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Die Autonomen aus Kronach
(v.li.) Prof. Dr. Alisa Lindner, Prof. Dr. Georg Arbeiter und Prof. Dr. Lucila Patiño Studencki – Foto: Frank Wunderatsch von Natalie Schalk
Was der Master-Studiengang Autonomes Fahren anders macht.
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Wie kommunizieren Fahrzeuge, wie lernen sie – und welche Rolle möchten Menschen eigentlich auf dem Fahrersitz einnehmen? Im Sommersemester 2021 ist der Studiengang Autonomes Fahren am Lucas-Cranach-Campus (LCC) in Kronach gestartet: Prof. Dr. Alisa Lindner, Prof. Dr. Georg Arbeiter und Prof. Dr. Lucila Patiño Studencki sind das Expertenteam für die selbstfahrenden und vielleicht -fliegenden Transportmittel der Zukunft. Ihre Studierenden arbeiten in Projekt-Teams.
Aus technischer Sicht braucht ein autonomes Fahrzeug weder Lenkrad noch Gas- oder Bremspedal. „Aber ich muss auch überlegen, was Kundinnen und Kunden erwarten: Wofür sind sie bereit, Geld auszugeben?“, fragt Prof. Dr. Alisa Lindner. Sie ist Psychologin und ihr Schwerpunkt ist „User Experience Design“, zu Deutsch etwa „nutzerzentrierte Produktentwicklung“. Lindner hat mehrere Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie und verknüpft die Wünsche der Kundinnen und Kunden mit neuen technischen Möglichkeiten. „Man muss wissen, was hinter den anderen Themen steckt und sich darüber austauschen, was sich realisieren lässt“, sagt sie. Teamarbeit ist ein zentrales Thema am LCC. Wenn die Studierenden fragen: „Sollen wir das so oder so machen?“, bekommen sie zur Antwort: „Entscheidet das selber, überlegt euch gemeinsam, was Sinn ergibt“. Die Lehrenden verstehen sich als Coaches. Dieses Konzept wurde bereits im ersten Kronacher Studiengang ZukunftsDesign erprobt. Es gibt auch keinen festen Stundenplan. „Wie im echten Leben: Man organisiert sich über Outlook-Termine“, erzählt Lindner. „Die Studierenden lernen, dass sie Verantwortung tragen. Und sie durchlaufen die klassischen Phasen des Teambuildings.“ Drei Gruppen gibt es im ersten Jahrgang.
Die Teams und ihre Ideen Das Studium dauert drei Semester inklusive Masterarbeit und so lange bleiben die Teams auch zusammen. Zuerst bauen sie ein autonom fahrendes Modellauto, sie übernehmen verschiedene Rollen und entwickeln ein Konzept. Sie müssen überlegen, wer ihre Stakeholder sind und was ihr Unique Selling Point (USP), also ihr einzigartiges Verkaufsargument, sein soll. „Jedes Team hat eine Produktidee“, erklärt Prof. Dr. Georg Arbeiter. „Die einen machen einen Spurhalte- und Notbremsassistent, die zweiten ein automatisches Einparksystem und die dritten eine Navigationskomponente.“ Arbeiter leitet den neuen Studiengang, der zur Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg gehört. Als Mechatroniker hat er sich akademisch und in der Industrie mit mobiler Robotik, Sensordatenverarbeitung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigt. Er ist zuständig für das Labor für künstliche Intelligenz des autonomen Fahrens, das am LCC entsteht. In einer Modellstadt sollen die Studierenden hier später ihre programmierten Modellautos testen. „So weit es Corona zulässt, kommen sie nach Kronach und bauen.“ Wegen der Pandemie startete der Studiengang zunächst hauptsächlich online. „Aber unsere Studierenden sind super motiviert. Die Projekte sind so toll angelaufen.“ Auch in den virtuellen Workshops arbeiten die Studierenden an praktischen Aufgaben und die Lehrenden moderieren.
Prof. Dr. Lucila Patiño Studencki gefällt das projektorientierte Konzept des Studiengangs. Sie ist überzeugt davon, dass die Studierenden dadurch nicht nur besonders viel lernen – sondern auch mit viel Spaß. „Arbeitsleben ist immer Teamarbeit“, weiß die Professorin aus eigener Erfahrung. Sie hat Elektrotechnik studiert und wie Lindner und Arbeiter in der Automobilindustrie gearbeitet. Ihr Schwerpunkt sind V2XTechnologien: Bei „Vehicle to X“ geht es darum, wie Fahrzeuge mit anderen Fahrzeugen, mit Menschen oder mit Infrastruktur wie Ampeln kommunizieren. „Die Fahrzeuge sollen die Fähigkeit bekommen, vorausschauend zu fahren.“ Voraussetzung dafür ist ein schnelles Netz: Kronach wird als 5G-Modellregion zur Erprobung automatisierten Fahrens vom Bundesverkehrsministerium gefördert. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Shuttle-Modellregion Oberfranken“ fahren außerdem bereits automatisierte Kleinbusse. Forscherinnen und Forscher der Hochschule Coburg, aber auch andere Kräfte wie der Automobilzulieferer Valeo, das Innovations-Zentrum Region Kronach (IZK) und der Landkreis haben schon in verschiedenen Bereichen daran gearbeitet, Kronach zur Vorzeigeregion für autonomes Fahren zu machen. Der Studiengang bringt diese Entwicklungen nun noch voran: Nicht nur selbstfahrende Autos sind künftig Thema, sondern alle autonomen Transportmittel – von der Logistik auf dem Firmengelände bis zur selbstfliegenden Drohne.