fast steuerfrei (02/2011)

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juni 2011 VK 3 Euro

fast steuerfrei

Das Magazin für die Freunde der Kanzlei sauer + windhorst

Plötzlicher Erbfall

Was Sie über den Ablauf einer Erbschaft wissen sollten Die Eins liegt vorn

Das Benfordsche Gesetz erleichtert das Aufspüren fauler Buchungen

So übel riechen Löwen gar nicht

Wildlife-Fotograf Benny Rebel geht immer ein bisschen näher ran

Ein Rettungs-ordner als Ruhekissen Damit im Notfall Familie und Existenz abgesichert sind


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Editorial

Liebe Freunde der Kanzlei sauer + windhorst!

Kennen Sie das Müsste-Syndrom? Nein? Ich müsste mal mehr Sport machen! Ich müsste mal mehr schlafen! Ich müsste mir mal mehr Freizeit nehmen! Müsste, müsste, müsste … Neben den interessanten Themen wie Wildlife (Fotograf in Lebensgefahr) und dem aktuellen Thema Atomkraft, widmen wir diese Ausgabe hauptsächlich einem Thema, das immer präsent ist, häufig verdrängt wird, und deswegen auch immer ein latent ungutes Gefühl hinterlässt. Es geht um das Thema „ich müsste mal meine Angelegenheiten für den Notfall regeln“. Notfall bedeutet nicht immer Tod, vielleicht lässt es sich mit einem solchen Ansatz etwas leichter angehen. Wer beschäftigt sich schließlich schon gerne mit seinem eigenem Ableben? Was aber ist, wenn Sie ausfallen? Wer kennt Passwörter, wer zahlt die Gehälter weiter, welche Versicherungen habe ich und welches Vermögen? Gibt es Nachfolgeregelungen? Wer ist zu all diesen Themen der jeweilige Ansprechpartner?

StB Manfred Sauer

StB Marco Windhorst

Kurzum, gibt es eine Möglichkeit das alles kompakt zu dokumentieren, damit die Angehörigen oder Mitarbeiter nicht knietief in Unterlagen stehen und nicht einmal wissen wo das Auto haftpflichtversichert ist. Ab der Seite 8 haben wir für Sie den Artikel „Plötzlicher Erbfall – Was Sie über den Ablauf einer Erbschaft wissen sollten“ platziert. Wenn sie nicht bis zum Erbfall warten wollen, empfehlen wir ihnen unseren SOS-Ordner (ab Seite 22). Wobei SOS für Sicherheit, Ordnung und Strategie steht. Wir hoffen, Ihnen damit ein Werkzeug an die Hand zu geben, das sie so schnell nicht brauchen sollten. Aber es schläft sich einfach ruhiger damit. Seine Angelegenheiten zu regeln, buchstabiert man T U N! Sie müssen es angehen, nicht müssten! Viel Spaß beim Lesen

Manfred Sauer

Marco Windhorst

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Inhalt

Seite 8 – 11

Plötzlicher Erbfall

Was Sie über den Ablauf einer Erbschaft wissen sollten

Impressum Herausgeber: sauer+windhorst Industriestraße 37 28199 Bremen Telefon (0421) 59 58 6 - 0 Telefax (0421) 59 58 6 - 22 E-Mail: info@sauwind.de Web: www.sauwind.de 4

Autoren: Claas Beckmann (CB) Presseverbund der Notarkammern der neuen Bundesländer (S. 9) credofilm (S. 12)

Bildnachweise: S. 1; 6f; 14ff, 18f; 22f: Claas Beckmann S. 12f: credofilm/Sattel/Stefanescu S. 20f Benny Rebel

Hinweis Diese Magazin wurde mit Sorgfalt erstellt, kann aber keine persönliche Beratung durch Steuerberater oder andere Berufsträger ersetzen. Für etwaige Fehlinformationen übernehmen wir keine Haftung.


Seite 7

Seite 18 – 19

Das hat unsere Kanzlei beschäftigt

Das Benfordsche Gesetz erleichtert das Aufspüren fauler Buchungen

Schulungen und neue Kolleginnen

Die eins liegt vorn

Seite 12 – 13

Seite 20 – 21

Ein Dokumentarfilm über das Innenleben deutscher Kernkraftwerke

Wildlife-Fotograf Benny Rebel geht immer ein bisschen näher ran

Unter Kontrolle

So übel riechen Löwen gar nicht

Seite 14 – 17

Seite 22 – 23

Kernkraftwerks Unterweser vom Netz – Das sagen die Betroffenen

Damit im Notfall Familie und Existenz abgesichert sind

Eine Region auf Stand-by

Ein Rettungs-Ordner als Ruhekissen

Seite 12 – 13

Seite 22 – 23

Im Inneren von Kernkraftwerken

Sicherheit und Überblick

Unter Kontrolle

SOS-Ordner

Klimaneutral: Dieses Magazin wird klimaneutral gedruckt. Die entstandenen CO2-Emissionen wurden durch Zertifikatshandel ausgeglichen.

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Mit Zitronen gehandelt Falsche km-Angaben rächen sich – Kein Vorsteuerabzug beim Aufbau einer Oldtimer-Sammlung Übertriebene Kilometerangaben beim Arbeitsweg können als Steuerhinterziehung gewertet werden. Und ein Autosammler bekommt den Vorsteuerabzug verwehrt. Ein paar Kilometer mehr, das fällt doch nicht auf? Doch, das Finanzamt prüft Angaben zum Arbeitsweg durchaus und das kann auch noch Jahre später zu Nachforderungen führen. Das bekam jetzt eine Angestellte zu spüren. Nachdem die Frau 1997 zu einer näheren Arbeitsstätte gewechselt war, hatte sie weiterhin den alten, längeren Arbeitsweg in der Steuererklärung angegeben und von den höheren Werbungskosten steuerlich profitiert. Die falsche Angabe sei ein Irrtum gewesen, beteuerte sie nun vor Gericht. Und da das Finanzamt auch in den Folgejahren die Angaben akzeptiert habe, habe sie den Fortsetzungsfehler nicht bemerkt. Erst 2006 war einem Sachbearbeiter die falsche Kilometerangabe aufgefallen. Das Gericht akzeptierte die Erklärung der Angestellten – zumindest in Teilen. Für das erste Jahr nach dem Arbeitsplatzwechsel sei ein Irrtum anzunehmen. Die folgenden neun Steuererklärungen mit den überhöhten Entfernungsangaben wertet das Gericht allerdings als Steuerhinterziehung. Und da dabei eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gilt, kann die Angestellte nun mindestens mit geänderten Einkommensteuerbescheiden für diesen Zeitraum rechnen. (FG Rheinland-Pfalz, Az. 3 K 2635/08)

Ob als Sammlerstück oder für den Arbeitsweg – der Deutschen liebstes Kind spielt auch steuerlich eine Rolle.

Sammler oder Unternehmer? Darüber hatte der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden. Streitig war, ob einer GmbH der Vorsteuerabzug für den Kauf von 126 Oldtimern und Neuwagen zusteht. Zweck der GmbH war es, die Autos nach 20 bis 30 Jahren zu verkaufen. Die Autos wurden eingelagert und vorzeitig bei einem Buchwert von ca. 7,4 Mio. DM mit Verlusten für ca. 3,2 Mio. DM verkauft. Das Finanzamt ließ die Vorsteuer von ca. 3,5 Mio. DM nicht zum Abzug zu. Das bestätigte nun der BFH. So liege eine unternehmerische Betätigung bei der Veräußerung einer Sammlung nur vor, wenn sich der Steuerpflichtige auch bereits während des Aufbaus der Sammlung wie ein Händler verhält und nachhaltig An- und Verkäufe tätigt. Aber die Klägerin habe sich wie ein privater Sammler verhalten. (BFH-Urteil vom 27.1.2011 VR 21/09)

Schönheitsreparaturen in Mietwohnungen Renovierungen nach Fristenplan können nicht verlangt werden, Geld zurück gibt es aber nicht immer Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung zur Verjährung des Erstattungsanspruchs eines Mieters für Renovierungskosten getroffen, die dieser infolge einer unerkannt unwirksamen Schönheitsreparaturklausel vorgenommen hat. Der Kläger und seine Ehefrau waren bis Ende 2006 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Freiburg. Der Mietvertrag enthielt eine Formularklausel, die den Mietern die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan auferlegte. Der Kläger und seine Ehefrau ließen die Wohnung vor der Rückgabe am Ende des Mietverhältnisses für 2.687 Euro renovieren. Später erfuhren sie, dass sie zur Ausführung dieser Arbeiten wegen der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel nicht verpflichtet waren. 6

Mit seiner Klage vom 22.12.2009 hat der Kläger, dem die Ansprüche seiner Ehefrau abgetreten wurden, die Zahlung von 2.687 Euro nebst Zinsen begehrt. Die Beklagten pochten dagegen auf Verjährung. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat – in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen – entschieden, dass der eingeklagte Erstattungsanspruch bei Klageerhebung bereits verjährt war, weil die in § 548 Abs. 2 BGB enthaltene Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses auch Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen erfasst, die er in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel durchgeführt hat. PM des BGH vom 4.5.2011


Du kannst jedem alles sagen … … wenn es in angemessener Form geschieht. Jürgen Klein hat unser Kommunikationsverhalten geschult Ob als Steuerberater, Sachbearbeiter oder Fleischereifachverkäuferin – die Kommunikation mit Kunden gehört zum täglichen Geschäft und sie lässt sich üben und verbessern. Dabei half uns Kommunikationstrainer Jürgen Klein. Zuerst waren die Fleischereifachverkäuferinnen dran. Wir hatten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer FleischereiMandanten eingeladen, sich von Jürgen Klein zeigen zu lassen, wie man zum Beispiel mit ungeduldigen Kunden besser umgeht oder wie man charmant und ungezwungen zusätzliche Verkäufe einleiten kann. Was Klein lehrt, ist kein Hexenwerk, sondern ganz grundlegende Prinzipien „Jedes Wort wirkt“, lautet einer seine Lehrsätze. Oder: „Du kannst jedem alles sagen, wenn es in angemessener Form geschieht.“ Damit es nicht bei solchen Merksätzen bleibt,

Neue Ansprechpartnerinnen

geht Klein ganz konkret auf die praktischen Gesprächssituationen seiner Zuhörer ein. In lockerer Runde lässt er sich typische Kundenargumente schildern und entwickelt mit den Zuhörern geeignete Antworten. Was an der Wursttheke hilft, kann auch in der Steuerberatung nicht schaden. Zwei Tage lang hat Klein anschließend unser Team geschult. Außerdem hatten wir noch Inhaber und Mitarbeiter drei weiterer Kanzleien dazu eingeladen. Mehr über Jürgen Klein erfahren Sie im Internet auf: www.contrapunkte.com

Jürgen Klein hat Mitarbeiter und Mandanten geschult.

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Zwei neue Gesichter, drei neue Namen Noch steckt Lydia Uhlhorn mitten im Fachabitur, ab August beginnt sie ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten in unserer Kanzlei. Und seit Oktober unterstützt uns Miriam Hoffrogge, gelernte Steuerfachangestellte. Wir freuen uns über unsere neue Kolleginnen. Ausbildung gehört in unserer Kanzlei dazu. Jährlich stellen wir ein oder zwei Nachwuchskräfte ein. Und bisher haben wir jede Kraft nach der Ausbildung fest übernommen. Wenn Sie gut mit Zahlen und noch bessser mit Menschen umgehen können, dann sollten wir uns kennen lernen. Mehr über die Arbeit in einer Steuerberatungskanzlei erfahren Sie im Internet unter www.mehrals-du-denkst.de. Mehr über die Arbeit in unserer Kanzlei können Sie auch während eines Praktikums erfahren. Wir freuen uns über Anfragen.

Lydia Uhlhorn

Außerdem gibt es einen weiteren neuen Namen in unserer Kanzlei. Aber dieser Name gehört zu einem vertrauten Gesicht: Unsere Mitarbeiterin Olga Lorer hat geheiratet – Glückwunsch nochmals! – und heißt nun mit Familiennamen Martin.

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Mit dem Tod eines nahestehenden Menschen kehrt nicht nur Trauer ein, auch Formalitäten stehen an.

Plötzlicher Erbfall

Lesen Sie Plötzlicher Erbfall – Was nun? Die Steuer Glossar Erbschaft

Totenschein, Sterbeurkunde, Nachlassgericht, zentrales Testatmentsregister, Erbschein, Testament, Erbvertrag, Vermächtnis, Berliner Testament, gesetzliche Erbfolge, Testamentsvollstrecker, Ausschlagungserkläruung, Pflichtteil, Höhe des Pflichtteils

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In der Zeit der Trauer fällt es den Hinterbliebenen oft schwer, zusätzlich noch die anstehenden Formalitäten zu erledigen. Gut, wenn man wenigstens schon mal den groben Ablauf und gängige Fachbegriffe kennt. Der Tod eines nahen Angehörigen ist ein schmerzliches Ereignis. Trotzdem dulden eine Reihe unvermeidbarer Angelegenheiten keinen Aufschub. Der Presseverbund der Notarkammern der neuen Bundesländer informiert. ein Plötzlicher Erbfall – Was nun? Während die erforderliche Sterbeanzeige häufig vom Bestattungsinstitut veranlasst wird, müssen die Hinterbliebenen die Klärung der Frage, wer Erbe geworden ist, selbst vornehmen. Hatte der Verstorbene ein notarielles Testament errichtet, bereitet dies im Regelfall keine Probleme. Da ein solches zwingend beim Nachlassgericht verwahrt wird, werden nach dem Erbfall alle testamentarischen und gesetzlichen Erben durch das Nachlassgericht von dessen Inhalt unterrichtet (Testamentseröffnung). Gleiches gilt, wenn der Verstorbene ein handschriftliches Testament in die amtliche Verwahrung des Nachlassgerichts gegeben hat. So erlangt man schnell Gewissheit über die Erbfolge. Häufig werden handschriftliche Testamente aber zu Hause aufbewahrt. Dies birgt die Gefahr, dass solche Testamente nicht aufgefunden werden oder „verschwinden“, auch wenn jeder, der ein Testament auffindet, zur unverzüglichen Ablieferung an das Nachlassgericht verpflichtet ist. Ist überhaupt kein Testament vorhanden oder wird ein solches nicht aufgefunden, greift die gesetzliche Erbfolge ein, die oft zu unerwünschten Ergebnissen führen kann. Mit der Klärung der Erbfolge ist es jedoch noch lange nicht getan. Der oder die Erben können über den Nachlass häufig nur dann verfügen, wenn die Erbfolge nachgewiesen werden kann. Auch hier hat derjenige Erbe eine gute Ausgangsposition, der

sein Erbrecht auf eine notarielle Verfügung stützen kann. Gemeinsam mit der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts genügt diese im Regelfall für den Nachweis der Erbfolge. Ist nur ein handschriftliches oder gar kein Testament vorhanden, wird zum Nachweis der Erbfolge regelmäßig ein Erbschein benötigt, der vom Nachlassgericht auf Antrag erteilt wird. Die Beantragung kann auch bei einem Notar erfolgen. Soweit die Erbfolge auf dem Gesetz beruht, müssen die Verwandtschaftsverhältnisse im Rahmen des Erbscheinsantrages durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden, was gerade bei lang zurückliegenden Erbfällen oft zu Schwierigkeiten führen kann. Einer ausdrücklichen Annahme der Erbschaft durch den Erben bedarf es nicht. Nur wenn die testamentarisch oder gesetzlich berufenen Erben das Erbe nicht antreten wollen, ist schnelles Handeln gefragt. Innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab der Kenntnis des Erben vom Erbfall und seiner Berufung als Erbe kann die Erbschaft ausgeschlagen werden. Sofern die Ausschlagungserklärung nicht zu Protokoll des Nachlassgerichts erfolgt, bedarf diese der notariellen Beglaubigung. In diesem Zusammenhang berät der Notar zu Fragen der Erbfolge und möglichen Alternativen zur Ausschlagung. Bis zur Klärung der Erbfolge und vor allem bis zu deren Nachweis kann viel Zeit verstreichen, gerade wenn keine notarielle Verfügung existiert. Schnelles Handeln ist für die Erben dann unmöglich. Helfen kann in diesen Fällen eine Vorsorgevollmacht des Verstorbenen, mit der der Bevollmächtigte die wichtigsten und unaufschiebbaren Angelegenheiten, wie z.B. die Bestattung, veranlassen kann. Voraussetzung dafür ist, dass dem Bevollmächtigten die Vollmacht „über den Tod hinaus“ erteilt wurde. Klar muss dabei allerdings sein, dass Handlungen aufgrund der Vollmacht nur im wohlverstandenen Interesse des Erblassers bzw. dessen Erben erfolgen dürfen und der Bevollmächtigte von den Erben zur Verantwortung gezogen werden kann. Um Probleme bei der Anerkennung der Vorsorgevollmacht zu vermeiden, sollte diese in jedem Falle notariell beurkundet sein. (NotK NBl) Die Steuer So weit die Notarkammern der neuen Bundesländer. Auch steuerliche Formalitäten stehen nun an. Der Fiskus greift zu, wenn Vermögen übertragen wird, sei es im Falle einer Erbschaft und auch wenn per Schenkung schon zu Lebzeiten übertragen wird. Die Schenkungsteuer soll verhindern, dass die Erbschaftsteuer

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für den künftigen Erbübergang durch Schenkungen unter Lebenden umgangen wird.

Erwerb von Todes wegen.

Besteuert werden der Schenkende und der Beschenkte und natürlich der Erbe eines Vermögens, wenn die Freibeträge überschritten werden. Zur Besteuerung des Vermögens sind Bewertungsregeln nötig, da ja nicht nur Geldbeträge vererbt werden.

Steuerklasse II: Sie gilt für Eltern und Voreltern bei Erwerben durch Schenkung (für Erwerbe von Todes wegen siehe Steuerklasse I), Geschwister (auch Halbgeschwister), Geschwisterkinder, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und den geschiedenen Ehegatten.

Entscheidend für die Höhe der Belastung ist der Verwandtschaftsgrad zwischen Geber und Empfänger: Je näher die Verwandtschaft, desto geringer die Steuerlast und desto höher die Freibeträge.

Steuerklasse III: Sie gilt für alle übrigen Erwerber (also auch für eingetragene Lebenspartner und Partner einer „wilden Ehe“) und für Zweckzuwendungen

Das Finanzamt unterscheidet zwischen Grundvermögen, Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und sonstigem Vermögen. Bewertet werden diese Vermögensarten nach einem Verfahren, das den Verkehrswert ermitteln soll, das heißt: das Vermögen wird zu aktuellen Marktpreisen am Tag der Schenkung oder des Erbfalls angesetzt.

Freibeträge Erbschaften und Schenkungen sind in der Regel steuerfrei, solange bestimmte Freibeträge nicht überschritten werden. Die Höhe der Freibeträge richtet sich wieder nach dem Verwandtschaftsgrad: Personen der Steuerklassen II und III haben einen Freibetrag von 20.000 Euro.

Damit steht der Wert des der Erbschaftsteuer unterliegendem Vermögens fest. Um nun die individuelle Belastung zu errechnen, ist ein Blick auf das Verwandtschaftsverhältnis nötig. Dazu sind im Erbschaftsteuerrecht drei Steuerklassen definiert:

Innerhalb der Steuerklasse I wird feiner unterschieden: Ehegatten und eingetragene Lebenspartner profitieren von den höchsten Freibeträgen von 500.000 Euro. Kinder und Enkel (deren Eltern verstorben sind) können bis zu 400.000 Euro steuerfrei erben. Der Freibetrag für Enkel, deren Eltern noch leben, liegt bei 200.000 Euro und der für alle weiteren Personen der Steuerklasse I bei 100.000 Euro. Außerdem wird Ehegatten und Kindern noch ein gesonderter Versorgungsfreibetrag gewährt.

Steuerklasse I: Sie gilt für den Ehegatten und für Kinder und Stiefkinder des Erblassers, für Enkelkinder sowie für Eltern und Voreltern bei

Tarif Mit wie viel Prozent das Vermögen oberhalb der Freibeträge versteuert wird – also der Steuertarif – hängt von zwei Faktoren ab: der Steuerklasse und der Höhe des übergebenen Vermögens. Im günstigsten Fall liegt der Tarif bei sieben Prozent, nämlich bei Vermögen bis 75.000 Euro und der Steuerklasse I. In dieser Steuerklasse werden maximal 30 Prozent Erbschaftsteuer angesetzt. Entfernter verwandte Erben zahlen mehr. In der Steuerklasse II und III beginnt der Tarif bei 30 Prozent und steigt mit der Höhe der Erbschaft auf bis zu 50 Prozent. Die nötigen Formulare und zusätzlich diverse Anlagen bieten die Finanzämter online an. Natürlich sind dort auch kurze Hilfetexte zu finden. Wer die Abwicklung in professionelle Hände geben möchte, wendet sich jedoch am besten an einen Steuerberater.

Die Formalitäten rund um eine Erbschaft treffen die Hinterbliebenen in einer schweren Zeit. Fachkundige Unterstützung bieten unter anderem Steuerberater.

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Vermögen schonend übertragen Ihr Steuerberater zeigt Ihnen auch, wie Sie vorausschauend die Steuerbelastung stark Richtung Null drücken können: nämlich durch Übertragungen zu Lebzeiten. Mit Hilfe von Schenkungen, der Ausnutzung von Freibeträgen und besonderer Formen der Übertragung betrieblichen Vermögens lässt sich in vielen Fällen der Löwenanteil der fälligen Steuern vermeiden. Lassen Sie sich beraten. CB


Glossar Erben und Vererben

Diese Fachbegriffe werden Ihnen begegnen und das steckt dahinter: Totenschein, Sterbeurkunde Ein Arzt stellt nach dem Tode den Totenschein aus. Er wird dem Standesamt am Wohnort des Toten vorgelegt. Der Standesbeamte stellt dann die Sterbeurkunde aus und unterrichtet das Nachlassgericht.

gemeinschaftlichen Testament reicht es aus, wenn ein Ehegatte es eigenhändig schreibt, mit Orts- und Datumsangabe versieht und beide Ehegatten unterschreiben. Um Fehler dabei zu vermeiden, ist eine Beratung und Beurkundung zu empfehlen. Erbvertrag

Nachlassgericht Dazu wird das Amtsgericht bestimmt, in dessen Bereich der Tote zuletzt gewohnt hat. Mit Hilfe amtlich verwahrter Testamente und Erbverträge, Familienbücher und Melderegister forscht das Gericht nach, wer Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer ist und benachrichtigt diese Personen. Zentrales Testamentsregister

Neben dem Testament eine Möglichkeit, für den Todesfall Regelungen über das Vermögen zu treffen. Ein Erbvertrag muss notariell beurkundet werden. Im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Testament unter Eheleuten können auch zwei nicht miteinander verheiratete Personen einen Erbvertrag schließen, nicht nur deshalb ist der Erbvertrag ein flexibles und individuelles Instrument.

trägt die Quote des Gatten 50 Prozent; zwei Kinder erben daneben zu je 25 Prozent. Testamentsvollstrecker Er kann vom Erblasser beauftragt werden, den Nachlass vorübergehend in Besitz zu nehmen, seine letztwilligen Verfügungen umzusetzen und bei einer Erbengemeinschaft die Auseinandersetzung unter den Erben zu regeln. Für die Erben bedeutet es, dass sie zwar Eigentümer des Nachlasses sind, jedoch nicht frei über die Gegenstände, die der Vollstreckung unterliegen, verfügen können. Ein Testamentsvollstrecker kann auch für eine Dauer, etwa bis zur Volljährigkeit eines Kindes, als Vermögensverwalter eingesetzt werden. Ausschlagungserklärung

Vermächtnis Um die Arbeit des Nachlassgerichts zu beschleunigen, ist es ab dem 1.1.2012 gesetzliche Pflicht, alle notariellen erbfolgerelevanten Urkunden in dem digitalen zentralen Testamentsregister verzeichnen zu lassen, das von den Notarkammern geführt wird. Dort wird zum Beispiel gespeichert: Daten des Erblassers oder Bezeichnung und Adresse der Verwahrstelle. Der Inhalt der Dokumente wird jedoch nicht erfasst. Erbschein Er listet auf, welche Personen in welchem Verhältnis Erbe geworden sind und informiert über die Person des Verstorbenen und etwaige Beschränkungen des oder der Erben. Der Erbscheinsantrag kann beim Notar gestellt werden; der Erbschein selbst wird vom Nachlassgericht erteilt. Er wird zum Beispiel von Banken verlangt, wenn auf das Konto des Erblassers zugegriffen werden soll. Er ist in der Regel nicht erforderlich, wenn ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag vorliegt. Testament Es kann als Einzeltestament oder von Ehegatten als gemeinschaftliches Testament errichtet werden. Wenn das Testament eigenhändig errichtet werden soll, muss der gesamte Text vom Testierenden eigenhändig aufgeschrieben, mit Orts- und Datumsangabe versehen und unterschrieben sein. Bei einem

Um nach dem Tod einzelne Gegenstände an Dritte zu übertragen, kann der Erblasser diese vermachen. Der vermachte Gegenstand geht nicht sofort mit dem Tod des Erblassers in das Eigentum des Bedachten über. Die Erben müssen aber dem Vermächtnisnehmer den Gegenstand herausgeben.

Wer ein Erbe nicht antreten will, muss dies dem Nachlassgericht zu Protokoll geben oder die Ausschlagungserklärung notariell beglaubigen lassen. Dabei gelten Fristen: Innerhalb von sechs Wochen ab der Kenntnis des Erben vom Erbfall und seiner Berufung als Erbe kann die Erbschaft ausgeschlagen werden. Pflichtteil

Berliner Testament Häufig anzutreffende Gestaltung, bei der sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerbe einsetzen, während die Kinder erst nach dem Tode des Längstlebenden erben sollen. Gesetzliche Erbfolge Fehlt ein Testament oder Erbvertrag, greift die gesetzliche Erbfolge. Danach erben Verwandte, wenn sie der dem Verstorbenen am nächsten stehenden Ordnung angehören. Verwandte erster Ordnung sind die Kinder; an die Stelle verstorbener Kinder treten deren Kinder. Verwandte zweiter Ordnung sind die Eltern; an die Stelle verstorbener Eltern treten deren Kinder, d.h. die Geschwister oder die Halbgeschwister des Erblassers. Die Verwandten zweiter Ordnung kommen erst zum Zuge, wenn Verwandte erster Ordnung nicht vorhanden sind. Das Gesetz definiert nach dem gleichen Schema weitere Ordnungen. Auch der Ehegatte hat ein gesetzliches Erbrecht. Im Fall der Zugewinngemeinschaft be-

Selbst wenn sie ausdrücklich enterbt sind, können die engsten Angehörigen den Pflichtteil am Erbe verlangen. Zu diesem Kreis zählen: Kinder und Enkel des Erblassers, dessen Eltern und Ehepartner. Innerhalb dieser Gruppe gilt: Hat der Erblasser Kinder, so haben seine Eltern keinen Anspruch. Genauso schließen die Kinder des Erblassers die Enkel und Urenkel aus. Dem Ehepartner des Verstorbenen steht dagegen immer der Pflichtteil zu. Der Pflichtteilsanspruch ist in bar auszuzahlen und in der Regel mit dem Tod fällig. Höhe des Pflichtteils Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsberechtigte erhält zwar einen Geldzahlungsanspruch, rückt aber nicht in die Erbengemeinschaft ein. Das bedeutet, er wird nicht neben den anderen Erben Eigentümer der Nachlassgegenstände und kann auch nicht über deren Schicksal, zum Beispiel das Familienhaus, bestimmen. 11


Unter Kontrolle Bilder aus dem Inneren deutscher Kernkraftwerke

Drei Jahre lang hat Volker Sattel in Kernkraftwerken gefilmt, ab dem 26. Mai ist seine 98-minütige Dokumentation in den Kinos zu sehen. Der Film beginnt mit einer Verheißung. Etwas leuchtet, pulsiert für Augenblicke, bildet Strukturen von großer Schönheit – ein „Licht”, das unser Auge nicht sehen kann, das wilde Herz einer Technologie, die seit ihren Anfängen um den Begriff der Kontrolle kreist. Wenn man, wie Volker Sattel, in gleitenden Fahrten wieder und wieder die Parade abnimmt – die Dinge, Gebäude und Vorrichtungen scannt, die sich unter dem Begriff „Atomenergie” versammeln lassen – wird mitten in unserer Gegenwart ein utopisches Projekt sichtbar, das keine Worte braucht. Zu bestaunen ist das unvollendete Monument einer glorreichen Zukunft, das trotz seiner Risse und gefährlichen Widersprüche bis heute zu faszinieren weiß. Unter Kontrolle führt uns vor Augen, wie groß die Anstrengungen sind, diese Science Fiction , das heißt: die „friedliche” Nutzung der Kernenergie, mit der Wirklichkeit zu versöhnen. Der Film lässt sich diese Welt in kleinen Dosen erklären, gibt Einblick in den verschwiegenen Alltag hinter den Mauern der deutschen Atomanlagen. Wir sehen gleißend helle Leitstellen, Dekontaminierungsschleusen, Vernebelungsmaschinen, fahren ein in die Tiefe der Lagerstätten, erfahren die Potenz an übermenschlicher Vernunft, die die Macht der kleinsten Teile unter Kontrolle halten soll. Nicht zufällig erinnern Architektur und Requisiten an eine Weltraumfahrt auf Erden. Auch in dieser Welt sind Fehler „verboten”. Aber während wir schon Mühe haben, uns mit der Idee einer Jahrzehnte langen Reise anzufreunden, sprengen die Halbwertszeiten strahlender Substanzen jede Vorstellung. Am Ende steht der Eindruck von Vergeblichkeit. Fast scheint es, als hätten wir die Kernkraft enttäuscht, nicht umgekehrt. Das Wunder dieser Technik wartet geduldig auf einen neuen Menschen, der vernunftbegabter ist – und keine Angst hat vor der Ewigkeit. Mittagspause im KKW Grundremmingen: Arbeiter in Kantinen-Kluft. Hier wird nur kraftwerkseigene Kleidung getragen – von der Unterwäsche bis zum Overall.

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Techniker bei Revisionsarbeiten über dem geöffneten und gefluteten Reaktorkern im KKW Grundremmingen.

Strahlungskontrolle zum Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle in Gundremmingen: Ganzkörper-Messzelle.

Seltenes Schauspiel: Blau leuchtende Radioaktivität beim Brennelementwechsel im Forschungsreaktor Garching.

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Eine Region auf Stand-by

So sehen die Betroffenen das vorläufige Aus für das Kernkraftwerk Unterweser

Es ist offen, ob das Kernkraftwerk Unterweser (KKU) nach dem Moratorium die Stromproduktion im Juni wieder aufnimmt. Die Stimmung ist angespannt. Seit Fukushima fürchten die einen verstärkt einen möglichen Atomunfall, in der Region fürchten die anderen seither um ihren Arbeitsplatz. Mit so viel Gästen hatten die Radiomacher nicht gerechnet und mit einer solch aufgeheizten Stimmung auch nicht. In der Markthalle in Rodenkirchen sitzen und stehen mehr als 400 Gäste. Viele tragen ihre Arbeitsjacken in Eon-Rot. Es ist kaum noch ein Durchkommen. Vor der Markthalle stehen etwa 40 Besucher mit ihren rot-gelben „Atomkraft Nein Danke“ Fahnen. Die Zukunft des Kernkraftwerks Unterweser steht zur Debatte. Kurz vor Beginn der Radioübertragung stehen die Atomkraftgeg-

ner auf einmal neben den Rednertischen. Die Redakteure von Radio Bremen hatten sie an der Stirnseite in den Saal gelassen. Mit Gejohle werden sie vom Saalpublikum empfangen. „Geht arbeiten“ ist noch einer der freundlicheren Zurufe. Gut zwanzig Besucher springen auf und verstellen die Sicht auf die Demonstranten. Manche tragen ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Atomkraft Ja sicher“. Moderator Stefan Pulß und Kraftwerksleiter Karl Ramler glätten die Wogen. Die Sendung kann pünktlich beginnen. Aber der Ton für dem Umgang miteinander ist gesetzt.

Das Kernkraftwerk Unterweser (KKU) bei Sonnenaufgang. Für den Betreiber Eon ist der Meiler der Stromweltmeister: mit bisher mehr als 300 Milliarden erzeugten Kilowattstunden Strom. Für die Mitarbeiter ist es der Arbeitsplatz. Für Kernkraftgegner ist es schlicht eine Gefahrenquelle.

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„Ich war überrascht, dass dort nicht so sachlich diskutiert wurde“, sagt Horst Wieting, der die Sendung vor Ort verfolgt hat. „Aber da hängt ja auch was dran.“ Als Handwerksunternehmer hat Wieting vom KKU profitiert. 1978 eröffnete er sein Elektrogeschäft in Rodenkirchen. Im selben Jahr erhielt das KKU die Teilbetriebsgenehmigung und speiste erstmals Strom ins öffentliche Netz ein. Von Wietings Haus sind es 2000 Meter bis zum KKU. Handwerksmeister Wieting repariert und baut Elektroinstallationen, auch in den Büros und Werkstätten des KKU. Früher mehr als heute. „Das Aus des KKU würde uns indirekt betreffen“, sagt er. Es gäbe dann weniger Kunden, weniger Kaufkraft, weniger Bau- und Renovierungstätigkeiten. „Es wird uns erst jetzt bewusst, dass das KKU die längste Zeit in Betrieb gewesen ist“, sagt er. Wieting regt einen runden Tisch an, der sich mit Zukunftsperspektiven für die Region befassen soll, staatliche Hilfen könnten den wirtschaftlichen Verlust weiter lindern helfen.

Spott und Häme Während der Podiumsdiskussion bekommt besonders der Physiker Dr. Ingo Harms von der Bürgerinitiative Aktion-Z den Unmut des Publikums zu spüren. Hämisch nehmen die Zuhörer seine Aussage auf, dass die Anti-Atom-Bewegung eine Katastrophe wie in Fukushima lange vorhergesagt habe. Unmut auch, als er auf die Arbeitsplatzsituation zu sprechen kommt. „Erzählen Sie mir doch nicht, dass sie vom Ausstieg überrascht wurden und ohne Alternative geplant haben“, sagt er und der Saal tobt. Als er dann noch das KKU fälschlicherweise als Siedewasserreaktor bezeichnet, ist der Ofen ganz aus, das Publikum johlt und lacht. „Da ist mir ein Lapsus passiert“, sagt er später bei einem Treffen. Im Kern bleibt er bei seiner Argumentation: Das Risiko eines Atomunfalls besteht, so lange Kernkraftwerke betrieben werden. Seit 35 Jahren engagiert er sich gegen die Kernkraft. Die RadioDiskussion war für ihn dennoch eine Premiere: Noch nie stand er in so direkter Konfrontation mit Kernkraftbefürwortern.

Und das atomare Risiko? „Wir trösten uns damit, dass viele Kraftwerker hier auch in der Nähe wohnen und ihre Kinder hier zur Schule gehen. Das wäre wohl nicht der Fall, wenn diese Leute Sicherheitsbedenken hätten“, sagt Wieting und fügt an: „Wissen Sie, früher hatten die Amerikaner hier am Ort eine Abschussbasis für atomare Sprengköpfe.“ Am Ende des kalten Krieges wurden der US-Stützpunkt und die Bundeswehrkaserne geschlossen.

Restrisiko „Die Diskussion läuft mir zu unsachlich“, sagt Kraftwerksleiter Karl Ramler ins Radio-Mikrofon und lenkt das Gespräch auf das Thema Sicherheit. „Eine vollkommen sichere technische Anlage gibt es nicht.“ Aber abgesehen von der dünneren Schutzhülle um den Reaktor liege das KKU auf dem Sicherheitsniveau jüngerer, deutscher Anlagen. Tage später stellt er bei einem Presse-

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gespräch die Sicherheitsmaßnahmen des KKU genauer vor. Das Werk ist nach seinen Angaben vor Naturkatastrophen geschützt wie sie für die Region seit Menschengedenken nicht vorgekommen sind: eine vier bis sechs Meter hohe Überflutung der Wesermarsch und Erdbeben bis über Stärke 6 hinaus. Die Notstromversorgung des Werks sind über die im Regelwerk geforderte Zeit hinaus sichergestellt. Bis zu 1500 Stunden können die Notstromaggregate betrieben werden, die Kraftstoffvorräte sind hochwasser- und erdbebengeschützt gelagert. Kommt es zum so genannten „Station Black Out“, der auch die Notstromversorgung lahm legt, liefern Batterien bis zu drei Stunden Strom. Derzeit wird diese Kapazität auf 13 Stunden ausgebaut. Und die Hülle könnte, eine längere Betriebszeit vorausgesetzt, verstärkt werden. Seine Botschaft: Es wird getan, was möglich ist, um die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls niedrig zu halten. „Das reicht uns nicht, denn jede Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass es auch schon morgen so weit sein kann“, sagt Harms von der Aktion-Z. Die Kernenergie müsse ersetzt werden. Punktum. Und langfristig könnte eine neue, dezentrale Energieversorgung die Arbeitsplatzverluste des Atomausstiegs mehr als ausgleichen. Arbeitsplätze Ewald Haubold, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, redet derzeit viel vor Publikum: im Radio, auf Betriebsversammlungen und auch mit den Nachbarn am Gartenzaun. Immer dieselbe Frage: Wie geht es weiter? „Wir planen so, als ob wir wieder in Betrieb gehen werden, das

Betriebsrat Ewald Haubold kämpft für seine Kollegen.

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müssen wir auch“, sagt Haubold. Auch die geplante Revision wird wie gehabt weiter vorbereitet. Aber darüber lastet die Aussicht auf den Jobverlust. Eine Minderheit der Mitarbeiter könnte in den verbleibenden Kernkraftwerken einen neuen Arbeitsplatz finden, wenn sie zu einem Umzug bereit sind. Für die geringer qualifizierten Kollegen wird es schwerer. „Das Personal muss über die persönliche Betroffenheit hinwegsehen“, sagt Haubold. Die Stromproduktion ruhe zwar, aber: „Das Gefahrpotential ist trotzdem da, die Brennelemente müssen gekühlt werden. Es wird hochkonzentriert weiter gearbeitet.“ „Wenn wir nicht wieder anfahren können, verlieren wir Mitarbeiter, die wir für den Nachkühlbetrieb brauchen und wer fängt hier seine Karriere dann noch an?“, fragt er. „Unsere hohe Sicherheitsphilosophie in Deutschland würde mit dem Ausstieg verloren gehen.“ Derzeit muss das KKU der Reaktor-Sicherheitskommission darlegen, wie es mit einem Erdbeben plus Stromausfall plus Hochwasser gleichzeitig umgeht. Der Fukushima-Test sozusagen, die Auftürmung gleichzeitiger Katastrophen. „Die Überprüfung nach Fukushima ist richtig“, sagt Haubold. Weiteren Sicherheits-Anforderungen stellen sich die Kraftwerker gern. Aber Fukushima ist auch der Stimmungsumschwung. Die Mitarbeiter haben den Eindruck, dass ihre Argumente seither kaum gehört werden. Denn technisch hat die Katastrophe in Japan nichts an ihrem Kraftwerk verändert. Jahrelang haben sie das KKU in der weltweiten Top-Ten-Liste der produkutionsstärksten Meiler gehalten. Jetzt macht sich Bitterkeit breit.

Anwohner Horst Wieting regt einen runden Tisch zur Zukunft der Region an.

Dr. Ingo Harms kämpft seit 35 Jahren gegen die Kernkraft.


Ohne den größten Arbeitgeber wird es für die Gemeinde von Bürgermeister Boris Schierhold schwer.

„Das KKU muss sicher betrieben werden“, sagt Boris Schierhold, Bürgermeister der Gemeinde Stadland im Landkreis Wesermarsch. Und mehr lässt er sich zur aktuellen Diskussion nicht entlocken. Nicht während der Radiosendung und auch später im Rathaus nicht. „Als örtliche Gemeinde können wir noch so viele Resolutionen verabschieden – für oder wider die Laufzeitverlängerung, für oder wider den Atomausstieg – entschieden wird das auf einer ganz anderen Ebene.“ Schierhold selbst ist parteilos. Im Gemeinderat lenken seit 2001 CDU und Grüne gemeinsam die Geschicke, nur das Thema KKU haben sie ausgeklammert. In diesem Punkt vertritt jede Partei ihre Meinung. Die Wirtschaft der Region Der Landkreis gilt als strukturschwach: ein bisschen Industrie an der Weser und wenig Mittelstand dahinter. Das KKU-Aus träfe die lokale Wirtschaft und den lokalen Arbeitsmarkt. Und bei diesem Thema wird Schierhold auch etwas detaillierter. Allein die Arbeitsplätze: Fast 400 Eon-Beschäftigte plus zusätzlich 400 und zu Revisionszeiten sogar mehr als 1000 Fremdarbeiter. Kaufkraft, Immobilienmarkt, Einkommensteuer- und nicht zuletzt direkte Gewerbesteuereinahmen durch Eon würden einbrechen. „Das alles zu kompensieren, wird mehr als schwierig“, sagt Schierhold. Seinen Angaben zufolge hat der Bergbaukonzern xstrata eine 250 Mio.-Euro-Investition wegen des Moratoriums auf Eis gelegt. Der internationale Bergbaukonzern hatte geplant, die Produktion seiner Zinkelektrolyse am Standort Nordenham zu verdoppeln, stabile Strompreise vorausgesetzt. Das Werk ist direkter Abnehmer des Stroms aus dem KKU. Szenarien für eine Nachnutzung des Kraftwerks gibt es zumindest auf dem Reißbrett. Seit mehr als einem Jahr wird über ein

Kabel quer durch die Nordsee diskutiert, mit dem der deutsche und norwegische Strommarkt miteinander verbunden werden sollen. Das KKU wäre ein denkbarer Standort, um das Seekabel an Land zu führen, in einer Konverterstation den Gleich- in Drehstrom zu wandeln und über die bestehenden Hochspannungsleitungen weiter zu verteilen. Aber es ist weder der einzig denkbare noch der favorisierte Standort und das ganze Projekt ist noch nicht spruchreif. Selbst wenn das KKU vom Netz bleibt, wird es der Region noch Jahre erhalten bleiben bis es entweder zurückgebaut oder still gelegt und abgesichert in den so genannten sicheren Verschluss geht. Das Zwischenlager für Atommüll auf dem Kraftwerksgelände bleibt als eigenständiger Betrieb erhalten. Dessen wirtschaftliche Kapazität? „20 Castoren, drei Bewacher und fünf Hunde“, sagt Schierhold knapp. „Wir haben mit dem KKU gelebt, jetzt bekommt es eine andere Wertigkeit“, sagt Wieting. „Ich gehe davon aus, dass der Ausstieg kommt.“ Das Kasernengelände ist längst neu erschlossen. Auf der ehemaligen Abschussbasis steht heute ein kleiner Windpark. Sechs Windräder drehen sich dort. CB 17


Die Eins liegt vorn

Das Benfordsche Gesetz erleichtert das Aufspüren fauler Buchungen Wenn Zahlen aus vielen Quellen zusammengeführt werden, häufen sich Anfangsziffern gesetzmäßig, zum Beispiel in der Buchführung. Das freut Prüfer. Mal angenommen, Sie bekommen für jede Zahl in diesem Magazin, die mit 4, 5, 6, 7, 8 oder 9 anfängt einen Euro. Und müssten für jede Zahl, die mit 1, 2 oder 3 anfängt einen Euro zahlen. Jede Zahl zählt: Seitenzahlen, Jahreszahlen, jede erwähnte Anzahl. Hätten Sie am Ende einen Verlust oder einen Gewinn? Zugegeben, das klingt schon sehr nach einer Fangfrage. Aber die meisten würden doch annehmen, dass man mit den Anfangsziffern 4, 5, 6, 7, 8 und 9 besser fährt, oder? Es sind doch sechs von neun Möglichkeiten. Wetten dass … Tatsächlich spielen die niedrigeren Anfangsziffen den größeren Gewinn ein. Und erstmals ahnte der Mathematiker Simon Newcomb 1881 diesen Zusammenhang. Er stellte fest, dass in Büchern mit Logarithmustabellen – in der Zeit vor Taschenrechnern eine wichtige Rechenhilfe – die vorderen Seiten stärker abgenutzt waren. Er schloss, dass die Benutzer häufiger mit Zahlen rechneten, deren Anfangsziffer eine Eins war. Newcomb stellte eine Rangfolge der Anfangsziffern auf. Demnach beträgt die Wahr-

Benannt ist diese Gesetzmäßigkeit nach dem Physiker Frank Benford, der 50 Jahre nach Newcomb die erwartete Verteilung der Anfangsziffern in ganz unterschiedlichen Datensätzen fand: sowohl in der Liste mit der Länge amerikanischer Flüsse, in Börsenkursen, bei dem Gewicht von Molekülen, in Baseball-Statistiken, Bevölkerungsdaten und sogar in den Zahlen in einer Ausgabe des Magazin „Reader‘s Digest“. Immer wieder lag die Eins mit der erwarteten Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent vorn. Sollte es so etwas wie eine universelle Vorliebe für die Eins geben? Dass sich die Verteilung der Zahlen in so unterschiedlichen Gebieten bestätigte, widerspricht der Intuition. Aber in der Folgezeit belegten Mathematiker die Gültigkeit dieser Annahme und die fundamentale Bedeutung des Gesetzes wurde klarer. Der entscheidende mathematische Beweis für Benfords Gesetz gelang dem amerikanischen Mathematiker Theodore P. Hill schließlich 1996. „Es gibt etwas, das Statistiker niemals tun: Sie mischen keine Daten aus unterschiedlichen Experimenten. Was Benford tat, war Daten aus völlig unterschiedlichen Quellen zu nehmen und zusammen zu setzen. Wenn man das auf eine neutrale Art tut, bekommt man diese Gesetzmäßigkeit. Es ist merkwürdig und entgegen alle Intuition“, sagt Hill.

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scheinlichkeit, dass eine Zahl eines gegebenen Datensatzes mit Eins anfängt 30,1 Prozent (siehe unten). Jede weitere, höhere Anfangsziffer hat eine geringere Wahrscheinlichkeit.

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Die Benford-Verteilung in so unterschiedlichen Lebensbereichen anzutreffen erstaunt weniger, wenn man bedenkt, dass ein einzelner dieser Bereiche wiederum von vielen anderen messbaren Einflüssen abhängt. Ergeben alle Tageskurse eines Aktienindex eine Benford-Verteilung, so hängt deren Zustandekommen von vollkommen unterschiedlichen Faktoren ab. Der Preis einer bestimmten Aktie wird beispielsweise maßgeblich von der Ernte – und damit von Temperatur und Wetter – bestimmt; eine Industrie-Aktie wiederum maßgeblich von den Kosten des Faktors Arbeit oder eines Rohstoffes. Die Temperaturwerte im Erntegebiet folgen nicht der Benford-Verteilung. Auch der Preis der Arbeitskraft oder eines Rohstoffes folgt anderen Gesetzen. Aber alle tragen dazu bei, dass die Aktien im Index insgesamt der Verteilung folgen. Benfords Gesetz ist somit quasi das Meta-Gesetz über die Verteilung von Ziffern. Damit sich die Benford-Verteilung bestätigen kann, muss das Ausgangsmaterial jedoch Voraussetzungen erfüllen: Es dürfen keine reinen Zufallszahlen sein, da hierbei per Definition jede Anfangsziffer gleich wahrscheinlich ist. Beim Lotto oder Roulette ist Benfords Gesetz also keine Hilfe. Auch müssen genügend Werte vorhanden sein. Und die Werte dürfen nicht künstlich nach oben oder unten begrenzt sein: Ein Vergleich des Benzin-Preises wird keine Benford-Verteilung aufweisen, selbst wenn man 10.000 Tankstellen heranzieht. Mark J. Nigrini wartete nicht auf den wissenschaftlichen Beweis. Er entdeckte, dass Buchhaltungsdaten die genannten Voraussetzungen erfüllen. Mit seiner Doktorarbeit sorgte er 1992 für den Durchbruch. Er zeigte, dass Verkaufszahlen, Rechnungsbeträge und praktisch alle weiteren wirtschaftlichen Werte in einem Unternehmen Benfords Verteilung aufweisen – wenn sie nicht manipuliert sind. Die Nutzung dieses Prinzips bei Revisionen, Kassenprüfungen oder beim Aufspüren von Steuerhinterziehungen liegt auf der Hand. Seit 2002 beherrscht auch die Software der deutschen Finanzämter diese mathematisch-statistische Auswertung. Unter dem Namen Chi-Quadrat-Test werden Methoden zusammengefasst, mit der sich zahlreiche Verteilungseigenschaften einer Grundgesamtheit untersuchen lassen. Das Ende allen Betrugs? Eine Wunderwaffe ist die Anwendung des Benfordschen Gesetzes aber nicht – allen anders lautenden Behauptungen der Revisoren zum Trotz. Das Benfordsche Gesetz eignet sich gut,

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um auffällige Buchungen aufzuspüren, um zum Beispiel dem Einkäufer auf die Schliche zu kommen, der Firmengelder über fingierte Rechnungen in die eigene Tasche leitet. Denn oft verfälschen solche Betrügereien die erwartete Verteilung. Auffällig ist es auch, wenn der Einkäufer ein Limit hat, über das er ohne weitere Aufsicht verfügen darf. Kann er etwa 5000 Euro pro Rechnung eigenhändig durchwinken, könnte ihn eine erhöhte Häufigkeit der Anfangsziffer Vier verraten. Mit viel Mühe könnte der betrügerische Einkäufer die Beträge aufsplitten, so dass sich die Anfangsziffern seiner Raubzüge unauffälliger in die Benford-Verteilung einblenden. Dazu müsste er aber im Voraus wissen, welche Abschnitte später geprüft werden: alle Zahlen oder jeweils gesondert die drei-, vier- oder fünfstelligen Zahlen? Ein Geschäftsjahr oder mehrere? Nur seine Abteilung oder mehrere? Faule Buchungen Dubiose Buchungen lassen sich gut aufspüren, dubiose Unternehmen nicht. Ein Beispiel: Die fiktive Pizzeria „Zum kleinen Mafiosi“ hat zahlenmäßig einen vollkommen unauffälligen Geschäftsbetrieb, dass sie allein zur Geldwäsche geführt wird, lässt sich aus den Zahlen nicht ablesen. Große Ganoven betrügen selten auf der Ebene einer einzelnen Buchung, sondern gründen eher Unternehmen und schließen Verträge, die ihre kriminellen Absichten bemänteln. Müssen sich also nur kleine Fische vor dem Benfordschen Gesetz fürchten? Nicht unbedingt. Es war zum Beispiel mitentscheidend, um 2001 die Bilanzfälschungen des amerikanischen Energiekonzerns Enron aufzudecken, damals einer der größten Unternehmensskandale. Obwohl Benfords Gesetz als mathematisch bewiesen gilt, gibt es offene Fragen. So ist zum Beispiel noch nicht klar, wie viele Daten man genau braucht, damit sich die Benford-Verteilung zeigen kann. Trotzdem: Das Benfordsche Gesetzt erfreut sich nicht nur bei Wirtschaftsprüfern einer steigenden Beliebtheit. Hill hat zum Beispiel ein belgisches Forschungsunternehmen beraten, das die Ergebnisse klinischer Tests bei der Medikamenten-Entwicklung untersucht. Informatiker versuchen, mit Benfords Gesetz den Platz auf Festplatten besser auszunutzen. Die fundamentale Bedeutung von Benfords Gesetz spricht für einen weiten praktischen Anwendungsbereich. „Es ist ein hervorragender Gegen-Check. Wenn man ein mathematisches Model für einen Prozess hat, es mit Daten füttert und das Ergebnis nicht der Benford-Verteilung folgt, dann sollte man diese Modell nochmals überdenken“, sagt Hill. CB

7 8 5,8%

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So übel riechen Löwen gar nicht Wildlife-Fotograf Beny Rebel geht immer ein bisschen näher ran

Es kommt natürlich drauf an, was sie zuvor gefressen oder worin sie sich gewälzt haben. Aber im Großen und Ganzen „sind mir Löwen noch nie als besonders geruchsstark aufgefallen, da Katzen generell saubere Tiere sind“, sagt Benny Rebel. Hyänen hingegen riechen schon arg streng. Er muss es wissen, denn der Fotograf kommt den Wildtieren so nah wie kaum ein anderer. Diese Nähe ist seine fotografische Handschrift. Packende Fotos sind sein Beitrag zum Naturschutz. Mit dem Weitwinkelobjektiv wagt er sich bis auf Armlänge an Tiere heran, die ihm mühelos den Arm brechen, ausreißen oder abbeißen könnten: Raubkatzen, Berggorillas, Nashörner. Er riskiert für Fotos sein Leben. Trotzdem sagt er: „Ich bin weder lebensmüde noch Adrenalinjunkie.“ Löwen zum Beispiel seien durchschaubar. „Sie legen die Ohren an, setzen zum Sprung an und brüllen. Dann bleibt nur stehen bleiben, sich so groß wie möglich machen und zurückbrüllen.“ Gorillas sind dagegen mit demütiger Körperhaltung zu beruhigen. Und Nashörner lassen sich aufgrund ihres schlechten Sehsinnes durch das Imitieren ihrer eigenen Angriffslaute bremsen. Na, das ist gut zu wissen. Der Löwe unten rechts war ein ganz friedfertiger Geselle. „Seine Mimik zeigt Aufmerksamkeit und Neugierde“ sagt Rebel. „Das erkennt man am entspannten Gesichtsausdruck, an den aufgestellten Ohren und an den weit geöffneten Augen.“ Dieses Wissen hat er unter anderem von afrikanischen Rangern, bei denen er in die Lehre ging. Benny Rebel lebt in Hannover, wenn er nicht gerade in Afrika, Indien oder Mittelamerika unterwegs ist. Das Leben der Wildtiere hat er in Tausenden von Fotos dokumentiert. In vier Büchern schildert er seine Abenteuer und gibt Tipps für ambitionierte Fotografen. Fernsehsender von arte bis zdf, vom iranischen Fernsehen bis zum Bayrischen Rundfunk haben über

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seine Arbeit berichtet. Und seit Kurzem hat Rebel sein Spektrum um eigene Fernseh-Dokumentationen erweitert. Im Mai ist Rebel in den Iran aufgebrochen, sein Geburtsland. „Bei all den politischen Wirrnissen, über die täglich aus dem Iran berichtet wird, weiß doch kaum jemand, dass das Land über die ältesten, noch intakten Urwälder der Nordhalbkugel verfügt“, sagt er. Zwei Monate wird er dort mit großem Team filmen. Das Ergebnis wird Ende des Jahres unter anderem im zdf zu sehen sein. Zwei 45-minütige Dokumentationen entstehen. Abnehmer hat Rebel außerdem in einigen ARD-Anstalten gefunden. Auch National Geographic wird seine Arbeit zeigen, für Naurfilmer ist das sowas wie ein Ritterschlag. Seine berufliche Existenz hat Rebel

dank einer treuen Fanbasis aufbauen können, die ihm Fotos oder Kalender abkauft. Über seine Internetseite www.benny-rebel.de informiert er über seine fotografischen und umweltschützenden Aktivitäten. Sein Publikum honoriert seinen lebensmutigen Einsatz. Todesangst hat er zum Beispiel ausstehen müssen, als ein Löwe nachts neben seinem Zelt brüllte und die Schritte eines zweiten schon zu hören waren. Rebel hielt sich mit einer Hand den Mund zu, um keine unkontrollierten Angstgeräusche raus zu lassen, mit der andern Hand klappte er sein Taschenmesser auf. 45 Minuten Starre. „In 20 Jahren hat mich nie ein Tier verletzt“, sagt er. Sein einziger Unfall war ein Sturz, der mit Bänderrissen endete. CB

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Ein RettungsOrdner als Ruhekissen

Damit im Notfall Familie und Existenz abgesichert sind

Der Partner im Krankenhaus oder jüngst verstorben, die Einkommenssituation ungewiss und in der Firma häufen sich die Probleme. Das ist die Situation, in die vor allem die Frauen von Einzelunternehmern häufig durch Notfälle geraten. „Es ist immer wieder bedrückend, wie viele Probleme sie in dieser ohnehin belastenden Situation zusätzlich schultern müssen“, sagt Marco Windhorst, Steuerberater und Gesellschafter der StB-Consult Beratungs- und Lösungsgesellschaft mbH. André und Ramona Rieckhoff wollen daher ihre Notfallplanung auf ein solides Fundament stellen. André Rieckhoff betreibt ein Baugeschäft, Ramona Rieckhoff ist Köchin in einem Kindergarten. „Ich möchte nicht dastehen und nur sagen können: ‚Tja, das hat André immer gemacht‘“, sagt Ramona Rieckhoff über den Fall, der hoffentlich nicht eintritt. Den beiden ist klar, wenn er ausfällt, steht sie vor vielen offenen Fragen. Es muss nicht mal der Todesfall sein, der die Partnerin und Familie in die Krise stürzt. Vier führungslose Wochen reichen oft schon aus, um einen bis dahin florierenden Betrieb in die Schieflage zu bringen. Vor den Folgen von Krankheit, Unfall oder Tod schließen viele Selbstständige gern die Augen. Dabei kann ein Notfall jeden treffen und ist auch keine Frage des Alters. Eine Notfallplanung gehört unbedingt zur unternehmerischen Vorsorge. Aus der Erfahrung mit Betroffenen hat Windhorst ein Hilfe-System für solche Krisensituationen entwickelt: den SOS-Ordner. SOS steht dabei für Sicherheit Ordnung und Strategie. In den meisten Familien und Betrieben gibt es durchaus Vorkehrungen für eine Krise, aber oft sind diese veraltet, nicht angemessen oder im Notfall schlicht nicht auffindbar. Damit soll Schluss sein.

Ein wichtiger Halt in der Krise: Im SOS-Ordner werden Informationen gesammelt, die Notfälle überstehen helfen.

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„Ich sehe es ja in meiner Beratungspraxis, was den Betroffenen fehlt, wenn sie in Notfälle geraten“, sagt Windhorst. „Daraus habe ich eine Art Pflichtenheft entwickelt: Ein thematisch aufgebauter Ordner, in den die individuellen Informationen, Daten


und Dokumente nur einsortiert zu werden brauchen.“ Die StBConsult hilft beim Bestücken des Ordners und berät individuell zu jedem Punkt, der darin aufgegliedert ist: Firma, Vermögen, Risiken, Personal und Nachfolge. Auf Wunsch werden alle Daten zusätzlich digital gespeichert. Falls dem Notfallordner ein Notfall passiert, bleiben so trotzdem alle Daten erhalten. „Natürlich könnte ich solch eine Planung auch alleine angehen“, sagt André Rieckhoff. „Aber ich bin schon froh, wenn ich meine ganz normale Arbeit unter der Woche erledigt bekomme. Solche Sonderaufgaben bleiben oft als erstes auf der Strecke, obwohl sie total wichtig sind.“ Dank des SOS-Ordners hat er nun eine Vorlage, mit der er das Thema Schritt für Schritt angehen kann, ohne wichtige Bereiche zu übersehen. Und er kann sich auf professionelle Hilfe dabei verlassen, wenn es zum Beispiel um versicherungstechnische, steuerliche oder juristische Fragen geht. „Man ist mit solchem Kram ja nicht vertraut und müsste sich umständlich einlesen“, sagt André Rieckhoff. „Ich finde es gut, wenn einem jemand dabei an die Hand nimmt.“ Zusätzlicher Service Dokumente in einem Ordner zu sammeln ist nur die halbe Miete. Es müssen die richtigen Dokumente und Pläne für eine angemessene Krisenbewältigung sein. Deshalb hat Windhorst weitere Experten ins Boot geholt, die auf ihrem Spezialgebiet die Notfallplanung abrunden. „Das ist der Hauptvorteil im Vergleich zu anderen Notfall-Ordnern“, sagt Windhorst. „Wir lassen unsere Kunden nicht mit dem Ordner allein, sondern helfen beim Aufbau und auch bei der Umsetzung der Notfallplanung.“ Windhorst ist der Ansprechpartner für alle steuernahen, betriebswirtschaftlichen Themen der Notfallplanung. Für Versicherungsfragen und Vermögensthemen ist Wolfgang Hentschel zuständig, unabhängiger Finanzberater und Geschäftsführer der StB-Consult. Rechtsanwalt Christof Redecker berät Sie zum Beispiel zu Vollmachten, wie Patientenverfügung oder Notprokura. Diesen Vollmachten müssen Formalitäten entsprechen, um wirksam zu sein. Dabei ist juristischer Rat dringend zu empfehlen. Und Pflege-Managerin Rita Wolf kennt sich mit der praktischen und bürokratischen Situation von Pflegebedürftigen

André und Ramona Rieckhoff wollen sich absichern und lassen sich von StB Marco Windhorst (links) beraten.

bestens aus. Aus jahrelanger Berufserfahrung ist sie mit dem Hürdenlauf vertraut, der bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und der Beantragung von Hilfen ansteht. André und Ramona Rieckhoff sehen in dem SOS-Ordner einen wichtigen Schritt zur gegenseitigen Absicherung, auch ihrem Sohn zuliebe. „Wir haben das Premium-Paket gewählt, weil uns dabei viel Arbeit abgenommen wird und die Unterlagen auch in einem Rechenzentrum gespeichert sind“, sagt André Rieckhoff. Kein Notfall soll ihre Absicherung durchkreuzen können. CB

» Preise und Leistungen Der Auftraggeber erhält mit dieser Dienstleistung von der StBConsult GmbH einen SOS-Ordner mit folgenden Inhalten sowie ein Erläuterungsgespräch zu: Vermögen, Versorgung, Risiken, Nachfolge, Leistungsvergleiche, Einsparpotentiale, Umsetzungsvorschläge. Die Kosten verstehen sich exkl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer von derzeit 19 Prozent. Wahlpaket I: Euro 29 privat / 39 betrieblich, SOS-Ordner mit Inhaltsverzeichnis, Gebrauchsanweisung, Update-Erinnerung Wahlpaket II: Euro 129 privat / 199 betrieblich, SOS-Ordner mit Inhaltsverzeichnis, Gebrauchsanweisung, Update-Erinnerung, Datenvorbestückung durch uns, Einzelinterview in unserer Kanzlei

Das Experten-Team hinter dem SOS-Ordner und links die Dokumente, die im Ordner rechts verzeichnet sind.

Wahlpaket III: Euro 299 privat / 399 betrieblich, SOS-Ordner mit Inhaltsverzeichnis, Familieninterview beim Mandanten, Zusammenfassung der vom Mandanten zu beschaffenden Unterlagen, Einarbeitung der beschafften Unterlagen durch uns, zusätzliche digitale Archivierung durch Scannen in der Kanzlei, ein Update Termin nach Ablauf von 12 Monaten

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