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Senioren

Bergwald ist Schutzwald

von Roland Schörry

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Dass der Bergwald die Menschen vor Naturgefahren schützt, weiß man schon sehr lange. Aus diesem Grund hat die Gemeinde Andermatt in der Schweiz bereits vor 700 Jahren ihren Wald zu Bannwald erklärt. Worin bestehen eigentlich die Schutzwirkungen des Bergwaldes?

Durch sein Wasserrückhaltevermögen trägt der Wald zum Hochwasserschutz bei. Regentropfen bleiben in den Baumkronen hängen und verdunsten dort. Was nach unten fällt, wird von den Schichten des Waldes, Zweigen, Zwergsträuchern und Moosen aufgefangen oder wenigstens gebremst, ehe es vom Humus und dem Porenvolumen des Waldbodens aufgenommen wird. Solange das Ökosystem Wald noch nicht gesättigt ist, ießt nur ein geringer Teil des Niederschlags ober ächig ab. So wirkt der Wald als Pu er, der das Anschwellen der Wildbäche verzögert und Hochwasserspitzen glättet. Auch für den Schutz des Trinkwassers ist der Wald von Bedeutung, weil dort in der Regel auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet wird.

Wald schützt vor Stein- Geigelstein. Foto: Chiemsee Tourismus e.V. schlag und Bodenerosion. Das Wurzelge echt der Waldbäume hält den Erdboden fest. Waldböden haben ein großes Porenvolumen und können daher Wasser gut aufnehmen. Das verringert den ober ächigen Ab uss von Niederschlagswasser, welcher in Steillagen erhebliche Erosionen verursachen kann. Der Wald verhindert, dass Bodenbestandteile vom Wind verweht werden. Der Wald schützt auch den Humus der Waldböden vor allzu rascher Umsetzung und erhält damit die Bodenfruchtbarkeit.

Der geschlossene Bergmischwald verhindert Lawinenanrisse. Die Baumkronen sorgen dafür, dass sich der Schnee unregelmäßig absetzt. Daher sind im Wald Schneedecken inhomogen und deshalb stabil. Wo der Wald unterbrochen oder aufgelichtet ist, verliert er seine Schutzfunktion. Am besten schützen immergrüne Nadelbäume. Aus lichten Lärchenwäldern und Laubwäldern können dagegen besonders im Frühjahr Lawinen abgehen. Hat sich eine Lawine erst einmal in Bewegung gesetzt hat, hält der Wald sie nicht mehr auf.

Das Waldsterben beherrschte vor mehr als vierzig Jahren erstmals die Schlagzeilen. Vor allem im Bergwald el auf, dass nicht nur Bäume abstarben und die Baumkronen durchsichtiger wurden. Es fehlte ganz o ensichtlich an der natürlichen Verjüngung. Darunter versteht man den Aufwuchs des Jungwaldes aus den Samen der Altbäume. Man sprach von der Vergreisung des Bergwaldes. Das Absterben der Bäume war durch Luftschadsto e verursacht. Da konnte der Einbau von Filtern und Katalysatoren Abhilfe scha en. Die mangelnde Verjüngung des Waldes war auf zu starken Verbiss durch Rotwild, Rehwild und Gamswild zurückzuführen.

Es musste gegengesteuert werden. Daher rang sich der Bayerische Landtag im Jahr 1984 zum sogenannten „Bergwaldbeschluss“ durch. Die Schutzfunktion des Bergwaldes sollte Vorrang vor allen anderen Nutzungsansprüchen haben. Seither gibt es in Bayern ein Schutzwaldsanierungsprogramm. Mit großem Aufwand werden Bäume dort gep anzt, wo sich der Schutzwald nicht von selbst regeneriert. Seit 1986 untersucht die staatliche Forstverwaltung alle drei Jahre landesweit, inwieweit die Waldverjüngung durch Wildverbiss beeinträchtigt wird. Die Abschusspläne für Rot-, Reh- und Gamswild orientieren sich nun an den Ergebnissen dieser Inventuren. Mit dem Klimawandel gibt es heute eine Herausforderung für den Wald, die wir vor zwanzig Jahren noch nicht auf dem Schirm hatten. Wo der Bergwald vor allem aus Buchen, Weißtannen und teils aus Fichten bestehen müsste, dominiert heute vielerorts immer noch die Fichte, trotz der Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte Mischbaumarten anzureichern. Die Klimaerwärmung stärkt die Borkenkäfer und setzt die Fichten unter Druck. Weil eine Waldgeneration mehr als 100 Jahre braucht, kann die Geschwindigkeit des Klimawandels die Anpassungsfähigkeit der Wälder überfordern. Es besteht die Gefahr, dass durch Borkenkäfer, aber auch durch Stürme oder Nassschnee Wälder so stark geschädigt werden, dass sie ihre schützenden Eigenschaften verlieren.

Was ist zu tun? Weniger Kohlendioxid und andere Treibhausgase auszustoßen, ist sicher die wichtigste Maßnahme. Für Waldbesitzende und Förster*innen gilt: Bestehende Schutzwälder möglichst lange erhalten und junge Wälder neu begründen. So forderte es schon 1984 der Bergwaldbeschluss. Das bedeutet konkret: Borkenkäfer eindämmen, um Waldverluste möglichst zu vermeiden. Im Jungwald Weißtannen und standortheimische Laubbäumen so gut es geht fördern und vor zu starkem Wildverbiss bewahren. Nur Mischwälder, die im Wesentlichen aus Baumarten bestehen, die dem Klimawandel gewachsen sind, werden eine Chance haben.

Wer in den Bergwäldern um den Gardasee herumwandert, sieht dort schöne, artenreiche Mischwälder. Es gibt dort wie bei uns auch Buchen und Weißtannen, sogar ein paar Fichten. Das macht ein wenig Ho nung, dass sich die heimischen Bergwälder doch an den Klimawandel anpassen lassen.

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