Historische Urteilskraft Magazin des Deutschen Historischen Museums
TITELTHEMA
Peter C. Caldwell Demokratie als Wette
Die Säule von Cape Cross – Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit
Stefan Moses Deutsche – Porträts der Sechziger Jahre
Mit Beiträgen von Lukas H. Meyer, Ellen Ndeshi Namhila, Sophie Schönberger, Winani Thebele-Kgwatalala und anderen
Daniel Kehlmann Geschichten erzählen, Geschichte erzählen
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Liebe Leserinnen und Leser, das Deutsche Historische Museum will ein Ort zur Stärkung historischer Urteilskraft sein: Wenn wir Ereignisse der Gegenwart im Licht der Vergangenheit reflektieren, vergangenes Geschehen erforschen oder erinnern wollen, ist sie unverzichtbar. Sie setzt voraus, den eigenen Blick kritisch zu hinterfragen, die Begrenzungen des eigenen Sichtfeldes wahrzunehmen und so verschiedene Perspektiven anzuerkennen. Wer in diesem Sinne urteilt, orientiert und positioniert sich in der Welt – und in ihrer Geschichte. Ich freue mich, Ihnen hiermit unser neues Magazin vorzustellen. Es ergänzt und vertieft unsere Ausstellungen: in unserem
diskutieren: Ein beeindruckendes, auch „schönes“ Wappenkreuz, das zugleich Symbol einer illegitimen Herrschaft ist, die bereit war, ihren vermeintlichen Anspruch auch mit Verbrechen und Völkermord zu erkämpfen. Ihr Beispiel zeigt, dass manch drängende Frage nicht durch Provenienzforschung allein geklärt werden kann: Was ist historisch gerecht? Im Juni 2018 haben wir mit namibischen und deutschen Politikerinnen und Historikern, Botschaftern und Juristinnen, Kuratorinnen und Philosophen hierüber gesprochen – und damit ein Format entwickelt, das auf große Resonanz gestoßen ist und bereits von anderen Häusern übernommen wird. Damit haben wir vielleicht als erstes Museum die Frage nach einem umstrittenen Objekt der Sammlung transparent öffentlich zur Diskussion gestellt. Für die Förderung der Veranstaltungsreihe „Historische Urteilskraft“, in deren Rahmen
ersten Heft mit so unterschiedlichen Themen wie den Gemeinsamkeiten von Wahlen und Wetten, über die der Historiker Peter C. Caldwell schreibt, den Zusammenhang von Antisemitismus und Ökonomie, dem der Essayist Gerhard Scheit nachgeht, und den Unterschied von Geschichtsschreibung und Erzählung, auf den der Schriftsteller Daniel Kehlmann hinweist. Mit „Die Säule von Cape Cross. Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit“ greifen wir als Schwerpunkt eines der meistdiskutierten kulturpolitischen Themen unserer Tage auf – an dem im Grunde jedoch vor allem überraschend ist, wie wenig es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland diskutiert wurde. Es war mir daher wichtig, dass wir anlässlich der namibischen Rückgabeforderung öffentlich über dieses koloniale Objekt in unserer Ausstellung
1
Editorial
Editorial dieses offene Forum möglich war und die auch in den kommenden Jahren unsere Titelthemen prägen wird, möchte ich Christiane und Nicolaus Weickart sehr herzlich danken. Dass das Deutsche Historische Museum ein Ort der Stärkung historischer Urteilskraft sein kann, liegt an den Menschen, die täglich daran mitwirken: Dem ganzen Haus – aus dem heraus sich auch unsere Redaktion gebildet hat – gilt daher mein besonderer Dank. Ich wünsche mir, dass Sie als unsere Leserinnen und Leser Interesse an unserem neuen Heft finden.
Prof. Dr. Raphael Gross
TITELTHEMA DIE SÄULE VON CAPE CROSS – KOLONIALE OBJEKTE UND HISTORISCHE GERECHTIGKEIT
Claudia Buchwald
10 Einführung Sabine Witt
11 Chronologie Winani Thebele-Kgwatalala
Inhalt
12 Geteiltes Erbe oder Rückgabe? Vom Umgang mit kolonialen Objekten Francisco Bethencourt
16 Koloniale Objekte – aufgezwungen, angeeignet und ausgestellt Lukas H. Meyer
22 Gerechtigkeit zur rechten Zeit. Philosophische Betrachtungen zur Rückgabe des padrão
Raphael Gross
01
Editorial
04
Autorinnen und Autoren
Sophie Schönberger Daniel Kehlmann
06
28 Die Säule von Cape Cross und das Völkerrecht
Geschichten erzählen, Geschichte erzählen
2
Carola Jüllig zu Stefan Moses
60
Stefan Moses: Deutsche – Porträts der Sechziger Jahre Peter C. Caldwell
70
Demokratie als Wette Martin Steinbrück
Ellen Ndeshi Namhila, Arlette-Louise Ndakoze, Andreas Guibeb, Phanuel Kaapama
73
Sind Wahlen demokratisch?
32 Statements Simone Erpel
34 Von kolonialer Kriegsbeute 78 zum Weltdokumentenerbe: Hendrik Witboois Tagebücher 84
Werben für die Demokratie Ulrich Deppendorf im Gespräch
Daten der Demokratie Gesa Trojan
Hinterm Horizont geht’s weiter. Frauenrechte 1881/1981
Dag Henrichsen
40 Cape Cross? Afrikanische Ortsgeschichte_n
Stephan Ahrens
86
Das Volk lacht auf. Notiz zur DEFA-Komödie
Jeremy Silvester Matthias Miller
43 Museumsobjekte, Erinnerung und Identität in Namibia
91
Julia Voss im Gespräch mit Sebastian Conrad, Lukas H. Meyer, Ruprecht Polenz und Winani Thebele-Kgwatalala
„Man stand vor einem anscheinend nicht zu bändigenden Chaos“. Zur Geschichte der Bibliothek des Zeughauses Gerhard Scheit
97
48 Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit Rainer Lingenthal
Weltmarkt und Weltverschwörung. Fichte, Marx und Sohn-Rethel
102 Jahrestage
55 Out of Africa – and back? Ein Kommentar
104 Impressum und Bildnachweis
3
Inhalt
76
Ellen Ndeshi Namhila
Autorinnen und Autoren
Peter C. Caldwell
Dag Henrichsen
ist Samuel G. McCann Professor für Geschichte an der Rice University und Impulsgeber für das wissenschaftliche Konzept der Ausstellung Weimar: Vom Wesen und Wert der Demokratie.
ist namibischer Historiker und in leitender Position bei den Basler Afrika Bibliographien tätig.
Carola Jüllig Stephan Ahrens kuratierte als Volontär des Deutschen Historischen Museums die Filmreihe DEFA-Komödien: 1970–1990 im Zeughauskino.
Sebastian Conrad ist Professor für Neuere Geschichte am Friedrich-MeineckeInstitut der Freien Universität Berlin.
Daniel Kehlmann
Francisco Bethencourt ist Charles Boxer Professor für Geschichte am King’s College London.
ist Sammlungsleiterin für den Bereich Bild im Deutschen Historischen Museum und Kuratorin der Ausstellung Das exotische Land. Fotoreportagen von Stefan Moses.
Ulrich Deppendorf ist Vorsitzender des Museumsvereins des Deutschen Historischen Museums und war langjähriger Leiter des ARD-Hauptstadtstudios.
ist Schriftsteller. 2005 und 2017 erschienen seine beiden historischen Romane Die Vermessung der Welt und Tyll.
Claudia Buchwald ist Volontärin am Deutschen Historischen Museum und betreute die wissenschaftliche Vorbereitung des Symposiums Die Säule von Cape Cross. Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit.
Rainer Lingenthal Simone Erpel ist freie Historikerin und Kuratorin der Ausstellung Weimar: Vom Wesen und Wert der Demokratie.
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ist Ministerialdirektor a.D. und Rechtsanwalt und war an der Konzeption des Symposiums Die Säule von Cape Cross. Koloniale Objekte und historische Gerechtigkeit beteiligt.
Gerhard Scheit
Winani Thebele-Kgwatalala
ist Professor für Philosophie und Leiter des Arbeitsbereichs Praktische Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz.
ist freier Autor und Essayist und Mitherausgeber der Zeitschrift sans phrase.
ist Chefkuratorin und Leiterin der Abteilung für Ethnologie des Botswana National Museum.
Sophie Schönberger
Gesa Trojan
ist Professorin für Öffentliches Recht an der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf.
ist Referentin im Fachbereich Bildung und Vermittlung am Deutschen Historischen Museum und promoviert am Fachbereich Historische Urbanistik der TU Berlin.
Matthias Miller ist Sammlungsleiter für den Bereich Handschriften / Alte und wertvolle Drucke und Leiter der Bibliothek des Deutschen Historischen Museums.
Jeremy Silvester
Ellen Ndeshi Namhila ist Pro Vice Chancellor der University of Namibia und stellte das Nominierungsdossier für die Hendrik Witbooi Papers zusammen, die heute zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehören.
ist Direktor der Museums Association of Namibia und Leiter des Netzwerkes Africa Accessioned, das namibische Sammlungen in ausländischen Museen kartiert.
Julia Voss ist Kunstkritikerin, Honorarprofessorin an der Leuphana Universität Lüneburg und Kolumnistin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Martin Steinbrück
Ruprecht Polenz
ist Projektleiter des DemokratieLabors und Referent im Fachbereich Bildung und Vermittlung am Deutschen Historischen Museum.
ist Sondergesandter für die deutsch-namibische Vergangenheitsbewältigung.
5
Sabine Witt ist Sammlungsleiterin für den Bereich Alltagskultur im Deutschen Historischen Museum.
Autorinnen und Autoren
Lukas H. Meyer
Impressum
Bildnachweis
HISTORISCHE URTEILSKRAFT
Alle Abbildungen: © DHM, außer:
Magazin des
U1, 8, 27: © DHM/Thomas Bruns
Deutschen Historischen
4, 5: Ahrens, Buchwald, Caldwell, Lingenthal, Meyer,
Museums
Scheit, Silvester, Thebele-Kgwatalala, Trojan, Voss © privat; Bethencourt © King’s College / Greg Funnell;
1. Jahrgang
Conrad, Deppendorf, Polenz © DHM / Wolfgang Siesing; Erpel © Nicole Doge; Henrichsen © Basler Afrika Biblio-
Herausgeber
graphien; Kehlmann © Heji Shin; Jüllig, Miller, Steinbrück,
Stiftung
Witt © DHM / Thomas Bruns; Namhila © University of
Deutsches Historisches Museum
Namibia; Schönberger © Heinrich-Heine-Universität /
Unter den Linden 2
Jochen Müller
10117 Berlin
13: © bpk / The Trustees of the British Museum 14: © Denver Museum of Nature and Science
Gesamtleitung
19: © Alfredo D’Amato / Panos Pictures
Prof. Dr. Raphael Gross
30: © UNESCO 32, 33, 49–54: © DHM / Wolfgang Siesing
Redaktion
39: © Bildarchiv des Übersee-Museums Bremen
Dr. Nike Thurn (Leitung), Ilka Linz,
41, 42: © Basler Afrika Bibliographien
Nicola Schnell, Dr. Arnulf Scriba,
Fotoarchiv Anneliese und Ernst Rudolf Scherz
Gesa Trojan, Dr. Thomas Weißbrich,
44: © FELM’s collection
Dr. Sabine Witt
National Museum of Finland 45: FELM’s collection, Finnland
Redaktionelle Mitarbeit
46: © Jeremy Silvester
Dr. Claudia Buchwald, Daniela Lange,
62–69: © DHM / Else Bechteler-Moses
Oliver Schweinoch
71: © bpk/Kunstbibliothek, SMB Photothek Willy Römer 79: © DER SPIEGEL 51 (1970)
Lektorat
80: © DHM / Thomas Pflaum
Lektorat plus / Dorit Aurich
81: © DHM / Barbara Klemm 87, 88: © DEFA-Stiftung, Wolfgang Ebert
Übersetzungen
89: © DEFA-Stiftung, Herbert Kroiss
Lingua Franca / Franca Fritz und
103 (Oktober): © Stiftung Historische Wertpapiere
Heinrich Koop
Martius am Deutschen Historischen Museum
Gestaltung
Wir bedanken uns bei allen Institutionen und Personen
Stan Hema
für die Abdruckerlaubnis. Wir haben uns bemüht, alle Copyright-Inhaber*innen ausfindig zu machen und um
Herstellung
Abdruckgenehmigung zu bitten. Sollten wir eine
Ilka Linz
Quelle nicht oder nicht vollständig angegeben haben, so bitten wir um Hinweise an die Stiftung Deutsches
Druck und Bindung
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sowie die Autorinnen und Autoren
wurde, wurden die Originalvorlagen ohne sprachliche Veränderungen wiedergegeben.
ISBN 978-3-86102-214-5 ISSN 2626-8094
Das Interview führten Daniela Lange und Nike Thurn. Die Kalendertexte verfassten Oliver Schweinoch, Gesa Trojan und Sabine Witt.