhen, Dauern und Klangqualitäten in Grafik umsetzt. Das Stück Artikulation entwickelt aus Musik Sprache; was in der Hörpartitur sichtbar wird, ist reine Musik.

Bei dieser Beobachtung setzt Dominik Susteck in seinen (von Artikulation inspirierten) Improvisationen Sprachsignale an: Er begreift sie konsequent als Musik, nicht als dialogische Sprache. Dass er damit zugleich seine eigene Sprache als musizierendes Individuum (weiter)entwickelt, ist eine paradoxe Pointe, die dem Meister der auskomponierten Paradoxa womöglich gefallen hätte.

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Ingo Dorfmüller

Mauricio Kagel Mauricio Kagel – Improvisation ajoutée (WERGO 73452) Mauricio Kagel (1931-2008) – Improvisation ajoutée. Musik für Orgel für einen Spieler und zwei Assistenten (1962) – Rrrrrrr ... Acht Stücke für Orgel (Raga, Rauschpfeifen, Repercussa, Ragtime-Waltz, Rondeña, Ripieno, Rosalie, Rossignols enrhumés) (1980-81) – General Bass für kontinuierliche Instrumentalklänge (Nr. 5 aus Programm. Gespräche mit Kammermusik) (1972) – Phantasie für Orgel mit Obbligati (1967) Dominik Susteck (*1977) – K-A-G-E-L für Orgel (Krachen, Aura, Geräusche, Ecken, Lang) (2012) Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2016 Bei seinem Erscheinen löste Mauricio Kagels Orgelwerk Improvisation ajoutée (1962) einen Skandal aus. Die offensichtlichen Gründe waren die Geräusche, die der Organist und seine zwei Assistenten produzieren – Sprechen, Husten, Lachen, Pfeifen, Klatschen, vor allem aber laute Schreie. Zum Chorpart seiner vier Jahre zuvor entstandenen Komposition Anagrama hatte Kagel in der Partitur angemerkt: „Wenn diese Schreie bei dem Hörer den Eindruck erwecken sollten, dass es sich hier um verletzte, schmerzleidende Personen handelt, dann ist dem Chor aufs Herzlichste zu gratulieren.“ Das ist sinngemäß auch auf die vokalen und körperlichen Entäußerungen des Organisten und seiner Assistenten in Improvisation ajoutée anzuwenden.

In den christlichen Kirchen war seit dem 19. Jahrhundert ein Ideal körperloser Reinheit (gleichsam als heiliggesprochene Bürgermoral) eingeschärft worden, kirchenmusikalische Erneuerungsbewegungen 54

zielten fast durchweg auf eine liturgische Objektivierung der Sakralmusik. Indessen ließ sich das „Seufzen der Kreatur“ (Röm. 8,22) nicht dauerhaft ausschließen. Seine Rückkehr wurde aber dennoch als Schock erlebt. Selbst heute ist das noch nachzuvollziehen, über 50 Jahre nach der Uraufführung von Improvisation ajoutée (bzw. der Ursendung – die Uraufführung im Bremer Dom war wegen Bedenken der dort Verantwortlichen kurzfristig abgesagt worden).

Es gibt noch eine weitere revolutionäre Neuerung in Improvisation ajoutée: Die beiden Assistenten fungieren auch als Registranten, und als solche haben sie eine eigene Stimme in der Partitur. Dadurch ergeben sich mitunter sehr schnelle Register- und Klangfarbenwechsel, eigenständig rhythmisiert und unabhängig vom Notentext des Organisten. Der eigentliche Orgelpart wiederum ist rhythmisch komplex und bewegt sich hauptsächlich in Akkorden und Clustern, wobei für die Cluster ein neues Notationssystem zur Anwendung kommt, das die Position der Hände auf dem Manual (Faust, Handfläche offen oder geschlossen, Handrücken, Unterarm) und die Bewegung der Füße auf dem Pedal grafisch darstellt. Die übrigen Aktionen – Schreien, Sprechen, Pfeifen, Klatschen et cetera, dazu auch einige gesungene Töne – sind mit approximativen Tonhöhen, aber exakt ausnotierten Rhythmen zusätzlich zur Bedienung der Orgel zu bewältigen. So sind noch die unmittelbarsten Lebensäußerungen exakt einzupassen in einen komplexen Zusammenhang.

Freiräume ergeben sich nur dort, wo die menschliche Kapazität überfordert oder das Gerät (in diesem Fall also die Orgel) mangelhaft ist. Für solche Fälle gibt der Komponist Hinweise: Wenn etwa die Bedienung des Registerwerks einer Orgel „umständlich“ sei, könnten im Notentext nach Bedarf Fermaten eingefügt werden. Ganz grundsätzlich heißt es in der Partitur: „Aufgrund der kontrapunktischen Vorgänge zwischen Organisten und Assistenten wird ein ständiges Rubato fast unvermeidlich sein.“ Hier ergibt sich der Freiraum für die titelgebende, eben „hinzuzufügende“ Improvisation: Sie ist freilich 55

kein Selbstzweck, sondern die Interpret:innen haben das Unvorhergesehene aufzufangen und, wie Juan Allende-Blin formulierte, „einer musikalischen Form einzuverleiben“ (Allende-Blin 1967). Ganz so, wie der Begriff von Technikern gebraucht wird: „Improvisation” bedeutet, im Notfall die Maschine am Laufen zu halten.

Es ergeben sich Wechselwirkungen – wenn etwa bestimmte Klangaktionen der Orgel Reaktionen der Individuen (Lachen, Schreien, Husten) hervorrufen. So entsteht der Gesamteindruck eines autonom operierenden Geräts, das zu unterhalten es arbeitsteiliger Verfahren bedarf, ohne dass der Einzelne das Ergebnis des Vorgangs zu bestimmen oder zu kontrollieren vermöchte. Ein Befund, der einem Publikum im Jahre 1962 noch ganz anders in den Ohren geklungen haben muss als uns Heutigen: Der Krieg und die Shoah, die sich auch als besonders sinistre Hervorbringungen arbeitsteiliger technischer Zivilisation beschreiben lassen, lagen da gerade einmal 17 Jahre zurück.

Weniger komplex als bei Improvisation ajoutée fiel das klangliche Ergebnis bei Kagels zweitem Orgelstück, der Phantasie für Orgel mit Obbligati (1967) aus. Dafür hat Kagel es mit einem soziokulturell-theatralen Subtext versehen, der – eingedenk seiner Maxime, dass man „mit Schauspielern, Tassen, Tischen, Omnibussen und Oboen“ (Kagel 1982) komponieren könne – die Grenze von „Kunst“ und „Leben“ noch entschlossener überschreitet und damit eine ganz andere Art von Komplexität erzeugt.

Der Orgelpart wird hier nämlich ergänzt durch zwei Tonbänder, die in überlappender Wiedergabe wie ein „Hörfilm“ den Arbeitstag des Organisten akustisch dokumentieren: vom Regen beziehungsweise Hagel am Schlafzimmerfenster beim Aufstehen, über die allmorgendlichen Verrichtungen, von der Toilettenspülung bis zum Toaster, den Weg zum Arbeitsplatz und die Fahrt mit der U-Bahn, bis hin zu den allfälligen Tätigkeiten, der musikalischen Begleitung diverser Kasualien. Der Witz dabei ist, dass der ausführende Organist die Aufnahmen selbst machen soll: Sie sollen also seinen persönlichen Alltag dokumentieren. Andererseits sind sie „Obbligati“, also Verpflichtungen (in der 56

Barockzeit wurde mit diesem Begriff etwa die Mitwirkung bestimmter Soloinstrumente vorgeschrieben): Der Klang eines Toasters etwa muss vorkommen, unabhängig davon, ob der jeweilige Ausführende überhaupt Toast zum Frühstück zu nehmen pflegt. Es geht also schon hier nicht um das Individuum als solches, sondern um Fremdbestimmung und die Erfüllung von außen auferlegter Normen.

Das Stück entwickelt diese Entfremdungs-Thematik konsequent weiter. Und zwar da, wo man sie am wenigsten vermuten würde: in den benachbarten Bereichen des „Kreativ-Künstlerischen“ und des „Göttlichen“. Doch auch hier haben die Vollzugsroutinen der arbeitsteiligen Gesellschaft längst Eingang gefunden. Technische Geräte (Wasserkocher, Eieruhr, Toaster, Radio, U-Bahn) bestimmen und takten den Arbeitsalltag, und für den Organisten oder die Kirchenmusikerin sind auch die Kirchenglocken und sein Arbeitsgerät, die Orgel, zunächst einmal nichts weiter als zusätzliche Taktgeber. Bis hin zu den kirchlichen Amtshandlungen, deren akustischer Niederschlag den Schluss des Stücks bildet. In ihrer Abfolge (Taufe – Hochzeit – Begräbnis) sind sie zugleich ein menschliches Leben im Schnelldurchlauf: ein Leben, fremdbestimmt und ferngesteuert.

Freiräume bietet hier tatsächlich die Musik, die sich autonom neben dieser Klangspur behauptet: Hier sind Tonhöhen und Rhythmen oft nur angedeutet, grafisch Notiertes findet sich ebenso wie Gelegenheiten zur freien Improvisation. Erst mit Erreichen des Arbeitsplatzes wechselt die Orgel zurück in ihre konventionelle Funktion: Die Achtelund Sechzehntelketten dreier Chopin-Etüden übereinandergeschichtet signalisieren eine Art Sollübererfüllung in Sachen musikalischer Sinnstiftung. In Wahrheit aber sind sie, aus dem ursprünglichen Zusammenhang gelöst, selbst sinnentleerte Floskeln. Konsequenterweise schaltet der Organist den Orgelmotor danach ab, verlässt, während vom Band die liturgischen Formeln zu hören sind, die Orgelbank, und setzt sich nach dem Willen des Komponisten still und unauffällig ins Publikum.

Die letzten Klangaktionen führt der Registrant auf dem ersterbenden 57

Wind durch. Die hochmoderne Orgel in der Kunst-Station Sankt Peter bietet in Abweichung von der Partitur die Möglichkeit, mittels eines eingebauten Computers Musikstücke zu speichern und dann automatisch ablaufen zu lassen. So spielt also die Orgel ganz normal weiter, während der Organist schon längst seinen Platz verlassen hat.

Das kommt Kagels Intentionen womöglich noch näher. Denn anstelle des klassischen „Soli Deo Gloria“ setzt er ans Ende seiner Partitur das Wortspiel „Dei gratia ex machina“: Die Gnade Gottes als Maschinenprodukt – Sinnstiftung zum Bestehenden, käuflich zu erwerben. Nicht anders übrigens als die Kunst, die allein schon dadurch, dass sie sich in den dafür vorgesehenen Institutionen ereignet, nicht anders kann, als affirmativ zu wirken. Der Befund ist ätzend, die Schlussgeste unzweideutig: Der Künstler verweigert sich solch folgenloser Utopieproduktion.

Mauricio Kagel ist noch einmal auf die Orgel zurückgekommen: mit den acht Orgelstücken Rrrrrrr... (1980-81) – ein Auszug aus einem größeren, insgesamt 41 Stücke in verschiedener Besetzung umfassenden Zyklus.

Diese Stücke sind nicht mehr so offenkundig gesellschaftskritisch wie die vorangehenden, sie sind „abgeschlossen“ im Sinne des klassischen Werkbegriffs, und sie beschränken sich auf die traditionelle Schreibweise für Orgel. Und dennoch bleibt der Komponist sich treu: Einer alten Leidenschaft für das Lexikalische folgend, wählt er aus einem Musiklexikon lauter Begriffe mit dem Buchstaben „R“ als mehr oder minder zufällige Ausgangspunkte. Als Herausforderung an die eigene Fantasie – aber eben auch als systematische Erkundung von Randbezirken des Musikalischen.

Randbezirke zumindest aus der Perspektive des mitteleuropäischen Konservatoriums: das Außereuropäische (Raga, Ragtime), das Volksmusikalische (Rondena), das Alte (Rauschpfeife, Repercussa), das Minderwertige (Rosalie). Sie alle verwandelt er in kleine Charakterstücke mit vielfältigen, augenzwinkernd angepeilten Bezügen. Im Mainstream liegt lediglich der Begriff „Ripieno“, den er als Synonym 58

für „organo pleno“, also das volle Werk der Orgel interpretiert (und entsprechend statiös inszeniert). Ein typisches Beispiel für Mauricio Kagels hintersinnigen Humor sind die „Rauschpfeifen“ : Der Begriff bezeichnet ein Obertonregister, das den Klang der Rauschpfeifen nachahmt – dieser Begriff wurde im 16. Jahrhundert für Schalmeien und ähnliche Doppelrohrblattinstrumente verwendet. Kagel scheint aber eine ganz andere Bedeutung im Sinn zu haben: stolpernde Bewegung – die Vortragsanweisung lautet „mühsam“ –, lallende Glissandi und am Ende ein komatöses Absaufen des Klangs: Das sind Kagels „RauschPfeifen“ ...

Wahrhaft zu sich selbst aber kommt diese Musik im Schlussstück. Die lange Reihe musikalischer Idyllen, die sich durch die Jahrhunderte mit dem Begriff „Rossignol“ (Nachtigall) verbinden, hat Kagel nicht verlängern wollen. Seine „erkälteten Nachtigallen“ (Rossignols enrhumés) transponieren das ganze Repertoire an diesbezüglichen Figuren und Fiorituren ins tiefste Bass-Register. Die Hierarchie der Töne steht Kopf: Das verächtliche Floskelwerk der „Rosalien“ (auch als „Schusterfleck“ bekannt) wird Gegenstand einer raffinierten kleinen Etüde, die Nachtigall, Inbegriff des musikalisch Schönen, verendet in röchelnden Zungenstimmen. So komisch das ist: Es zeigt den Komponisten bei aller äußeren Konzilianz – unversöhnt.

Die Komposition General Bass von 1972 gehört zum Zyklus Programm.

Gespräche mit Kammermusik, mit dem Kagel das Ritual des bürgerlichen Konzertbetriebs dekonstruierte, so wie er es kurz zuvor – unter dem Titel Staatstheater – mit der Oper getan hatte. General Bass ist nicht ausdrücklich für die Orgel bestimmt, sondern laut Untertitel für „kontinuierliche Instrumentalklänge“, genauer gesagt, für jedes Instrument, das in Basslage lange Haltetöne produzieren kann. Der Klangeindruck unterläuft freilich die Erwartung, die der Titel wachruft – das Stück ist durchweg in dreifachem Pianissimo notiert: Der „General-Bass“ wird also auf seinen italienischen Ursprung, den „Basso continuo“, zurückgeführt.

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In fünf Improvisationen reflektiert Dominik Susteck seine Erfahrungen mit Kagels Orgelwerk: Nach dessen Vorbild nimmt er die zufällige Vorgabe des Namens K-A-G-E-L als Herausforderung der Fantasie – und einigermaßen „kagelesk“ wirken auch die Titel, die die Grundideen der fünf Improvisationen auf den Begriff bringen. Ohrenfällig ist zudem eine Reihe direkter Entsprechungen, etwa die Vokalklänge im ersten Stück, die unmittelbar aus Improvisation ajoutée stammen könnten, oder die Liegeklänge à la General Bass im zweiten Stück.

Doch das Moment des gesellschaftskritisch Diskursiven erscheint in den Improvisationen in einen lyrisch-erzählerischen, subjektiven Gestus gewendet: Wo der Komponist Unfreiheit konstatiert, bewirkt der Improvisator eine Befreiung. Extreme Klänge und Geräusche, die Kagel als Störungen inszeniert, begegnen in den Improvisationen als dem Orgelklang gleichwertige Materialien – und werden im scheinbar selbstverständlichen Spiel neu zusammengefügt: apokalyptisch und lustvoll, gewalttätig und erregend ...

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Neue Einfachheit und Individualisierung In Reaktion auf spätromantisches Pathos, Expressionismus und deren Missbrauch insbesondere durch die Kultur-Propaganda des NaziRegimes hatte sich eine junge Komponistengeneration nach 1945 scharf von einem ausdrucksgesteuerten Komponieren abgegrenzt.

Komplexe, serielle Methoden, später auch die Einbeziehung des Zufalls als kompositorisches Element wirkten einer rein subjektiven musikalischen Perspektive entgegen und sollten sowohl die Objektivierung des Kunstwerks als auch seine gesellschaftliche Relevanz in einer neuen Zeit gewährleisten.

In Deutschland setzte ab den 1970er-Jahren mit Wolfgang Rihm als prominentestem Vertreter eine Gegenbewegung ein, welche die zeitgenössische Kritik eher vage als „Neue Einfachheit“ zusammenfasste – ein Attribut, das auch Karlheinz Stockhausens späteren Werken, zum Beispiel seinem 1974-75 entstandenen Tierkreis, verliehen wurde.

Ursprünglich komponiert für Spieluhren und vom Komponisten für beliebige Besetzungen freigegeben, lässt die reduzierte Komposition kaum noch den notorischen Revoluzzer der seriellen und elektronischen Musik aus den 1950er- und 1960er-Jahren erahnen. Dominik Sustecks individuelle Interpretation nutzt jedoch die einzigartigen Möglichkeiten der Orgel von Sankt Peter und kann Stockhausens Werk dadurch als eine sinnfällige Weiterführung avantgardistischen Denkens präsentieren.

Dass das Beharren auf Individualität und subjektivem Ausdruck keinesfalls mit einer Verflachung oder Simplifizierung der musikalischen Mittel einher gehen muss, hat Wolfgang Rihm seit seinen ersten forschenden Orgelwerken in einem umfassenden Œuvre zur Genüge bewiesen. Die Komponistin Adriana Hölszky hat die Verbindung gleichermaßen kompromissloser Expression und Konstruktion zum Prinzip ihrer – oft erfrischend verstörenden – Arbeiten erhoben.

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Dominik Susteck

Karlheinz Stockhausen. Zur Interpretation des Tierkreis auf der Orgel Karlheinz Stockhausen – Tierkreis. Zwölf Melodien der Sternzeichen (WERGO 67362) Karlheinz Stockhausen (1928-2007) – Tierkreis (1974-75) sowie vier Improvisationen von Dominik Susteck – Wassermann, Fische, Widder – Improvisation I – Stier, Zwillinge, Krebs – Improvisation II – Löwe, Jung frau, Waage – Improvisation III – Skorpion, Schütze, Steinbock – Improvisation IV Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2011 Anders als in früheren Kompositionen präsentiert sich Karlheinz Stockhausen in Tierkreis (1974-75 ursprünglich für Spieluhren komponiert) keineswegs avantgardistisch. Er verwendet ein traditionelles Gefüge aus Melodie und Begleitung. Die Melodie wird in den Mittelpunkt gestellt und ist leicht eingängig, erinnert an die Bagatellen Beethovens oder Weberns. Trotz ihrer zauberhaften Naivität strahlt sie die Akribie eines erfahrenen Komponisten aus. Auf engem Raum wird alles gesagt. Die Erfahrung des seriellen Komponisten spürt man durch die Abgeschliffenheit des Materials und seiner kompositorischen Präsentation. Typisch für Stockhausen ist die allumfassende Kompositionsweise, die sämtliche zwölf Sternzeichen behandelt. Stockhausen durchstreift auf diese Weise einen ganzen Mikrokosmos an verschiedenen musikalischen Charakteristiken. Der äußere Rahmen der Sternzeichen bot Stockhausen Struktur und Halt beim Kompositionsprozess.

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Zunächst sind die Aufführungshinweise zu beachten. Christel Stockhausen nennt im Einführungstext zur Partitur „verschiedene Aufführungsmöglichkeiten, diese Stücke für den Hörer interessant und in ihren Strukturen deutlich erkennbar zu gestalten“. Die einzelnen Sätze sollen drei- oder viermal hintereinander gespielt werden. So entstehe aus den unterschiedlichen Wiederholungen Variation. Das Variationsprinzip drängt sich auf, weil zwar Auslassungen, unterschiedliche Instrumentierung und freie Oktavlagenwahl möglich sind, aber Tempo und Ausdruck nicht verändert werden sollen. Es entsteht eine festgefügte Form dieser Miniaturen, weil ihr Gestus durch die aufführungstechnische Strenge weitgehend unverändert bleibt. Deshalb lässt Stockhausen auch Fassungen auf einem rhythmisierten Zentralton zu: Durch den Gestus der Musik bleibt diese trotzdem erkennbar. Die Tonhöhe wird für den Hörer immer unwichtiger, je öfter eine Miniatur wiederholt wird. Die rhythmische Struktur der Musik prägt sich zügig ein und verschafft dem Hörer einen hohen Wiedererkennungswert.

Deshalb erscheint es mir abwegig, die Struktur der Musik zu verdeutlichen. Die Struktur liegt offen. Auch die Spielanweisungen Christel Stockhausens betonen keineswegs die Struktur, sie verhalten sich meistens unabhängig zu ihr: Töne und Takte können ausgelassen, die Dynamik verändert, die Oktavlagen frei gewählt werden. In meiner Interpretation ergänze ich diese Struktur, statt die eigentliche Struktur hörbar zu machen. Stattdessen macht es für mich Sinn, die Musik mit jeder Variante zu verschleiern und auf diese Weise für den Hörer interessant werden zu lassen. Durch die unterschiedlichen Erkennungsgrade der Musik entsteht ein Sog, der den Hörer in seinen Bann zieht.

Durch die sprachähnliche Struktur der Musik wurde mir bewusst, dass der Musik ein Kontrapunkt entgegengesetzt werden muss, sollte sie sich nicht in ihren vielen Wiederholungen totlaufen. Ihre kleingliedrige Struktur verlangt nach einem Hörraum, der gegensätzlich gepolt ist. So entschied ich mich für unterbrechende Improvisationen, die ich regelmäßig nach jeweils drei Sternzeichen einfügte. Die improvisierte Musik 64

sollte gerade nicht musiksprachlichen Prämissen folgen, sondern frei und eigenständig sein. Sie muss einen Klangraum bilden, der das Ohr wieder öffnet, um auf die weiteren Sätze zu hören. Ganz an der Gegenwart orientiert, bildet sie gestaltete Zeit in frei vergehender Form.

Sie entwickelt sich zu unmittelbarer, musikalischer Energie. Anders als die Sternzeichen, die syntaktische Musik darstellen, verlassen die Improvisationen den Bereich herkömmlicher musikalischer Elemente, um nach vorne zu strömen. In einer eigenen Fortpflanzungsenergie bewegen sie sich unabhängig von formalen Mustern der Variationen oder Wiederholungen, wie man sie bei Stockhausen findet. Es wird eine historische Perspektive vermieden, um zu einem gegenwärtigen Ausdruck zu gelangen. Auf das Visuelle übertragen, bilden die Improvisationen quasi zeitlose, geometrische Figuren, die den ausgestalteten Bildern der Sternzeichen gegenüberstehen. Das Instrument wird ganz als Zeitwerkzeug aufgefasst. Die Tradition wird zugunsten einer fortwährenden Suche nach Ausdruck verlassen. So bilden die Improvisationen einen deutlichen Kontrast zu Stockhausen und lenken die Konzentration zurück auf die differenzierte Ausgestaltung der Sternzeichen.

Das leicht zu durchschauende Variationsprinzip der einzelnen Wiederholungen legt eine radikale Ausformung der Klangfarbe nahe.

Die Verwischung der Musik von der Melodie zur Klangfarbe in verschiedenen Graden von Verständlichkeit rechtfertigt erst ihre Wiederholung. Die offenen Strukturen laden dazu ein, Dehnungen und Stauchungen der Klangfarbe bis zum Geräusch hin vorzunehmen. Die vier wichtigsten Techniken der Transformation der Klangfarbe werde ich im Folgenden erläutern. Die herkömmlichen, auch auf anderen Instrumenten anzuwendenden Techniken der Oktavlagenwahl und Auslassung von Tönen und Takten werde ich nicht weiter thematisieren, weil sie nicht orgelspezifisch sind.

Die Orgel ist ein Instrument, dem das Prinzip der Zuschaltung von Obertönen zur Gestaltung eines Klangs zugrunde liegt. Entspricht die Taste der gemeinten Tonhöhe (also Taste c’ zu Klang c’), zieht man ein 8-Fuß65

Register (also ein Register, dessen tiefste Pfeife, C, acht Fuß lang ist). Eine oder zwei Oktaven höher sind dann 4- oder 2-Fuß, Oktaven darunter 16- und 32-Fuß. Auch andere Intervalle wie Quinte oder Terz treten auf.

So gesehen ist die Orgel der erste Synthesizer, wobei jedem seiner Töne eine echte, handgemachte Pfeife zugrunde liegt. Die Bauform der Pfeife entscheidet über deren individuelle Klangfarbe. Zusätzlich zu den etwa 90 herkömmlichen Registern enthält die Orgel von Sankt Peter eine Physharmonika (durchschlagende Zunge), eine Trillerpfeife (weltweit einmaliger Bau) sowie Saxophon-Register in den Lagen 16- und 32-Fuß (weltweit einmaliger Bau).

In der romantischen Musik ist das Prinzip der Zuschaltung von Obertönen zurückgegangen. Dieser orgelbauliche Trend der romantischen Orgel ist im aktuellen Orgelbau noch gegenwärtig. Das Instrument der Kunst-Station Sankt Peter widersetzt sich jedoch diesem Trend und bietet eine Fülle von zuschaltbaren Obertönen an. Das Instrument ermöglicht dadurch leichte Differenzierungen im Detail: So ändert sich der Klang eines 8-Fuß mit einer Sept 1-1/7-Fuß und eines 8-Fuß mit einer None zwar deutlich hörbar in der Klangfarbe, die Dynamik und der strahlende Gestus bleiben jedoch nahezu identisch. Die Orgel von Sankt Peter verfügt außerdem über eine ganze Palette ähnlich angelegter Cymbeln, die jeweils ein leicht verändertes hohes Obertongemisch anbieten. Um nicht aufdringlich zu werden, sind diese Cymbeln alle komplett in einen Schwellkasten der Orgel eingebaut, womit ihre Dynamik steuerbar bleibt.

Die Obertöne lösen sich in Klangfarbe auf. Diese Obertongemische bieten Hunderte von Möglichkeiten der Nuancierung des Klangs. Das feine Ausbalancieren und damit die Variation der Klangfarbe auf vier Manualen ist die erste von mir angewandte Technik. Landläufig würde man sie auch als Registrierung bezeichnen. Eine weitere klangliche Komponente bietet die Aufteilung in Chor- und Hauptorgel in einem relativ kleinen Raum: Klänge können im Stereoeffekt von vorne nach hinten geschickt werden. Ähnlich wie Stockhausen in seiner Studie II mit Tongemischen arbeitet, lässt sich an der Orgel von Sankt Peter die Musik in der Klangfarbe unabhängig von der Registrierung unterschiedlich verwischen. Eine 66

Mixturenkoppel macht dies möglich: Aus jeweils einer Oktave unterhalb und oberhalb der gedrückten Taste können beliebig viele Töne zugeschaltet werden. Stellt man z. B. d’ und e’ ein, so drückt man Taste c’ und es erklingt c’, d’, e’, drückt man d’, so erscheint d’, e’, fis’. Mit diesen Gemischen von Klängen können Melodie und Linien in Klänge umgewandelt werden. Es entsteht eine Art Klangfarbenmelodie: eine Vermischung von Tonhöhe und Klangfarbe. Diese zweite Technik habe ich angewandt, um die einzelnen Variationen immer weiter ins Clusterhafte hineinzuführen und dadurch zu verfremden.

Der dritte Aspekt ist die Gestaltung der Musik durch das zugeschaltete Schlagwerk. Eine neue klangliche Dimension wird hinzugefügt: das Geräusch. Die Orgel an Sankt Peter verfügt über unterschiedlich gestimmte Schlagzeugregister, die sich über die Manuale bedienen lassen. Die wichtigsten sind Xylophon, Xylodur, Röhrenglocken, Harfe und Glockencymbel. In verschiedenen Geräuschabstufungen und Dynamikgraden wird dem Pfeifenklang Percussion hinzugefügt. Eine erstaunliche klangliche Wirkung tritt ein. Bestimmte Konturen der Klänge treten stärker hervor. Farbige Register und glockenähnliche Percussionstimmen mischen sich gut. Ich habe an einigen Stellen diese Technik extrem ausgereizt: So wird eine Melodie nur mit einem rhythmisierten Percussioncluster wiedergegeben; ein anderes Stück erscheint zunächst nur mit einem gestimmten Schlagzeugregister.

Der vierte Aspekt bezieht sich auf den Winddruck der Orgel. Gewöhnlich hört sich das Instrument Orgel sehr starr an, was auf dessen einheitlichen Winddruck zurückzuführen ist. Die Orgel kann deshalb nicht atmen, weil all ihre Windbewegungen durch einen einzigen Magazinbalg gefesselt sind. Die Orgel der Kunst-Station Sankt Peter verfügt über eine stufenlos verstellbare Winddrossel. Diese macht unterschiedliche Abstufungen im Klang möglich, die zwischen vollem Wind und leichtem Säuseln schwanken. Durch den reduzierten Winddruck nimmt man der Musik die Kraft. Verzerrungen in der Stimmung treten auf und bereichern das Spektrum der Klangfarbe. Der Orgelklang beginnt zu leben.

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Aus der Struktur von Tierkreis lässt sich keinesfalls eine logische Struktur der Interpretation ableiten. Es gehört gerade zum Spiel der Musik dazu, dass einzelne Fassungen vertauscht, Figuren ausgelassen und Ebenen zugefügt werden können. Eine Interpretation muss dennoch einen bestimmten Ablauf zugrunde legen, zumindest bei einem so komplexen Instrument wie einer großen Orgel, wo ein spontanes Registrieren in der Vielfalt verschiedener Register kaum möglich ist. Die Abfolge muss jedoch das Spontane, Improvisatorische der Interpretation aufnehmen und sich zu eigen machen. Eine gewisse Tendenz in der Interpretation zwingt sich aber auf, weil die einzelnen Sätze, bevor eine allzu starke Verfremdung eintritt, in ihrer Faktur erkennbar bleiben sollen. Die Eröffnung jedes Satzes ist nach diesem Prinzip aufgebaut. Die einzelnen Wiederholungen bilden dann mehr oder weniger starke Varianten des Ausgangsmaterials. Zwar entstehen Kontraste innerhalb der einzelnen Varianten, dennoch strebt die Interpretation innerhalb der Sätze nach prozesshaft entwickelter Geschlossenheit. Das bedeutet, dass ein Satz zunächst auf die ihm innewohnende Charakteristik untersucht wird.

Der Wassermann eröffnet beispielsweise den Tierkreis in einer relativ neutralen Charakteristik. Seine weiche Faktur wird in Flötenklänge mit Tremulanten eingebettet. Als Schlagzeug erscheint die Harfe. In einem zweiten Schritt werden die Wiederholungen des Satzes als Prozess gedeutet. Schon die zweite Wiederholung integriert verstörende Pausen zu den Aliquoten und der Trillerpfeife, enthält aber immer noch die ursprüngliche Eigenart des Vorherigen. Die dritte Wiederholung reduziert die Melodie auf ihren Rhythmus, auf eine einzige, mit Schlagzeug angereicherte Tonhöhe. Gegen Ende verwandelt sich die Melodie in der vierten Variation in Clustergebilde aus der Physharmonika.

Die Fische sind bewegter. Sie enthalten zunächst weiche Xylophonschläge, die die Ausgangscharakteristik darstellen. Der Prozess dieses Satzes ist auf Abwechslung angelegt. Die zweite Wiederholung reißt die Musik in einen fremdartigen Zusammenhang mit Sirene und allerlei Zusatzinstrumenten. Hoch und tief stehen sich danach die Flöte 68

(2-Fuß) und Bourdon (16-Fuß) gegenüber. Die letzte Wiederholung reduziert die Orgel zu einem Melodieinstrument. In weiter Ferne singt die Trillerpfeife.

Tierkreis ist für Spieluhren geschrieben. Mein Ziel bei der Interpretation war deshalb, der Orgel etwas Differenziertes, Intimes zu vermitteln.

Melodie und Begleitung werden stets auf verschiedenen Klangebenen ausgeführt, die sich zusätzlich gelegentlich noch abwechseln. Hinzu kommt, dass dem Kleinen, Intimen auch etwas Geheimnisvolles, Mystisches anhaften kann, was die Orgel vielleicht per se mitbringt. Dynamisch sollte allerdings die gesamte Bandbreite ausgeschöpft werden, was der Orgel mit dieser Musik einen manchmal paradoxen Zustand zwischen Kraftaufwendung und Intimität verleiht, ähnlich dem eines zornigen Kindes.

Der Widder erhält solche störrischen Klänge aus tiefem Saxophon, Schlagzeug und Zungenpfeifen. In den letzten beiden Wiederholungen verdichten sich die Töne zu dissonanten Gebilden, die nur noch entfernt an die Melodie erinnern. Zunächst tauchen harte Psalteriumschläge auf, bevor der tiefen Bärpfeife auf halbem Wind wüste Verzerrungen abverlangt werden.

Der Stier wird mit hohen Aliquoten eingeleitet. Seine nächste Wiederholung richtet die Aliquoten ins dramatisch Extreme, während die letzte mit hinzugefügten Pausen die Obertöne durch das Schlagzeug anreichert.

Die Zwillinge beginnen in der Partitur mit einem charakteristischen Akkord, der während des ganzen Stücks als eine Art Orgelpedal gehalten wird und sich mit den verschiedenen Varianten klanglich verändert. Dadurch bekommt der Satz eine große Eindringlichkeit. Mit dem abfallenden Winddruck wird das Orgelpedal verzerrt und in die Stille zurückgeführt.

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Der Krebs ist der einzige Satz, der solistisch mit dem Schlagzeug beginnt.

Seine Teile sind komplett kontrastierend gestaltet. Die zweite Wiederholung führt die zittrige Physharmonika ein, bevor eine knochige Zungenfassung und eine dumpfe Pedalfassung folgen.

Schon die Aufzählung der einzelnen Sätze zeigt die Problematik einer Gesamtaufführung. Auch im Gesamten verlangt eine Musik nach Bewegung, nach einem Prozess, um nicht in kleine Abschnitte zu zerfallen.

Mit dem Löwen als Mitte der Komposition ist zugleich die größte Lautstärke der Musik erreicht. Das Tutti der Orgel erinnert an den prunkvollen Einzug eines Königs. Die zweite Wiederholung verstärkt diesen Effekt durch Einsatz von Röhrenglocken und Quintorganum, bevor die nächsten Varianten ins Eigentümliche abgleiten und die Ausgangscharakteristik bizarr nachklingen lassen.

Die Jung frau arbeitet mit einer Echotechnik zwischen erster, zweiter und dritter Wiederholung. Die Musik wird immer leiser und zurückgezogener, bevor die letzte Wiederholung den Anfang erneut aufgreift und die Flötenklänge in einer Organumtechnik mitlaufen lässt.

Die fantastische Waage wird nur zweimal wiederholt. Sie singt in obertonreichen Klangfarben und ist ganz der Spieluhrensphäre zugeordnet.

Der Skorpion ist mit einem rauschenden, permanenten Psalteriumklang unterlegt. Repetierend antwortet die zweite Wiederholung mit XylophonEcho. Die kräftige dritte Wiederholung ändert den Klang, bis sich in der letzten ein changierender Pedalklang entwickelt, der die Musik abschließt.

Der Schütze verwendet den Raumklang zwischen den beiden Orgeln, bis er in weiterer Wiederholung in eine „quietschige” Organum-Fassung umschlägt, die dann zum Ausklang in schlagendem Psalteriumcluster Spitzes und Dumpfes vereint.

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Offen und nachdenklich ist der Steinbock als letzter Satz gestaltet.

Begleitende Flötenstimmen wechseln die Oktavlage und die Tremulantengeschwindigkeit. Die Musik zieht sich ins Nichts zurück, indem der Winddruck langsam reduziert wird.

Tierkreis erklingt in meiner Interpretation als musikalische Bewegung.

Die Musik wird in unterschiedliche Facetten getaucht. Sie erscheint wie ein vielfach gespiegelter Gegenstand, der zwischen Geräusch und Ton, zwischen Klangfarbe und Tonhöhe variiert. Seine extremen Veränderungen machen das Hören zu einer Herausforderung. Das Instrument Orgel klingt nicht mehr nach Orgel, sondern zeigt sich als farbiges, wendiges und dynamisches Wesen. Zugleich wird es zu einer Spieluhr, die Großes und Kleines, Wildes und Mystisches miteinander verbindet.

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Ingo Dorfmüller

Wolfgang Rihm Wolfgang Rihm – Orgelwerke (WERGO 67512) Wolfgang Rihm (*1952) – Bann, Nachtschwärmerei für Orgel (1980) – Fantasie für Orgel (1968) – Drei Fantasien für Orgel (1967) – Sinfoniae I. Messe für Orgel (1971) – Contemplatio per organo (1967) – Siebengestalt für Orgel und Tamtam (1974) Dominik Susteck, Orgel Jens Brülls, Tamtam Erscheinungsjahr: 2012 In Wolfgang Rihms so umfangreichem wie vielgestaltigem Werk spielt die Orgel eine besondere Rolle: als bevorzugtes Instrument früher kompositorischer Selbstfindung. Es handelt sich hier also hauptsächlich um Jugendwerke, doch sie bieten bereits Formulierungen von kraftvoller Eigenart. Die Stücke entstanden zwischen 1967 und 1980: Die frühesten sind Werke des fünfzehnjährigen Gymnasiasten; bei der Entstehung seines (vorerst?) letzten Orgelstücks Bann, Nachtschwärmerei war Rihm 27 Jahre alt und bereits ein viel gespielter Komponist. In diese Zeit fallen nicht nur seine Kompositionsstudien – unter anderem bei Eugen Werner Velte, Karlheinz Stockhausen und Klaus Huber –, sondern auch jene Stücke, die seinen Namen mit einem Schlag bekannt machten: insbesondere Morphonie (1974) und Sub-Kontur (1976), beide uraufgeführt bei den Donaueschinger Musiktagen. Sie zeichnen sich durch ein geradezu paradoxes Verhältnis zur Tradition aus; zum einen die Rückkehr zur geschlossenen Form, zum emphatisch bejahten Werkbegriff und zum „auktorialen Komponieren“, was als Provokation empfunden wurde in einer Zeit, da man sich bevorzugt mit offenen Formen, Aleatorik und Kollektiv-Improvisationen beschäftigte. Auf 72

der anderen Seite steht aber die Unmittelbarkeit und Ausdruckskraft, ja Ausdrucksgewalt von Rihms Musik (er selbst spricht vom „Atavistischen“, „Rohen“, von „unreiner Musik“) diametral gegen die Tradition formaler Bändigung solcher Energien in der europäischen Kunstmusik: „Werk und Form“ sind ihm, so schrieb er in einem Essay zu Sub-Kontur, die „Garanten musikalischer Offenheit und des letzten Rests anarchischer Selbstbehauptung von Kunst, Künstler und Rezipient“.

Das ist nun freilich etwas ganz anderes als jene Hinwendung zur Hermetik und zum Formalismus, die Rihm damals vorgeworfen wurde.

Seine Kompositionen wachsen „vegetativ“ aus einer initialen Idee, oft aus elementaren Materialien, und sie wachsen dabei in einen bestimmten, ihnen angemessenen Satztypus hinein. Doch diese Formfindung hat Rihm immer als etwas Sekundäres beschrieben: „Mein erster Schritt war der affektive, emotionsbetonte; er provozierte die Fantasie, diese formulierte die Komposition“, schrieb er 1976/77 zu seinem Orchesterstück Dis-Kontur (Rihm-Zitate in diesem Beitrag: n. Mosch 1997).

Schon die frühen Orgelstücke eröffnen dieses Spannungsfeld. 1983 schrieb Wolfgang Rihm im Rückblick auf seine kompositorischen Anfänge sehr selbstironisch, er habe früher „viel Orgelmusik komponiert, so um die Zeit 1966 bis 1970, wenig Frommes, meist dröhnend Freies, kindhaft pompig“. Möglicherweise dachte er dabei an jene fünf unveröffentlichten Jugendwerke, deren Manuskripte sich im Besitz der Paul-Sacher-Stiftung befinden. Hinsichtlich der hier eingespielten Frühwerke wird man Rihms Einschätzung jedenfalls nur bedingt teilen können. Die Drei Fantasien und die Contemplatio, entstanden 1967, Werke des Fünfzehnjährigen, sind überraschend zurückgenommen, fast sparsam – man könnte an Erik Satie als ein mögliches Vorbild denken.

In den Läufen der zweiten und dritten Fantasie (Hymnus) steckt eine Spur traditioneller Orgelvirtuosität, insgesamt aber dominiert das melodische Element, als wäre es ein Nachhall choralgebundener, liturgischer Musik. In der Komposition Contemplatio begegnet uns dann tatsächlich ein (in den Noten so bezeichneter) „Alleluia“-Cantus-firmus, gekleidet 73

in farbige Harmonien à la Messiaen.

Die 1968 entstandene Fantasie für Orgel geht einen bedeutenden Schritt weiter: Es ist – so Rihm rückblickend – „ein vielgliedriges Orgelstück frenetischen Endes“. Und einen weiteren Hinweis geben Rihms Erinnerungen von 1983: „Die Orgel war auch mein Orchester, das man mir damals noch nicht geben wollte, was ja nur normal ist“. Tatsächlich enthält das Stück Passagen, die jene gewaltsamen „Durchbrüche” der späteren Orchesterwerke vorwegnehmen – Rihm „in nuce“.

Sinfoniae I – Messe für Orgel (1971) knüpft nach dem Willen des Komponisten an die Tradition der französischen Orgelmesse und der Orgelsinfonie an. Doch von der für diese Formen konstitutiven Mehrsätzigkeit kann hier eigentlich keine Rede mehr sein: Die sechs „Sätze“ des insgesamt kaum fünfzehn Minuten langen Stücks bilden durch Materialgemeinschaft und Satzstruktur einen engen, unauflöslichen Zusammenhang. Die schroff kontrastive Klanglichkeit und die gedrängte Form lassen jene Tradition schon hinter sich, die der Untertitel noch aufruft.

Im Hinblick auf sein Orchesterwerk Dis-Kontur hat Wolfgang Rihm festgehalten, dass er im „intuitiv, fast automatisch notierten Anfang des Stücks“ im Nachhinein durchgehaltene rhythmische Proportionen fand (5:7:2:9), die er dann „für das ganze Stück verbindlich“ gemacht habe, etwa für die Intervallverhältnisse (Quinten, Septimen, Sekunden, Nonen). Ein solches „Ineinander von intuitiv-emotionaler und synthetisch-konstruktiver Erfindung“ mag auch bei Siebengestalt eine Rolle gespielt haben. Überall jedenfalls findet man hier die „heilige“ Siebenzahl wieder: in siebentönigen Akkorden etwa, die, melodisch aufgespreizt, häufig die Form von Septolen annehmen. Die Rahmenteile zeigen einen gleichsam rituellen Wechsel von Orgelakkorden und Tamtamschlägen, der Mittelteil ist ein komplex verdichteter Triosatz: Auch hier greifen „emotional-intuitive“ und „synthetisch-konstruktive“ Elemente ineinander.

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Das jüngste Stück, Bann, Nachtschwärmerei (1980), kehrt aus ironischer Distanz zur Welt der frühen Orgelstücke zurück. Die Musik evoziert jene Nächte, in denen der junge Rihm auf der Orgel fantasierte, und sie bringt die unheimlichen Geräusche des dunklen Kirchenraums, wie auch die Klangwelt seiner damaligen Stücke und Improvisationen, „frierenden Skeletten“ gleich, in eine „erstarrte Suite“. Deutlicher kann man kaum Abstand nehmen von der eigenen musikalischen Vergangenheit und ihrem Instrument. Tatsächlich hat Rihm die Orgel seither weitgehend gemieden – einzig im Orchesterwerk Unbenannt IV (2002/04) hat er ihr noch einen solistischen Part zugedacht. Und doch ist im absichtlichen Rekurs auf Vergangenes etwas vorgebildet, was in den letzten Jahren in Rihms Musik eine zunehmend wichtige Rolle spielt: über die allgemeine Bezugnahme auf musikalische „Archetypen“ hinaus ein Anknüpfen an spezifische Traditionen – eine (Wieder-) Annäherung aus großer Ferne, spielerisch, wie im 10. Streichquartett, tief skeptisch, wie im Falle des Passionsoratoriums Deus Passus.

Bei all seinen Orgelstücken hatte Rihm den Klang der romantischen, französischen Orgel im Sinn, den grundtönigen, quasi-sinfonischen Mischklang. Die Orgel der Kunst-Station Sankt Peter in Köln ist im Kern hingegen ein neobarock disponiertes, obertonreiches Instrument der Kölner Orgelbaufirma Willi Peter, die besondere Spielhilfen für Neue Musik enthält. […]

Für die Orgelwerke Rihms, die mit solchen Möglichkeiten noch nicht rechnen, bietet das Instrument individuelle und zum Teil recht überraschende Interpretationsmöglichkeiten. Die Winddrossel etwa verwendet Dominik Susteck in seiner Aufnahme für die jähen Diminuendo-Effekte in Rihms Stücken, für die ursprünglich die so genannte „Walze“ vorgesehen war – eine für romantische Orgeln typische Spielhilfe, die das blitzschnelle Zu- und Abschalten von Registern mittels eines mit dem Fuß zu bedienenden Rollschalters erlaubt. Eine leichte Windreduktion nutzt Dominik Susteck auch bei Bann, Nachtschwärmerei: 75

Die so entstehenden „Schwebungen“ erzeugen einen „neblig“ verschleierten Klang, der der „nächtlichen Szene“ suggestive Präsenz verleiht. In der „orchestral“ erfundenen Fantasie für Orgel wiederum kommt das Schlagzeug wirkungsvoll zum Einsatz. Die Klangmassierungen dieses und anderer Stücke finden sich vielfach in farbliche Differenzierung umgesetzt: So wirkt das Pedalsolo der Fantasie dank der mitgehenden Trillerpfeife 1-Fuß weniger durch klangliche Wucht, als durch distinkte Farbigkeit. In ähnlicher Weise werden die „gesanglichen“ Hauptstimmen der drei frühen Fantasien durch Farbe hervorgehoben und durch ein Moment diskreter „Übertreibung“ zugleich in eine gewisse Distanz gerückt: In der ersten Fantasie durch Physharmonika und Tremulant, in der zweiten durch die Saxophon-Register; in der dritten schließlich wird die „Hymnus“-Melodie mit Zungen (u.a.

Vox Humana 8-Fuß) und Tremulant belebt. In Siebengestalt hat Rihm die Registrierung sehr viel genauer ausgearbeitet, ebenso das Changieren der Farben mittels Manualwechsels: Hier bietet sich die Möglichkeit, durch die Oberton- und Schlagzeugregister Orgel und Tamtam klanglich einander anzunähern. […]

So vielfältig und neuartig diese Klänge auch wirken mögen: Sie wachsen doch aus einer au fond stets wirksamen Vergangenheit heraus.

Für Peter Bares war der Bezug zum „Historischen“, zu etwas „schon Verdautem“, wie er einmal formulierte, immer wichtig: „Wir sind geschichtliche Wesen, und Musik ist etwas Geschichtliches“ (Interviews mit dem Autor, zit. n. Gassmann 2007). Anders, so meinte er, wäre es gar nicht möglich, „in die Zukunft zu hören“. Eben darum ist das von ihm konzipierte Instrument ein geeignetes Medium für Wolfgang Rihms Orgelmusik.

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Ingo Dorfmüller

Adriana Hölszky Adriana Hölszky – Wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt …

(WERGO 67892) Adriana Hölszky (*1953) – ... und ich sah wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt … für Orgel (1996-97) – Efeu und Lichtfeld für Violine und Orgel (2008) – ... und wieder Dunkel I für Schlagzeug und Orgel (1985/1990) Dominik Susteck, Orgel Sabine Akiko Ahrendt, Violine Jens Brülls, Schlagwerk Erscheinungsjahr: 2014 Adriana Hölszkys Musik war schon bald nach ihrem ersten öffentlichen Auftreten, in den 1970er-Jahren, Gegenstand von Debatten: Von wohlmeinenden wie weniger wohlmeinenden Kritikern wurde sie mit Zuständen von Angst und Panik assoziiert, als expressiv und gestisch charakterisiert, als exaltiert, hektisch und unruhig kritisiert. Doch Adriana Hölszky hat stets auf solider Konstruktion bestanden: Von der initialen Idee, die bei ihr immer zugleich eine Form konstituiert, bis zur minutiösen Sorgfalt bei der Ausformung eines jeden Details. Einem rein intuitiv-gestischen Komponieren wäre ein Stück wie das DoppelStreichquartett Hängebrücken I und II unerreichbar gewesen. Schon die Tatsache, dass diese beiden Kompositionen separat oder simultan aufgeführt werden können, verrät einen beträchtlichen Konstruktionsaufwand.

Adriana Hölszkys eigene Äußerungen über ihre Musik lassen bemerkenswerte Idiosynkrasien im Umgang mit den Basalparametern „Raum“ und „Zeit“ erkennen. Sie beschreibt ihre Werke gern als unterschiedlich strukturierte „Klangräume“. Auch die Zeit existiert bei ihr nicht in der Einzahl: Es sind immer vielsträngige Zeitverläufe, die kosmische Zeit, 77

die irdische Zeit, die unendliche Vielfalt der unterschiedlichen Erlebniszeiten, die sich in ihrer Musik überlagern und durchdringen. In einem Gespräch mit dem Musikwissenschaftler Hartmut Möller im Jahr 2000 gab die Komponistin dafür ein drastisches Beispiel: „Jeder trägt in sich sein eigenes Drama, seine eigene Erlebniszeit. Wenn ich daran denke, im Kosovo-Krieg: Die unterschiedlichen Zeiterfahrungen aus der Sicht der Piloten – und unten auf der Erde die gedehnten Sekunden während der Detonationen. Eigentlich ist es kaum zusammenzubringen, diese Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Erlebniszeiten zum selben Zeitpunkt – aber genau dieses Gewirr verschiedener Zeiten, dieser schwindelerregende Wechsel der Perspektiven betrifft im Kern mein Komponieren“ (Möller 1999).

So wenig Adriana Hölszky also die Zeit linear denkt, so wenig sind andererseits ihre Räume statisch. Es gibt da „expandierende und schrumpfende Räume“, es gibt Wechsel von einem Klangraum zum anderen, die sie mit filmischer Montage vergleicht, hart geschnitten oder sanft geblendet, es gibt plötzliche „Einblendungen“ eines Klangraums in einen anderen, und es gibt schließlich die Überlagerung zweier oder mehrerer Klangräume, oftmals mit Absicht nicht koordiniert, und damit spezifische Unschärfen des Klangs erzeugend. Und es gibt den Zusammenbruch oder die Explosion von Klangräumen: Mitunter sind sie sogar dem grafischen Erscheinungsbild der Partituren abzulesen – so, wenn in ihrer Komposition Dämonen die Verläufe der 48 Chorstimmen das Bild züngelnder Flammen und einstürzender Säulen oder Türme evozieren; da ist der optische Eindruck kaum weniger erregend als der akustische. Die Dichte der Klangereignisse, die Vielfalt wechselnder, widerstrebender Bewegungsimpulse, Komplexität und Katastrophe, und damit die spezifische Expressivität dieser Musik – sie ergeben sich mit großer Konsequenz aus solchen Dispositionen, sind aber niemals Selbstzweck. Selbst da, wo die Musik den Hörer tatsächlich packt und überwältigt, können doch immer noch Ursache und Wirkungen dechiffriert werden.

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Das trifft schon auf ihren ersten großen Erfolg zu: Das „Singwerk auf ein Frauenleben“ Bremer Freiheit, uraufgeführt 1988 bei der ersten Münchner Biennale. Mit dem Verzicht auf den Begriff „Oper“ vermeidet sie zugleich die traditionellen Requisiten der Konfliktdramaturgie und einer stereotypen Expressivität. Anders als im zugrundeliegenden Theaterstück Rainer Werner Fassbinders geht es im „Singwerk“ auch nicht um den tödlichen Kampf von Individuum und Gesellschaft. Die Komponistin konnte nämlich auch die originalen Prozessakten des zugrundeliegenden Kriminalfalls einsehen – und so veränderte sich ihr Bild der Hauptperson, der 1831 hingerichteten Giftmörderin Gesche Gottfried: Deren Tatmotivation lag eben nicht in erlittenem Unrecht, sondern in ihr selbst, ihrer Person, ihrem Charakter, ihrer psychischen Disposition. Die Eigendynamik dieses Prozesses ist es, die die musikalische Form von Adriana Hölszkys Stück bestimmt: Sie versetzt das musikalische Geschehen gleichsam in eine sich beschleunigende Rotation. Statt also die simple Parole „Macht kaputt, was euch kaputtmacht“ auszugeben, stellt das Stück die sehr viel beunruhigendere Frage nach der inneren (Un-)Freiheit jedes Einzelnen.

Eigentlich müsse es „Bremer Unfreiheit“ heißen, hat Adriana Hölszky einmal gesagt.

Die Interaktion widersprüchlicher Wirklichkeiten, wie Hölszky sie denkt, ist an das Medium Musik gebunden. Anlässlich der Komposition Lemuren und Gespenster (2005), die Max Beckmanns Apokalypse-Zyklus zum Ausgangspunkt nimmt, notierte der Cellist Wolfgang Lessing: „Nicht allein die Sprache, sondern der gesamte abendländische Wahrheitsbegriff, der ja auf das Engste an die Möglichkeit seiner sprachlichen Artikulation gebunden ist, präsentiert sich als ein schlechthin apokalyptisches Geschehen“ (Lessing 2007). Die finale Enthüllung der dann unverrückbaren, unhintergehbaren Wahrheit als Telos der Heilsgeschichte habe den abendländischen Wahrheitsbegriff und -anspruch geprägt. Doch: „Nicht dem Ende der Zeit gilt ihre Aufmerksamkeit, sondern der Fragwürdigkeit und Brüchigkeit des Zeitkontinuums selbst. Indem sie das nicht zu Bezeichnende zur Erscheinung bringt, verweigert sie sich dem Logozentrismus, dessen verschwiegenen Fluchtpunkt das Apokalyptische bildet“ (Lessing 2007).

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Was hier mit Bezug auf Lemuren und Gespenster gesagt ist, gibt auch einen Hinweis auf Adriana Hölszkys „apokalyptisches“ Orgelwerk ... und ich sah wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt … (1996-97). Hier bezeichnet schon der Titel denkbar widersprüchlichste Wirklichkeiten: „Gläsernes Meer“ und „Feuer“. Deren Interaktion wird hier freilich nicht simultan ausgetragen, sondern in hart geschnittener Sukzession: Klänge und Ausdruckscharaktere wechseln beständig, mitunter taktweise – sofern Takte vorhanden sind, denn weite Passagen der Komposition sind ohne Metrum notiert. Neben den rhythmischen Vertracktheiten bleibt dem Organisten mitunter nur sehr wenig Zeit, um Vorschriften wie „risoluto“, „molto animato e brillante“ oder „grandioso“ überzeugend Klanggestalt werden zu lassen. Mit den Worten der Komponistin: „Von Augenblick zu Augenblick wechseln gewaltige Bilder von Licht und Farbe mit geheimnisvollen, ruhenden Momenten, die wie Spaltöffnungen zu anderen Dimensionen sich verhalten.“ (Hölszky o. J.) Sehr viel nüchterner liest sich ihr Kommentar zu Efeu und Lichtfeld (2008).

Auch hier geht es um das Phänomen der Komplementarität: Eine musikalische Qualität enthalte immer zugleich ihr Gegenteil, hat Adriana Hölszky einmal gesagt, und in einigen ihrer Stücke ist die Bewegung zwischen den Extremen von Dunkel und Helligkeit evident. Nicht so in Efeu und Lichtfeld: Dieses Stück ist ganz licht – und trägt dennoch einen extremen Gegensatz in sich. „Die Welten der Violine und der Orgel scheinen unabhängig voneinander zu existieren. Die wie mit der Nadel gestochenen Figuren der Violine bewegen sich diskontinuierlich und sprunghaft überwiegend im extrem hohen Frequenzbereich.

Die Klangfelder der Orgel erscheinen als pulsierende Lichtquellen. Die Mehrdeutigkeit des gespaltenen Klangs entsteht letztendlich als Konsequenz der Interaktion zwischen gradueller Farbtransformation und diskontinuierlicher Pulsänderung.“ Der Gegensatz ist hier aufgehoben in einem sorgsam austarierten klanglichen Gleichgewicht.

So sachlich dieser Kommentar formuliert ist, so poetisch mutet der Titel an, der das verhaltene, aber alles andere als spannungslose Neben80

einander dieser so unterschiedlichen Instrumente ins Bild fasst. Titel sind für Adriana Hölszky kein illustrierendes Akzidenz – sie sollen die Idee einer Komposition formulieren, genau wie diese selbst.

Entsprechendes gilt für die Texte, die sie – nun, eben nicht komponiert, sondern ihrer Musik anverwandelt. Etwa so, wie es Ingeborg Bachmann, eine für Adriana Hölszky sehr wichtige Autorin, formulierte: „Die Worte suchen ja längst nicht mehr die Begleitung, die die Musik ihnen nicht geben kann. Nicht dekorative Umgebung aus Klang.

Sondern Vereinigung” (zit. n. Albrecht/Göttsche 2005) – Adriana Hölszky sagt es noch direkter: „Ich nehme den Text wie Nahrung zu mir, der Text wird ein Teil von mir und daraus entsteht etwas Anderes.“ In diesem Neuen, Anderen muss der Text direkt gar nicht mehr vorkommen – wie in der großen viersätzigen Komposition ... und wieder Dunkel I (1985/1990) (ein zweites Stück gleichen Titels ist eine Ausarbeitung desselben Materials für Klavier und Schlagzeug). Zwar teilt die Komponistin mit, dass jeder Satz mit einem Fragment des Gedichts Ein Wort von Gottfried Benn assoziativ verbunden ist – die Komposition lässt sich aber auch verstehen als eine musikalische Realisierung der Bewegungsmuster des Gedichtes im Ganzen: Ein Wort, ein Satz – : Aus Chiffren steigen erkanntes Leben, jäher Sinn, die Sonne steht, die Sphären schweigen und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort – ein Glanz, ein Flug, ein Feuer, ein Flammenwurf, ein Sternenstrich – und wieder Dunkel, ungeheuer, im leeren Raum um Welt und ich.

Den Wortlaut der zweiten Strophe hat Adriana Hölszky unterteilt und die Bruchstücke jeweils einem Teil ihrer Komposition vorangestellt.

Den vier Sätzen hat sie in der Partitur zudem Erläuterungen zu Struktur 81

und Aufbau mitgegeben. Sie seien im Folgenden zumindest ausschnitthaft angeführt: I ... ein Wort „Der erste Satz versucht eine Verselbstständigung der beiden Klangapparate durch die unterschiedlichen rhythmischen Figuren.

So ist die Alternanz zwischen maschinell rhythmisierten schnellen Ostinatofiguren und den wellenartigen Rubatopassagen in der Orgel erkennbar. Andererseits gibt es die Tendenz einer maximalen Verschmelzung auf der Klangfarbenebene [...]“ II ... ein Glanz „Wenn im ersten Satz die Zeitartikulation die strukturelle Führung hat, verhält sich der Klang im zweiten Satz ähnlich einer in sich ruhenden Klangverflechtung, wo die schnellen figurativen Einschübe in der Orgel das Flächenhafte unterbrechen [...]“ III ... ein Flug, ein Feuer, ein Flammenwurf, ein Sternenstrich ... „Der dritte Satz besteht aus einer Folge von Struktur-Klangfeldern, die diskontinuierlich und geschlossen wirken. Die ostinatoähnlichen Figuren im Schlagzeug [...] stehen gegenüber massiven Clusterbildungen in der Orgel, wobei verfremdete signalhafte Akkordzitate aus der Waldstein-Sonate von Beethoven (1. Satz) flüchtig erscheinen [...]“ IV ... und wieder Dunkel, ungeheuer, im leeren Raum um Welt und ich „Der vierte Satz hängt strukturell und assoziativ mit dem Satz II zusammen. Diesmal sind die statischen Akkorde durch Triller moduliert [...]“ Ungeachtet der Tatsache, dass sich zwischen einzelnen Klängen und den vorangestellten Textfragmenten im Einzelfall assoziative Verknüpfungen herstellen lassen, machen diese Erläuterungen doch auch klar, dass es hier keinesfalls um vordergründige Illustration geht.

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Doch vollziehen Gedicht und Musik die gleiche Gebärde: Das blitzartige Entbergen des Sinns, das sich in der dynamischen „Zeitartikulation“ des ersten Satzes ankündigt und in der explosiven Klanglichkeit des dritten vollzieht – das aber, flüchtig, wie ein „Sternenstrich“, entweicht, bevor das nur Geahnte definitorisch festgenagelt werden kann. Dagegen die unveränderte, unveränderliche Zuständlichkeit, das „Dunkel“, das der „Glanz“ zu „unterbrechen“, aber nicht aufzuheben vermag. Oder, wie Adriana Hölszky es am 20. September 2010 im Gespräch mit Nora Bauer auf BR Klassik formulierte: „Das ist das Drama des Menschen, dieses Pendeln zwischen seiner Eigenschaft als biologischer Mensch und der Fähigkeit zum Sprung ins Metaphysische, wo er Regionen durchschreitet, wohin niemand bis jetzt gedrungen ist. Diese Spanne zwischen der unglaublichen Freiheit, Dinge zu erfassen – trotzdem zu sehen, dass er sie in ihrer Gänze nicht begreift - und dann diesem Rückfall ins Biologische, das ist etwas Ungeheuerliches. Diese Tragik begleitet den Menschen und damit fertig zu werden, ist für den Einzelnen sehr schwer.“ Es ist indessen nicht so, dass sich Adriana Hölszky mit dieser Konstatierung der „Conditio humana“ so einfach abfände, sich gar einverstanden erklärte. In ihrem Komponieren sind Trauer, leidenschaftliche Auflehnung (die um ihre Vergeblichkeit immer schon weiß) und die Lichtvisionen eines Besseren (zum Greifen nah, aber nicht auf den Begriff zu bringen) vielfach gegenwärtig. Konkrete Handlungsanweisungen wird man ihren Stücken an keiner Stelle entnehmen können, wohl aber eine akut geschärfte Wahrnehmung dessen, was ist.

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Ostdeutschland und Westdeutschland Zwei sehr individuelle Reaktionen auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Osten und Westen Deutschlands vor der Wende 1989 lassen sich am Beispiel der Orgelwerke von Jörg Herchet und HansJoachim Hespos ablesen: Während Herchet in der DDR – einer inneren Emigration folgend – seine ganz eigene Spiritualität jenseits kirchlicher Strukturen entfaltet und offenlegt, lebt Hespos die Ideen der 68er-Revolution des Westens konsequent aus. Beide treffen sich in einer unbeirrbaren Konsequenz: Fasst Herchet sein Komponieren als „religiöse Arbeit“ auf, so spricht Hespos von seinem radikalen Anders-Sein und -Klingen als „heilige Tat“.

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Ingo Dorfmüller

Jörg Herchet Jörg Herchet – Seligpreisungen (Querstand VKJK 1233) Jörg Herchet (*1943) – komposition 1 für orgel: Stück VIII (1985) Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2013 Ein Komponist, der seine Stücke mit dem Zusatz „Soli Deo Gloria“ abschließt, wirkt heute seltsam aus der Zeit gefallen. Man kennt das von Johann Sebastian Bach, und es war auch bei seinen Zeitgenossen üblich: Es bedeutete die Anerkenntnis der Tatsache, dass das musikalische Talent eine Gabe Gottes sei, seine Betätigung also „ad maiorem Dei gloriam“ („zur höheren Ehre Gottes“ – so eine andere beliebte Formel) diente. Die Welt, in der der Komponist sich bewegt, wird als unteilbares Ganzes, als von Gott geschaffen, getragen und durchdrungen gedacht. Als in diesem Sinne „spirituell“‚ darf man sich auch Jörg Herchets Komponieren durchaus vorstellen.

Indessen schloss für Bach und seine Zeitgenossen das „Soli Deo Gloria“ auch ein konfessionelles Bekenntnis ein: für Bach etwa zur Lehre Martin Luthers. Hier nun freilich ist ein klarer Unterschied festzustellen. Von Herchet selbst stammt die Formulierung: „dass ich in der kirche so gar keine heimat finden konnte, hat mich sehr geschmerzt“ (Verkade 2008). So ist bei ihm eine überkonfessionelle Konzeption von Sakralmusik entstanden, die sich im Übrigen auch um liturgische „Brauchbarkeit“ nicht kümmert.

Am deutlichsten wird das beim Kantatenzyklus Das Geistliche Jahr, an dem Herchet und der Autor Jörg Milbradt seit 1978 arbeiten. Die Idee eines vollständigen Kantatenjahrgangs für alle Sonn- und Feiertage bezieht sich auf barocke Vorbilder, als deren prominentestes Beispiel wiederum Bach zu nennen wäre. Es handelt sich um eine spezifisch 85

protestantische Tradition, doch unter Herchets Kantaten finden sich auch Stücke für katholische Feiertage (Fronleichnam) oder Feste, die hauptsächlich in der Orthodoxie begangen werden (Mariä Tempelgang). In den neuesten Stücken dieses Zyklus weitet sich die Perspektive nochmals: Mit den Kantaten zu den Sonntagen nach Epiphanias, also dem Fest der Heiligen Drei Könige, verbindet sich die Idee, dass dem neugeborenen Jesus nicht nur Gold, Weihrauch und Myrrhe, sondern auch spirituelle Gaben dargebracht werden, in Gestalt anderer religiöser Traditionen. So beinhaltet zum Beispiel die kantate zum 3. sonntag nach epiphanias eine zen-buddhistische Übung unter Beteiligung des Publikums. Freilich ist Herchets Ansatz dabei weniger synkretistisch als vielmehr panreligiös. Die Musik, die so entsteht, sprengt nach Form und Gehalt jede traditionelle Liturgie, und das trifft auch auf Herchets Orgelmusik zu, die in seinem Schaffen einen zentralen Platz einnimmt. Es ist dies übrigens ein merkwürdiger Berührungspunkt mit Olivier Messiaen, der ja – ungeachtet seiner festen Verwurzelung im katholischen Glauben und eines fast ausschließlich religiös inspirierten Werks – so gut wie keine liturgische Musik hinterlassen hat. In beiden Fällen, ob konfessionell gebunden oder nicht, lässt das religiös mündige Individuum die Grenzen der Tradition hinter sich.

Mit dem Instrument Orgel kam Herchet an einem Wendepunkt seines Lebens in Berührung. 1969 war sein Kompositionsstudium in der DDR (an den Hochschulen in Dresden und Berlin) endgültig gescheitert: Das Staatsexamen wurde ihm mit der Begründung verweigert, seine Musik sei „eines zukünftigen sozialistischen Komponisten unwürdig“.

Den Ausweg wies ihm ab 1970 sein Meisterstudium bei Paul Dessau, einem Komponisten, der es wie kaum ein anderer verstand, junge Talente zu erkennen und zu fördern und der auch nicht zögerte, seine nahezu unanfechtbare Autorität zugunsten der Unangepassten einzusetzen. In dieser Zeit, in der er ansonsten völlig zurückgezogen lebte, nahm Jörg Herchet Orgelunterricht und war unter anderem für den Dresdner Kreuzorganisten Herbert Collum als Registrant tätig. Die große Jehmlich-Orgel der Kreuzkirche stand ihm vor allem nachts für 86

eigene Studien zur Verfügung. „ich fand das wundervoll, so allein zu sein und ein ganzes Orchester zur Verfügung zu haben, es gibt kein anderes instrument so vielfältig, so klangreich, einen solchen riesenraum mit solcher wucht erfüllend. – die orgel ist mir das liebste instrument geworden, ich habe am meisten dafür geschrieben“ (Verkade 2008). Diese intime Kenntnis erlaubte es ihm, die Möglichkeiten des Instrumentes voll auszuschöpfen und den allfälligen Klagen der Interpret:innen über die außergewöhnlichen Schwierigkeiten seiner Stücke mit dem Hinweis zu begegnen, er habe sich selbst vergewissert, dass alles zu greifen sei. In der Tat aber ist und bleibt Herchets Orgelmusik komplex, technisch und musikalisch höchst anspruchsvoll.

Sein erstes Orgelwerk entstand über den langen Zeitraum von 12 Jahren hinweg, von 1973 bis 1985. Wie die meisten seiner Stücke trägt es nur eine ganz abstrakte Bezeichnung: komposition 1 für orgel. Es handelt sich um einen Zyklus von acht unterschiedlich langen Orgelstücken, in denen sich Veränderungen und Akzentverschiebungen hinsichtlich der Kompositionstechnik niederschlagen, die aber dennoch unzweifelhaft ein Ganzes ergeben, dessen Schlussstück (VIII) als Höhepunkt und Summe zu verstehen ist. Es ist mit gut 40 Minuten Spieldauer das mit Abstand längste Stück des Zyklus, dessen Gesamtaufführung über drei Stunden in Anspruch nehmen würde.

Die Stücke l-lll entstanden 1973 bis 1976, wobei der Komponist das erste Stück 1979 zurückzog und durch eine neue Version ersetzte. In ihr erklingt nun bereits jener Akkord, der in der Folge für Herchets gesamtes Komponieren von entscheidender Bedeutung sein sollte: der Allintervallakkord, hier mit den Tönen cis-d-f-g. Dieses Gebilde enthält alle Intervalle von der kleinen Sekunde bis zum Tritonus, die größeren Intervalle, Quint, Sexten und Septimen, lassen sich durch Umstellung der Akkordtöne mühelos gewinnen. Aus diesem Allintervallakkord lässt sich kein Ton entfernen, ohne ihn eben dieser Eigenschaft zu berauben: Er ist daher ein „individueller Akkord“. Andere Akkorde hingegen weisen eine einheitliche Intervallstruktur auf: Das heißt, 87

sie schichten nur kleine oder große Terzen, Quarten usf. aufeinander.

Aus einem solchen Akkord kann ein Ton entfernt werden, ohne ihn in seiner Beschaffenheit grundsätzlich zu verändern – Herchet spricht von „dividuellen Akkorden“. Als Sonderfall eines solchen ist auch der Cluster zu verstehen: Als ein nur aus kleinen Sekunden geschichteter Akkord – von daher rührt die Integration des Clusters in Herchets harmonische Sprache. Er repräsentiert aber auch das chromatische Total: Herchets Komponieren ist auch eine sehr eigene, konsequente Weiterentwicklung von Dodekaphonie.

Schönberg ist einer der wenigen Komponisten, von denen Herchet zumindest zeitweise beeinflusst wurde. Die Schönberg-Rezeption insgesamt war unter den Komponisten der DDR in den sechziger Jahren intensiv, und der Bezug auf seine konstruktiven Verfahren und expressiven Gesten ist bei zahlreichen Komponisten feststellbar.

Freilich differenzierte sich das bald in eine Vielzahl von persönlichen Idiomen, und eines der radikal eigenartigsten ist sicher dasjenige von Jörg Herchet, dessen Kompositionen zwar an dodekaphone oder sogar serielle Musik denken lassen, dessen Kompositionsweise mit „Strukturakkorden“ aber ganz und gar ihm eigen ist. Grundsätzlich legt Herchet Wert darauf, dass er, wenn überhaupt, eher von bildenden Künstlern als von anderen Komponisten beeinflusst worden sei. So ist etwa die Unterscheidung von individuellen und dividuellen Akkorden aus Vorlesungen von Paul Klee gewonnen.

Als strukturierendes Element tritt der Allintervallakkord erst ab Stück IV der komposition 1 für orgel in Erscheinung. Stück I bis III dienen ansonsten, wie Gary Verkade, ein wichtiger Interpret und enger Freund des Komponisten, notiert, der Entwicklung der musikalischen Sprache.

Das sind die melodische Projektion der Akkordtöne, eine graduelle Akkordmetamorphose und die sehr frei, dabei konsequent polyphon gehandhabte Rhythmik, häufig mit irregulären Teilungen wie Triolen, Quintolen et cetera. Cluster sind nicht nur selbstverständliche Bestandteile der harmonischen Sprache: Die besondere Klangwirkung zumal 88

der großen Cluster wird auch zur Formbildung genutzt. Eine besondere Rolle spielen Triller und Tremolo, die in einer Vielzahl von Varianten vorkommen: metrisch gebunden oder unstrukturiert, langsam oder schnell, melodisch oder als Akkordtremolo, auch von einem zum anderen vermittelnd. Ihr paradoxes Ineins von kleinteiliger Bewegung und richtungslosem Stillstand ist für das Werk durchaus charakteristisch. Der Organist Reimund Böhmig berichtet, Herchet habe seine Musik einmal mit Wasser und Wellen verglichen: „Gestalten, die sich immerfort wandeln, die scheinbar verschwinden und verändert wieder erscheinen, die zueinander in Beziehung treten und sich vermischen, ein ständiges Fließen und doch In-Sich-Ruhen“ (Böhmig 2003).

In den folgenden Stücken des Zyklus (lV-VII), entstanden zwischen 1980 und 1984, werden der Allintervallakkord und weitere, zum Teil von ihm abgeleitete Akkorde zu „Strukturakkorden“ oder, wie Gary Verkade schreibt, zu „Strukturzellen“. Sie werden geradezu systematisch weiterentwickelt: umgekehrt, transponiert, melodisch projiziert, gespiegelt ... Dazu kommen andere „Strukturzellen“: etwa der übermäßige Dreiklang und ein Quartenklang (reine und übermäßige Quart kombiniert), der sich als unvollständiger Allintervallakkord verstehen lässt. Diese beiden Akkorde, dazu ein vollständiger Allintervallakkord und eine weitere hinzugefügte Quarte bilden dann zusammen eine Zwölfton-Zelle. Es ist müßig, die Vielfalt der Bezüge, die sich zwischen diesen Materialien herstellen lassen, zu beschreiben: Wahrnehmbar ist freilich, wie aus einem so strikt organisierten Material (mit erkennbar wiederkehrenden Elementen) in einem fast „magisch“ anmutenden Permutations- und Transformationsprozess eine kaum überschaubare Gestaltenfülle hervorwächst. Herchet selbst formulierte es am 15. Mai 2004 im Interview mit dem Autor so: „Dinge existieren nebeneinander, die auf den ersten Blick ganz verschieden zu sein scheinen, bei genauerem Hinsehen aber aus einem einzigen, innigen Kern hervorgegangen sind: indem ich an ganz wenigen Strukturen sehr verschiedenartige Verfahren anlege und aus einem Strukturakkord, einem individuellen Allintervallakkord, ganz andere Konstellationen entwickle.“ 89

Dieses gleichsam organische Wachstum der Musik aus einem sehr limitierten Bestand an „Strukturzellen“ ist ein gleichsam „evolutionäres“ Verfahren, das sich zugleich als Mimesis der göttlichen Schöpfung verstehen lässt. Jörg Herchet selbst allerdings formulierte es sehr viel demütiger: „Wenn ich Musik schreibe (und das ist das Zentrum meines Lebens), dann arbeite ich an mir selbst, ich werde weiter mit jeder Komposition. Ich stelle mir mit jeder Komposition eine oder zwei Aufgaben, die mich einen oder zwei Schritte weiterbringen, ohne das Bisherige beiseite zu stellen, insofern arbeite ich an mir selbst, indem ich an der Musik arbeite – als religiöse Arbeit, in der ich mich bemühe, Gott näher zu kommen.“ So finden auch die großen, mitunter riesigen Dimensionen, in die sich viele von Jörg Herchets Kompositionen entfalten, ihre Erklärung: „Die Stücke werden um so größer, je mehr musikalische Probleme man mitnimmt – jedenfalls dann, wenn man die Dinge wirklich ausarbeitet.“ Das gilt auch für Stück VIII – Höhepunkt und Abschluss der komposition 1 für orgel. Ihm unmittelbar voran gehen zwei Stücke, in denen der zunehmend „konstruktive“ Umgang mit dem Material sich auch in einer deutlich strengeren Formgebung niederschlägt. Stück VI nähert sich der Form einer Passacaglia an, also eines traditionellen Satztypus der Orgelmusik, Stück VII entfaltet sich in genau symmetrischer Siebenteiligkeit. Die Großform von Stück VIII ist fünfteilig, gemessen an der knappen Form von VII aber (nur 18 Minuten Spieldauer gegenüber 40 bei VIII) sind hier die einzelnen Teile nicht nur sehr viel umfangreicher, sondern auch kleinteiliger und kontrastreicher. Alle bisher erwähnten Elemente sind hier im Spiel, überlagern und durchdringen einander.

Es kommen indessen einige bisher nicht erwähnte hinzu, die zwar allesamt schon vorher in den Werkkosmos von komposition 1 eingeführt werden, aber in Stück VIII eine besondere Rolle spielen. Da ist zum einen der Oktavklang, mit dem Stück VIII beginnt. Die mehrfache Oktavierung eines Tones ist wie der Cluster zunächst nur eine Sonderform des dividuellen Akkordes. Zugleich aber sind Einklang und 90

Oktave als perfekte Konsonanzen von alters her das musikalische Gottes-Symbol schlechthin: die perfekte Repräsentanz des Namens, den Gott sich im Buch Exodus selbst gibt – „Ich bin der ich bin.“ Das andere wichtige Element ist der Kreuzakkord, der den Mittelpunkt von Stück VII bildet und im dritten Abschnitt von VIII wieder aufgenommen wird. Es handelt sich um einen Allintervallakkord, der zugleich mit seiner Umkehrung erscheint und dann über die Achse des Zentraltones gespiegelt wird: Wollte man die jeweils gleichen Töne der beiden Akkorde mit einer Linie verbinden, ergäbe sich ein Kreuz – im Prinzip nicht anders als bei den versteckten Kreuzsymbolen, die in Melodielinien der Bach’schen Matthäus-Passion nachgewiesen wurden.

Waren bis dahin Cluster und Akkord als – wenn auch vielfach vermittelte – Gegensätze erschienen, so macht Stück VIII deutlich, dass sie im Tiefsten identisch sind: Ebenfalls im dritten Abschnitt erklingen ein unvollständiger Allintervallakkord und seine Umkehrung, was einen von der Intervallstruktur her perfekt symmetrischen Aufbau ergibt.

Versetzt man die Töne dieses Akkordes in eine möglichst enge Lage, ergibt sich ein Cluster im Bereich einer Quarte. Beide Erscheinungsformen – Akkord und Cluster – erklingen gleichzeitig.

Wie die Beziehung all dieser Elemente zueinander zu deuten sei, dazu hat Gary Verkade mit seiner Analyse des Schlusses von Stück VIII in aller gebotenen Vorsicht entscheidende Hinweise gegeben. Hier baut sich ein Zehntonakkord auf, der anschließend über volle 88 Takte (mittels Fixierung der Tasten) gehalten wird. Er besteht aus reinen und übermäßigen Quarten. Die beiden zum zwölftönigen Total fehlenden Töne lägen, würden sie dem Akkordaufbau folgend ergänzt, jenseits der Klaviatur. Dieser Akkord repräsentiert Gott den Vater – den Ewigen, Unbegrenzten, Unverfügbaren. Zugleich erklingt in choralartig gebundenem vierstimmigem Satz eine Kette von Allintervallakkorden, bei denen sich Sopran und Bass beständig gegenseitig spiegeln; nach einer Pause kehrt der ganze Prozess in gegenläufiger Bewegung zum Ausgangspunkt zurück, nun aber mit vertauschten Stimmen. In Gott 91

dem Sohn – Christus – durchdringen sich göttliche und menschliche Natur vollständig. Dazu tritt eine freie melodische Solostimme von geradezu sprechender, mitteilender Gestik: Gott der Heilige Geist ist wesensmäßig Kommunikation. Er ist zugleich Gott: Das sagt die Kette von entfalteten Strukturakkorden, die in die melodische Linie integriert sind. Die Botschaft des Geistes aber – so formulierte es Jörg Herchet im Hinblick auf seine kantate zur Verkündigung mariens „kommt aus dem Innern des Menschen“. Durch den Geist ist Gott in jedem Menschen gegenwärtig.

Indessen ist bei solchen Deutungen Vorsicht angeraten. Jörg Herchet hat keinen theologischen Traktat in Töne gesetzt, er hat nichts illustriert, nichts musikalisch ausgemalt. Dabei hat er der Partitur einen durchaus konkreten Hinweis mitgegeben: Die acht Stücke beziehen sich demnach auf die acht Seligpreisungen der Bergpredigt. Später hat er diesen Hinweis wieder zurückgezogen. In einem Brief von 1983 an Gary Verkade schreibt er: „den titel ,Seligpreisungen‘ nicht zu veröffentlichen, habe ich mich entschlossen, weil solche titel eben doch irreführend sind für den, der sich an worte hält, statt sich der urgewalt musik auszusetzen, ja preiszugeben, dass dann aus dem rein musikalischen erlebnis ihm eine erkenntnis aufsteigt, ein titel, ein wort (wie hier ,Seligpreisungen‘) kann nur ein mehr oder weniger belangloser hinweis sein, er erleichtert dem hörer zwar den ersten zugang, versperrt aber ein tieferes eindringen in die musikalischen beziehungen, schließlich und vor allem in das freie kräftespiel, das die töne hervorbringt, so wie die seele eines menschen dem körper seinen ausdruck gibt“ (Verkade 2003).

Wie indessen die ja auffälligen strukturellen Entsprechungen von Text und Musik in seiner komposition 1 für orgel zustande kommen, hat Jörg Herchet im Interview vom 15. Mai 2004 beschrieben: „Grundsätzlich ist mein Verhalten zum Text, dass ich durchdringen möchte bis zum Ursprung, wo der Text erwachsen ist, um aus diesem Ursprung dann, wenn auch auf einem anderen Weg, die Musik emporzuziehen, so dass 92

sie eine gewisse Parallelität zum Text hat, aber niemals dieses programmatische Beschreiben.“ Auf diese Weise erscheint Gott in Jörg Herchets komposition 1 für orgel als Gegenstand nicht nur mystischer Versenkung und religiöser Erfahrung, sondern auch rationaler Erkenntnis. Eine Erkenntnis freilich, die nicht in Worten deduziert, sondern in Tönen evident wird.

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Barbara Eckle

Hans-Joachim Hespos Hans-Joachim Hespos – batak / traces de … (kreuzberg records 10135) Hans-Joachim Hespos (*1938) – TAMBAL für Cimbalom (2003) – LUFTSCHATTENGELICHTE für Orgel (2011) – santûr – schnelle zupfe für Cimbalom (1972) – s n s für Orgel (1975) – batak für Cimbalom (2015) – traces de ... für Orgel (1972) – via ... mqw für Orgel (1992) Dominik Susteck, Orgel Enikö Ginzery, Cymbalom Erscheinungsjahr: 2019 „Wir sind hier bei Frost mit dem Auto über frisch gefrorene Seen gefahren. Mit Karacho. Hinter uns krachte es. Scheißegal! So richtig mit dem Kopf durch die Wand. Es war herrlich wild. Sehr, sehr wild.

Und wir waren die Größten.“ So erlebte Hans-Joachim Hespos den ostfriesischen Winter des Jahres 1968 (Zitate in diesem Beitrag: Interview mit der Autorin 2017). Von den Studentenkrawallen, die zu der Zeit in vielen Städten rund um die Welt tobten, blieb Delmenhorst bei Bremen faktisch unberührt.

Dennoch lag auch hier ein Geist des Aufbruchs in der Luft. Das existenzielle Abenteuer, das der 1938 geborene Komponist beschreibt, fügt sich leicht in unser heutiges Bild jenes Jahres ein: Zwei junge Männer gehen für das ultimative Freiheitsgefühl ans Äußerste und nehmen es sogar mit den Kräften der Natur auf. Die Geschichte offenbart aber auch eine Eigenschaft von Hespos, die kein Herstellungs- und kein Ablaufdatum besitzt, denn sie bestimmt sein Leben damals wie heute: Es ist seine Liebe zu den Extremen, die keine Kompromisse kennt. Entsprechend extrem sind die Forderungen, die er an die Inter94

pretierenden und Hörenden seiner Werke stellt. Die Dynamik in seiner Musik bewegt sich meist an den äußersten Rändern des Spektrums: extrem laut oder extrem leise. Das Mittelfeld betritt er nicht, weder das dynamische noch sonst irgendeines.

Extrem sind auch die Forderungen, die Hespos an sich selbst stellt.

Wäre das nicht immer so gewesen, hätte die internationale Musikwelt vielleicht auch nie von ihm erfahren, denn als Komponist ist er Autodidakt. Sein Handwerk hat er sich im Selbststudium erarbeitet. Im Hauptberuf war er Volksschullehrer. Seine Jugend hatte er größtenteils mit Geigespielen verbracht. Trotz seiner großen Begabung studierte er auf Wunsch der Eltern nicht Musik, sondern Pädagogik. Den Lehrerberuf übte er mit dem gleichen Extremeinsatz aus wie das Komponieren, das in der Freizeit geschah.

Auch wenn Hespos grundsätzlich auf Opposition eingestellt ist, hat sein Dagegenhalten immer einen Grund und eine Richtung. Nicht umsonst bezeichnet er sich selbst als „Täter“: So wie er denkt, handelt er, lebt er, arbeitet er. Erwachsen ihm daraus Nachteile, bleibt er unbestechlich und nimmt sie in Kauf. Dafür wird Hespos in der zeitgenössischen Musikwelt bewundert – und manchmal auch gefürchtet. Als Lehrer konnte er mit seiner konsequenten Haltung der 68er-Generation ein tatkräftiges Vorbild darstellen. Den Rebellen unter den Pädagogikstudenten, die damals in seinem Unterricht hospitierten, gab er den Rat: „Geht nicht auf die Straße demonstrieren, das ist verlorene Zeit.

Geht in die Schule, da habt ihr täglich zig junge Leute vor euch. Da könnt ihr etwas bewirken.“ Der Schlüssel zu seinem pädagogischen Wirken lag vor allem in seiner Auffassung von Ziel und Aufgabe der Schule: „Entscheidend ist nicht der Stoff, sondern: über den Stoff an die Probleme von Hans, Gustav und Maria heranzukommen – sei es das Stück Holz im Werken oder eine mathematische Fragestellung.

Das Wichtigste ist, den Leuten beizubringen, ,ja’ zu sich selbst zu sagen.“ Die Jahre des Aufbruchs um 1968 brachten Hespos auch den Durchbruch als Komponist: 1967 gewann er den prestigeträchtigen 95

Gaudeamus-Preis, gefolgt vom Ersten Preis in Royaumont, dem Förderpreis der Stadt Stuttgart, dem Rompreis der Villa Massimo und zahlreichen weiteren Auszeichnungen und Aufträgen. Die kompromisslose, archaische Wucht seiner Kompositionen hallte wie ein Protestschrei durch die Welt der Nachkriegs-Avantgarde. Offenbar fiel diese schwer einzuordnende Musik in einer Zeit, die nach Befreiung aus alten Korsetten und dem Aufbruch zu neuen Ufern strebte, auf besonders fruchtbaren Boden.

Fremd ist Hespos bis heute jede Form von mathematischer oder algorithmischer Kalkulation in seiner Arbeit. Für das Gegenteil, die komplette aleatorische Freiheit, hat er jedoch ebenso wenig Verwendung.

Sein Interesse richtet sich nach anderen Kriterien aus: etwa nach Urformen von Klang, die unsere Instrumente einmal erzeugt haben mögen, bevor sie in der Kunstmusik gezähmt und gezüchtet wurden.

Dieses gewohnte instrumentale „Mittelfeld“ spart Hespos sorgfältig aus. Geigenspiel ist für ihn in erster Linie „Kratzen mit Pferdehaar auf Katzendarm“. Doch auch wenn er das undomestizierte Wesen der Instrumente aufspürt, erkennt man die Geige noch als Geige und die Posaune als Posaune. Aber er lässt sie anders klingen. Hespos hat dafür ein Wort, das in seinen Partituren immer wieder auftaucht: „neuAnders“. Dieser Schlüsselbegriff subsumiert eine grundsätzliche Intention seiner Arbeit: Klänge aus ihrem gewohnten Habitat zu entführen und so zu behandeln, dass man sie neu und unmittelbar erlebt.

Dass die gern als „Königin der Instrumente“ bezeichnete Kirchenorgel in den Händen dieses „Täters“ von ihrem angestammten Platz auf dem Thron gestoßen wird, ist offensichtlich. So wie man sie landläufig kennt, erfüllt sie die gewaltigsten Kirchenräume mit imposantem Klang, in dessen Mitte man zwischen Überwältigung, Ohnmacht und kultureller Geborgenheit aufgehen kann. Hespos betrachtet das Instrument in seiner ersten Orgelkomposition traces de ... (1972) eher als einen Haufen Knochen. Schließlich stammen die ersten urzeitlichen Pfeifen, die als Flöten gespielt wurden, aus Knochen des erschlagenen 96

Feindes, erläutert Hespos. Und solche organischen Pfeifen leben von der Ungenauigkeit ihres Tons, der auf die individuelle Knochenform der Menschen zurückgeht. Diese lebendige Unberechenbarkeit holt Hespos zurück in das Pfeifen-Instrument, das in der Regel liturgische Interpunktion setzt und artig den Gemeindegesang begleitet: Er arbeitet mit Registerstellungen, die nur zur Hälfte oder zu einem Viertel gezogen werden, was der Musik die für ihn charakteristische Unbestimmtheit verleiht.

Das archaische Wurzelwerk und die rohe, undomestizierte Form setzt sich in s n s (1975) fort. Allerdings anders – oder eben: neuAnders.

Die Orgel als Knochenberg ist hier noch präsenter. Sie wird als reines Klapperinstrument exponiert. Das Klappern holt Hespos vor allem aus den Pedalen, den Registern und sogar der Holzbank des Organisten.

So beginnt das Stück als eine Art Tanz der Skelette, bis der Organist schließlich mit gewaltigen Schlägen auf die Tastatur losgeht – „in der Hoffnung, dass das Kruzifix herunterfällt“, so der Komponist. So birgt Hespos aus dem Instrument das, was er im kryptischen Titel s n s verklausuliert: sense – Sinn.

In einem anderen Kontext ist LUFTSCHATTENGELICHTE für Orgel (2011) angesiedelt. Der Auftrag lautete, eine Fantasie zu komponieren, die an der Stelle jener „freien Phantasie“ stehen solle, mit der Felix Mendelssohn Bartholdy 1840 sein Orgelkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach in der Leipziger Thomaskirche schloss. Hespos hat sich als Bezugspunkt Elemente der Bach’schen Stücke ausgesucht – natürlich die ungewöhnlichsten, periphersten. Es sind winzige Fragmente, einzelne kontextlose Akkorde wie etwa der Schlussakkord der bekannten Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565, mit dem sein Stück beginnt. Aus diesem Bach-Schatten steigen unterschiedlichste Figuren empor, mal abrupt als „extremes aufgebrüll“, mal als „schwankendes choralpendel / auch aus festem taktgefüge sich allmählich lösend ... bis zu chimären rest-inseln“ (so die Partitur), durchsetzt von immer wieder „neuAnderen“ Stillen.

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In ähnlicher Form hat sich Hespos auch im 1992 entstandenen Werk via … mqw mit Stille auseinandergesetzt. Dort stellt er dem Organisten einen Pool von Material bestehend aus 18 unterschiedlichen Elementen zur Verfügung. Mit diesen soll er in freier Abfolge die Gesamtdauer von 23 Minuten ausfüllen. Klangfarbe, Dynamik und Dauer bleiben ihm dabei zur Gestaltung überlassen, allerdings sind dabei assoziative und doch sehr konkrete verbale Spiel- und Aktionsanweisungen möglich wie beispielsweise „impulsierende turbulenzen“, „hohles aufBrummen“ oder „heiß zerkippende KAUMwahrnehmungen von grotesker virtuosik“. […]

Hespos’ Musik ist in ihrer Radikalität einzigartig. Dass sie sich so schwer einordnen lässt, liegt sicher auch daran, dass er nicht von Lehrern und Meistern, sondern in Eigenregie gelernt hat. „Als Künstler muss man eigenes Eiweiß bilden“, sagt Hespos, und meint damit die vielen kleinen Bausteine an Eindrücken und Wissen, die aus Faszination und Neugier im Leben zusammenkommen. Von den Büchern, die seine Bibliothek fasst, bilden Musikbücher und Weltliteratur den kleinsten Anteil. Das meiste ist Lyrik, oder Bücher von oder über Maler. Von Malerei und Dichtung hat er als Komponist nicht weniger gelernt als von Musik.

Für ihn liegt in dieser Sammlung ein Freiheitsgefühl begründet, das für seine Zeit bezeichnend war. „Als Autodidakt habe ich gierig meterweise Bücher verschlungen. In den Schulferien bin ich regelmäßig auf den Bau oder in den Buchladen gegangen und habe gearbeitet, um Geld zu verdienen für meine Bücher. Wir waren mit aller Gewalt bereit, dazuzulernen um des Besseren willen. Hinter den Studentenrevolten und auch hinter den Aktionen der RAF stand der Wille, die Gesellschaft zu verändern. Das ist heute weg. Die Gesellschaft wird nicht verändert, sondern sie ist schon vollkommen bestimmt durch das Denken ,Wie werde ich Millionär?’. Das ist schleichend gekommen und wir haben es alle nicht gemerkt.“ Hespos, der mit seinen ungemütlichen Klängen, seinen Aufschreien und seinen Stillen oft bis über die Schmerzgrenze geht, mag anachronistisch 98

wie ein unverbesserlicher Bürgerschreck wirken. Doch weder die Imagepflege noch der Spaß am Schockieren treiben ihn an. Im Gegenteil: Seine musikalischen Störaktionen sind bitterer Ernst, „heiliger Ernst“, wie er sogar sagt: „Wir erleben Musik um uns herum als harmlos. Sie wird von uns gar nicht wahrgenommen. Sie wird verbraucht, verhunzt, nicht mehr ernst genommen. Deshalb ist die Störung eine heilige Tat. Ich denke da immer an die Tempelaustreibung im Neuen Testament.

Man muss die fetten Maden rausschmeißen, weil Musik eine zu ernste Sache ist.“ Die Gefahr, dass Musik zum belanglosen Konsumgut degeneriert, sah Hespos schon, als die hyperkapitalistische Konsumgesellschaft noch lange nicht so unmaskiert im Raum stand wie heute. Daher pflegt er die Materie in seiner Musik wie in einem heiligen Garten. Hier schützt er sie – den Klang, die Stille und den Schrei – in ihrer Reinheit und Klarheit vor verzerrenden, nivellierenden Einflüssen. Er lässt sie dicht und unverdünnt gedeihen, damit ihm ihre Kraft und Wucht nicht auf dieselbe Art und Weise entgleiten, wie der Gesellschaft ihre demokratischen und menschlichen Werte, für die sie vor fünfzig Jahren eingetreten ist.

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Tradition und Identität: Japan, Korea, Israel Glaubte Arnold Schönberg in den 1920er-Jahren noch an die „Vorherrschaft” der deutschen Musik (eine Idee, die auch lange nach Ende des zweiten Weltkrieges das musikhistorische Denken beeinflusste), so hat sich spätestens in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts dank eines intensivierten kulturellen und universitären Austauschs das Blatt gewendet. Die Globalisierung schlägt sich mit allen positiven und negativen Effekten – Bereicherungen und Missverständnissen – auch in der Neuen Musik nieder.

Wie in so vielen Bereichen war auch hier John Cage ein Pionier, der das europäische und amerikanische Musikverständnis neuen Impulsen aus der asiatischen Philosophie weit geöffnet hat. Isang Yun und Younghi Pagh-Paan aus Korea zählen zu den Vorreitern einer genuinen Verbindung aus deutsch geprägter Avantgarde und asiatischer Musikauffassung. Ein besondere Beziehung verband Isang Yun mit dem Essener Organisten Gerd Zacher: Als Yun am 17. Juni 1967 als Gegner des südkoreanischen Militär-Regimes in West-Berlin entführt und in Südkorea wegen fadenscheiniger Spionagevorwürfe inhaftiert wurde, gehörte Zacher zu den Initiatoren des deutschen Protestes, der schließlich nach drei Jahren zur Freilassung von Yun und seiner Frau führte.

Der Japaner Toshio Hosokawa fand erst während seines Musikstudiums in Deutschland zu den Prinzipien der traditionellen japanischen Musik – eine Umkehrung kolonialer Geschichte „in nuce“.

In einer Zeit, in welcher der Begriff der „Identität“ immer stärker hinterfragt und umkämpft wird, zeigt auch das Beispiel des deutschisraelischen Komponisten Gabriel Iranyi, wie ästhetische, religiöse und philosophische Prägungen in der Musik zu einer neuen Einheit verschmelzen können und damit Kulturen verbinden statt zu trennen.

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Ingo Dorfmüller

John Cage und Toshio Hosokawa Frozen times (WERGO 73682) John Cage (1912-1992) – Organ2/ASLSP for organ (1987) Toshio Hosokawa (*1955) – Cloudscape für Orgel (2000) – Sen IV für Orgel (1990) Dominik Susteck (*1977) – Carillon I-III mit mobilen MIDI-Instrumenten von Gerhard Kern (2015) Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2017 Am 8. Juli 1853 landete eine amerikanische Flotte im Hafen von Japans Hauptstadt Edo (dem heutigen Tokio). Der Kommandant Matthew C. Perry zwang den völlig überraschten Japanern einen „Freundschaftsvertrag“ auf: Japan wurde zwar nicht besetzt, doch wurde der Zugang zu seinen Märkten erzwungen und damit ein sehr einseitiger Kulturtransfer in Gang gesetzt. Die Folge war eine umfassende „Modernisierung“ im westlichen Sinne, die auch das japanische Musikleben betraf: Japan ist heute in hohem Maße sowohl der europäischen Klassik wie auch der angloamerikanischen Pop-Musik gegenüber aufgeschlossen.

Umgekehrt gilt das nicht in vergleichbarem Maße: Zwar wurden bildende Kunst, Theater und Literatur Japans im Westen zeitweise recht intensiv rezipiert – die traditionelle japanische Musik jedoch blieb dem Westen fremd.

In der Tat ist ihre Grundorganisation eine völlig andere. Die Zeit wird in der japanischen Musik nicht quantitativ aufgefasst: Es gibt kein objektives Zeitmaß in regelmäßigen Taktschlägen, sondern es gilt das qualitative Prinzip des „erfüllten“ Augenblicks und des „richtigen“ Abstands („ma“). Dabei gibt der je individuelle Atem das Maß vor, 101

nicht der regelmäßige Puls: So werden die melodischen Phrasen beim Spiel der Bambusflöte Shakuhachi auf einem Atem gespielt, die Länge der Pause zwischen ihnen bemisst sich danach, wie lang der Spieler zum ruhigen Einatmen braucht. Die Töne der Mundorgel Shō hingegen können sowohl beim Einatmen wie beim Ausatmen erzeugt werden, ein Harmoniewechsel aber ist nur zwischen diesen beiden Phasen möglich und erfordert eine Pause für den Fingerwechsel. Im Ensemble (etwa der kaiserlichen Hofmusik, dem Gagaku), in dem die Shō den Klangfond bildet, sind also diese Atemvorgänge und die erforderlichen Pausen die Grundeinheiten der gesamten Musik.

Damit fehlen der japanischen Musik die Voraussetzungen für die Organisation einer Polyphonie nach europäischem Muster: Rein einstimmig im Sinne eines perfekten Unisono ist sie aber auch nicht. Vielmehr kommt den kleinen zeitlichen Verschiebungen eine besondere Rolle zu: Sie machen die Lebendigkeit und den Reiz des Vortrags aus. Bewegen sich etwa beim Gesangsvortrag die Singstimme und das Instrument (zumeist die Wölbbrettzither Koto oder die dreisaitige Laute Shamisen) zu sehr im „Gleichschritt“, wird das Prinzip des „individuellen“ Atems verletzt, das Ergebnis wirkt erkennbar „künstlich” herbeigeführt und verstößt damit gegen das fundamentale Prinzip der „Nachahmung der Natur“.

Dass die westliche Musik so breiten Anklang in Japan fand, mag damit zu tun haben, dass sie als separates Genre betrachtet wurde, das in den Kriterien traditioneller Tonkunst nicht zu fassen ist, ein künstlerischkünstlicher Kosmos eigener Art, der nach eigenen Gesetzen funktioniert. Der Westen dagegen hat – und das ist eine typisch koloniale Attitüde – die japanische Musik ausschließlich an westlichen Kriterien gemessen: Von westlichen Hörern wird sie darum bis heute vielfach als „wirr“ und „chaotisch“ erlebt. Die japanischen Musiker:innen haben sich den Kosmos der westlichen Musik mit intimer Kenntnis der Zusammenhänge und bewundernswertem Einfühlungsvermögen erschlossen: Vergleichbare Anstrengungen werden auf westlicher Seite nicht verzeichnet.

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Dass sich trotz dieser grundsätzlichen Asymmetrie von einem musikalischen Austausch sprechen lässt, ist hauptsächlich den Komponist:innen zu verdanken: Im selben Maße, wie die Bedeutung des metrischen Pulses durch die zunehmend komplexe Rhythmik in der Musik der Nachkriegszeit schwand, entstand eine Offenheit für andere Formen der Zeitorganisation (und, in diesem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung, auch für nicht-temperierte Tonsysteme und eine prinzipiell andere Tonhöhenorganisation). Karlheinz Stockhausen etwa hat für das kaiserliche Gagaku-Orchester komponiert (Der Jahreslauf von 1977), und in seiner dem japanischen Volk gewidmeten elektronischen Komposition Telemusik von 1972 amalgamiert er Klänge und Musikstücke aus allen Teilen der Welt, darunter die Gagaku-Musik und den Shōmyō-Gesang der buddhistischen Mönche. Indem er diese Musiken aber schon als in einem Transformationsprozess begriffen auffasst, sieht er von ihren ursprünglichen Zusammenhängen völlig ab. Auch Stockhausen betrachtet die japanische Musik von außen.

Sein großer Antipode hingegen, John Cage, nähert sich ihr von der anderen Seite, von ihren Grundlagen im Zen-Buddhismus: Die Aufgabe des Künstlers sei es, so hat es Cage immer wieder und im Einklang mit japanischen Vorstellungen formuliert, „die Natur in ihrer Wirkungsweise nachzuahmen“ (Cage 1991). Dieses Postulat ist der Schlüssel zu seinem eigenen, „nichtintentionalen“ Komponieren. Klang und Rhythmus sind Eigenschaften der Materie: Aufgabe des Komponisten ist es, sie so erlebbar zu machen, dass sie einerseits ein komprimiertes (weil zeitlich begrenztes) und dadurch exemplarisches, ideales Abbild der Natur ergeben, und andererseits wirken, als habe die Natur selbst die Klänge hervorgebracht. Eben darum sucht Cage im Kompositionsprozess sein Ego zu „fesseln“ und kompositorische Entscheidungen an Zufallsoperationen nach dem chinesischen Münz-Orakel I-Ging zu delegieren.

Ein wichtiges Element ist in diesem Zusammenhang die Entscheidungsfreiheit des Interpreten: Er kann den musikalischen Text seinem 103

„inneren Rhythmus“, seiner „Gestimmtheit“ anpassen, und eben dadurch verwirklicht sich die „Natürlichkeit“ der Abläufe. Im Falle des Orgelstücks ORGAN2/ASLSP (1987) sind zwar Notenwerte angegeben, doch in Ermangelung von Taktstrichen sind ihnen keine exakten Dauern zuzuordnen. Die Länge der zu haltenden Töne wird lediglich durch an den Notenköpfen angebrachte waagerechte Striche angegeben, die Anordnung der Töne und Akkorde auf den vier Notensystemen (zwei Manuale und zwei unabhängig voneinander geführte Pedalstimmen) beschreibt die Einsatzfolge. Die Partitur verhält sich zum Klang wie die Landkarte zur Landschaft („just as maps give proportional distances“) – so beschreibt es Cage im Notentext: Der Klang ist also vorgestellt als etwas a priori Daseiendes, das von der Partitur nicht determiniert, sondern lediglich beschrieben wird. Hinzu kommt die Tempoangabe: ASLSP steht für „As SLow aS Possible“ – jenseits dieser Vorgabe aber ist der Interpret in der Wahl des Tempos frei, desgleichen bei Dynamik und Registrierung. Zugleich sind die Hände und Füße des Organisten als vollständig unabhängig voneinander agierende Entitäten konzipiert. In diesem Punkt erlaubt Cage keinerlei freie Entscheidung, ganz ähnlich wie in seinem Klavierwerk Etudes Australes, wo dem Interpreten etwa bei grifftechnischen Problemen ausdrücklich verboten wird, mit der einen Hand der anderen „zu Hilfe“ zu kommen.

Die strikte Objektivität der „Klang-Landkarte“ soll nicht durch individuelle Eigenschaften des Interpreten verzerrt werden. Anders gesagt: Er kann sich in individuellem Tempo in der Landschaft bewegen und sie durch verschiedenfarbige Filter betrachten, er kann aber nicht willkürlich die Landschaft selbst verändern.

Wie in der japanischen Musik ist damit eine kausal folgerichtige Entwicklung des musikalischen Geschehens, die die Essenz europäischen Musikdenkens ausmacht, von vornherein ausgeschlossen. Mit einer Musik, die räumlich, nicht zeitlich gedacht ist, hat Cage aber nicht zuletzt maßgeblichen Einfluss auf die westliche Avantgarde ausgeübt. Er erschien auf der europäischen Szene just zu dem Zeitpunkt, da die letzte Konsequenz europäischen Musikdenkens, der 104

höchste Triumph des Kausalitätsdenkens, in sein Gegenteil umschlug: Der reine Determinismus der seriellen Musik war akustisch vom reinen Zufall nicht mehr zu unterscheiden, die Extreme berührten sich. Dass Komponist:innen heute mit großer Selbstverständlichkeit Musik als Raum denken, hat auch mit dieser Grenzerfahrung zu tun, aus der niemand radikalere Schlussfolgerungen gezogen hat als eben John Cage.

Auch bei der „Orgel für Neue Musik“ in der Kunst-Station Sankt Peter war der Raum als musikalischer Parameter von Anfang an Bestandteil der Komposition: Eigentlich handelt es sich um zwei Orgeln – die Hauptorgel auf der Westempore und die Chororgel im nördlichen Seitenschiff, die aber beide vom Hauptspieltisch angespielt werden können. Das ermöglicht die Klanggestaltung und -bewegung im Raum.

Zusätzlich bietet die Orgel ein MIDI-Interface, über das zusätzliche Instrumente angeschlossen werden können. Voraussetzung ist, dass sie ebenfalls über digitale Technik verfügen: Dann aber lassen sie sich vom Orgelspieltisch aus bedienen.

So kam es auch zu Dominik Sustecks Zusammenarbeit mit dem Kerpener Instrumentenbauer Gerhard Kern. Die Besonderheit seiner Perkussionsinstrumente ist nämlich, dass sie elektronische Steuerung mit ausschließlich mechanischer Klangerzeugung verbinden. Das hat zum einen eine optisch-ästhetische Wirkung: Die Instrumente stehen wie Skulpturen im Kirchenraum und scheinen selbsttätig zu agieren. Außerdem korrespondieren die Klänge von Gerhard Kerns Instrumenten vielfältig mit den Schlagwerk-Registern der Orgel, deren Farbspektrum sie erweitern. Vor allem aber wird so eine weitere Verräumlichung der Musik möglich.

Als wirkliche Improvisationen gehen Dominik Sustecks Carillons über die begrenzten Freiheiten, die Cage gewährt, hinaus. Andererseits folgen sie klar umrissenen Strukturideen, die, im Gegensatz zu Cage, durchaus intentional und vielleicht sogar in einem höheren Maße 105

„kompositorisch“ sind. Zugleich formulieren sie einen Gegenentwurf zu den exakt ausnotierten Stücken von Toshio Hosokawa: Dessen Konzeption des für sich stehenden „erfüllten Augenblicks” stellt Dominik Susteck kontinuierliche Klänge und deutlich wahrnehmbare Entwicklungen entgegen.

Im ersten Stück sind es Glockenklänge unterschiedlichen Resonanzverhaltens: Sukzessive erweitert sich das Farbspektrum, verdichtet sich die Impulsfolge – bis zu einem dynamischen Höhepunkt kurz vor Schluss. Im zweiten Stück stehen perkussive Impulse langgezogenen, mit Hilfe der Winddrossel modellierten Klängen gegenüber; das dritte Stück schließlich ist ein von glitzernd-scharfen zu glockig-hallenden Farben sich verschiebendes Klangkontinuum.

Alle drei Improvisationen sind „räumlich’’ konzipiert: Durch die tatsächliche Bewegung der Klänge im Raum, vor allem aber, weil die ihnen zugeordneten unterschiedlichen Impulsfolgen klangliche Reliefs, Vorder- und Hintergründe sowie unterschiedlich strukturierte KlangRäume suggerieren. Darin schlagen sie, bei aller sonstigen Gegensätzlichkeit, Brücken sowohl zu Cage als auch zu Hosokawa.

Die gesellschaftlichen und ästhetischen Umwälzungen Ende der 1960er-Jahre öffneten dem westlichen Publikum neue Zugänge auch zur Musik Japans: Die Bereitschaft, sich auf ein fundamental anderes Musikdenken einzulassen, wuchs. Japanische Musik war ja nie als kausal-logische Entwicklung gedacht worden, sondern als Sukzession erfüllter, „voll gelebter und ins volle Bewusstsein gehobener Augenblicke“ – so der Komponist Kazuo Fukushima (zit. n. Fritsch 2000).

Toru Takemitsu, einer der japanischen Komponisten, die in der Folgezeit auch im Westen sehr erfolgreich waren, formulierte das so: „Der Ton japanischer Instrumente ist im Augenblick des Erklingens wirklich maßlos frei, der Klang ist gegenwärtig, er erscheint als eine Präsenz, die durch die Spieler mit der Natur eins wird, sich offenhält und über das Existierende hinausgeht“ (zit. n. Fritsch 2000).

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Was in der Folgezeit geschah, ist eine wechselseitige Annäherung und Durchdringung westlicher und östlicher Musikästhetiken: So wendet Toshio Hosokawa ästhetische Prinzipien japanischer Tradition auf westliche wie traditionelle japanische Instrumente und Klangkörper an, deren Klangeigenschaften er auf diesem Wege einander annähert.

In Cloudscape (2000) repräsentieren zwei Manuale und Pedal der Orgel ein Ensemble aus drei Shō-Mundorgeln, deren gehaltene Klänge einander überlagern und dabei sowohl eine langsame melodische Fortschreitung ergeben als auch eine Folge von Zusammenklängen, die vom „harmonischen Zusammenstimmen“ bis zum „harschen Gegensatz“ (so der Komponist in der Werkeinführung zu seiner Partitur) reichen können. Auch in Aufbau und Struktur vermittelt das Werk zwischen östlichen und westlichen Vorstellungen: Zwar ist das Metrum als Zeit gestaltende Einheit durch die zahlreichen Bindebögen weitgehend neutralisiert, der durchgängig beibehaltene Dreiachteltakt wirkt aber als unterschwellig wahrnehmbarer Grundpuls. Die Harmonien, die sich aufbauen, schwinden und vergehen fortwährend – ein Prozess, den Hosokawa mit dem kontinuierlichen Formwandel von Wolken vergleicht: doch zugleich gehorchen sie dabei einer vom Komponisten sorgfältig kalkulierten Dramaturgie, die zwar an den natürlichen Prozessen Maß nimmt, aber durchaus eine „entwicklungslogische” Steigerungskurve im europäischen Sinne beschreibt.

Sen IV für Orgel (1990) ist Bestandteil einer Reihe von Solostücken für verschiedene westliche und japanische Instrumente, die einen anderen Aspekt japanischer Ästhetik fokussieren, der für Hosokawa ebenfalls von entscheidender Wichtigkeit ist: Die Abstände, die Leere, die Stille.

Der Begriff „Sen“ meint die Linie, insbesondere die Linie einer Tuschzeichnung, die ihre Bedeutsamkeit erst von dem freigelassenen Raum um sie herum empfängt, so, wie der klingende Ton die seine von der Stille, mithin von der richtig gesetzten Pause. Für Hosokawa suggeriert der leere Raum „eine Welt der Irrealität, der Träume, des Unbewussten, die das im tiefsten Inneren des Menschen versteckte uneingeschränkte 107

Potenzial verbirgt“. In Sen IV übersetzt er das Verhältnis von Klang und Leere in eine Konstellation extremer dynamischer und klangfarblicher Kontraste: Der leere Raum wird von Klängen in extrem hoher und extrem tiefer Lage umschrieben, das Verhältnis von Klang und Leere mittels Dynamik in das Verhältnis von klanglichem Vorderund Hintergrund übersetzt. Der Rhythmus ist in diesem Stück dank beständiger Taktwechsel sehr flexibel gehandhabt. Dennoch schlägt auch dieses Stück, mittels seiner Kontrastdramaturgie, eine Brücke zu westlichen Hörgewohnheiten.

In einem Essay für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 14. September 2014 nahm der indische Essayist Pankaj Mishra sehr zu recht Anstoß daran, „dass viele – selbst gebildete Europäer – keinen einzigen indischen oder chinesischen Denker der Vergangenheit oder Gegenwart zu nennen wissen“. Für die Musik kann, wenn auch zunächst begrenzt auf Ostasien und trotz aller Einschränkungen und Asymmetrien im Verhältnis, ein günstigerer Befund erhoben werden.

Der „selbstverliebte Universalismus Europas“, den Mishra moniert, ist zumindest in der Musik auf dem Rückzug, wie es scheint. Auch John Cage hat dazu beigetragen.

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Hanno Ehrler

Younghi Pagh-Paan und Isang Yun Unterm Sternenlicht (Are 7025) Younghi Pagh-Paan (*1945) – Unterm Sternenlicht für Orgel (2009) – Ta-Ryong IV für Schlagzeug (1991) – Bleibt in mir und ich in euch für Orgel und Schlagzeug (2007) Isang Yun (1917-1995) – Fragment für Orgel (1975) – Tuyaux sonores für Orgel (1967) Dominik Susteck, Orgel Michael Pattmann, Schlagzeug Erscheinungsjahr: 2020 Schon lange ist die Kunst-Station Sankt Peter mit ihrem Organisten Dominik Susteck ein Partner des jährlich stattfindenden Festivals Forum neuer Musik des Deutschlandfunks. 2019, in dem das Forum sein 20. Jubiläum feierte, spielte Susteck zusammen mit dem Perkussionisten Michael Pattmann Werke für Orgel und Schlagzeug von Younghi Pagh-Paan und Isang Yun. Unter dem Titel Postmigrantische Visionen ging es um die Fragen, wie verschiedene Kulturen zusammenleben und in einen konstruktiven und produktiven Dialog treten können, wie sich dieses Miteinander im Bereich der Neuen Musik darstellt, und wie es sich in der Klanggestalt der Werke niederschlägt.

Exemplarisch demonstrieren das die Stücke von Younghi Pagh-Paan und Isang Yun, die bei Pagh-Paan seit den 1980er-, bei Yun bereits seit den 1960er-Jahren entstanden. Denn in ihnen begegnen sich zwei verschiedene Musikkulturen: die traditionelle koreanische und die westliche Moderne. Younghi Pagh-Paan und Isang Yun haben ähnliche Biografien. Sie hatten zunächst eine Ausbildung in Korea absolviert.

Dann setzten sie ihr Studium in Deutschland fort. Beide blieben hier, etablierten sich mit ihren Kompositionen im westlichen Musikbetrieb 109

und waren auch bedeutende Lehrer-Persönlichkeiten. Und bei beiden fließen die Erfahrungen mit der östlichen und der westlichen Musikkultur gleichberechtigt in die Klanggestalt der Werke ein. Die Elemente der verschiedenen Traditionen behalten dabei ihr Eigenes, und zugleich beleuchten sie sich gegenseitig in ihren Besonderheiten. „Ich möchte mich aber auf eines verlassen können: Dass ich keine Musik schreiben werde, die mich von dem entfernt, was mir als Wurzel unserer Kultur bis heute innewohnt“, das hat Younghi Pagh-Paan immer wieder betont (Pagh-Paan 1983/84). Die innige Anbindung an die ostasiatische Musiktradition beherrscht das gesamte Werk der Komponistin, und sie hat sich mit dieser Haltung einen ureigenen Platz in der Neue-Musik-Szene erobert.

Younghi Pagh-Paan stellt im Orgelwerk Unterm Sternenlicht von 2009 den Einzelton als sozusagen lebendiges Wesen in den Vordergrund. Die Komponistin schichtet hier mehrere solcher Einzeltöne übereinander, wobei ein klangfarblich sehr komplexes Gebilde entsteht.

Als Isang Yun 1957 nach Deutschland kam, wollte er ganz ähnliches erreichen. Er war der erste ostasiatische Komponist, der sich in der westlichen Neue Musik-Szene mit den Differenzen der Musiktraditionen in Ost und West kompositorisch auseinandergesetzt hat.

Wichtig war ihm vor allem die ostasiatische Vorstellung vom Ton: Yun verstand ihn nicht als eine abstrakte Größe. Er betrachtete ihn als ein lebendiges Phänomen, das stets einen ganzen Kosmos in sich trägt, den man entfalten könne, so auch in seinem 1975 entstandenen Fragment.

In der Partitur von Isang Yuns Orgelstück Tuyaux sonores von 1967 findet man keine Noten, sondern runde und eckige Röhren unterschiedlicher Länge.

Musik als Zeichnung, also grafisch zu notieren, ist eine Errungenschaft der westlichen Avantgarde-Musik. Bei einer solchen Notation sind die Töne nicht genau festgelegt. Das wiederum ähnelt der ostasiatischen Auffassung vom Ton als etwas nicht Festgeschriebenem, als etwas Freiem und Flexiblem.

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In dem gut dreiminütigen Stück Ta-Ryong IV für Schlagzeug von Younghi Pagh-Paan kommt die Anbindung an das östliche musikalische Denken geradezu plakativ zum Ausdruck. Younghi Pagh-Paan komponiert mit archaischen Volksmusik-Elementen und verwendet spezielle Rhythmen, die eine enge Beziehung zum Schamanismus haben. Im 2007 entstandenen Stück Bleibt in mir und ich in euch für Orgel und Schlagzeug äußert sich das durch einen ungewöhnlich breit gefächerten Klangraum, der die ostasiatische Vorstellung eines kosmischen Klangraums symbolisieren soll.

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Ingo Dorfmüller

Gabriel Iranyi Wie man zum Stein spricht (kreuzberg records 10123) Gabriel Iranyi (*1946) – Wie man zum Stein spricht... für Orgel solo (2016) – Ich schau empor nach jenen Bergen... für Violine und Orgel (2005) – Tempora für Orgel solo (1988) – Verborgene Landschaften für Violine solo (2014) – Shir Ha’Maalot / Aufstiegsgesang für Orgel solo (1984) Dominik Susteck, Orgel Sabine Akiko Ahrendt, Violine Erscheinungsjahr: 2017 Rumänien – Israel – Deutschland: Das sind die wechselnden Hintergründe für Gabriel Iranyis Komponieren, und die unterschiedlichen Lebensund Arbeitsbedingungen, die wechselnden kulturellen Kontexte haben in der einen oder anderen Weise auf sein Komponieren eingewirkt. Mit der Übersiedlung nach Israel etwa geht die intensive Beschäftigung mit ältester jüdischer Überlieferung einher; in Deutschland werden die Texte deutschsprachiger Autoren (Celan, Hölderlin, Brecht, Benjamin) bevorzugte Anknüpfungspunkte. Jenseits solcher Äußerlichkeiten ist aber sein Verhältnis zu literarischen und bisweilen auch bildnerischen Anregungen alles andere als unkompliziert. Wird die Musik, wie es der Komponist Jörg Herchet im Interview mit dem Autor am 15. Mai 2004 formulierte, „aus demselben Ursprung emporgezogen, aus dem der Text (das Bild) erwachsen ist“? Ist die individuelle Reaktion bei der Lektüre eines Textes, bei der Betrachtung eines Bildes Ausgangspunkt der Komposition? Etwa so, wie es Schönberg einmal im Hinblick auf seine Lieder formulierte: Er habe sie, „berauscht vom Anfangsklang der Worte“, niedergeschrieben, ohne sich „auch nur im Geringsten um den weiteren Verlauf der poetischen Dinge zu kümmern“ (Schönberg 1912). Werden die Kompositionen aus einem initialen Impuls entwickelt, der danach nur mehr der Eigengesetzlichkeit des auf diese Weise angestoßenen musikalischen Prozesses folgt?

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Es sind Fragen, die bei der Begegnung mit Gabriel Iranyis Musik immer wieder auftauchen, und die auch von Fall zu Fall unterschiedlich zu beantworten sind. Eines aber steht für den Komponisten mit gleichsam axiomatischer Klarheit fest: Musik kann und soll nichts erzählen, nichts malen, nichts illustrieren. Sie folgt ausschließlich ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und ihrer konstruktiven Logik. Das schränkt im Übrigen ihre expressiven Möglichkeiten nicht ein, sondern reinigt und konzentriert den Ausdruck. Die Insistenz, mit der er, etwa in seinen Werkeinführungen, immer wieder auf dieses Thema zurückkommt, hat etwas von einem musikalischen „Bilderverbot“.

Zu Gabriel Iranyis wichtigsten Inspirationen zählen die Psalmen: Schon unter seinen frühesten Stücken finden sich Titel wie De Profundis (für Klavier) und Song of Degrees (für Ensemble und Elektronik). Dieser Titel begegnet dann sechs Jahre später bei einem Orgelwerk wieder: „Song of Degrees“ heißt auf Hebräisch Shir Ha‘Maalot. Ein weiteres dieser Werke, Psalm, aus dem Jahr 1979 ist für großes Orchester gesetzt – eine Ausnahme, denn Gabriel Iranyi bevorzugt kleinere Besetzungen, Ensembles und Kammermusikformationen; und ebenso klare, balancierte Formen, konzentrierte Aussagen, um nicht mehr zu sagen, als unbedingt nötig: In der handwerklichen Präzision liegt zugleich eine Neigung zur Diskretion, zur Verschwiegenheit, zur Objektivierung – etwa im Sinne jener „objektiven, fast leidenschaftslosen Konstatierungen“ von denen Schönberg im Hinblick auf Mahlers Neunte Sinfonie sprach (Schönberg 1966) – Werke, in denen der Autor nicht mehr „als Subjekt“, nicht mehr „im Ich-Ton“ spricht; die darum nicht etwa auf Ausdruck verzichten, deren Ausdruck aber den Charakter des Überindividuellen angenommen hat. So ist auch zu verstehen, warum die frühen Psalm-Kompositionen reine Instrumentalstücke sind. Es geht nicht um die Wiedergabe des Textes im Sinne einer „geistlichen Musik“, und erst recht nicht um seine subjektive Aneignung.

Als Gabriel Iranyi 1977 nach Israel kam, suchte er wiederum die Anknüpfung im Allgemeinen, im allen Gemeinsamen, nicht im Spezi113

fischen, Individuellen. Unter diesem Aspekt beschäftigte er sich mit der Sprache, mit der religiösen und insbesondere auch der musikalischen Überlieferung. Die Stücke, die so entstanden, sind paradoxerweise gerade in ihrem Rekurs auf das Allgemeine, auf den Fundus der Überlieferung, hochoriginell. In Alef für Sopran und drei Instrumente hat er diesen Prozess auskomponiert. Er nahm – so beschreibt er es – ein Hebräisch-Wörterbuch zur Hand, beschloss, beim Anfang auch tatsächlich anzufangen, nämlich beim ersten Buchstaben, Aleph, und wählte aufs Geratewohl ein Wort: Av – Vater. Dann ließ er sich von den sich einstellenden Assoziationen und auch vom Klang der Worte leiten und bildete eine Kette, die über „Stein“ und „Staub“ zu Adam (Mensch) und weiter über „Erde“ und „Liebe“ zu Adonai und Eloheinu („Herr“ und „Gott“) führt und mit Licht und Morgenstern endet. Und doch immer im Anfang verharrt, denn alle diese Wörter beginnen im Hebräischen mit Aleph: Eine Genesis aus Wörtern, sehr angemessen einer Religion des Wortes. Die ausgewählten Begriffe erzählen die Schöpfungsgeschichte nicht chronologisch (sonst müsste das Licht am Anfang stehen): Sie sind vielmehr so angeordnet, dass sie einen Aufstieg beschreiben aus dem Urgrund der Schöpfung zum göttlichen Licht, so dass Mensch und Gott, aufeinander bezogen, im Mittelpunkt stehen.

Der „Aufstieg“ ist ein Modell, das Gabriel Iranyi in seinen Kompositionen mehrfach beschäftigt hat: Der Aufstieg als geistiger Vorgang, nicht als physischer, ein Aufstieg mithin, der nicht unbedingt in musikalischen Aufwärtsbewegungen repräsentiert sein muss. „Aufstiegsgesang“: So übersetzt Martin Buber in seiner Bibelübersetzung den Begriff „Shir Ha‘Maalot“, der fünfzehn kurzen Psalmen als eine Art „Gattungsbezeichnung“ vorangestellt ist (Ps. 120-134). Gabriel Iranyi griff sehr bewusst zu Bubers Übersetzung, schien sie ihm doch das, worum es ihm geht, sehr viel genauer zu bezeichnen als der früher übliche Begriff „Stufengesänge“. (Luther übersetzte ihn noch etwas unspezifischer als „Wallfahrtslied“.)

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Diese Psalmen nun wurden ursprünglich von den Pilgern gesungen, wenn sie zu den hohen jüdischen Festtagen hinauf nach Jerusalem zum Tempel zogen. Bis heute spielen sie in der jüdischen Liturgie und sogar im Alltagsleben eine herausragende Rolle. Insbesondere der 126. Psalm („Als der Herr die Gefangenen Zions befreite, waren wir alle wie Träumende“) ist allgemein bekannt, wird er doch am Schabbat zum Dankgebet nach dem Essen gesungen; zahlreiche Melodien sind zu diesem Psalm überliefert. Derartige Überlieferungen schwingen unweigerlich mit, wenn ein Stück Shir Ha’Maalot heißt: Sie sind aber ausdrücklich nicht Gegenstand von Gabriel Iranyis Komposition. Er hat auch ganz bewusst keinen bestimmten der mit diesem Begriff bezeichneten Psalmen ausgewählt: Ihm geht es um die ihnen zugrundeliegende Vorstellung eines „Aufstiegs“, einer „Erhebung“ zu Gott, oder noch allgemeiner um Meditation und Reflexion.

Die Musik selber knüpft bei der älteren Übersetzung des Begriffs an: „Stufen“. Der Komponist überträgt ihn auf ein musikalisches Denken in Schichten und unterschiedlich strukturierten Klangflächen.

Ausgangspunkt ist dabei ein sechstöniges „Motiv α“, das eine melodische Entsprechung des Wortes „Jerusalem“ darstellt. Aus diesem Motiv, sowie seinen Ableitungen (Krebs, Umkehrung, Krebsumkehrung ...) wird das gesamte melodisch-akkordische Material des Stückes generiert; dabei kommen allerdings auch in ihrer Intervallstruktur veränderte Varianten des Motivs ins Spiel. In einigen Abschnitten wird die Fibonacci-Reihe angewendet: Sie addiert – in diesem Fall rhythmische Werte – nach einem bestimmten Muster (1+1=2; 2+1=3; 3+2=5; 5+3=8; 8+5=13 ...) und nähert sich dabei von Schritt zu Schritt den Maßverhältnissen des Goldenen Schnitts an; auch Wachstum und Reproduktion in der Natur scheinen einem ähnlichen Additionsmodell zu folgen. Schließlich werden die sechs Töne im Schlussabschnitt zum „α-Akkord“ übereinandergeschichtet; er tritt in Grundgestalt und in Umkehrung auf, und zwar in einem wiederkehrenden symmetrischen Rhythmus. Er misst gewissermaßen die verfließende Zeit, ist aber zugleich, weil in sich rückläufig, Symbol der Überzeitlichkeit: Der, 115

so sagt es das Vorwort zur Partitur, „unendliche Puls eines Ortes, in welchem Glaube und Geschichte zusammentreffen“.

Indem alle diese Überlegungen unmittelbar musikalische Struktur werden, liegen sie nicht offen, sondern sind in der Musik ge- und verborgen. Deren äußerer Verlauf ist klar und übersichtlich disponiert.

Deutlich zu hören ist etwa der „α-Akkord“, der sich gleich zu Beginn in mächtigem Fortissimo aufbaut und noch mehrfach (dann allerdings wesentlich ruhiger) in den musikalischen Ablauf eingeschaltet wird.

Danach bezeichnen eine dichte, rhythmisch hochkomplexe sechsstimmige Polyphonie und rasante, toccatenhafte Läufe die Extreme, zwischen denen die Komposition sich entwickelt. Diese Elemente wirken gerade durch ihre Gegensätzlichkeit stark gestisch. Der Komponist ermutigt ausdrücklich dazu, die beim Hören der Musik sich einstellenden Assoziationen zuzulassen: Sie seien aber in hohem Maße individuell, und schon darum nicht Gegenstand seiner Komposition.

Deutlicher noch als Shir Ha‘Maalot laden die Reflexionen über den 121.

Psalm für Violine und Orgel (2005) zu bestimmten Assoziationen ein.

Auch dieser Psalm gehört zu den „Aufstiegsgesängen“, und es ist naheliegend, den Eröffnungsvers, der der Komposition auch den Titel gibt (Ich schau empor nach jenen Bergen ...) mit dem in immer höhere Lagen sich verflüchtigenden Klang der beiden Instrumente in Verbindung zu bringen. Indessen legt der Komponist auch hier Wert auf die Feststellung, dass die Musik ausschließlich aus der Eigenbewegung ihrer Parameter entsteht. Das Stück ist aus zwei unterschiedlich strukturierten Akkorden, einem neun- und einem zehntönigen, entwickelt.

Sie treten vollständig oder in Einzelteile zerlegt auf: In melodischen Linien entfaltet, in weiter Lage als Akkorde, in enger Lage als unvollständige, „farbige“ Cluster. Es ist dies ein Element, mit dem Gabriel Iranyi sehr gerne arbeitet, und das eine geeignete Matrix zur Entfaltung der Klangfarbe bis hin zu extremen Werten bietet. Tatsächlich wird in seinen Kompositionen das struktive Denken durch ein Interesse am unmittelbaren Klang balanciert: Und so ist die Artikulation – gerade 116

in den Streicherparts – minutiös ausgearbeitet. Das Geräusch und die sogenannten „erweiterten Spieltechniken“ bleiben dabei weitgehend ausgespart – wohl nicht zuletzt um ihres anekdotischen Potentials willen. [...]

Zwanzig Jahre trennen die Komposition von Shir Ha‘Maalot (1984) und die Psalm-Reflexionen Ich schau empor nach jenen Bergen ... (2005): Und wenn man davon absieht, dass Gabriel Iranyis Stil im Laufe dieser Jahre noch konzentrierter und ausgesparter geworden ist, so ist sein Ansatz in beiden Stücken prinzipiell gleich. Beide Werke sind im Auftrag deutscher Kirchenmusiker geschrieben – Protagonisten einer Neuen Musik in der Kirche: Shir Ha‘Maalot für Oskar Gottlieb Blarr, Organist und Kantor an der Neanderkirche in Düsseldorf; die Psalm-Reflexionen für Peter Schwarz, Kantor und Organist der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche in Berlin. Beide Stücke wahren einen geistlichen Bezug, ohne geistliche Musik zu sein. Beide Stücke haben Berührungen mit der jüdischen Tradition, ohne mit ihr identisch zu sein. Sie sind weder für die Synagoge noch für die Kirche geschrieben, sondern für einen Raum der Reflexion, der auch in einer Synagoge oder in einer Kirche zu finden sein mag. Sie sind nicht sakral, sondern spirituell. Sie zielen nicht auf die Identität mit einer bestimmten Tradition, sondern setzen sie in Bezug zu anderen Traditionen.

In einem weiteren Orgelwerk wird dieses Faktum explizit: Tempora, entstanden 1988, also zu der Zeit, da Gabriel Iranyi Israel wieder verließ.

Geschrieben ist es für Elisabeth Roloff, die Organistin der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem – und Gabriel Iranyis Kollegin als Dozentin der Rubin Academy. Das Stück wurde in Jerusalem uraufgeführt, und wiewohl es in Stil und Faktur das wohl konservativste von Gabriel Iranyis Orgelwerken ist, ist es in der Wahl seiner Materialien geradezu programmatisch. Die jüdische Tradition vertritt eine ihrer bekanntesten Melodien, Maos Zur („Fels der Rettung“), die zum Chanukka-Fest gesungen wird. Die Melodie wird auf das deutsche Mittelalter zurückgeführt. Sie findet sich auch in einem lateinischen 117

Kirchengesang, den ein schlesisches Manuskript des 15. Jahrhunderts überliefert; ihr Anfang ist zudem vollkommen identisch mit dem bekannten Luther-Lied „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“.

Doch die Ökumene, die Gabriel Iranyi hier anvisiert, ist noch weit größer – die Partitur verzeichnet die Herkunft der musikalischen Materialien: Ein japanisches Lied der Edo-Periode, einen indischen Raga, Tonskalen aus Japan und Vietnam. Die jüdische – und notabene auch die europäische – Tradition ist hier nur eine unter vielen.

Das Gegenbild zu solcher Vielfalt – einer von Alterität angefochtenen, aber auch bereicherten Identität – ist die Vorstellung einer ethnisch, religiös oder ideologisch homogenen „Gemeinschaft“. Sie bedingt allemal die Verfolgung der Nicht-Zugehörigen, der Abweichler und Verweigerer. Der Konformismus fordert Opfer: Und Gabriel Iranyis jüngstes Orgelstück lässt sich als ihr Epitaph verstehen. Wie man zum Stein spricht … Mit diesen Worten beginnt Paul Celans Gedicht Radix, Matrix aus dem Band Die Niemandsrose (1963). Der Stein, Jahrmillionen alte Formation, steht bei Celan für ein Uranfängliches, Verlässliches, Unbewegtes, immer wieder nimmt seine Poesie vom Bild des Steines aus ihren Anfang. Der Stein kann aber zugleich auch Grabstein, Gedenkstein sein: Wer „zum Stein spricht“, spricht in Wahrheit vielleicht zu denen, an deren Existenz der Stein erinnert. Dass Gabriel Iranyi in seinen Kompositionen wiederholt auf Paul Celan zurückgekommen ist, hat seinen Grund (neben der Gemeinsamkeit der Herkunft: Celan wurde 1920 in Czernowitz, der Hauptstadt der damals rumänischen Bukowina geboren) in der prinzipiellen Mehrdeutigkeit seiner Verse. Es ist eine Sprach-Musik, die – und darin ist sie Gabriel Iranyis Haltung verwandt – klares Bild, erzählbare Handlung, eindeutige Botschaft verweigert, dafür aber aufgeladen ist mit Assonanzen und Assoziationen.

Radix, Matrix ist eine Art Liebesgedicht, das sich zunächst mit großer Emphase an eine Gefährtin zu richten scheint: „du / mir vom Abgrund her, von / einer Heimat Ver- / schwisterte, Zu- / geschleuderte, du“.

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Eine Gefährtin mithin, die Herkunft und Lebensschicksal teilt, bis sich ein gewaltsames Ende andeutet: „damals / da ich nicht da war, / damals, da du / den Acker abschrittst, allein“. Im nächsten Vers ist dann vom „gemordeten“ Geschlecht die Rede; eine Parenthese weist auf die „Wurzel Abrahams“, die „Wurzel Jesse“ hin. Eine geschlechtliche Metaphorik (Radix, Matrix gleich Wurzel, Schoß; das „gemordete Geschlecht“ ist jenes „schwarz in den Himmel stehende: Rute und Hode“) zieht sich durch den Text, und auch der ekstatische Ton der initialen Anrede weist in diese Richtung: „du mir im Nichts einer Nacht, / du in der Aber-Nacht Be- / gegnete, du / Aber-Du – :“ Es ist hier nicht der Ort, das komplexe Sprachspiel aufzuschließen, das das Gedicht in seinen wenigen Zeilen entfaltet: Die offenkundigen wie die versteckten Bezüge legen jedoch nahe – wie John Felstiner in seiner großen Celan-Biographie darlegt – hierin ein Epitaph auf Celans Mutter zu sehen. Celans Eltern waren 1942, nachdem deutsche und rumänische Truppen die zwischenzeitlich von der Sowjetunion besetzte Bukowina zurückerobert hatten, nach Transnistrien in ein Konzentrationslager deportiert worden. Der Vater starb dort an Typhus, Celans Mutter wurde erschossen – ein Trauma, unter dem der Sohn zeit seines Lebens litt, und auf das viele seiner Gedichte verweisen.

Diesem Text stellt Gabriel Iranyi wiederum eine autonom entwickelte musikalische Struktur an die Seite: Basismaterial ist diesmal ein elftöniger Akkord, der in enger Lage einen beinahe vollständigen chromatischen Cluster ergibt, in melodischer Entfaltung eine beinahe vollständige Zwölftonreihe. Zusätzlich finden sich in die Noten eingestreut einige Textzitate. Und für dieses eine Mal wagt er es, zwischen Text und Musik eine direkte assoziative Verbindung herzustellen: „vom Abgrund her”“, gleich am Anfang, präsentiert den Grundakkord in tiefster Lage, mit Doppelpedal und 32-Fuß-Registrierung; „zugeschleuderte Heimat“ setzt ein jähes Anwachsen zu einem Fortissimo-Cluster in Gang; „... mir im Nichts einer Nacht ...“ bezeichnet eine Passage punktuell staccatierter Bewegung; bei „du in der Aber-Nacht Begegnete“ 119

folgt ein erneuter Cluster-Aufbau; „wer war jenes Geschlecht, jenes gemordete...“ setzt den zweiten Abschnitt, „Tempo agitato“, in Gang.

Danach folgen bis zum Schluss keine weiteren Text-Zitate: Bis auf die vom Pedal unmittelbar vor dem Schlussakkord regelrecht skandierten Worte „wie man zum Stein spricht“.

Was hier musikalisch geschieht, ist aber wiederum keine Illustration – es ist eine auskomponierte Suche: nach einem Weg, sich musikalisch zum Text zu verhalten, ohne ihn deuten oder gar festlegen zu wollen.

Diese Suchbewegung ist mit dem Übergang zum „Tempo agitato“ abgeschlossen, danach entfaltet sich die Musik autonom. Aufschlussreich ist eine kleine Textmodifikation: Aus der vom Abgrund, von der Heimat her „zugeschleuderten“ Gefährtin wird in Iranyis Partitur die „zugeschleuderte Heimat“. Heimat, nicht als etwas Verlässliches, als eine unzweifelhaft vorhandene Ressource, sondern als etwas unversehens Zugefallenes, da, wo man es nicht erwartet: Beheimatung, auf Zeit, möglicherweise, fragil und veränderlich. Es ist die einzige Heimat, die im gegenwärtigen Weltzustand möglich ist, da, wie Ernst Bloch in Das Prinzip Hoffnung schreibt, der Mensch „das Seine“ noch nicht „ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet“ hat: Das, „was allen in die Kindheit scheint, und worin noch niemand war.“ Alle jene „identitären“ Projekte, die den Menschen in Blut und Boden, Religion, Ideologie, Brauchtum oder Tradition endgültig beheimaten wollen, sind Trugbild und Chimäre.

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Gravitationsfelder: Essen und Köln In Essen ist es die Kompositionsklasse von Nicolaus A. Huber an der Folkwang Universität, die Generationen von Komponist:innen aus aller Welt über zwei Jahrzehnte hinweg (1970-1991) anzieht. Entscheidende Anregungen erhalten dort auch der politisch und interdisziplinär arbeitende Gerhard Stäbler, Gerald Eckert, der nach Mathematik-, Cello- und Dirigierstudium zu Huber fand, und Sankt-Peter-Organist Dominik Susteck. Gleichermaßen bedeutsam ist das breit gefächerte Wirken des Kirchenmusikers Gerd Zacher, der viele Organisten wie Matthias Geuting oder Andreas Fröhling ausbildete, aber auch Komponisten wie Stäbler und (nach seiner Emeritierung) Susteck inspirierte.

Das zweite Gravitationsfeld entwickelte sich seit den 1990er-Jahren in Köln: Die Kunst-Station Sankt Peter, mit Friedhelm Mennekes und Peter Bares, die Orgel und nicht zuletzt die orgel-mixturen in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk tragen zu einer von Uraufführungen geprägten, lebendigen, einflussreichen Musikkultur bei. Tobias Tobit Hagedorn, als Kirchenmusiker und Elektroniker ausgebildet an der Kölner Hochschule, vertritt eine junge Generation, für die aktuelle Orgelmusik und elektronische Musik ebenso wenig Fremdworte sind wie neue Konzepte für Kunst und Kultur im kirchlichen Raum.

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Hanno Ehrler

Gerhard Stäbler HEISS! (WERGO 73152) Gerhard Stäbler (*1949) – !? – Musikalischer Essay über die Grenzen des Möglichen für ein Keyboard (2001) – Heiss! für Orgel (1988) – Windows für Orgel solo (1983) – TAP für Orgelpedal solo (1998) – ABER ... Eine Phantasie für Orgel solo (2009) Dominik Susteck, Orgel Erscheinungsjahr: 2015 Bereits während der Schulzeit interessierte sich Gerhard Stäbler für die Orgel und studierte dann das Instrument. Erstaunlicherweise jedoch findet man in Stäblers umfangreichem Werkverzeichnis lediglich die hier versammelten fünf Werke für den monumentalen Klangerzeuger.

Keineswegs liegt das an mangelnder Begeisterung. Immer noch spürt man die tief empfundene Emphase, mit der der 1949 geborene Komponist von der Orgel spricht. Die schiere Masse des Instruments, die es augenfällig verkörpert und auch im Klang entäußert, zieht ihn nach wie vor in Bann. Stäbler betont, dass ihn die Umfänglichkeit der Orgel fasziniere. Ihre Aktionsbreite umfasst Töne vom tiefsten bis zum höchsten Bereich des Hörspektrums und hüllt diese in eine mannigfaltig getönte Klangfarben-Vielfalt. Überwältigend ist auch die Lautstärke, die die Orgel entfesseln und mit der sie große Kirchenräume und Konzertsäle mit donnerndem Sound füllen kann. Schließlich interessiert Gerhard Stäbler sich für den Maschinencharakter des Instruments und die von Orgel zu Orgel unterschiedliche technische Konstruktion, die ja erheblichen Einfluss auf den Klang und die Spielmöglichkeiten hat. Über dieses eher Technische hinaus empfindet der Komponist die Orgel als einen beatmeten Körper, einen durch seinen Klang belebten und lebendigen Organismus.

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Gerhard Stäbler studierte in der Zeit der musikalischen Avantgarde.

In den 1960er- und 1970er-Jahren erforschten Komponist:innen und an zeitgenössischem Denken interessierte Musiker:innen allenthalben die klassischen Instrumente. Ihre geräuschhaften Anteile wurden entdeckt und in die Musik einbezogen. Zugleich entwickelte man neue, ungewöhnliche Spieltechniken, kultivierte also einen quasi regelwidrigen Gebrauch der Instrumente. Auch die Orgel erfuhr eine solche Exploration ihrer Klang- und Spielmöglichkeiten. Unter anderem experimentierte man mit dem Ein- und Ausschalten des Blasebalgs und Veränderungen des Luftdrucks während des Spiels. Werke wie György Ligetis Volumina und Mauricio Kagels Improvisation ajoutée loteten das kongenial aus, und Organisten wie Stäblers Lehrer Gerd Zacher integrierten diese Werke nach und nach ins Orgelrepertoire.

Gerhard Stäbler wagte sich erst 1983, nach anderthalb Jahrzehnten Tätigkeit als freischaffender Komponist und Künstler, an „sein“ Instrument. Davor gab es die Phase zwischen 1975 und 1980, in der Stäbler das Komponieren ganz einstellte. Eine politische Tätigkeit erschien ihm wichtiger als das Musikmachen. Dieses explizit politische Denken beherrscht Stäblers Tätigkeiten als Komponist und Kulturschaffender bis heute und fließt integrativ in seine Musik ein. Mitnichten jedoch ist dieses Denken ein agitatorisches oder dogmatisches. Vielmehr beschäftigt Gerhard Stäbler sich differenziert mit der Vielfältigkeit der politischen und kulturellen Landschaft und möchte darin Position beziehen. Das Verweigern des Komponierens war eine solche Position, eine andere hat damit zu tun, dass er so wenig Orgelmusik schrieb. Ihn störte und stört erheblich die Gebundenheit der Orgel an den Kirchenraum und die, wie er sagt, Vereinnahmung des Instruments durch die Institution Kirche und die mit ihr verbundenen Glaubensvorstellungen. Gleichwohl agierte Stäbler bis in die neunziger Jahre als Organist und gab Konzerte mit klassischem und zeitgenössischem Repertoire. So fühlt er sich dem Instrument sehr nah.

Er empfindet eigentlich zu wenig Distanz, um sich kompositorisch mit ihm auseinanderzusetzen. Seine wenigen Orgelstücke entstanden 124

daher weniger aus eigenem Impetus, mehr durch die Bekanntschaft mit Organisten, durch Aufträge oder durch Bearbeitungen von Stücken, die ursprünglich für andere Besetzungen geschrieben worden waren.

Das Werk !? – Musikalischer Essay über die Grenzen des Möglichen entstand zunächst für Cembalo, ist aber auf einem beliebigen Keyboard einschließlich Akkordeon realisierbar. Windows – Elegien für Kammerensemble trägt seine originale Besetzung im Titel. Stäbler fertigte Fassungen für mehrere andere Instrumentierungen an, unter ihnen eine für Orgel und Tomtoms ad libitum; auch gestattet er den Musiker:innen, weitere Bearbeitungen des Stücks zu erstellen.

Windows (1983) ist eine Komposition, die sich durchaus als politische versteht. Sie entstand in Zusammenhang mit einer Filmproduktion über Albanien, in der die Lebensrealität dreier Familien dokumentiert wurde. „Die fünfsätzige Komposition basiert auf Skizzen, Gedanken und Impressionen persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Ursprungs und reflektiert genauso öffentliche wie private Gefühle. Die Fenster öffnen sich verschieden; mal dringt durch einen Spalt verborgen Wichtiges, mal kriegt man bei sperrangelweitem Öffnen vordergründig Ablenkendes präsentiert, mal horcht man hinein – ins Innere, ins Intime – mal konzentriert man sich aufs Draußen“, notierte Stäbler in der Partitur. Blockartig öffnen sich solche Fenster, die dann eine jeweils erstaunlich einheitliche klangliche Charakteristik besitzen. Diese unterscheidet sich jedoch von Fenster zu Fenster. Es gibt Akkordblöcke, vornehmlich perkussive Passagen, dann auch melodische. In Window 4 etwa verwendete Gerhard Stäbler rhythmische Merkmale albanischer Volksmusik, die die Begleitung bestimmen. Darauf entfaltet sich eine ebenfalls an dieser Volksmusik orientierte auskomponierte Melodie.

Für sich allein genommen wäre dies eine achtsame Reverenz an die ursprüngliche Musik Albaniens. Im Kontext mit den anderen Fenstern gewinnt sie zusätzlich an Bedeutung. Sie wirkt wie ein Leitstrahl, der im Wechselspiel mit den anderen Fenstern die inhaltliche Ausrichtung der Komposition verdeutlicht und intensiviert.

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Auch HEISS! von 1988 hat eine gesellschaftspolitische Komponente.

Diese ist weniger vordergründig und auch weniger weltpolitisch als in Windows. Gleichwohl prägt sie neben anderen Bezügen und Aspekten unzweifelhaft die inhaltliche Ausrichtung des Stücks. HEISS! ist eine Bearbeitung der Ensemblekomposition Hart auf Hart, die zwei Jahre zuvor entstand und die Gerhard Stäbler für Orgel einrichtete. Beide Stücke haben grafische Partituren. HEISS! besteht aus der Abbildung von Strich- beziehungsweise Barcodes, wie sie heute an jedem Produkt angebracht sind und in Form einer Abfolge dicker und dünner Striche Produktinformationen grafisch verschlüsseln. Zur Entstehungszeit des Stücks war diese Technik, die heute die gesamte Warenwelt beherrscht, noch relativ neu und wurde gerade flächendeckend einführt. Sie dokumentiert eine zunehmende Technisierung von Verkauf und Vertrieb und symbolisiert die grassierende Kapitalisierung unserer Gesellschaft sowie die fortschreitende Technisierung der Datenerfassung.

Darüber hinaus bezieht sich Gerhard Stäbler auf die Tradition grafischer Notation. Seit den 1950er-Jahren entstanden Werke, deren Klangkonzept nicht mehr mit Noten allein ausgedrückt werden konnte, sondern zusätzlich grafische Elemente erforderte bis hin zu Stücken, die sich völlig vom klassischen Notentext entfernten. Solche Partituren fungieren teilweise als Musik und bildende Kunst zugleich. Soweit geht Stäblers Konzept nicht. Die Partitur zu HEISS! ist durchaus eine Partitur. Eine Reihe von Barcodes sind in verschiedenen Größen horizontal und vertikal nebeneinander gesetzt und bilden Folgen von dicken und dünnen Linien, die von rechts nach links oder von oben nach unten oder jeweils umgekehrt gelesen werden können. Gerhard Stäbler schrieb HEISS für die Organistin Gabriele Müller und arbeitete für sie Spielanweisungen aus. Diese Anweisungen definieren Ausführungskriterien für dicke und dünne Striche und gewisse Abfolgen dieser Striche. Doch ist der Komponist auch offen für andere Auslegungen seiner Partitur.

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Gerhard Stäbler formulierte in HEISS! auch Vorgaben für die Registrierung. Dafür nutzte er ein Verfahren, das dem seriellen Denken der fünfziger und sechziger Jahre entstammt und das er häufig anwendet, um Strukturen unterschiedlichster Art zu generieren: Tonhöhen, Melodien oder Rhythmen, hier in diesem Fall eben die Registrierung. Der Komponist arbeitet mit Zahlenreihen und generiert damit verschiedene Parameter der Musik. Dabei formuliert Stäbler keine festen Regeln für diese Reihen, weder für ihre Gestalt noch für den Bezug zwischen den Zahlen und den Strukturen; sie variieren von Werk zu Werk. Dieses Verfahren erlaubt ihm, Ordnungskriterien in seine häufig dicht und komplex gesetzte Musik zu implementieren. Das Zahlengerüst verleiht der Musik strukturellen Halt. Allerdings ist dieser an der Oberfläche des Klangs kaum wahrnehmbar. Keinesfalls möchte der Komponist, dass der Hörer die zugrunde liegende Struktur erkennt. Sie erschließt sich auf einer subkutanen Ebene. Musikalischer Sinn vermittelt sich beim Hören eher unbewusst, ist jedoch stets deutlich spürbar.

1998, zehn Jahre nach HEISS! entstand TAP für Orgelpedal solo. Das Stück ist das Resultat eines Gesprächs zwischen Gerhard Stäbler und dem Organisten Thomas Noll. Auch diese Komposition kommt ohne klassische Noten aus, ist jedoch keine grafische Partitur, bei der es auf Bezüge zwischen optischen Strukturen und Klang ankommt. Stäbler schreibt Pfeile mit einer Lautstärkenangabe und jeweils zwei Ziffern.

Eine dieser Ziffern gibt die Dauer des Klangs in Sekunden an, die andere die Anzahl der Pedale, die gedrückt werden soll. Außerdem beschränkt sich der Spielbereich auf einen Tritonus im tiefen und einen im hohen Bereich, nämlich C bis Fis sowie h bis f. Ist es bereits ungewöhnlich, ein Stück nur für Pedal zu schreiben, so geht Gerhard Stäbler noch darüber hinaus und bezieht ungewöhnliche Spieltechniken und Klangphänomene mit ein. Der Interpret kann, wenn er möchte, Schuhe mit gehärteten Sohlen tragen. Dadurch ergeben sich perkussive Effekte, wenn der Spieler die Pedale tritt. TAP besteht aus einer klaren Abfolge von Klängen, die sich in ihrer Länge und Charakteristik stark unterscheiden. Durchaus kann man einen Bogen spüren, der sich über das 127

Werk zieht und die Einzelklänge zu einem Ganzen zusammenbindet.

Dieses Ganze erzeugt jedoch einen eher heterogenen Eindruck. Denn genauso gut, so scheint es, kann man die Einzelklänge für sich wahrnehmen, für schlicht nebeneinander gestellt und dabei in ihrem Eigenwert empfunden.

In !? – Musikalischer Essay über die Grenzen des Möglichen von 2001 geht es um etwas ganz anderes. Thema dieses Werks für ein beliebiges Keyboard ist die Repetition. Extrem schnelle Wiederholungen verschiedener Strukturen beherrschen die Partitur. Stäbler schreibt repetierte Toncluster vor, auch Klänge, die mit anderen Instrumenten einschließlich CD-Zuspielung erzeugt werden können, dann Wiederholungen einzelner Töne sowie schnellstes Spielen von Tonabfolgen, die durch dynamische Setzungen im mehrfachen Pianissimo teilweise ins Unhörbare abgleiten. „Intention dabei ist, hinsichtlich der technischen Voraussetzungen eines Instruments und der physischen Fähigkeiten eines Interpreten die Grenzen des Möglichen auszuloten und – wenn in der Partitur gefordert – alles schneller, präziser, leiser beziehungsweise lauter auszuführen. Vor allem die Geschwindigkeit der Repetitionen sollte buchstäblich atemberaubend sein“, schreibt der Komponist zu seiner Partitur. Auch hier entstehen die für Gerhard Stäbler so typischen dichten und komplexen Klänge und Strukturen. Besonders im leisen Bereich wirkt ihre akustische Erscheinung aufs äußerste differenziert, und im lauten Bereich werden die ohnehin bereits vielschichtigen Grundklänge durch brachial energetisch einfallende Akkorde zusätzlich gefärbt. Die Dichte der Musik, ergibt sich bei !? – Musikalischer Essay über die Grenzen des Möglichen durch ins Extrem geführte Wiederholungstechniken. Gerade bei der Orgel mit ihrer eigentümlichen Klangerzeugung und spezifischen Verzögerung im Einsetzen des Klangs sowie mit den eigenwilligen Zusammenwirkungen der unterschiedlichen Register in verschiedenen Tonhöhenlagen generiert die Repetitionstechnik ein äußerst farbiges, an manchen Stellen gar geräuschhaft untermaltes Klangfarbengebilde.

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Bei ABER ... Eine Phantasie für Orgel solo von 2009 entfaltet sich ein auf den ersten Blick weniger komplex wirkendes Klangbild durch eine konventionellere Setzung der Musik. Aber im Inneren der Töne und Klänge offenbart sich eine immense Vielfalt. Das Werk entstand für die 2004 erbaute Kuhn-Orgel in der Philharmonie Essen, darf aber ausdrücklich auch auf anderen Instrumenten gespielt werden. Dichte und Komplexität der Musik ist für Gerhard Stäbler kein Wert an sich, kein allein sinnstiftender Faktor der Musik. Mit dichten, komplexen, schnell bewegten und überbordenden Strukturen möchte Stäbler Situationen schaffen, die ihn als Komponisten überraschen und verunsichern und bei denen der Hörer Orientierungsarbeit leisten muss. Komponieren versteht Stäbler als eine permanente Gratwanderung zwischen dem sicheren Weg einer konstruierten Gestalt und der Unsicherheit völliger Offenheit. Es ist für ihn eine Metapher für beständige Veränderung.

Das spiegelt das Orgelstück ABER ... mit dem Untertitel „Phantasie“.

Dieser verweist auf die in Barock wie Romantik wichtige Gattung und ist zugleich eine Richtlinie für Stäblers Komponieren. Das Klanggeschehen entfaltet sich frei. Obwohl viele Passagen einstimmig sind oder aus lang gehaltenen Einzeltönen bestehen, changiert die Anmutung des Klangs beständig. Veränderungen des Luftdrucks zum Beispiel führen zu Schwankungen in der Klangfarbe und leichten Vibrationen der Tonhöhe. Sie symbolisieren die Verunsicherung der vermeintlich schlichten Einzeltöne und zugleich eine Offenheit des Klanggeschehens für neue Erfahrungen.

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Ingo Dorfmüller

Gerald Eckert Gerald Eckert – chroia (kreuzberg records 10149) Gerald Eckert (*1960) – melting away für Schlagzeug, Orgel und Elektronik (2016/17) – Aufbrüche-Verwerfungen für Orgel (2000) – Aux mains de l’espace für Vier-Kanal-Tonband (1993) – chroia für Orgel (2020) – void für zwei Schlagzeuger (2007) – Aube für Orgel (2006) – about water III für 2-(4-)kanaliges Tonband (2018) – Inschriften für Orgel und Schlagzeug (2003/2005) Dominik Susteck, Orgel Rie Watanabe, Schlagzeug Eardrum Percussion Duo Gerald Eckert, Elektronik und Klangregie Erscheinungsjahr: 2021 Extremzustände klanglicher Materie, oft an der Grenze zur Stille, graduelle Transformationsprozesse, die Beschäftigung mit asymptotischen Annäherungen, die letztlich nicht beendbar sind: das sind Wesensmerkmale der Kompositionen von Gerald Eckert. Die Auseinandersetzung mit klanglicher Beschaffenheit, den (Extrem)-Konstellationen klanglicher Materie berührt existenzielle Fragestellungen.

Die Begrenztheit, die jeder Mensch täglich erfährt – Raum und Zeit unseres Lebens sind endlich – setzt zwingend das Vorhandensein eines Unbegrenzten voraus. Die antiken Philosophen beschrieben es als das formauflösende Prinzip – denn Formen existieren ja nur durch Grenzen: Das Unbegrenzte – oder griechisch „Apeiron“ – bewirkt also den Gestaltwandel, durch den Leben allein möglich ist.

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„Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen, denn andere Wasser strömen nach“: so formuliert es Heraklit (Fragment B12, zit. n.

Mansfeld 1983) Wir können hinzufügen, dass nicht allein der Fluss sich verändert, sondern auch wir beim zweiten Mal nicht mehr dieselben sein werden. Wir fassen ein Ziel ins Auge, das in dem Augenblick, da wir es erreichen, schon nicht mehr dasjenige sein wird, das wir uns vorstellten. Der Transformationsprozess, der uns in unendlich kleinen, unmerkbaren Schritten von uns selbst und dem, was wir zu kennen glauben, fortbewegt, wirkt unausgesetzt.

Indem sich Gerald Eckerts Musik mit Grenzphänomenen auseinandersetzt, indem sie der Transformation eines Klanges in einen anderen oder in die Stille oder aus der Stille ins Klingende nachforscht, nach-hört, indem sie Klänge im Raum bewegt, rührt sie an solche existenziellen Erfahrungen. Dabei hält sie sich aber nicht mit Anekdotischem auf – will sagen, die Musik entwickelt sich nicht aus Alltagserfahrungen, Bildern oder literarischen Vorlagen. Alles das kann im Verlauf hinzutreten: Ursprung ist aber allemal die rein musikalische Konzeption – einer Form, einer Struktur, einer Klanglichkeit.

In der 2020 entstandenen Orgelkomposition chroia fallen zunächst die beiden gewaltigen Klangblöcke auf, die nach der eher stillen Einleitung unvermittelt über die Hörenden hereinbrechen: ein großer Klangkomplex, der aber in der Partitur nicht in der üblichen Notation als Block oder Balken auftaucht, sondern als eine an den Rändern ausfransende Struktur. Es handelt sich um eine Tuschezeichnung, die erst, indem sie in den Notentext interpoliert wird, zur musikalischen Notation wird: umzusetzen so, dass der Cluster nicht starr bleibt, sondern durch Umgreifen auf den Manualen stetig in seinen vertikalen und horizontalen Strukturen verändert, in Bewegung gehalten wird.

So wird nach einer gewissen Hör-Zeit – wenn die Ohren die Phase des Überwältigtseins durch die pure Lautstärke und Energie des Klingenden überwunden haben – die „Klangwand“ transparent, durchhörbar. Die Binnenstruktur des Klanggeschehens wird wahrnehmbar, 131

Bewegungen werden wahrnehmbar, sind aber im Einzelnen nicht dingfest zu machen.

Auf andere Weise verwirrend ist das Hörerlebnis des ersten Teils: Hier entstehen zwischen nahe benachbarten Tönen Schwebungen, deren Übergänge dem Ohr ebenfalls als stufenloser Prozess erscheinen. Und das umso mehr, als sich die Klänge zwischen den Teilwerken der Orgel – Hauptorgel und Chororgel – hin- und herbewegen. Doch nicht im Sinne eines Echo-Effektes: Ein Akkord verklingt auf dem einen Werk, und wird gleichzeitig auf dem anderen hörbar, wobei er eben nicht nur den Ort, sondern – wenngleich sehr subtil – auch seine Klangfarbe verändert.

Worum es also geht, ist die Differenz unserer Wahrnehmung vom tatsächlich Gegebenen. Oder anders gesagt: die Frage, welche Rückschlüsse die Oberfläche auf die dahinter, darunter verborgene Struktur zulässt. Das eben meint der griechische Begriff „chroia“: Seine Bedeutung changiert zwischen „Farbe“ oder „Oberfläche“.

Diese Begriffe markieren die Grenze, mittels derer sich die Körper voneinander und von der Umgebung ab-grenzen: sie erlaubt nur bedingt Rückschlüsse auf die innere Struktur dieser Körper. Sie setzt auch unserer Erkenntnisfähigkeit, insoweit sie auf die sinnliche Wahrnehmung angewiesen ist, Grenzen.

Der Raum spielt auch in der Orgelkomposition Aube aus dem Jahr 2006 eine wichtige Rolle: Hier ist es aber weniger die Bewegung der Klänge im Raum, als vielmehr der jeweilige (Kirchen-)Raum als solcher, dessen spezifische Resonanz durch die sehr unterschiedlichen Energiezustände der Klangmaterie angeregt wird. Den Titel „Aube“ („Morgendämmerung“) erhielt das Stück, nachdem der Komponist erlebt hatte, wie am Ostermorgen in Venedig sämtliche Kirchenglocken läuteten, und die ganze Stadt in einen riesigen Resonanzkörper verwandelten.

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Einen wiederum anderen Zugang zum Raum als musikalischem Parameter wählt Gerald Eckert für die Komposition Inschriften: Er selbst nennt es das „reliefartige Einschreiben von Klangmaterie in den Raum“ (Eckert 2003/05). Im real vorhandenen Raum entstehen so „gedachte Räume“. Das geschieht durch dynamische, rhythmische, artikulatorische und klangfarbliche Differenzierung, die dem Ohr klangliche Vorder- und Hintergründe sug geriert und so die reliefartige Struktur unmittelbar evident macht.

Zu ihren Titeln kommen Gerald Eckerts Kompositionen oft erst spät.

Generell ist für ihn die Verbindung seiner Musik mit Titeln, mit Texten oder Bildern ein heikler Vorgang. So stellte der Kompositionsauftrag des Deutschlandfunks für das Forum Neuer Musik 2017 eine besondere Hürde dar: Es gab nämlich eine inhaltliche Vorgabe. Das Motto des Festivals lautete „Im Anthropozän“. In der Komposition fanden dann ein dafür entworfenes musikalisches Konzept, Bilder der Fotografin Camille Seaman, die zwischen 1999 und 2011 mehrfach die Polregionen bereiste, und ein sprechender Titel zusammen: melting away.

Ausgangspunkt ist die Beobachtung der unterschiedlichen Zeit-Dimensionen: Die Tatsache, dass unsere Zeitwahrnehmung, naturgemäß gebunden an die begrenzte Dauer unserer Existenz, völlig inkompatibel ist mit den Ären und Äonen, in denen die Erdgeschichte gemessen wird. Diese unterschiedlichen Zeitdimensionen sind in der Musik präsent: Zunächst in den Tonbandpassagen, in denen Sprach-, Natur- und Industrieklänge zu langen, klanglich differenzierten Rauschbändern verdichtet sind – und dennoch nur eine „Ausschnittswirklichkeit“ abbilden (insofern, als die generierten Transformationsprozesse der Klangbänder wesentlich länger dauern, als sie im Werk selbst überhaupt erklingen). Dazu kommen die liegenden, nur langsam sich verschiebenden Orgel-Akkorde; die raschen Impulsfolgen der Holzschlaginstrumente; die lang nachhallenden Klänge der Gongs und Becken. Die hier nur pars pro toto genannt seien: Denn es herrschen beständiger Austausch und vielfältige Übergänge – den Instrumenten sind also keine fixen Funktionen zugewiesen.

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Auch in melting away gibt es die Bewegung der Klänge zwischen Chororgel und Hauptorgel. Das geschieht anfänglich offen, gegen Schluss dann eher „verhüllt“, indem etwa der Wechsel durch Aktionen des Schlagzeugs überlagert wird. Wo zuvor der Kontrast exponiert wurde, nähern sich die Klangspektren nun bis zur Verschmelzung einander an. Assoziationen ergeben sich hier ebenso wie in der Klangfarbenbehandlung: vom Schlagen und Streichen der Holzinstrumente über das Rauschen, Bersten, Krachen in Orgel, großem Tamtam, Gongs und Becken, bis zum feinen kristallinen Klang eines einzelnen Glases. [...]

Der Maler Peter Casagrande beschreibt seine zumeist in sehr großen Formaten entstehenden abstrakten Gemälde als den Versuch, mit Malerei ein „Raumerlebnis“ zu erzeugen. Die Entstehung eines Bildes ist ein organischer Prozess, in dessen Verlauf mehrere Farbschichten aufgetragen werden; die darunter liegenden Schichten bleiben sichtbar.

Das so entstehende Bild ist in mehrfacher Hinsicht „räumlich“: Zum einen durch das Relief der sichtbaren Malschichten, zum anderen, weil auch die Bilder selbst eine stark räumliche Anmutung haben und gegenständlich-naturhafte Formen eine bisweilen geradezu bedrängende Präsenz entfalten können. Der tatsächliche und der imaginäre Raum: Das ist natürlich auch ein zentrales Thema von Gerald Eckerts Komponieren, und so versuchte er in Aufbrüche – Verwerfungen, wie er schreibt, „die Charakteristika der Entstehungsprozesse der Bildwelt Peter Casagrandes als Mittel für die kompositorische Auseinandersetzung umzudeuten“ (Eckert 2000).

Das geschieht, indem die Musik drei teils einander überlagernde, teils einander ablösende bzw. überdeckende Schichten etabliert: sich langsam verändernde Akkorde, schnelle Läufe in großem Ambitus über das gesamte Manual, rasche Akkordkaskaden. Sie können sich wie Vordergrund und Hintergrund zueinander verhalten („Schichten“), die eine kann die andere unterbrechen („Aufbrüche“) oder vollständig verdrängen („Verwerfungen“); das kann allmählich geschehen, oder im harten Schnitt. Räumlichkeit wird nicht allein durch Lautstärkeunter134

schiede suggeriert, sie ereignet sich wirklich, indem die verschiedenen Teilwerke der Orgel auch im Hinblick auf ihre unterschiedliche Positionierung im Raum eingesetzt werden. An dieser Stelle verläuft die Grenze vom „imaginären Raum“ der Komposition zum realen Aufführungsort: Diese beiden Räume aufeinander zu beziehen, ist Aufgabe des Organisten.

Schichten, Sedimentierungen weist auch das musikalische Material auf: In keinem anderen Orgelwerk von Gerald Eckert gibt es so deutliche Anklänge an historische Orgelmusik, namentlich die der Spätromantik.

Gleich in den schwebenden Klängen des Beginns begegnen vieldeutige Akkorde, in denen bis zu drei ineinander verschränkte Dreiklänge, übermäßige Sept- oder Nonakkorde klingen. Sie sind allerdings nicht willentliche Setzung im Sinne eines expliziten Traditionsbezugs, sondern ergeben sich mit Notwendigkeit aus den teils symmetrischen, teils asymmetrischen intervallischen Schichtungen der Akkorde, der zugrundeliegenden Struktur. Ähnlich verhält es sich mit den „Akkordkaskaden“ und den virtuosen Lauffiguren: Auch sie sind ja „aufgebrochene“ Akkorde, aus gedrehten oder gespiegelten Transformationen hervorgehend. Hinter der Vielfalt der Erscheinungen, den Phänomenen des Seienden stehen vielfältige Transformationsprozesse, die die unterschiedlichen Strukturebenen durchdringen. Der spektakulärste Moment im Stück ist fast genau in der Mitte, wenn in einem Fortissimo-Akkord der Winddruck bis auf Null reduziert wird und der Klang langsam bis zur völligen Stille abstirbt. Es ist, als würde der unbearbeitete Malgrund sichtbar. Oder, metaphysisch gesprochen: das Sein.

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Dominik Susteck

Raumgestalten Raumgestalten (Are 7024) Dominik Susteck (*1977) – Raumgestalten (Schraffur, Mond, Geometrische Figuren, Apokalypse, Tropfen, Endzeit) (2018) Angela Metzger, Orgel Erscheinungsjahr: 2020 Der einstündige Orgelzyklus Raumgestalten entfaltet in seinen sechs Sätzen heterogenes musikalisches Material. Als Kompositionsauftrag des Deutschlandfunks wurde er nicht am Stück uraufgeführt, sondern von unterschiedlichen Interpreten: Angela Metzger, Michael Sattelberger, Age-Freerk Bokma und Kensuke Ohira.

Schraffur ist ein auf Repetition aufgebauter Satz, der in seiner über zehn Minuten dauernden Großform fast schon ein eigenständiges Konzertstück bildet. Unscheinbar, mit pochendem Rhythmus beginnend, entfaltet sich die Musik. Klangkaskaden greifen den Rhythmus auf, verstauchen ihn zu Geräuschen und Oktaven. Ein ScherzandoAbschnitt bringt ihn schließlich in insistierende, akkordische Farben, die widerwillig ihre Akkordstruktur behalten. Gegen Ende bäumt sich die Musik noch einmal mit reduziertem Wind auf, bevor sie im Pochen eines Einzeltons verschwindet.

Mond ist ein ruhiger Satz, der mit seinem ständig abgewandelten Terzmotiv wie aus der Ferne Orientierung bietet. Schwebungen, Cluster, in sich bewegte Akkorde und polyphone Techniken bringen die Orgel zum Flimmern. Ruhe und Bewegung treffen zusammen, bevor die Musik von einer absteigenden Linie nach unten verschluckt wird.

Geometrische Figuren ist ein streng mit additiver Rhythmik durchkomponierter Satz. Einzelne Stimmen entfalten sich vom Solo-Echo 136

bis zum Trio. Gegen Ende wird die immer neu ansetzende Klarheit durch geräuschhafte Cluster durchbrochen. Sie löst sich mit verspielten Vorschlägen auf.

Apokalypse ist ein Tutti-Satz in voller Lautstärke. Nach unten strebende Dissonanzen in additiver Rhythmik in höchsten und tiefsten Lagen erzeugen starke Spannungen. Die unscharfe, mit Dissonanzen gebrochene Oktave bildet das kompositorische Prinzip, das bis zum Ende durchgehalten und mit Clustern angereichert wird.

Tropfen ist für ein Schlagwerk der Orgel komponiert. Es kann aber auch mit Pfeifenklängen realisiert werden. Glockenspiele klingen nach und entfalten sich. Zunächst treten sie in durchbrochenen Arpeggien auf.

In konstanter Repetition entfalten sich die Schlagwerke, bevor sie in einzelnen Schlagtönen wie eine Uhr abtropfen.

Endzeit ist mit knapp zwanzig Minuten der längste Satz des Zyklus.

Zugleich tritt er kompositorisch aus der dramaturgischen Zeit heraus.

Seine einzelnen Elemente, die immer wieder von langen Pausen unterbrochen werden, könnten eine beliebige Reihenfolge annehmen. So bildet sich eine große Ungewissheit, da alles überall auftreten kann. Es entsteht eine kompositorische „Aufhebung“ der Zeit. Trotzdem kann man sich erinnern: Eine leere Quinte, dramatische Klangballungen, fantastische Akkorde. Einzeltöne verändern sich, knicken ein oder wabern mit unterschiedlichen Tremulanten-Geschwindigkeiten vor sich hin. Wie aus dem Nichts entstehen weite Felder, deren Registrierung changiert. Nach einiger Zeit setzt eine Melodie an, fragmentarisch.

Ein fernes Rumpeln. Maschinenartige Wiederholungen. Zerknautschte Klänge mit finsterem Geräusch ... Stille.

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Weitergehen

Tobias Tobit Hagedorn Tobias Tobit Hagedorn – Weitergehen Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Standpunkte für Orgel und Elektronik (2018) – Stehen und Gehen für Orgel und Elektronik (2017) – Weitergehen für Orgel und Elektronik (2019) – Folgen für Orgel und Elektronik (2021) Dominik Susteck, Orgel Tobias Tobit Hagedorn, Elektronik Erscheinungsdatum: 2021 Die vier Kompositionen von Tobias Tobit Hagedorn lassen die Orgel im Zusammenspiel mit live generierten elektronischen Klängen in einem neuen Licht erscheinen. Dabei kommen sich die beiden Klangquellen zum Verwechseln nahe und betten sich gegenseitig so ein, dass sie zu etwas Neuartigem verschmelzen. Besprochen werden die ersten drei Kompositionen.

Standpunkte (2018) setzt sich aus nur wenigen Grundmaterialien zusammen, die immer wieder neu gruppiert werden. Die gesamte Dramaturgie des Stückes ergibt sich also ausschließlich durch die variierenden Kombinationen dieser unterschiedlichen musikalischen Bausteine. Dabei handelt es sich um insgesamt fünf Elemente. Die ersten drei Elemente werden auf den Manualen realisiert, die jeweils mit einem 2-Fuß-Register gespielt werden. Die Manuale werden genau in drei Teile aufgeteilt. Im obersten Teil werden handflächengroße Cluster gespielt: mal sehr wild, mal tenutoartig gehaltene Blöcke. Das zweite Element im mittleren Ambitus des Manuals wird aus Dreiton-Clustern gebildet, die entweder einen ganzen Takt lang oder mit zwei bis drei Varianten innerhalb eines Taktes gehalten werden. Das dritte Element besteht aus schnell umher springenden Einzeltönen oder aber aus nur drei beliebigen sehr kurzen Tönen im untersten Drittel des Manuals.

Das vierte Element wird im Pedal realisiert, immer auf dem gleichen 138

Ton B, entweder schnell repetierend oder mit wenigen Einzeltönen innerhalb eines Taktes. Dem gleichen Prinzip folgt das fünfte Element, nur für den linken Fuß auf dem Ton C. Für jedes Material gibt es im elektronischen Part ein Pendant, welches durch einen Algorithmus erzeugt wird. Die Taktlängen variieren ebenfalls nur zwischen zwei möglichen Dauern von drei oder fünf Sekunden.

Stehen und Gehen (2017) besteht aus langen harmonischen Flächen. Die Orgel zeichnet sie in spielerischer Weise mit verschiedenen Klangfarben nach. Musikalischer Stillstand und Veränderung wechseln sich ab.

Häufig bettet die Elektronik den Orgelklang ein, sodass sie sich davon oft nicht unterscheiden lässt. Grundtönige Flötenregister können mit reduziertem Winddruck mikrotonal verzerrt werden, während synthetische Klänge mit langen Fade-Ins und Fade-Outs extrem langsame Glissandi spielen. An anderer Stelle wird durch graphische Notation Raum für ein improvisatorisches Zusammenspiel zwischen Elektronik und Orgel angeregt.

Weitergehen (2019) ist ein einziger linearer musikalischer Prozess, der sich in einem großen Crescendo äußert. Zu Beginn steht die Orgel im Vordergrund. Im Pedal werden durch tiefe benachbarte Halbtöne wummernde Interferenzen erzeugt, die Tritten ähneln: einem Weitergehen. Diese bleiben wie ein Nachklang in der Elektronik dauerhaft vorhanden. Weitere Elemente wechseln sich ab oder überlappen sich. Hohe Dreiton-Akkorde (2-Fuß) repetieren und wandern allmählich abwärts. Dann taucht mit einer prägnanten 8-Fuß-Zunge ein permutierendes Motiv auf. Weitere kontrastierende Elemente sind zwei wechselnde Akkorde in 2-Fuß-Registrierung. Zudem kommen signalartige, sich wiederholende Töne in hoher Lage vor. In der Elektronik werden Tonhöhen aus dem Orgelpart aufgegriffen. Auch die Klangfarbe ähnelt der Registrierung der Orgel. Insgesamt gewinnt die Elektronik im Verlauf des Stückes immer mehr an Dichte und schiebt sich schließlich in den Vordergrund.

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Frank Kämpfer

12 Jahre Composer in Residence.

Kooperationen zwischen der Kunst-Station Sankt Peter und dem Deutschlandfunk Péter Kőszeghy – UTOPIE XV „crystal“ UA: 14.10.2009 Luís Antunes Pena – Eyjafjallajokull UA: 10.10.2010 Joanna Wozny – air balance UA: 9.10.2011 Samir Odeh-Tamimi – chorís ónoma UA: 7.10.2012 Jamilia Jazylbekova – Grün ist des Lebens goldner Baum UA: 6.10.2013 Martin Schüttler – index [St. Peter] UA: 5.10.2014 Jung-eun Park – Pil-Yeon UA: 4.10.2015 Anna Korsun – auelliae UA: 2.10.2016 Eres Holz – MACH UA: 1.10.2017 Julián Quintero Silva – Unterholz UA: 16.8.2019 Oxana Omelchuk und Simon Rummel – Orgellandschaft UA: 31.7.2020 Żaneta Rydzewska – Ausserhalb der Zeit UA: 2.7.2021 Tobias Tobit Hagedorn – Folgen UA: 2.7.2021 1 Ich schließe die Augen und höre. In diesem Fall zunächst nicht die Orgel, sondern vielmehr den Raum. Die steinerne Sakralarchitektur arbeitet – es knistert, es knackt, eine Sirene klingt von sehr weit und ich höre den Vorraum, wo am Mischpult zuweilen der Tonmeister sitzt. Aber es ist nicht John Cage, der die Lebensumgebung in seine Musik einlässt. Anna Korsuns halbstündige Arbeit auelliae erkundet den Aufführungsort. Unmerklicher Schall, kaum lauter als Luft, misst ihn aus. Bestürzende Korrespondenz: ein Trümmerfeld, still schwebend über den Besuchern dieser orgel-mixturen 2016. Es handelt sich um Achim Freyers ökologisch inspirierte Installation … und ein Rauch steigt auf. Sie besteht aus zahllosen verkohlten Holzstücken, die sich, abgehängt von der Decke des Raums, hoch über den Köpfen der Hörenden drehen, zum Stillstand gelangen oder scheinbar ohne jeden Impuls ihre stumme 140

Eigenbewegung aufnehmen. Trümmer eines Himmelskörpers, assoziiere ich beim Blick Richtung Himmel. Ich weiß, dass ich in einem Theaterstück bin, nicht auf dem Berg Sinai. Die Szenerie, so scheint es, verleiht der Komposition Referenz, ich möchte fast sagen: Sinn und Gehalt. Äonengleiche Zeitdauer spricht aus dieser Symbolik; Gott ist …

Gravitation. Der Uraufführungsinterpret arbeitet beinahe mit Nichts. „Aus reinen Luftgeräuschen der Winddrosseln entwickelt Dominik Susteck einen zeitlupenhaften Verdichtungsprozess, der Ligetis Volumina alle Ehre macht“ – wird es über die Aufführung später in einer Fachzeitschrift heißen (Wieschollek 2019).

2 Agierte die Orgel im Oktober 2016 beim Werk der gebürtigen Ukrainerin Anna Korsun gewissermaßen am Rande des Hörbaren, so hatte sie vier Jahre zuvor höchst apokalyptisch geklungen. Samir Odeh-Tamimi, Palästinenser mit israelischem Pass und zuhaus in Berlin, verlangte in seinem Stück chorís ónoma, einen höchst aufstörenden Klanglärm zu entfesseln, der wie ein alles niederwalzender Tsunami durch den Kirchraum braust. Der Portugiese Luís Antunes Pena, der in Köln lebt, hatte für sein Stück Eyjafjallajokull eine klanglich monochrome Klangwelt notiert – ich erinnere mich, dass es mir wie eine vertonte graue Eiswüste klang. In Péter Kőszeghys UTOPIE XV „crystal“ hörte ich den überbordenden Rausch eines orthodoxen Gottesdiensts; der in Berlin und Budapest beheimatete Komponist war 2009 unser erster Composer in Residence. Jamilia Jazylbekova, die in Bremen lebende Kasachin, ließ die Orgel in Grün ist des Lebens goldener Baum höchst vorsichtig, ja geradezu tastend atmen. Bei Martin Schüttlers index [St. Peter] war jeglicher Klang zu verbalen Datenangaben hin reduziert und schließlich brachte der polnisch-israelische Komponist Eres Holz nach beinahe zehn Jahren erstmals wieder traditionellere Orgelklänge ins Spiel.

3 Dominik Susteck, der Mann an den Tasten (man sollte besser sagen: 141

am Schaltpult), der für die Uraufführungen aller dieser neuen Werke einstand, vermochte es, an der Orgel für Neue Musik in der Kölner Jesuitenkirche Sankt Peter in jedem mixturen-Jahrgang, den ich bisher erlebte, neue Klangsprachen zu finden. Das finde ich an ihm ungeheuer bemerkenswert – zumal seine künstlerische Vielgestalt am Instrument nicht nur die orgel-mixturen, sondern alle unsere CD-Produktionen, diverse Forums-Konzerte, seine unvergesslichen ImprovisationsAbende und nicht zuletzt seine eigenen Orgelkompositionen zu etwas sehr Eigenem, Besonderen zu machen vermochte. Und bis heute zu machen vermag.

4 Vorgestellt wurde mir Dominik Susteck beim Kölner Festival klang. körper im Frühsommer 2008. Die im selben Jahr folgende Aufzeichnung seines virtuosen Ausfantasierens von Stockhausens Tierkreis war unsere erste Zusammenarbeit. Was Susteck damals der Orgel entlockte, klang, als wäre es in einem elektronischen Studio entstanden. Oder, wie Eres Holz sagt, an einem „Meta-Synthesizer“. Ich bot den Mitschnitt dem Label WERGO an – Rolf W. Stoll war begeistert und es begann eine bis heute währende Studioarbeit, bei der die Kirche Sankt Peter, der Deutschlandfunk und Speziallabels Neuer Musik Koproduktionspartner waren. Zwölf Compact Discs kamen seither auf den Markt, und haben aus meiner Sicht hier eine wichtige Leerstelle gefüllt: zeitgenössische Musik auf einer Orgel, die nicht nach Romantik klingt, die heutige Gegenwart klanglich zu fassen, widerzuspiegeln vermag. Drei dieser CDs ehrte die Deutsche Schallplattenkritik mit Vierteljahrespreisen, zweifellos noch weitere hätten eine Ehrung verdient.

5 Der Interpret, seit 2007 im Amt als Organist in Sankt Peter, wirkte offen und unkonventionell, seine Konzerte waren auf hohem Level beglückend, sein Potenzial am Instrument schien und erwies sich als wirklich enorm. Die Förderung, die ich ihm anbieten konnte, entfaltete sich mit der Zeit zu einer vielgestaltigen Partnerschaft. Neben der 142

Koproduktion von hochkarätigen Studioaufnahmen für Labels wie WERGO und kreuzberg records lag es nahe, den Organisten, sein Instrument und die Kirche Sankt Peter in mein Kölner Forum neuer Musik einzubeziehen. Insbesondere die Festival-Jahre 2012 bis 2019 waren von mir bewusst auf politische Hintergrundthemen bezogen. Konkret hieß das, sich mit aktuellen Diskursen über Postkolonialität, Anthropozän, Migration, Krieg und Männlichkeit zu befassen. Dominik Susteck erkundete in diesen Zusammenhängen das Orgelschaffen namhafter Komponist:innen wie Mauricio Kagel, Adriana Hölszky, Hans Joachim Hespos, John Cage und Toshio Hosokawa, Gabriel Iranyi, Isang Yun und Younghi Pagh-Paan. In meinem Selbstverständnis agierten wir in jenen Jahren zu dritt: Mit dem Deutschlandfunk, der Kirche Sankt Peter und der Kölner Musikhochschule widmeten sich drei Institutionen der Medien, der Religion und der (musikalischen) Bildung einander ergänzend Fragen von gesellschaftlich wachsender Relevanz.

Ich danke Pater Werner Holter und Pater Stephan Kessler, dass nicht zuletzt sie in Sankt Peter den dafür nötigen Freiraum gewährten.

6 Es bot sich natürlich ebenso an, zu Sendezwecken Konzerte bei den von Dominik Susteck kuratierten jährlichen Kölner orgel-mixturen aufzuzeichnen. Schnell entstand dabei die Idee, im Miteinander von Kirche und Rundfunkanstalt auch konkret das Entstehen neuer experimenteller Werke zu fördern. Den jeweiligen Composer in Residence wählten Dominik Susteck und ich gemeinsam; das Café Woyton in der Fußgängerzone in der Nähe vom Kölner Neumarkt war unser „Tagungszentrum“. Viele Projekte nahmen hier ihren Anfang. Für den „Composer“ gab es drei zentrale Kriterien: die Bereitschaft, sich konkret auf das Instrument in Sankt Peter zu beziehen, es kennen zu lernen und künstlerisch innovativ auszuloten sowie ein besonderes Verhältnis zu Deutschland mitzubringen. Selbstredend sollte der Auftrag für die musikalischen Urheber:innen schaffensbiographisch sinnvoll sein – sie oder er sollten der jüngeren Komponistengeneration angehören und der Mitschnitt des neu entstandenen Werks musste im Deutschlandfunk 143

sendbar sein. Inklusive eines Deutschlandfunk-Auftrags an Dominik Susteck als Komponist wurden so zwölf neue Werke initiiert, uraufgeführt, aufgezeichnet und – zumeist von Sendeautor Ingo Dorfmüller kommentiert – im Deutschlandfunk erstausgestrahlt. Vorliegende Publikation hat diese Förderung in ihre Gesamtzusammenhänge gestellt.

7 Jüngere Künstler zu fördern bedeutet für mich: Vertrauensvorschuss zu geben, selbst zurückhaltend zu bleiben, fürsorglich zu steuern und nachzujustieren – je nach Potenzial und Persönlichkeit des Gegenübers. Im Laufe der Jahre wurde mir deutlich, dass diese Förderung neuer Orgelmusik stets auch immer eine doppelte war. Das Entstehen neuer Werke experimenteller zeitgenössischer Orgelmusik aus dem Geist jüngerer europäischer Künstler:innen erwies sich stets auch als neue Herausforderung für den uraufführenden Spieler. Von Projekt zu Projekt konnte ich seine Entwicklung erleben, ab und an auch befördern. Als Organist, Kurator und Veranstalter, als CD-Künstler und Partner des Forums neuer Musik, als Komponist, und neuerdings auch als Verleger und Label-Inhaber ist Dominik Susteck in seiner Kölner Zeit zweifellos zu einer vielgestaltigen Persönlichkeit im Musikbetrieb ausgewachsen. Der Deutschlandfunk als stabiler Partner hat dabei eine nicht ganz unbedeutende Rolle gespielt. Man darf gespannt sein, wohin es ihn zukünftig treibt. Gestaltungsfreiraum ist jedenfalls eine wichtige Bedingung für ihn, um künstlerische Visionen zu realisieren. Deshalb … wie habe ich ihn korrekter Weise stets dem Publikum gegenüber anmoderiert … bei seinen Konzerten beim Forum neuer Musik: „Lassen Sie jetzt einfach los, vertiefen Sie sich – der Organist bestimmt den Beginn des Konzerts.“

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… das, was man liebt und gerne tut, durchsetzen.

Dominik Susteck im Podcast-Interview mit Irene Kurka

Irene kurka: Dominik, wie bist du zur Neuen Musik gekommen? dOmInIk susteck: Bei mir war es so, dass ich schon in meinem ersten Klavierunterricht anfing, mir meine Stücke selbst zu schreiben. Ich hatte das große Glück, eine sehr nette Klavierlehrerin zu haben, die davon begeistert war. Das hat mich sehr stark motiviert, weiterzumachen. Wir hatten immer ein Literaturstück und dann mein eigenes Stück. So ging es los. Da war ich etwa zehn Jahre alt und habe natürlich keine Neue Musik in dem engeren Sinne komponiert. Meinen ersten Orgelunterricht hatte ich mit 13 Jahren beim Zacher-Schüler Ludwig Kaiser in Bochum, der auch sehr viel Neue Musik gespielt hat. Da bin ich zu den Konzerten mit Werken von Olivier Messiaen, Mauricio Kagel oder György Ligeti gepilgert. Ich habe mir das angehört und wollte das dann selbst machen.

Das hat dich also sofort begeistert, die Neue Musik?

Ja, vor allem Messiaen habe ich schon als 13-jähriger sehr gut gefunden.

Natürlich gab es auch Sachen, die ich nicht so toll fand, aber irgendwie bin ich dann in diese Welt reingerutscht. Ich habe die Kurse für komponierende Jugendliche in Weikersheim besucht. Danach habe ich auch bei Jugend komponiert mitgemacht und so ging es immer weiter.

Hast du auch schon in jungen Jahren improvisiert?

Ja, mit dem Orgelunterricht habe ich auch das Improvisieren gelernt, wobei ich zunächst anfing, eine Choralmelodie zu begleiten. Es wurde das Liederbuch hingestellt und beim ersten Ton gefragt: „Welchen Akkord könnten wir dazu nehmen?“ Und dann ging das immer weiter, zweiter Ton, welcher Akkord dann, und so habe ich gelernt, zu improvisieren, aber eher im klassischen, gebräuchlichen Stil.

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Du improvisierst mittlerweile sehr viel – auch hier, an der schönen Kirche und Kunst-Station Sankt Peter in Köln. Hat das einen Einfluss auf die Art, wie du komponierst?

Ich habe im Studium die moderne Improvisation stark weiterentwickelt. Damals war es ein bisschen verpönt, das Improvisatorische in die Kompositionen einfließen zu lassen. Damals habe ich in Essen bei Nicolaus A. Huber studiert. Da musste immer ganz stark überlegt werden, wie und warum man alles komponiert. Das erzeugte einen gewissen Zwiespalt in mir. Die Improvisation auf der einen Seite, die so locker-flockig vor sich ging, und auf der anderen Seite das Komponieren, was ja auf dem Papier doch auch eine gewisse Distanz bewirkte.

Später habe ich mich dann zurückbesonnen und habe überlegt: „Wie kann ich das wieder verbinden?“ Und dann habe ich diesen Konflikt aufgelöst. Jetzt spielt das Improvisieren wieder eine größere Rolle bei meinen Kompositionen.

Wie hast du diesen Konflikt überwunden?

Da war der Gedanke: „Man tut das nicht“, und eine gewisse Hemmung.

Irgendwann habe ich mir gesagt, dass gutes Improvisieren auch eine Art von Komposition ist, und Komponieren kann auch eine Art von Improvisation sein. Und wenn man das toll kann, wie bei den Werken von Wolfgang Rihm zum Beispiel, dann ist das auch eine gute Möglichkeit. Seine Kompositionstechnik hat etwas Improvisatorisch-Spontanes. Man muss als Komponist selbst sehen, was einem liegt. Da muss man auf seine Stärken achten. Und die habe ich dann wieder hervorgegraben.

Wie ist bei dir die Gewichtung zwischen Komponieren, Orgel spielen und Improvisieren? Wie kann man sich das vorstellen?

Es ist schon so, dass ich sehr viel improvisiere, auch modern, im Gottesdienst hier in Sankt Peter. Das Improvisieren hat aber den Nachteil, 146

dass es sofort verloren ist, selbst, wenn ich einen sehr guten Tag habe und es wunderbar läuft. Da ist es etwas anderes, wenn ich es schaffe, die Dinge aufzuschreiben, meine Modelle, meine musikalischen Gedanken niederzulegen. Das hat nochmal einen anderen Wert, weil es von mir selbst wegführt. Als Improvisator bleibst du immer bei dir, du reproduzierst dich immer selbst. Als Komponist machst du etwas, das man lesen kann, damit kann man sich beschäftigen, das können andere Leute interpretieren. Das hat irgendwo etwas Bleibendes.

Deswegen wende ich mich auch immer wieder dem Komponieren zu, um das dann festzuhalten. In der Orgeltradition, gerade bei Orgelkomponisten, ist und war das schon immer sehr ausgeprägt. Bach hat unheimlich viel improvisiert. Es gibt Stimmen, die behaupten, er wäre ein größerer Improvisator als Komponist gewesen. Und wenn man die Bach’schen Orgelwerke ansieht, gerade die Toccaten oder Präludien, dann sieht man, dass sie völlig aus dem Improvisationsgestus heraus entstanden sind.

Wie sieht dein Alltag aus? Wieviele Stunden spielst du Orgel? Komponierst du jeden Tag – oder wie kann man sich das vorstellen?

Mein Alltag sieht leider ein bisschen anders aus, weil ich nebenbei eine ganze Institution zu verantworten habe, viele Konzerte organisiere, viele Anfragen bekomme und viele Mails beantworten muss. Deswegen sind die Stunden, in denen ich wirklich Musik machen darf, relativ rar.

Leider ist es dann so, dass ich im Moment eigentlich nur noch gezielt für bestimmte Projekte arbeiten kann. Also wenn ein Kompositionsauftrag anliegt, wird das Stück komponiert. Dann gehe ich in so eine Zwitterstellung, dass ich immer wieder improvisiere, komponiere, und dass es sich dann aus diesen beiden Elementen quasi zusammensetzt. Wenn ich Literatur übe, ist das oft ganz konkret auf ein Projekt bezogen. Ich bekomme auch viele Zuschriften von Komponist:innen. Ich kann aber nicht alles allein machen! Manchmal kommt es mir vor, als wäre ich der einzige Neue-Musik-Organist …

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Wenn du ganz konkret auf Projekte zuarbeitest, legst du dann genau fest, in welchen Stunden du übst?

Genau. Wenn die Projekte näher rücken, bekomme ich immer ein bisschen Angst, dass ich es nicht schaffe. Dann fange ich an zu üben, das kennt man ja als Musiker. Ich muss das aber immer genau überlegen, weil ich viel für den Deutschlandfunk einspiele. Da werden die Programme von vornherein abgestimmt. Das heißt, ich suche gar nicht immer alles selbst aus, sondern man überlegt sich von vornherein quasi den Jahresfahrplan.

Du sagtest gerade, dass du dir manchmal wie der einzige Organist vorkommst, der Neue Musik spielt. Wie viele Kollegen oder Kolleginnen spielen denn auch Neue Musik?

Ich kann natürlich keine Zahlen nennen und sicherlich gibt es viele, die Neue Musik sehr gut spielen. Was ich meinte, war, dass es die Sicht der Komponist:innen ist, die denken: „Wir brauchen einen Organisten für Neue Musik“ – und dann kommen sie schnell auf mich. Dabei gibt es ganz fantastische Kollegen, die Neue Musik spielen, wie zum Beispiel die Zacher-Schüler Matthias Geuting und Andreas Fröhling oder Andreas Hoffmann aus dem Saarland. Allerdings haben sie das oft nicht als Schwerpunkt und machen viele andere Dinge. Zu dem Orgelfestival orgel-mixturen, das ich hier halte, lade ich ungefähr fünf bis zehn andere Interpret:innen pro Jahr ein, um reine Neue-MusikOrgelkonzerte zu spielen. Ich bemühe mich, auch stets neue Leute zu entdecken und nicht immer nur alte Bekannte wie unseren Titularorganisten Zsigmond Szathmáry einzuladen: beispielsweise die ganz junge Konzertorganistin Angela Metzger oder den Berliner Maximilian Schnaus. Hinzu kommen Organistinnen und Organisten mit internationalem Background wie Age-Freerk Bokma, Megumi Hamaya, Jun Hashimoto oder Morten Ladehoff. So sind wir schon eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen.

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Also es gibt durchaus einige, die sich auch für Neue Musik einsetzen.

Ja, sicherlich. Es ist allerdings so, dass viele auch im Kirchendienst sind und nicht die Gelegenheit haben, das dann so umzusetzen. Oder beruflich vielleicht anders eingespannt sind. Aber es gibt auch viele, die Wettbewerbe spielen und auch innerhalb dieser Wettbewerbe natürlich Neue Musik machen. Man kann mittlerweile zum Beispiel bei Bernhard Haas in München einen entsprechenden Studiengang absolvieren, Neue Musik Orgel, den unter anderem Michael Sattelberger aus Stuttgart abgeschlossen hat. Auch in Köln gibt es ein Aufbaustudium Neue Musik Orgel bei Margareta Hürholz. Die hervorragende Komponistin Lisa Streich hat ihre Orgelprüfung bei uns gespielt.

Du organisierst hier auch Konzerte wie die orgel-mixturen und die wöchentlichen Lunchkonzerte und du bekommst sehr viele Zuschriften, wie du erzählt hast. Welche Bewerbungen stechen dann für dich heraus, sodass du sagst: „Ach, das könnten wir jetzt machen, das spricht mich an“?

Das kann ich gar nicht so sagen. Das ist mehr so eine Gefühls- und Erfahrungssache, welche Programme hier passen. Bei den orgel-mixturen bekomme ich meistens wenig Bewerbungen von außen. Stattdessen kenne ich bestimmte Leute oder komme in Situationen, wo ich Organisten oder Organistinnen kennenlerne, die bestimmte Programme spielen. Dann sage ich: „Das will ich auch haben“ oder „das halte ich hier für gut.“ Bei den Lunchkonzerten war es am Anfang nicht ganz so einfach. Da gab es viele, die etwas machen wollten, aber das passte nicht unbedingt ins Programm. Wenn man wöchentlich Konzerte anbietet, muss man eben sehen, wie man das füllt. Das Problem ist oft, dass es entweder zu viel oder zu wenig Angebote gibt. Entweder habe ich Lücken und weiß nicht mehr: „Wie soll ich das jetzt überbrücken?“ Oder ich habe ganz schnell das Jahr aufgefüllt, wie es im Moment der Fall ist. Im Idealfall lade ich Interpret:innen gerne mehrfach ein, wie zum Beispiel dich, damit sie sich entsprechend entfalten können.

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Was macht für dich gute Neue Musik aus?

Das ist schwer zu sagen, denn das ist ja ein Riesen-Komplex. Man kann ihn von völlig unterschiedlichen Seiten betrachten. Zunächst stellt sich die Frage: Was ist Neue Musik? Das ist ein eigener Kosmos von sehr vielen unterschiedlichen Musikstilen. Und es gibt völlig unterschiedliche Sichtweisen.

Als Interpret betrachte ich Stücke anders, als wenn ich sie als Komponist anschaue. Als Komponist finde ich es gut, wenn das Stück ausgearbeitet ist, wenn es ausgereift ist, wenn die Partitur sehr viele Detailinformationen enthält. Als Interpret möchte ich, dass die Dinge gut funktionieren, dass sie sich überzeugend darstellen lassen, dass man nicht ewig überlegen muss – oder gar Stücke hat, die nicht aufführbar sind. Allerdings wünscht man sich als Interpret auch gerne mal die eine oder andere Freiheit. Vielleicht möchte ich als Interpret gar nicht in dieses Korsett, in dem alles bis ins kleinste Detail festgelegt ist. Und so ist es immer ein Ausbalancieren von dem, was offen ist, was frei ist, und von dem, was festgelegt ist.

Es gibt immer wieder Entdeckungen. Zum Beispiel habe ich kürzlich Hans-Joachim Hespos’ Orgelwerke komplett eingespielt, die eine sehr gute Mischung unterschiedlicher Kompositionsweisen bildeten. Es schien mir als Interpret richtig, dass der Komponist ganz klar rüberbringt, was er will, ohne im Detail zu sehr in das Metier des Organisten einzugreifen. Das fand ich super. Man muss sagen, die Orgel hat auch eine gewisse Sonderstellung, das ist oft nicht unproblematisch. Anders als bei anderen Instrumenten ist jedes Instrument individuell gebaut wie ein Einfamilienhaus. Register, die es auf der einen Orgel gibt, gibt es auf der anderen nicht. Oder es gibt eine Technik, die die eine Orgel hat und die andere nicht. Dann muss man ständig übertragen und transkribieren, und das birgt eigene Herausforderungen.

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Löst du das allein oder in der Kommunikation mit dem Komponisten?

Das ist sehr unterschiedlich. Es hängt davon ab, was der Komponist oder die Komponistin wollen. Manche wollen ganz intensiv eingreifen und vor Ort sein, wie zum Beispiel Julián Quintero Silva, Joana Wozny oder Anna Korsun. Manche wollen auch, dass ich quasi das Beste heraushole, und vertrauen mir dann, wie zum Beispiel Farzia Fallah oder Samir Odeh-Tamimi. Es ist allerdings auch immer eine Zeitfrage, das heißt: Wie viel Zeit habe ich, um mit dem Komponisten, der Komponistin zusammenzuarbeiten? Am besten ist natürlich, ich bereite einfach schon gut vor, denn dann kann sich der Komponist wirklich auch um Details kümmern. Dies kann allerdings auch schiefgehen, wenn ich in eine ganz andere Richtung denke als die Komponistin. Oder ich stelle verschiedene Alternativen vor. Das ist auf jeden Fall besser, als mit Komponist:innen bei null anzufangen, weil sonst einfach zu viele Basics die Zeit verschwenden.

Wie reagieren Dein Freundeskreis, Deine Familie, Kolleg:innen oder das Publikum auf Deine Art, Musik zu machen? Und wie gehst du damit um?

Also, die finden das alle toll! Ich habe das große Glück, dass das nicht zur Disposition steht. In Köln ist sowieso ein sehr offenes Klima. Die Leute freut es, wenn man etwas Originelles macht, wenn man etwas Ausgefallenes macht. Es wird eigentlich nicht infrage gestellt. Was meine Familie betrifft, da erinnere ich mich an früher, an meine Abschlussprüfung, wo ich Wolfgang Rihm und Adriana Hölszky gespielt habe.

Einigen war das etwas zu wild. Ich muss allerdings sagen: Als Künstler oder als Komponist oder Organist muss man das machen, was einem wichtig ist, auch wenn der ein oder andere das vielleicht nicht toll findet.

Das ist völlig normal. Ich finde ja auch nicht alles toll, was andere Leute machen. Von daher ist das für mich in einer guten Balance.

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Siehst du Vorurteile gegenüber der Neuen Musik? Und was wünschst du dir oder tust du dafür, dass sich diese ändern?

Vorurteile gibt es oft, selbst wenn die Leute die Stücke gar nicht gehört haben. Das ist schade, dass Leute immer schon „Bescheid wissen“. Ich habe zum Beispiel neulich mit einem Kollegen gesprochen, der über die Orgel hier in Sankt Peter ein bisschen gelästert hat. Er erzählte mir, er hätte drei Orgeln der Orgelbaufirma gehört und schlussfolgerte so auf die vierte Orgel. Er hatte sich, ohne die Orgel in Köln wirklich jemals gehört zu haben, bereits ein Urteil gebildet. Das passiert auch manchmal bei der Rezeption Neuer Musik. Vorurteile sind oft relativ pauschal, wenn Leute nicht bereit sind, sich mit irgendetwas auseinanderzusetzen und es sich noch nicht einmal anhören. Das finde ich unverständlich.

Für mich steht im Wesen von Kunst die direkte Erfahrung. Natürlich urteilen wir, um uns zu orientieren. Das sollte aber nicht den Blick für die Erfahrungsmomente verschließen. Die Erfahrung ändert sich auch mit dem erneuten Hören. Das galt schon in früheren Zeiten für Musik: für die Bach’sche Choralbegleitung oder die den Zeitgenossen oft fremd und unverständlich abgehackt erscheinende Musik Beethovens.

Ich finde, in Köln hat die Neue Musik einen guten Stand. Man kann es vielleicht nicht so pauschal sagen. Man muss einfach Sachen wiederholen, dann können die Zuhörenden besser ins Innere der Musik eindringen.

Ich spiele auch öfter moderne Programme in anderen Kirchen. Im Allgemeinen habe ich damit positive Erfahrungen gemacht.

Wofür bist du im Moment dankbar?

Diese Frage hört sich so an, als würde sie das ganze Leben umfassen.

In Bezug auf die Musik bin ich recht dankbar, dass ich alles so machen kann, wie ich möchte, und dass sich das für mich persönlich so positiv entwickelt hat. Ich muss sagen, eine der vielen Vorstellungen von anderen war: „Davon kann man nicht leben.“ Da bin ich dankbar, dass ich mich letztlich dem widersetzt habe, und kann nur jedem empfehlen, 152

ebenfalls auf seine Intuition zu vertrauen – dann wird es sich schon gut entwickeln.

Wer oder was hat dich am meisten geprägt oder inspiriert?

Ich muss sagen, dass ich schon immer ziemlich eigensinnig war und meine Vorstellungen oft sehr extrem verfolgt habe, auch gegen Widerstände. Aber zum Beispiel fand ich Olivier Messiaen immer großartig und konnte auch die Bedenken anderer gar nicht richtig nachvollziehen.

Sicherlich bin ich dadurch in schwierige Situation geraten, da man in anderen natürlich Unterstützung sucht.

Im Studium hatte ich keine Lehrer, die Neue Musik auf der Orgel gemacht haben. Sie haben mich aber gefördert. Nicolaus A. Huber war als Kompositionslehrer eine ganz prägende Persönlichkeit für mich. Fast zu viel, die Dosis war ein bisschen zu hoch. Jörg Stephan Vogel an der Bischöflichen Kirchenmusikschule Essen hat mich sehr unterstützt. Und ich war sehr berührt, den bereits pensionierten Gerd Zacher kennenlernen zu dürfen. Hier in Köln war die Anfangszeit mit Friedhelm Mennekes sehr prägend. Ich habe mich aber schon immer sehr stark durchgebissen. Ich hatte früher bei einigen Wettbewerben mitgemacht, auch als Komponist. Das fand ich immer toll, weil die im Gegensatz zu den Interpretationswettbewerben anonym sind. Ich musste wirklich nur auf die Partitur achten, nicht auf den Namen. Das hat mich inspiriert.

Dann hatte ich das große Glück, mit dem Deutschlandfunk und vor allem mit dem Redakteur Frank Kämpfer zusammenzuarbeiten. Dort war für Neue Musik auf der Orgel eine Nische vorhanden. Es hatte niemand Neue-Musik-CDs für Orgel in großem Umfang gemacht. Es gab keine neuen Einspielungen. Zum Beispiel Wolfgang Rihm: Es war ein Glücksfall, die erste CD mit seinen Orgelwerken zu machen. Es gab diese Stücke immer nur vereinzelt auf Misch-CDs. Auch Ligeti, eigentlich verrückt, gab es nur in älteren oder verstreuten Aufnahmen.

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Dasselbe galt für Mauricio Kagel oder John Cage. Besonders inspirierend fand ich die CDs, bei deren Produktion die Komponist:innen anwesend waren oder wo ein Kontakt zu ihnen bestand: Adriana Hölszky, Gerhard Stäbler, Gabriel Iranyi, Jörg Herchet oder Hans-Joachim Hespos.

Zudem konnte mit dem Deutschlandfunk der Composer in Residence installiert werden. So entstanden Uraufführungen von Peter Kőszeghy, Luís Antunes Pena, Jamilia Jazylbekova, Jung-eun Park oder Eres Holz sowie weitere Mitschnitte von Timo Ruttkamp, Simon Rummel, Niklas Seidl und vielen anderen. Es hat großen Spaß gemacht, diese Aufgabe erfüllen zu dürfen, gerade weil die Orgel oftmals an anderer Stelle für Neue Musik nicht wirklich ernst genommen wurde. Ich hatte das Gefühl, eine Lücke zu füllen und etwas Wesentliches dem bekannten Repertoire hinzuzufügen.

Ist es das, was dich antreibt, oder hast du noch eine andere Vision?

Pläne für die Zukunft? Die CDs sind weitestgehend eingespielt, zumindest die größeren Sachen, aber es gibt ja immer wieder lebende Komponist:innen, die etwas machen wollen. Wie ist meine Vision? Ich habe jetzt gar keine konkrete Vision für die Zukunft. Ich würde eigentlich gerne ein bisschen mehr abgeben, das müsste aber dann gut passen.

Ich habe derzeit einen kleinen Lehrauftrag hier in Köln, für Neue Orgelmusik, das ist aber immer nur projektweise für ein Konzert pro Semester. Dann gibt es die vielen Lunchkonzerte und die orgel-mixturen, die organisiert sein wollen. Parallel etabliere ich an der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche in Berlin eine kleine Reihe für zeitgenössische Orgelmusik, leite die Nacht zeitgenössischer Orgelmusik in Spandau, bei der ich aber nicht alles selbst spiele, sondern viele Kollegen und Kolleginnen einlade. Zudem konzertiere ich neuerdings in Dortmund, Bochum und Duisburg regelmäßig, auch mit eigenen Werken, denn dafür möchte ich mir in der Zukunft mehr Zeit nehmen.

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Welchen Tipp möchtest du jungen Künstlern und Künstlerinnen geben?

Ich gebe gerne den Tipp, sich nicht beirren zu lassen, sondern das, was man liebt und was man gerne tut, entsprechend durchzusetzen.

Denn das Leben ist kurz und man hat nur eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung. Als junger Mensch denkt man nicht so. Da denkt man immer, man hat Zeit bis in alle Ewigkeiten, alles Mögliche auszuprobieren. So ist es aber nicht. Man muss die Zeit, die man zur Verfügung hat, jetzt nutzen. Und die sollte man nutzen, indem man das tut, was man selbst für richtig hält. Dann wird sich auch ein guter Weg ergeben.

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III Dokumentation

orgel-mixturen

Konzertprogramme 2008 bis 2021

2008 30.09.2008 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Karlheinz Stockhausen (1928-2007) – Tierkreis. 12 Melodien der Sternzeichen (1975-76) Dominik Susteck (*1977) – Vier Improvisationen zu Stockhausens „Tierkreis“ (2008) 1.10.2008 – 19.30 Uhr Thomas Noll (Berlin) Carlo Inderhees (*1955) – 7STIMMEN2 2.10.2008 – 19.30 Uhr Andreas Jacob (Essen) Gerald Eckert (*1960) – Aufbrüche-Verwerfungen (2000/2003) Andreas Jacob (*1967) – ObeRTon (Kyrie) (2008; UA) Olivier Messiaen (1908-1992) – Dieu parmi nous (1935) Markus Bongartz (*1963) – Sesquialtera (2008; UA) Gordon Kampe (*1976) – missa (2008; UA) 3.10.2008 – 19.30 Uhr Ignacio Ribas Taléns (Andorra) Ignacio Ribas Taléns (*1963) – Mosaicos (1986) – In Campo aperto (2008)

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4.10.2008 – 19.30 Uhr Martin Schmeding (Freiburg) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Feuertaufe (2004) Johannes Kalitzke (*1959) – „…mit gänzlich fremder ähnlichkeit“ (2002) Wolfgang Rihm (*1952) – Sinfoniae I (Missa) (1971) Akira Nishimura (*1953) – Prelude „Vision in flames“ (1996) Martin Schmeding (*1975) – Neues Werk (2008) UA Otfried Büsing (*1955) – change (1998) Brian Ferneyhough (*1943) – Sieben Sterne (1970) 5.10.2008 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Mechthild Seitz (Sopran) Wim de Ruiter (*1943) – Trifid (1999) Zoltán Jeney (*1943) – Solitude (2007) Marek Kopelent (*1932) – Cantus pro defunctis (1994) László Tihanyi (*1957) – Nächtliche Klauseln (2001) Dieter Schnebel (*1930) – Lamento di Guerra (1991) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Summary (Improvisation)

2009 14.10.2009 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Günther Becker (1924-2007) – Interpolationen (1993) György Ligeti (1923-2006) – Harmonies (1969) Adriana Hölszky (*1953) – „... und ich sah wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt …“ (1997-98) Sofia Gubaidulina (*1931) – Hell und Dunkel (1976) Péter Kőszeghy (*1971) – UTOPIE XV „crystal“ (2009; UA)

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15.10.2009 – 19.30 Uhr Thomas Noll (Berlin) Dieter Schnebel (*1930) – Zwischenfugen I-II-III (1985) Thomas Gerwin (*1955) – Spuren, für Orgel und elektroakustisches Zuspiel (1990/2009; UA der Neufassung) Helmut Zapf (*1956) – ombre per organo II „… so sind unsre Fröhlichkeiten …“, für Orgel solo und CD (elektroakustisches Stereozuspiel) (2004) Martin Daske (*1962) – no man’s land, für Orgel und Zuspiel (2007/2009; UA der Revision) 16.10.2009 – 19.30 Uhr Andreas Jacob (Essen) Helmut Zapf (*1956) – Klangbeschreibung eines Psalms „Dominus pascit me“ (2001) Andreas Jacob (*1967) – Trio super undam (Gloria) (2009; UA) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Extempore (1975) Peter-Jan Wagemans (*1952) – Fantasia super 721 (2002) Roman Pfeifer (*1976) – Eulers Orgel (2009; UA) 17.10.2009 – 19.30 Uhr Hans-Ola Ericsson (Piteå/Schweden) Hans-Ola Ericsson – Melody to the Memory of a Lost Friend, für Orgel und Elektronik (1985) – Canzon del Principe. Eine Intabulierung über eine Intabulierung für Orgel und Elektronik nach Don Carlo Gesualdo (1566-1613) (2002) – Flügeltüren, für Orgel und Elektronik (2002/2004, 2009; UA der neuen Version) – De fyra varelsernas Amen (Das Amen der vier Wesen). Messe für Orgel und Elektronik, ausgehend von und nach Texten von Olov Hartman (1906-1982) (1999-2000)

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18.10.2009 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Olaf Tzschoppe, Schlagzeug Annette Schlünz (*1964) – verstummen, für Orgel und Schlagzeug (1994/2004) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Strophen, für Orgel und Tonband (1988/2001) Olaf Tzschoppe (*1962) – Kolongala, für Schlagzeug (2008) Dieter Mack (*1954) – Pulsar, für Orgel und Schlagzeug (2008; UA) Wilfried Michel (1940-1997) – Labial, für Orgel, Schlagzeug und Tonband (1986)

2010 10.10.2010 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Wolfgang Rihm (*1952) – Sinfoniae I (1974) Wolfgang Rihm – Bann, Nachtschwärmerei (1982) Luís Antunes Pena (*1973) – Eyjafjallajokull (2010; UA) Dominik Susteck (*1977) – Zeitgestalten (2010) 11.10.2010 – 19.30 Uhr Thomas Noll (Berlin) Adrian Pavlov (*1979) – Sonata breve (Les escaliers énigmatiques) (2009) Steffen Reinhold (*1967) – ros pikata ros für Oskar Pastior (2006) Martin Daske (*1962) – Notensetzen III (2010; UA) Gerhard Stäbler (*1949) – ABER… Eine Phantasie für Orgel solo (2009)

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12.10.2010 – 19.30 Uhr Matthias Geuting (Essen) Mauricio Kagel (1931-2008) – Improvisation ajoutée.

Musik für Orgel (1962) Juan Allende-Blin (*1928) – Derrière le silence (2008) Jörg Herchet (*1943) – komposition 1 für orgel. Stück IV (1980) 13.10.2010 – 19.30 Uhr Michael Bonaventure (London) Michael Bonaventure (*1962) – Animus VI (1994/2010) Gilbert Delor (*1960) – Three little pieces, Fassung für Orgel (1995) Gilbert Delor – Composition avec Bourdon (2002) Mauricio Kagel (1931-2008) – Rossignols enrhumés, aus: Rrrrrr… (1981) Glyn Perrin (*1955) – Sigma Lambda (2007) Geoffrey King (*1949) – Forbidden Mansions, für Orgel und Tonband (1985) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Shogaku (1967) Huw Morgan (*1975) – Adams Fall, für Orgel und digitalen Soundtrack (2010; UA) Luiz Henrique Yudo (*1962) – A Merry Card (1996) Roderik de Man (*1941) – Crosscurrents (2004) 14.10.2010 – 19.30 Uhr Franz Danksagmüller (Wien/Lübeck) Dieter Mack (*1954) – Pusat (1987), aus: Orgelz yklus (1984-87) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Extempore (1975) Franz Danksagmüller (*1969) – Tremblant (2004) Franz Danksagmüller – Improvisation

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15.10.2010 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) John Cage (1912-1992) – Music for Carillon No. 5 (1967) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Interferenzen (1961-1962) Julio Estrada (*1943) – Yuunohui‘tlapoa, Kölner Version (1998-1999) Bela Bartok (1881-1945) – Klänge der Nacht, aus dem Zyklus: Im Freien (1926) Mauricio Kagel (1931-2008) – Phantasie mit Obbligati, für Orgel und Tonband (1967)

2011 9.10.2011 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Wolfgang Rihm (*1952) – Fantasie (1968) Timo Ruttkamp (*1980) – Farbenblind (2011; UA) Peter Bares (1936-2014) – Orgelspiel: Der Mond ist aufgegangen (2006) Dominik Susteck (*1977) – Farblichter (2011) Joanna Wozny (*1973) – air balance (2011; UA) 10.10.2011 – 19.30 Uhr Jörg Abbing (Saarbrücken) Theo Brandmüller (1948-2012) – Monodie für I. (in memoriam Isang Yun) (1996) Moritz Eggert (*1965) – Drei Interludien (auf dem Wasser zu singen) (2010) Kathrin Denner (*1986) – blassgrau-schwaches Sein (2011) Alexander Meyer von Bremen (1930-2002) – Drei Meditationen (1969) André Jolivet (1905-1975) – Mandala (1969)

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12.10.2011 – 19.30 Uhr Matthias Geuting (Essen) Peter Ruzicka (*1948) – Z-Zeit (1975) Matthias Schlothfeldt (*1968) – Bitter Crop (2011; UA) Thomas Taxus Beck (*1962) – Breath and Space (The Organs Bones) (2009) Erik Janson (*1967) – Couleurs célestes (2011) Hans Otte (1926-2007) – Touches (1965) 13.10.2011 – 19.30 Uhr Gary Verkade (Piteå/Schweden) Gary Verkade (*1954) – Convolutions (1999) Gary Verkade – Assonance (1989) Larry Polansky (*1954) – Sunday Organ Piece for Church (2004) Jan Ferm (*1963) – Disembodied Organics (2005-06) Jan Ferm – Breath (2007) 14.10.2011 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Aniko Katharina Szathmáry, Violine Zsigmond Szathmáry (*1939) – Leichte Brise (2011; UA) Ernst Krenek (1900-1991) – Die vier Winde (1975) István Láng (*1933) – Gestures for Organ (2011; UA) Mesias Maiguashca (*1938) – Der Dom und das Meer, für Orgel und Meeresgeräusche (2010) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Rethorica, für Violine solo (2010) Zsigmond Szathmáry – Schwerer Orkan (2011; UA)

164

15.10.2011 – 19.30 Uhr Francesco Filidei (Paris) Mauro Lanza (*1975) – ominee (2006) Padre Davide da Bergamo (1791-1863) – Le sanguinose giornate di marzo, ossia la rivoluzione di Milano (um 1848) Lorenzo Pagliei (*1972) – Macchine ominee (2011) Noriko Baba (*1972) – Pas plus gros que le poign (2010) Giovanni Bertelli (*1980) – Toccata della ominee (2011) Padre Davide da Bergamo – Sinfonia col tanto applaudito inno popolare (1851) Philipp Maintz (*1977) – Ferner und Immer Ferner (2007) 10.11.2011 – 19.30 Uhr Studierende der Hochschule für Musik und Tanz Köln Prof. Margareta Hürholz, Leitung Dominik Susteck (*1977) – Tiefenschichten, für Violine und Orgel (2011; UA) Karlheinz Stockhausen (1928-2007) – Tierkreis (1975) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Cadenza con Ostinati, für Violine und Orgel

2012 7.10.2012 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) György Ligeti (1923-2006) – Volumina (1962) Niklas Seidl (*1983) – vorpommern (2012; UA) Dominik Susteck (*1977) – Zwischenklänge (2011) Isabel Mundry (*1963) – Innenräume (2005) Gerd Zacher (1929-2014) – Vocalise (1971) Samir Odeh-Tamimi (*1970) – χωρίς όνομα [chorís ónoma (ohne Namen)] (2012; UA)

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8.10.2012 – 12.00 Uhr Frank Stanzl (Köln) Frank Stanzl (*1970) – PSYCHE (2011-12; UA) 8.10.2012 – 19.30 Uhr Klaus Lang (Graz) Erik Satie (1866-1925) – Prière des Orgues, aus: Messe des Pauvres Klaus Lang (*1971) — Improvisation 1 Erik Satie – Commune qui mundi nefas, aus: Messe des Pauvres Klaus Lang – Improvisation 2 John Cage (1912-1992) Souvenir Klaus Lang – Improvisation 3 Hermann Markus Preßl (1939-1994) – S.T.-A.P., aus: N.E.O (23 Orgelspiele) Klaus Lang – Improvisation 4 9.10.2012 – 12.00 Uhr Studierende der Hochschule für Musik und Tanz Köln spielen Werke aus den Kompositionsklassen Tobias Tobit Hagedorn, Orgel Lisa Streich, Orgel Stephan Quandel (*1989) – Wohin? (2012) György Ligeti (1923-2006) – Harmonies (1967) Ferdinand Grätz – Wenn Papa Ratzi wüsste… (2012) 9.10.2012 – 19.30 Uhr Michael Veltman (Bonn) Earle Brown (1926-2002) – 4 Systems (1954) Friedrich Jaecker – 23 Zwischenspiele (2000, UA) Christian Wolff (*1934) – Snowdrop (1970-71) Michael Veltman (*1960) – the end (2012; UA)

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10.10.2012 – 12.00 Uhr Winfried Bönig (Köln) Dominik Susteck (*1977) – Farblichter (2011) Robert HP Platz (*1951) – Matutin und Laudes, aus: Stunden:Buch (2010) Akira Nishimura (*1953) – Meditation of Vishnu (1985) 10.10.2012 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Isang Yun (1917-1995) – Tuyaux sonores (1967) Ernst Helmuth Flammer (*1949) – Toccata, aus: Superverso (1990) John Cage (1912-1992) – Souvenir (1984) Detlef Heusinger (*1956) – Tombeau sur le mort de G.F.H. (2012) Maki Ishii (1936-2003) – Lost Sounds II op. 33 (1978) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Leichte Brise, großer Orkan

2013 6.10.2013 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Dominik Susteck (*1977) – Schattenräume I-II-III (2013; UA) Gerhard Stäbler (*1949) – TAP (1998) Jamilia Jazylbekova (*1971) – Grün ist des Lebens goldner Baum (2013; UA) Iannis Xenakis (1922-2001) – Gmeeoorh (1975) 7.10.2013 – 19.30 Uhr Andreas Fröhling (Gelsenkirchen) Alexander Wustin (1943-2020) – Weiße Musik (1991) Daan Manneke (*1939) – Pneoo (1979) Gerhard Stäbler (*1949) – Mondspiel für Klavier zu vier Händen (2009), Fassung für Orgel Michael Em Walter (*1981) – Darunter liegt das Bild (2013, UA) Hans-Joachim Hespos (*1938) – Luftschattengelichte (2011) Nicolaus A. Huber (*1939) – Ritual IV, aus: Rituale für Orgel (1965) 167

8.10.2013 – 19.30 Uhr Jan Hage (Den Haag) Peter Jan Wagemans (*1952) – Fantasia super 721 (2002) Jan Welmers (*1937) – Sequens (1979) Jan Vriend (*1937) – Jets d’Orgue I (1985) Jan Hage (*1964) – Improvisation 9.10.2013 – 19.30 Uhr Eckhard Manz (Kassel) Hope Lee (*1953) – gently rings in autumn wind (1995) Michael Töpel (*1958) – Portal (2013) Hans Werner Henze (1926 -2012) – Toccata senza Fuga (1979) Alexandra Filonenko (*1972) – sicht-schatten…stille…wort, für Orgel und Zuspielung (2013) Violeta Dinescu (*1953) – Zeichenreihen (2000) Frank Gerhardt (*1967) – Lectiones IV, für Orgel und Mundharmonika (2008) 10.10.2013 – 19.30 Uhr Friedemann Herz (Düsseldorf) Viktor Suslin (1942-2012) – poco a poco II (Sonate Nr. 1 für Orgel) (1978) Cristobal Halffter (*1930) – Ricercare (1981) Theo Brandmüller (1948-2012) – Fünf Strophen (1979) Bojidar Spassov (*1949) – Drei Stücke (1991) 11.10.2013 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Wataru Tajima (Lebensdaten unbekannt) – No Nuclear (1996) Andreas Fervers (*1957) – Winds with Fingers (2013; UA) Zsolt Durkó (1934-1997) – Laude (1986) Toshio Hosokawa (*1955) – Sen IV (1990) Hermann Gottschewski (*1963) – Diminutionskanon in Duodezimen (2013; UA) Shin-ichi Matsushita (1922-1990) – Parabolische Parabel von Vögeln (1978) 168

2014 5.10.2014 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Dominik Susteck (*1977) – Sprachsignale (2012) Mauricio Kagel (1931-2008) – General Bass (1971-72) Florian Zwissler (*1976) – Monumente der Unvernunft (2012) Michael Vetter (1943-2013) – Der Kreis (1983) Martin Schüttler (*1974) – index [St. Peter], für Orgeln, Imitate, Zuspielungen, Raummarkierung und Handouts (2014; UA) 6.10.2014 – 19.30 Uhr Matthias Geuting (Essen) Evelin Degen, Flöte Gerd Zacher (1929-2014) – SZMATY (1968) Klaus Linder (*1961) – Sentire attraverso l’organo, für Flöte und Orgel (2014) Xiaoyong Chen (*1955) – Fragments for organ, aus: Diary IV (2006) André Jolivet (1905-1974) – Hymne à l’univers (1961) Eiko Tsukamoto (*1986) – I have to go there to come back, für Flöte und Orgel (2014; UA) Juan Allende-Blin (*1928) – Mein blaues Klavier, für Orgel, Drehorgel und Maultrommel (1970) 8.10.2014 – 19.30 Uhr Andreas Hoffmann (Aachen) Armin Sommer, Schlagzeug Martin Christoph Redel (*1947) – Traumtanz op. 30a (1983) Dieter Mack – Stream (2011) Violetta Dinescu (*1953) – Le Rocher Tremblant de Sept Faux (2009) Bernfried E.G. Pröve (*1963) – Pulsation VIIIb (2005) Theo Brandmüller (1948-2012) – Elegia (1978)

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9.10.2014 – 19.30 Uhr Lisa Streich (Schweden) Samuel Dobernecker (Köln) Tobias Tobit Hagedorn (Frankfurt am Main) Sebastian Gokus, Schlagzeug Hannah Hanbiel Choi, Cello Chaya Czernowin (*1957) – Gradual edge, für Orgel und Cello (2011) Lisa Streich (*1985) – SERAPH, für Orgel und Cello (2013) Dominik Susteck (*1977) – Zwischenklänge (2012) Hannah Hanbiel Choi (*1982) – Kernverwandt, für Orgel und Cello (2014, UA) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – 3-Bit, für 3 beliebige Musikinstrumente (2014) Jörg Herchet (*1943) – NAMEN GOTTES IXX und XX, aus: NAMEN GOTTES (1993-2000) Dominik Susteck – Spur-Kerbe, für Schlagzeug und Orgel (2013) 10.10.2014 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg/Budapest) Aniko Katharina Szathmáry, Violine Johann Christian Schulz (*1962) – Organologics II op. 54/2 (2014; UA) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Cadenza con Ostinati, für Violine und Orgel (1994) György Kurtág (*1926) – Auswahl aus: Signs, Games and Messages (2005) Dominik Susteck (*1977) – Tiefenschichten, für Violine und Orgel (2011) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Sonido iberico (2014)

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11.10.2014 – 19.30 Uhr Martin Schmeding (Leipzig) Frederic Belli, Posaune Folke Rabe (1935-2017) – Basta (1982) Wolfgang Rihm (*1952) – Parusie (1971) Jan Sandström (*1954) – Lacrimae, lacrimae (1991) Gardner Read (1913-2005) – De Profundis op. 71 Toshio Hosokawa (*1955) – Cloudscape (2000) Stephan Heucke (*1959) – Zur Zeit der letzten Posaune (2007) Alfred Schnittke (1934-1998) – Schall und Hall (1983) Anders Hillborg (*1954) – U-Tangia-Na (1991)

2015 4.10.2015 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Yasuko Yamaguchi (*1969) – Hirtenmusik (2012) Roman Pfeifer (*1976) – Eulers Orgel (2009) Simon Rummel (*1978) – Ja (2015; UA) Dominik Susteck (*1977) – Carillon I-II-III-IV (2015) Jung-eun Park (*1986) – Pil-Yeon (2015; UA) 5.10.2015 – 19.30 Uhr Matthias Geuting (Essen) Irene Kurka, Sopran Jörg Herchet (*1943) – Kantate zum Sonntag Septuagesimae I/II (2012; UA), aus: Das Geistliche Jahr Nikolaus Brass (*1949) – Zungenreden, für Sopran und Orgel (2014; UA) 6.10.2015 – 19.30 Uhr Christof Pülsch (Bielefeld) Hans Otte (1926-2007) – Touches (1965) Dominik Susteck (*1977) – Zeitfiguren (2014) 171

7.10.2015 – 19.30 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Anton Webern (1883-1945) – Variationen op. 27 (1936) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Mors et vita (2015) Bela Bartók (1881-1945) – Klänge der Nacht, aus: Im Freien (1926) Dominik Susteck (*1977) – Zwischenklänge (2012) Jan Esra Kuhl (*1988) – Wendeltreppe (2013) 1.11.2015 – 19.30 Uhr Maximilian Schnaus (Berlin) Giacinto Scelsi (1905-1988) – In ominee lucis (1970) Maximilian Schnaus (*1986) – What is it like to be a bat (Scherzo) (2014) Brian Ferneyhough (*1943) – Sieben Sterne (1974)

2016 02.10.2016 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Ansgar Beste, an den Orgelpfeifen Roman Haubenstock-Ramati (1919-1994) – Shapes 1 (1973) Dominik Susteck (*1977) – Stundenblumen (2011) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Nebulosa (1969) Ansgar Beste (*1981) – Dialogues Tremblants, Kölner Version (2015-16; UA) Anna Korsun (*1986) – auelliae (2016; UA) 04.10.2016 – 19.30 Uhr Wolfgang Kogert (Wien) Friedrich Cerha (*1926) – Neun Inventionen (2011) Klaus Lang (*1971) – weißbärtig. Mond. (2011) Alain Louvier (*1945) – Étude 32, aus: Études pour Agresseurs, Livre 6 (1983) Christoph Herndler (*1964) – taktzittern (2015) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Feuertaufe (2004)

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06.10.2016 – 19.30 Uhr Michael Sattelberger (Stuttgart) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Moving Colours (2006) Viktor Suslin (1942-2012) – Lamento (1989) Dominik Susteck (*1977) – Zeichen (2016) 08.10.2016 – 13.00 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Zsigmond Szathmáry (*1939) – Mors et vita (2015) Anton Webern (1883-1945) – Variationen op. 27 (1935) Dominik Susteck (*1977) – Zwischenklänge (2012) Béla Bartók (1881-1945) – Klänge der Nacht, aus: Im Freien (1926) Shin’ichi Matsushita (1922-1990) – Konzentration (1973), Kölner Version (2016; UA)

2017 9.7.2017 – 13.00 Uhr Thomas Lacôte (Paris), Orgel Jean-Pierre Leguay (*1939) – D’une rive l’autre (Troisième Sonate) (2008) Valéry Aubertin (*1970) – ... ce soir aussi (Première Sonate) (2001) Thomas Lacôte (*1982) – Alluvions en flamme (Etudes pour orgue 1er cahier) (2008; DEA) Thomas Lacôte – Et l’unique cordeau des trompettes marines (Etudes pour orgue, 1er cahier) (2006) 16.7.2017 – 13.00 Uhr Jan Esra Kuhl (Freiburg) Vladimir Guicheff Bogacz, präparierte Trompete Ferdinand Grätz, Klangregie Yasutaki Inamori (*1978) – Accelerando (2017; UA) Jan Esra Kuhl (*1988) – Wendeltreppe, für Orgel und Tonband (2014) Vladimir Guicheff Bogacz (*1986) – Los Órganos, für präparierte Trompete und Orgel (2017; UA) 173

23.7.2017 – 13.00 Uhr Stefan Baier (Regensburg) Ruth Zechlin (1926-2007) – Gloria, aus: Orgelmesse (2006) Michael Radulescu (*1943) – Durch Adams Fall ist ganz verderbt, aus: Sieben Choräle zur Passion (1981-82) Ruth Zechlin – Credo, aus: Orgelmesse (2006) Michael Radulescu (*1943) – Da Jesu an dem Kreuze stund, aus: Sieben Choräle zur Passion Ruth Zechlin – Agnus Dei, aus: Orgelmesse Steven Heelein (*1984) – In paradisum, fantasia per organo (2015) 1.10.2017 – 19.30 Uhr Dominik Susteck (Köln) Bengt Hambraeus (1928-2000) – Extempore (1975) Dominik Susteck (*1977) – Spiele (2017) Eres Holz (*1977) – MACH für Orgel (2017; UA) 7.10.2017 – 13.00 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Eduardo Flores Abad (*1960) – Personaje con Ocarina Zoomorfa (2017; UA) Mesias Maiguashca (*1938) – …a la recherche du… Meditation für Orgel (2017; UA) Dominik Susteck (*1977) – Zwischenklänge (2011) Zsigmond Szathmary (*1939) – Trauer (2017; UA) 28.10.2017 – 13.00 Uhr Age-Freerk Bokma (Berlin) Luciano Berio (1925-2003) – Fa-Si (1975) György Kurtág (*1926) – Auswahl aus: Játékok, Band VI (1970) Juan Felipe Waller (*1971) – Chemicangelo (2005)

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31.10.2017 – 13.00 Uhr Tobias Aehlig (Paderborn) Dominik Susteck (*1977) – Zeitfiguren (2014) Jan Welmers (*1937) – Sequenz (1979) 5.11.2017 – 19.30 Uhr Pier Damiano Peretti (Wien) Biagio Putignano (*1960) – Tavole di luminosità (2016; DE) Thomas Daniel Schlee (*1957) – Prélude I (1979) Biagio Putignano – Desiderium animae (2004; DEA) Thomas Daniel Schlee – Prélude IX (1993) Biagio Putignano – Carteggio spirituale (2017; UA)

2018 7.7.2018 – 13.00 Uhr Matthias Geuting (Essen) Evelin Degen, Flöte José M. Sánchez-Verdú (*1968) – Límina II (2017) Johannes Kreidler (*1980) – rationalization-irrationalization, für Glissando-Flöte, Audio- und Videozuspielung (2016) Dominik Susteck (*1977) – Innenstimmen, für Flöte und Orgel (2018) 29.9.2018 – 13.00 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Anikó Katharina Szathmáry, Violine Zsigmond Szathmáry (*1939) – In memoriam Károly Mályusz Zsigmond Szathmáry – Mors et vita (2015/2018) Dominik Susteck (*1977) – Tiefenschichten, für Violine und Orgel (2011) Zsigmond Szathmáry – Cadenza con Ostinati (1994)

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3.10.2018 – 13.00 Uhr Angela Metzger (München) Johannes X. Schachtner (*1985) – ÜberWeltigung I (Studien für Orgel) (2018; UA) Dominik Susteck (*1977) – Mond, aus: Raumgestalten (2018; UA) Moritz Eggert (*1965) – Drei Interludien (auf dem Wasser zu singen) (2009) Dominik Susteck (*1977) – Schraffur, aus: Raumgestalten (2018; UA) 13.10.2018 – 13.00 Uhr Markus Rupprecht (Regensburg) Steven Heelein (*1984) – Jesu Abschied (2016) Jean-Charles Gandrille (*1982) – Reflets (2006) Steven Heelein (*1984) – heimverlangen (2018; UA) 20.10.2018 – 13.00 Uhr Age-Freerk Bokma (Berlin) Charlotte Seither (*1965) – Himmelsspalt (2001) Markus Bongartz (*1963) – Sesquialtera (2008) Dominik Susteck (*1977) – Endzeit, aus: Raumgestalten (2018; UA) 3.11.2018 – 13.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Erik Drescher, Flöte, Glissandoflöte Klaus Lang (*1971) – kivi. (2017) lannis Xenakis (1922-2001) – Mikka, Version für Flöte solo (1971/2016) Dominik Susteck (*1977) – Innenstimmen, für Flöte und Orgel (2018) 8.12.2018 – 13.00 Uhr Kensuke Ohira (Stuttgart) Sofia Gubaidulina (*1931) – Hell und Dunkel (1976) Earle Brown (1926-2002) – December 1952 (1954) Dominik Susteck (*1977) – Apokalypse, aus: Raumgestalten (2018; UA) Akira Nishimura (*1953) – Meditation of Vishnu (1985) 176

2019 12.8.2019 – 18.00 Uhr Matthias Geuting (Essen) Evelin Degen, Flöte José M. Sánchez-Verdú (*1968) – Límina II (2017) Dominik Susteck (*1977) – Innenstimmen, für Flöte und Orgel (2018) Sylvano Bussotti (*1931) – Julio organum julii (liturgia d’organo) (1968) Robin Hoffmann (*1970) – Wehner, für Flöte und Orgel, mit Zuspielungen von Redefragmenten des SPD-Politikers Herbert Wehner (2019; UA) 14.8.2019 – 18.00 Uhr Jun Sagawa (Kyoto) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Richtungen, für Joysticks und Orgel (Neufassung 2019; UA) Olivier Messiaen (1908-1992) – Les oiseaux et les sources, aus: Messe de la Pentecôte (1950) György Ligeti (1923-2006) – Harmonies, aus: Zwei Etüden für Orgel (1969) Maki Ishii (1936-2003) – Lost Sounds ll (1978) Dominik Susteck (*1977) – Zeit, aus: Zeitfiguren (2014) 16.8.2019 – 18.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Dominik Susteck (*1977) – Hommage a Ligeti I-II-III (2019) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Stehen und Gehen, für Orgel und Elektronik (2017) Julián Quintero Silva (*1983) – Unterholz (2019; UA) Tobias Tobit Hagedorn – Standpunkte, für Orgel und Elektronik (2018)

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7.9.2019 – 13.00 Uhr Age-Freerk Bokma (Berlin) Dai Fujikura (*1977) – Water Path (2015-16) Toru Takemitsu (1930-1996) – Rain Dreaming, für Cembalo (1986), Fassung für Orgel: Megumi Hamaya Claude Vivier (1948-1983) – Les Communiantes (1977) 12.10.2019 – 13.00 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Friedhelm Döhl (1936-2018) – De profundis, aus: Requiem (2000) József Sári (*1935) – ma non troppo (2010) Hans Otte – Nachklang for Olivier Messiaen (1992) Zsigmond Szathmáry (*1936) – In memoriam Friedhelm Döhl (2019) 19.10.2019 – 13.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Arvo Pärt – Pari intervallo (1976/1980) Arvo Pärt – Spiegel im Spiegel (1978), Einrichtung für Orgel: Giovanni Battista Mazza (2010) 16. November 2019 – 13.00 Uhr Tobias Tobit Hagedorn (Frankfurt am Main) Dominik Susteck (Köln) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Stehen und Gehen, für Orgel und Elektronik (2017) – Standpunkte, für Orgel und Elektronik (2018/19) – Weitergehen, für Orgel und Elektronik (2019)

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2020 20.6.2020 – 13.00 Uhr Matthias Geuting (Essen) Evelin Degen, Flöte Peter Eisold (*1959) – Subutex, für Flöte, Orgel und Zuspielung (2020) Friedrich Jaecker (*1950) – Asche meiner Freuden, für Kontrabassflöte (2020) Nicolaus A. Huber (*1939) – Clash Music, für chinesische Becken (1988) Carter Williams (*1976) – Elliptic Curves, für Flöte, Orgel und Live-Elektronik (2020; UA) 27.7.2020 – 18.00 Uhr Angela Metzger (München) Kazuko Narita (*1957) – Sakura Sakura (Choral-Partita) (2004) Minas Borboudakis (*1974) – Palimpsest [Hommage à Albrecht Dürer] (2012) Dorothea Hofmann (*1961) – …brennend wie eine Fackel… (2020; UA) Mark André (*1964) – iv 15 – Himmelfahrt (2018) 28.7.2020 – 11.00 Uhr Angela Metzger (München) Dominik Susteck – Raumgestalten (2018) 29.7.2020 – 18.00 Uhr Megumi Hamaya (Berlin) Toshio Hosokawa (*1955) – Cloudscape (2000) Benoît Mernier (*1964) – Invention I (1998) Ralf Hoyer (*1950) – Interludium 2 (2016) Thomas Daniel Schlee (*1957) – Sicut ros Hermon op.74/1, aus: Zwei Psalmen für Orgel (2011) Toru Takemitsu (1930-1996) – Rain Dreaming (1986) Akira Nishimura (*1953) – Vision in flames (1997) 179

31.7.2020 – 18.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Oxana Omelchuk (*1975) / Simon Rummel (*1978) – Orgellandschaft (2020; UA) Dominik Susteck (*1977) – Sprachsignale (2014) Gerald Eckert (*1960) – chroia (2020; UA) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Weitergehen, für Orgel und Elektronik (2019) 19.9.2020 – 13.00 Uhr Zsigmond Szathmáry (Freiburg) Friedhelm Döhl (1936-2018) – Fragment (Kyrie eleison) (1980) Zsigmond Szathmáry (*1936) – In Memoriam Zoltán Peskó (2020) Zoltán Jeney (1943-2019) – Soliloquium Nr. 4 (1980) György Ligeti (1923-2006) – Etüde Nr. II (Coulée) (1968) Thomas Kessler (1937) – Hades (1989) 26.9.2020 – 13.00 Uhr Michael Sattelberger (Stuttgart) John Patrick Thomas (*1941) – Beth-El (2018) – Black Paintings (2016) – Eleg y No.4 (2002) – Found Music (2011) – Peniel (1968/2010) 24.10.2020 – 13.00 Uhr Tobias Tobit Hagedorn (Frankfurt am Main) Michael Riedel, Elektronik Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Standpunkte, für Orgel und Elektronik (2018) Dominik Susteck (*1977) – Echos, aus: Zeichen (2016) Tobias Tobit Hagedorn – Stehen und Gehen, für Orgel und Elektronik (2017) Dominik Susteck – Morse, aus: Zeichen (2016) 180

5.12.2020 – 13.00 Uhr (wegen Corona auf 2021 verschoben) Maximilian Schnaus (Berlin) Dominik Susteck (*1977) – Orgellabyrinth (2020; UA)

2021 28.6.2021 – 18.00 Uhr Maximilian Schnaus (Berlin) Albert Breier (*1961) – Stiller Dienst (UA) 29.6.2021 – 11.00 Uhr Maximilian Schnaus (Berlin) Dominik Susteck (*1977) – Orgellabyrinth (2020), Nachholkonzert 30.06.2021 - 17.00 Uhr Markus Michael - Origin 2.7.2021 – 18.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Tobias Tobit Hagedorn (*1987) – Folgen (2021, UA) Zaneta Rydzewska – Außerhalb der Zeit (2021, UA) 3.7.2021 – 12.00 Uhr Dominik Susteck (Köln) Andreja Andric – Chorale Book Johann Sebastian Bach – Die Kunst der Fuge (Ausschnitte) 4.7.2021 – 19.30 Uhr Annie Bloch (Orgel) und Raissa Mehner (E-Gitarre) sowie drei digitale Orgelpunkte mit Flavia Gianfreda, Victor-Antonio Agura und Benedikt Röhn

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Diskographie – geordnet nach Erscheinungsdatum 1) Orgelliteratur Tobias Tobit Hagedorn – Weitergehen Dominik Susteck, Orgel Are 7026 (in Vorbereitung) Gerald Eckert – chroia Dominik Susteck, Orgel Rie Watanabe, Schlagzeug kreuzberg records (2 CDs) Unterm Sternenlicht Werke von Younghi Pagh-Paan und Isang Yun Dominik Susteck, Orgel Are 7025 Dominik Susteck – Raumgestalten Angela Metzger, Orgel Are 7024 Frozen time John Cage – ASLSP Toshio Hosokawa – Sen V, Cloudscape Dominik Susteck, Orgel WERGO 73682 Hans Joachim Hespos – batak, traces de …

Dominik Susteck, Orgel Enikö Ginzery, Cimbalom kreuzberg records 10135

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Gabriel Iranyi – wie man zum Stein spricht Sabine Akiko Ahrendt, Violine Dominik Susteck, Orgel kreuzberg records 10123 Jörg Herchet – Das Geistliche Jahr. Kantate zum Sonntag Septuagesimae Matthias Geuting, Gesang, Rezitation und Orgel In: Jörg Herchet, Drei Kantaten Querstand VKJK 1706 Mauricio Kagel – Improvisation ajoutée. Orgelwerke Dominik Susteck, Orgel WERGO 73452 Nominiert für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 3/2016 Musik für Orgel – Hans Otte, Erik Janson, Jörg Herchet, Matthias Schlothfeldt, Mauricio Kagel Matthias Geuting, Orgel Querstand VKJK 1520 Gerhard Stäbler – HEISS! Orgelwerke Dominik Susteck, Orgel WERGO 73152 Nominiert für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 3/2015 Adriana Hölszky – Wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt ...

Sabine Akiko Ahrendt, Violine Jens Brülls, Schlagzeug Dominik Susteck, Orgel WERGO 67829 Preis der Deutschen Schallplattenkritik Bestenliste 4/2014

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Seligpreisungen Jörg Herchet – Komposition 1, Stück VIII Dominik Susteck, Orgel Querstand VKJK 1233 György Ligeti – Volumina. Orgelwerke Dominik Susteck, Orgel WERGO 67572 Preis der Deutschen Schallplattenkritik Bestenliste 3/2013.

Wolfgang Rihm – Orgelwerke Dominik Susteck, Orgel WERGO 67512 Karlheinz Stockhausen – Tierkreis Dominik Susteck, Orgel WERGO 67362 Kunst-Station Werke von Bares, Kagel, Szathmáry u.a.

Zsigmond Szathmáry, Orgel edition zeitklang 50052 Friedhelm Döhl – Orgelmesse Zsigmond Szathmáry, Orgel dreyer gaido 21057 Peter Bares – Orgelwerke (5 Ludien, 12 Miniaturen, 15 Gedanken, Orgelfantasie-lebendig, kräftig, schärfer, Orgelspiel-Der Mond ist aufgegangen) Dominik Susteck, Orgel

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2) Improvisationen Johannes vom Kreuz – La Noche Oscura Texte und Orgelimprovisationen Dominik Susteck, Orgel Kunst-Station Sankt Peter Dominik Susteck – Spiegelungen/Reflections Dominik Susteck, Orgel Kunst-Station Sankt Peter Peter Bares – Orgelimprovisationen Band I und II Peter Bares, Orgel Bauer Studios Ludwigsburg

186

Quellen Susteck, Dominik: Vier Merkmale Neuer Musik an der Orgel von Sankt Peter.

In: Musik und Kirche 3/2011 Drees, Stefan (2015): Interpretation als Komposition. Der Organist Dominik Susteck im Gespräch mit Stefan Drees. In: Seiltanz. Beiträge zur Musik der Gegenwart 10. S. 42–46.

Benn, Gottfried (1941): Ein Wort. Privatdruck. In: Der Große Conrady – Das Buch deutscher Gedichte (Neuausgabe 2008. Hg. Karl Otto Conrady).

Düsseldorf.

Kurka, Irene/Susteck, Dominik (2020): … das, was man liebt und gerne tut, durchsetzen. In: Kurka, Irene (2020): neue musik leben. Das Buch zum Podcast, BAND I. Köln. S. 56-63.

Die Einführungen in die Orgelkompositionen einzelner Komponist:innen entstanden für die Booklets der jeweils dem Beitrag vorangestellten CD-Produktionen.

Alle weiteren Texte sind Originalbeiträge für dieses Buch.

Literaturnachweise Albrecht, Monika/Göttsche, Dirk (Hg.) (2005): Ingeborg Bachmann. Kritische Schriften. München.

Allende-Blin, Juan (1967): Werkkommentar zur Ersteinspielung von Improvisation ajoutée. In: CD-Booklet Mauricio Kagel: Heterophonie / Improvisation ajoutée. WER 6645 2; LC: 00846. Mainz.

Bachmann, Ingeborg (1959): Musik und Dichtung. In: Albrecht, Monika/ Göttsche, Dirk (2005). S. 250.

187

Böhmig, Reimund (2003): Erinnerungen eines Interpreten. In: die töne haben mich geblendet. Festschrift zum 60. Geburtstag des Dresdner Komponisten Jörg Herchet (Hg. Christoph Sramek). Altenburg.

Cage, John (1991): Nicht-dualistisches Denken. In: MusikTexte 40/41. Köln.

S. 22-23.

Coignet, Jean-Louis/Uys, François (2006): Interview. In: ISO Journal – The Magazine of the International Society of Organ Builders Nr. 23. Eupen.

Dibelius, Ulrich (1984): Moderne Musik 1945-1965. Zit. n.: Beiheft zur LP-Box WER 60095. Mainz.

Eckert, Gerald (2000): Aufbrüche – Verwerfungen [Werkkommentar]. www.geraldeckert.com/Aufbrueche-Verwerfung.html (Abrufdatum 28.02.2021) Eckert, Gerald (2003/05): Inschriften [Werkkommentar]. www.geraldeckert.com/Inschriften.html (Abrufdatum 28.02.2021) Fritsch, Ingrid (2000): Distanz, Aura, Differenz - „Zwischenräume“ der japanischen Kultur. In: Universitas – Zeitschrift für interdisziplinäre Wissenschaft Jg. 55 Nr. 644. Stuttgart.

Gassmann, Michael (Hg.) (2004): Werkzeuge der Stille: Die Orgeln für Neue Musik in Sankt Peter zu Köln. Köln.

Gassmann, Michael (Hg.) (2007): Werkzeuge der Stille II: Die Orgeln für Neue Musik in Sankt Peter zu Köln. Köln.

Hölszky, Adriana (o. J.): Werkkommentar zu „... und ich sah wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt …“. www.breitkopf.com/work/8147/und-ich-sahwie-ein-glasernes-meer-mit-feuer-gemischt (Abrufdatum: 20.02.2021) 188

Kagel, Mauricio (1982): Abläufe, Schnittpunkte – montierte Zeit. Mauricio Kagel im Gespräch mit Lothar Prox. In: Grenz gänge – Grenzspiele. Ein Programmbuch zu den Frankfurt Festen `82 (Hg. Dieter Rexroth).

Frankfurt. S. 121.

Kessler, Stephan Ch. (2019): Du vide et de l’acceuil. L’espace des arts Sankt Peter Köln. In: Choisir. Revue culturelle 693. Genf. S. 55-58.

Kessler, Stephan Ch./Schlimbach, Guido: Grenzen und Grenzüberschreitungen – Bild und Bildlosigkeit. Bildästhetische Zugänge in der Kunst-Station Sankt Peter Köln. In: „Dein Antlitz, Herr, will ich suchen!“ Selbstoffenbarung Gottes und Antwort des Menschen. Festschrift für Michael Schneider SJ zum 70. Geburtstag (Hg. Thomas Kremer). Münster. S. 557-582.

Lessing, Wolfgang (2007): Lemuren und Gespenster - Adriana Hölszky und die Apokalypse. In: Gratzer, Wolfgang/Hiekel, Jörn Peter (Hg.): ankommen: gehen. Adriana Hölszkys Textkompositionen. Mainz.

Lichtenfeld, Monika (Hg.) (2007): Györg y Ligeti: Gesammelte Schriften.

Winterthur/Mainz.

Ligeti, György (1968): „Was erwartet der Komponist der Gegenwart von der Orgel?“ In: Lichtenfeld, Monika (2007) Mansfeld, Jaap (Hg.) (1983): Die Vorsokratiker I. Stuttgart.

Mishra, Pankaj (2014): Europa muss wieder strahlen! In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 14.09.

Möller, Hartmut (1999): „ein Gewirr unterschiedlicher Zeiten“ – Adriana Hölszky im Gespräch. In: Neue Zeitschrift für Musik 5/1999. Mainz. S. 22 Pagh-Paan, Younghi (1983/84): Unterwegs. In: Neuland-Jahrbuch Bd. 4.

Bergisch-Gladbach.

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Philippi, Daniela (2002): Neue Orgelmusik. Werke und Kompositionstechniken von der Avantgarde bis zur pluralistischen Moderne. Kassel.

Mosch, Ulrich (Hg.) (1997): Wolfgang Rihm. ausgesprochen – Schriften und Gespräche. Winterthur/Mainz.

Schlimbach, Guido (2009): Für einen lange währenden Augenblick. Die Kunst-Station Sankt Peter Köln im Spannungsfeld von Religion und Kunst. In: Bild-Raum-Feier. Studien zu Kirche und Kunst 7. Regensburg.

Schönberg, Arnold (1966): Über Gustav Mahler. Tübingen.

Schönberg, Arnold (1912): Das Verhältnis zum Text. In: Der Blaue Reiter (Hg. Wassily Kandinsky und Franz Marc) München. Zit. n.: Oehlmann, Werner (1977): Reclams Liedführer. Stuttgart.

Susteck, Dominik (2011): Peter Bares – Komponist und Orgelvisionär. Köln.

Susteck, Dominik (2013): Magier der Klänge. Der Komponist und Organist Zsigmond Szathmáry. Kassel.

Verkade, Gary (2008): Booklet zur CD Jörg Herchet: Namen Gottes – Orgelwerke (Gary Verkade, Grönlund-Orgel im Dom zu Luleå). Altenburg.

Verkade, Gary (2003): Jörg Herchets „komposition 1, 2 und 3 für orgel“ Analytische Untersuchungen. In: die töne haben mich geblendet. Festschrift zum 60. Geburtstag des Dresdner Komponisten Jörg Herchet (Hg. Christoph Sramek). Altenburg.

Wieschollek, Dirk (2019): Anna Korsun: Ulenflucht. In: HörBar nmz (20.02.2019). https://hoerbar.nmz.de/tag/anna-korsun

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Verzeichnis der Autoren und Autorinnen Ingo Dorfmüller, Magisterabschluss in Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Köln. Seit 1992 freier Mitarbeiter beim Deutschlandfunk sowie bei verschiedenen anderen Rundfunkanstalten und Fachzeitschriften. Schwerpunkte bei Oper/Musiktheater, Alter Musik und Neuer Musik. 1995-97 Dramaturg am Theater Dortmund. Als Chorsänger Mitwirkung u.a. bei Uraufführungen von Giselher Klebe und Karlheinz Stockhausen.

Stefan Drees, Musikwissenschaftler mit Forschungsschwerpunkten Violinmusik, Musik des 20./21. Jahrhunderts, Musik und Medien und experimentelles Musiktheater. Studium der Violine und Musikwissenschaft. Lehrtätigkeit u.a. an der Folkwang Universität der Künste Essen, an der Hochschule Luzern sowie an den Universitäten Münster, Marburg, Gießen, Heidelberg und Wien. Zum Sommersemester 2016 Berufung zum Professor für Musikwissenschaft an die Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. www.stefandrees.de Barbara Eckle, Masterabschluss in Klassischer Philologie, Alter Geschichte und Philosophie an der University of Oxford, Musik- und Filmstudien in New York und Prag. Als Regisseurin, Autorin und Dramaturgin für verschiedene Kulturveranstalter in den USA und Europa tätig. Seit 2010 freie Autorin und Moderatorin im Bereich Neue Musik für die Rundfunkanstalten der ARD und des Deutschlandfunk wie für Musikfachpublikationen, Presse (u.a. Der Tagesspiegel, Die Zeit) und diverse Veranstalter Neuer Musik. 2018-2020 Dramaturgin für Konzert und Oper an der Staatsoper Stuttgart. Seit 2020 Leitende Dramaturgin für Musiktheater und Konzert bei der Ruhrtriennale.

Hanno Ehrler, geboren 1958 in Wiesbaden. Studium der Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Ethnologie in Mainz, Promotion 1989.

1981-1986 Lektor für zeitgenössische Musik beim Verlag Breitkopf & Härtel. Von 1989 an Arbeit als freier Journalist, für die Frankfurter 191

Allgemeine Zeitung, diverse Musikzeitschriften und die Rundfunkanstalten der ARD. Arbeitsschwerpunkte neben zeitgenössischer Musik: Alternativmedizin und Fotografie. 2003-2007 Ausbildung zum Heilpraktiker und Osteopathen an der International Academy of Osteopathy. Seit 2007 neben der journalistischen Tätigkeit Arbeit in eigener Praxis in Bochum. Publikationen: www.hanno-ehrler.de Tobias Tobit Hagedorn, geboren 1987 in Moers. 2006-2014 Studium der Kirchenmusik und Elektronischen Komposition an der Hochschule für Musik und Tanz (HfMT) Köln, Anschließend Kompositionsstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) Frankfurt am Main. Seit 2017 Ensembleleiter an der KunstKulturKirche Allerheiligen in Frankfurt am Main. 2018-2020 Stipendiat der Mozartstiftung und Preisträger beim ad libitumKompositionswettbewerb des Netzwerks Neue Musik Baden-Württemberg. 2016-2019 Vorstandsmitglied der Frankfurter Gesellschaft für Neue Musik, 2018-2020 Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Elektroakustische Musik. 2019 Mitarbeiter im Studio für elektronische Musik und Akustik der HfMDK Frankfurt. Seit 2020 Dozent für elektronisch/algorithmische Musiklehre an der Hochschule für Musik Trossingen. Aufführungen und Ausstrahlungen u.a. beim Festival orgelmixturen, Ultraschall Berlin, WDR 3 und Deutschlandfunk. www.tobiashagedorn.de Frank Kämpfer, Redakteur, Produzent, Veranstalter. Geboren 1960 in Berlin. Studium der Musikerziehung und Germanistik an der Humboldt Universität. Ab 1989 Redakteur beim Deutschlandsender Kultur, ab 1994 Redakteur im Deutschlandfunk. Zahlreiche musikjournalistische Veröffentlichungen. Seit 2001 Leiter des Kölner Forum neuer Musik. Seit 2003 Mitglied in Beiräten und Jurys des Deutschen Musikrats.

Stephan Ch. Kessler SJ, aufgewachsen in der saarländischen Gemeinde Schwalbach. Mit 27 Jahren Eintritt in die Gesellschaft Jesu: Noviziat in Nürnberg, Philosophie in München, theologische Aufbaustudien in 192

Innsbruck. Nach Promotion mit einer Arbeit im Bereich antiker christlicher Literatur und der Weihe zum Priester Einsätze in der Jugendpastoral und in der Wissenschaft. Ab 2001 in der Ausbildung, zuerst ordensintern als Ausbildungspräfekt und von 2005-2016 als Regens des überdiözesanen Priesterseminars Sankt Georgen und Dozent der dortigen Hochschule in Frankfurt am Main. Seit 2017 Leitung der Kunst-Station Sankt Peter Köln als Pfarrer und Oberer der Kölner Jesuitenkommunität Peter-Faber-Haus.

Bernd König, geboren 1975. Studium der Musikwissenschaft, Phonetik und Germanistik an der Universität zu Köln. Arbeit für den MusikTexte Verlag, die Kölner Gesellschaft für Neue Musik e.V. (kgnm), die Künstleragentur Just Jazz International, die Akademie der Künste der Welt und den Are Verlag. Journalistisch u.a. für die Zeitschrift positionen und den Are Verlag tätig. Beschäftigung mit akusmatischer Musik, in diesem Bereich auch als Klangkünstler aktiv. Interessensschwerpunkte neben Neuer Musik und Jazz: Klangkomposition, Akustische Kunst und Industrial Rock/Dark ambient.

Irene Kurka, Sopranistin und Podcasterin. Gesangsstudium an der Musikhochschule München, Meadows School of the Arts Dallas/ USA, University of British Columbia Vancouver/Kanada. Master für Mittelaltermusik Folkwang Universität der Künste. Über 260 Uraufführungen, seit 2009 intensive Beschäftigung mit dem Repertoire für Stimme solo (u.a. CDs hildegard von bingen : john cage und Beten). Workshops u.a. an der Academy of Music Poznan, TU Dortmund, Guildhall School of Music and Drama London, den Musikhochschulen in Mannheim und Wuppertal, Konservatorium Maastricht, ab 2021 Lehrauftrag an der Hochschule (HSD) Düsseldorf. https://irenekurka.de Elisabeth von Leliwa, geboren 1962 in Berlin. Studium der Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der FU Berlin und an der Universität zu Köln mit Abschluss Magister Artium.

Ab 1987 Dramaturgin der Düsseldorfer Symphoniker, 2003-2012 193

Leitende Dramaturgin der Tonhalle Düsseldorf. Seit 2012 als selbstständige kreative Beraterin, Coach und Dozentin an den Schnittstellen von Dramaturgie, Management und Produktion tätig. Seit 2018 Vizepräsidentin der Deutschen Schostakowitsch-Gesellschaft e.V. Arbeitsschwerpunkte: Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, Musikprojekte für Menschen mit Demenz. www.von-leliwa.com Dominik Susteck, geboren 1977. 2007-2021 Organist der Kölner Kunst-Station Sankt Peter und Festivalleitung der orgel-mixturen. Neben Lehrtätigkeit an Hochschulen in Essen, Düsseldorf, Weimar und Köln moderne Improvisationskonzerte. Zahlreiche Uraufführungen jüngerer Komponist:innen (Janson, Odeh-Tamimi, Pena, Froleyks, Kőszeghy, Ruttkamp, Seidl, Wozny u.a.). CDs u.a. von Herchet, Hölszky, Kagel, Ligeti, Rihm, Stockhausen, Stäbler, präsentiert bei den Labels Wergo und Querstand u.a. in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk. Zweimal Preis der Deutschen Schallplattenkritik.

Als Komponist mit Preisen ausgezeichnet (Deutscher Musikwettbewerb, Preis Zeitgenössische Geistliche Musik Schwäbisch Gmünd, Klaus-Martin-Ziegler Preis, Schneider-Schott-Musikpreis u.a.). Orgelzyklen: Zeitfiguren (2014), Zeichen (2016), Raumgestalten (2018), Orgellabyrinth (2020), Orchester und Orgel: Weltraumschrott (2020). Seit 2021 Leiter des Fachbereichs Kirchenmusik für das Erzbistum Paderborn. www.dominiksusteck.de

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Personenregister Abbing, Jörg 163 Aehlig, Tobias 175 Ahrendt, Sabine Akiko 77, 112, 184 Allende-Blin, Juan 56, 162, 169, 187 André, Mark 179 Antunes Pena Luís 140f., 154, 161 Aubertin, Valéry 173 Baba, Noriko 165 Bach, Johann Sebastian 35f., 85, 91, 97, 147, 152, 181 Bachmann, Ingeborg 81, 187 Bacon, Francis 13 Baier, Stefan 174 Band, Karl 12 Bares, Peter 7f., 15f., 18, 20ff., 32ff., 39ff., 50, 76, 122, 163, 185, 186, 190 Bartók, Béla 163, 172f.

Becker, Günther 159 Beckmann, Max 79 Beethoven, Ludwig van 63, 82, 152 Belli, Frederic 171 Benjamin, Walter 112 Benn, Gottfried 81, 187 Berio, Luciano 174 Bertelli, Giovanni 165 Beste, Ansgar 172 Beuys, Joseph 13 Blarr, Oskar Gottlieb 117 Bokma, Age-Freerk 136, 148, 174, 176, 178 Bonaventure, Michael 162 Bongartz, Markus 158, 176 Bönig, Winfried 167 Borboudakis, Minas 179 195

Brandmüller, Theo 39, 163, 168, 169 Brass, Nikolaus 171 Brecht, Bertolt 112 Brown, Earle 166, 176 Brülls, Jens 72, 77, 184 Buber, Martin 114 Büsing, Otfried 159 Bussotti, Sylvano 177 Byars, James Lee 13 Cage, John 100ff., 140, 143, 154, 163, 166f., 183, 188 Casagrande, Peter 134 Celan, Paul 112, 118f.

Cerha, Friedrich 172 Chen, Xiaoyong 169 Chillida, Eduardo 13f.

Choi, Hannah Hanbiel 170 Chopin, Frédéric 57 Coignet, Jean-Louis 20ff., 188 Collum, Herbert 86 Czernowin, Chaya 170 Danksagmüller, Franz 162 Daske, Martin 160f.

Degen, Evelin 169, 175, 177, 179 Delor, Gilbert 162 Denner, Kathrin 163 Dessau, Paul 86 Dibelius, Ulrich 53, 188 Dinescu, Violeta 168f.

Dobernecker, Samuel 170 Doerr, Ludwig 39 Döhl, Friedhelm 178, 180, 185 Dorfmüller, Ingo 8, 45, 54, 72, 77, 85, 101, 112, 130, 144, 191 196

Drees, Stefan 31, 187, 191 Drescher, Erik 176 Dürer, Albrecht 179 Durkó, Zsolt 168 Eckert, Gerald 122, 130ff., 158, 180, 183, 188 Eckle, Barbara 8, 94, 191 Eggebrecht, Hans Heinrich 39 Eggert, Moritz 163, 176 Ehrler, Hanno 8,109,123,191f.

Eisold, Peter 179 Ericsson, Hans-Ola 160 Espinasse, François 40 Estrada, Julio 163 Fallah, Farzia 151 Fassbinder, Rainer Werner 79 Felstiner, John 119 Ferm, Jan 164 Ferneyhough, Brian 159, 172 Fervers, Andreas 168 Filidei, Francesco 165 Filonenko, Alexandra 168 Flammer, Ernst Helmuth 167 Flores Abad, Eduardo 174 Frescobaldi, Girolamo 52 Freyer, Achim 140 Fritsch, Johannes 33 Fritsch, Ingrid 106, 188 Fröhling, Andreas 122, 148, 167 Fujikura, Dai 178 Fukushima, Kazuo 106 Gandrille, Jean-Charles 176 197

Gassmann, Michael 22, 76, 188 Gerhardt, Frank 168 Gerwin, Thomas 160 Gesualdo, Carlo 160 Geuting, Matthias 122, 148, 162, 164, 169, 171, 175, 177, 179, 184 Ginzery, Enikö 94, 183 Gokus, Sebastian 170 Gottfried, Gesche 79 Gottschewski, Hermann 168 Gottwald, Clytus 39 Grätz, Ferdinand 166, 173 Gubaidulina, Sofia 159, 176 Guicheff Bogacz, Vladimir 173 Hage, Jan 167 Hagedorn, Tobias Tobit 122, 138f., 140, 166, 170, 177f., 180f., 183, 192 Halffter, Cristóbal 168 Hamaya, Megumi 148, 178f.

Hambraeus, Bengt 31, 41, 44, 46, 160, 162f., 172, 174 Hartman, Olov 160 Hashimoto, Jun 148 Haubenstock-Ramati, Roman 172 Heelein, Steven 174, 176 Henze, Hans Werner 168 Heraklit 131 Herchet, Jörg 84ff., 112, 154, 162, 170f., 184f., 188, 190 Herndler, Christoph 172 Herz, Friedemann 168 Hespos, Hans-Joachim 84, 94ff., 143, 150, 154, 167, 183 Heucke, Stephan 171 Heusinger, Detlef 167 Hillborg, Anders 171 Hoffmann, Andreas 148, 169 Hoffmann, Robin 177 198

Hofmann, Dorothea 179 Hölderlin, Friedrich 112 Hölszky, Adriana 62, 77ff., 143, 151, 154, 159, 184, 188f.

Holter, Werner 143 Holz, Eres 140ff., 154, 174, 188f.

Hosokawa, Toshio 100f., 106f., 143, 168, 171, 179, 183 Hoyer, Ralf 179 Huber, Klaus 72 Huber, Nicolaus A. 122, 146, 153, 167, 179 Hürholz, Margareta 149, 164 Inamori, Yasutaki 173 Inderhees, Carlo 158 Iranyi, Gabriel 100, 112ff., 143, 154, 184 Ishii, Maki 167, 177 Jabach, Everhard IV. 13 Jacob, Andreas 40, 158, 160 Jacob, Werner 39 Jaecker, Friedrich 166, 179 Janson, Erik 164, 184 Jazylbekova, Jamilia 140f., 154, 167 Jeney, Zoltán 159, 180 Johannes vom Kreuz Jolivet, André 186 Kagel, Mauricio 31, 41, 44, 46, 54ff., 124, 143, 145, 154, 162f., 169, 184f., 187, 189 Kaiser, Ludwig 145 Kalitzke, Johannes 159 Kampe, Gordon 158 Kämpfer, Frank 8, 9, 140, 153, 192 Kapoor, Anish 13 Kern, Gerhard 101, 105 199

Kessler, Stephan Ch. 6f., 143, 189, 192 Kessler, Thomas 180 King, Geoffrey 162 Klee, Paul 88 Kogert, Wolfgang 172 König, Bernd 8, 12, 193 Kopelent, Marek 159 Korsun, Anna 140f., 151, 172, 190 Kőszeghy, Péter 35, 140f., 154, 159 Kounellis, Jannis 13 Kreidler, Johannes 175 Kremer, Thomas 189 Krenek, Ernst 165 Kuhl, Jan Esra 172f.

Kuhn (Orgelbau) 129 Kurka, Irene 9, 145, 171, 187, 193 Kurtág, György 170, 174 Lachenmann, Helmut 20, 36 Lacôte, Thomas 173 Ladehoff, Morten 148 Láng, István 165 Lang, Klaus 166, 172, 176 Lanza, Mauro 165 Lee, Hope 168 Leguay, Jean-Pierre 173 Leliwa, Elisabeth von 8f., 193 Lessing, Wolfgang 79, 189 Ligeti, György 20, 22, 31f., 35, 37, 41, 44ff., 124, 141, 145, 153, 159, 165f., 177, 180, 185, 189 Linder, Klaus 169 Louvier, Alain 172 Lüpertz, Markus 13 Luther, Martin 85, 114, 118 200

Mack, Dieter 161f., 169 Mahler, Gustav 113, 190 Maiguashca, Mesias 165, 174 Maintz, Philipp 165 Man, Roderik de 162 Manneke, Daan 167 Manz, Eckhard 168 Matsushita, Shin-ichi 168, 173 Mazza, Giovanni Battista 178 Mendelssohn Bartholdy, Felix 97 Mennekes, Friedhelm 8, 12, 14, 16, 33, 39, 41, 122, 153 Mernier, Benoît 179 Messiaen, Olivier 46, 73, 86, 145, 153, 158, 177f.

Metzger, Angela 136, 148, 176, 179, 183 Meyer von Bremen, Alexander 163 Michel, Wilfried 161 Milbradt, Jörg 85 Mishra, Pankaj 108, 189 Mitterer, Wolfgang 40 Möller, Hartmut 78, 189 Morgan, Huw 162 Müller, Gabriele 126 Mundry, Isabel 165 Narita, Kazuko 179 Nishimura, Akira 159, 167, 176, 179 Noll, Thomas 40, 127, 158, 160f.

Odeh-Tamimi, Samir 35, 140f., 151, 165 Ohira, Kensuke 136, 176 Omelchuk, Oxana 140, 180 Otte, Hans 46, 164, 171, 178, 184 Padre Davide da Bergamo 165 201

Pagh-Paan, Younghi 100, 109ff., 143, 183, 189 Pagliei, Lorenzo 165 Park, Jung-eun 140, 154, 171 Pärt, Arvo 178 Pattmann, Michael 109 Pavlov, Adrian 161 Peretti, Pier Damiano 175 Perrin, Glyn 162 Perry, Matthew C. 101 Peskó, Zoltán 180 Peter, Willi (Orgelbau) 15, 75 Pfeifer, Roman 160, 171 Philippi, Daniela 31, 190 Platz, Robert HP 167 Polansky, Larry 164 Pröve, Bernfried E.G. 169 Pülsch, Christof 171 Putignano, Biagio 175 Quandel, Stephan 166 Quintero Silva, Julián 140, 151, 177 Rabe, Folke 171 Radulescu, Michael 174 Read, Gardner 171 Redel, Martin Christoph 169 Reger, Max 35 Reinhold, Steffen 161 Ribas Taléns, Ignacio 40, 158 Riedel, Michael 180 Rihm, Wolfgang 36, 62, 72ff., 146, 151, 153, 159, 161, 163, 171, 185, 190 Roloff, Elisabeth 117 Rubens, Peter Paul 13f.

Ruiter, Wim de 159 202

Rummel, Simon 140, 154, 171, 180 Rupprecht, Markus 176 Ruttkamp, Timo 154, 163 Ruzicka, Peter 164 Rydzewska, Żaneta 140, 181 Sacher, Paul (Stiftung) 73 Sánchez-Verdú, José-M. 175, 177 Sandström, Jan 171 Satie, Erik 73, 166 Sattelberger, Michael 136, 149, 173, 180 Scelsi, Giacinto 172 Schachtner, Johannes X. 176 Schlee, Thomas Daniel 175, 179 Schlothfeldt, Matthias 164, 184 Schlünz, Annette 161 Schmeding, Martin 159, 171 Schnaus, Maximilian 148, 172, 181 Schnebel, Dieter 159f.

Schneider, Michael 189 Schnittke, Alfred 171 Schönberg, Arnold 37, 88, 100, 112f., 190 Schorn, Wilhelm 12 Schulz, Johann Christian 170 Schut, Cornelius 14 Schüttler, Martin 35, 140f., 169 Schwarz, Peter 117 Seaman, Camille 133 Seidl, Niklas 154, 165 Seither, Charlotte 176 Seitz, Mechthild 159 Sommer, Armin 169 Spassov, Bojidar 168 Sramek, Christoph 188, 190 203

Stäbler, Gerhard 122ff., 154, 161, 167, 184 Stanzl, Frank 166 Stockhausen, Christel 64 Stockhausen, Karlheinz 62ff., 72, 103, 142, 158, 165, 185 Stockmeier, Wolfgang 39 Stoll, Rolf W. 142 Streich, Lisa 149, 166, 170 Summereder, Roman 20 Suslin, Viktor 168, 173 Susteck, Dominik 6, 8f., 20, 31, 39, 45, 51ff. 54, 60, 62f., 72, 75, 77, 85, 94, 101, 105f., 109, 112, 122f., 130, 136, 138, 141ff., 145, 158f., 161, 163ff., 169ff., 183ff., 190, 194 Szathmáry, Anikó Katharina 164, 170, 175 Szathmáry, Zsigmond 32, 39f., 49, 148, 159, 161, 163ff., 167f., 170, 172ff., 178, 180, 185, 190 Takemitsu, Toru 106, 178f.

Taxus Beck, Thomas 164 Thomas, John Patrick 180 Tihanyi, László 159 Töpel, Michael 168 Trockel, Rosemarie 13 Tsukamoto, Eiko 169 Tzschoppe, Olaf 161 Velte, Eugen Werner 72 Veltman, Michael 166 Verkade, Gary 85, 87ff., 91f., 164, 190 Vetter, Michael 169 Vivier, Claude 178 Vogel, Jörg Stephan 153 Vriend, Jan 168

204

Wagemans, Peter-Jan 160, 167 Walcker (Orgelbau) 40, 50 Walcker (Stiftung) 20 Waller, Juan Felipe 174 Walter, Michael Em 167 Webern, Anton 63, 172f.

Wehner, Herbert 177 Welin, Karl-Erik 46 Welmers, Jan 167, 175 Williams, Carter 179 Wolff, Christian 166 Wozny, Joanna 140, 151, 163 Wustin, Alexander 167 Xenakis, Iannis 167, 176 Yamaguchi, Yasuko 171 Yudo, Luiz Henrique 162 Yun, Isang 100, 109f., 143, 163, 167, 183 Zacher, Gerd 32, 39, 49, 100, 122, 124, 145, 148, 153, 165, 169 Zapf, Helmut 160 Zechlin, Ruth 174 Ziegler, Klaus Martin 32 Zwissler, Florian 169

205