´s Dorfblattl Winter 2014

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´s Dorfblattl Haiming

Lebensbilder - Sepp Pfitscher

Ein Schneider mit viel Liebe zur Natur

Der kleine Sepp (vorne Mitte) mit den 3 älteren Geschwistern vor dem Heimathaus, dem „Pfitscherhäusl“.

I

n der Nacht zum 12. März 1934 kam Sepp Pfitscher im Südtiroler Bergdorf Stuls im Passeiertal zur Welt. Stuls war klein genug, um von den großen Unruhen dieser Zeit weitgehend verschont zu bleiben, die Kindheit des Sepp war gut, bescheiden und er litt nie Hunger. Die Kinder spielten im Wald „Fangerlen“ und „Versteckerlen“ und das Rodeln und das Fahren mit selbstgebauten Schiern waren ein Vergnügen. Über den Sommer waren die Buben ab einem Alter von 10 Jahren bei Bauern als Hüaterbuben im Dienst und kamen im Herbst mit einem neuen Paar genagelter Schuhe wieder heim. Weihnachten war etwas Besonderes. Mit den Laternen zogen die Menschen überall von den Bergen in einem stimmungsvollen Bild zur Kirche hinunter. Tage davor freute man sich schon auf die gute Fleischsuppe nach der Mette und getrocknete Feigen und Orangen. Unter dem Christbaum lagen warme Socken. Diese waren wohlverdient, tat Sepp doch bei aller Kälte als Ministrant um 6 Uhr früh Dienst bei den Rorate-Messen. Mit 14 Jahren bekam Sepp einen der heiß begehrten Lehrplätze als Schneider und zwar bei einem italienischen Lehrherrn, der kein Wort Deutsch verstand. Sepp lernte italienisch und schloss die Lehre ab. Seine Meisterstücke als

Nach der Militärzeit im fernen Verona und einer Zeit in Meran lockte Nordtirol mit besserem Verdienst und Weiterbildungsmöglichkeiten. In Schwaz arbeitete Sepp in einer Maßkonfektion erstmals als Gruppenleiter. 1958 kam die Zeit der elastischen Keilhosen, diese waren so gut gespannt, dass man sich kaum bücken konnte. Sepp nähte viele davon und konnte sich ein Zimmer in einem Schwazer Gasthaus mieten. Dort arbeitete Sabine aus dem Zillertal, die beiden wurden ein Paar. Stets um Aufstiegschancen bemüht wechselte Sepp zur Firma Steinbock und dann zur Payr KG in Telfs. Am 15. September 1960 heirateten Sepp und Sabine und genossen ihre erste gemeinsame Wohnung in Pfaffenhofen. Die beiden älteren Kinder Gerhard (1961) und Markus (1964) kamen in dieser Zeit zur Welt. 1963 übersiedelte die Firma Strigl (heute Astri) von Haiming nach Ötztal-Bahnhof. Sepp wurde Betriebsleiter, arbeitete eng mit Alois Strigl zusammen und blieb fast 25 Jahre. Unzählige der legendären „Astri Kneiks“ gingen unter Sepps Aufsicht vom Band.

junger BergsteigerInnen aus Ötztal-Bahnhof. Die jungen Leute lernten mit ihm die Welt der Ötztaler und Pitztaler Gletscher kennen. Mit dabei waren oft auch Hans Bair und Hans Zeni. 1972 wurde das von der Bergwacht Ortstelle Haiming-Silz errichtete Haiminger Gipfelkreuz am Tschirgant von Pfarrer Benedikt Kössler feierlich eingeweiht. Für Sepp Pfitscher ein besonderer Moment, ebenso wie die vielen Wanderungen mit Paul Leitner, um Wegmarkierungen und Hinweisschilder im Haiminger Wandergebiet anzubringen. Diese bieten den Menschen heute noch Orientierung. 1987 absolvierte Sepp die Ausbildung zum Bergwander- und Schneewanderführer. Die letzten fünf Berufsjahre führten Sepp in die Weberei der Lebenshilfe Ötztal-Bahnhof. Diese Zeit sieht er als die schönste seines Berufslebens, weil hier nicht Druck und Stress sondern das Miteinander und die Menschen wichtig waren. Im Jahr 1994 ging er in Pension. Sepp Pfitscher hat sich immer ehrenamtlich für die Gemeinschaft eingesetzt, ob als Bergwächter, als Haiminger Gemeinderat, als Pfarrgemeinderat oder als Pfarrkirchenrat. Heute liefert der Pensionist „Essen auf Rädern“ aus. So

Auch für den erfahrenen Bergsteiger Sepp Pfitscher war der Gipfelsieg am Ortler eine Herausforderung.

wurde Sepp Pfitscher 1989 die Verdienstmedaille des Landes Tirol und 1990 das Verdienstkreuz der Tiroler Bergwacht verliehen. Im September 2010 feierten Sepp und Sabine Pfitscher Goldene Hochzeit. Sepp genießt zufrieden seine Pensionsjahre, geht täglich spazieren, freut sich über seine. Enkelkinder und macht oft einen „Kartner“ nach dem Kirchgang oder daheim. Gerne denkt Sepp an das Bergsteigen zurück, auch an die Herausforderung, als er den Ortler mit seinen 3905 m mehrmals bezwang. Am 12. März 2014 steht ein „anderer Gipfelsieg“ an. Sepp Pfitscher wird 80 Jahre alt. Dazu wünscht er sich noch gute Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit. (Text und 1 Foto: chris; Fotos: privat)

Juliane wurde 1970 als drittes Kind geboren. Die Familie wohnte erst bei Familie Falkner, dann im Astri-Haus in Miete. In der Vorweihnachtszeit 1975 zog man mit Freude in das neu erbaute Haus am Oberrain ein. Auch die 1970 gegründete Bergwacht-Ortsstelle Haiming-Ötztal ist ein „Kind“ des Sepp Pfitscher. Anfangs gab es viele Kletter- und Eiskurse, Schutz und Pflege der Natur waren jedoch immer schon wichtige Bereiche. In dieser Zeit begleitete Sepp viele Touren

Sepp blickt auf ein erfülltes Leben zurück und hofft noch auf gute, gesunde und zufriedene Jahre.

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Chronik

Geselle waren eine Gala-Hauptmannsuniform und ein Talar für den Dekan mit 33 handgenähten Knopflöchern entsprechend den 33 Lebensjahren Jesu.


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