das magazin für die donauländer
connects danube

WIR SIND BUNT
Warum wir eine starke Zivilgesellschaft brauchen


Liebe Leserinnen und Leser,
Wir alle sind Zivilgesellschaft, und sie ist bunt. Warum widmen wir ihr eine ganze Ausgabe? Weil es wichtig ist, die Bedeutung einer aktiven Zivilgesellschaft zu zeigen. Viele Menschen in unserem Land engagieren sich ehrenamtlich in Sportvereinen, bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Naturschutz, bei der Tafel oder einfach in der Nachbarschaftshilfe. Das ist wichtig, denn dadurch wird die Gesellschaft gestärkt. Der Staat kann nicht alles leisten!

Wir haben mit der Baden-Württemberg-Stiftung gesprochen, die uns erklärt hat, warum sie zivilgesellschaftliche Projekte im Donauraum unterstützt. Außerdem sprachen wir mit dem Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg, um zu erfahren, warum ihnen die Stärkung der Zivilgesellschaft wichtig ist.
In freiheitlich-demokratischen Staaten ist sie ein wichtiger Baustein. Wir haben nicht nur eine Stimme bei Wahlen, sondern können auch selbst Teil einer engagierten Zivilgesellschaft sein.
„Freiheit und Verantwortung gehören zusammen!ˮ Diese klugen Worte stammen von unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Er sprach sie anlässlich der Verleihung des Verdienstordens an Carmen Stadelhofer, die Gründerin der danube networkers. Recht hat er!
Wir müssen Verantwortung für unsere Umwelt und Gesellschaft übernehmen! Da eine Zivilgesellschaft in unseren Breitengraden in der Geschichte verwurzelt ist, tauchen wir in die vergangene Welt der Donauzivilisation ein und versuchen, die Spuren zu entschlüsseln, die die Menschen entlang der Donau vor Jahrtausenden hinterlassen haben. Eine spannende Geschichte, die hoffentlich auch in Zukunft mit einem Happy End erzählt werden kann!
Sabine Geller, Chefredaktion und Initiatorin, danube connects
danube connects gibt's auch auf Facebook Twitter & Instagram
Wir bieten täglich mehrsprachige aktuelle Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Tourismus aus den Donauländern. Zudem informieren wir über Projekte der EU-Donauraumstrategie und geben Hinweise auf Veranstaltungen entlang der Donau. Am besten, Sie schauen gleich mal vorbei!



Sie haben interessante Infos über den Donauraum?
Schicken Sie den Link einfach an info@danube-connects.eu.

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Tel. +49 (0)731 153 75 05
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DANUBE CONFLUENCE –WO EIN FLUSS JUGENDLICHE
MITEINANDER VERBINDET
Jugendcamps in der Natur.....................5
PERSPEKTIVE DONAU
Engagement für den Donauraum..........8

EIN MARKTPLATZ DER DONAULÄNDER,
AUF DEM SICH ALLE VERSTEHEN
VIMA – die Online Plattform... 11
EINE ZIVILE STRATEGIE
FÜR DIE EU-MAKROREGIONEN
Ein Blick auf das Jahr 2024................12

HOCHSAISON
FÜR ZIVILGESELLSCHAFT
Was verstehen wir darunter?...............13
TÜRÖFFNER
AUF DEM WEG IN DIE EU Wie Baden-Württemberg die Zivilgesellschaft im Donauraum stärkt.........14
DONAUZIVILISATIONWAS IST DAS?
Eine Hochkultur im alten Europa.......16
VON DER VERFOLGUNG ZUR ANERKENNUNG Minderheiten in Rumänien...................20

SPONGECITY - INTERREG PROJEKT
Wenn es Fluten gibt, dann Schwamm drüber.......................21
KONFERENZ AM 08.JULI 2024
ERNEUERBARE ENERGIEN
Die Donauregion in der Zeitenwende...22
DER DONAURAUM
NACH DER EUROPAWAHL 2024: Perspektiven für die Zivilgesellschaft...22
SOLIDARISCHE PARTNER FÜR DEN WIEDERAUFBAU Ulm und Neu-Ulm unterstützen in der Ukraine........................................23
KAMPF GEGEN
BÜROKRATISCHE WINDMÜHLEN Mütter in Ungarn demonstrieren....... 24
LEAP STEP - AUSSTELLUNG Gemeinsam gegen Energiearmut in Europa ..25
Danube Confluence
- wo ein Fluss Jugendliche miteinander verbindet
Wie bringt man jungen Menschen die Schönheit der Donau näher?
Das wichtige Flagship-Projekt der EU Donauraumstrategie Danube Youth Network hat die perfekte Antwort. Das Netzwerk verschiedener Organisationen aus den Donauländern, die zusammenarbeiten und den Jugendaustausch fördern, haben Danube Confluence ins Leben gerufen!

ieses Projekt organisiert vier coole Camps in vier verschiedenen Ländern, wo Jugendliche miteinander den zweitlängsten Fluss Europas auf kreative Weise erleben und kennen lernen können! Den Anfang machte Friends of the Danube in der serbischen Stadt Belgrad mit einem informativen und musikalischen Festival. Wir waren dabei!

DANUBE DAY + MUSIC FESTIVAL BELGRADE


Srdjan Stankovic, der Chef persönlich, sitzt auf einer Lichtung neben einem großen Kessel über einer Feuerstelle und rührt geduldig in der serbischen Bohnensuppe. Er hat sie auch gekocht. „Das selbstgebackene Brot ist ein Geschenk. Probiere es! Es schmeckt fantastisch!” Ich sage nicht nein und tunke ein Stück in das heiß blubbernde Nationalgericht des Balkans. Wir warten auf die Schulkinder, die in den nahe gelegenen Wäldern der Stadt Pancevo mit Biologen die regionale Flora und Fauna der Donau und ihrer Nebenflüsse erforschen. Dieses Bildungscamp ist ein absolutes Highlight für die Kinder. Einheimische Wildtiere wie eine Schildkröte oder eine frisch gefangene Wasserschlange dürfen aus näch-

ster Nähe betrachtet werden. Natürlich werden alle Tiere nach genauer Beobachtung wieder freigelassen. Die Kinder sind aufgeregt, neugierig und mit Feuereifer bei der Sache. Und hungrig nach getaner Arbeit.


Danube Confluence 2023 - 2024: Treffender kann man ein europäisches Projekt nicht benennen.

ie Donau ist der zweitlängste Fluss Europas und durchfließt auf einer Länge von 2.857 Kilometern zehn europäische Staaten.
Bereits die beiden Quellflüsse Brigach und Breg, die im Schwarzwald entspringen, bilden den Anfang dieses fließenden Gewässers, das durch Zuflüsse wie die Save, die bei Belgrad in die Donau mündet, bis zu seiner Mündung in das Naturwunder Donaudelta immer größer wird. Als einer der ältesten Handelswege verbindet die Donau wie kein anderer Fluss verschiedene Kulturen, die ineinander fließen.

Danube Confluence setzt nun diese jahrtausendealte Verflechtung fort. Ziel ist es, den Reichtum des Donauraums und seiner Menschen durch die Interaktion in verschiedenen Projektaktivitäten zu erleben, zu erfassen und medial zu verwerten. Dazu wurde eine Reihe von Bildungscamps entwickelt und mit Kampagnen verknüpft. Die Auftaktveranstaltung fand in der serbischen Hauptstadt Belgrad während eines Öko- und Kulturfestivals am Internationalen Tag der Donau am 29. Juni 2023 statt. Das Projekt, gefördert von der Baden-Württemberg Stiftung wurde in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern gestartet:
n Agapedia ist eine Kinderhilfsorganisation von Jürgen Klinsmann und führt als operative Stiftung seit 1995 Projekte in Baden-Württemberg, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und Georgien durch.
n Das Danube Youth Network, gegründet von Agapedia, der Stiftung Liebenau und dem zivilgesellschaftlichen Netzwerk EUSDR, ist ein Netzwerk verschiedener Organisationen aus den Donauländern, die zusammenarbeiten und den Jugendaustausch fördern. n Supernatural ist eine serbische NGO für Umweltschutz mit Schwerpunkt Donau.
n danube connects, mit Sitz in Ulm, ist ein zweisprachiges Magazin für den Donauraum, das mit seinen Geschichten und Artikeln über die Grenzen hinweg verbindet.
n Das Europa Zentrum Baden-Württemberg ist ein Förderverein mit Sitz in Stuttgart, dessen Ziel die Förderung der europäischen Einigung ist.
Aber wie kann man Bildungscamps mit Impact Events und Influencern verbinden? Kann eine Auftaktveranstaltung informativ, lehrreich und trotzdem cool sein? Unsere Tage in Belgrad beweisen es! Srdjan Stankovic, Gründer der serbischen NGO Supernatural, hat es mit seinem Team vorgemacht! Der Sportler und Betriebswirt organisierte das Festival zum ersten Mal am 22. April 2007. An diesem Tag, an dem Mutter Erde gefeiert wird, sollte eine unterhaltsame Atmosphäre für junge Menschen geschaffen werden, in der sie auf unvergessliche Weise viel über die Umwelt lernen können. „Dieses "Edutainment" genannte Konzept erwies sich als sehr erfolgreich, denn die Jugendlichen waren begeistert und das Festival hatte eine große Medienreichweite”, erzählt Srdjan, der lange als Event- und Produktmanager für große internationale Marken gearbeitet hat. Dieses Wissen und wichtige Erfahrungen bringt er nun in seine NGO ein. Und das mit
großem Erfolg. Srdjan ist ein Visionär. Im Jahr 2011 verwandelte er die Halbinsel Ada Huja, nur vier Kilometer vom Belgrader Stadtzentrum entfernt, in einen Supernatural Park. Seit 1960 wurde das Gebiet als Mülldeponie genutzt. Heute ist es eine Grünanlage, die als grünes Klassenzimmer genutzt wird. Dafür hagelte es internationale Preisezu Recht: Srdjan weiß, wie man ein so wertvolles Projekt richtig vermarktet.
Seine Kontakte nutzt er auch für informative und vor allem interessante Podiumsdiskussionen. Hier bringt er Politik und Wirtschaft zusammen. „Wir müssen Hand in Hand gehen, sonst kommen wir als NGO alleine nicht weiter”,

CAMP 2
Donauquelle Baden-Württemberg
Danube Youth Network (DYN) trifft Danube Youth Council (DYC)! An der Donauquelle im Schwarzwald BadenWürttemberg findet ein intensiver Austausch zwischen den Danube Youth Networkern und den jugendlichen Vertretern des Danube Youth Council der EUSDR statt. Unterschiedliche Organisationen aus verschiedenen Donauländern können so ihre Interessen über die offiziellen Jugendvertreter in die Politik einbringen.
erklärt mir Srdjan. Das Get Together findet mitten in der Natur statt. Sowohl die Podiumsteilnehmer als auch die Gäste sitzen auf einfachen Stühlen. Umgeben von Vogelgezwitscher und Bienensummen machen die Gespräche mit Managern und Botschaftern mehr Sinn.
Die geplante Kajakfahrt zur Säuberung der Donau findet nicht statt – das Wetter macht einen Strich durch die Rechnung. Pünktlich zum legendären Open-AirKonzert scheint aber wieder die Sonne. 2023 findet das mittlerweile renommierte Musikfestival in den zu Kunsthallen umgebauten Silos am Donauufer statt. Bands und DJs heizen schon jetzt ein. Darunter auch die bekannte kroatische Sängerin Ida Prester. Ein „kleinesˮ Dorf aus Tipis ist aufgebaut, in dem verschiedene NGOs über ihre Projekte berichten. Alles hat mit Wasser zu tun. Nicht nur mit dem der Donau. Und auch hier gibt es serbische Bohnensuppe. Für wenig Geld bekommt man eine große Portion. An einem Stand werden coole T-Shirts und Taschen verkauft - das neue Modelabel „Friends of the Danubeˮ, gegründet natürlich von Srdjan. Die Gäste machen es sich bereits in den Liegestühlen an der Donau bequem. An der aufgebauten Bar herrscht Hochbetrieb. Jeder will noch rechtzeitig etwas bekommen, um den Sonnenuntergang bei einem Drink genießen zu können.
CAMP 3
Tutrakan, Bulgarien
Tutrakan ist ein Fischerdorf im Nordosten Bulgariens. Es wurde von den Römern gegründet und liegt am rechten Ufer der Donau direkt an der Grenze zu Rumänien. Bei diesem Jugendprojekt dreht sich alles um die Fischerei. Die Teilnehmer lernen den Alltag der Fischer, ihre Traditionen und die Natur entlang der Donau kennen. Ihre Aufgabe: Fotografieren und Filmen für eine digitale Ausstellung und Interviews mit den Fischern.

Große und kleine Gäste tanzten bis spät in die Nacht.
Belgrad hat den Anfang gemacht. Und 2024 geht es mit drei weiteren Jugendund Bildungscamps weiter. From Black (Schwarzwald) to Black (Schwarzes Meer) – das Projekt umfasst insgesamt fünf Länder entlang der Donau und konzentriert sich auf den zweitlängsten Fluss Europas und seine Umgebung. Die Erfahrungen und Ergebnisse aller Camps werden beim Jahresforum 2024 in Wien und in Auszügen beim Internationalen Donaufest 2024 in Ulm präsentiert.
Mirella Sidro, Sarajevo
CAMP 4
Donaudelta, Rumänien
Das Donaudelta in Rumänien ist die perfekte Kulisse für gelebte Vielfalt in Flora und Fauna! Hier stehen die Natur und das Kennenlernen der Fischertradition im Mittelpunkt. Jugendliche aus Rumänien, der Ukraine und anderen Donauländern können hier die Lebendigkeit des Flusses, seiner Vogelwelt und seiner Umgebung erleben und ihre Eindrücke in Filmen und Fotos für eine digitale Ausstellung festhalten.


PERSPEKTIVE DONAU
Engagement für den Donauraum
Baden-Württemberg pflegte schon immer vielfältige Beziehungen in den Donauraum. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Baden-Württemberg Stiftung. Mit ihrem Programm Perspektive Donau unterstützt sie vor allem die Stärkung der Zivilgesellschaft, fördert unter anderem in Bildungs-, Kultur- und Jugendprojekten. Dr. Andreas Weber, seit 2012 verantwortlich für die Perspektive Donau, zieht im Gespräch mit danube connects-Herausgeberin Sabine Geller Bilanz.
Wie entstand das Programm Perspektive Donau und auf welche Ziele ist es ausgerichtet?
Die Perspektive Donau geht auf eine Tradition der Baden-Württemberg Stiftung zurück, die von Beginn an Projekte im Donauraum umgesetzt hat. In den ersten Jahren waren es im wesentlichen Hilfstransporte. Im Jahr 2012 habe ich das Programm übernommen, es wurde in die Abteilung Bildung eingegliedert und es wurden wie bei allen anderen Programmen Ausschreibungen gemacht. Der Schwerpunkt der Perspektive Donau liegt auf Kultur und Zivilgesellschaft sowie Bildung.
Hat die EU-Donauraumstrategie Sie darin bestärkt, dieses Programm fortzuführen?
Die Donauraumstrategie kam 2011 parallel dazu und es hieß immer, dass eine makroregionale Strategie entsteht, aber ohne zusätzliches Geld. Die Projekte, die wir davor unterstützt hatten, bildeten eine gute Grundlage, um dieses Programm weiter zu entwickeln. Es wurde bewusst der Begriff „Perspektive“eingeführt, um den Blick auch weit in die Zukunft zu richten. Mit einem Kreis von Gutachter:innen
konnte auch wettbewerblicher entschieden werden, welche Projekte dazu passen.
Wenn man sich das heute nach über zehn Jahren anschaut, können wir mit Fug und Recht sagen: „Ja, das ist uns gelungen ein starkes und tragfähiges Netzwerk aufzubauen.“
Welche Netzwerke sind aus ihren Programmen entstanden?
Das Netzwerk besteht aus vielen kleinen Netzwerken, zum Beispiel das Danube Youth Network mit Stefan Barth (Agapedia). Andere sind im Jugendkunstbereich aktiv oder auch intergenerationell wie das Netzwerk, das Carmen Stadelhofer (ILEU) vorangebracht hat. Unser Bestreben war auch die Organisation von Veranstaltungen wie beim Donaufest Ulm/Neu-Ulm, um die Akteure im Netzwerk zu verbinden. Dies ist uns deshalb sehr gut gelungen, weil wir in einer guten Partnerschaft mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg gearbeitet haben.
Diese Netzwerke haben uns sehr geholfen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Gut funktionierende Strukturen und Kontakte konnten vom
Land Baden-Württemberg und von Staatssekretär Florian Hassler als Vertreter des Landes bei der EU genutzt werden bei den Überlegungen, wo und wie wir in der Ukraine unterstützen können.
„Ohne das Programm Perspektive Donau wäre die Entwicklung des Danube Youth Network nicht möglich gewesen.“
Stefan Barth, Agapedia

Wo liegen die Schwerpunkte für die Zukunft oder was wünschen sie sich noch?
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass sich die Netzwerke weiterentwickeln, und dass sich der positive Impuls, der beim zivilgesellschafltichen Treffen im Staatsministerium im Januar 2024 spürbar war, durchsetzt gegen den etwas bedrückenden Zeitgeist.
Die Baden-Württemberg Stiftung wird weiter mithelfen mit regionalen Schwerpunkten, auch in den Ländern, die noch nicht EU-Mitglieder sind, aber der Donauraumstrategie angehören. Dort etwas zu bewegen, das fände ich gut.
Während der Pandemie hat sich die Perspektive Donau bewährt, weil wir
dank guter, auch technischer Strukturen und dem gemeinsamen Willen sehr viele Programme und Projekte während des Lockdowns online weitergeführt haben.
Beispielhaft ist das Netzwerk von Carmen Stadelhofer, die mit Beginn des Lockdowns die Initiative (DANECT) begonnen hat, die heute noch Generationen aus den Donauanrainerstaaten regelmäßig zusammenbringt, was vorbildlich ist.
Wir haben viele Jugend- oder Naturschutzprojekte aber auch Projekte bei den Mütterzentren. Diese Spannbreite macht aus meiner Sicht auch unsere Stärke aus.
Die Lage der Zivilgesellschaft ist in manchen Ländern sehr schwierig geworden, gerade wenn man sich Serbien und Ungarn anschaut. Auch die Meinungsfreiheit gerät unter Druck. Wie kann man die Zivilgesellschaft dort stärken?
Wir müssen an der Stärkung der Zivilgesellschaft auf jeden Fall dranbleiben, weil es ein langer Weg ist, eine Zivilgesellschaft aufzubauen und traditionell das Gefälle zwischen West und Ost immer noch vorhanden ist. Je weiter im Westen in Europa, desto stärker ist die Zivilgesellschaft organisiert. Und je weiter man nach Osten geht, umso schwächer ist sie ausgeprägt.
Deshalb sind die Jugendprojekte natürlich sehr wichtig oder auch die Studienmöglichkeiten an der Andrássy Universität, die junge Menschen prägt.
Sind Jugendarbeit, Klimawandel und Umwelt wichtige Themen für Sie im Programm Perspektive Donau? Gab es dazu herausragende Projekte? Es bietet sich an, die Donau als Thema aufzugreifen, als verbindende Lebensader, die für viele emotional wichtig ist. Wasser ist ein wichtiges Element, das letztlich die Menschen im Donauraum ernährt und früher als Transportweg wichtig war.
Die Aktion von Prof. Andreas Fath,
der die Donau durchschwommen hat, ist natürlich ein Highlight. Wir hatten auch die Danube Nature Guides und verschiedene andere Projekte, die die Umwelt entlang der Donau im Blick haben, Jugendbegegnungen mit konkreten inhaltlichen Projekten zur Natur. Diese Projekte tragen dazu bei, dass junge Menschen nicht abwandern und sich stattdessen um ihren eigenen Lebensraum kümmern.
Das Thema Umweltschutz bildet tatsächlich einen Schwerpunkt. Wir haben viele Kultur- und Kunstprojekte oder z.B. Roma-Projekte und das schon über zehn Jahre lang.
Diese Zahl der Naturschutzprojekte ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das ist nur positiv zu bewerten.
Wie wichtig ist der BW-Stiftung die Verbesserung der Lebensumstände von Minderheiten wie z.B. den Sinti und Roma?
Das ist ein Thema für Europa insgesamt und wir erleben da relativ schnell dann auch wieder das Anwachsen von ja letztlich rassistischen Reflexen.
Das Bildungsniveau ist einfach sehr niedrig und es ist für mich nicht eine Frage der Integration einer Bevölkerungsgruppe, sondern von sozialer Ungleichheit, die schon bei der Ernährung beginnt. Da ist das Engagement von Herrn Zell mit dem BuKi-Haus beispielhaft zu nennen. Trotz zahlreicher Frustrationen setzt er sich weiterhin dafür ein, dass Kinder zunächst einmal etwas zu essen bekommen, um überhaupt lernen und lesen zu können. Mit solchen Projekten können wir an verschiedenen Stellen Akzente setzen und damit auch Veränderungen bewirken – sei es auf kleinerer oder manchmal auch auf größerer Ebene.
„Hilfe zur Selbsthilfe, das konnten wir in kleinen Vereinen für Roma-Frauen bewirken.“
Monika Heitmann, Stiftung Liebenau
Sie haben im September 2023 die große Medaille der Andrássy Universität in Budapest erhalten. Dazu herzlichen Glückwunsch. Weshalb ist diese Zusammenarbeit mit der Andrássy-Universität wichtig für BadenWürttemberg?
Die Baden-Württemberg Stiftung hat schon im Jahr 2002 zur Gründung der Universität beigetragen. BadenWürttemberg, Bayern, Österreich und Ungarn vereinbarten, die traditionelle Verbindung im Donauraum als Südschiene in Deutschland zu stärken, wissenschaftlich zu begleiten und die Tradition einer deutschsprachigen Universität in Budapest aufzunehmen.


Das haben wir lange Jahre finanziell begleitet, Austausch von Studierenden unterstützt und Stipendien finanziert. Wir haben Konferenzen veranstaltet und den Austausch am Leben gehalten, sodass eine lebendige Beziehung entstanden ist. Europäische Themen, Forschung über den Donauraum und die Rolle der Zivilgesellschaft stehen dort im Zentrum der Ausbildung.
Die Ukrainehilfe wurde seit Beginn des Angriffskriegs ebenfalls in Ihr Programm aufgenommen. Gibt es genügend Anträge in diesem Bereich oder könnte man das Land mit sinnvollen Projekten langfristig noch besser unterstützen?
Also wir haben aktuell über 20 Projekte und es kommen laufend weitere dazu. Die Ukraine war ja mit vier Regionen schon immer in der Donauraumstrategie vertreten. Wir haben jetzt bei der Ukraine-Nothilfe beschlossen, dass es egal ist, wo wir unterstützen – ob in der Ukraine oder auch hier vor Ort. Wenn es darum geht, die Kriegsfolgen zumindest für Kinder und Frauen zu mildern, dann wollen wir das tun.
Weil wir vor Ort durch unsere Netzwerke bereits vertreten waren, konnten wir zum Beispiel Amica in Mariopol unterstützen. Diese Organisation hilft von Gewalt betroffenen und traumatisierten Frauen. Mit dem, was wir machen können bin ich sehr zufrieden, und ich hoffe, dass wir mit Unterstützung vom Aufsichtsrat weiter an diesen wichtigen Projekten dranbleiben können.
erfolgreiche Arbeit zurückblicken und mit der Struktur, die wir aufgebaut haben, zufrieden sein.
Sie sorgen ja mit Ihrem Magazin kommunikativ dafür, dass diese Gedanken weitergetragen werden. Sie haben daher auch eine wichtige Funktion, nämlich dass die Beteiligten sich bewusst sind, dass sie hier gemeinsam etwas bewegen, auch wenn die Themen unterschiedlich sind. Die Verbundenheit der Donauländer ist wichtig.
Sie werden in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Verraten Sie uns noch etwas Persönliches oder Ihre Zukunftspläne? Haben Sie auch weiterhin z.B. Reisen in die Donauregion geplant?
Ich bin ja ein Kind des Rhein-NeckarRaums. Wie die Donau für andere eine emotionale Bindung ist, so ist das für mich der Rhein. Flüsse sind Bezugspunkte, ein Ort der immer da war und zu dem man hingegangen ist.
Das erste was ich im März machen werde ist zum Skifahren ins Engadin gehen. Dort entspringt mit dem Inn

Welche Bilanz ziehen Sie aus der jahrelangen Arbeit und wie wichtig ist es das Programm fortzuführen?
Das muss fortgesetzt werden und ist wichtig. Wir können auf zehn Jahre
ein wichtiger Fluss, der die Donau mit Wasser versorgt.
Ich war recht häufig in Budapest, und 2019 in Bosien-Herzegowina. Dort konnte ich Vieles, was ich nur theore

Delegationsreise nach Bosnien
tisch kannte, tatsächlich erleben. Einerseits die gesellschaftliche Zerrissenheit erfahren, andererseits aber auch die sehr starke historische Kultur kennenlernen. Die spürt man in Sarajevo. Dort erfährt man aus Erzählungen, dass die Leute eigentlich mit verschiedenen Religionen immer gut zusammengelebt haben. Heutzutage ist es traurig, dass die Schüler:innen nach ethnischen Gruppen getrennt werden, was dort relativ strikt gepflegt wird. Ich hoffe, dass dies irgendwann überwunden sein wird. Es gilt doch: Wir sind alle Menschen und als solche sollten wir uns begegnen.
Interview
Sabine Geller, Ulm
PERSPEKTIVE DONAU
Zahlen, Daten, Fakten
Seit 2012 wurden über 150 Projekte im Donauraum gefördert und von den Projektpartnern umgesetzt. Außerdem wurden viele Projekte mit NothilfeCharakter/Ukraine-Bezug gefördert. Das Gesamtfördervolumen beläuft sich auf insgesamt ca. 6 Millionen Euro. Das verfügbare Budget beträgt 300.000-400.000 Euro pro Jahr.


Ein Marktplatz der Donauländer, auf dem sich alle verstehen





„In einigen Ländern Osteuropas ist Europa am Entschwinden“, sagt Carmen Stadelhofer, die verschiedene europäische Projekte von Ulm aus koordiniert. Sie denkt an die Europapolitik, etwa Bulgariens oder Serbiens.
„Unser Ziel: Europa von unten. Europa fühlbar machen, Menschen zusammenbringen.“ Wobei sie ergänzt, manche Menschen in diesen Ländern hätten gar nicht so ein richtiges Gefühl für Europa. Bisher.
Stadelhofer meint zu wissen, warum: „Weil sie die Erfahrung der EU nicht haben. Auch nicht die Erfahrung, in Europa zu reisen. Manche waren vielleicht mal in der Nähe im Urlaub, etwa in Griechenland. Weiter im Westen nicht.“ Doch diese unterschiedlichen Menschen können interessant füreinander sein. Was unterscheidet ihr Leben, ihre Kultur voneinander? Haben sie am Ende sogar einiges gemeinsam?
Virtuell.Mitmachen.Aktiv
Das können sie ganz einfach herausfinden: auf dem virtuellen Marktplatz https://vima-danube.eu. Die Abkürzung steht für „Virtuell.Mitmachen.Aktiv!“. Dort tauschen sich Menschen der Donauländer aus. Carmen Stadelhofer: „Eine ungeheure Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen, mit denen man sonst nicht in Kontakt käme.“
Auch wenn man nicht dieselbe Sprache spricht? Klar, kein Problem. Konkret sieht das so aus: Es gibt auf der Internetseite von VIMA danube verschiedene Bereiche. Zum Beispiel „Suche/Biete“.
Stadelhofer erklärt: „Da kann es sein, dass ich nach Klausenburg/ClujNapoca in Rumänien reise und jemanden suche, der mit mir durch die Stadt geht, sodass ich einen individuellen Eindruck bekomme.“ Jemand anders sucht unter der Rubrik wiederum Leute, die ihm Tricks beim Aufziehen von Avocados verraten. Wieder jemand anders sucht Gleichgesinnte, die zum Münchner Opern Festival mitwollen.
Es gibt auch eine Gruppe von Märchenfans. Angelouise fragt auf Serbokroatisch in die Runde, wie andere „Hänsel und Gretel“ als Kinder erlebt haben. Was hielten sie davon? Angst oder die große Moral? Kein Problem, wenn man kein Serbo-Kroatisch kann. Ein Click auf das Weltkugel-Symbol und schwups, der Text ist in die eigene Sprache übersetzt. In einer anderen Gruppe sammelt jemand schnelle Rezepte. Eingetroffen sind schon Zitronenreis und Zitronenspaghetti. Aber auch „Seelenwärmer Soljanka“ - eine Suppe mit geräucherten Würstchen oder „Schwäbischer Riebel/ Stopfer“ mit Apfelmus.Interessant ist auch die Rubrik „Neuigkeiten“.
Dort erfährt man, wie die Journalistin und Deutschlehrerin Karina Beigelzimer, die in der ukrainischen Hafenstadt Odessa lebt, den Krieg erlebt.
Es wird auch auf den „Danubius Young Scientist Award“ hingewiesen oder auf den Fotowettbewerb „Spuren von Europa in meiner Stadt“.
Eine Hoffnung der Macher der Seite VIMA danube um Carmen Stadelhofer: Dass die Leute, die im Sommer zum Ulmer Donaufest kommen, sich mit Menschen treffen, die sie auf der Plattform kennen gelernt haben. Ja vielleicht sogar ein Sofa zum Schlafen finden.
Die große Schwester von VIMA danube heißt „danect“ - was für „connecting danube neighbours by culture“ steht. Alle zwei Wochen gibt es am Sonntagabend ein Treffen, zu dem sich Menschen aus allen Donauländern per Video zuschalten, und zwar um vorgetragene Gedichte oder Lieder zu hören. Oder Tipps für Städtereisen zu bekommen. Auf www. danect.eu haben Menschen der Donauländer bereits etliche ihrer Kulturschätze vorgestellt. Carmen Stadelhofer erzählt: „Da haben wir festgestellt, dass es doch in vielen Ländern Menschen gibt, die sich für Karneval interessieren, für Brotbacken, für Kochrezepte oder ganz bestimmte Literatur.“ So kam es schließlich zu eben dieser jüngeren Schwester mit dem Namen VIMA danube. Es geht darum, Netzwerke für bestimmte Themen zu schaffen.
Geflüchtete aus der Ukraine sind wichtige Adressaten für den speziellen Ulmer VIMA-Ableger https://vima-ulm.de. Er will den Ukrainerinnen und Ukrainern das Ankommen und Einleben in Ulm leichter machen. Indem auf einer Seite gebündelt wird, welche Veranstaltungen es in Ulm gibt, über was die Menschen hier diskutieren und eben, was Menschen suchen oder anbieten.
Isabella Hafner, Ulm
Eine zivile Strategie für die EU-Makroregionen
2024 – ein wichtiges Jahr für die Zivilgesellschaft
Die Zivilgesellschaft kann bei der Entwicklung von Makroregionen eine entscheidende Rolle spielen – der Donauraum ist ein perfektes Beispiel dafür. Auf der ersten makroregionalen Bürger-Agora – im Dezember 2023 vom Europäischen Haus in Budapest veranstaltet – wurde ein Vorschlag für eine "makroregionale zivile Strategie der EU" angenommen. Sie vereint Bemühungen zivilgesellschaftliche Organisationen aus allen vier Makroregionen der Europäischen Union.
Wenn wir von EU-Makroregionen sprechen, meinen wir 27 Länder mit mehr als 340 Millionen Menschen! Die Regionen sind mit Herausforderungen konfrontiert, die keine Grenzen kennen, wie Umweltverschmutzung, Klimawandel, Arbeitslosigkeit, mangelnde Konnektivität und mehr. Makroregionale Strategien sollen daher Kooperationspotenziale ermitteln und nach gemeinsamen Antworten suchen.
Vier makroregionale Strategien wurden von der Europäischen Union angenommen:
n die EU-Strategie für den Ostseeraum (2009)
n der Donauraum (EUSDR 2010)
n Adriatischer und Ionischer Raum (2014)
n den Alpenraum (2015)
Die Organisationen der Zivilgesellschaft (CSO) haben bereits bewiesen, dass sie eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der EU-Politik und der Wahrung der europäischen Grundwerte spielen. Eine zivile Strategie stärkt das Gefühl der Eigenverantwortung in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat.
Wie kam es zu diesem Vorschlag für eine zivile Strategie?
Im Jahr 2020 diskutierte das Europäische Haus Budapest zusammen mit anderen CSOs über den 3. Bericht der Europäischen Kommission zur Umsetzung von Makro- und regionalen
Strategien. Das Ergebnis, der "Schattenbericht – Eine alternative positive Stimme", wurde 2022 nach umfassenden Konsultationen veröffentlicht. Es war das erste Mal, dass CSOs aus den vier Makroregionen ihre Anstrengungen bündelten und für ein gemeinsam definiertes Ziel zusammenarbeiteten. Die positive Aufnahme des Schattenberichts wurde im Bericht der Europäischen Kommission über makroregionale Strategien erwähnt; der 4. Durchführungsbericht der Kommission betonte die Notwendigkeit der Einbeziehung lokaler Gemeinschaften und ermutigte das Europahaus Budapest zu einer weiteren Initiative – der Ausarbeitung eines Vorschlags für eine makroregionale Strategie der EU.
Diese zivile Strategie ist ein großartiges Beispiel für den Bottom-up Ansatz. Er zeigt die Vorteile der Beteiligung von BürgerInnen an der Gestaltung europäischer Politik und partizipativer Demokratie. Nach Vorbereitungstreffen in Wien, Rom, Lyon und Stockholm nahm die erste makroregionale Bürgeragora in Budapest den Vorschlag für die Strategie an.
Ein makroregionales ziviles Netzwerk wird ins Leben gerufen
Auf der Agora wurde der Arbeitsplan 2024 verabschiedet. Er sieht die Einrichtung eines makroregionalen zivilen Netzwerks vor. Im Gegensatz zu anderen Netzwerken handelt es sich dabei um eine offene und integrative pro-

europäische Zusammenarbeit, an der CSOs, lokale Gemeinschaften und andere interessierte AkteurInnen beteiligt sind, um die Umsetzung der makroregionalen Idee der EU zu unterstützen. Herausforderungen wie Klimawandel, Energiekrise, digitale Transformation oder sozialer Wandel lassen sich gemeinsam besser bewältigen. Dies kann durch gemeinsame Aktionen, Studienreisen, Seminare, den Austausch von Freiwilligen oder Schulungen geschehen. Ein zusätzlicher Test in der ersten Hälfte des Jahres 2024 ist die Erhöhung der Wahlbeteiligung der BürgerInnen mit besonderem Augenmerk auf die Erstwähler bei den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Die makroregionale Idee hat auch hier eine eindeutig pro-europäische Botschaft. Eine makroregionale zivile Strategie trägt auch dazu bei, eine Brücke zwischen den Organisationen der Zivilgesellschaft und den EU-Institutionen zu schlagen. Es gibt also viele sinnvolle Ziele, auf die wir im Jahr 2024 hinarbeiten können. Denn gemeinsam sind wir: #Stronger.Together.
Kontakt: Miklos Barabas, European House Budapest


Hochsaison für Zivilgesellschaft
Zivilgesellschaft ist heutzutage in aller Munde. Aber verstehen wir alle das Gleiche darunter?
Der Begriff der Zivilgesellschaft befindet sich im steten Wandel. Er ist abhängig von seiner Umgebung, wird vom Gegenüber des Staates unterschiedlich definiert und je nach Bedeutung unterschiedlich ausgelegt. So bezeichnete er im englischen Sprachumfeld schon lange die Organisationen, die privat gegründet und mit Freiwilligentum verbunden waren. Als die Forschung der Universitäten sich des Begriffs annahmen, rückte Zivilgesellschaft als „Dritter Sektor“ auch im restlichen Europa ins Rampenlicht. Dieser „Dritte Sektor“ ist intermediär – zwischenliegend und damit auch abhängig von seiner Wahrnehmung durch Staat und Wirtschaft und autonom – Organisationen der Zivilgeseschaft sind selbstverpflichtet und selbstbestimmt.
Zivilgesellschaft meint grundsätzlich alle Bürger*innen und deren Gruppen, die sich für andere Menschen einsetzen, freiwillig Verantwortung für gesellschaftliche Aufgaben übernehmen, sich für globale Anliegen engagieren oder unentgeltlich öffentliche Interessen verfolgen. Als „organisierte Zivilgesellschaft“ wird der Bereich der privaten, nichtprofitorientierten Organisationen, Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiativen bezeichnet.

Die Wurzeln der Zivilgesellschaft
Die Wurzeln der europäischen Zivilgesellschaft liegen in der Zeit der Aufklärung im 18./19. Jahrhundert. Menschen organisierten sich erstmals in Vereinen, wollten gemeinsam etwas (Gutes) tun oder sich gegen unzumutbare Zustände auflehnen.
Nach den beiden Weltkriegen erfuhr der Bereich große Veränderungen, der Wohlfahrtsstaat mancher Länder schuf eine hohe Abhängigkeit der Vereine vom Staat. Auch der Kalte Krieg, die Vereinten Nationen und das Augenmerk der Universitäten auf den Dritten Sektor trugen zur stetigen Veränderung der Szene bei, es etablierten sich die „großen Drei“: die Vereine der Entwicklungszusammenarbeit, Sozialpolitik und Umwelt.
Und schließlich verhalf die Gründung und stetige Erweiterung der Europäischen Union der Zivilgesellschaft zu steigender Bedeutung und neuen Fördermöglichkeiten der transnationalen Zusammenarbeit.
Bedeutung für die politische Alltagskultur
Heute liegt die Bedeutung der Zivilgesellschaft also nicht nur in der Vereinsarbeit und im ehrenamtlichen Engagement, sondern vor allem in der Beteiligung von Bürger*innen in Entscheidungsprozessen – es geht bei dieser „Partizipation“ (Participare = teilnehmen und teilnehmen lassen) darum, dass Personen oder Gruppen relevante Entscheidungen und Willensbildung seitens des Staates und der Wirtschaft mit beeinflussen können.
Die bewusste Beteiligung von Bürger*innen hat also die Mitwirkung, Mitsprache und Mitbestimmung der interessierten Öffentlichkeit zum Ziel, zur
Belebung der politischen Alltagskultur. Die Möglichkeit zur Mitgestaltungsmöglichkeit zeigt dieses dreistufige Modell:
1. Rein informativ – auf einer Website oder mittels Postaussendung wird die Öffentlichkeit zum Beispiel über ein Vorhaben informiert.
2. Ausgewählt konsultativ – es werden gezielt relevante Organisationen um ihre Meinung angefragt.
3. Real kooperativ – ein Vorhaben wird mit Beteiligung der Zivilgesellschaft gemeinsam geplant, die punktuelle Expertise von Organisationen wird zur Optimierung der Planung und Rückmeldung in der Umsetzung genutzt.
Ziviler Dialog –Zivilgesellschaft im Fokus Aus diesen Bemühungen heraus hat sich der „Zivile Dialog“ entwickelt, der die Kommunikation und Konsultation des Staates und seiner Institutionen mit betroffenen oder interessierten Organisationen der Zivilgesellschaft benennt. Anders als beim „Sozialen Dialog“, der die Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regelt und die Dialogpartner bestimmt, muss der Zivile Dialog auf vielen unterschiedlichen Kanälen stattfinden, um der Vielfalt der Zivilgesellschaft gerecht zu werden: n Konsultation, auf europäischer Ebene mit festgelegten „Mindeststandards“ n Öffentliche Anhörung interessierter Organisationen n Schriftliche Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Themen n Internet-Portale zur Kommunikation mit der interessierten Öffentlichkeit, dem unbegrenzten Personenkreis außerhalb staatlicher Organisationen Fazit: Zivilgesellschaft hat viele Gesichter. Das zeigen die vielen Beispiele, die uns in die Donauländer führen.
Christiana Pordes Weidel, Wien Direktorin The World of NGOs, www.ngo.at

bin erst seit Juli 2023 für den Donauund den Alpenraum zuständig, war aber bis Ende 2014 Leiterin der Stabsstelle der Staatsrätin für Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft. Das war also auch für mich ein schönes Wiedersehen.
Als Staatsministerium wollen wir den persönlichen Austausch bei solchen Veranstaltungen verstetigen. Die Resonanz auf unser Treffen am 24. Januar war durchweg positiv.
Wir in Baden-Württemberg wissen um das großes Privileg und das Wirken einer aktiven Zivilgesellschaft für und im Donauraum.
Türöffner auf dem Weg in die EU
Noch sind Bosnien-Herzegowina, Serbien und Moldau sowie die Ukraine keine Mitglieder der Europäischen Union. Baden-Württemberg versteht sich als Türöffner auf dem Weg dieser Länder in die EU. Unter dem Dach der EU-Donauraumstrategie sollen der Beitritt vorangetrieben und die Zivilgesellschaft gestärkt werden. Darüber sprach danube connects-Herausgeberin Sabine Geller mit Niombo Lomba vom Staatsministerium Baden-Württemberg.
Baden-Württemberg engagiert sich als Mitgliedsland von Beginn an für die Donauraumstrategie. Welche Schwerpunkte wollen Sie in Zukunft setzen?
Der Donauraum ist der Landesregierung ein besonderes Anliegen. Staatssekretär Florian Hassler treibt das Thema als Sonderbeauftragter für den Donauraum weiter voran.
Für die Landesregierung BadenWürttemberg bleibt die Wirtschaft ein Kernbereich in der Umsetzung der Donauraumstrategie. Die CoronaPandemie und der russische Angriffskrieg haben unser Augenmerk zuletzt auf die Resilienz von Wertschöpfungsketten gelegt. Wichtiges Know-How bringen wir zudem bei der Umsetzung des Europäischen Grünen Deals ein. Genau so stark wie für wirtschaftliche Themen engagiert sich das Land seit Beginn an für die Zivilgesellschaft im Donauraum. Der Kapazitätenaufbau für Nichtregierungsorganisationen und
lokale Initiativen ist und bleibt ein Schwerpunkt unseres Engagements. Zudem werden wir die EU-Beitrittskandidaten, die Mitglieder der Strategie sind, auf ihrem Weg in die EU unterstützen. Dieses Engagement soll nun für Bosnien- Herzegowina, Montenegro, die Republik Moldau, die Ukraine und Serbien verstärkt werden. Im Januar fand unter Teilnahme von Europastaatssekretär Florian Hassler im Staatsministerium ein Netzwerktreffen für die baden-württembergische Zivilgesellschaft im Donauraum statt.
Wie bewerten Sie die Vertretung der Zivilgesellschaft in der EUSDR und welche Rolle sollte sie zukünftig spielen?
Wir haben uns sehr über dieses breite Spektrum an zivilgesellschaftlichen Akteuren gefreut. Das reicht von großen Wohlfahrtsträgern bis zu ehrenamtlichen Vereinen, die alle im Donauraum engagiert sind. Ich selbst
Uns wird immer wieder berichtet, dass das Bewusstsein der EUSDR-Akteure für die Bedeutung der Zivilgesellschaft mit den Jahren stetig gestiegen ist. Das ist leider nicht in allen Donau-Ländern selbstverständlich. Im Gegenteil, in einigen Ländern werden unabhängigen NGOs immer größere Steine in den Weg gelegt. Baden-Württemberg wird als positives Beispiel wahrgenommen. Wir wollen zeigen, dass die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft eine Bereicherung ist.
Wir wissen, dass wir weiter am Kapazitätenaufbau für zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke im Donauraum arbeiten müssen. Gerade auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Der hat einmal mehr veranschaulicht, wie viel Kraft in der Zivilgesellschaft steckt. Dabei helfen uns auch der Projektefonds Donauraum des Landes und das Programm „Perspektive Donau“ inklusive der Ukraine Nofallhilfe der BadenWürttemberg Stiftung.
Was leistet die Donauraumstrategie für den Schutz nationaler und kultureller Minderheiten? Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
In erster Linie sensibilisiert die Donauraumstrategie für die Anliegen
nationaler und kultureller Minderheiten. In Baden-Württemberg unterstützen wir Minderheiten wie die Roma ganz konkret etwa durch Projektförderungen durch die BW-Stiftung.
In einigen Ländern werden unabhängigen NGOs immer größere Steine in den Weg gelegt. Baden-Württemberg wird als positives Beispiel für Engagement wahrgenommen.
In den Medien findet die EUSDR kaum ein Echo, auch innerhalb von Deutschland, die Kommunikation findet hauptsächlich innerhalb geschlossener Arbeitsgruppen statt. Wie wollen Sie die Kommunikation verbessern und das Interesse der Bürger an der EUSDR (wieder) wecken?
Die Funktion und den Mehrwert makroregionaler Strategien wie der EUSDR anschaulich zu vermitteln, ist in der Tat oft eine Herausforderung. Im Staatsministerium haben wir uns für das kommende Jahr vorgenommen, die Kommunikation stärker in den Blick zu nehmen und bestehende Kommunikationsmittel zu überarbeiten.
Neben politischer Präsenz unseres Europastaatssekretärs und EUSDRSondergesandten Florian Hassler und der zielgerichteten Kommunikation von Projekterfolgen sind wir als Koordinatorinnen der EUSDR etwa bei Veranstaltungen wie dem Europaaktionstag oder dem Internationalen Donaufest in Ulm präsent.
So auch dieses Jahr. Hierzu arbeiten wir mit Einrichtungen zusammen wie dem Donaubüro Ulm/Neu-Ulm, der BadenWürttemberg Stiftung, dem EuropaZentrum oder den Europe Directs. Meiner Erfahrung nach sprechen wir die breite Bevölkerung auf die EUSDR
übrigens ganz niederschwellig an –zum Beispiel über den Donauradweg oder über persönliche Verbindungen in die Region.
Welche Donauländer haben Sie schon bereist oder in welches Land möchten Sie gerne reisen?

Akteure der engagierten Zivilgesellschaft zu Gast im Staatsministerium BW
Sie sind neben der Donauraumstrategie (EUSDR) auch für die Koordinierung und Steuerung der EU-Strategie für den Alpenraum (EUSALPS) zuständig. Entstehen daraus Synergie-Effekte oder eher ein Konkurrenzdenken?
Dadurch, dass die Donau in BadenWürttemberg wortwörtlich auf den Weg gebracht wird, hat sich der Fokus stärker auf den Donauraum gelegt. Ein Konkurrenzdenken zwischen den Strategien gibt es bei uns dennoch nicht. So sind wir ja gemeinsam mit Bayern, Österreich und Slowenien in beiden Strategien vertreten. Vielmehr sind beide Strategien auf ihre Weise einzigartig. Im Vergleich zur EUSDR wird die EUSALP viel stärker von Regionen getragen und umgesetzt. Auch was die Beteiligung junger Menschen angeht, hat die EUSALP der EUSDR etwas voraus. Denn einen Jugendrat gibt es in der EUSALP bereits seit Juli 2021.
Am besten kenne ich unsere direkten Nachbarn, weil ich in Bayern studiert und gearbeitet habe. Daher freut es mich auch gemeinsam mit den bayerischen Kollegen sowohl im Donau- als auch im Alpenraum zusammenzuarbeiten.
Ich freue mich darauf alle Länder im Donauraum besser kennenzulernen, also auch die in denen ich schon war, wie Österreich, Tschechien, Kroatien, Slowenien und Rumänien. Neugierig bin ich natürlich auf alle, die ich noch nicht kennenlernen durfte, wie die Slowakei, Ungarn, Montenegro, Bulgarien, die Republik Moldau und hoffentlich irgendwann auch die Ukraine.
Besonders freut mich, dass BosnienHerzegowina als zweiter EU-Beitrittskandidat im nächsten Jahr die EUSDR Präsidentschaft von Österreich übernehmen wird. Da schließt sich dann auch eine Lücke.
Das Interview führte Sabine Geller
Donau zivilisation

Die Donauzivilisation: Viele Funde, unklare Interpretation
Gab es entlang der Donau eine Hochkultur, die als die älteste der Menschheitsgeschichte gelten kann? Ja und nein! Darüber sind sich die Wissenschaftler noch nicht einig. Aber eines wissen sie sicher. Es gab eine Zivilisation, die heute als Donauzivilisation bekannt ist, die die Geschichte unserer Region geprägt hat und deren Anfänge um 7000 v. Chr. liegen.
Alteuropa oder Donauzivilisation beschreibt eine historische Epoche des südöstlichen Donauraumes im Übergang zur Bronzezeit. Heute ist dieser geographische Raum durch eine Vielzahl von Sprachen, Kulturen, Religionen und nationalen Identitäten geprägt, die durch die politische Klammer der Europäischen Union zusammengehalten werden. Der heutige geographische Raum umfasst Serbien, Kosovo, Rumänien, Bulgarien, Nordgriechenland, Ungarn und die südwestliche Ukraine.
Die Ergebnisse sind vor allem den Wissenschaftlern Marija Gimbutas (1991) und Harald Haarmann (2021) zu verdanken, die darüber geforscht und geschrieben haben.
Es geht um die Zeit vor der Einwanderung östlicher Steppenvölker, die eine neue Kultur und Sprache nach Europa brachten. Die Lebensweise dieser Menschen ist durch zahlreiche archäologische Funde aus der Zeit von etwa 6000 bis 3000 v. Chr. belegt. Sie erzählen von einem Kulturraum mit vielfältigen Ge-

meinsamkeiten, der als Donauzivilisation ebenso engagiert verteidigt wie angefeindet wird. Warum aber ist diese Kultur so umstritten? Sie könnte Mesopotamien den Rang einer ersten Hochkultur streitig machen und die Geschichte müsste neu geschrieben werden.
Das „Alteuropa“ – Ausbreitung von Fundstätten verschiedener prähistorischen Kulturen und Regionen zwischen dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und den Karpaten.
Vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit
Der Homo sapiens befand sich zu dieser Zeit im Übergang von der Jäger- und Sammlergesellschaft zur agrarischen Sesshaftigkeit. Die archäologischen Funde zeigen, dass der Besitz der Grundbedürfnisse des Wohnens und Lebens gleichmäßig verteilt war. Es gibt keine herrschaftlichen Paläste oder Gräber. Auch aus den Grabbeigaben lässt sich keine Dominanz der Männer ableiten.
In den Tonfiguren, Kult- und Gebrauchsgegenständen wird dem Betrachter eine eindrucksvolle Ästhetik vermittelt, die in ihrer Formgebung, Vielfalt und ornamentalen Gestaltung auch heute noch staunen lässt.
Die Menschen jener Zeit knüpften ein reges Handelsnetz entlang der Donau und ihrer Nebenflüsse bis hin zur Mittelmeerküste. Dieser Handel über die engeren Siedlungsgrenzen hinweg war Garant für ein friedliches Mitund Nebeneinander. Ein wesentliches Merkmal der Donauzivilisation sind gemeinsame interkulturelle und religiöse Vorstellungen. Weibliche Gottheiten dominierten. Dabei geht es weniger um matriarchalische Herrschaft als um die Verherrlichung der Fruchtbarkeit und des Lebens insgesamt.
Die Vinc�a-Zeichen auf den 1961 entdeckten Tontafeln von Ta�rta�ria werden um 5500–5300 vor Chr. datiert. Sie sind ein umstrittenes Zeugnis der Donauschrift.
Donauschrift – ja oder nein?
Die größte Kontroverse wird um die Donauschrift geführt. Würde sie als entwickeltes Schriftsystem anerkannt, wäre Alteuropa die erste Hochkultur der Welt. Die Existenz einer Schrift gilt vielen Historikern als ein wesentliches Merkmal von Hochkulturen und Zivilisationen. Bis heute gibt es keine brauchbaren Übersetzungen von Texten der Donauschrift. Ein Verständnis der Donauschrift ist aber auch deshalb nicht möglich, weil noch kein „Stein von Rosetta“ gefunden wurde, wie es bei der Entzifferung der Hieroglyphen der Fall war. Wahrscheinlich wird es solche Funde auch nie geben, da die Kultur durch die Einwanderung anderer Völker aus dem Osten in zu kurzer Zeit abgelöst wurde. Sprachliche Vergleiche mit späteren Schriftsystemen, wie dem Griechischen, konnten wenig zur Übersetzung beitragen.
Ihre als Schriftelemente gedeuteten Zeichen sind in vielen Siedlungen weit verbreitet und finden sich auf Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Da es sich häufig um profane Gebrauchsgegenstände oder mystisch interpretierte Figuren handelt, ist davon auszugehen, dass die meisten „Alteuropäer“ damit etwas anfangen, sie also „lesen“ konnten. Das Schriftsystem, das von 5200 v. Chr. bis 3200 v. Chr. in Gebrauch war, besteht aus mehr als 700 Zeichen und Symbolen. Letztendlich kommen einige Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Frage, ob es sich um eine Schrift handelt oder nicht, irrelevant ist, da die Existenz des komplexen Zeichensystems entscheidend ist.

Baroness Zsófia Torma (deutsch: Sofie von Torma, 1832 bis 1899) aus Ungarn sammelte als erste Tonobjekte in ihrer Heimat und später auch im weiteren Donauraum. Dies veranlasste sie, von einer bis dahin unbekannten Kultur im Donauraum zu sprechen.

Ausschnitte aus der Sammlung von Zsófia von Torma mit Tonscherben verschiedener Herkunft und ornamentalen Mustern und Zeichen.
Mit Marija Gimbutas nahm die empirische Erforschung und archäologische Sammlung Alteuropas ihren Anfang. Sie war eine Archäologin und Universalgelehrte, die ihr archäologisches Fachwissen mit Kenntnissen der Sprachwissenschaft, Ethnologie und Religionsgeschichte verband. Kurz nach ihrer Promotion in Tübingen wurde Gimbutas 1950 aufgrund ihrer umfassenden Kenntnisse von 13 europäischen Sprachen und ihrer Ausgrabungsexpertise an die Harvard University berufen. Ihre wissenschaftlichen Themen konzentrierten sich auf die neolithischen Kulturen des Balkans vor der radikalen kulturellen Einwanderung aus dem Osten. Sie führte den Begriff Alteuropa ein, der sich in den letzten Jahren als Donauzivilisation verselbständigt hat.

Starke ornamentale Bemalung einer weiblichen Tonfigurine aus der Cucuteni Kultur, Rumänien 4000 v.Chr.
Marija Gimbutas und ihre „einseitig feministisch“ orientierten Thesen Beginnend mit der ersten Hälfte des vierten Jahrtausends v. Chr. seien Gimbutas zufolge die Kurganvölker ins Donaugebiet eingedrungen (sog. Kurganhypothese). Sie beschrieb die Kultur Alteuropas als weitgehend friedlich, egalitär, matrifokal und über mehrere Jahrtausende existierend. Mit dieser These fand sie eine enorme An-
Impressum/imprint
danube connects das magazin für die donauländer/ the magazine for the danube countries Tel. +49 / (0)731 / 153 75 05 Fax +49 / (0)731 / 153 75 06 info@danube-connects.eu
Herausgeber/publisher:
European Journalists Association, Sektion Ulm (section of Ulm)

hängerschaft aus feministischen Welt sichten und eine ebenso entschlossene Ablehnung aus der akademischen Welt der Frühgeschichtler, die bei Gimbutas einen Mangel an kritischer Distanz zu ihren Thesen sahen. Gimbutas zufolge sollen Frauen unter dem Einfluss einer Großen Göttin in sozialen, gesellschaftlichen und religiösen Belangen eine überragende Rolle gespielt haben. Sie selbst nannte ihre wissenschaftliche Methodik eine Archäomythologie, mit der sie die vorherrschenden Interpretationen der Archäologie in Frage stellte.
Die Donauzivilisation als Vorbild für ein friedliches Europa Betrachtet man die Kulturen des Donauraumes in der Zeit von etwa 6000 bis 3500 v. Chr. als einen geopolitischen Großraum, so kann man mit guten Gründen von einer Donauzivilisation sprechen. Die Menschen gewöhnten sich durch Arbeitsteilung an die Vorteile der Sesshaftigkeit mit mehr Freizeit und leiteten eine einzigartige Blütezeit kulturellen, sozialen und künstlerisch-ästhetischen Schaffens ein.
Würde man nach einer historischen Epoche suchen, in der die Menschen in Bezug auf Macht, Besitz und Lebensqualität gleich oder zumindest ähnlich ausgestattet waren und sich nicht gegenseitig ausgebeutet oder getötet haben, wäre Alteuropa oder die Donauzivilisation ein attraktiver Kandidat. Männer und Frauen hatten den gleichen sozialen Status, aber es scheint, dass Frauen eher als Lebensspender angesehen wurden. Letztlich ist Gimbutas Verdrängungshypothese der Donaukulturen durch „aggressive Horden“ aus dem Osten nicht aus der Luft gegriffen, sondern durch ihre Lebenssituation im zeitlichen Umfeld des Zweiten Weltkrieges ideologisch verzerrt. Neuere genetische Untersuchungen weisen auf einen langen Zeitraum von mehr als tausend Jahren hin, in dem es weniger um Verdrängung als um friedvolle Vermischung ging.
Prof. Harald Traue, Ulm
Verlag/publishing house: Neue Süddeutsche Verlagsdruckerei Nicolaus-Otto-Str. 14, 89079 Ulm
Konzept und Gestaltung/ concept and design: Sabine Geller info@danube-connects.eu
Redaktion/editor: Daniel Hirsch, Thomas Zehender
Social Media: Thomas Zehender danube@profitextulm.de
Anzeigenleitung/advertisement: info@danube-connects.eu
Bildnachweis/photo credits: Titelbild/Cover: © Cosmin Gârles , teanu Stefan Barth, Donaubüro Ulm, Elvira Eberhardt, European House Budapest, Ileu, Supernatural, 123rf.com, Donaubüro Ulm/Neu-Ulm
Übersetzung/translation: Meike Westerhaus
Autoren/authors:
Miklos Barabas, Sabine Geller, Isabella Hafner, Daniel Hirsch, Mirella Sidro, Christiana Weidel, Harald Traue, Monica Vlad


AN UNSEREN GRENZEN HABEN WIR ANGST –Emigration aus Ungarn von Zoltán Lesi (Hg)

Der Blick auf das Thema Migration geschieht oft beschränkt auf Zuwanderung, nicht nur in Ungarn. Diese Anthologie befasst sich stattdessen mit der Gegenrichtung, der Emigration und ihrem Einfluss auf die Literatur über einen längeren Zeitraum bis in die Gegenwart. Seit 1849 gab es in der Geschichte Ungarns mehreren Emigrationswellen: zwischen den zwei Weltkriegen, im Jahr 1956 und auch heutzutage; im Jahr 2022 lebten etwa 407.000 Ungarn in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Das Thema ist im deutschsprachigen Raum schon wegen Sándor Márais bekannt, der seine Heimat 1956 verließ und weiterhin auf Ungarisch in San Diego (Kalifornien) schrieb.
An unseren Grenzen haben wir Angst 192 Seiten, gebunden, danube books Verlag ISBN 978-3-946046-38-7, 22,00 EUR (D) | 22,70 EUR (A)

TESLA ODER DIE
VOLLENDUNG DER KREISE von Alida Bremer
Nikola Tesla, Erfinder zwischen Genie und Wahnsinn, mit serbischen Wurzeln im heutigen Kroatien geboren, schillernde Figur im Gesellschaftsleben New Yorks um 1900, war schon zu Lebzeiten legendär. Einer seiner Bewunderer ist der junge Anton aus Zadar, der nach politischen Umtrieben gegen den österreichischen Kaiser von der Schule fliegt und mit zehn Dollar in der Tasche nach Amerika auswandert.
Dort fasst er schnell Fuß, lernt Englisch, arbeitet als Dolmetscher im anatomischen Museum eines deutschen Arztes am Broadway und studiert schließlich Medizin. Er trifft den alten, vereinsamten, wunderlich gewordenen Tesla, sein Idol, und wird ihm in langen Gesprächen über dessen Leben und Gott und die Welt zum Freund. Doch dann erreicht Anton eine Nachricht aus Europa: Er soll zurückkehren, um sich um seine alten Eltern zu kümmern. Also macht er sich wieder auf, mit Frau und Kindern, in die Armut verwahrloster Dörfer im Hinterland Dalmatiens kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Zum Abschied vertraut ihm Tesla die Pläne zu einer »Friedenswaffe« an, und er bittet ihn, nach einem verschollenen Porträt zu suchen, das erst 2006 wieder auftauchen wird.
Tesla oder die Vollendung der Kreise
400 Seiten, gebunden 25,00 EUR (D) I Jung und Jung Verlag I ISBN 978-3990272862
DAS GEWICHT EINES VOGELS
BEIM FLIEGEN von Dana Grigorcea
Voller Hoffnungen und Sehnsüchte reist der junge und aufstrebende Bildhauer Constantin Avis 1926 nach New York. Ein einflussreicher Galerist will ihn unter seine Fittiche nehmen und in dieser Stadt der Träumer und Macher ganz groß herausbringen. Beflügelt von einer aufkeimenden Liebe und der Aussicht auf Erfolg, schwebt er durch dieses neue Leben und droht dabei, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn wie weit kann ihn seine Kunst wirklich tragen? Ein ganzes Jahrhundert später versucht Dora, diese Frage zu beantworten. Im beginnenden Frühling an der ligurischen Küste schreibt sie an einem Roman über Constantin Avis.

224 Seiten, 24 Euro, Penguin Verlag
ZEIT DER ZÄUNE von Katja Riemann
»Zeit der Zäune« erzählt von Orten der Flucht, zu denen Katja Riemann allein und ohne ein Team an ihrer Seite reiste. Wo sind diese Orte und wie leben Menschen im Interim?
Sie geht der Frage nach, ob Menschen in offiziellen Camps, inoffiziellen Dschungeln, im Warten und der Ungewissheit erfinderisch sind und gestaltend. Und begegnete erstaunlichen Personen und Situationen. Sie begleitete vor Ort die Projekte von Filmschaffenden, Theaterleuten, Traumatologinnen, Ärzten, Köchen und vielen anderen und schreibt einfühlsam mit dem Blick für Details über deren Ideen und Herausforderungen.
Die Menschen sind schon immer gewandertund die Ankunft ist wohl das Schwerste.
Zeit der Zäune von Katja Riemann 26 Euro, 448 Seiten, S. Fischer Verlag, ISBN: 978-3-10-397541-3


Von der Verfolgung zur AnerkennungMinderheiten in Rumänien

Wie ist das Verhältnis zwischen der rumänischen Mehrheit und den ethnischen Minderheiten in Rumänien? Einzigartig und vielfältig. Es hat eine eigentümliche Dynamik von Verfolgung über Vernichtung und Zwangsassimilation bis hin zu Anerkennung und politischer Repräsentation durchlaufen. Heute sind die Minderheiten selbstbewusster.
In Rumänien gibt es 18 ethnische Minderheiten. Die größten unter ihnen sind die Ungarn mit sechs Prozent, gefolgt von den Roma mit vier Prozent. Die Banater Schwaben und die Siebenbürger Sachsen sind die beiden größten Gruppen der Rumäniendeutschen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt etwa ein Prozent. Nach den Daten der Volkszählung von 2022 leben etwa 23.000 Deutsche in Rumänien. Die restlichen

15 Gruppen sind Ukrainer, Russen, Juden, Polen, Serben, Kroaten, Slowaken, Albaner, Armenier, Griechen, Türken, Tataren, Tschechen und Italiener. Die rumänische Bevölkerungsmehrheit macht 89 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Die parteiähnlichen Zusammenschlüsse aller Minderheiten haben jeweils einen Vertreter im Parlament, auch wenn ihr Wähleranteil unter 5 Prozent liegt. Diese demokratische Regelung hat sie seit 1990 zu sichtbaren und respektierten Gemeinschaften gemacht.
Mit Medienkanälen zum interkulturellen Dialog Darüber hinaus verfügen die Minderheiten über eigene Medienkanäle, in denen sie ihre Bräuche und Traditionen präsentieren und so den interkulturellen Dialog bereichern. Zum Beispiel die Sendung der deutschen Minderheit „Akzenteˮ, die wöchentlich zwei Stunden in ungarischer Sprache ausgestrahlt wird. Das Interesse? Sehr groß! Um die Minderheitensprachen zu erhalten, unterstützt die rumänische Regierung den Unterricht der jeweiligen Gemeinschaften finanziell. Ihre Anerkennung erfolgte erst nach der Wende 1989, davor wurden sie als „beilebende“ Nationalitäten geduldet. Die kommunistische Diktatur hatte die Fiktion eines ethnisch „rein homo-
genen“ rumänischen Staates aufrechterhalten, in dem nur ethnisch reine Rumänen Rechte genießen durften. Heute ist das anders. Die aktivste Minderheit sind die Ungarn. Ihre Partei, die Demokratische Union der Ungarn, ist seit der Wende Koalitionspartner der rumänischen Regierungen. Es gibt aber auch Autonomieforderungen einiger Ungarn, die in Siebenbürgen leben. Ihre Stimmen sind in den letzten Jahren radikaler geworden, was häufig zu Spannungen mit dem rumänischen Staat führt.
Die Roma sind entweder sehr arm oder sehr reich. Diejenigen, die in sehr armen Verhältnissen leben, geben sich aus Angst vor Diskriminierung oft nicht als Roma zu erkennen. Hier hilft ein Antidiskriminierungsrat in Bukarest, an den sich jeder Bürger wenden kann. Die reichen Roma, die ihre armen Angehörigen verachten und ignorieren, leben meist in Westeuropa und reisen in ihre Heimatdörfer, um die zurückgebliebenen Familien finanziell zu unterstützen.
Die deutschsprachige Bevölkerung Rumäniens hat im Laufe der Zeit viel erlitten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden ab Januar 1945 bis zu 80.000 Rumäniendeutsche in die damalige Sowjetunion deportiert. Nur 45 Prozent überlebten die Jahre der Deportation. Während der kommunistischen Herrschaft und in den Jahren nach der Wende 1989 flohen oder siedelten viele Deutsche in die Bundesrepublik Deutschland über. Einige wurden sogar von der BRD freigekauft. Heute machen die Deutschen in Rumänien zwar nur ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Dennoch ist sie mit ihrem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) im politischen und wirtschaftlichen Leben sehr präsent. Rumänien hat seit Kriegsbeginn rund 83.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Einige haben sich hier niedergelassen, arbeiten und lernen die rumänische Sprache. Für die meisten
bleibt Rumänien ein Übergangsland. Sie streben ein Leben in Westeuropa und/oder eine Rückkehr in die Ukraine nach Kriegsende an.
Den Juden Rumäniens erging es hier nicht besser als anderswo. Sie emigrierten nach dem Zweiten Weltkrieg in großer Zahl nach Israel und in die USA. Die aktuelle Tendenz zur Rückwanderung zeigt jedoch, dass ihr Zugehörigkeitsgefühl zu Rumänien immer vorhanden war. Die Rückkehr in die alte Heimat ist auch eine Folge der Terroranschläge gegen Israel am 7. Oktober.
Frieden versus Konfliktherde Minderheiten sind einerseits ein vielschichtiger Faktor für den Frieden, andererseits bilden sie auch Konfliktherde. Der Staat muss ein dauerhaftes Gleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Minderheiten finden, um den inneren Frieden zu sichern.
Insgesamt kann Rumänien als regionaler Stabilitätspol bezeichnet werden. Das Land hat unter anderem durch die deutsche und die ungarische Minderheit ein europäisches Vorbild geschaffen. Die Ungarn und die Deutschen sind aktive Partner der Regierung und tragen wesentlich zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Gebiete bei, in denen sie leben. Die Minderheiten sind auch Brücken zu den Ländern, in denen sie die Mehrheit bilden.
In dieser komplizierten geopolitischen Lage kann Rumänien zu einem regionalen Friedensfaktor werden. Alles hängt vom Verlauf des Krieges in der Ukraine ab bzw. von der Solidarität der Demokratien im Kampf gegen den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
Dr. Monica Vlad, Sibiu

SPONGECITY –

Wenn es Fluten gibt, dann Schwamm drüber
Durch den Klimawandel drohen auch im Donauraum immer häufiger und immer heftigere Fluten. Im Rahmen einiger Interreg-Programme arbeiten Forscher und Experten an Lösungen für das Management der plötzlich auftretenden großen Wassermengen. Mit „Sponge City“ wurde an der Universität Pécs ein Projekt gestartet, um die Möglichkeit des Speicherns mit Erde zu erforschen. „Sponge City“ hat zum Ziel, Wissenschaftler und Forscher bei der Entwicklung von Lösungen für städtische Probleme zu unterstützen, die den Klimawandel und insbesondere Hochwasser betreffen.
Zum Projektkonsortium gehören 13 Partner aus 12 Ländern mit unterschiedlichen geografischen Merkmalen, die Modelle können sowohl in bevölkerungsreichen wie bevölkerungsarmen Städten als auch in bergigen, hügeligen oder flachen Gebieten getestet werden. In vier Städten werden Regengärten angelegt und ihre Auswirkungen bewertet.
Der Startschuss für das erste solche Projekt fiel Ende Februar im Botanischen Garten der Universität Pécs: auf der 10 x 3 Meter großen Rasen-
fläche wurden fünf Kunststofftanks aufgestellt, mit verschiedenen Erdmischungen gefüllt, eingegraben und mit einheimischen Stauden bepflanzt. Unterirdische Sensoren messen die Bodenfeuchtigkeit, die Wetterstation der Fakultät zeichnet die Daten auf.
„Das Ziel es, sicherzustellen, dass große Regenmengen erfolgreich gespeichert und zur Bewässerung bzw. als Löschwasser verwendet werden können“, sagte Balázs Borkovits, der für SpongeCity verantwortliche Senior Projektmanager von der Universität Pécs. Das Projekt basiere auf den wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Ervin Pirkhoffer und Dr. Szabolcs Czigány, die an der Fakultät für Naturwissenschaften über Hochwasser forschen. Die ersten in Pécs gesammelten Daten und Erfahrungen sollen geteilt und auch in andere Orte einfließen können.


„Die Donauregion in der Zeitenwende“
Konferenz am 08.Juli 2024 beim Donaufest zu „grünem“ Wasserstoff
Aus erneuerbarer Energie erzeugter „grüner“ Wasserstoff soll die Energiewende unterstützen und den CO2-Ausstoß verringern. Wie Deutschland und die Donauländer bei Technologietransfer, Infrastrukturausbau und Forschung gemeinsam vorankommen können, ist Thema einer Konferenz am 8. Juli 2024 in der IHK während des Donaufests Ulm/Neu-Ulm.
Die Konferenz bringt führende Fachleute, Entscheidungsträger und Interessengruppen aus den Donauländern zusammen, um die strategische Bedeutung von „grünem“ Wasserstoff als treibende Kraft für eine nachhaltige Entwicklung zu diskutieren. Für das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und die Industrie- und Handelskammer Ulm ist es bereits die vierte Veranstaltung in der Reihe „Die Donaure-
gion in der Zeitenwende“, bei dem es rund um das Thema Wasserstoff in der Wirtschaft gehen soll. Der Vormittag dient dem Austausch unter den Fachleuten, unter anderem mit Prof. Dr. Markus Hölzle, Universität Ulm und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien in Ulm (ZSW), Vertretern der Politik, Wirtschaft und den Donauländern. Am Nachmittag stehen das Thema 'Herausforde-

rungen und Chancen in der Zusammenarbeit im Donauraum' auf der Tagesordnung,
Am Abend findet ein Empfang in Neu-Ulm im Edwin Scharff Haus statt und bietet noch Gelegenheit zu einem weiteren Austausch.
Programm: https://events.ulm.ihk24.de/danubeconference2024

Der DONAURAUM nach der EUROPAWAHL 2024: Perspektiven für die Zivilgesellschaft Eine Veranstaltung im Rahmen des Internationalen Donaufestes Ulm/Neu-Ulm 2024
Wann? Donnerstag, 11. Juli 2024 9:00 bis 14:30 Uhr Wo? Edwin-Scharff-Haus Neu-Ulm
Die Baden-Württemberg Stiftung lädt gemeinsam mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg, unterstützt von der Europäischen Donau-Akademie und dem ILEU e.V. zur Veranstaltung „Der Donauraum nach der Europawahl 2024: Perspektiven für die Zivilgesellschaft“ ein.
Ausgehend von den Ergebnissen der Europawahl am 9. Juni 2024 steht das zivilgesellschaftliche Engagement in und für den Donauraum im Zentrum der Beiträge und Diskussionen. Die Netzwerkveranstaltung findet im Rahmen des Internationalen Donaufests statt und richtet sich an
Projektträger:innen des Staatsministeriums Baden-Württemberg und der Baden-Württemberg Stiftung (vor allem aus den Programmen Perspektive Donau, Walter-Hallstein-Programm und Europa vor Ort - dein Ort in Europa), zivilgesellschaftliche Netzwerke aus dem Donauraum (wie das Netzwerk Zivilgesellschaft EUSDR, das Danube Youth Network usw.), engagierte Bürger:innen, Teilnehmende des Internationalen Donaufests und weitere Interessierte. Auf Grußworte und Impulsbeiträge von Vertreter:innen der Stadt Ulm und/oder Neu-Ulm, des Staatsministeriums Baden-Württemberg und der Baden-Württemberg Stiftung folgt eine Podiumsdiskussion, die die Bedeutung der Wahlergebnisse für die Zivilgesellschaft und konkrete
Projektarbeit in der Region, Facetten des bürgerschaftlichen Engagements entlang der Donau, Demokratiebildung und unterschiedliche Demokratieverständnisse und die Rolle der EUStrategie für den Donauraum in den Fokus stellt.
Nach der Diskussion wird der Schwerpunkt auf interaktivem Austausch und thematischem Dialog gelegt. Im Rahmen eines Empfangs werden Projektergebnisse und Initiativen aus den Bereichen Umweltschutz und Umweltbildung, Medienfreiheit, Jugendaustausch, Sozialer Zusammenhalt, Ukraine-Nothilfe und die Unterstützung der EU-Beitrittskandidaten präsentiert. Dies bietet eine ideale Gelegenheit, sich mit allen Teilnehmenden zu vernetzen und in den Dialog zu treten.

Ulm/Neu-Ulm und Bilhorod-Dnistrovskyi (Ukraine)


Solidarische Partner für den Wiederaufbau
Die Solidaritätspartnerschaft zwischen den Städten Ulm, Neu-Ulm und Bilhorod-Dnistrovskyi in der Ukraine bedeutet einen Vorgriff auf die Zeit nach dem russischen Angriffskrieg. Für den Wiederaufbau sind bereits erste Hilfslieferungen in der Ukraine eingetroffen. Die Fäden laufen im Donaubüro Ulm/Neu-Ulm zusammen.
Ulm und Neu-Ulm senden seit Kriegsbeginn Zeichen der Solidarität und Unterstützung in Richtung Ukraine. Beispiel sind die wöchentlichen Mahnwachen für die Ukraine seit Februar 2022. Zudem leisten beide Städte viel für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten, Hand in Hand mit zivilgesellschaftlichen Einrichtungen.
Im Frühjahr 2023 begründeten Ulm und Neu-Ulm schließlich eine Solidaritätspartnerschaft mit BilhorodDnistrovskyi. Die Stadt liegt südlich von Odessa am Ufer der Dnjestr-Mündung, 20 Kilometer landeinwärts vom Schwarzen Meer. Sie zählt etwa 50.000 Einwohner, gehörte zur historischen Region Bessarabien und bildet heute das Zentrum eines Verwaltungsbezirks von 16 vereinigten territorialen Gemeinden. Aktuell bietet Bilhorod-Dnistrovskyi mehr als 2.000 ukrainischen Kriegsflüchtlingen eine Zuflucht.
Im Sommer 2023 reiste eine Delegation aus der Ukraine unter der Leitung von Bürgermeister Vitalii Grazhdan nach Ulm und Neu-Ulm. Höhepunkt dieses Besuchs war die Übergabe von drei generalüberholen Gelenkbussen, die von den Stadtwerken Ulm (SWU) gespendet wurden. Das Donaubüro spielte eine maßgebliche Rolle bei der Organisation zusammen mit dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (giz).
Neben den Bussen wurden im Laufe des Jahres zwei weitere Spendentransporte mit Geräten, Maschinen und Fahrzeugen in die Ukraine geschickt. Mitte November bot sich dem Donaubüro Ulm/Neu-Ulm und BilhorodDnistrovskyi die Möglichkeit, sich erneut persönlich zu treffen – und zwar bei der 6. deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz in Leipzig. Die Konferenz bot deutschen und ukrainischen Städten eine Plattform für den Austausch. Sebastian
Rihm und Kathinka Leyhr vom Donaubüro Ulm/Neu-Ulm sprachen persönlich mit ihren ukrainischen Partnern aus Bilhorod-Dnistrovskyi über die bevorstehenden gemeinsamen Projekte (siehe Infokasten).
INFO
SO GEHT ES WEITER
Donaufest: Einladung von BilhorodDnistrovskyi zum 13. Internationalen Donaufest.
Projektpartner: Seit 2024 ist Bilhorod-Dnistrovskyi assoziierter Partner des EU-Projekts 'Active2Public Transport' und vollwertiger Partner des vom Staatsministerium Baden-Württemberg geförderten Projekts Danube Guides Action 2.
Jugendaustausch: Ukrainische Jugendliche werden am Donaujugendcamp 2024 teilnehmen.
Fachkontakte: Die Städte Ulm und Neu-Ulm wollen Fachkontakte für Bilhorod-Dnistrovskyi anbahnen. Bildung, Wirtschaft und Technologie stehen im Mittelpunkt.

spiel ist der Verein „Mikepércser Mütter für die Umwelt“, der seit fast einem Jahr gegen die im benachbarten Debrecen entstehenden Batteriewerke von CATL und Eve Power vorgeht. Vera Csuvarszki, Ilona Oroszné Róka und Éva Kozma erklärten gegenüber 24.hu, dass ihnen immer wieder gesagt wurde, dass an den Dingen nichts mehr geändert werden könne; sie zweifelten aber, ob dies wirklich so sei und gaben nicht auf. Kozma sagte gegenüber dem Portal, dass der Betrieb quasi am Ende
Kampf gegen bürokratische Windmühlen – und Batteriewerke
Die Zivilgesellschaft Ungarns ist seit dem Machtantritt Viktor Orbáns schwach und sieht sich sogar behördlicher Drangsalierung ausgesetzt. Neu ist der gesellschaftliche Widerstand von Anwohnern an mehreren Stellen des Landes, die gegen die relativ nahe zu Wohngebieten geplanten Batteriewerke demonstrieren.
Audi ist bereits in Győr, Mercedes-Benz in Kecskemét, Suzuki in Esztergom, BMW baut derzeit ein Werk in Debrecen. Durch den elektrischen Wandel der Branche benötigen die Automobilhersteller für die in diesen Werken entstehenden elektrifizierten Autos Batterien – also folgen auch immer mehr Werke der Batterieproduktion und -verwertung. Die Regierung von Premier Viktor Orbán behauptet sogar, dass Audi & Co. explizit darum gebeten haben, dass sich die zumeist asiatischen Firmen der Batterieindustrie im Land ansiedeln dürfen – während etwa die DeutschUngarische IHK nichts von einer solchen Bitte weiß.
Im wortwörtlichen Schatten dieser Investitionsentscheidungen regt sich jedoch ziviler Widerstand: Anwohner in den betroffenen Gemeinden verleihen ihrer Ablehnung lauthals Ausdruck und demonstrieren. Da die OrbánRegierung in solchen Fällen gerne die Möglichkeit nutzt, die Investitionen unter staatlichen Schutz zu stellen und den betroffenen Gemeinden sowie Bezirken so jegliches Mitspracherecht zu entziehen, spielten sich bei öffentlichen Anhörungen der Projekte teils drama-
tische Szenen ab: In Debrecen etwa, wo der weltgrößte Batteriehersteller CATL ein Giga-Werk errichten will, riefen im Januar 2023 aufgebrachte Anwohner während der Vorträge der regierungstreuen Stadtführung wütend dazwischen, forderten den Bürgermeister zum Rücktritt auf, eine Frau wurde sogar geschlagen. Ein Jahr später, im Januar 2024 brach der parteilose Bürgermeister von Sóskút, wo eine Batterierecyclinganlage entstehen soll – die ursprünglich in Miskolc geplant war, aber am Widerstand der Anwohner scheiterte –, angesichts der wütenden Menge das Bürgerforum noch vor Beginn ab. Das Stadtoberhaupt wurde ebenso lauthals zum Rücktritt aufgefordert und ließ sich von der Polizei nach Hause eskortieren.
Mütter gegen das Werk am Ende des Gartens
Dass auch friedlicher Widerstand möglich ist, beweisen die aus diesen Protesten entwachsenen Zivilorganisationen, die sich durch rechtliche Beschlüsse und behördliche Genehmigungen arbeiten, um auf dem Rechtsweg zu kämpfen. Prominentestes Bei-
ihres Gartens erbaut werde und es beängstigend sei, dass nach Sonnenuntergang bereits jetzt die Lichter des Werks zu sehen seien – dies sei den Einwohnern im benachbarten Debrecen nicht klar. Und obwohl sie sich für ihre Kinder und deren Zukunft einsetzen, wurde ihnen in der regierungsnahen Presse vorgeworfen, dass sie schlechte Mütter seien, die nur aus Langweile „mal protestieren gehen“. Sie seien hingegen stolz, ihr Anliegen landesweit bekannt gemacht zu haben, und wollen weitermachen.
Mit ihrer Wirtschaftspolitik verfolgt die Orbán-Regierung eine forcierte Ansiedlung von asiatischen Werken der Batterieindustrie. Dabei wird auch mit Deutschland argumentiert: Laut Regierungskommunikation würden selbst die Grünen die Errichtung des CATLWerkes in Thüringen begrüßen. Doch im Gegensatz zu Deutschland sind in Ungarn die Umweltbehörden schwach, und sie achten zudem nur darauf, die von der Regierung bewusst unternehmensfreundlich gestaltete Regulierung einzuhalten. Umso wichtiger ist es, dass die Zivilgesellschaft stark bleibt und möglichst viele Betroffene mit einbezieht, um sich Gehör zu verschaffen.
Daniel Hirsch, Budapest
Gemeinsam gegen Energiearmut in Europa

Vom 8. bis 9. April 2024 drehte sich in Paris alles um das Thema Energie. Hier, im Maison de l'Europe im Herzen der französischen Hauptstadt, fand der Startschuss für das Projekt LEAP-STEP statt. Finanziert von der Europäischen Kommission und geleitet vom Maison de l'Europe Paris und Europe Direct trafen sich alle Partner aus acht EULändern, um sich kennenzulernen und einen Aktionsplan zu entwickeln.
Mit dabei waren:
n Energieagentur der Provinz Avila -ESP n danube connects, Ulm - DEU
n Die Stadtverwaltung von Alytus - LTU
n Das Europahaus in Budapest - HU
n Inov.org. - Associação para a Inovação Organizacional - PRT
n Der Kreisrat von Bacau - RO
n Das Maison de l'Europe in Paris - FRA
n Der Stadtrat von Vincennes - FRA
Ziel des Projekts: Präsentation von Ideen zur Lösung von Energieproblemen, Umsetzung nachhaltiger Kon-
Termine 2024
06. - 09.06. Europawahl
zepte zur Senkung der Energiekosten in Kommunen und Haushalten sowie Aktionen zur Sensibilisierung für Klimafragen.
Bis Mai 2025 werden in den jeweiligen Mitgliedsländern Ausstellungen zu diesem Thema sowie ein Get Together der Partner zum Austausch von Ideen und Konzepten organisiert. Inspirationen konnten bereits in Paris bei der ersten Konferenz mit dem Titel: „Wie bekämpfen die Europäer die Energiearmut” gesammelt werden.
Neben dem Austausch zwischen den Partnern sind auch Treffen mit Menschen aus der Region geplant, die mit dem Thema verbunden sind. Wir hatten das Vergnügen, Charlotte LibertAlbanel, Bürgermeisterin von Vincennes, nach einem Spaziergang durch die Stadt zu treffen. Bei einem Cocktail im Rathaus wurde der gemeinsame europäische Geist durch begeisterte Gespräche noch lebendiger! Gleiches galt für das Treffen mit Nerijus Aleksiejunas, dem Botschafter Litauens in Paris.
19. 06. Participation Day der EU-Donauraumstrategie 2024, Wien
20. - 21.06 13. Jahresforum der EU-Donauraum strategie, Wien
21. - 23.06. Donauinselfest, Wien
5. - 14. 07. 13. Internationales Donaufest Ulm/Neu-Ulm
Nach zwei Tagen ging es zurück in die jeweiligen Heimatländer. Mit einem Lächeln auf den Lippen, denn neue Freundschaften wurden geschlossen und die Begeisterung für die Umsetzung dieses Themas reiste mit.
ERÖFFNUNG DER AUSSTELLUNG
zum Thema Energie sparen am 8. Juli in der IHK Ulm, Olgastraße 95, während des Internationalen Donaufestes

10. - 14.07. EXIT Festival, Novi Sad
3. - 21.07. 30. Eulenspiegel Zeltfestival, Passau
22.07. Stadtfeiertag Schwörmontag, Ulm
7. - 12.08. Sziget Festival, Budapest
24. - 25.08. Stammersdorfer Weintage, Wien
20. - 24.11. Buch Wien, Wien