Mehrere Arten von horizontalen Streifen prägen eine Wand aus Stampflehm. Einerseits sind es die Spuren der handwerklichen Fertigung, die sich in einzelnen Schichten von rund 10 cm Stärke äußern. Diese Zeichnung ist sehr subtil: Das lockere Material wird in die Schalung gefüllt und mit Druckluftstampfern, Rüttelplatten oder Walzen aus dem Tiefbau auf etwa die Hälfte der ursprünglichen Höhe verdichtet. Dabei wird der obere Teil der Schicht stärker komprimiert als der untere, was dazu führt, dass die Schichten am unteren Ende der Lage poröser erscheinen, oben jedoch der kompaktere Lehm eine homogene und geschlossene Oberfläche aufweist. Dies ist der Grundrhythmus einer Stampflehmwand, in dem sich die unterschiedlich dichten Lagen abwechseln. Es sind Struktur – und gleichzeitig Ornament –, die aus der Arbeit entstehen und den ursprünglichsten Ausdruck einer Lehmwand darstellen. Die sinnliche Erscheinung des Stampflehms hängt stark mit diesem Effekt zusammen.
Einen anderen Takt weisen die Erosionsbremsen auf, die den Fluss des
Wassers entlang der Mauer verlangsamen. Sie sind in der Höhe gestaffelt alle 40 bis 60 cm angeordnet. Wenn sie aus Ziegelleisten mit gebrannten Steinen bestehen, ragen diese aus der Ebene heraus und der Schatten verstärkt ihre Präsenz. Entsprechend prägen sie die Erscheinung der Wand und gliedern sie in einzelne horizontale Streifen. Bei den eingelegten Erosionsbremsen sind die Gestaltungsmöglichkeiten vielfältig: Sie können aus Steinen bestehen, aus präzise geformten Ziegeln oder aus gespaltenem Material. Um eine bewegte Oberfläche für die Unterkante der Ziegel zu erhalten, können Backsteine in Längsrichtung geschnitten und gebrochen werden. Alternativ lassen sich die Ziegel komplett von Hand formen wie beim Wohnhaus Rauch in Schlins (siehe Fotografien vorherige Seite). Dadurch entsteht eine weiche Linie, die sich mit der bewegten Oberfläche der Wand verbindet. Weit diskreter treten Erosionsbremsen aus Trasskalkmörtel in Erscheinung, die bündig in die Wand eingearbeitet sind. Dabei wird alle vier bis sechs Lagen eine keilförmige Leiste an der Außenseite mit eingestampft. Der Trasskalk ist zumeist grauer als der Lehm und ist als feine Linie sichtbar, die nach Erosionsbremse aus vorstehender Keramikleiste. Eine Einlage kompensiert den Überstand.Schnitt durch die Schalung im Maßstab 1:10
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