eco.nova TOP500 2021

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Magdalena Hauser hat gemeinsam mit Wolfgang Lechner das universitäre Spin-off ParityQC gegründet.

BAUPLAN FÜR DIE QUANTENZUKUNFT Innsbruck gilt seit Jahren als Hochburg der Erforschung und Entwicklung von Quantencomputern. ParityQC macht sich nun daran, die Brücke zu Anwendern weltweit zu schlagen – und die Bedeutung des Standorts langfristig zu sichern. TEXT: DANIEL FEICHTNER

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ass Quantencomputing die Welt verändern wird, steht mittlerweile außer Frage. „Wann genau Quantencomputer so weit sein werden, ihre Überlegenheit praktikabel und vor allem wirtschaftlich rentabel auszuspielen, lässt sich nicht exakt sagen“, meint Magdalena Hauser, die 2020 gemeinsam mit dem theoretischen Physiker Wolfgang Lechner das universitäre Spin-off ParityQC gegründet hat. „Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass Anwendungen in spezifischen Bereichen, wie der Lösung von Optimierungsproblemen, in den kommenden drei bis fünf Jahren marktreif sein werden.“ Diese nahende Zielgerade spornt an: Auch wenn sich noch nicht herauskristallisiert hat, welche technische Lösung sich in Quantencomputern schlussendlich durchsetzen wird, investieren große internationale Konzerne seit einigen Jahren nicht nur zunehmend Ressourcen, sondern auch hohe Summen in die Entwicklung kommerzieller Anwendungen – und das, während die Grundlagenforschung noch auf Hochtouren läuft. Denn bei dem Wettrennen geht es nicht nur um viel Geld: „Wir gestalten jetzt die absoluten Grundlagen für die Zukunft in einer Vielzahl verschiedener – wenn nicht sogar aller – Branchen“, ist Lechner

überzeugt. Und mit ihrem Spin-off sind die Gründer mittendrin, sowohl was die geografische Lage in Innsbruck als einem der weltweit führenden Quantencomputing-Forschungszentren betrifft als auch die strategische Positionierung: Denn mit ParityQC widmen sie sich dem Brückenschlag zwischen Forschung und Anwendung und einem direkten Wissenstransfer zwischen Laboren und der Industrie.

HANDFESTES PRODUKT

Anstatt nur Theorie weiterzugeben, dient dem Spin-off die selbst entwickelte ParityQCArchitektur als Plattform, um neueste Erkenntnisse direkt in der Praxis umzusetzen. „Mit unserer eigenen Architektur – gewissermaßen den Blaupausen für Chips – und den dazugehörigen Algorithmen bieten wir eine aufeinander abgestimmte Hard- und Softwarelösung“, erklärt Lechner, auf dessen Forschung und den daraus hervorgegangenen Patenten ein großer Teil der Entwicklung aufbaut. „Damit sind wir das erste Quantenarchitektur-Unternehmen weltweit.“ Die Chips, die von einigen Hardwareherstellern bereits produziert werden, sind auf einen ganz spezifischen Anwendungsbereich, nämlich das Lösen von Optimierungsproblemen, maßgeschneidert. „Damit haben wir einen klaren Business-Case“, be-

stätigt Hauser. „Wir bieten die Architektur als Lizenzmodell an – und alles, was zu ihrem Einsatz nötig ist, inklusive unseres eigenen Betriebssystems ParityOS.“ Dabei hat ParityQC einen großen Trumpf in der Hand: Das System ist mit allen Plattformen kompatibel, egal welche Technologie schlussendlich zum kommerziellen Einsatz kommt. Unabhängigkeit hat sich ParityQC auch bei der Entwicklung und Finanzierung auf die Flagge geschrieben. Man sei sich der großen Verantwortung mehr als bewusst, bestätigt Hauser: „Wir arbeiten weltweit mit Entwicklern und Unternehmen zusammen, denken aber vor allem europäisch“, erklärt sie. „Uns geht es darum, die globale Entwicklung voranzutreiben, nicht einem einzelnen Kunden – oder einer Nation – einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen.“ Zugleich wollen Hauser und Lechner den Standort Innsbruck stärken. „Es ist kein Zufall, dass wir hier und nicht im Silicone Valley angesiedelt sind“, bestätigt Lechner. Es gebe Schlüsselmomente, die man einfach nicht verschlafen dürfe, so wie es bei künstlicher Intelligenz geschehen sei. „Jetzt ist unsere nächste Chance. Wir investieren enorm viel in die Entwicklung und haben ein weltweit einzigartiges Fundament geschaffen. Jetzt brauchen wir das Commitment, um daraus nachhaltige Wertschöpfung zu schaffen.“


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