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Christian Kolonovits

Er wohnt im Wiener Heurigenort Neustift, arbeitet seit Jahren mit den großen Orchestern unserer Zeit und hat jetzt sein erstes Opernwerk mit José Carreras uraufgeführt. Was aber viele schon vergessen haben – den Austro-Pop würde es ohne Christian Kolonovits so nicht geben.

Wir Alten müssen mit Respekt die Jungen machen lassen

TEXT VON RUDI MATHIAS, FOTOS: RENE WALLENTIN

FENDRICH, DANZER, Ambros, STS und viele mehr altbekannte Granden des „Austro-Pops“ hat er produziert. Heute zieht es Christian Kolonovits auch in eine andere Richtung: die Oper. Mit Herausgeber Rudi Mathias spricht er über seinen Werdegang und wie er die österreichische Musiklandschaft und ihren Nachwuchs einschätzt.

schau: Herr Kolonovits, Sie haben mit der Oper „El Juez“ im spanischen Bilbao Jubel ausgelöst, der selbst in Argentinien noch zu hören war. Wie kommt man als geborener Rechnitzer zu so einem Stoff?

Christian Kolonovits: Die Oper „El Juez“ – zu deutsch „Die verlorenen Kinder“ – geht auf das spanische Franco-Regime zurück, in dem der Diktator systemkritischen Familien einfach ihre Kinder wegnahm und in „Heimen“ umerziehen ließ. José Carreras spielt darin den Richter, der im Stück vom Faschisten nach und nach zum Humanisten wird. Der Impuls zum Stoff ging von der Oberwarterin Angelika Messner aus, die das Libretto zur Oper auf Grund einer BBC-Dokumentation über die Machenschaften Francos schrieb. Mit drei Arien im Gepäck flog ich zu José nach Barcelona – der war begeistert und dann kamen drei Jahre harte Arbeit.

Josè Carreras, Placido Domingo – Sie haben Ihre musikalischen Wurzeln in der Vorzeit des AustroPop. Wie kommt man da zu solchen Partnern?

Mein Weg war immer der, ein bisschen anders zu sein. Ich glaube aber, dass einen der Mut, einfach durchlässig und offen seine eigenen Dinge zu machen, automatisch in die richtige Umgebung stellt. José Carreras hab’ ich kennengelernt, als er in Wien eine Platte aufgenommen hatte, mit der er nicht zufrieden war. Über Nacht hab’ ich das Arrangement umgeschrieben. Ein anderes Mal haben mich dann die Wiener Symphoniker ins New Yorker Sony Building geholt, um für Placido Domingo ein Weihnachtslied zu arrangieren. Daraus wurde dann die Konzertreihe „Christmas in Vienna“.

Auch für Sie hat vieles mit der Sendung „Gut aufgelegt“ begonnen, die auf Ö3 junge, auf Deutsch singende Künstler förderte. Wie wichtig war das?

„Erst jetzt beginnen junge Leute langsam zu merken, wie wichtig Lieder von Ambros oder Texte von Danzer waren.“

Christian Kolonovits

Eva Maria Kaiser hat mit „Gut aufgelegt“ aus dem Nichts eine Idee entwickelt und damit auf den ORF so stark Druck gemacht, wie es der Sender auch heute wieder einmal brauchen würde. Sie hat so neues Bewusstsein für österreichische Musik geschaffen – was sie losgetreten hat, ist in den 70er Jahren zum Ausbruch gekommen und hat so zu einer Hochblüte von Ö3 und zu dem von nicht allen geliebten Begriff „Austro-Pop“ geführt.

Was empfehlen Sie da dem heutigen Musiknachwuchs, nachdem der Austro-Pop zumindest scheintot ist?

Wir Alten müssen mit Respekt die Jungen machen lassen. Trotzdem glaub’ ich an Vorbilder und an Vernetzung. Im Falle des Austro-Pop hat aber diese Vernetzung aufgehört zu existieren. In Amerika ist das umgekehrt. Dort sind Künstler wie Bob Dylan immer noch Idole, auf die der Nachwuchs aufbaut. Bei uns gab’s da in den Neunzigern einen gnadenlosen Bruch. Und erst jetzt beginnen junge Leute langsam zu bemerken, wie wichtig Lieder von Ambros oder Texte von Danzer waren.

„Unser Musiknachwuchs braucht wieder eine mediale Plattform, die Bewusstsein schafft.“

Christian Kolonovits

„Mein Weg war immer der, ein bisschen anders zu sein.“ Christian Kolonovits

Beginnen Sie jetzt nach der großen Oper ein neues Leben als Weinbauer hier in Neustift am Walde?

Ich mach’ mir da grundsätzlich keine Pläne. Zur Zeit arbeite ich an einem Stück für die Wiener Volksoper und an einer CD mit Ben Becker, mit dem ich vor ein paar Monaten im Wiener Rathaus zusammengekommen bin. Ben singt gern traurige Lieder in seinem schwarzen Anzug und als ich draufgekommen bin, mit welcher Ehrfurcht der norddeutsche Becker den Wolfgang Ambros verehrt, haben wir ihn angerufen. Wenn alles klappt, wird es auf dem Album ein Duett mit Ben Becker und Wolfgang Ambros geben.

Vielen Dank für das Gespräch! ///

Christian Kolonovits

Als Produzent und Komponist hat sich der gebürtige Burgenländer einen Namen in der Musikbranche gemacht. Ob Filmmusik, Pop oder Klassik – Christian Kolonovits scheut keine Nische der Musikwelt. Nach Austro-Pop, VSOP und CarrerasOper kommt jetzt ein Studioalbum mit Ben Becker und Wolfgang Ambros. CHRISTIAN KOLONOVITS bei Jesse Schwarz im Salon Schräg auf schau TV: zu sehen in der schau Mediathek: www.schaumedia.at

STS, Ludwig Hirsch, Wolfgang Ambros & Co: Christian Kolonovits hat den Austro-Pop mitgeprägt wie kaum ein anderer.

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Karikaturen zeigten das empfundene Ungleichverhältnis der Kräfte.

Sozialdemokratie im Waschsalon

TEXT VON HEDI MATHIAS

21. Oktober 1916: Mitten im geschäftigen Treiben der Mittagszeit knallen plötzlich tödliche Schüsse und strecken Karl Graf Stürgkh nieder. Der Schütze: Friedrich Adler, Sohn von Victor Adler.

Friedrich Adler bei Gericht: Mit einer flammenden Verteidigungsrede rechtfertigt sich Adler für seine Tat.

VICTOR ADLER war der Begründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, SDAP, und bis 1914 Parteisekretär der österreichischen Sozialdemokraten. Ort der politisch motivierten Tat seines Sohnes Friedrich Adler war das renommierte Meißl & Schaden am Neuen Markt 3 (heute: Hotel Europa). Was den letztlich dazu getrieben hat, zu solch drastischen Mitteln zu greifen, zeigt recht eindrucksvoll die Sonderausstellung „Die Sozialdemokratie zieht in den Krieg“ vom 11.9.2014 bis 26.4.2015 im „Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof“. Wegen der Haltung der Partei in der Kriegsfrage hatte Adler sein Amt niedergelegt und formulierte seinen Protest als Redakteur der Monatsschrift „Der Kampf“. Ministerpräsident Karl Graf Stürkh war für ihn Zentralfigur für die Fortsetzung eines sinnlosen Krieges geworden. Nach dem verhängnisvollen Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajewo im Juni 2014 begann in Europa das große Säbelrasseln, und während aus der Sicht deutscher und österreichischer Kriegstreiber der Krieg bereits beschlossene Sache war, träumten die europäischen Sozialdemokraten noch von der Utopie einer Solidarität der internationalen Arbeiterschaft. Aber es dauerte nicht lange, und die Kriegsbegeisterung und der damit entfachte Patriotismus ließen auch sie eine andere Sprache sprechen.

Der Hungerwinter 1916/17

1916, nach zwei Jahren Krieg, litt bereits der Großteil der Österreicher Hunger. Wenn man von Krieg spricht, denkt man immer zuerst an die Soldaten an der Front, in den Schützengräben, an Verwundungen und Giftgas und vergisst darüber auch die Not und Entbehrungen, die die Bevölkerung zuhause erleiden musste. Verständlich, dass die Kriegsbegeisterung immer mehr abnahm. Der Winter 1916/17 ging als „Hungerwinter“ in die Geschichte ein und bereits im Frühjahr 1917 kam es in vielen kriegswichtigen Fabriken zu ersten Streiks. Krawalle und Demonstrationen – hier taten sich vor allem Frauen und Jugendli

Von vorne nach hinten, von links nach rechts: Karl Liebknecht (D), Rosa Luxemburg (D), Jean Jaurès (F), Ramsay MacDonald (GB), Friedrich Ebert (D), Robert Danneberg (Ö), Friedrich Adler (Ö), Victor Adler (Ö), Wladimir Iljitsch Lenin (RU), Leo Trotzki (RU), Otto Bauer (Ö), Karl Renner (Ö), Karl Kautsky (D), Gustave Hervé (F), Léon Jouhaux (F), Hugo Haase (D), Filippo Turati (I), Arthur Henderson (GB), Aristide Briand (F), James Keir Hardie (GB)

tipp

che (die Männer war ja im Kampf) hervor – waren nun an der Tagesordnung. Mit der erfolgreichen Revolution in Russland war auch für die österreichischen Sozialdemokraten der Weg der möglichen Veränderung aufgezeigt worden.

Das Rote Wien

Zu Kriegsende im Herbst 1918 gehören die europäischen sozialdemokratischen Parteien dennoch zu den Kriegsgewinnern. In Deutschland begründen sie die Weimarer Republik, in Österreich sind die Sozialdemokraten federführend an der Ausrufung der Republik beteiligt – und im Roten Wien entsteht in den folgenden Jahren eines der aufsehenerregendsten gesellschaftspolitischen Experimente der Zeit. In Frankreich sind Sozialdemokraten, Radikale und unabhängige Sozialisten an den meisten Nachkriegsregierungen beteiligt und in Großbritannien stellt die Labour Party 1924 mit Ramsay MacDonald erstmals den Regierungschef. Russland und Italien zeigen allerdings vor, wohin der Weg Europas in den kommenden Jahren führen wird. Nach Lenins frühem Tod im Jahr 1924 errichtet sein Nachfolger Josef Stalin ein totalitäres Schreckensregime. Und in Italien schwingt sich der frühere Marxist Benito Mussolini zum ersten faschistischen Herrscher des Kontinents auf. Der „Große Krieg“ zu Beginn des Jahrhunderts steht somit am Beginn weiterer Katastrophen, die Europa und die Welt wenige Jahre später erneut an den Rand des Abgrunds führen werden.

Was geschah mit Friedrich Adler?

Bei seinem Prozess, der naturgemäß großes Aufsehen erregte, hielt er eine leidenschaftliche Rede, ein Plädoyer gegen den Krieg. Zunächst wurde er zum Tode verurteilt, aber – nicht zuletzt auch wegen der Stimmung im Volk – von Kaiser Karl zu 18 Jahren Zuchthaus begnadigt. Vom gleichen Kaiser wurde er dann im Zuge seiner letzten Amtshandlungen kurz vor Kriegsende am 1. November 1918 aus der Haft entlassen. Als konsequenter Kriegsgegner der ersten Stunde war er der populärste Mann der Sozialdemokraten und wurde zum Vorsitzenden der Wiener Arbeiterräte gewählt. In dieser wichtigen Position setzte er sich vehement gegen die Errichtung einer Räterepublik und für die Demokratie ein und wurde damit zu einer Schlüsselfigur für die Zukunft der Partei. Nach der Machtübernahme Hitlers gelang ihm die 1940 die Flucht in die USA. In New York gründete er im März 1942 das Austrian Labor Committee (ALC). Friedrich Adler kehrte 1948 nach Europa zurück und lebte fortan in Zürich. Im Gegensatz zur SPÖ blieb er bis zu seinem Tod der großdeutschen Idee im Rahmen der Sozialdemokratie verbunden – mit ein Grund dafür, dass ihn die Parteiführung nicht zur Heimkehr nach Wien einlud. Aber im Tod wurde er dann doch heimgeholt und hat am Wiener Zentralfriedhof seine letzte Ruhestätte in einer Ehrengrabstätte an der Seite von Victor Adler, Engelbert Pernerstorfer, Otto Bauer und Karl Seitz gefunden. ///

Sonderausstellung: Die Sozialdemokratie zieht in den Krieg

11. 9. 2014 – 26. 4. 2015 19., Waschsalon Nr. 2 Karl-Marx-Hof, Halteraugasse 7 Do 13–18 Uhr, So 12–16 Uhr sowie für Gruppen nach Voranmeldung, Tel. 0664/885 40 888; info@dasrotewien-waschsalon.at www.dasrotewien-waschsalon.at

„Die Partei hat die Laster ihrer Gegner angenommen“

Hubsi Kramar liest aus der Verteidigungsrede Friedrich Adlers

Di., 7. 10. 2014 (19.30 Uhr) Aktionsradius Wien, 20., Gaußplatz 11 Eintritt frei. Freie Platzwahl. Anmeldung erwünscht unter: office@aktionsradius.at, Tel. 01/332 26 94, www.aktionsradius.at

Sonderschau:

„trotz alledem! Sozialdemokratische Streuzettel der 1930er Jahre“

Der Waschsalon Karl-Marx-Hof zeigt eine Auswahl sozialdemokratischer Streuzettel, die teils aus den frühen 1930er Jahren, teils aus der Zeit des austrofaschistischen Ständestaates stammen.

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