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Eigentlichbin ich nur aus Zufall zum Malprojekt für Demenzbetroffene gestoßen, weil ich im Vorübergehen die Ankündigung sah. Ich hatte das nicht wirklich geplant, aber im Nachhinein bin ich sehr froh, dabei gewesen zu sein – sagt Petra F. (Name auf Wunsch von der Redaktion geändert), die vor einigen Wochen vom Angebot des Deutzer Bürgerzentrums erfuhr. Durch einen Demenzfall in der Familie fühlte sich die 61-Jährige angesprochen und besuchte mehrere Treffen der Gruppe. „Das war alles sehr einladend. Es herrschte überhaupt keine Betroffenheitsatmosphäre, im Gegenteil – die Stimmung war leicht und gelöst“, berichtet die ehemalige Verkäuferin, die mehrere Werke zur Gemeinschaftsausstellung beitrug. „Einfach schön“ sei es gewesen, mitzuerleben, wie innerhalb von Stunden aus Ideen Formen entstanden. „Ich habe vor allem viel Freude und Lebenslust gesehen“, sagt F.
Seit April letzten Jahres traf sich in den Räumlichkeiten an der Tempelstraße ein Kernteam von sechs bis acht Personen unter der Anleitung von Künstler und Kunsttherapeut Hasan
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Deveci, um Lebens-Impressionen in Bildnissen auszudrücken. Als Materialien dienten dabei Ölkreide, Buntstifte, Acryl-, Gouache- oder Wasserfarben. Neben Selbstporträts entstanden naturalistische Motive, wie etwa Fragmente von Herbstlandschaften, sowie abstrakte Malereien. Schließlich wurden 16 von rund 40 Werken im Restaurant des Bürgerzentrums ausgestellt. Die Reduzierung soll das Sujet unaufdringlich vorstellen und zudem Variationen ermöglichen, erklärte Einrichtungsleiter Tobias Kempf, der die finanzielle Förderung durch die Bezirksvertretung Innenstadt sowie die Unterstützung des Demenznetz Innenstadt hervorhob. So hatte das Bezirksparlament 3.500 Euro für die Maßnahme zur Verfügung gestellt.
Mitinitiatorin Anne Dellgrün sieht den Mehrwert des Projekts vor allem in den Begegnungen der Menschen. So seien die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter zwischen 50 und 80 Jahren mit großer Begeisterung und Offenheit zu den Treffen gekommen, um mit verschiedensten Techniken zu experimentieren. „Die Diagnose Demenz hat eine solche Schwere, dass es den meisten Menschen den Atem abschnürt. Auch Nichtbetroffene verdrängen die damit einhergehenden Veränderungen oftmals und können sich nicht vorstellen, wie man mit den Leuten umgeht. Es hat sich hier wieder bestätigt, dass die Kunst Brücken baut, unabhängig von individuellen Beeinträchtigungen“, freut sich die Mitarbeiterin des Gebrüder Coblenz Stift e.V. Das größte Anliegen sei es, das Thema Demenz in der Gesellschaftsmitte sichtbarer zu machen. Nach der malerischen Auseinandersetzung mit dem Lebensalltag könnte in einem Folgekurs die Musik den Fokus bilden, so Dellgrün. Eine Fortsetzung des Projekts ist in der Planung. Dafür werden noch Sponsoren gesucht.