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IM BETT MIT NEMO MIRIHI ISLAND RESORT, MALEDIVEN

IM BETT MIT Nemo

Eine kleine gelbe Blume, ein Malediven-Anemonenfisch, persönlichen Service und viel Swissness: Chefredaktorin Karin Schmidt hat auf Mirihi fast alles vorgefunden – ausser Walhaien.

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Text: Karin Schmidt

Barfüssig und unheimlich lässig lehnt der Pilot an seiner rot-weissen Propellermaschine mit den schweren Kufen. «Warst du schon mal auf Mirihi?», fragt er mich. «Nein, ist mein erstes Mal», entgegne ich. «Es wird dir gefallen», erwidert er breit lächelnd, und kurze Zeit später sind wir schon in der Luft, um mich dahin zu bringen, wo es mir also gefallen soll. Genauer gesagt, auf eine kleine Insel im südlichen AriAtoll. Dort hat sich Amy Stierli, die frühere Chefin und Inhaberin des Reiseveranstalters Manta Reisen, vor einigen Jahren in das winzige Juwel verliebt. Seit 2001 ist die Bündnerin Mitbesitzerin des Resorts und sorgt dafür, dass sich die entspannte Barfussinsel stets auf hohem Standard bewegt. Rund acht Monate im Jahr zieht die leidenschaftliche Taucherin hinter den Kulissen die Fäden. Die halbe Stunde Flugzeit von der Hauptinsel Malé aus vertreibe ich mir damit, aus dem Fenster zu gucken. Dort unten zieht das immer gleiche Farbenspiel vorbei: Blau, Türkis, Beige, Grün – und umgekehrt. Lediglich in der Form unterscheiden sich die rund 1200 Inseln, von denen etwa 200 von Einheimischen bewohnt werden und knapp 120 für den Tourismus geöffnet wurden. Letztere erkennt man gut an ihren Auswüchsen vorne oder hinten, weil die Hotels ihre Unterkünfte oft auf Sandbänken rund um die Inseln bauen. Die Landung ist viel weicher, als ich es in Erinnerung hatte. Und plötzlich stehe ich mit meinem Koffer mitten im Meer auf einer schwankenden Holzinsel. Seehöhe: 0 Meter. Stimmung: glücklich.

EINE KLASSE FÜR SICH

Nach einer kurzen Überfahrt mit dem Boot und einer herzlichen Begrüssung versinke ich in einen der türkisen Sitzsäcke und schlürfe durch einen Trinkhalm den Saft einer grünen Kokosnuss. Die Schuhe sind ausgezogen und die Zehen vergraben im beigen Sand. «Willkommen im Paradies», höre ich Günther Kofler, den Resident Manager des Mirihi Island Resorts sagen. Jetzt bin ich also tatsächlich im Paradies gelandet; und da, so sagt man, kann es einem ja nur gefallen. Überschaubar ist es jedenfalls, dieses Paradies, wobei das Wort bei einer Insel von 350 mal 50 Metern – einer der kleinsten Inseln der Malediven – eine ganz eigene Qualität bekommt. Meiner Wasser-Villa, erhöht auf Stelzen im seichten Wasser, kann man dieses Prädikat jedoch nicht anheften. 53 Quadratmeter direkt über dem Meer – und eine Hintergrundmusik aus einem nie endenden Platschen und Gurgeln. Es zieht mich magisch auf das hölzerne Sonnendeck. Schliesslich habe ich hier nicht nur einen Blick auf den traumhaften türkisfarbenen Ozean, sondern rieche ich ihn auch. Er hypnotisiert meine Sinne. Ein angenehmer Wind streicht sanft über die Haut. Die Kühle erfrischt. Sie weckt den Entdecker. Meine Mission: Koffer auspacken, unzählige Lichtschalter für noch so kleine Lämpchen finden, die Klimaanlage ausschalten und meine Villa erkunden.

LUXUS OHNE CHICHI

2014 wurden die 36 Villen und die 160 Quadratmeter grosse Zwei-Zimmer-Überwasser-Suite der Fünf-Sterne-Anlage grundlegend nach neuesten Öko-Standards renoviert. Sehr beeindruckend sind die mit Holz verkleideten Wände des Wohn- und Schlafbereiches, die sich bis unters Dach der spitz zulaufenden Decke hochziehen. Sie erinnern an ein Dhoni, den traditionellen Bootstyp der Malediven, und vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit. Im Gegensatz dazu ist das (Outdoor-)Bad, das beliebig zur Terrasse geöffnet werden kann, modern in kühlen Grautönen gehalten. WLAN und eine Nespresso-Maschine stehen kostenlos zur Verfügung. Auf einen Fernseher wurde bewusst verzichtet – schliesslich findet das ganz grosse Kino vor der Türe statt. Oberhalb des Kopfendes meines King-Size-Bettes begrüsst mich «Nemo», ein handgemalter Malediven-Anemonenfisch, der auf Dhivehi «Maagandumas» heisst. Die Villen bieten alle denselben Grundriss und dieselbe Einrichtung. Sie unterscheiden sich lediglich in den gemalten Meeresbewohnern eines lokalen Künstlers, die den strohbedeckten Bungalows auch ihre Namen geben.

DER KUNST DES NICHTSTUNS FRÖNEN

Doch es ist vor allem das immerzu wechselnde Türkisblau des Ozeans, das mich in den Bann zieht. Die Stunden, die ich auf der Sonnenliege ruhend auf das Meer hinaus starre, sind erfüllt von Frieden, dem leisen Meeresrauschen und der Einsamkeit. Die pure Wohlfühlatmosphäre. Ab und zu wird das Szenario amüsant unterbrochen von Asiaten in Schwimmwesten und Rettungsringen, die versuchen, beim Schnorcheln den Kopf unter Wasser zu bekommen – Besser als jede Slapstick-Komödie.

SCHUHLOS GLÜCKLICH

Die Insel ruft. Barfuss laufe ich über den Holzsteg, der die Wasservillen verbindet. An Land hinterlasse ich Fussabdrücke im feinen, angenehm kühlen Sand, während ich mir den Weg durch die tropische Vegetation bahne. In der Nähe der Strandvillen halte ich nach einer unscheinbaren gelben Blume Ausschau und finde sie auch prompt: Mirihi, die Namensgeberin der kleinen Insel. Jeweils morgens befreit das freundliche und diskrete Personal die Strandabschnitte von Seegras, säubert die Sandwege von heruntergefallenem Laub und zieht mittels einer Harke perfekte Muster – einem Zen Garten gleich – in den Sand. Ich spaziere einmal um die Insel. Extra langsam. Dabei sind 15 Minuten eigentlich schon reichlich bemessen. Der Korallensand hat eine besonders angenehme Eigenschaft: Er wird nicht heiss wie gewöhnlicher Sand. Im Schlendertempo suche ich nach Muscheln, wiege mich in einer der Hängematten und sitze unter Palmen. Es ist der beste Platz, um kleine Riffhaie, die im seichten Wasser das Jagen lernen, oder den elegant vorbeistelzenden Kranich zu beobachten. Zwischendurch: Abtauchen ins badewannenwarme Meer. Das Ziel meiner Inselwanderung ist die Sunset-Lounge des À-la-carte-Restaurants Muraka. Bestens gelaunt, folge ich bei einem Cocktail der Sonne, wie sie im Meer versinkt und den Himmel dunkelblau färbt.

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TAGESAUFGABE SCHNORCHELN

Etwas später wage ich mich zu einer Schnorcheleinheit ins Wasser. Alleine. Mutig schwimme ich hinaus bis zum Ende des Bootsanlegers, wo eine kleine Traverse zum Hausriff führt, das sich höchstens 30 Meter vor der Insel entfernt befindet. Wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche, die sich wie Klarsichtfolie bis zum Horizont spannt, eröffnet sich ein Paralleluniversum. Schwerelos gleite ich durch eine stille Zeitlupenwelt. Der einzige wahrnehmbare Klang sind meine Atemzüge durch den Plastikschnorchel. Ich schwimme mit Makrelenschwärmen, Clownfischen und neongelb fluoreszierenden Zeitgenossen, deren Namen ich nicht kenne. Einen riesigen Walhai sehe ich nicht, dafür eine Wasserschildkröte und zwei Riffhaie, die zwar beeindruckend, aber ungefährlich sind. Die Strahlen der Sonne bündeln sich unter Wasser. Es wirkt wie eine Art Lichttrichter, der sich in der Tiefe verliert. An der senkrechten Riffkante wird mir mulmig. Es geht steile 15 Meter in die Dunkelheit hinab. Mein Blick hakt sich an der Insel fest. Den goldenen Sand und die Kokospalmen in unmittelbarer Nähe zu wissen, beruhigt mich als ungeübte Schnorchlerin, ehe ich wieder abtauche. Doch Vorsicht muss sein. Denn jeder kleine, von den noch intakten weiss-violett schimmernden Korallenarmen, den man berührt, stirbt ab. Nur zu gerne hätte ich die wogenden, von El Niño und Trottel-Tauchern unbehelligten Riffe der 70er-Jahre gesehen. Davon abgesehen bin ich durchaus nicht unglücklich über den einen oder anderen Luxus, vor allem, wenn er so entspannt ist, wie auf Mirihi. Denn Understatement wird auf Mirihi Island grossgeschrieben. 157 Angestellte verwöhnen maximal 76 Gäste nach dem Motto «as unique as you» – «so einzigartig wie Sie».

AUF WOLKE SIEBEN

Selbstzufrieden begebe ich mich nach dem Schnorchelausflug für zwei Stunden in die Hängematte, wo ich abwechselnd die Schattierungen des Wassers und die Wolkenformationen beobachte. Dann ist erneut abtauchen angesagt. Diesmal in die Entspannungswelten des Duniye Spas am feinen Sandstrand. Eine Aromatherapiemassage steht auf dem Programm. Mit Kokosnussöl. Danach erinnere ich mich an nichts mehr. Ein herzliches »Excuse me, Mrs Schmidt« und der Hinweis, dass meine Behandlung beendet sei, wecken mich auf. Ich fühle mich wie neugeboren.

LOKALKOLORIT SCHNUPPERN

Luxus wird im Mirihi Island Resort nicht nur im materiellen Sinne verstanden. Es sind vor allem die Menschen, die den Unterschied zu den vielen anderen Malediven-Resorts ausmachen: Die Freundlichkeit des Personals wirkt ungekünstelt und ihre teilweise langjährige Anstellung spricht für sich. Pächterin Amy Stierli hütet ihre Schäfchen wie ihren Augapfel und diese sorgen wiederum dafür, dass es den Gästen an nichts fehlt. Denn der persönliche Service, besondere Erlebnisse und unvergessliche Erinnerungen sind auf Mirihi der wahre Luxus. Wie der Besuch auf einer Einheimischen-Insel. Zwar sind die «local islands» und die Resortinseln immer noch streng getrennt, dennoch sind Besuche und seit kurzem sogar Aufenthalte auf ihnen möglich. Unter der Herrschaft von Maumoon Abdul Gayoom, der bis 2008 wie ein Diktator regierte, durften Ausländer die «local islands» nur mit Sondergenehmigung betreten. Er befürchtete, der sanfte, freundliche und disziplinierte Islam der Malediver könne den negativen Einflüssen der Touristen ausgesetzt werden. Auf Fenfushee leben knapp 1000 Menschen auf einer Fläche von 300 mal 900 Metern. Fröhliche Kinder winken aus bunten Häusern. Die Frauen, mit Kopftuch oder in Schleier gehüllt, tauschen auf der Strasse die Neuigkeiten aus der Dorfgemeinde aus und gucken beschämt zu Boden, als ich meine Kamera zücke. Die Kontraste zu Mihiri könnten kaum grösser sein. Zwar haben sich die Insulaner inzwischen an Besucher gewöhnt, doch Schüchternheit dominiert weiterhin ihr Naturell. Viele Männer arbeiten in einem Resort, bauen Dhonis oder sind Fischer. Es gibt eine Handvoll Geschäfte, eine Schule und eine minimalistische Krankenstation. Die einzige Sehenswürdigkeit von Fenfushee ist eine mit wunderschönen Holzschnitzereien verzierte Moschee, die direkt gegenüber des Fussballplatzes liegt und auf rund 800 Jahre geschätzt wird.

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5 Hai-Alarm! Schwarzspitzen-Riffhaie gelten als nicht gefährlich, ausser man treibt sie stark in die Enge. 6 Leuchtende Kinderaugen auf Fenfushee. Beim Besuch einer «local island» erhält man Einblick in das sonst so ferngehaltene Leben der Malediver. 7 Kulinarisches Highlight: Gegrillter maledivischer Lobster. 8 Die Regale der Anba Bar sind gut gefüllt mit verschiedenen Rumsorten, die aus allen Ländern mit Zuckerrohranbau eingefogen werden. 9 Für Romantiker: Auf der Yacht «Mirihi Thari» in den Sonnenuntergang segeln, begleitet von Live-Musik.

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GENUSS PUR

Ausflüge und die Sonne machen hungrig. Bei einem Glas Champagner schwelge ich in den Erlebnissen des Tages. Derweil werden beim Candlelight Dinner im Gourmetrestaurant «Muraka» Giant Lobster Ravioli, gefolgt von Wagyu Beef und kreativen Dessertvariationen serviert. Das Küchenteam unter der Regie von Felix Bamert zaubert mir und den anderen Gästen die Leichtigkeit und die Gelassenheit der Malediven auf die Zunge. Restaurant & Bar Manager Sven Bertling sorgt für die passenden Weine. Bei 1500 Flaschen im Weinkeller hat er reichlich Auswahl. Spätestens beim anschliessenden Rum- und Schokoladentasting wird mir klar: Mirihi ist immer für eine Überraschung gut. Sven präsentiert acht ausgewählte Rumsorten, die jeweils von hausgemachten Pralinen begleitet werden. Mein Favorit: Der A.H. Riise Non Plus Ultra, der mit 900 USD der teuerste Rum ist, der im Mirihi Island Resort angeboten wird. Für Rumliebhaber und alle Gäste, welche die Aromenvielfalt erleben wollen, ist ein Besuch der Anba Bar ein absolutes Muss. Bei rund 130 Rumsorten – die grösste Rumkollektion der Malediven – ist die Auswahl jedoch keine einfache Aufgabe.

AKTIV IN DER NACHT

Die Nächte auf den Malediven haben ihren ganz eigenen Reiz. Beim Nachtschnorcheln mit Philipp und seinem Team von der inseleigenen OceanPro Tauchbasis kann die spektakuläre Unterwasserwelt mit der Taschenlampe erkundet werden. Doch auch der Blick nach oben kann sich lohnen: Bei klarem Himmel wird das Teleskop am Strand aufgebaut.

AUF DER SUCHE

Am nächsten Morgen sitze ich wieder an Bord eines Dhoni. Ziel ist ein Ort in der Nähe mehrerer unbewohnter tropischer Inseln, deren Lage am äussersten Rande des Atolls sie meterhohen Wellen aussetzt. Auch die Boote anderer Resorts suchen die ominöse Stelle auf, weil die Lage am Aussenriff für aussergewöhnlichen Planktonreichtum sorgt – die Lebensgrundlage der bis zu zwölf Meter langen Walhaie. Alle Augen richten sich aufs Wasser. Haben wir Glück oder sind die Riesen schon weitergezogen? Nach ein paar Minuten kommt der Bootsführer: Pech gehabt. Zweiter Versuch an einer anderen Stelle. Mehr als zwei Stunden lang nehmen wir unterschiedliche Fährten auf – ohne Erfolg. «Maybe next time». Die Sundownercruise auf der einzigartigen Jacht «Mirihi Thari» lassen mich schnell die Enttäuschung der Walhai-Suche vergessen. Zu schön sind die Klänge von Musiker Mohamed, zu gut der Champagner und zu kitschig der Sonnenuntergang. Zurück in meiner Wasservilla, setze ich mich an den Rand meiner Terrasse, lasse die Beine baumeln und starre auf das Meer, das leicht beleuchtet unter meinen Füssen glitzert. Ich denke ans Abtauchen. An die unendliche Stille unter Wasser. Doch da taucht ein Riffhai unter mir auf und zeigt seine schwarzbefleckte Rückenflosse. Ich nehme es mal als Fingerzeig des Universums, dass es oberhalb des Meeresspiegels ebenso schön und spektakulär sein kann. Man muss es nur sehen können. www.mirihi.com