Dancer's Magazine Annual 2020/21

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dancer’s ’

annual

culture & lifestyle magazine

SPIELZEIT 2020/21

Martin Schläpfer

Der neue Direktor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts FOTO © MICHAEL DANNENMANN, DÜSSELDORF

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die premieren 2020/21 hollands meister/ mahler, live / ein deutsches requiem / promethean fire / a suite of dances / tänze bilder sinfonien

Generalsponsoren der Wiener Staatsoper

wiener-staatsballett.at

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Mit Beginn der Spielzeit 2020/21 wurde für den bisher als private Kulturinitiative geführten Ballettclub eine neue Seite aufgeschlagen: Dr. Bogdan Roščić als Direktor der Wiener Staatsoper und Martin Schläpfer als Direktor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts brachten den Ballettclub mit seinen Projekten und Zielen nunmehr unter das Dach des Wiener Staatsballetts.

Programm bis Jänner 2021 »Hollands Meister«: Besuch einer Endprobe Samstag, 19. September 2020, 11 Uhr Volksoper Wien Künstlergespräch: Martin Schläpfer Samstag, 7. November 2020, 14 Uhr Wiener Staatsoper, Gustav Mahler-Saal »Mahler, live«: Besuch einer Bühnenprobe Donnerstag, 19. November 2020, 11 Uhr Wiener Staatsoper Camerawork: Künstlergespräch mit Balázs Delbó Samstag, 5. Dezember 2020, 18 Uhr Ort wird noch bekanntgegeben Künstlergespräch: Louisa Rachedi Dienstag, 12. Jänner 2021, 19 Uhr Französisches Kulturinstitut Wien, Praterstraße 38, 1020 Wien »Ein Deutsches Requiem«: Besuch der Bühnenprobe mit Werk-Einführung Samstag, 23. Jänner 2021, 9.30 Uhr Volksoper Wien

Kontakt Ballettclub Wiener Staatsballett Ingeborg Tichy-Luger, Botschafterin des Ballettclubs M ballettclub@wiener-staatsballett.at W www.wiener-staatsoper.at/ballettclub

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Stuben am Arlberg

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editorialdancer’sANNUAL

Liebe Leserinnen und Leser! Alles fließt – und unterliegt einem ständigen Wandel. Die Corona-Krise hat uns vor Augen geführt, dass vieles, was wir bisher für selbstverständlich gehalten haben, nicht selbstverständlich ist und uns unsere Verwundbarkeit und Grenzen bewusst gemacht! “Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen. Das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit“, wird John F. Kennedy zitiert. Wie sehr die fragile Tanzsparte diese Chance für Kreativität genutzt hat, bestimmt zu einem großen Teil den Inhalt dieser Ausgabe ebenso, wie Gespräche über Ballettdirektorenwechsel, die nun unter diesen extremen und herausfordernden Bedingungen zum Saisonbeginn stattgefunden haben. Auch die Kommunikation hat sich verändert und boomt seit dem Lockdown in digitalen Kanälen. Diese Tatsache hat mich dazu bewogen, den anlässlich des 20 JahrJubiläums des Magazins geplanten Relaunch zu einem Jahrbuch nunmehr als dancer’s ANNUAL 2020/21 ePaper zu publizieren. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihre

FOTO © GÜNTHER RINGELHANN

Ingeborg Tichy-Luger

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contentsdancer’sANNUAL

05 Editorial 07 Contents / Imprint wiener staatsballett

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“Von der Theorie zur Realität” Interview mit Martin Schläpfer Martin Schläpfer “Mein Tanz, mein Leben” Eine Leseerfahrung von Ingeborg Tichy-Luger “Tanz in all seiner Vielfalt” Die Premieren des Wiener Staatsballetts 2020/21 Review – Premiere “Hollands Meister” Review – Wiederaufnahme “Jewels” Ballettclub Wiener Staatsballett ballet

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Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg “A First Date” – Erste Begegnungen mit Demis Volpi Das Hamburg Ballett in Corona-Zeiten Bayerisches Staatsballett “Paradigma” – neuer Triple Bill im November Ballett der Oper Graz “Märchenhaftes in neuem Kleid” modern&contemporary

48 Festspielhaus St. Pölten “Tanzen? Aber sicher!” 50 Choreographia[Inter]Austriaca lifestyle

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Hotel “The Harmonie Vienna” “Einfach, sicher und bequem” education

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Erfolgsstory des Europaballetts St. Pölten Urban Artists Jahresprogramm 2021 ballroom

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“Endlich wieder tanzen!”

Imprint: Cover: Martin Schläpfer © Foto Michael Dannenmann, Düsseldorf – Verlegerin und Herausgeberin / Chefredakteurin / Grafisches Konzept © Ingeborg Tichy-Luger, Rockhgasse 4, A-1010 Wien – Layout © Josef Holzer, Print Alliance HAV Produktions GmbH, A-2540 Bad Vöslau ANNUAL 2020/21

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Von der Theorie zur Realität Ingeborg Tichy-Luger im Gespräch mit Martin Schläpfer anlässlich seines Starts als Direktor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts

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erzlich willkommen in Wien, lieber Martin Schläpfer, und meine allerbesten Toi, toi, toi für Ihren Start mit dem Wiener Staatsballett! “Die Theorie hat endlich ein Ende”, haben Sie mir unmittelbar vor Ihrem Antritt als Direktor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts gesagt. Nun, zum Zeitpunkt unseres Interviews Ende September 2020, haben soeben die erste Spielzeit-Premiere in der Volksoper Wien, “Hollands Meister”, mit fantastischen Arbeiten Ihrer langen Wegbegleiter und Freunde – das Choreographen-Duo Paul Lightfoot/Sol León, Hans van Manen und Jiří Kilián – sowie die Wiederaufnahme von George Balanchines Meisterwerk “Jewels” in der Wiener Staatsoper erfolgreich stattgefunden. Wie haben Sie selbst den Beginn Ihrer neuen beruflichen Realität in Wien erlebt? Äußerst angenehm, wenn ich das einmal so sagen darf. Es tut gut, nicht mehr theoretisieren zu müssen, nicht mehr davor zu stehen, sondern zu arbeiten und den Tänzerinnen und Tänzern, dem Team aber auch den Mitarbeitern in diesen beiden Häusern, der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien, real begegnen zu dürfen. Die Energie mit der Compagnie ist einfach großartig! Ich habe in den zwei Jahren der Vorbereitungszeit natürlich ab und an hier in Wien Sitzungen gehabt, bin hin- und hergeflogen zwischen Düssel­ dorf und Wien – aber schlussendlich war das immer mit großen Pausen dazwischen. Insofern war es eigentlich nun schön und erlösend, beginnen zu können. Wir haben das große Glück, dass wir hier in Wien in der derzeitigen Pandemie-Krisensituation überhaupt einen Spielplan fahren dürfen. Sie haben zahlreiche neue Tänzerinnen und Tänzer nach Wien engagiert – einige davon 08

kommen aus Ihrer ehemaligen Compagnie, dem Ballett am Rhein. Manche von diesen sowie etliche andere neue Ensemblemitglieder und Ihre Stellvertretende Ballettdirektorin, Louisa Rachedi, sind Absolventen der Canada’s National Ballet School Toronto. Ich bin seit vielen Jahren mit Mavis Staines, der Direktorin dieser Schule, befreundet und glaube auch an deren methodische Ausbildung – dieses Institut ist eine großartige Tanzschule im gesamtheitlichen Sinn des Wortes. Es bildet klassische Tänzer aus, die gleichzeitig aber auch als Menschen und Persönlichkeiten überzeugen. Das mag mit ein Grund sein, warum ich in Düsseldorf Duisburg einige Tänzerinnen aus dieser Schule engagiert hatte. Wenn sie körperlich ähnlich trainiert wurden und gewachsen sind, bedingt das ja nicht, dass sie sich als Persönlichkeiten angleichen, sondern rein in der Art und Weise, wie sie arbeiten. Sowohl damals für Düsseldorf Duisburg als auch jetzt für Wien waren die Persönlichkeiten der einzelnen Tänzerinnen für das Engagement ausschlaggebend. Meine Stellvertretende Ballettdirektorin Louisa Rachedi ist ein anderer Entscheid. Louisa war bei mir in Düsseldorf lange im Ensemble – übrigens eine fantastische Künstlerin – hat aufgehört zu tanzen und sich dann selbst ihren Weg gesucht. Sie wurde Coach, Ballettmeisterin und war in dieser Funktion auch lange bei Gauthier Dance in Stuttgart tätig. Als meine Stellvertretende habe ich sie ge­ sehen, weil sie eine hochbegabte Frau mit einer starken Persönlichkeit ist! Louisa hat ein großes Wissen, liebt die Klassik, ist aber gleichzeitig auch im zeitgenössischen Tanz sehr verwurzelt. Was mir aber den Impuls gegeben hat sie zu fragen ist, weil sie eine der wenigen Tänzerinnen in meinem Ensemble war, die gesagt hat: “Martin, es ist

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MARTIN SCHLÄPFER © FOTO MICHAEL DANNENMANN, DÜSSELDORF

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MARTIN SCHLÄPFER KREIERT „4“ © WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY_TAYLOR

Zeit aufzuhören … ich gehe jetzt meinen Weg.” Und sie ist ihren Weg gegangen, hat Erfahrung gesammelt und nicht gewartet, bis ich vielleicht gesagt hätte: “Du, es wäre langsam Zeit …” Das hat mir gezeigt, dass Louisa Rachedi über jene Eigenschaften verfügt, mit denen sie mich in der Leitung der Compagnie unterstützen kann. Gleichzeitig kann mir jemand wie sie, ebenso wie viele andere im Team auch, noch weitere, großartige Anregungen geben. Wir leben in einer Zeit, die sich sehr verändert hat – beispielsweise, was die Neuen Medien und Social Media angeht. Natürlich bin ich der Chef und habe ein Stück weit meine Visionen und Vorstellungen, aber ich bin gerne ein Chef, der sich im Team austauscht, andere anhört und nicht einfach immer Recht haben will, der aber auch ein gewisses Alter hat, was absolut nicht negativ gemeint ist, und eine Überzeugung in sich trägt. Bislang haben Sie als Ballettdirektor und Chefchoreograph solistische Ensembles geleitet. 10

Das Ballett an der Wiener Staatsoper hat traditionell eine hierarchische Struktur. Diese haben Sie nun erstmals um die Position der ­“Senior Artists” erweitert. Im Royal Ballet beispielsweise und in anderen Compagnien gibt es Charakterdarsteller. Das sind meistens ehemalige große Künstler in reiferen Jahren, die aber immer noch gewisse Rollen auf der Bühne grandios füllen. Das hat mich stets zutiefst beeindruckt. Es gibt in jedem Ensemble Ausnahmeerscheinungen – Künstler, die auch weit über 40 sein dürfen – wo es aber in diesen seltenen Fällen wirklich auch ein Verlust wäre, würden sie von der Bühne gehen. Natürlich kann ich mir nicht leisten, zehn ­Senior Artists zu ernennen, aber ich wollte diese Position in die Hierarchie des Wiener Staatsballetts einbringen, da es nicht immer nur um jung und leistungsfähig mit großer Sprungkraft und Drehungen geht, sondern eben auch um Erfahrung, um Charisma und auch darum, wie man

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sich benimmt – dass diese Senior Artists Vorbilder sein können für die Jungen. Ich sage es nochmals: es sind eher Ausnahmeerscheinungen, aber es gibt diese, die zeigen, dass das Älterwerden auch im Tänzer-Beruf eine hohe Qualität hat, beziehungsweise etwas, das uns und auch mich als Choreograph inspirieren kann. Es ist schön, dass die Jungen sehen: Vielleicht dreht sie oder springt sie nicht mehr so wie ich, aber ich schau mir an, wie sie arbeitet, wie intensiv sie sich mit einem Stoff oder einer Rolle auseinandersetzt, wie sie oder er übt oder überhaupt an etwas herangeht. Das war mir einfach wichtig – die Persönlichkeit und die Lebenserfahrung. Gleichzeitig sind diese Ausnahmeerscheinungen dann aber eben auch über Vierzig körperlich ­fähig und haben das Glück, wirklich noch gut zu tanzen. Ich spreche jetzt nicht von einer Statisterie, sondern diese Senior Artists können sich noch wunderbar bewegen – gerade in einer Kunstform, in der der Körper in der Regel dann irgendwann “Nein” sagt, ist das schon sehr besonders. Das ist beim Schauspieler, beim Sänger, beim Musiker anders – diese Künstler können länger ausübend bleiben. Und es ist natürlich schon die Tragödie des Tänzers, dass er innerlich immer reifer, erfahrener und auch im künstlerischen Ausdruck stärker wird und dann irgendwann der Körper einfach nicht mehr kann. Das ist nicht einfach zu verkraften! Zur hierarchischen Struktur will ich noch s­ agen, dass ich sie sehr wohl als richtig empfinde für eine Compagnie dieser Größe. Ich plädiere dafür, dass es Künstlerpersönlichkeiten auch im Corps de ballet gibt – das sind die späteren ­Solisten. Das Schöne ist, dass man in den klassischen oder neo-klassischen Balletten, nehmen wir zum Beispiel “Adagio Hammerklavier”, das jetzt kürzlich in unserer Triple Bill-Premiere an der Volksoper Wien gezeigt wurde, die Ersten Solisten brillieren lassen und vielleicht in der zweiten ­ ­Besetzung mit den anderen Hierarchiegruppen vermischen kann. Wenn ich kreiere, bin ich mir natürlich b ­ ewusst, wer ist ein Erster Solist, wer ist ein Solist, wer ist ein Halbsolist, wer ist ein Corps de ballet-Tänzer

MARTIN SCHLÄPFER © WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY_TAYLOR

– aber natürlich kann ich für jemanden in der Gruppe ein Solo kreieren. Ich finde die Hierarchie als gesunde Einrichtung in einem Ensemble dieser Größe absolut in Ordnung, aber sie muss durchlässig sein und jedes Compagnie-Mitglied muss seine Wertigkeit spüren. Auch in der Gruppe gibt es grandiose Tänzerinnen und Tänzer. Das ist das Gute an Uraufführungen, dass da die Hierarchie flacher wird – sie nicht Thema ist, sondern das Stück ist Thema! Auf den Tag genau 113 Jahre nach Gustav Mahlers letztem Dirigat in Wien am 24. November 1907 findet heuer Ihre Uraufführung “4” zu Musik seiner 4. Symphonie statt. Warum haben Sie dieses Werk mit seinem facettenreichen, doppelbödig lesbaren kompositorischen Aufbau für Ihre erste Kreation in Wien gewählt, in der Sie alle 102 Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts choreographisch zusammenführen? ANNUAL 2020/21

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Was hat Sie dazu bewegt, Ihre Urauffüh- rinnen und Tänzern besteht, die in der Staatsoper rung “4” gemeinsam mit Hans van Manens ihre Heimat, beziehungsweise auch ihre Garde“Live”, das 1979 als erstes Videoballett der roben und Probenräume haben, aber dazu geTanzgeschichte kreiert wurde, für diesen hören auch jene 24 Mitglieder des Ensembles, Premierenabend in der Wiener Staatsoper zu die in der Volksoper ihren Platz haben. Ich wollte, programmieren? auch wenn es logistisch sehr komplex ist, für Es ist natürlich eine große Ehre, in diesen Häu- meine erste Uraufführung das gesamte En­ sern, der Wiener Staatsoper und der Volksoper semble auf der Staatsopernbühne präsentieren. Wien, arbeiten zu dürfen – aber wir sprechen für Gemeinsam mit dem Orchester und einer Sängemeine Uraufführung jetzt von der Wiener Staats- rin – es könnte auch eine Knabenstimme sein, oper, ihrer Historie und Bedeutung in der Welt. Wir die diese Himmlischen Freuden singt im 4. Satz – haben hier nicht nur ein hochkarätiges, wir haben ist dies auch schon ein kleiner Loop in das ensemble dieses Hauses hinein. Auch hier ein Weltklasse-Orchester, und ich habe mir Solisten­ natürlich für meine erste Uraufführung Gedanken wenn die Vierte Mahler nicht so groß besetzt ist, gemacht, was gebe ich auch diesem Orchester wie andere seiner Symphonien, hat sie etwas und nicht unbedingt nur mir – wie kann ich mei- sehr Reiches, Sinnliches – und ist gesamt bene Reverenz erweisen? Jetzt brauchen die Wiener trachtet doch ein “big undertaking”. Die Programmierung meiner Uraufführung Philharmoniker diese natürlich nicht – und sie brauchen auch die Vierte Mahler nicht, die sie gemeinsam mit Hans van Manens “Live” basiert schon x-mal im Konzert gespielt haben, aber ich einerseits darauf, dass ihm dieses Stück persönwollte signalisieren, dass ich als Tanzschaffender lich sehr wichtig ist! Es ist ein Werk, das er eigent­ es sehr wichtig finde, gute Musik zu wählen – lich nicht außerhalb seiner Compagnie weitergibt – es gab nur gerade auch eine ­ einmal eine AuffühMusik, die etwas mit rung in Moskau – diesem Haus zu tun aber sonst ist es hat, sprich mit Gustav wirklich nur beim Mahler, aber auch Holländischen Natiomit den Wiener Philnalballett zuhause. harmonikern. AußerAndererseits ist dem habe ich schon “Live” ein personenfrüher einmal eine reduziertes Stück und Arbeit zu Mahlers somit das pure GeMusik gemacht – zur Siebten, damals, 2013 genteil zur meiner in Düsseldorf. Insoda­nach folgenden Uraufführung “4” mit fern schließt sich da 102 Tänzerinnen und zwar nicht ein Kreis, Tänzern “on stage”. In aber für mich geht “Live” sind nur eine die AuseinandersetTänzerin und ein Kazung mit diesem meramann auf der Komponisten weiter. Bühne – sie wird von Was die Compagihm gefilmt und ihr nie angeht, war mein Tanz gleichzeitig auf Gedanke, dass dieeine Bühnen-Leinses Wiener StaatsFIGURINE ZU „4“ © CATHERINE VOEFFRAY wand projiziert. In ballett aus 78 Tänze12

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unserer Premiere wird der Kameramann Henk van Dijk sein, Hans van Manens Lebenspartner, der auch schon seinerzeit die Uraufführung gefilmt hat. Wir haben die Musik von Liszt, ein Klavier, fast kein Bühnenbild. Alles ist sehr reduziert – allerdings nicht vom Aufwand her. Denn die Solistin verlässt gegen Ende des Stücks die Bühne, um ins Foyer der Wiener Staatsoper zu gelangen – gemeinsam mit dem Kameramann, der sie auf ihrem Weg permanent aufnimmt, und das Publikum im Saal nur noch das Gefilmte dieses Weges auf der Leinwand sieht. Im Foyer trifft sie auf einen Danseur Noble, mit dem sie einen Pas de deux tanzt. Danach verlässt sie diesen Tänzer und entschwindet ins nächtliche Wien hinaus. “Live” ist ein großartiges Stück, das immer noch ganz modern ist, auch wenn dessen Uraufführung bereits 1979 erfolgt ist. Die Reduktion auf eine Ballerina, einen Tänzer, ein Klavier versus nach der Pause 102 Tänzerinnen und Tänzer, Gesamtorchester, Bühnenbild und Kostüme schien mir einfach eine schöne Gegenwelt! Dass ich “Live” bekommen und in Wien zeigen darf, ist etwas Großartiges. Das ist für mich ein wunderschönes Geschenk und hoffentlich auch für Wien. Meister­ werke verjähren einfach nicht! Ihre erste Uraufführung wird der von Ihnen aus langjähriger Zusammenarbeit geschätzte Maestro Axel Kober, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein und Chefdirigent der Duisburger Philhar-

moniker, vom Pult aus begleiten. Auch mit dem Wiener Staatsopernorchester, das zu einem großen Teil aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker besteht, hat Axel Kober in Wien bereits Erfolge gefeiert. Wie sehr genießen Sie es, dass Musiker dieses weltberühmten Orchesters den grandiosen Klangteppich für Ihre Compagnie bereiten? Treffen Sie Ihre Entscheidungen für die Gastdirigenten des Wiener Staatsballetts gemeinsam mit dem Staatsoperndirektor und dem Volksoperndirektor? Wird Ihr Landsmann Maestro Philippe Jordan, seit Beginn dieser Saison der neue Musikdirektor der Wiener Staatsoper, in Zukunft auch Ballett dirigieren? Ich hoffe sehr, dass Philippe Jordan Ballett dirigieren wird. Wir haben uns auch schon darüber unterhalten und der Wunsch ist da. Es ist natürlich auch eine Frage der Agenda eines Generalmusikdirektors und der Planung. Er wünscht sich das sehr, und ich hoffe, dass wir es in der dritten Spielzeit realisieren können. Es ist wunderbar, dass Axel Kober mit mir den Mahler macht, zudem er auch hier in Wien sehr beliebt ist und bereits großen Erfolg hatte – besonders mit dem Ring! Schon deswegen habe ich auch nicht das Gefühl, ich importierte meine Vergangenheit. Neben Brahms “Ein Deutsches Requiem”, “7”, “Petite Messe solennelle”, sowie “Schwanensee” und “Cellokon­ zert”, meiner letz­ ten Uraufführung für das ­Ballett am Rhein, haben Axel Kober und FIGURINE ZU „4“ © CATHERINE VOEFFRAY ich sehr viele Projekte ANNUAL 2020/21

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PROBEN ZU „4“: R. HORNER, R. LAZIK © WIENER STAATSBALLETT/A. TAYLOR

gemeinsam gemacht. Wir arbeiten sehr intuitiv miteinander – oft reden wir gar nicht viel, sondern flüstern einander nur etwas zu. Es stimmt einfach. Dass die Wiener Philharmoniker im Orchestergraben spielen, ist für mich etwas Besonderes, da ich Musik nicht nur sehr achte, sondern Musik für mich etwas Nährendes ist. Mit einem solchen Klangkörper arbeiten zu dürfen, ist für mich ein Erlebnis! Tanz ohne Musik ist für mich undenkbar. Ich bin aber auch nicht jemand, der sich ihr unterordnet. Es geht nicht darum zu sagen, Musik sei größer als der Tanz, sondern ich bin davon überzeugt, dass sich diese beiden Kunstgattungen gegenseitig bedingen. Bei der Bestellung der Gastdirigenten suche ich den Dialog mit meinen Intendanten, und finde es richtig, dass ich mich mit dem jeweiligen Direktor der beiden Häuser abstimme. In der Saison 2020/21 zeigen Sie unter anderem auch bereits bestehende eigene Kreatio14

nen, darunter Ihre Signature-Pieces “Ein Deutsches Requiem” zu Musik von Johannes Brahms sowie das Solo “Ramifications” und “Lontano” zu Kompositionen von György Ligeti. Neue Handschriften und Farben in den Spielplan des Wiener Staatsballetts bringen Sie mit Ihrer Wahl international renommierter Gastchoreographen, wie Alexei Ratmansky oder den beiden American Modern-Dance-Künstlern Paul Taylor und Mark Morris. Als klassisch ausgebildeter Tänzer dokumentieren Sie mit Ihrer Spielzeit-Programmierung auch Ihre Wertschätzung der klassischen Tanzausbildung als Wurzel und “Conditio-­sine qua-non” für alle nachfolgenden qualitativ hochstehenden choreographischen und tänzerischen Strömungen und des in Wien beliebten klassischen Ballett-Repertoires mit Rudolf Nurejews “Schwanensee”, Frederick Ashtons ­ “La Fille mal gardée”, Pierre Lacottes “Coppélia” und Elena Tschernischovas “Giselle”. Ich weiß nicht wirklich, was man von mir denkt oder gedacht hat, aber für mich war es nie eine Fragestellung, die Klassik, den akademischen Tanz hier in Wien nicht wertzuschätzen, zu ­pflegen oder zu programmieren. Das war nie in meinen Gedanken. Das klassische Ballett-Repertoire gehört zu Wien, es gehört aber auch zu mir, ich bin ja so gewachsen und ich kreiere so. Natürlich bin ich jemand, der im Heute agiert – und trotzdem choreo­graphiere ich für den Spitzenschuh, gebrauche den akademischen Kanon permanent. Ich bin davon überzeugt, dass das Wiener Staatsballett in Zukunft mehr Uraufführungen braucht, um damit auch die internationale Presse nach Wien zu bringen. Das Wiener Staatsballett ist eine wichtige, weltberühmte Compagnie, eine der größten, die es noch gibt, und muss eine Adresse sein, auf die man schaut, an der etwas passiert und von der man im besten Fall auch Impulse aussendet in die Tanzwelt. Das ist mein Ziel. Sie sagten einmal, dass Sie in ihren neuen ­Kreationen mit einem Komponisten gerne eine Wegstrecke gehen – ihn begleiten: Dies werden

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Sie zum Ende der Spielzeit 2020/21 in Ihrer zweiten Staatsopern-Premiere mit der “Sinfonie Nr. 15” von Dmitri Schostakowitsch machen, der Sie auch zu “Cellokonzert”, Ihrer Abschiedskreation für das Ballett am Rhein, inspiriert hat. Die Fünfzehnte ist eine meisterliche Symphonie, und ich habe sie auch deswegen gewählt, weil sie perfekt in die Programmierung meiner zweiten Staatsopern-Premiere in der ersten Spielzeit neben Balanchine – Strawinski, Ratmansky – Mussorgski passt. Ich war damals, als ich die Entscheidung für den zweiten Premierenabend treffen musste, noch in der Vorbereitungsphase, was Sie so schön auch als Theorie benannt haben. Das Theore­tisieren ist zwar auch harte Arbeit, aber es ist schlussendlich eben nicht real. Mir war aber zum damaligen Zeitpunkt natürlich klar, dass es noch zu früh ist, um für mein Ballett eine inhaltliche Dramaturgie zu entwickeln, und so habe ich mich bemüht, vorweg zumindest eine musikalische Klammer zu bauen. Da ist die Verbindung Balanchine – Strawinski ganz wichtig, denn Strawinski hat ja auch Musik für Balanchine komponiert. Weiters war es mein Wunsch, dass Wendy Whelan Ratmanskys “Pictures at an Exhibition” einstudieren sollte, ­ weil sie die Uraufführung getanzt hat und im New York City Ballet eine der wichtigsten Ballerinen ihrer Generation war – da haben wir eine weitere Querverbindung zu Balanchine! Dazu kommt, dass auch Keso Dekker, der viel mit Hans van Manen zusammenarbeitet, die Ausstattung für mein Schostakowitsch-Ballett macht. Er arbeitet aber auch häufig beim ABT mit Alexei Ratmansky zusammen. Wie geht Martin Schläpfer vom allerersten ­ edanken an ein neues Stück bis zu dessen G Realisierung auf der Bühne vor? Man muss dazu sagen, dass sich die Projekte immer überlagern. Das heißt, wenn ich jetzt den Mahler mache, bin ich natürlich schon im Schostakowitsch, was Design- und Kostümabgabe angeht, der erst zum Ende der Spielzeit gezeigt wird. Ich beschäftige mich aber auch schon mit

anderen Projekten für die Saison 2021/22 – muss sie in die Disposition integrieren und meine Gefühle mit der gewählten Musik “in touch” treten lassen, um zu entscheiden, ist es auch wirklich das, was ich will. Das ist tiefgründig und gleichzeitig nicht. Aber es ist schon ein Gebirge mit vielen Bergen, die man im Blick halten muss mit den Tälern und den Spitzen. Es wäre absolut unmöglich, würde ich mich jetzt als Ballettdirektor nur auf den Mahler konzentrieren. Während ich den Mahler baue, muss ich zum Beispiel auch die Ballettakademie im Auge haben – ich gebe dort ebenfalls Training, alles läuft parallel. Wie gehe ich vor? Konkret beginne ich mit dem Ballett erst mit den ersten Probenschritten. Dann fange ich an das Stück zu entwickeln. Aber natürlich ist es in den Monaten davor wie eine Form von Brüten – ich halte das Stück permanent im Bauch und Kopf präsent, überlege, schreibe Notizen, lese Bücher – ich sammle. Ich lege – metaphorisch gesprochen – verschiedene Komponenten und Kräuter in den Korb, trage sie nach Hause und sortiere sie. Ja, es ist so ein – Brüten ist kein schlechtes Wort – ein Erhalten einer Nestwärme um das Thema herum. Sie sagen, dass Sie auch Notizen machen? Bei Bachs “Kunst der Fuge”, damals 2002 in Mainz, habe ich Bücher geschrieben an Notizen. Was ist Barock, was heißt Fuge, die Reihenfolge der Fugen, wie will ich sie mischen. Bei anderen Werken notiere ich gar nichts. Ich schreibe bis jetzt bei Mahler nichts auf, das hat aber vielleicht auch damit zu tun, dass ich praktisch sämtliche Literatur, die es über Mahler gibt schon gelesen habe. Es ist aber auch etwas anderes, wenn man einen Weg mit einem Ensemble neu beginnt. Dieser Mahler ist natürlich wichtig für mich. Es geht darum, dass es ein gutes Ballett wird – gleichzeitig ist es aber auch meine Aufgabe, diese Compagnie zu umarmen, jeden einzelnen kennenzulernen und tänzerisch gut zu exponieren. Wenn mir das gelingt, bin ich schon sehr zufrieden, denn “4” ist mein erstes Stück für Wien. ANNUAL 2020/21

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Die Ballettmeister filmen in den Proben alle choreographierten Sequenzen und schreiben auch meine Gedanken, die ich den Tänzerinnen und Tänzern mitteile, auf – to have a reference point. Da wir nicht so viele Ballettsäle zur Ver­ fügung haben, kann es eine Woche dauern, bis eine Probe wiederholt werden kann. Derzeit ist “Jewels” auf dem Programm und die Einstudierung für “Symphonie in Three Movements” findet bereits parallel zu den Mahler-­ Proben statt – dazu kommen rehearsals für “Duo Concertant” und “The Concert”. Wer von den Leserinnen und Lesern zu dieser und vielen anderen Fragen mehr von und über Martin Schläpfer erfahren will, dem lege ich sein im Henschel-Verlag erschienenes sehr persönliches und bewegendes Buch “Mein Tanz, mein Leben” ans Herz. Wer und was in Ihrem Innersten hat Sie zu diesem besonderen Buchprojekt motiviert? Schlussendlich war es Bettina Trouwborst, die den Ausschlag gegeben hat zu dieser Idee. Es ist mein erstes Buch in dieser Form. Über meine Arbeit mit dem ballettmainz ist vor Jahren ein Fotoband erschienen. Als dieses neue Buchprojektes dann sein ­sollte, war ich zunächst sehr kritisch eingestellt, denn ich wollte ein gutes Buch machen – eines, das einen Grund hat. Dazu fand ich aber, dass das Zeitsegment der Planung viel zu knapp bemessen sei. Ich war nicht so euphorisch, wie das Bettina Trouwborst beschreibt – so erinnere ich mich nicht! Es gab auch schon davor Buch-­ Anfragen von Verlagen, die ich aber alle abgesagt habe. Das Buch in einer Gesprächsform zu verfassen, hat mich dann aber überzeugt, weil es ist ja kein Fotomaterial mehr von mir vorhanden – ich habe alles weggeworfen. Das ist mal das eine. Jetzt habe ich auch als Tänzer keine Weltkarriere gemacht, wie beispielsweise Malakhov oder ­Baryshnikov, obwohl ich sicherlich das Potential dazu gehabt hätte. Meine Laufbahn ist sehr brüchig, ich bin ganz anders gewachsen. Das heißt, ich hätte die übliche Buchform nicht gut be­ 16

dienen können – und sie hätte mich auch nicht wirklich interessiert. Ich habe künstlerisch einen anderen Weg gemacht, und so musste auch das Buch dementsprechend sein. Was mir gegenüber Bettina Trouwborst klar war: wenn wir reden, halten wir nicht hinterm Berg. Ich finde es uninteressant, wenn ein Gesprächspartner dann so quasi die Hälfte unterdrückt. Was ich preisgebe ist persönlich, aber ich glaube nicht intim, und ich hoffe, dass sich vielleicht die Leserin und der Leser in dem, was ich sage, ein Stück weit selbst wiederfinden. Als dann Nina Neusitzer zugesagt hatte die Gestaltung zu übernehmen, habe ich final “Ja” gesagt, weil das Buch damit im Design eine Modernität bekam, die mit mir etwas zu tun hat. Wie bei jeder Arbeit an einem Interview, gab es dann wahnsinnig viel Reduzieren, Rausschmeißen, Korrigieren. Schlussendlich habe ich unter anderem auch zugesagt, weil es einfach schön war, dass zu meinem Abschied vom Ballett am Rhein etwas erscheint. … und zu Ihrem Antritt in Wien! Es war für mich ein unglaublich schönes Erlebnis, wie die Wiener Tanzpresse – und Wien überhaupt – sich für dieses Buch interessiert hat! Zu Martin Schläpfers Aufgaben als Direktor des Wiener Staatsballetts zählt auch die Künstlerische Leitung der Ballettakademie der Wiener Staatsoper, die mit Beginn dieses Schul­ jahres Christiana Stefanou als Direktorin, und der ehemalige Compagnietänzer Gabor Oberegger als Stellvertretender Direktor und Koordinator übernommen haben. Herr Schläpfer, Sie werden international als herausragender Ballettpädagoge geschätzt! Wie weit werden und können Sie sich – aus dem Blickwinkel Ihres enormen Arbeitspensums als Chef eines zwei Häuser bespielenden Ensembles und aus jenem des kreierenden Künstlers – nicht nur als Künstlerischer Leiter sondern auch als Ballet Classes gebender Pädagoge in die Ballettakademie einbringen ­

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und vielleicht auch für die Studierenden choreographieren? Ich habe jetzt schon versucht, ab und an die ­Junior Company zu unterrichten – und vor ein paar Wochen habe ich mich entschieden, für sie in dieser Spielzeit ein Ballett zu kreieren zu ­einem der Sonnenquartette von Haydn – dem Vierten, Opus 20. Wo soll das Stück gezeigt werden und wann werden Sie mit der Kreation beginnen? Das ist alles noch offen – das ist eine budgetäre Frage, eine Frage, wann es fertig wird, wie steht es mit Corona, wird es öffentlich oder mehr intern gezeigt, vielleicht gibt es eine Matinee in der Volksoper? Sehr wahrscheinlich werde ich im Frühjahr mit der Choreographie beginnen – sicherlich jedenfalls erst nach der Mahler-Premiere. Natürlich bin ich in regelmäßigem Austausch mit Christiana Stefanou sowie dem Team der Ballettakademie und habe dafür regelmäßige Sitzungen etabliert. Ich bemühe mich, dort präsent zu sein, aber in einem Ausmaß, das mich auch als Künstler und als Compagnie-Chef existieren lässt – das muss ich durchaus tarieren. Vielleicht werde ich dort bald Master Classes geben – diese schienen mir wichtig und richtig als choreographierender Pädagoge und kreierender Künstler. Sie sind für Ihre exzellente und verständnis­ volle Mitarbeiterführung bekannt. Die Wichtigkeit der Supervision und dafür gesprächsbereit zu sein, ein “offenes Ohr” zu haben, sei Ihnen ein besonderes Anliegen, wie Sie mir bereits einige Male erzählt haben, um derart Probleme eines einzelnen Compagniemitglieds oder inner­ halb einer Gruppe zu klären und somit zur Erhöhung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit beizutragen. Hat Sie dazu Ihr Bruder Rudolf, der als Psychiater tätig ist, inspiriert und motiviert? Sicherlich hat mich auch mein Bruder dazu motiviert, von dem ich viel gelernt habe und es jetzt noch tue – aber auch Heinz Spoerli, der nie viel geredet hat, obwohl ich als Tänzer sehr wohl manchmal ein Gespräch gebraucht hätte, auch

PROBEN ZU „4“: Y. KATO, Z. TÖRÖK © WIENER STAATSBALLETT/A. TAYLOR

einen Dialog, der mich korrigiert oder fordert oder sagt: “So nicht bitte – und ich erkläre Dir, warum nicht!” Ich glaube, dass ich deshalb weiß, wie wichtig Supervision ist, weil sie mir fehlte. Man kann schon sagen, Tanz sei eine nonverbale Kunst, und man kann auch sagen: Reden löst nicht alles – aber trotzdem ist es wichtig, um Dinge wieder zu ebnen, Konflikte abzubauen, um Projektionen, die man von einander hat, und die passieren in einem kompetitiven Umfeld, zu hinterfragen. Eine Tanzcompagnie ist ein sehr komplexes Gefüge, da geht es ohne Gespräche nicht. Gespräche sind auch aus analytischer Sicht der Ansatzpunkt, um Probleme zu lösen. Absolut. Weil man dann auch erfahren kann, dass man vielleicht einander nicht nur missverstanden hat, sondern, dass man einfach über­ reagiert oder einen falschen Eindruck hatte. Früher, als ich noch ein unerfahrener Chef war, habe ich es ab und an persönlich genommen, wenn es jemandem nicht gut ging. Da dachte ich immer, es hätte etwas mit mir zu tun – sie oder er sei ANNUAL 2020/21

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nicht glücklich mit dem, was sie tanzen. Aber sie könnten ja auch ein privates Problem haben. Wenn ich spüre, da ist irgendetwas nicht gut, oder ich baue etwas in mir auf, das vielleicht nicht fair ist der Person gegenüber, dann ist ein Gespräch einfach das Richtige. Bieten Sie Sprechstunden an? Ich bin jetzt schon dabei, in der Compagnie wöchent­lich drei Gespräche zu führen. Ich selbst gehe auf die Tänzerinnen und Tänzer zu – und das werden alle sein. So kann ich das auch zeitlich handhaben, weil ich nicht warten will bis zum Ende der Spielzeit. Neu aufgestellt präsentiert sich der Ballettclub, den ich selbst vor 21 Jahren als private Initiative ins Leben gerufen habe, und der, dank der Entscheidung von Staatsoperndirektor Dr. Roščic̋ und von Ihnen, lieber Herr Schläpfer, mit seinen Projekten und Zielen der Nachwuchsförderung und Kulturvermittlung seit Beginn dieser Spielzeit unter dem Dach des Wiener Staatsballetts fortgeführt wird, was für mich, als nunmehrige Botschafterin des Ballettclub Wiener Staats­ ballett eine große Ehre und Freude ist! Eines der wesentlichen Ziele des Ballettclubs ist die Förderung jener Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie, die ihre ersten eigenkreativen choreographischen Schritte ausprobieren wollen. Dafür ist der Ballettclub in der Vergangenheit auch als Organisator und Veranstalter einer Jungchoreographenschiene aufgetreten – und es sind derart bereits 57 neue Stücke entstanden, die einigen der jungen Choreographen zu internationalen Auftritten verholfen haben. Wann und in welcher Form darf sich der Ballett­club, nunmehr als Teil des Wiener Staatsballetts, auf die Fortführung seiner Jungchoreographen-Produktionen freuen? Zum Ende der zweiten Spielzeit. Es war von der Disposition schlichtweg unmöglich, dieses Projekt in der ersten Spielzeit unterzubringen, auch wenn es sicherlich ein Bedürfnis von manch ­einer Tänzerin oder einem Tänzer ist, aber es wird 18

ab 2021/22 als Plattform regelmäßig stattfinden – wir gehen von zwei bis drei Matineen aus. Die Förderung junger Choreographinnen und Choreographen, die noch im Tänzerberuf stehen, ist etwas, was ich als sehr wichtig erachte. Ich habe damit bereits in Bern begonnen und es dann in anderer Form in Mainz weitergeführt, indem ich eher eine Person unterstützt habe. Man muss das mit Bedacht machen und die Abende dramaturgisch und auch technisch begleiten, damit die jungen Choreographen lernen, wie man beispielsweise mit dem Licht umgeht, dass man sie zu ihrem Stück hinterfrägt – und es nicht einfach bedeutet, ein Stück zu machen und dann damit auf die Bühne zu gehen. Man muss eine Kandidaten-Auswahl treffen und einen Raster vorgeben – eine Stückdauer, die Musik live oder nicht, Designer oder nicht Designer. Will man jemanden regelmäßig fördern, jährlich, oder will man immer anderen eine Chance geben? – das ist wirklich für mich als Chef nicht ohne. Nur wenn jemand regelmäßig üben kann, wird er oder sie auch besser. Auf der anderen Seite wollen andere sich auch ausprobieren. Ich habe es immer als sehr arbeitsaufwändig erlebt – schön, aber auch komplex. Man muss auch einen Realismus zeichnen, weil von Choreographie zu leben ist ein knallhartes Geschäft. Der Ballettclub ist mir unglaublich wichtig! Es ist für jedes Ensemble eine Freude, aber auch substantiell von Bedeutung, den Support von Tanz liebenden, interessierten Menschen zu haben. Wir brauchen diesen Support. Gerade die Tanzkunst, die relativ schnell angreifbar und flüchtig ist, im Moment lebt und existiert, braucht eine Lobby – ideell und finanziell. Eine solche Institution hinter sich zu wissen, gibt dem Ganzen natürlich auch immer einen Look und Glamour. Auch politisch ist es ein wichtiges Signal, dass es viele Menschen gibt, die sich klar zu ­dieser Compagnie bekennen und deren Arbeit unterstützen. Wie fühlen Sie sich inmitten der extrem belastenden und herausfordernden Pandemie-Krise:

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privat als Martin Schläpfer, als Ballettchef der großen Compagnie plus Staff – und wie als Künstler, der soeben mit den Proben für seine erste Uraufführung für das Wiener Staats­ballett zu Gustav Mahlers 4. Symphonie begonnen hat? Inzwischen kann ich den privaten Schläpfer vom beruflichen gar nicht mehr trennen. Als Chef mit der Verantwortung für meine Compagnie und mein Team ist es enorm belastend. Ich möchte bitte nicht larmoyant erscheinen oder jammernd, weil ich weiß, dass es ganz andere Schicksale gibt auf dieser Welt und auch in unserer Gesellschaft. Nichtsdestotrotz ist es belastend, weil ich nicht weiß, wie die Zukunft sein wird: Gibt es eine Rezes­sion, was passiert wirklich mit den subventionierten Künsten? Es hängt ja nicht nur von Österreich oder Europa ab, alles ist global verbunden. Künstlerisch gesprochen ist es schwierig zu sagen, was Corona wirklich mit mir macht, aber ich bin überzeugt, dass es in diesen Mahler mit einfließt. Wir proben ja mit Masken, ich glaube schon, dass das auch irgendetwas mit meiner Kunst macht. Was genau, kann ich Ihnen nicht sagen, da bin ich noch zu sehr am Anfang des Stücks. Persönlich – es gibt diesen persönlichen ­Martin Schläpfer nicht – und damit meine ich nicht, ich hätte kein Leben, aber im Moment ist mein Leben, ist Martin Schläpfer das Wiener Staatsballett – es ist ein Amalgam.

und das Transportieren des Inhalts, des Wortes. Das Wort allein – gesagt mit einer neutralen Gesichts­verfassung – tut gar nichts. Ich glaube nicht, dass ich ein Künstler bin, der sogenannte Corona-Kreationen machen könnte. Das würde mich, glaube ich, verlassen. Ich würde die Compagnie leiten, aber ich glaube jetzt nicht, dass ich ein Tanzschaffender wäre, der längerfristig Stücke auf Distanz machen könnte, oder was es da für Projekte gibt, das reizt mich relativ wenig. Natürlich verstehe ich das Bedürfnis dazu, weil es wirklich hart ist, nicht tanzen oder auf die Bühne gehen zu dürfen, sich auszudrücken. Aber was da an Masse ins Netz geworfen wird von jedem und jeder – damit kann ich persönlich relativ wenig anfangen. Als Künstler würde ich sagen: Dann pausiere ich, denn ich brauche das Reale. Mein Tanz braucht die Menschen im Ballettsaal – das ist es, woraus meine Stücke entstehen – und es ist nicht so stark die Idee allein. Eine Kreation entsteht bei mir aus der Zusammenarbeit mit den Tänzerinnen und Tänzern – aus dem Zwischenmenschlichen. Aus dem, was uns antreibt auf diesem Planeten weiterzugehen. Das sind die Fragestellungen, die mich interessieren.

Der Tanz ist aus Ihrem Dasein nicht wegzu­ denken – er ist omnipräsent in Ihrem Leben. Ja. Und ich finde es schön, den Tanz so zu erleben – er beinhaltet wirklich alles! Ich habe das Gefühl, er ist ganz eng mit dem Leben der Menschen und ihrer Befindlichkeit, ihren Träumen, Sehnsüchten aber auch Fragestellungen verbunden. Tanz ist etwas Relevantes, etwas Menschennahes. Sich zu bewegen und sich durch Bewegung auszudrücken, heißt nicht, dass jeder tanzen gehen muss – aber jeder bewegt sich permanent. Man bewegt sich auch, wenn man spricht, unterstützt durch Bewegung den Inhalt

Das Gespräch mit Martin Schläpfer fand am 30. September 2020 statt.

Lieber Martin Schläpfer, vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Ihnen und dem Wiener Staatsballett vor allem gute Gesundheit, Freude, Glück und Erfolg, damit die Ballettkunst in Wien blühen kann und Ihre Träume und Ziele Realität werden!

Veranstaltung des Ballettclub Wiener Staatsballett

KÜNSTLERGESPRÄCH mit MARTIN SCHLÄPFER Wiener Staatsoper, Gustav Mahler-Saal Samstag, 7. November 2020, 14 Uhr Moderation: Ingeborg Tichy-Luger, Botschafterin des Ballettclubs Kontakt: ballettclub@wiener-staatsballett.at

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Martin Schläpfer

“Mein Tanz, mein Leben” Eine sensible, analytisch-philosophische Leseerfahrung von Ingeborg Tichy-Luger über den Tanz und das Menschsein

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ie Seele ist ein weites Land. Bereits das für ein Buch-Cover privat anmutende Foto von ­Martin Schläpfer – mit lockendem Blick, jedoch sich schützender Körperhaltung – zeigt dem Leser, was ihn erwartet: Der Schweizer Ballettschaffende lädt ein zu neun ausgedehnten Spaziergängen aber auch fordernden Klettertouren durch seine Kunst, sein Leben und seine Seelenlandschaft mit teils ungewöhnlich tiefen Einblicken – zeigt jedoch sehr klar auf, in welche Gefilde er nur allein weiterwandern will.

Die Journalistin Bettina Trouwborst kennt Martin Schläpfer von zahlreichen Interviews während seiner Düsseldorfer Schaffensperiode und Direktionszeit beim Ballett am Rhein und hat neun Gespräche mit ihm innerhalb weniger Monate aufgezeichnet. Ebenso, wie man es aus früheren Schläpfer-­ Trouwborst-Zeitungsinterviews kennt, hat sie es auch für dieses Buch – teils hartnäckig nachfragend – verstanden, dass Martin Schläpfer Sensibles, Privates, aber auch kritische, griffige Worte preisgibt. Den künstlerischen und privaten Lebensweg Martin Schläpfers, der in der Enge und Strenge seines Schweizer Heimatortes Altstätten begonnen hat, zeichne ich im Folgenden anhand von Original­ zitaten aus den neun Kapiteln seines Buches nach: Assoziationen, Facetten, Impressionen, Aus­ wirkungen und die Prägung von Schläpfers heutigem Sein – vom Shootingstar mit eigenbestimmtem Ende seiner Tänzerlaufbahn bis zum, aus diesem Karrierebruch gewachsenen, internationalen ­Starchoreographen und erfolgreichen Ballettdirektor, seiner Kunst, seiner Einstellung zum Leben und zu den Menschen. “ Vater ist sehr früh als sogenannter Atheist gestorben.” – “Mit dem Erwachsenwerden konnte ich an keinen personifizierten Gott mehr glauben. Aber natürlich an das Höhere grundsätzlich … Sein Vater sei ein Bauernsohn gewesen, erzählt Es ist schon eine Hoffnung in mir, dass es so etSchläpfer, und habe ihn schon sehr geprägt. was gibt.” – “Es ist richtig, dass es immer auch “Die ersten fünf Lebensjahre haben wir noch in um diese Debatte in meinem Werk geht.” Altstätten im Rheintal “Ich war ein TräuHeute weiß ich, dass ich diese gelebt, umgeben von mer, ein sehr scheuder N ­atur. Es war es, aber gleichzeitig schmerzlichen Erfahrungen gebraucht schön und unbeauch sehr wildes, habe, um der zu werden, der ich bin. schwert, abgesehen motorisches Kind.” – von den geschwisterlichen Querelen mit meinen “Das Komplexe kam eigentlich erst mit der Brüdern. Sie sind zehn und sechs Jahre älter …” – ­Pubertät und der Sekundarschule.” “Meine Mutter hat alles für uns gemacht, dreimal “Zwischen meinem dreizehnten und fünfam Tag hat sie für uns gekocht. Wir waren ver- zehnten Lebensjahr war ich Eiskunstläufer. Bei wöhnt.” einem Schaulaufen auf der Eisbahn in St. Gallen,

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Eins. Vom Biobauern zum Meisterchoreographen: Martin Schläpfers Weg zu sich selbst.

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wo ich zu Beethovens 5. Symphonie eine Kür getanzt, …” J­edoch: “Nichts hat geklappt, weil lief, … sprach mich Marianne Fuchs an, meine ­ etwas Dunkles, zu Komplexes an mir haftete. erste Ballettlehrerin.” Das muss die Leute abgeschreckt haben, obwohl Nach seinem Ballettunterricht bei Marianne ich in Hochform war”, was zum endgültigen AbFuchs und dem Gewinn eines Stipendiums für bruch seiner Tänzer-Karriere geführt hat. “Heute die Royal Ballet School in London beim Prix de weiß ich, dass ich diese schmerzlichen Erfah­ Lausanne 1977 begann die steile Tänzer-Karriere rungen gebraucht habe, um der zu werden, der Martin Schläpfers als Solotänzer am Stadttheater ich bin.” Basel bei Heinz Spoerli. Diese tiefe künstlerische Krise hat Schläpfer Das Amerika-Gastspiel des Basler Balletts zugleich aber auch eine Karriere-Chance aufgespülte den grandiosen, erst zweiundzwanzigjäh- zeigt und ihm seinen zukünftigen Weg als Balrigen Tänzer mit einer Erfolgswelle in höchste lettdirektor und Chefchoreograph eröffnet. Die Höhen – bis auf das Cover des Dance Maga­zines, erste Station war Bern 1994. “Damals ging ein wo er als “Switzerland’s Wunderkind” gepriesen Beben durch die Schweizer Tanzpresse …” – Um wurde und in Folge ein Engagement als Principal in Bern so programmieren zu können, wie er Dancer beim Royal Winnipeg Ballet in ­Kanada sich es vorgestellt hatte, musste Martin Schläpfer angenommen hat. seine ganze Erbschaft in das Ballett stecken. “… “Ich war ein kleiner Star, ich konnte auf die aber irgendwann hatte ich das Gefühl, es grenzt Bühne gehen, ich konnte Leute berühren.” Die- an Ausnutzung, ich muss weg. Fünf Jahre gesen Erfolg konnte der in seinem Wesen sehr be- nügten, es wurde mir zu klein.” scheidene Martin Schläpfer nicht verarbeiten, Martin Schläpfer ging als Ballettdirektor und ließ ihn zweifeln, mit seiner Kunst brechen und Chefchoreograph an das Staatstheater Mainz, inspirierte ihn zu seiner Kindheitsidee Biobauer wo er innerhalb von zehn Jahren ballettmainz – zu werden, “… weil ich diesen Hang zur Natur das “Mainzer Ballettwunder” – erschaffen und habe. Schlussendlich bin ich zum Ende der danach in weiteren elf Jahren das Ballett ­Spielzeit nochmals zuam Rhein Düsseldorf rück zum Basler BalDuisburg an die inDie Musik ist für mich ein endloses lett.” Schläpfer bricht ternationale Spitze Bassin an Möglichkeiten, fast wie das ge­führt hat. jedoch wieder ab: “Ich Unbewusste im Menschen. habe nochmal eine Gefragt, ob ihm Spielzeit angehängt das Kreieren von und wieder gekündigt. … Danach habe ich eine ­Bewegung gegeben, was ihm beim Tanzen geBallettschule aufgemacht in Basel, The Dance fehlt habe, sagt S­ chläpfer: “Nein, nie. Beim TanPlace.” zen selbst hat mir nie etwas gefehlt, ich fühlte Seines Vaters Tod brachte eine weitere Zäsur mich komplett bei mir.” – “­Später, als ich reifer in Martin Schläpfers Leben: “Ich habe die Schule wurde, konnte ich auch mental mit allem umnach seinem Tod an Amanda Bennett delegiert … gehen, aber dann wollte der Körper nicht mehr ­ utter so, wie ich es mir vorstellte. Mein Problem war, und bin nach New York gegangen. Meine M hat fast der Schlag getroffen.” – “David Howard dass ich mehr Kunst wollte und weniger Vir­ hat mir immer gesagt, dass ich wieder tanzen tuosität.” – “Hätte man mich bedächtig aufgemüsse und zu ihm nach New York kommen baut und an die Hand genommen, hätte ich ­solle. Er hatte eine riesige Schule mit offenen eine Weltkarriere machen können. So hat man Klassen. Bei ihm trainierten die großen ­Tänzer in der Regel nie über ein Problem mit mir vom New York City Ballet, die ich verehre. Da bin gesprochen. Gerade deshalb kann ich heute ich hin und habe jeden Tag dreimal trainiert, als Direktor sehr gut mit Ausnahmetalenten auch sonntags. Danach habe ich überall vor­ um­gehen.”

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Zwei. Tanzen und Choreographieren: Der Körper als Heimat und der Körper als Feind.

Haltung der Arme, die nicht im klassischen Sinn zurück-, sondern aus dem Rücken und aus der Gelenkschale weit herausgezogen werden müssten, um deutlich länger zu werden, um “ Wenn ich tanze und mich nicht verletzt habe ­höher Richtung Universum zu reichen. – “Ich und physisch und emotional alles stimmt, … füh- lasse die Tänzer beim Kreieren nicht allein, ich le ich mich als Tanzender sehr wohl”, sagt Martin rede viel, erkläre, warum ich eine Bewegung so Schläpfer. – “Das Wohlgefühl nährt sich aus den radikal und so intensiv möchte. Diese Infor­ Möglichkeiten, mit diesem Körper etwas auszu- mationen geben dem Ensemble, zumindest in drücken, ihn auch an Grenzen zu bringen, ihn meinen Stücken, ein Brennen, das es sonst nicht auszuprobieren.” – “Wenn der Künstler oder die hätte.” Künstlerin auf der Bühne arbeitet und ‘kämpft’ … Als Rezensentin ist es mir wichtig, den auf an der Linienführung, an der Perfektion, und es dem Backcover zitierten Satz von Martin ­Schläpfer ihm oder ihr dabei gelingt loszulassen, dann ist “Es ist dann Kunst, wenn man sich in der Kontrolder Körper der Freund.” le verliert.” und der – aus dem Satz-ZusammenGefragt, welchen Rang im besten Fall ein wirk- hang im Buch herausgelöst – womöglich vom lich guter Tänzer einnehmen könne, der weit Leser als ein Befürworten des Zeitgeistbegriffs mehr ist als nur das “Kontrollverlust” missverKunst ist nicht ein Sich-Verlieren. Werkzeug des Choreostanden werden könnte, graphen sei? “Er ist im Es ist dann Kunst, wenn man sich in der Gesamtheit des besten Fall die Krone Gesagten zu betrachten, in der Kontrolle verliert. des Ganzen – auch weil dieses Zitat unSchöpfer und nicht nur Ausführender. Nur durch trennbar mit Schläpfers Kreationen verbunden ihn oder sie leuchtet ein Ballett, berührt es Men- ist. Martin Schläpfer spricht im Buch über eine schen, verwandelt sich der Zuschauerraum.” nahme in ihrem seiner Musen, die eine Aus­ Wie hat sich aus dem Startänzer Martin Künstlertum gewesen sei, “jedoch im Sinne von Schläpfer der Ballettpädagoge entwickelt? “Ich Gefühl und Pathos, was immer ein ‘too much’ ­ bin kein ausgebildeter Schullehrer, der den Jahr- war. Ich habe immer versucht, mit ihr an Form gängen entlang unterrichten könnte. Ich bin und Technik zu arbeiten … und habe ihr erklärt, eher dafür geeignet Tänzer zu entwickeln, die dass Kunst nicht ein Sich-Verlieren ist. Es ist dann schon für den Beruf ausgebildet sind. Meine Ba- Kunst, wenn man sich in der Kontrolle verliert.” sis sind die großartigen Lehrer meiner Anfangs- Schläpfer führt weiter aus, dass der Tänzer oder zeit.” die Tänzerin erst durch Technikaneignung zu eiDefizite bei einem Profi-Tänzer benennt ner muskulären und musikalischen Phrasierung Schläpfer inzwischen direkt. “Mit dem Älterwer- gelangen ­könne. Das sei für ihn Künstlertum – den finde ich es immer richtiger, im Ballettsaal, und nicht das Ausleeren einer Befindlichkeit auf bei der künstlerischen Arbeit, keine Kompro­misse der Bühne. einzugehen.” – “Ich exponiere mich völlig, wenn An Choreographen, die Schläpfer aus seiner ich arbeite … und möchte bei meinem Ensemble Zeit als Tänzer besonders in Erinnerung gebliekünstlerisch zwingende Dinge klar benennen ben seien, nennt er: “Ganz sicher Heinz Spoerli. können.” Ich war gerne sein Tänzer. Aber die Atmosphäre Wie entdeckt und fördert der Choreograph war damals im Basler Ballett – ob er es bewusst Martin Schläpfer einen Tänzer? “Wichtig ist für oder unbewusst so wollte – schon sehr von Konmich eine tiefe Musikalität. Der Tänzer muss kurrenzkampf geprägt.” Ob Spoerli ein autoritärer ‘mitsingen’, nicht zählen. Ich zähle nie, wenn ich Choreograph gewesen sei? – “Er hat ja fast nie ­kreiere.” Eine weitere seiner “trademarks” sei die gecoacht. Heinz Spoerli hat zehn Minuten

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choreographiert, dann ist er rausgegangen, Peter Auf die Frage, ob Martin Schläfer als Marke ­Appel hat die Sequenz verfeinert und schnell ge- auf Facebook, Twitter und Instagram präsent sei: setzt und geklärt.” “Nein, das werde ich nie sein. Meine Ballette baMartin Schläpfer erzählt weiter über seine sieren auf der Begegnung von Tänzern. Ich artänzerischen Erfahrungen in Basel mit dem Star- beite mit Menschen, ihren Psychen und Körpern. Choreographen Hans van Manen, mit dem er Genauso möchte ich im realen Leben den Menheute befreundet ist – explizit auch darüber, dass schen persönlich begegnen, von Angesicht zu ihn Hans van Manen 1983 für dessen “Große Angesicht mit ihnen kommunizieren.” – “Es gibt Fuge” besetzt hat: “Das hat mich verändert. Das allerdings ein spannendes, transmediales Filmwar wie ein Gottesdienst. Ich durfte männlich projekt über meine Arbeit. Die Hamburger Filme­ sein und habe es macherin Susanne Wichtig ist für mich eine tiefe Musikalität. geliebt, aggressiv Stenner wird, wenn und kraftvoll zu Der Tänzer muss ‘mitsingen’, nicht zählen. ich in Wien arbeite, tanzen … Bei ihm regelmäßig kleine Ich zähle nie, wenn ich kreiere. waren wir ein kleiEpisoden ins Internes Orchester auf der Bühne, es ging nicht um net stellen … So entsteht eine Reibung mit mir eine Einzelleistung, nicht um das Publikum – es und meiner Arbeit, weil ich mich auf diesen war ein Ritus.” Plattformen wie gesagt sonst nicht bewege.” Schläpfer führt weiter aus: “Ich habe sehr früh durch Kollegen, Lehrer und natürlich auch Choreographen viel lernen dürfen und erfahren, dass Vier. es immer um Kunst geht, nicht nur um die Vir­ Was die Menschen bewegt: tuosität und das Wieviel. Allerdings schon um Wie viel Politik steckt im Tanz? das Wie.” Zur Frage, ob Kunst in dieser Zeit überhaupt noch unpolitisch ein könne, antwortet Martin Drei. ­Schläpfer: “Ich glaube schon, dass es legitim ist, Publikum, Presse, Privatleben: wenn Kunst nicht politisch begründet ist. Aber Der öffentliche Künstler dann muss sie unbedingt andere Dinge ansprechen. Sie muss etwas aufzeigen oder heilen, was “Ob ich mich als Choreograph in einer Ballett- den Menschen in dieser politischen und gesellwerkstatt präsentiere, als Tänzer in einem Stück schaftlichen Situation abhandenkommt. Es kann aufgetreten bin, als Ballettchef in einem Inter- Poesie sein, es kann eine Form von Erhöhung view sitze – ich bin mir schon bewusst, dass ich sein.” – “Ich halte es für ungeheuer wichtig, dass in der Öffentlichkeit eine gewisse Form wahren der Choreograph sich während seines Tuns und etwas anbieten muss. … Mein Kunstan- selbst hinterfragt. Er muss sich prüfen, ob es nur spruch, meine Gedanken, das Thema, ob man um seine Wut und seine Sicht geht … ob sein das Ziel erreicht, das man sich als Künstler ge- Thema wirklich durchdacht und gesellschaftlich setzt hat – all das ist nie öffentlich … In meiner relevant ist.” Kunst bin ich eigentlich geschützt. Der immer Über den zeitgenössischen Tanz, der Politik bekannter werdende Martin Schläpfer aber ist und aktuelles Zeitgeschehen auf die Bühne ­ zunehmend ungeschützt … es ist sehr wichtig, bringt – im Vergleich zur Existenzberechtigung öffentlich präsent zu sein und als Ballettdirektor des akademischen Bühnentanzes: “Er wird nicht etwas zu sagen zu haben. Wenn das nicht statt- aussterben, weil er ein europäisches Kultur­ findet, kann das Ensemble nicht wirklich populär phänomen ist. Diese Tanztechnik ist fantastisch. und in Bewegung sein.” Sie birgt ein großes Repertoire an Wahrheiten

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“STREICHQUARTETT“ - CHOR.: MARTIN SCHLÄPFER, YUKO KATO, CALLUM HASTIE, JULIE THIRAULT, BOGDAN NICULA, ballettmainz © BETTINA MÜLLER

und Symbolen. Nichtsdestotrotz liebe ich auch guten Contemporary Dance. Er ist in der Regel ein Amalgam der Techniken von Tai-Chi über Yoga bis Akrobatik und Ballett – und er ist auch performativ geworden.”

Fünf. Musik, Sprache, Bilder: Von der Idee über die Methodik zum Tanzstück Wie entsteht ein Schläpfer-Stück, gibt es eine ritua­lisierte Vorgehensweise? “Da ist einmal ein Ensemble mit seinen Interpretinnen und Interpreten, die mich inspirieren. Oder es ist eine Musik.” – “Zunächst ist mir Musik als Mensch, aber auch als Künstler, eine Lehrmeisterin. Die zeitgenössische Musik, nehmen wir Lutoslawski und das “Streichquartett” mit der Aleatorik, haben mich gelehrt, mit Musikalität anders umzugehen.” – “Wir können im Tanz durchaus einen Bruch mit der Melodie oder dem Rhythmus herbeiführen. Musikalität bedeutet aber genauso,

die Atmosphäre der Musik zu treffen. Man kann immer changieren: Mal will man brechen, mal will man malen wie die Melodie, mal will man in die Nähe der Atmosphäre kommen. Es kann ­neben der Musik sein, über oder unter ihr. Der Tanz muss gar nicht immer direkt mit der Partitur zu tun haben.” – “Die Musik ist für mich schon ein endloses Bassin an Möglichkeiten, fast wie das Unbewusste im Menschen.” “Bis zur ersten Probe wiegt man ein Ballett im Unterbewusstsein. Du hörst die Musik, Bühne und Kostüme sind bekannt – man muss ja die Entwürfe schon abgegeben haben, damit sie in den Produktionsablauf passen.” – “Ich bin unglaublich schnell (beim Kreieren, Anm.), wenn ich einmal in den Fluss komme. Ich gebe Material vor oder eine Richtung, wo es hin soll, und ­beobachte, was passiert. … Was ich ganz akribisch mache, ist das Coachen, nachdem ich eine Szene gestellt habe. Die Tänzer müssen wissen, warum sie etwas tun – und warum sie körperlich so sein müssen. Sonst machen sie ja nur Schritte.” ANNUAL 2020/21

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Sechs. Künstliche Intelligenz und Menschsein: ­Chancen, Risiken, Widersprüche Zur Entwicklung, dass Künstliche Intelligenz heute bereits imstande ist, Drehbücher zu schreiben, Musik zu komponieren und Tanzstücke zu schaffen, meint Martin Schläpfer: “Für mich persönlich ist das unvorstellbar … Ich kann Bewegung nicht ohne den Menschen sehen. Und mit dem Menschen meine ich seine Psyche, seine Lebens­ erfahrung, seine Geschichte.” – “Ich bin der Meinung, dass wir nur eine Zukunft haben, wenn wir essenziell menschliche Gesetze nicht nur wieder wahrnehmen, sondern auch wieder in unser Leben integrieren.” – “Fakt ist, dass der Mensch und die Natur ein Geheimnis sind, und wir viele Zusammenhänge gar nicht wirklich kennen … Insofern plädiere ich für mehr Vorsicht und Demut. Der Mensch kann nicht Gott spielen.”

fragen des Lebens: Warum sind wir? Warum sind wir so, wie wir sind? Warum fallen wir immer in die gleichen Muster zurück? Gibt es einen Gott? Warum sehnen wir uns so sehr nach Einheit in einer Beziehung oder in der Liebe? Ist das angeboren oder konditioniert? Ich finde, diese Themen können im Tanz wunderbar aufgearbeitet werden. Und das in einer Art und Weise, die nicht etwas punktiert und real beantwortet, sondern ein Geheimnis umrundet wie auf einer Umlaufbahn.”

Acht. “Gute” Länder, “schlechte” Länder: Kulturaustausch als Politikum

Auf die Frage, ob Gastspiele eine willkommene wechs­ lung oder eher eine zusätzliche Be­ Ab­ lastung – vor allem auch organisatorisch und ­finanziell – seien, antwortet der erfolgreiche Ballettdirektor: “Sie sind für mich persönlich ganz sicher eine zusätzliche Belastung. Schon weil Sieben. man nicht weiß, ob die Kunst, die zuhause wirkt, Bildende und darstellende Kunst: anderswo auch funktioniert und eine KommuniWas ist eigentlich Kunst? kation zustande kommt.” Allerdings habe Martin Schläpfer die Tournee “Ein echtes Kunstwerk Wien ist eine der wenigen Metropolen mit dem Ballett am hat ein solches GeRhein nach J­ apan viel für die Künste auf dieser Welt. wicht, dass es etwas gegeben: “Schön war auslöst.” – Auf Bettina Trouwborsts Frage, welche es, dass Japan meine Neuinterpretation von Rolle andere künstlerische Disziplinen wie Litera- ‘Schwanensee’, die nichts mit dem Original zu tur, bildende Kunst, Architektur, Schauspiel oder tun hat, so begeistert aufgenommen hat.” Film neben Ballett und Musik für ihn einnehZum Gastspiel 2014 in den Oman befragt: Gibt men, antwortet Martin Schläpfer: “Sie nehmen es politische oder moralische Grenzen bei der natürlich schon eine wichtige Rolle ein. Ehr­ Auswahl eines Gastspielortes? Oder besuchen licherweise muss ich aber gestehen, dass ich kulturelle Institutionen gerade autoritäre Staaten, mich eigentlich nur mit der Literatur intensiv be- um sie mit anderen Werten zu konfrontieren? schäftige … Dennoch, die anderen Kunst­formen Kulturaustausch also als politisches Instrument? sind durchaus prägend.” “Kein System ohne Blut, kein System, das nie“Das, was mich antreibt Ballette zu machen, manden ausnutzen würde. Ich bin da vorsichtig, entsteht nicht aus den anderen Künsten. Aber ich mit dem Finger auf jemanden zu zeigen.” – “Ich lerne von ihnen sehr wohl dazu. Es sind eher die mache Kunst für die Menschen, nicht für die Literatur, das Politisch-Wissenschaftliche, philoso- ­Regimes, die sie vertreten oder eben drangsaliephische Themen – und dazu gehört das Natur­ ren.” – “Ich glaube nicht, dass Menschen aus erlebnis – oder das Beobachten von Menschen, ­ einem anderen Kulturkreis unsere Ballette gewas mich antreibt … Mir geht es um die Sinn­ nauso lesen wie Menschen aus dem Abendland.

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Trotzdem muss es irgendwo – gerade in der Tanzkunst – archetypische Wahrheiten ­geben, die alle tangieren und die alle zu lesen imstande sind. Sei es im Unterbewusstsein oder rein energetisch.”

Neun. Blick zurück und Blick nach vorn: Von Düsseldorf Duisburg nach Wien Zweiundzwanzig Uraufführungen hat Martin Schläpfer für das Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg geschaffen. Was verbindet ihn persönlich mit Düsseldorf Duisburg? “Meine Arbeit und das, was ich damit ausdrücken möchte, ist ja von mir als Mensch nicht mehr zu trennen. Insofern verbindet mich mein Werk auch persönlich mit diesen beiden Städten …” Wie sieht es mit den Rechten aus dem Repertoire aus, das mit dem Ballett am Rhein entstanden ist? “Sie liegen bei mir. Es ist kein Werk ohne meine Zustimmung aufführbar. Wenn die Düsseldorfer Oper ein Stück von mir zeigen möchte, will ich jedes Ballett selbst proben und einstu­ dieren … Wenn ich jetzt in Wien ein Ballett aus meiner Zeit in Düsseldorf Duisburg aufführen möchte, kann ich das tun und es neu produzieren. Als erstes Repertoire-Stück aus meiner Ära am Rhein habe ich ‘Ein Deutsches Requiem’ in der Volksoper auf den Wiener Spielplan gesetzt.” Welche neuen Chancen bietet die österreichische Metropole Ihnen als Choreograph und welche als Ballettchef? Martin Schläpfer: “Wien ist eine der wenigen Metropolen für die Künste auf dieser Welt.” – “Mich zieht es sehr an, dass ich mit dem Ensemble auch das klassische Repertoire

zeigen, pflegen und als Teil meiner Konzeption anschauen kann.” – “Es wäre schön, wenn die Debatte enden würde, ob ein Werk ein Klassiker ist, Traditionspflege, Rekonstruktion oder eine zeitgenössische Arbeit, und das Publikum sich einfach nur noch für die Tanzkunst per se interessierte.” “Mein Tanz, mein Leben” ist ein außergewöhnliches und berührendes Buch, vom relativ kleinen Format, wie ein Tagebuch, sehr persönlich anmutend, grafisch modern gelayoutet und mit einer außergewöhnlichen Einbindung von sechs Foto-­ Leaflets im Buch produziert. Das Coverfoto sowie ein großer Teil der Fotos im Buchkern stammen von Gert Weigelt, Martin Schläpfers kongenialem Fotografie-Partner beim Ballett am Rhein, von dem ­ Schläpfer einmal sagte, dass er sein Archiv sei. Es ist ein Buch, das man verschlingt, das süchtig macht, mehr zu erfahren, aber nie alles offenbart … wie Martin Schläpfers Ballette. Und auf diese freuen wir uns nun in Wien!

MARTIN SCHLÄPFER Mein Tanz, mein Leben Gespräche mit Bettina Trouwborst 268 Seiten 80 Farb- und s/w-Abbildungen Hardcover, 17 x 23 cm EUR 30,00 (D), EUR 30,90 (A) ISBN 978-3-89487-813-9 Henschel Verlag, Leipzig ANNUAL 2020/21

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Tanz in all seiner Vielfalt Die Premieren des Wiener Staatsballetts 2020/21

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TEXT: WIENER STAATSBALLETT/ANNE DO PAÇO

FOTOS: TILLMANN FRANZEN (7)

KEISUKE NEJIME

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wiener staatsballettdancer’sANNUAL

“D

as Wiener Staatsballett ist eine Weltadresse und es hat selbstverständlich die ganze ­Palette an Ausdrucksformen und Stilen zu zeigen, wie das in der Oper, im Konzert oder Schauspiel auch üblich ist”, formuliert Martin Schläpfer seinen Anspruch an den Spielplan der Compagnie, der er seit September 2020 als Ballettdirektor und Chefchoreograph vorsteht. Entsprechend finden sich im Repertoire weiterhin die großen Handlungsballette. In fünf Premieren sowie einer Neueinstudierung bereichern darüber hinaus aber wichtige Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts sowie verschiedene choreographische Handschriften den Spielplan und eröffnen sich Gelegenheiten zur Begegnung mit Martin Schläpfers eigenen Arbeiten. Längst hat sich der Schweizer mit seinen hochmusikalischen, feinsinnigen und immer wieder auch eigenwilligen Werken einen Namen als Künstler gemacht, der das Ballett als eine äußerst vitale zeitgenössische Kunstform begreift und nicht nur mit seiner prägnanten Bewegungssprache, sondern auch seinen zutiefst berührenden Bildern zu faszinieren weiß. Die Meister der New Yorker Neoklassik – George Balanchine und Jerome Robbins – gehören weiterhin zu den festen Säulen des Spielplans, wie auch der Niederländer Hans van Manen. Nachdem die erste Volksopern-­ Premiere “Hollands ­Meister” bereits die Vielfalt, Ausdruckskraft und Virtuosität der niederländischen Tanzmoderne feierte, sind in der zweiten Spielzeithälfte erstmals mit dem Staatsballett Werke von Alexei ­Ratmansky sowie der American Modern Dance Künstler Paul Taylor und Mark Morris zu erleben.

Hollands Meister

León & Lightfoot / van Manen / Kylián Bis heute kommen wesentliche Impulse für den Tanz aus den Niederlanden, wie u. a. das Choreographen-Duo Sol León & Paul Lightfoot unter ­Beweis stellt. In “Skew-Whiff”, das die Premiere “Hollands Meister” am 20. September in der Volksoper eröffnete, setzen die Spanierin und der Brite eine Tänzerin und drei Tänzer wie unter Starkstrom und kreieren zu Rossinis Ouvertüre “La gazza ladra” einen grotesken, die (Ballett-) Welt aus den Angeln hebenden Spaß. In großem Kontrast dazu steht Hans van Manens ­BeethovenBallett “Adagio Hammerklavier” für drei Solistenpaare – ein Meisterwerk in seiner Konzentration und Klarheit. Und Jiří Kylián entfaltet schließlich mit seiner temporeich-fließenden Bewegungssprache zu Strawinskis “Symphony of Psalms” mit einer Gemeinschaft von Individuen eine faszinierende spirituelle Architektur.

Mahler, live

van Manen / Schläpfer (Uraufführung) Am 24. November präsentiert Martin Schläpfer mit der Uraufführung “4” zu Mahlers 4. Symphonie sein erstes Werk für das Wiener Staatsballett ANNUAL 2020/21

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scharfen Tönen und drastischen Schilderungen eines ganz und gar nicht himmlischen Paradieses zu einem tänzerischen Welttheater über die Sehnsüchte und Verlorenheiten, Träume und Verwerfungen des Menschen. Alle Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles sind in dieser Urauf­ führung zu erleben, das Wiener Staatsopern­ orchester unter Axel Kober bzw. Ramón Tebar sowie die Sopranistin Slávka Zámečníková alternierend mit Joanna Ke˛dzior sind ihre musikalischen Partner.

Ein Deutsches Requiem Schläpfer

Am 30. Jänner 2021 feiert mit “Ein Deutsches ­Requiem” zu Brahms‘ berühmter gleichnamiger

s­owie zur Eröffnung des Programms mit Hans van Manens “Live” eine Ikone des Repertoires als Erstaufführung. 1979 entstanden ist “Live” das erste Videoballett der Tanzgeschichte, und zu ­Musik von Liszt ein meisterhaftes Vexierspiel mit den Mechanismen der Wahrnehmung, das sich – mit dem Medium des Videos – schließlich ins Foyer und hinaus in die Wiener Nacht öffnet. Am Klavier ist die Leipziger Bach-Preis-Trägerin Schaghajegh Nosrati zu erleben. Für Martin Schläpfer ist die Musik eine zentrale Basis seines Schaffens. Ob große Sinfonie oder kammermusikalische Miniatur – die von ihm gewählten Partituren geben ihm mit ihren Architekturen den Rahmen und liefern die Energien für seine spannungsgeladenen Bewegungs­ bilder. Mahlers 4. Symphonie inspiriert ihn mit ihrer hintergründigen Schönheit, ihren gefährdeten Idyllen, aber auch ihrem bösen Humor, ihren 30

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Komposition eines der erfolgreichsten Werke Martin Schläpfers Premiere in Zusammenarbeit mit Solistinnen und Solisten, dem Chor und Zusatzchor sowie dem Orchester der Volksoper Wien unter Christoph Altstaedt. In einer monumentalen Architektur des Künstlers Florian Etti werden die Tänzerinnen und Tänzer hin- und hergeworfen zwischen Oben und Unten, Himmel und Erde, kriechen wie Lemuren über den Boden oder kämpfen gegen ihr Sein an. Aber auch Momente von unbeschreiblicher Leichtigkeit ­ kennt die Welt dieses Tanzstücks: in den freudigen Sprüngen oder der filigranen Entdeckung des Göttlichen im menschlichen Gegenüber. Ein ­“zutiefst berührender und begeisternder Ballettabend”, urteilte Ulrike Burgwinkel im Westdeutschen Rundfunk über die Uraufführung.

Promethean Fire

Taylor / Schläpfer / Morris Mit der Premiere “Promethean Fire” sind am 15. Mai 2021 in der Volksoper erstmals zwei heraus­ragende Künstler des American Modern Dance zu erleben. Paul Taylors “Promethean Fire”, entstanden als Reaktion auf die Anschläge von “Nine-Eleven”, ist mit seiner katastrophischen Grundstimmung ein bewegendes Tanzdrama zu Musik von Bach. Mark Morris bringt dagegen mit seinem wunderbaren Humor zu Martinůs Cembalo­ konzert neun „Beaux“ auf die Bühne: schöne Männer, echte Kerle, aber auch Kumpel, Kavaliere und unschuldige Engel. Der kräftigen Modern Dance-Sprache antwortet Martin Schläpfer mit zwei Miniaturen: subtile, in feinen Farben leuchtende Bewegungsstudien zu Musik von Ligeti. Thematisch ist der Tanzabend an den ­ ­äußeren Rändern des Prometheus-Motivs angesiedelt: zwischen Hybris und Menschlichkeit, Katastrophe und Schönheit, Schöpfung und ­ Vergänglichkeit.

A Suite of Dances Robbins / Balanchine

Ein Tanzfest der Neoklassik präsentiert das Wiener Staatsballett ab dem 23. Mai 2021 mit “A Suite of Dances”. Werke aus dem jüngeren Wiener Robbins-Repertoire für große Besetzung treffen in der Staatsoper auf zwei intime Miniaturen. In seinen “Glass Pieces” entfaltet Robbins durch die Verschmelzung von Athletik und Eleganz, Ballett, Modern Dance und Alltäglichem eine spannungsgeladene urbane Architektur aus Körpern und Bewegungen. Balanchine lässt in seinem “Duo Concertant” ein Tänzerpaar zwei Musikern lauschen. Doch bald schon mischen sie sich ein und verlieren sich zu Strawinskys Musik in einem Kammerspiel über Liebe und Verlangen. Eine intime “Unterhaltung” ist Robbins’ “Suite of Dances” – ein Dialog voller Natürlichkeit und feiner Nuancen zwischen einem Tänzer und ­einer Cellistin zu Suiten-Sätzen von Bach – und eine Staatsballett-Erstaufführung. Mit “The ANNUAL 2020/21

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ist ein vollendetes Beispiel für B ­alanchines elegante Athletik, virtuosen Schrittfolgen und komplexen Formationen im Raum. Zu den Weltstars des klassischen Tanzes zählt Alexei Ratmansky, der nun erstmals dem Wiener Staatsballett ein Werk anvertraut. In seinen “Pictures at an Exhibition” zu Mussorgskis “Bildern einer Ausstellung” bringt er mit großer Natürlichkeit die Formen des klassischen Balletts zum Leuchten. Martin Schläpfer taucht mit seinem Ensemble dagegen erneut in einen kreativen Prozess ein. Schostakowitschs 15. Symphonie, die Schlusspunkt eines großen Œuvres und Zusammen­ fassung eines ganzen Lebens ist, wird ihm zur Basis eines weiteren neuen Balletts. www.wiener-staatsballett.at

­ oncert” beschließt ein äußerst komisches Werk C das Programm: Zu Musik von Chopin lässt ­Robbins das Ballettensemble und einen Pianisten nicht nur in die raffiniertesten Räume der Fantasie, sondern auch in eine irrwitzige Folge von Pannen und Slapstick-artigen Nummern geraten.

Tänze, Bilder, Sinfonien

Balanchine / Ratmansky / Schläpfer (Uraufführung) Am 26. Juni 2021 treffen in der Wiener Staatsoper George Balanchine, Alexei Ratmansky und Martin Schläpfer mit Werken zu M ­ usik ­russischer bzw. sowjetischer Komponisten auf­einander. Die zur gleichnamigen Komposition Strawinskis choreographierte “Symphony in Three Movements” 32

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KETEVAN PAPAVA, ROMAN LAZIK, OLGA ESINA, ROBERT GABDULLIN, LIUDMILA KONOVALOVA, ANDREY TETERIN © ALLE FOTOS. WIENER STAATSBALLETT7ASHLEY RAYLOR

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Hollands Meister

Wiener Staatsballett

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NINA POLÁKOVÁ, MASAYU KIMOTO

DENYS CHEREVYCHKO, DAVIDE DATO

Skew Whiff Sol León & Paul Lightfoot Adagio Hammerklavier Hans van Manen Symphony of Psalms Jirí Kylián

Volksoper Wien Premiere: 20. September 2020

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dancer’sANNUALwiener staatsballett - review

NINA POLÁKOVÁ, ROBERT GABDULLIN, ALICE FIRENZE, FRANCESCO COSTA, SONIA DVORAK, ROMAN LAZIK, CLAUDINE SCHOCH

Jewels

Wiener Staatsballett Wiener Staatsoper WA: 24. September 2020

Emeralds Rubies Diamonds

Choreographie: George Balanchine © The George Balanchine Trust

KETEVAN PAPAVA UND ENSEMBLE

OLGA ESINA, MASAYU KIMOTO UND ENSEMBLE – ALLE FOTOS © WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY TAYLOR ITL Dancers Annual_0710.indd 34

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PROBENBESUCH DES BALLETTCLUBS IN DER VOLKSOPER WIEN © WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY TAYLOR

Ballettclub Wiener Staatsballett

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it Beginn der Spielzeit 2020/21 wurde für den bisher als private Kulturinitiative geführten Ballettclub eine neue Seite aufgeschlagen: Die neue Direktion – Dr. Bogdan Roščic̋ als ­ Direktor der Wiener Staatsoper und Martin Schläpfer als Direktor und Chefchoreograph des Wiener Staatsballetts – brachten den Ballett­club mit seinen Projekten und Zielen nunmehr unter das Dach des Wiener Staatsballetts. Seit 21 Jahren unterstützt der Ballettclub das Wiener Staatsballett und bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit, Tanzkunst von Weltklasse aus nächster Nähe zu erleben. Das persönliche Gespräch ist dem Ballettclub besonders wichtig, und mit zahlreichen Angeboten an seine Mitglieder ist er zugleich eine wichtige Initiative im Bereich der Kulturvermittlung, des -austauschs und der Vernetzung. 36

Von Beginn an war dem Ballettclub auch die ideelle und finanzielle Förderung des Tänzernachwuchses ein Herzensbedürfnis – er hat junge, vielversprechende Compagnie-Mitglieder mit Förderpreisen ausgezeichnet, Studierende der Ballett­akademie unterstützt und als Veranstalter einer eigenen Jungchoreographenschiene ganz besonders zur Förderung und Bekanntheit der eigenkreativen Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts beigetragen. Bisher wurden 57 Stücke produziert und auch an anderen Bühnen ­gezeigt. Einige der hiermit “entdeckten” Talente h ­ aben bereits international als Choreographen reüssiert. Sowohl die vom Ballettclub ausgezeichneten Nachwuchstalente als auch die “Jungen Choreographen” haben Karriere gemacht: Von den Förder­ preisträgerinnen und Förderpreisträgern präsentieren sich im heutigen E ­nsemble des

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Wiener Staatsballetts von Martin Schläpfer an der Spitze der Compagnie als Erste Solotänzerin Nina ­ Poláková und Erste Solotänzer Denys ­Cherevychko, Davide Dato und Masayu ­Kimoto, als Solotänzerinnen Elena Bottaro und Rebecca Horner, als Halbsolisten Tristan Ridel und Zsolt Török sowie die Corps de ballett-Tänzer Mila Schmidt und Keisuke Nejime. Weiterhin als Ensemblemitglieder des Wiener Staatsballett gehören die Teilnehmer der ­“Jungen Choreographen” des Ballettclubs – die Erste Solo­tänzerin Nina Poláková, die Solotänzer Francesco Costa und Eno Peci, Halbsolist ­Andrey Kaydanovskiy, sowie die Corps de ballet-­Tänzerin Tainá Ferreira Luiz und -Tänzer László Benedek, Andrés Garcia Torres, Trevor Hayden und Martin Winter – an. Der Ballettclub Wiener Staatsballett freut sich nun auf eine spannende Kooperation mit Martin Schläpfer! Neben den Aufführungen ist es ihm als Ballettchef und Künstler enorm wichtig, den Tanz ins Gespräch zu bringen, über Hintergründe zu informieren, Einblicke in die schöpferischen Prozesse zu geben und zum Mitmachen anzuregen. In Zusammenarbeit mit der Ballettdirektion veranstaltet der Ballettclub exklusive Künstler­ gespräche, Probenbesuche, Reisen zu Gast­ spielen der Compagnie sowie andere Sonderveranstaltungen und ermöglicht den direkten Dialog mit Martin Schläpfer und seinem Team. Als Mitglied des Ballettclubs lernen Sie die Compagnie kennen, sind Teil eines starken Netzwerks und unter­stützen als Multiplikator mit Ihrem Tanz-­Verständnis und -Interesse die Anerkennung und Bedeutung des Wiener Staatsballetts über die Grenzen Wiens und Österreichs hinaus.

sind Künstlergespräche sowie der Besuch von Bühnenproben mit Martin Schläpfer, die Raum zu persönlichen Begegnungen schenken. Hinzu kommen weitere Vorteile wie u. a. das Angebot von bevorzugter Kartenbestellung.

Vorläufige Termine des Ballettclub Wiener Staatsballett bis Jänner 2021: 19.09.2020 Besuch der Bühnenprobe ­“Hollands Meister”, Volksoper Wien 07.11.2020 Künstlergespräch Martin Schläpfer, Wiener Staatsoper 19.11.2020 Bühnenprobe “Mahler, live”, Wiener Staatsoper 05.12.2020 “Camerawork” Balázs Delbó, Ort wird noch bekanntgegeben 12.01.2021 Künstlergespräch Louisa Rachedi, Französisches Kulturinstitut 23.01.2021 Besuch der Bühnenprobe “Ein Deutsches Requiem”, Volksoper Wien Ich lade Sie, sehr geehrte Leserinnen und ­Leser, herzlich ein, die Aktivitäten des Ballettclub Wiener Staatsballett als Mitglied zu begleiten! Interessenten können zwischen ­ mehreren Basis- und Förderer-Mitgliedschaften wählen. Bitte besuchen Sie die Website für weitere Informationen: www.wiener-staatsoper.at/ballettclub/ oder kontaktieren Sie mich – ich freue mich auf Sie! Ingeborg Tichy-Luger Botschafterin des Ballettclubs ballettclub@wiener-staatsballett.at

Aufgrund der aktuellen Situation hat der Ballettclub sein Veranstaltungsprogramm 2020/21 über­ arbeitet und einer Prüfung nach den Covid-­19Sicherheitsbestimmungen unterzogen. Geplant ANNUAL 2020/21

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A First Date – Erste Begegnungen mit Demis Volpi Ingeborg Tichy-Luger im Gespräch mit dem neuen Direktor und Chefchoreographen des Ballett am Rhein

DEMIS VOLPI © SIGRID REINICHS

A

llem Anfang wohnt ein Zauber inne! Lieber Demis Volpi, herzliche Gratulation zum erfolgreichen Start mit dem Ballett am Rhein! Eineinhalb Jahre sind nun seit Ihrer Bestellung zum Ballettchef vergangen – und Sie hatten damals Ihren Start ja völlig anders geplant und programmiert ... doch dann kam die Pandemie. 38

Welche enorme Herausforderung war es nun für Sie, mit einer zum Großteil aus neuen Tänzerinnen und Tänzern bestehen­den multinationalen und -kulturellen Compagnie in relativ kurzer Zeit ein Covid-19-sicheres Vor­stellungs­ konzept auf die Beine zu stellen? Die Herausforderungen sind sehr unterschiedlich: am Anfang der Pandemie ging es darum, die Gefahren und die dadurch entstandenen neuen Begrenzungen zu verstehen, logistische Lö­sungen zu finden, um dann einen kreativen Prozess zu ermöglichen, damit nicht jedes Ballett einem Kompromiss gleicht. Gleichzeitig war es plötzlich durch die Reisebeschränkungen gar nicht mehr sicher, wer denn alles überhaupt anreisen darf – momentan sind eine Ballett­ meisterin, eine Tänzerin und ein Tänzer noch im Ausland. Nun geht es sehr stark darum, einen Alltag im Balletthaus zu ermöglichen, der uns gleichzeitig Sicherheit und Freiheiten bietet sodass Räume für Spontaneität entstehen können. Darüber hinaus müssen unsere Zuschauerinnen und Zuschauer den Gang ins Opernhaus neu lernen und die neuen Hemmschwellen, die es durch die Abstandsregeln gibt, überwinden. Für einen neuen künstlerischen Anfang, wo es sehr stark darum geht, das Vertrauen des ­Publikums zu gewinnen, sind die gegebenen Umstände eine große Hypothek. Und wie sehr hat es in Pandemiezeiten geholfen, dass mit dem Balletthaus in der Merowinger­ straße Ihrem 45-köpfigen Ensemble großzügige und sichere Trainingsmöglichkeiten zur Ver­ fügung stehen? Das Balletthaus war uns bislang eine große Hilfe! Vor allem die Tatsache, dass wir fünf Ballettsäle

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haben. Allerdings muss ich auch sagen, dass wir nur davon profitieren konnten, weil alle im Team – vor allem unsere Ballettmeisterinnen und Ballettmeister – sich bereit erklärt haben, zu sehr ungewöhnlichen Zeiten zu arbeiten. So haben die Tänzerinnen und Tänzer in den ersten Wochen zwischen 9 und 21.30 Uhr trainiert und geprobt. Das war eine enorme Leistung aller Beteiligten! Ihr programmatisches Konzept startet mit “­A First Date“ in drei ­Episoden – sowohl im Opernhaus in Düsseldorf als auch im Theater Duisburg – und hat dem Publikum nun ein individuelles Kennenlernen jedes einzelnen Tänzers und jeder Tänzerin in einer choreographischen Bandbreite von José Limón über Andrey Kaydanovskiy bis zu zehn Ihrer eigenen Arbeiten – darunter auch Uraufführungen – ermöglicht. Es waren sogar drei Uraufführungen! Eigentlich ist das ziemlich verrückt, was wir da gemacht ­haben. Sechs Premieren in zehn Tagen in zwei verschiedenen Städten, knapp ein Monat nach unserem Neubeginn und mit Einhaltung der abstände. Aber es hat sich gelohnt. Sicherheits­ Wir sind von unsem Publikum wahnsinnig herzlich empfangen worden und die Tänzerinnen und Tänzer hatten so die Möglichkeit, sich einzeln vorzustellen. Dass sich das Programm trotzdem nicht wie ein gewöhnlicher Gala-Abend anfühlt, hat sehr viel damit zu tun, dass die ehemalige Tänzerin und nun Film­regisseurin Daisy Long für jede Episode jeweils einen Film kreiert hat, in dem man die Com­pagnie sehr nah erleben kann. Dazu ist es uns auch noch gelungen, mit Aszure Barton und Andrey Kaydanovskiy zwei ­ choreographische Persönlichkeiten vorzustellen, die auch in den nächsten Monaten bei uns präsent sein werden. Nach Uraufführungen von Juanjo Arqués und von Ihnen im Abend “Far and near are all around” im Oktober trifft das Publikum auf “Entfernte Verwandte” im November: Hans van Manen, ein wohlbekannter und hochgeschätzter “Verwandter” in Düsseldorf Duisburg zeigt

EPISODE 1: “PRIVATE LIGHT”: LARA DELFINO, NELSON LÓPEZ GARLO © BERNHARD WEIS

EPISODE 2: “LOOK FOR THE SILVER LINING”: RUBÉN CABALAIRO CAMPO, MARIÉ SHIMADA © BERNHARD WEIS

EPISODE 3: “A FIRST DATE – LOVE SONG”: FELINE VAN DIJKEN, ERIC WHITE © BERNHARD WEIS ANNUAL 2020/21

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Bald darauf folgt im Dezember Ihre erste abendfüllende Uraufführung im Opernhaus Düsseldorf. Worauf darf sich das Publikum dabei freuen? Es wird ein Abendfüller, der auf ein Theaterstück vom argentinischen Schriftsteller Julio Cortázar basiert. Das Stück ist situativ, absurd und surreal zugleich. Es beschäftigt sich auf eine wundervoll humorvolle Art und Weise durch das Kolorit eines Cafés in Buenos Aires mit der Frage, ob ein Mensch über das Leben eines Anderen entscheiden darf. Das Stück zeigt uns in seiner phantasievollen Poesie, wie sinnlos die gesellschaftlichen Konstruktionen sein können. Die Figuren in ihrer Überzeichnung werden eine zentrale Rolle spielen, die Handlung ergibt sich aus diesem Mosaik. Wie wichtig ist Ihnen die Förderung von Choreographienachwuchs aus Ihrer eigenen Compagnie? Darf die Kooperation des Ballett am Rhein mit der Tonhalle Düsseldorf “Über Gren40

zen – Prometheus aus Licht” zu Beethovens “Die Geschöpfe des Prometheus” als Start einer Choreographen-Nachwuchsschiene verstanden werden, denn die Choreographin des Abends, Virginia Segarra Vidal, ist eine Tänzerin aus ­Ihren eigenen Reihen? Als eine der größten Compagnien Deutschlands haben wir eine Verpflichtung dem Tanz gegenüber und auch seiner Zukunft. Wir müssen weiterdenken und Andere zum Weiter­denken einladen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir im Dialog mit Bettina Masuch, der ­Intendantin des Tanzhaus NRW, eine neue Plattform für die Entstehung neuer choreographischer Sprachen ent­ wickeln, ergebnisoffen und erstmalig, in dem wir das Wissen und Können der freien Szene mit den Erfahrungen und Strukturen einer Ballettcom­ pagnie zusammenbringen. Ich sehe darin spannendes Potenzial für eine langfristige Zusammen­ arbeit und Weiterentwicklung unserer Kunstform. Darüber hinaus brauchen wir auch Chancen für die bereits entdeckten Talente. Die Koopera­ tion mit der Tonhalle Düsseldorf war die ideale Bühne für Virginia Segarra Vidal. Ich bin wirklich sehr neugierig darauf, was sie aus dieser sehr besonderen Möglichkeit machen wird – nicht nur für ihre eigene Weiterentwicklung, sondern auch künstlerisch für diesen besonderen Abend unter einmaligen Bedingungen. Wann wird voraussichtlich die Planung für das zweite Halbjahr der Saison 2020/21 bekannt­ gegeben werden? Im Herbst! Ich kann nur hoffen, dass all die ­Erfahrungen, die wir jetzt sammeln, uns weiter bringen werden, um innerhalb der Begrenzungen weiter neue Räume zu entdecken. Natürlich hoffen wir aber alle, dass das Ende der Pandemie bald in Sicht ist.

Illustration: Brian Storm

sein 2014 uraufgeführtes Stück “Dances with Harp” in einer neuen Fassung als “Dances with Piano” gemeinsam mit seinem “Solo”, die beide im Frühjahr 2019 in dieser Kombination vom Ballett am Rhein getanzt wurden. Im zweiten Teil des Abends feiert die renommierte Choreographin Sharon Eyal mit “Salt Womb” ihr Debüt bei Deiner Compagnie. Hans van Manen war es wichtig, dass Stücke ein längeres Leben im Repertoire haben, damit das Publikum die Chance hat, sie erneut zu ent­ decken, damit die Sehgewohnheiten sich auch weiterentwickeln können. Dafür braucht man, ähnlich wie in der Musik, mehrere Begegnungen mit einem Werk. Das kam uns sehr entgegen, da ich für die Compagnie langfristig auch ein Repertoire aufbauen will. Da ist Wieder­holung sogar wichtig und kann sehr bereichernd sein, wenn man immer Neues im V­ ertrauten ent­decken kann. Mit Sharon Eyal kommt die Arbeit einer Künstlerin ans Haus, die radikal, präzise und gleichzeitig wahnsinnig befreiend ist. Sie ist nicht ohne Grund in kurzer Zeit zum regelrechten Star der choreographischen Szene geworden.

Ich darf jedenfalls jetzt schon alles Gute, viel Erfolg und vor allem Gesundheit wünschen Ihnen, lieber Demis Volpi, Ihren Tänzerinnen ­ und Tänzern und dem gesamten Team des ­Ballett am Rhein! Danke sehr für das Interesse!

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SEP–DEZ 2020 BALLETT  /  PREMIEREN A First Date, Episode 1 Opernhaus Düsseldorf, Fr 11.09.2020 Theater Duisburg, Fr 18.09.2020

A First Date, Episode 2

SONDERVERANSTALTUNGEN Juanjo Arqués / Demis Volpi Far and near are all around Opernhaus Düsseldorf, Do 15.10.2020 Theater Duisburg, Fr 30.10.2020

Virginia Segarra Vidal Über Grenzen − Prometheus aus Licht Tonhalle Düsseldorf, Fr 11.12.2020

Opernhaus Düsseldorf, Sa 12.09.2020 Theater Duisburg, Sa 19.09.2020

Hans van Manen / Sharon Eyal Entfernte Verwandte

Silvestergala Der gute Rutsch

A First Date, Episode 3

Theater Duisburg, Fr 13.11.2020 Opernhaus Düsseldorf, Fr 20.11.2020

Theater Duisburg, Do 31.12.2020

Opernhaus Düsseldorf, So 13.09.2020 Theater Duisburg, So 20.09.2020

Demis Volpi Uraufführung

Illustration: Brian Storm

Opernhaus Düsseldorf, Sa 12.12.2020

Ballettdirektor und Chefchoreograph: Demis Volpi

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Opernshop Düsseldorf Tel.: + 49 (0) 211.89 25 21 1 Theaterkasse Duisburg Tel.: + 49 (0) 203.283 62 100 ballettamrhein.de

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Das Hamburg Ballett in Corona-Zeiten

“GHOST LIGHT”, SILVIA AZZONI, ALEXANDRE RIABKO © KIRAN WEST

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as Hamburg Ballett gehört international zu den ersten Compagnien, die nach dem Shutdown die Arbeit im Ballettsaal wiederaufgenommen haben und hat seine Spielzeit 2020/21 am 6. September mit der Uraufführung von John Neumeiers Neukreation

“Ghost Light” zu Solo-Klaviermusik von Franz Schubert begonnen.

“GHOST LIGHT”, PATRICIA FRIZA © KIRAN WEST

“GHOST LIGHT”, ANNA LAUDERE, EDVIN REVAZOV, KAREN AZATYAN © KIRAN WEST

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Dieses neue Ballett ist seit dem 11. Mai unter Beach­tung der geltenden Abstandsgebote und Hygieneschutzbestimmungen entstanden. Der

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T­ itel „Ghost Light“ greift eine amerikanische Theater­tradition auf: Nach Proben oder Aufführungen wird mitten auf der Bühne ein Metallständer mit einer einzigen Glühbirne aufgestellt. Die Lampe zeigt an, dass kein Künstler die Bühne nutzen darf. Das Ghost Light brennt die ganze Nacht hindurch – bis sich die Bühne wieder mit Leben füllt. “TOD IN VENEDIG”, ALEXANDR TRUSCH, LLOYD RIGGINS © HOLGER BADEKOW John Neumeiers Konzept bezog 55 Tänzer seiner Compagnie mit ein. Mit Blick auf das Abstandsgebot gestaltete er die praktische Arbeit John Neumeiers “Tod in Venedig” nach der Novelle in Kleingruppen von zwei bis maximal acht von Thomas Mann sowie mit seiner “Matthäus­Tänzern. “  ‘Ghost Light’ ist ein Ensemble-Ballett, Passion”. Dieses sakrale Werk zur Musik von das ich in Fragmenten entwickelt habe. Es ist ­Johann Sebastian Bach ist eines der Schlüssel­vergleichbar mit einzelnen Instrumentalstimmen werke im Schaffen von John Neumeier – seine ­einer Sin­fonie – oder einem traditionellen japa­ Version einer Wiederbelebung des christlichen nischen E ­ ssen: eine Folge sorgsam arrangierter, Kultus im Tanz. hoffentlich ‘köstlicher’ Miniaturen”, so John www.hamburgballett.de ­Neumeier.

“Ballette für Klavier und Stimme” Wenn Tanz und Musik in den “Balletten für ­Klavier und Stimme” sich berühren, öffnet das Spiel ihrer wechselseitigen Bewegungen Räume für kammerspielähnliche Stimmungen, die ihrem eigenen Weg folgen – ein grenzüberschreitendes, auf Austausch setzendes Gespräch mit und ohne Worte. Die vier “Ballette für Klavier und Stimme” zeigen stellvertretend, was John Neumeiers Werkkatalog neben den großen abendfüllenden Bühnenwerken außerdem an Choreographien birgt.

“MATTHÄUS-PASSION”, MATIAS OBERLIN, MARC JUBETE, FLORIAN POHL © KIRAN WEST

Im vorläufigen Repertoire-Spielplan bis Ende November 2020 gibt es zudem ein Wiedersehen mit “BALLETTE FÜR KLAVIER UND STIMME” – “EIN PORTRÄT VON MARILYN MILLER”, MAYO ARII © KIRAN WEST

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Bayerisches Staatsballett

PARADIGMA – neuer Triple Bill im November

ARTISTS OF BALLET BC IN “BEDROOM FOLK” © MICHAEL SLOBODIAN

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as Bayerische Staatsballett präsentiert am 3. November 2020 die Premiere des dreiteiligen Abends Paradigma mit Werken von Wayne McGregor, Sharon Eyal / Gai Behar und Liam Scarlett. Das Programm ersetzt die Vorstellungen von Jewels, die aufgrund der aktuellen Situation nicht zur Aufführung kommen können. Im Oktober stehen weitere Vorstellungen von Giselle und Schwanensee auf dem Spielplan. Das Madrid-Gastspiel des Bayerischen Staatsballetts, das ebenfalls für Oktober geplant war, wird nach Möglichkeit in eine spätere Spielzeit verschoben. Wie in zahlreichen anderen Compagnien wird auch beim Bayerischen Staatsballett derzeit der Spielplan pandemiebedingt angepasst und so darf sich das Publikum am 3. November 2020 im 44

Nationaltheater über die Premiere eines modernen Triple Bills mit einer Deutschland- und einer Europapremiere freuen. Anstelle von George ­Balanchines neoklassischem Dreiteiler Jewels, der nicht an die geltenden Hygienerichtlinien angepasst werden kann, vereint Ballettdirektor Igor Zelensky unter dem Titel Paradigma drei mo­ derne Werke aus der jüngeren Vergangenheit in einem Abend. Auf dem Programm stehen: Bedroom Folk von Sharon Eyal und Gai Behar, ein Stück, das 2015 viel umjubelt beim Nederlands Dans Theatre 1 uraufgeführt wurde und ursprünglich im Mai 2020 in München zur deutschen Erstaufführung hätte kommen sollen, sowie die Europapremiere von Liam Scarletts With a Chance of Rain. ­Scarletts Werk für acht Tänzerinnen und Tänzer

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entstand 2014 am American Ballet Theatre in New York zu Klaviermusik von Sergei Rachmaninow. Am Flügel spielt Dmitry Mayboroda. Ergänzt wird der Abend durch Wayne McGregors Choreographie Sunyata, die zu Klängen der finnischen Komponistin Kaija Saariaho 2018 im Rahmen des Portrait Wayne McGregor in München ihre Uraufführung feierte. Wie jedem Paradigma liegen allen drei Werken ganz eigene Strukturen zugrunde, die jeweils aufgebrochen, fortgeschrieben oder kontrapunktiert werden und so ein spannungsreiches Spiel mit aktuellen choreographischen Ordnungen entstehen lassen. Der schriftliche Vorverkauf für die Vorstellungen im November hat bereits begonnen. Am Schalter, online und telefonisch können Karten ab dem 15. Oktober erworben werden. Da das Pilotprojekt mit maximal 500 Besuchern zunächst bis Mitte Oktober 2020 befristet ist, gehen zunächst nur 200 Tickets pro Vorstellung in den Verkauf. Der weitere Spielplan wird fortlaufend ergänzt und ist zeitnah auf www.staatsballett.de zu finden. Nach dreijähriger Pause war im September der romantische Ballett-Klassiker Giselle auf die Bühne des Nationaltheaters zurückgekehrt. Wie schon im Fall von Schwanensee hat Ballettmeister Thomas Mayr das Werk behutsam an die aktuell geltenden Aufführungs­bedingungen angepasst. In den Hauptrollen gaben Laurretta Summerscales in der Titelpartie und Dmitrii Vyskubenko als Albrecht ihre Rollendebüts an der Seite von Prisca Zeisel als Myrtha und Emilio Pavan als Hilarion.

LAURRETTA SUMMERSCALES UND DMITRII VYSKUBENKO IN “GISELLE” © WILFRIED HOESL

PRISCA ZEISEL IN “GISELLE” © WILFRIED HOESL ANNUAL 2020/21

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Märchenhaftes in neuem Kleid meister ­Sascha Pieper gibt es Begegnungen mit dem Rotkäppchen, seiner Großmutter und natürlich dem Wolf. Und wenn Rotkäppchen sich zur Großmutter ans Bett setzt, wundert es sich nicht nur über deren große Ohren… Ballettdirektorin Beate Vollack möchte DAS deutsche Märchen schlechthin nun erstmals tänze­ risch kreieren lassen und eine Geschichte für die ­ganze Familie in neuer Form auf die Bühne ­bringen. Und das nicht nur für das ganz junge Publikum – jeder kann dabei das Kind in sich selbst neu entdecken.

“CINDERELLA” LUCIE HORNÁ, PRINZ CHRISTOPH SCHALLER

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nd wenn sie nicht gestorben sind, dann tanzen sie noch heute.” Nichts könnte das Tanz-Märchen ­“Cinderella” in ­ einer Choreographie von Ballett­ direktorin Beate ­ ­ Vollack besser beschreiben. ­ Cinderella möchte seit ihrer Geburt nichts lieber als tanzen und dabei vielleicht über ihren Traum­prinzen stolpern, denn in der sinnlichen und bild­ reichen Neuinterpretation von Beate ­ Vollack, die gleichzeitig selbst in die Schuhe der Stiefmutter schlüpft, steht die Welt des Tanzes im Mittelpunkt. Der große Balletterfolg der letzten Saison an der Oper Graz begeistert im Herbst noch einmal das Publikum. Märchenhaft geht es an der Oper Graz weiter, wenn sich allen ab fünf Jahren mit “Rotkäppchen” der Pfad von der Studiobühne in den Wald eröffnet. In einer Choreographie von Ballett46

Einem der schönsten Tänze überhaupt widmet sich “Tan(z)Go!” in einer Choreographie von ­Beate Vollack, die die Tänzerinnen und Tänzer, das ­Akkordeon, eine Stimme und die Z ­ u­schauer durch einen speziellen und intimen Abend führen wird. Eines ist sicher: Zur Musik von A ­ stor Piazzolla und anderen Tango-Größen werden ­ pure Emotionen zu erleben sein. Bei aller ­Liebe zum Tango ist aber das “z” im Titel nicht zu ­übersehen. Es macht daraus eine Aufforderung an den Tanz, Gefühle und Stimmungen eindrücklich zu übermitteln und uns tiefer als mit bloßen Worten zu berühren. Go, Tanz!, Go! Ab April nimmt sich Beate Vollack nochmals eines Märchenstoffs mit großer Partitur und ­ ­Geschichte an: “Undine” von Hans Werner ­Henze. Mit ihrer eigenen Bildwelt und Ballettsprache wird sie die Ge­ schichte einer Wasser­ nixe, die durch die Liebe zu e­ inem Menschen ihre Seele erhalten möchte, zum Leben erwecken. Auch in ihrer Inter­pretation stehen die Nymphe Undine, ihr Vater Tirrenio, P ­alemon und seine Braut Beatrice im Mittelpunkt – bis am Ende laut ­ ­Legende nur Meeresschaum übrigbleibt. “Zum Sterben zu schön” von Jo Strømgren beschließt die Ballettsaison an der Oper Graz mit tänzerischen Begegnungen mit Komponisten,

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deren Musikschaffen durch ihren allzu frühen Tod jäh beendet wurde. Nicht große Trauer, sondern vielmehr erhebender Tanz stehen im Mittelpunkt dieses Abends, der den Tod im Zeitalter der Romantik mit ihrer schönen Musik ins Z ­ entrum rückt. So begegnen sich zumindest an diesem Abend Franz Schubert, Frédéric Chopin, Carl ­Maria von Weber, Robert Schumann und Bedřich Smetana. “CINDERELLA” LUCIE HORNÁ, PRINZ CHRISTOPH SCHALLER

Beate Vollack fasst den breiten thematischen ­Bogen der Saison zusammen: “Diese Saison gilt ganz der Wiedererweckung unseres wunder­ baren Theaters und der Freude, unsere künstlerisch-tänzerische Leidenschaft endlich wieder mit unserem Publikum teilen zu können! Wir nehmen Jo Strømgrens Produktion als Leitmotiv für unsere kommende Saison und spielen daher nicht nur ‘Zum Sterben zu schön’. Es wird also schön und märchenhaft getanzt, gelebt und manchmal eben auch ein bisschen gestorben. So steht ein märchenhaftes Trio mit ­‘Cinderella’, ‘Rotkäppchen’ und ‘Undine’ auf dem Programm. Unsere Heldinnen und Helden tanzen für Groß und Klein, um den Zuseherinnen und Zu­sehern einen unvergesslichen Ballettgenuss zu be­ scheren. Und als besondere Herausforderung nehme ich den 100.  Geburtstag von Astor ­Piazzolla zum Anlass und werde das Publikum mit Goran ­Kovačević in ‘Tan(z)Go!’ in eine v­ öllig neue Welt ent- und verführen. Danke an das ­Publikum, dass es unseren Weg begleitet und uns die Treue hält.”

ENSEMBLE

Cinderella Ballett von Beate Vollack zur Musik von Sergej Prokofjew bis 9. Oktober 2020 Rotkäppchen Ballett von Sascha Pieper zur Musik von Dominic Faricier Premiere am 27. November 2020

ENSEMBLE

Tan(z)Go! Tanzabend von Beate Vollack zu Musik von Astor Piazzolla und anderen Premiere am 11. Februar 2021 Undine Ballett von Beate Vollack zur Musik von Hans Werner Henze Premiere am 10. April 2021

FOTOS: IAN WHALEN

Zum Sterben zu schön Ballett von Jo Strømgren Premiere am 20. Mai 2021 Information & Karten oper-graz.com Tel. 0316/8000 ANNUAL 2020/21

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Festspielhaus St. Pölten

Tanzen? Aber sicher! Pina Bausch . Germaine Acogny & Malou Airaudo Johan Inger . Aterballetto Ballet Preljocaj Josette Baïz . Groupe Grenade Eun-Me Ahn Company Malandain Ballet Biarritz Ballet Béjart Lausanne Gregory Maqoma . Vuyani Dance Theatre

JOSETTE BAIZ . GROUPE GRENADA © CÉCILE MARTINI

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ten. Südkoreas exzentrischer Tanz-Star blickt mit “Dragons” auf die Generation der Millenials und zeigt ein außer­ge­wöhn­ liches Portrait der im Zeichen des Drachen ge­ borenen asiatischen Tänzer. Thierry Malandain führt uns im F­ ebruar 2021 das tragische Schicksal von Frankreichs letzter Königin vor Augen. “Marie Antoinette” tanzt sich zur Livemusik der Tonkünstler unter der Leitung von Igor Dronov aufs Schafott.

MALANDAIN BALLET BIARRITZ “MARIE ANTOINETTE” © OLIVIER HOUEIX

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ach monatelangem Stillstand startet das Festspielhaus St. Pölten voller Tatendrang in seine neue Saison. Österreichs großes Tanzhaus öffnet ab sofort wieder Tür und Tor für mitreißende Performances und atemberaubendes Ballett.

Ein Mythos so leidenschaftlich wie zerstörerisch: Die Legende des wohl berühmtesten Schürzen­ jägers der Geschichte beflügelt seit Jahrhunderten die Künste – und im Oktober wohl die Fantasie so mancher Besucher. Bestens bekannt unter Österreichs Tanz-Aficionados präsentiert Choreograf Johan Inger mit “Don Juan” seine neueste Kreation im Festspielhaus, es tanzt das renommierte italienische Aterballetto. Angelin Preljocaj gilt zu Recht als einer der großen Meister des zeitgenössischen Balletts. Im November zeigt er mit seinem Ballet Preljocaj eine eindringliche “Schwanensee”-Interpretation, das Ton­ künstlerOrchester spielt live unter der Leitung von ­Yannis Pouspourikas. Josette Baïz begibt sich mit ihrer französischen Compagnie Groupe Grenade im Dezember auf eine tänzerische Weltreise und zeigt Choreografien von Akram Khan über ­Crystal Pite bis hin zu Lucy Guerin und Eun-Me Ahn. Letztere gastiert im Jänner 2021 mit ihrer Eun-Me Ahn Company im Festspielhaus St. Pöl-

TERMINE* Johan Inger . Aterballetto “Don Juan” Samstag 24. Oktober 2020 Ballet Preljocaj . Tonkünstler-Orchester “Schwanensee” Samstag 21. und Sonntag 22. November 2020 Josette Baïz . Groupe Grenade “D’Est en Ouest, de Melbourne à Vancouver” Samstag 5. Dezember 2020 Eun-Me Ahn Company “Dragons” Freitag 29. Jänner 2021 Malandain Ballet Biarritz . Tonkünstler-Orchester “Marie Antoinette” Samstag 13. Februar 2021 Béjart Ballet Lausanne “Syncope/Béjart fête Maurice/Boléro” Donnerstag 6. Mai 2021 Gregory Maqoma . Vuyani Dance Theatre “Cion: Requiem of Ravel’s Bolero” Freitag 28. Mai 2021 Pina Bausch . Germaine Acogny & Malou Airaudo “Das Frühlingsopfer/common ground[s]” tba * Stand: September 2020. Informationen zu Covid-19 bedingten Sicherheitsmaßnahmen und Programm­ änderungen tagesaktuell unter www.festspielhaus.at ANNUAL 2020/21

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Choreographia[Inter]Austriaca Ein Online- Probenbericht aus dem Corona Shut down

TEXT: ROSE BREUSS

“PROBEFOTO”: KAI CHUN CHUANG, MARCELA LOPEZ MORALES, DAMIAN CORTES ALBERTI UND ROSE BREUSS © ROSE BREUSS

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ls wir Anfang März 2020 die S ­tudios   des Institute of Dance Arts an der­  Anton Bruckner Privatuniversität schließen mussten, befanden wir uns mitten in der Erarbeitung eines Tanzforschungsprojektes mit dem Titel Choreographia[Inter]Austriaca. Ziel des Projektes ist es, choreographisches ­Wissen 50

aus einem ungewöhnlichen – heterochronen – Verständnis von Choreographie zu generieren und in einer Bündelung und Vernetzung von Kunstformen in actu und in motu immer wieder neu zu aktualisieren. Thematisiert werden vernachlässigte, “verwaiste” Spuren österreichischen Tanzerbes. Die Klammer [Inter] im Titel

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des Projektes soll verdeutlichen, dass wir wenig beachtetes österreichisches Tanzerbe im internationalen Kontext thematisieren. Master- und Doktorats-Studierende der Sparte Tanz arbeiten zur Zeit an wenig bekannten Archiv-Materialien wie Labanotation-Partituren ­ von Kurt Joos und Sigurd Leeder, choreographischen Skizzen von Julius Reisinger und Foto­ serien der Tanzgruppe von Dorothee Günther aus dem Archiv des Orff-Zentrums München aus den 1920er Jahren. Die Screenshot-Serie des Tänzers Kai Chun C ­ huang zeigt Momente aus gemeinsamen “Wohnzimmer”Proben, die online durchgeführt wurden. Auf der Suche nach möglichen Arbeits­methoden in der räumlich restriktiven Situa­ tion erwies sich die Opulenz des choreographischen Materials als bedeutsame Ressource und Referenz in den individuellen und erzwungener­maßen isolierten Prozessen. 52

Teile des Projektes werden im Herbst 2020 im E-Zine de – archiving movement des Epodium Ver­­lages publiziert: https://www.epodium.de/epodium-digital/e-zine/ Die Arbeiten gehen nun in den seit Juni wiedergeöffneten Studios weiter und werden “live” u. a. im Theater Westflügel in Leipzig (Premiere: 18. November 2020) aufgeführt. https://www.westfluegel.de/de/termine/event/ 10-theater/586-der-reigen-ein-ueberausschoenes-lied-vom-tod-at-premiere Screenshot Serie: Kai Chun Chuang Die erklärenden Positionen in den Screenshots sind in Labanotation geschrieben. Text und Labanotation: Rose Breuss

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Einfach, sicher und bequem NEU: Covid-19 Test direkt im Hotelzimmer im The Harmonie Vienna “Wir haben uns viele Gedanken gemacht, wie wir unseren Gästen in dieser herausfordernden Zeit ein Service bieten können, damit sie ihren Wien-Besuch oder ihre Geschäftstermine in Wien mit ­einem Gefühl von Sicherheit genießen können”, erklärt Hotel­ eigen­tüme­rin Mag. Sonja Wimmer. “Mit Lead Horizon haben wir einen etablierten und zuver­ ­ lässigen Partner gefunden, der unserem Qualitäts­anspruch auch gerecht wird.” Das innovative, von Lead Horizon entwickelte Verfahren sieht von NORBERT KETTNER, GF WIEN TOURISMUS; MAG. SONJA WIMMER, EIGENTÜMERIN ­einem umständlichen und unan& ­GESCHÄFTSFÜHRERIN THE HARMONIE VIENNA; PETER HANKE, FINANZSTADTRAT © PID/DAVID BOHMANN genehmen Nasenabstrich ab und baut stattdessen auf eine Rachenas 4-Sterne-Boutiquehotel The Harmonie spülflüssigkeit. Diese Methode hat sich sowohl Vienna bietet ab sofort seinen Gästen als als angenehmer, als auch als vorteilhaft für den Serviceleistung den innovativen Covid- Transport herausgestellt. Die Probenentnahme 19-Test von Lead Horizon direkt im Hotel an. mittels Rachenspülung (Gurgeltest) wurde von The ­ Harmonie Vienna ist nach den Wiener der WHO anerkannt und empfohlen. Dieser Test Richt­linien zum Umgang mit der Corona-Krise kann nach dem Check-In im Hotel innerhalb ­weniger Minuten völlig schmerzfrei durchgeführt zertifiziert. werden, eine ­Erklär-APP führt durch die einzelNach aktueller Gesetzeslage ist bei der Einreise nen Schritte. Im Anschluss wird der Test von Hotel-Mitarbeitern an ein Labor weitergeleitet. nach Österreich aus zahlreichen Ländern inner- ­ Labor wir das Ergebnis von halb von 48 Stunden ein PCR-Test verpflichtend. Ab Einlangen im ­ Das Boutiquehotel The Harmonie Vienna in Montag bis Samstag innerhalb von 24 Stunden Wien 9 bietet seinen Gästen nun als erstes ­Hotel datensicher zugestellt, womit sämtliche behördin Österreich die bequeme Möglichkeit, diese liche Vorgaben komfor­tabel und effizient erfüllt ­Gesetzes­vorgabe zu erfüllen, ohne lange Warte- sind – ohne Warte­zeiten am Flughafen und ohne zeiten zu haben oder einen Arzt aufsuchen zu ungewollte Verzögerungen der Reise. müssen. In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Forschungsunternehmen Lead ­ Horizon Dieses Service steht natürlich auch vor der Abkann jeder Gast selbst sicher, schmerzlos und reise zur Verfügung, wenn der Gast ein Zertifikat schnell mittels Gurgellösung direkt im Hotel­ für die Einreise in sein Heimatland oder in ein neues Zielland braucht. zimmer einen Covid-19-Test durchführen.

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“Geschäftsreisende und Touristen sind ohne ­negativem Corona-Zertifikat in fremden Ländern häufig in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Kompetente Labore im Ausland zu finden und aufzusuchen ist jedoch schwierig. Eine Partnerschaft zwischen dem Hotel The Harmonie V­ ienna und Lead Horizon ermöglicht es nun diesen ­Personen, sich einfach, unkompliziert und verlässlich testen zu lassen”, erklärt A ­ssoc.-Prof. Dr. med. Christoph Steininger von Lead Horizon. Der PCR-Test mittels Gurgellösung ist im Boutique­ hotel The Harmonie Vienna jederzeit für € 120,– an der Rezeption erhältlich, eine Voranmeldung ist nicht nötig. Über LEAD Horizon Lead Horizon ist ein österreichisches Unternehmen, das Anfang 2020 von Assoc.-Prof. Dr. med. Christoph Steininger und Michael Putz gegründet wurde. Gemeinsam mit Wirtschaftspartnern entwickelte Lead Horizon die passenden Lösungen

MAG. SONJA WIMMER BEIM ORF-INTERVIEW

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zur Testung des Coronavirus für Unternehmen, Kultur, Sport und Privatpersonen. Mehr Infor­ mationen unter: https://www.lead-horizon.com Über The Harmonie Vienna Das 4-Sterne-Boutiquehotel The Harmonie Vienna liegt zentrumsnah im hochwertigen S­ ervitenviertel im 9. Bezirk. Berühmte Sehenswürdigkeiten sind zu Fuß erreichbar. Das Design orientiert sich an einem visionären Kunstkonzept, das Tanz und Malerei auf einzigartige Weise vereint. Ein gelungenes Zusammenspiel zwischen Tradition und Moderne, Wiener Charme und herzlicher Gastfreundschaft im familien­geführten Hotel begeistert Geschäftsreisende ebenso wie Wien-Besucher. The Harmonie Vienna ist nach der Bewusst-Leben Philosophie konzipiert, setzt auf Nachhaltigkeit, Umwelt­ bewusstsein und spezielle Service-Angebote für Allergiker. www.harmonie-vienna.at

PCR-TEST © BEIDE FOTOS THE HARMONIE VIENNA

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Das Hotel, das aus der Reihe tanzt www.harmonie-vienna.at

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Erfolgsstory des Europaballetts St. Pölten

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eit beinahe 30 Jahren feiert das Europaballett St. Pölten als Kunst- und Kultur-­ Imageträger der Stadt St. Pölten und des Landes Niederösterreich tänzerische Erfolge. Gerade heute, in dieser für die Kunst herausfordernden Zeit, ist unser Leitsatz umso wichtiger: Musik in Verbindung mit Tanz ist grenzenlos verständlich und verbindet Menschen aller Kulturen. Saison 2019/2020 “Der Kuss”, “Wolfgang ­Amadé” und “Mythos Coco Chanel”. Unter der Leitung von Michael Fichtenbaum tanzen mehr als 30 Tänzerinnen und Tänzer aus 18 Nationen und verleihen der Compagnie ihr internationales Flair. Ballette in unterschiedlichsten Stilrichtungen von international namhaften Choreographen wie Renato Zanella, Artur Kolmakov, Peter Breuer und natürlich Michael Fichtenbaum, sorgen für abwechslungsreiche Darbietungen. Das Europaballett St. Pölten wird national für Gastauftritte in der Wiener Staatsoper, an der

Bühne Baden, für die Fête Imperiale in der ­Spanischen Hofreitschule sowie bei Balletteröffnungen in der Wiener Hofburg und im Konzerthaus immer wieder engagiert. 2019 eröffneten wir die Klimakonferenz R20 Austrian World Summit mit Arnold Schwarzenegger. 2009 eroberte die Kompanie die amerikanische und kanadische Bühne mit “Salute to Vienna” – diese Tournee ­findet seitdem jährlich ihre Fortsetzung. In der Spielzeit 2020/21 sind elf Tänzerinnen und Tänzer der Europaballetts St. Pölten bei ­“Madama Butterfly” in der Staatsoper Wien engagiert und somit Teil einer glanzvollen, grandiosen Opernvorstellung. Aber auch in Niederösterreich ist das Ballett in dieser Saison neben seiner Heimstätte, dem Theater des Balletts, auch auf Schloss Thalheim vertreten. Unter der künstlerischen Leitung von Anastasia Irmiyaeva freut sich das Publikum auf einen kulturell anspruchs­ vollen Abend im Oktober mit “Digital Ballet/Junge Choreografen”. Für den Herbst 2020 stehen auch ANNUAL 2020/21

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Mi., 02.12.2020 und Do., 03.12.2020, 19:00 Uhr Ballett – around the world Alfons Haider und das Europaballett setzen Zeichen für den Frieden. Der bekannte Entertainer Alfons Haider singt und moderiert, um Zeichen für die Kunst zu setzen. ­Gemeinsam mit dem Europaballett werden auch an diesem Abend Zeichen für die Kunst und den Frieden gesetzt. Kunst ist völkerverbindend, entfernt Barrieren und ermöglicht ein Miteinander ohne eine gemein­ same Sprache. Ballett benützt weltweit die gleiche Sprache und schafft

Auftritte in B ­ aden mit “Ludwig van tanzt”, einer Produktion anlässlich Beethovens Jubiläums­ jahres und “Stabat Mater” in Sopron auf dem Programm. Die Kunst lebt vom Publikum. Kunst, um der Kunst willen ist sicher auch möglich. Aber gerade Ballett lebt vom Publikum, von Ihrer Resonanz, von Ihrem Applaus und Ihrem Feedback! Das Saisonprogramm des Europaballetts: Do., 22.10.2020 – 19:00 Uhr Fr., 23.10.2020 – 19:00 Uhr Herbstgala Das Europaballett St. Pölten eröffnet die ­Spielsaison mit den Stargästen Xenia Galanova und Tomoko Nakai Die Eröffnung der Ballettsaison startet traditionell mit der Herbstgala. Erleben Sie einen wunderschönen Abend mit klassischen und modernen Variationen, getanzt vom Ensemble des Europaballetts. Mit dabei sind Stargäste wie Tomoko Nakai und Xenia Galanova und die gebürtige Russin und Wahlwienerin Xenia Galanova.

Di., 08.12.2020, So., 20.12.2020 16:00 Uhr, Mo., 21.12.2020, Di., 22.12.2020 und Mi., 23.12.2020, 17:30 Uhr “Der Nussknacker” Ballett in zwei Akten zur Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski nach dem Märchen von E.T.A. Hoffmann – Nussknacker und Mausekönig Inszenierung und Choreografie nach Juri Grigorovitch. Getanzt vom Ensemble des Europaballett sowie ­Eleven des Ballettkonservatoriums St. Pölten unter der Künstlerischen Leitung von Michael Fichtenbaum.

So., 29.11.2020, 16:00 Uhr Ballett – Oper EUROPABALLETT & Wolfgang Gratschmaier ­präsentieren BALLETT & OPER Genießen Sie im ersten Teil ein besonderes Oper & Ballett-Pas de deux mit Kevin Elsnig, einem der erfolgreichsten österreichischen Stimmvirtuosen der ­ Jetztzeit und dem Europaballett. Im zweiten Teil freuen Sie sich auf die großartige Sopranistin Magdalena Renwart mit Arien aus Giacomo Puccinis “Madama Butterfly”, die zum Träumen und Genießen einladen. 58

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“Der Nussknacker”, eines der wohl meistgespielten Werke der Ballettliteratur, das für Generationen von Ballettbesuchern zum Schlüsselerlebnis geworden ist. Di., 05.01.2021, 16:00 Uhr Neujahrkonzert Wolfgang Gratschmaier und das Europaballett begrüßen Sie im Jahr 2021 Traditionell begrüßt der Volksopernliebling Wolfgang Gratschmaier mit dem Europaballett das Jahr 2021. Geboten wird ein Mix aus bekannten Opern- und Operettenmelodien, interpretiert vom Original Wiener Salonorchester unter der Leitung von Luka Rath, getanzt vom Europaballett St. Pölten. Do., 21.01.2021, 17:00 Uhr Der kleine Prinz Ein modernes Kunstmärchen für die ganze Familie Einen für Kinder und Erwachsene gleichermaßen krea­ tiven Impuls setzen wir mit dem Märchen “Der kleine Prinz”, frei erzählt nach Antoine de Saint-­ Exupéry, nach einer Choreographie von Reiner Feistel. Im Auge des Betrachters – je nach Lebens- bzw. Alters­stufe – sind die unterschiedlichsten Botschaften erkennbar. Dieses moderne Kunstmärchen wurde von Antoine de Saint-Exupéry als Appell für Freundschaft und Menschlichkeit interpretiert. Die Kernaussagen sind: “Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das W ­ esentliche ist für die Augen unsichtbar.” – und – “Nichts ist so wertvoll wie die Zeit, die wir gemeinsam verbringen”! Sa., 13.02.2021, 19:00 Uhr Mythos Coco Chanel Eine Reise in das Paris des frühen 20. Jahrhundert Choreograf Peter Breuer widmet sich in seinem biographischen Handlungsballett dem Mythos von ­Gabrielle “Coco” Chanel – eine Frau, die die Modewelt revolutioniert, die Kunstwelt inspiriert und sich selbst bereits zu Lebzeiten zu einer Legende gemacht hat. 1909 gründet sie ein Hutatelier in Paris. Mode entwirft sie in dieser Zeit nur für sich selbst und ihre Freundinnen. Was für sie zählt, sind Geradlinigkeit und natürliche Bewegungsfreiheit. Fr., 26.03.2021, 19:00 Uhr Frühlingsgala Mit einem Programm aus abwechslungsreichen Ballettvariationen begrüßen wir den Frühling im Theater des Balletts Sowohl für Stammgäste als auch für neue Freunde des Balletts ist die Frühlingsgala immer wieder eine

sehr beliebte Veranstaltung in der Ballettsaison. Der Reichtum an Abwechslung mit klassischen und ­modernen Choreographien begeistert und fasziniert. Das bunte Programm verspricht viele tänzerische Highlights und unvergessliche Momente. Sa.,11.06.2021, 19:00 Uhr Madame Butterfly Ballettpremiere Die unglückliche Liebe der japanischen Geisha Cio-Cio-San In einer Koproduktion mit dem Stadttheater von Novi Sad, vertanzen wir die Oper als Ballett. Der US-amerikanische Leutnant Pinkerton heiratet die japanische Geisha Cio-Cio-San – nach damals tolerierter Sitte – für eine kurze Zeit: Was für ihn kaum mehr als ein Zeitvertreib ist, bedeutet für sie die große Liebe. Nach seiner Abreise wartet sie lange auf seine Rückkehr: Als er endlich wiederkehrt, muss Cio-Cio-San – die ihm einen Sohn geboren hat – erkennen, dass er erneut geheiratet hat. Aus Verzweiflung tötet sie sich: “Ehrenvoll zu sterben, wer nicht länger in Ehren leben kann.” So., 11.07.2021, 18:00 Uhr Internationales Ballettmeeting Tänzerinnen und Tänzer aus bis zu 20 Nationen präsentieren das Ergebnis ihres Tanz-Workshops Einmal im Jahr ist St. Pölten internationaler Schauplatz für junge Ballett-Talente aus aller Welt. Der beliebte Tanz-Workshop mit internationalen Dozenten wird jährlich von Tänzerinnen und Tänzern aus bis zu 20 Ländern besucht. Höhepunkt dieser Woche ist unumstritten das Ballettmeeting. Mit einem imposanten Feuerwerk aus Temperament und tänzerischer Leidenschaft präsentieren die Teilnehmer an diesem Abend ihr Können. ANNUAL 2020/21

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Das gab es vorher in dieser Form noch nie. Dieser Lehrgang wird auf lange Sicht die internationale Tanzszene verändern. Mastermind Niels „Storm“ Robitzky spricht mit Begeisterung über den Lehrgang

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Kultur-, Kunst- und Bildungsverein

Seit 5 Jahren veranstaltet Urban Artists Tanz-Events mit internationaler Besetzung

Jahresprogramm 2021

Dem Verein Urban Artists und seinen Mitgliedern sind vor allem die Verbreitung von urbanen Tanzformen wie Locking, Popping, Breaking, House, Hip Hop Freestyle oder Waacking, sowie Kunstformen der Hip Hop Kultur wie DJing, Writing, Mcing oder Beatboxing ein besonders Anliegen. Das erreichen sie durch die Organisation von Veranstaltungen wie “Show Your Skillz” oder “Urban Art Session”, Vermittlungskonzepte, Aus- und Fortbildungen oder die Präsentation im öffentlichen Raum in Kooperation mit Festivals (wie dem Linzer Pflasterspektakel oder der Langen Nacht der Bühnen). Urban Artists steht in einer engen Kooperation mit dem Lehrgang für Urban Dance Styles an der Anton Bruckner Privatuniversität und veranstaltet im Zuge der Ausbildung auch Workshopwochen und Festivals. Show Your Skillz, Urban Art Session, Easter Dance Days, Summer Dance University oder das Urban Dance Festival bilden die Highlights des Jahresprogramms. Internationale Szenegrößen vermitteln ihr Wissen und Können in Form von Shows oder Workshops und schaffen Bewusstsein für die Kultur und den Tanz. Urban Artists wurde 2016 in Linz unter Beteiligung von internationalen Szenegrößen gegründet, um unterschiedliche Kunstformen der urbanen Kultur zu fördern. URBAN ARTISTS - Kultur-, Kunst- und Bildungsverein TEL | +43 660 2233802 MAIL | info@urbanartists.at WEB | www.urbanartists.at

urbanartists.at urbanartistsaustria urbanartists

SHOW YOUR SKILLZ Termin | 9. Jänner 2021 Tickets & Anmeldung | and8.dance Web | www.showyourskillz.at Diese Veranstaltung bietet die Möglichkeit für einen Tag in die Welt des urbanen Tanzes einzutauchen. Wie auch in den letzten Jahren werden zahlreiche nationale und internationale Besucher erwartet, die gegeneinander in einem “Battle” (Tanzwettbewerb) in den Kategorien Hip Hop Freestyle, Breaking (“Breakdance”) und Experimental antreten.

EASTER DANCE DAYS Termin | 29. März - 1. April 2021 Tickets & Anmeldung | and8.dance Web | www.easterdancedays.at In den Osterferien bringen die Urban Artists gemeinsam mit dem Lehrgang für Urban Dance Styles der Anton Bruckner Privatuniversität etwas ganz besonderes nach Linz: Die Easter Dance Days.Von Montag, 29. März bis Donnerstag, 1. April 2021 finden an der Anton Bruckner Privatuniversität Workshops mit internationalen Szenegrößen statt.Vier Tage vollgepackt mit Inspiration, neuen Skills, guter Energie und vor allem Spaß.

SUMMER DANCE UNIVERSITY Termin | 12.-16. Juli 2021 Tickets & Anmeldung | and8.dance Web | www.summerdanceuniversity.urbanartists.at Zum wiederholten Mal öffnet die Anton Bruckner Privatuniversität in der ersten Sommerferienwoche die Tanzsäle für Interessierte. Auch 2021 bietet die Summer Dance University wieder jede Menge Programm für Anfänger bis Profis – für Kinder bis Erwachsene.Von Ballett bis Breaking, von Hip Hop Freestyle bis Modern. In den 60 Workshops ist für jeden etwas dabei. ANNUAL 2020/21

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ENDLICH wieder TANZEN!

TEXT: PETER KIELHAUSER

HSV ZWÖLFAXING B-TEAM © STEFAN WAGNER

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as war heuer lange Zeit nur als Frage zu formulieren, aber nach einiger Zeit konnte über die Erfahrungen der Medizin und die Erkenntnisse im praktischen Umgang mit der herrschenden Pandemie ein Weg gefunden werden um mit aller Vorsicht diesen wunderbaren Sport wieder ausüben zu können. Es ist klar, dass es ein Null-Risiko für eine Ansteckung nicht geben kann, aber mit Verantwortungsgefühl für sich selbst und für andere, konnte auch hier ein Modus Vivendi gefunden werden. Ein kurzer Rückblick über wesentliche Schritte ab Mitte März zeigt die dramatische Entwicklung für uns Turniertänzer in unserem Tanzsportklub HSV Zwölfaxing und hier in Österreich, die aber weltweit sehr ähnlich ist. Bereits am 13. März hatten wir in einer Trainerbesprechung beschlossen, sämtliche gemein­sa­ men Tanzsportaktivitäten unmittelbar ein­zustellen. Sofort darauf entschloss sich unser Chef­trainer Stefan Herzog für alle Mitglieder im Klub ein

regel­mäßiges Videotraining abzuhalten, um keinen sportlichen Lockdown erfahren zu müssen. Natürlich ist das isolierte “Hometraining” nur eine sportliche “Krücke”, aber ein komplettes Aussetzen würde nicht nur die entsprechend trainierten Muskeln und Bewegungsabläufe reduzieren, auch das ganze Übungsgefüge würde die tanzsportliche Leistungsfähigkeit für die Zeit ­“danach” im Niveau absenken. Hier sei dem Cheftrainer herzlichst gedankt. Die unmittelbare Korrektur durch unsere Trainer beim Livetraining fehlte aber allen. Organisatorisch haben sich gleichzeitig die Ab­ sagen von internationalen und nationalen Turnieren quasi überschlagen und sie dauern bis heute noch vielfach an. Die im Frühjahr bis Anfang Juni geplanten Österreichischen Staatsmeisterschaften in den verschiedenen Tanzsport-Disziplinen mussten, nach anfänglichen Über­legungen diese in den Frühherbst zu verschieben, letztlich entfallen, so auch jene der Latein-Formationen. Das A-Team des HSV Zwölfaxing, welches alle

EUROPAMEISTERSCHAFT

Donaupokal

Tanzen - Formation Latein

2021 WDSF European DanceSport Championship Formation Latin

29.05.2021

Multiversum Schwechat Vorrunde: 14:00 Abendveranstaltung: 19:30

#DOP20

17-ter

28+29.11.2020 Start Samstag 15:00 Start Sonntag 10:00

Internationaler Tanzsport Formation Latein und Standard + Bewertungsturnier Latein

Tickets & Infos

www.em2021.dance

Foto © Stefan Wagner

Sporthalle Purkersdorf BG/BRG Herrengasse 4, 3002 Purkersdorf Infos und Karten unter: www.donaupokal.at

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HSV ZWÖLFAXING A-TEAM © STEFAN WAGNER

Bundesligaturniere der Rumpfsaison 2010/2020 bis zum Lockdown gewonnen hatte, blieb somit mit dem Titel des Staatmeisters aus 2019 weiterhin an der Spitze der Österreichischen Latein­ formationen (nunmehr das 15. Mal). Für den 23. Mai 2020 war die Europameisterschaft der Latein Formationen in Schwechat unter der Durchführung durch den HSV Zwölfaxing geplant gewesen. Nach einem Verschiebungs­versuch auf den 10. Oktober 2020 musste diese schlussendlich auf den 29. Mai 2021 verschoben werden. Den Kartenverkauf dafür wollen wir, ­derzeit vorsichtig unter den aktuellen COVID-­Bedingungen geplant, noch in diesem Herbst b ­ eginnen. (Informationen in Kürze unter www.EM2021.dance) Nun aber zu den aktuellen Bemühungen: Da ganz gleich wie im Ballett auch alle Tanzsportler, das Publikum und auch die Funktionäre schon sehr auf neue Präsentationen und Turniere hoffen, haben wir uns entschlossen, den Donau­pokal / Danube Cup 2020 am 28. und 29. November in Purkersdorf zur Durchführung zu bringen. Einen entscheidenden Einfluss gaben die unterschiedlichsten Kulturveranstaltungen dieses besonderen Sommers, die gezeigt haben, wie sehr ein lebendiger Kultur- und Sportbetrieb essentieller Teil 64

unseres Lebens ist und wie dankbar Künstler und Publikum für deren Fortführung unter diesen erschwerten Umständen sind. Es ist er­­ mu­ ti­ gend, wie sehr uns bisher alle unterstützen, um dieses Traditionsturnier realisieren zu können. Dazu haben wir eine eigens geschulte COVID-Beauftragte, tauschen uns mit möglichst vielen Experten aus und riskieren auch finanzielle Schwierigkeiten. Wir werden zusätzlich das gesamte Turnier wieder im Livestream für alle jene übertragen, die diesmal aus Gründen der stark reduzierten zugelassenen Zuschauerzahl oder eigener Vorsicht nicht selbst dabei sein können, freuen uns aber über jede Unterstützung, die uns zuteil wird. (Genauere Informationen in Kürze unter www. Donaupokal.at) Wir sehen es als Auftrag in schwierigen Zeiten unsere jahrelangen Erfahrungen gepaart mit verantwortlichem Verhalten und Risikobewusstsein für den Sport und deren Ausübende aktiv zu sein. Deshalb darf ich an dieser Stelle auch den generellen Appell wiederholen: Unterstützen auch Sie unseren mitreißenden Sport, damit wir zu Ihrer Erbauung und Freude trotz aller verständlicher Vorsichtsmaßnahmen endlich wieder TANZEN können.

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