Ich denke 'Schnitzel' und fliege nach rechts

Page 1

Ich denke „Schnitzel“ – und fliege nach rechts Vor fast 40 Jahren ließ Yoda im Film „Star Wars“ ein Raumschiff nur mithilfe seiner Gedankenkraft durch den Raum schweben. Was wir damals als fantastische Science-Fiction-Sequenz wahrnahmen, ist heute schon Realität: Computer können Gedanken lesen. Text von Daniela Krautsack

50

bestseller 5 | 2015


Mensch & Gesellschaft: Mentale Mobilität

Mind-Mobility. Es gibt wenige, die mit dem Begriff „gedankengesteuerte Mobilität“ etwas anfangen können. Und noch weniger, die sich damit beschäftigen wollen. Es scheint, als traue Otto Normalverbraucher der Möglichkeit nicht über den Weg, das Lenkrad aus der Hand zu geben und stattdessen „nach links“ oder „rechts ­fahren“ zu denken. Der Mann mit einem EEG-Headset auf dem Kopf heißt nicht Otto, sondern Gerald und denkt an Schnitzel – und der kleine Roboter zu seinen Füßen fährt nach links. Dann denkt er an Kartoffelsalat – und der Roboter fährt nach rechts. ­Gerald Zebedin ist österreichischer Lehrer und Zukunftsvisionär und lässt uns erkennen, dass die Science-Fiction-Vorstellung der Hollywood-Drehbuchschreiber aus den 1970ern in der Realität ­bereits funktioniert. Wir denken, und ein Objekt reagiert nach ­unseren Wünschen. In Europa sind die Forscher im EU-Projekt „Brainflight“ bereits seit einigen Jahren in Richtung gedankengesteuerte Mobilität ­unterwegs. Tim Fricke, Luft- und Raumfahrtingenieur an der TU München, über die Erfolge seines EU-geförderten Projektes „Brainflight“: „Wir haben das Konzept des hirngesteuerten Fliegens bei unserem Projekt ‚Brainflight‘ mit gesunden Menschen ­erfolgreich validiert. Diese Technologie ermöglicht es vor allem körperlich eingeschränkten Piloten, Flugzeuge zu steuern und ­dafür nicht einmal im Cockpit zu sitzen. Für körperlich gesunde Piloten ist die Gedankensteuerung nur als Ergänzung sinnvoll. ­Unbemannte Flugzeuge, die über Gedankensteuerung unterwegs sind, sind eine ferne Zukunftsvision.“

Andreas Heddergott/TU Munchen

www.zugkraft.at

Nur mithilfe von Gedanken steuern Testpiloten im Simulator der TU München ein Leichtflugzeug.

Im reichweitenstärksten digitalen Werbenetz Österreichs mit bis zu 6,1 Mio Kontakten pro Woche platzieren wir Ihre Werbebotschaft im Fokus der Aufmerksamkeit. Exklusiver Vermarktungspartner der ÖBB Werbeflächen


Gerald Zebedin zeigte bei der TEDxSalzburg, wie sein Lego-Mindstorms-Roboter durch Gedanken durch den Raum fährt – programmiert von seinen Engineering- und Programmierungsschülern.

Programmiert in zehn Minuten „Wir können aber keine wirklichen Gedanken lesen“, will Rüdiger Rupp von der Klinik für Paraplegiologie am Universitätsklinikum Heidelberg klarstellen. „Mit dem Elektroenzephalogramm (EEG) werden kontinuierlich Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche über den für Bewegungen zuständigen Gehirnarealen aufgezeichnet. Im Ruhezustand des Gehirns – also bei keiner Bewegungsausführung – weisen die Hirnsignale eine sehr niedrige Frequenz auf. Aber wenn der Mensch an eine Bewegung denkt, verdoppelt sich die Frequenz seiner Hirnsignale. Wir haben aus dieser Frequenzverschiebung abgeleitet, dass der menschliche ­Gedanke, den der angeschlossene Computer zur Interpretation empfängt, ein Steuersignal erzeugen kann.“ Doch gibt es visionäre Köpfe, die an diesen Zukunftstechno­ logien von morgen forschen, auch in Österreich? Gerald Zebedin 52

motiviert seine Schüler in frühem Alter zur „STEM“-Bildung (Science, Technology, Engineering and Math), indem er sie Drohnen, Quadrocopter und Roboter bauen lässt. Zebedin sagt: „Mein Ziel ist es, Bildung gerade für jene Zielgruppe, die sich schwer mit trockenen Themen anfreundet, spannend zu gestalten.“ Er verwendet „Lego Mindstorms“ im Unterricht, um seinen Schülern Software Engineering und Programmieren beizubringen. Dazu erweiterte er handelsübliche Lego-Mindstorms-Roboter um ein EEG-Headset, damit diese über die Gehirnströme der Schüler gesteuert werden konnten. Um junge Talente vom Format eines Fricke oder Nicolelis zu finden, braucht es Vorbildpädagogen wie Zebedin; dessen unterhaltsamer und begeisterter Vortragsstil und hohes Interesse an Zukunftstechnologien inspirieren. Zebedins Erkenntnis: „Meine ­ Schüler im Alter von zehn Jahren haben nur ein Training von zehn Minuten gebraucht, um das Lego-Mindstorms-System mit ihren Gedanken auf links-rechts und vor-zurück zu programmieren. Ich bin eine ganze Woche daran gesessen. Je jünger die Testpersonen, desto intuitiver der Umgang mit gedanklichen Prozessen.“

Mausfit Gedankensteuerung ermöglicht es laut Zebedin auch, einen Inklusionsunterricht zu gestalten, in dem Kinder mit den schwersten körperlichen Behinderungen teilnehmen können. Diese Kinder sind mental auf dem selben Niveau wie gesunde, sie sind nur

bestseller 5 | 2015

Gerald Zebedin, tedX

Der Neurowissenschaftler Miguel Nicolelis meint dazu: „Meine Großmutter hat mich immer daran glauben lassen, dass das ­Unmögliche nur das Mögliche ist, um dessen Verwirklichung sich noch niemand genügend bemüht hat.“ Nicolelis und sein Team ermöglichten letztes Jahr einem jungen querschnittsgelähmten Fußballfan den symbolischen Anstoß bei der Eröffnungsfeier der WM in Brasilien. In einem massiven Roboteranzug, aber ausschließlich mit der Kraft seiner Gedanken.


Mensch & Gesellschaft: Mentale Mobilität

­ örperlich beeinträchtigt. Mit ihren Gedanken können sie die Maus k ganz normal bedienen, nur etwas langsamer. „Wir sprechen von überschaubaren Device-Kosten von 500 bis 700 Euro“, so Zebedin. Gedankengesteuertes Autofahren wurde bereits 2011 vom ­Institut Autonomos Labs an der Freien Universität Berlin getestet. Die Schnittstellen zur Bordelektronik hatte VW für das Forschungsteam geöffnet. Interessantes Ergebnis der Forschung: Der Fahrer musste die Wörter rechts, links, schneller oder langsamer gar nicht denken. Er konnte für jedes Kommando auch den Gedanken an eine Person, eine Farbe oder ein Objekt hinterlegen. „Wichtig ist nur, dass es immer das Gleiche ist. Denn jeder Gedanke ­erzeugt ein ganz charakteristisches, immer gleich aussehendes Bild an Gehirnströmen“, erläuterte der Leiter des Projekts ‚Brain­ Driver‘, Daniel Göhring. Sobald der Rechner diese erkannte, konnte er reagieren und das Lenkrad drehen sowie Gas oder Bremse ­betätigen. Dass der Chauffeur beim Fahren spricht, wild gestikuliert und die Mine seines Gesichts spielen lässt, stört die Elektronik nicht: „Das ist eine Art Grundrauschen, das wir einfach ausfiltern.“

geeicht, und irgendwann wird man auch deren Stimmungen erkennen und daraufhin Aktionen setzen. Das wird ja auch im Bereich Wearables erforscht, wo Ihre Kleidung auf Ihre Stimmung, das heißt Ihren Pulsschlag und andere Reize, die Sie aussenden, ­reagieren wird.“ Brain-Computer-Interfaces brauchen im Vergleich zu herkömmlichen Mensch-Maschine-Schnittstellen, bei denen noch Tastaturen und Knöpfe gedrückt werden müssen, keine Muskelbewegungen. Und rücken den Traum, Maschinen mit der Kraft der Gedanken zu steuern, in greifbare Nähe. Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ist bei allen b ­ islang entwickelten Brain-Computer-Interfaces nur in eine Richtung möglich, das heißt, der Mensch lernt, dem Rechner kraft seiner Gedanken etwas mitzuteilen, die Antwort des Computers wird aber ausschließlich über die normalen Sinnessysteme des Organismus vermittelt. Das sind Bilder, Töne oder die elektrische Reizung der Haut. Die Technologie entwickelt sich jedoch weiter. Und das rasant. Ob es gedankengesteuerte Mobilitätsformen geben wird, ist nicht die Frage, sondern nur, wann.

Prototypen werden auf Menschen geeicht Zebedin wirft ein: „Die Ablenkungsgefahr wäre aus heutiger Sicht beim Autofahren über Gedankensteuerung einfach zu groß. Autofahren läuft im Unterbewusstsein ab. Gedankensteuerung beim Steuerungsvorgang bräuchte starke Konzentration und würde rasch zur Ermüdung führen. Was sich im Rahmen der Technologie der Gedankensteuerung sicher rasch verbessern wird, ist die Genauigkeit der Auswertungen. Prototypen werden auf Menschen

Langweilig. 7,9 Mio 1,3 Mio Visits pro Monat*

Unique Clients pro Monat*

Unterhalten Sie ihre Zielgruppe mit den vielfältigen kreativen Formaten bei Drei: Cube Ad, Filmstrip Ad, Interactive Video Ad, Mobile Sidebar oder HTML 5 Superbanner. So steigern Sie die Sympathie und das Interesse für Ihre Marke. Details dazu erhalten Sie auf www.mobile-marketing.at * Quelle: ÖWA Mai 2015


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.