Leseprobe Historische Urteilskraft 04

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Titelthema: Die Säule von Cape Cross – Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit Mit Beiträgen von u.a. Daniel Kehlmann, Ellen Ndeshi Namhila, Ruprecht Polenz, Simone Erpel 104 Seiten, 10 € ISBN 9783861022145

Titelthema: documenta. Geschichte / Kunst / Politik Mit Beiträgen von u.a. Lukas Bärfuss, Ágnes Heller, Harald Welzer 112 Seiten, 10 € ISBN 9783861022169

„Ich möchte der Geschichtswissenschaft keineswegs ihre Objektivität absprechen, doch auch sie wird von Menschen geschrieben.“ OLGA GRJASNOWA

Barbara Kirshenblatt-Gimblett über Objekte der Gewalt Natalia Aleksiun, Mary Fulbrook und Philippe Sands über Objekte der Erinnerung

Titelthema: Marx und Wagner. Der Kapitalismus und das deutsche Gefühl Mit Beiträgen von u.a. Julia Franck, Rahel Jaeggi, Harold James, Alexander Kluge 102 Seiten, 10 € ISBN 9783861022190

Bestellbar unter: www.dhm-shop.de und im Buchhandel

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Historische Urteilskraft

Folgende Magazine sind bisher erschienen:

Historische Urteilskraft Magazin des Deutschen Historischen Museums

„Objekte sind mehr als der Fußnotenapparat der historischen Erzählung.“ JENS-CHRISTIAN WAGNER

Dan Diner mit einem Blick auf eine andere, nie eingetretene deutsche Geschichte TITELTHEMA

Reinhard Kleist, Sebastian Lörscher, Ulli Lust, Nicolas Mahler und Sophia Martineck mit autobiografischen Blicken auf die Zeitgeschichte

9 783861 022282

Europa und Deutschland 1939-45. Gewalt im Museum

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Mit Beiträgen von Dan Diner, Julia Franke, Olga Grjasnowa, Herlinde Koelbl und anderen

Titelmotiv: Eine der vier in der Nähe einer Gaskammer heimlich aufgenommenen Fotografien von Alberto Errera, 1944 © Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau



Liebe Leserinnen und Leser, von 1939 bis 1945 besetzte Deutschland fast ganz Europa. Insgesamt waren etwa 230 Millionen Menschen in heute 27 Ländern davon betroffen; die verübte Gewalt und die geschehenen Verbrechen prägen die Gesellschaften dort vielfach bis heute. In der deutschen Bevölkerung hingegen ist das Wissen über die Besatzungsherrschaft gering. Der Deutsche Bundestag hat vor diesem Hintergrund die Errichtung eines neuen Dokumentationszen­ trums zu diesem Thema beschlossen und das Deutsche Historische Museum mit dem Verfassen eines Realisierungsvorschlags beauftragt. Dieses für ganz Europa zentrale Thema wird daher in den kommenden Jahren die Arbeit des Deutschen Historischen Museums prägen. Wir nehmen dies zum Anlass, ihm die vierte Ausgabe unseres Magazins Historische

Dabei unterstützt uns eine private Förderinitiative in vollem Umfang: Dass wir dieses Magazin und die gleichnamige Symposiumsreihe verwirklichen können, verdanken wir dem Engagement von Christiane und Nicolaus Weickart. Das Vertrauen, das sie uns entgegenbringen, und die Freiheit, die uns dies ermöglicht, sind ein besonderes Geschenk. Dem Begriff der Zäsur, der heute plötzlich wieder im Raum steht, geht Dan Diner im zweiten Teil des Heftes nach und nimmt die Kontingenz historischer Einschnitte in den Blick: Was, wenn an den entscheidenden Weggabelungen andere Richtungen eingeschlagen worden wären? In Fortsetzung der Essays von Daniel Kehlmann, Lukas Bärfuss und Julia Franck in den vergangenen Heften beschäftigt diesmal die Schriftstellerin Olga Grjasnowa die Frage, was Literatur und Geschichtsschreibung unterscheidet.

Urteilskraft zu widmen. Im Mittelpunkt der folgenden Beiträge steht für uns als Museum dabei die Frage des Umgangs mit der deutschen Besatzungsherrschaft in Ausstellungen und Sammlungen. Wie lässt sich Gewalt ausstellen? Welche Objekte dokumentieren die Gewaltgeschichte des deutschen Vernichtungskriegs und der nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft? Welche Geschichten erzählen sie, wessen Perspektive blenden sie aus? Diesen und anderen Fragen gehen Autorinnen und Autoren in den Beiträgen unseres Titelthemas „Europa und Deutschland 1939–1945. Gewalt im Museum” nach. Die Geschichte der Gewalt in Europa wird in diesen Tagen fortgesetzt. Nicht nur das 19., sondern auch die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts dienen dabei als Legitimation für die heutige Gewalt. Umso wichtiger erscheint uns unsere Aufgabe, historische Urteilskraft zu stärken.

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Editorial

Editorial Sabine Beneke beantwortet, warum gerade ein übermaltes Gemälde für unsere Sammlung interessant ist, Doris Kachel, was sich in den Tresoren des DDR-Finanzministeriums befand, und Matthias Miller, wozu eine Guidonische Hand diente. Dieter Gosewinkel, Barbara John und ­ Kyung-Ho Cha befragen Staatsbürger­ schaft auf ihre Potenziale und Grenzen, Herlinde Koelbl ahnt, warum es Angela Merkel möglicherweise selbst beim Fototermin mit ihr geholfen hat, Wissenschaftlerin zu sein. Und in unserer Bildstrecke werfen fünf Comics einen individuellen Blick auf die Zeitgeschichte. Ich wünsche Ihnen eine anregende L ­ ektüre,

Ihr Raphael Gross


TITELTHEMA Europa und Deutschland 1939–1945. Gewalt im Museum

Jens-Christian Wagner

10 Gewaltgeschichte ­ausstellen

Inhalt

Barbara Kirshenblatt-Gimblett im Gespräch mit Raphael Utz

16 „Museen sind ebenso sehr Museen des Immateriellen wie des Materiellen“ Fritz Backhaus

23 Objekte der Besatzungsherrschaft sammeln, ­erforschen, ausstellen Mit Beispielen aus den Sammlungen des ­Deutschen Historischen Museums von Sabine Beneke, Martin Borkowski-­Saruhan, ­Hagen ­Fleischer, J­ulia Franke, Lili Reyels, David Schwalbe und Thomas Weißbrich

Raphael Gross

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Editorial

Meike Hopp

4

35 Der deutsche Kulturgut­ raub in den besetzten ­Gebieten

Autorinnen und Autoren Olga Grjasnowa

6

Eine Frage der Gattung

2


Mario Russo

65 Gezeichnete Geschichte(n) Reinhard Kleist, Sebastian Lörscher, Ulli Lust, ­Nicolas Mahler, Sophia Martineck

66

Graphic Novels

Doris Kachel

40 Singuläres aus ­komparativer Perspektive

Herlinde Koelbl fotografiert

80 Angela Merkel

Wolfgang Eichwede

Sabine Beneke über

42 Raub der Kultur

83

Nach dem Straßenkampf

Matthias Miller über

Bianca Gaudenzi

84 Flores Musicae

44 Die „Rückkehr der ­Schönheit“?

Dan Diner

86 Roads not Taken Julia S. Torrie

47 Besatzung oder Urlaub?

Kyung-Ho Cha und Barbara John im Gespräch mit Dieter Gosewinkel

90 „Staatsbürgerschaft ist im ­Grunde die Verheißung von Gleichheit“

Sabina Ferhadbegović

52 Unter den Galgen Natalia Aleksiun im Gespräch mit Mary Fulbrook und Philippe Sands

57 Objekte der Erinnerung 3

96

Jahrestage

98

Impressum und Bildnachweis

Inhalt

76 Gesicherte Werte

Hermann Parzinger


Autorinnen und Autoren

Natalia Aleksiun

Kyung-Ho Cha

ist Harry Rich Professor of Holocaust Studies an der University of Florida-Gainesville, USA.

ist Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der ­Universität Bayreuth.

Hagen Fleischer

Olga Grjasnowa

war Professor für Geschichte an der Nationalen und Kapo­ distrischen Universität Athen.

ist Autorin. Zuletzt erschien der historische Roman Der verlorene Sohn.

Julia Franke

Meike Hopp

ist Sammlungsleiterin Alltags­ kultur am DHM.

ist Juniorprofessorin für Digitale Provenienzforschung an der TU Berlin.

Fritz Backhaus ist Abteilungsdirektor ­Samm­lungen am DHM.

Dan Diner Dan Diner entwickelte die Idee zur Ausstellung „Roads not Taken“ am DHM. Er ist Professor für moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem und steht der Alfred Landecker Foundation vor.

Mary Fulbrook ist Professor of German History am University College London.

Sabine Beneke ist Sammlungsleiterin Kunst am DHM.

Barbara John war 1981–2003 die erste Aus­ länderbeauftragte des Berliner Senats. Seit 2012 ist sie Ombudsfrau für die Opfer und Hinterbliebenen des sogenannten NSU.

Wolfgang Eichwede war Gründungsdirektor der ­Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.

Bianca Gaudenzi arbeitet am Deutschen Historischen Institut in Rom.

Martin Borkowski-Saruhan

Doris Kachel

arbeitet am DHM bei der Stabsstelle „Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa“.

ist Provenienzforscherin im Archiv der Akademie der Künste Berlin.

Sabina Ferhadbegović war Leiterin des DFG-Projekts ­„Tribunale. Kriegsverbrecher­ prozesse im sozialistischen ­Jugoslawien“ an der FriedrichSchiller-Universität Jena.

Dieter Gosewinkel kuratiert am DHM die Ausstellung „Staatsbürgerschaften. Frankreich, Polen, Deutschland seit 1789“.


Herlinde Koelbl

Ulli Lust

Hermann Parzinger

Julia S. Torrie

ist Fotografin. Im April 2022 eröffnet im DHM ihre Ausstellung „­ Angela Merkel Portraits 1991–2021“.

wurde mit ihrem Comic Wie ich versuchte, ein guter Mensch zu sein und der Adaption von Marcel Beyers Flughunde international bekannt.

ist Präsident der Stiftung ­Preußischer Kulturbesitz.

ist Professor of History an der St. Thomas University in Fredericton, Kanada.

Lili Reyels

Nicolas Mahler

ist Chefkuratorin der Dauerausstellung des POLIN-Museums für die Geschichte der polnischen Juden.

zeichnete u. a. Thomas Bernhards Alte Meister und zuletzt Arno Schmidts Schwarze Spiegel. Seine Bücher erscheinen in 12 Ländern.

Raphael Utz leitet am DHM die Stabsstelle „Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa“.

Autorinnen und  Autoren

ist Sammlungsleiterin Finanz- und Wirtschaftsgeschichte am DHM.

Barbara Kirshenblatt-­ Gimblett

Mario Russo ist Depotwart der Sammlung Angewandte Kunst und Graphik am DHM.

Reinhard Kleist

Sophia Martineck

ist Comiczeichner. Sein Buch Der Boxer. Die wahre Geschichte des Herzko Haft wurde in über zehn Sprachen übersetzt.

illustrierte u. a. Little People, Big Dreams: Hannah Arendt und Ewald Fries Die Geschichte der Welt.

Jens-Christian Wagner ist Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-SchillerUniversität Jena.

Philippe Sands ist Professor of the Public Under­ standing of Law und Director of the Centre on International Courts and Tribunals am ­University ­College London.

Sebastian Lörscher

Matthias Miller

ist Zeichner und Autor. Zuletzt erschien seine gezeichnete Reportage Die Schatten der Gesellschaft. Die Obdachlosen von Berlin.

ist Leiter der Bibliothek und Sammlungsleiter Handschriften – Alte und wertvolle Drucke am DHM.

Thomas Weißbrich ist Sammlungsleiter Militaria am DHM.

David Schwalbe ist Volontär am DHM.


8


Titelthema

Europa und Deutschland 1939–1945. Gewalt im Museum Trümmer des zerstörten Warschauer Ghettos, 1947, Fotografie von Walter Studer


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