fest & treu 2 / 2013

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2013

H 11661 Meinerzhagen

Nummer 142 Jahrgang 2013

Zeitschrift f체r aktive Christen

Mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf Hebr채er 12.1


NR. 142 IMPRESSUM

2. Quartal 2013

Herausgeber

CLV Christliche LiteraturVerbreitung e.V. Postfach 110 135 33661 Bielefeld

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Erscheint

Vierteljährlich und kann ko­sten­los bezogen werden.

Es gibt Grundtypen von Menschen: sachlich-analytische und intuitiv-emotionale. Die einen denken nach, die anderen probieren aus, um Lösungen zu finden. Auch an den Jüngern Philippus und Andreas werden diese beiden Charaktere deutlich … Erstaunlicher Weise tauchen die zwei an mehreren Stellen als „Duett“ auf – als gemischtes Doppel: Mk 3,18; Joh 6,5-8; 12,21-22. Es ist ein Segen, wenn unterschiedlich ausgeprägte Stärken und Schwächen zusammenwirken und sich ergänzen. Das ist eine ähnliche Arbeitsteilung, wie sie auch zwischen unseren beiden Gehirnhälften stattfindet. Der linken Hemisphäre werden Funktionen wie logisches Denken, analytisches Denken und die Sprache zugeschrieben. Der rechten dagegen Kreativität, Musikalität, und räumliches Vorstellungsvermögen. Interessanter Weise steuert jede Gehirnhälfte jeweils die Bewegungen der anderen Körperseite. Dazu ein Gedicht zur „Speisung der Fünftausend“: Philippus kalkulierte, taxierte und addierte, und fand die Unsumme geschwind. Andreas inspizierte, frustrierte, präsentierte fünf Brote, Fische und ein Kind … „ER“ dankte und gruppierte, halbierte und servierte im Gras dem Volk beim Abendwind. Die Volksmenge dinierte, verwirrte, applaudierte und blieb trotz Brot und Fischen blind. Der HERR kann potenzieren, kreieren, multiplizieren – selbst wenn da nichts als Nullen sind … Neue Einsichten, Bereicherung und Ergänzung im Lesen der verschiedenen Beiträge in dieser Ausgabe von fest+treu wünscht

Schriftleiter und Versandstelle Wolfgang Bühne Postfach 1126 58527 Meinerzhagen

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INHALT Inhalt dieser Ausgabe: Henry A. Ironside Wolfgang Bühne William Kaal Christoph Grunwald Dieter und Magdalene Ziegeler

„… es sind meine Nerven!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Eine Prise Salz und ein Topf voll Frieden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Unversehrt und Unverzehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Adoniram Judson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Lourdes – Das florierende Geschäft mit dem Glauben . . . . . . . . . . 16


NACHGEDACHT

Henry A . I ro n s i de ( 1 8 67-1 951 )

„… es sind meine Nerven!“

Als junger Prediger und erst kurz verheiratet lebte ich in der Vorstellung, dass ich mir als Prediger den Luxus gereizter Nerven leisten durfte. Ich hatte schon bei anderen beobachtet, dass Prediger schon mal aus der Haut fahren, und hielt es für eine Gewohnheit, die ich mir auch erlauben konnte. Doch da musste ich noch eine Lektion lernen. Manchmal bedarf es einer Ehefrau, um in die Schranken gewiesen zu werden! Ich predigte in San Francisco und hatte einen besonders vollen Tag. Die erste Versammlung fand um 9.00 Uhr morgens statt. Um 11.00 Uhr nahm ich in einer anderen christlichen Versammlung am Abendmahl teil. Eine weitere Versammlung fand am Nachmittag statt und später noch eine, dann eine Freiversammlung und eine weitere im Saal. Insgesamt predigte ich fünf Mal. Auf der Rückfahrt war ich sehr gereizt. Ich kauerte mich in eine Ecke des Abteils … und schwelgte in Gereiztheit. Meine Frau sagte etwas zu mir. Ich habe vergessen, was es war. Ich antwortete ihr in der Art eines Ehemannes, mit der so viele von uns vertraut sind! Sie drehte sich zu mir um und sagte: „Was denkst du dir eigentlich dabei, wenn du mich so anfährst, und das nach einer Versammlung? Erst stehst du auf der Kanzel und siehst so heilig aus, dass man meinen könnte, du würdest keiner Fliege etwas zuleide tun, und dann fährst du mich auf dem Heimweg derart an. Ich habe dir nichts getan, womit ich das verdient hätte. Ich habe dir nur eine Frage gestellt. Was würden deine Zuhörer jetzt von dir denken?“ Im Nu war ich gedemütigt. Ich sagte: „Liebling, es tut mir so leid, ich wollte dich nicht anfahren, aber weißt du, ich bin so erschöpft. Ich habe heute fünfmal gepredigt und meine Nerven sind am Ende.“ Meine Frau sagte: „Also, ich habe dir fünfmal zugehört, und ich bin genauso müde wie du. Wenn ich es schaffe, freundlich zu sein, kannst du das auch!“ Ich musste mich entschuldigen und lernte, meine schlechte Laune nicht an anderen auszulassen, mit der Ausrede, es seien die Nerven.“ Aus: William MacDonald: Seiner Spur folgen, Bielefeld: CLV, 2008, S. 131-132

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BIBELARBEIT

Eine Prise Salz und ein Topf voll Frieden

Wolfgang Bühne

„Habt Salz in euch selbst und seid in Frieden untereinander.“ Mark 9,50 Mit dieser freundlichen Ermahnung endet ein hochinteressantes und aktuelles Kapitel im Markusevangelium. Die Jünger Jesu hatten sich mal wieder von ihrer – uns so sehr vertrauten – menschlichen Seite gezeigt. Sie wurden auffallend still, als der Herr ihnen die Stationen seines Leidensweges angekündigt hatte. Sie schwiegen in ihrer Verlegenheit, denn das Gehörte passte nicht zu ihrem Verständnisraster und ihren Zukunftsträumen.

Persönlicher Ehrgeiz?

Wohl und gezielt dosiert und angewandt ist Salz sehr wertvoll und unverzichtbar in der Küche wie in der Medizin. Aber überaus beißend und verletzend, wenn es unkontrolliert und in Mengen verabreicht wird

Nur kurze Zeit später, auf dem Weg nach Kapernaum, gab es unter ihnen allerdings eine sehr lebhafte Diskussion. Das alte, aber immer aktuelle und bis heute beliebte Thema, wer unter ihnen wohl der Größte sei, löste die Zungen und wurde ungeniert besprochen. Die anschließende Gegenstandslektion des Herrn – dessen Geduld und Langmut im Umgang mit den Jüngern man nur bewundern kann – hinterließ aber anscheinend keinen bleibenden Eindruck bei ihnen.

Kollektiver Ehrgeiz? Die ermahnenden Worte des Herrn: „Wenn jemand der Erste sein will, soll er der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (Mk 9,35) wurden schnell abgehakt und das Thema gewechselt: Denn da gab es doch tatsächlich jemanden, der im Namen Jesu Dämonen austrieb, obwohl er nicht zu dem Kreis der auserwählten Jünger gehörte. „Wir wehrten ihm, weil er uns nicht nachfolgte“, beschwerte sich Johannes als ihr Wortführer (Mk 9,38). Erst ging es um persönliche Ambitionen und jetzt stand der kollektive Ehrgeiz zur Diskussion. Schließlich meinten sie als auserwählte Jünger die alleinige Berechtigung zu haben, Wunder zu tun und Dämonen auszutreiben … Anscheinend hatten sie die erst kürzlich erlebte schmerzliche und demütigende Erfahrung ihrer vergeblichen Dämonen-Austreibung vergessen oder verdrängt (Verse 14-19) und dann

wagte einer mit Erfolg im Namen Jesu Dämonen auszutreiben, der nicht zu ihrer „Fraktion“ gehörte? Das durfte doch nicht wahr sein! Die anschließende, sehr deutliche Korrektur und Warnung des Herrn endete mit der oben zitierten Ermahnung: „Habt Salz in euch selbst und seid in Frieden untereinander.“

Eine Prise Salz … Salz diente damals wie heute als wichtiges Gewürz, aber auch als konservierendes und desinfizierendes Mittel. Wohl und gezielt dosiert und angewandt ist es sehr wertvoll und unverzichtbar in der Küche wie in der Medizin. Aber überaus beißend und verletzend, wenn es unkontrolliert und in Mengen verabreicht wird. Mit einer Überdosis Salz kann man einen Menschen töten … Salz ist in der Bibel ein oft gebrauchtes Bild für die Wahrheit und Wirksamkeit des Wortes Gottes. Man kann Gespräche und Predigten würzen oder schmackhaft machen, in manchen Fällen auch heilen oder desinfizieren, wenn etwas wund ist oder gereinigt werden muss. Aber mit einem fleischlichen Einsatz der Wahrheit kann man – wie mit zu viel Salz – auch großen Schaden anrichten.

„Wahrheitssucht“ und „Wahrheitsflucht“

Wahrheit und Frieden in ausgewogener Harmonie scheint auch unter uns Christen, die wir uns gerne als „bibeltreu“ bezeichnen, Seltenheitswert zu haben. Da gibt es solche, die von einer Art unnüchterner „Wahrheitssucht“ befallen sind und ihr Verständnis von der Wahrheit für das allein richtige halten. Andere wiederum scheinen von einer „Wahrheitsflucht“ getrieben zu werden. Sie meiden jede theologische Auseinandersetzung und Konfrontation, weil sie diese für die Ursache von Disharmonie in den Gemeinden halten. Die einen scheinen sich über jede Gelegenheit zu freuen, um vermeintliche Irrtümer bei „Anderen“ zu entdecken und dann kübelweise Salz zu streuen. Auf der anderen Seite ist man empört, wenn es jemand wagt, in theologischen Auseinandersetzungen „Ross und Reiter“ zu nennen.


BIBELARBEIT

Bestimmte Seiten im Internet sind voll mit gesalzenen Urteilen über Geschwister, die eine andere Seite der „Wahrheit“ betonen oder vertreten und es wird nicht an gepfefferten Ausdrücken gespart, die man in der Kommunikation unter Christen ganz sicher nicht vermuten würde. Sogenannte „Arminianer“ dreschen auf sogenannte „Hyper-Semi- oder Neo-Calvinisten“ ein und umgekehrt genau so. Da macht man „Lordship-Salvation“ oder „Freie Gnade“ zum Streit-Thema, als hätten wir nichts Besseres zu tun. „Missionale“ und „emergente“ Lehren und Praktiken werden propagiert und bekämpft – oft ohne die Begriffe und die damit verbundenen Gefahren verstanden, definiert und erklärt zu haben. Nur selten suchen die Kontrahenten die Begegnung und das Gespräch. Oft benutzen sie die Medien, um im Schreibtisch-Sessel sitzend die Klingen zu kreuzen. „Salz in sich“ zu haben und trotzdem in „Frieden miteinander“ zu leben – geht das überhaupt, oder ist es eine Utopie?

Ein Prediger, der in keine Schublade passte

Gott sei Dank gibt es auch Ausnahmen! Manchmal muss man allerdings in der Kirchengeschichte nach Vorbildern suchen … In einem Buch von John Piper unter dem Titel „Beharrlich in Geduld“ wird das Leben eines Mannes skizziert, der in unseren Breitengraden fast unbekannt ist: Charles Simeon. Er lebte in der Zeit der „Großen Erweckung“ in England, in welcher gleichzeitig der alte und

Charles Simeon | 1759-1836

immer neue Kampf der „Calvinisten“ gegen die „Arminianer“ heftig tobte. Die Freunde John Wesley und George Whitefield waren Wortführer der beiden „gegnerischen“ Lager und auch damals fehlte es nicht an heftigen und beleidigenden Streitgesprächen, schriftlichen Stellungsnahmen und Gegendarstellungen. Charles Simeon aber suchte die Begegnung und das Gespräch. Piper schreibt über ihn: »Er wollte weder als Calvinist noch als Arminianer bezeichnet werden, sondern der Bibel von Grund auf treu sein und jedem Text seinen ihm gebührenden Platz einräumen – ganz gleich, ob er Arminianern oder Calvinisten die besseren Argumente zu liefern schien. Bekannt war er aber als evangelikaler Calvinist, und das zu Recht … Für unbarmherzige Calvinisten hatte er jedoch wenig Sympathie. In einer Predigt über Römer 9,16 sagte er: „Es gibt viele, die diese Wahrheiten [die Lehren von der Souveränität Gottes] nicht sehen können, obwohl sie ein Leben führen, das Gott wahrhaftig erfreut. Ja, es gibt viele, zu deren Füßen die Besten von uns im Himmel nur allzu gern sitzen würden. Es ist ein großes Übel, wenn diese Lehren ein Grund zur Spaltung zwischen uns werden und die Befürworter unterschied-licher Systeme sich gegenseitig verurteilen. […] In Bezug auf Wahrheiten, worüber so viel Unklarheit herrscht wie über die Lehren der Souveränität Gottes, sind gegenseitige Freundlichkeit und Zugeständnisse weitaus besser als scharfe Auseinandersetzungen und lieblose Diskussionen.“

John Wesley | 1703-1791

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In Bezug auf Wahrheiten, worüber so viel Unklarheit herrscht … sind gegenseitige Freundlichkeit und Zugeständnisse weitaus besser als scharfe Auseinandersetzungen und lieblose Diskussionen


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BIBELARBEIT

Das Gespräch mit John Wesley

Wenn Sie gestatten, werden wir uns von ganzem Herzen in den Dingen zusammenschließen, worin wir übereinstimmen, statt Begriffe und Wendungen aufzuspüren, die Streit zwischen uns verursachen

Ein Beispiel dafür, wie er seinen eigenen Rat in die Praxis umsetzte, finden wir in einem Gespräch mit dem greisen John Wesley. Er erzählt die Begebenheit selbst: „Sir, ich verstehe, dass Sie als Arminianer bezeichnet werden; und ich wurde gelegentlich Calvinist genannt. Deshalb, so nehme ich an, könnten wir leicht aneinandergeraten. Doch bevor ich mich zum Kampf bereit erkläre, möchte ich Ihnen mit Ihrer Erlaubnis einige Fragen stellen. … Damit zur ersten Frage, Sir: Fühlen Sie sich als verdorbenes Geschöpf, und zwar so verdorben, dass Sie nie daran gedacht hätten, sich zu Gott hinzuwenden, wenn er Ihnen diese Absicht nicht zuvor ins Herz gelegt hätte?“ – „Ja, natürlich.“ „Und haben Sie jegliche Hoffnung aufgegeben, dass Sie sich vor Gott mit irgendeiner Ihrer Taten empfehlen können? Blicken Sie hinsichtlich Ihres Heils einzig und allein auf Christi Blut und Gerechtigkeit?“ – „Ja, ausschließlich auf Christus.“ „Aber, Sir, nehmen wir an, Sie wurden anfänglich von Christus errettet. Versuchen Sie dann jetzt nicht, sich irgendwie durch eigene Werke selbst zu retten?“ – „Nein, ich muss von Anfang bis Ende von Christus errettet werden.“ „Erlauben Sie es dann als zuerst durch die Gnade Gottes Umgestalteter, sich auf die eine oder andere Weise durch eigene Kraft im Glauben zu halten?“ – „Nein.“ „Werden Sie also jede Stunde und jeden Augenblick von Gott gehalten, so wie ein Säugling in den Armen seiner Mutter?“ – „Ja, ganz und gar.“ „Und hoffen Sie von ganzem Herzen darauf, dass Gott Sie in seiner Gnade und Barmherzigkeit bewahren wird, bis Sie in sein himmlisches Reich kommen?“ – „Ja, außer ihm habe ich keine Hoffnung.“

„Dann, Sir, werde ich mit Ihrer Erlaubnis den Kampf nicht aufnehmen, denn all dies kennzeichnet meinen Calvinismus. Es ist meine Erwählung, meine Rechtfertigung durch Glauben, mein Ausharren bis zum Ende: Es ist im Kern alles, woran ich festhalte und das ich vertrete. Und deshalb, wenn Sie gestatten, werden wir uns von ganzem Herzen in den Dingen zusammenschließen, worin wir übereinstimmen, statt Begriffe und Wendungen aufzuspüren, die Streit zwischen uns verursachen.“ Aber verstehen Sie dies nicht dahin gehend, dass Simeon keine Überzeugungskraft hatte, wenn er biblische Texte auslegte. Er predigte unumwunden, was die Bibel lehrt, und nannte Irrtum beim Namen. Allerdings war er eifrig bedacht, Sachverhalte immer ausgewogen zu betrachten.«1 Piper zieht aus dieser interessanten Begegnung folgende Erkenntnis, die auch für unser aktuelles Problem sehr hilfreich und nachahmenswert sein könnte: „Ein persönliches Gespräch unter vier Augen besitzt ein großes friedenstiftendes Potenzial. Seine Vorgehensweise ersparte Simeon nicht die jahrelange Kritik, aber sie war sicherlich eines der Mittel, die Gott benutzte, um den Widerstand auf lange Zeit zu überwinden.“2 Anmerkungen 1 John Piper: „Beharrlich in Geduld“, CLV, Bielefeld, 2010, S. 116 – 120 2 Ebd., S. 139 Bildnachweis Seite 4: fotolia | Jiri Hera Seite 5: Simeon: Simeon: http://anglicanplanet.net/storage/ WEB-06_SimeonCharles0013.jpg?__SQUARESPACE_ CACHEVERSION=1353776244135 (26.05.2013) Wesley: Wesley: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/c/ce/John_Wesley_by_George_Romney.jpg (26.05.2013)

EINLADUNG KfG – Herbstkonferenz • 03.10. – 06.10.2013 • Rehe/Westerwald Thema: „Gemeindegründung und Gemeindebau“ Vorträge von Fred Colvin/Salzburg Informationen und Anmeldung: KfG • Postfach 1322 • 36082 Hünfeld www.kfg.org


BIBELARBEIT

W i l l i a m Ka a l

Unversehrt und Unverzehrt

Die Geschichten von Daniel in der Löwengrube und seinen Freunden im Feuerofen sind den meisten von uns seit Sonntagschulzeiten bestens bekannt. Ihre Dramatik und Spannung begeistern jedes Kind und lassen es erwartungsvoll bis zum Schluss mitfiebern. Und beide Geschichten bieten für sich betrachtet eine Fülle an praktischen Lektionen – nicht nur für Kinder.

Schon als Jugendlicher hatte Daniel „sich in seinem Herzen vorgenommen“, sich in Babylon „nicht zu verunreinigen“ (Dan 1,8). Und er hatte offensichtlich seine Freunde mitgezogen. Sie hatten „die Lenden ihrer Gesinnung umgürtet“ (1Petr 1,13) und waren imstande, „als Fremdlinge und solche, die ohne Bürgerrecht sind, sich der fleischlichen Begierden zu enthalten“ (1Petr 2,11).

Legt man jedoch die beiden Erzählungen einmal nebeneinander, erkennt man unweigerlich ihren erstaunlich ähnlichen Aufbau, der viele interessante Parallelen beinhaltet. Dabei werden Prinzipien des christlichen Lebens deutlich, die das Neue Testament aufgreift und bestätigt. Besonders der erste Petrusbrief lässt Anwendungen der beiden Geschichten in unserer Zeit erkennen.

Diese vier Juden arbeiten in diesem heidnischen Staat sogar in verantwortungsvoller Position. Ihr Glaube an den lebendigen Gott hindert sie nicht daran, dem jeweiligen König als treue Untertanen zu dienen. Petrus ermahnt die Gläubigen, „sich aller menschlichen Einrichtung zu unterwerfen um des Herrn willen“ (1Petr 2,13). Auch als Christen mit himmlischem Bürgerrecht sind wir aufgefordert, den Gesetzen unseres Landes Folge zu leisten, unabhängig davon, ob sie für uns sinnvoll und nachvollziehbar erscheinen. Aber wenn die menschlichen Gebote im Widerspruch zum Willen Gottes stehen, ist die Priorität eindeutig. Petrus bringt es prägnant auf den Punkt: „Fürchtet Gott, ehrt den König“ (1Petr 2,17) – ein Prinzip, das er Jahre zuvor so formuliert hatte: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29). In genau diesem Konflikt sehen sich Daniel und seine Freunde jeweils zu Beginn der beiden Geschichten, als sie mit einem Dekret des Königs konfrontiert werden. In Kapitel 3 ist es ein Gebot, die Knie zu beugen (vor einem Götzen), in Kapitel 6 ein Verbot, die Knie zu beugen (vor dem lebendigen Gott). In beiden Fällen wird die Konsequenz bei Missachtung schon im Dekret angekündigt, nämlich der Tod im Feuerofen bzw. in der Löwengrube. Für die Gläubigen ist damit klar, um was es geht – und dass sie berufen sind, zu leiden (1Petr 2,21).

In der Fremde Daniel und seine Freunde wurden aus ihrem Heimatland verschleppt. Als Fremdlinge lebten sie inmitten eines heidnischen Systems und eines gottlosen bzw. götzendienerischen Umfelds. Genau diese Situation hat Petrus vor Augen, als er an die „Fremdlinge in der Zerstreuung“ schreibt (1Petr 1,1) und sie auffordert: „Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“ (1Petr 1,17). Doch trotz des heidnischen Umfelds lebten Daniel und seine Freunde ein heiliges, gottesfürchtiges Leben. Sicherlich kannten sie das göttliche Gebot aus dem mosaischen Gesetz, welches auch Petrus in seinem Brief zitiert: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (1Petr 1,16). Sie wussten, dass sie als Juden ein „auserwähltes Geschlecht“ waren und auch in der Fremde dazu angehalten wurden, „die Tugenden dessen zu verkünden“, der sie berufen hatte (1Petr 2,9).

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Trotz des heidnischen Umfelds lebten Daniel und seine Freunde ein heiliges, gottesfürchtiges Leben


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Was die Herausgeforderten tun, ist kein sensationell neuer Schritt, sondern jeweils nur das Festhalten an bewährten Überzeugungen und Gewohnheiten. Es ist weniger eine neue Tat als vielmehr die Haltung, nichts gegen ihre Überzeugungen tun zu wollen

BIBELARBEIT

Daniel 3

Daniel 6

3,4 „Und der Herold rief mit Macht: Euch wird befohlen, ihr Völker, Völkerschaften und Sprachen: Sobald ihr den Klang des Horns, der Pfeife, der Zither, der Sambuke, der Laute, der Sackpfeife und aller Art von Musik hören werdet, sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der König Nebukadnezar aufgerichtet hat. Und wer nicht niederfällt und anbetet, der soll sofort in den brennenden Feuerofen geworfen werden.“

6,8 „Alle Vorsteher des Königreichs, die Befehlshaber und Satrapen, die Räte und Statthalter, haben beschlossen, dass der König eine Verordnung aufstellen und ein Verbot erlassen soll, dass jeder, der innerhalb von dreißig Tagen von irgendeinem Gott oder Menschen etwas erbittet außer von dir, o König, in die Löwengrube geworfen werden soll. […] Deshalb ließ der König Darius die Schrift und das Verbot aufzeichnen.“

In beiden Fällen zeigt sich eine bedingungslose Standfestigkeit. Was die Herausgeforderten tun, ist kein sensationell neuer Schritt, sondern jeweils nur das Festhalten an bewährten Überzeugungen und Gewohnheiten. Es ist weniger eine neue Tat als vielmehr die Haltung, nichts gegen ihre Überzeugungen tun zu wollen. Sie bleiben Gott in ihren Vorsätzen, die sie als Jugendliche gefasst haben, treu – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und sie verleugnen und verheimlichen ihren Glauben auch nicht in der Fremde.

Verleumderische Anklagen

In beiden Geschichten gibt es aber böse Menschen, welche die Gläubigen beim König verklagen wollen. Diese Intriganten kommen ja zum König, schmeicheln ihm mit lobenden Worten und wiederholen zunächst das Gebot inklusive Strafe: Daniel 3

Daniel 6

3,8 „Deswegen traten zur selben Zeit chaldäische Männer herzu, die die Juden anzeigten. Sie hoben an und sprachen zum König: O König, lebe ewig! Du, o König, hast den Befehl gegeben, dass jedermann, der den Klang des Horns, […] und aller Art von Musik hört, niederfallen und das goldene Bild anbeten solle; und wer nicht niederfällt und anbetet, der solle in den brennenden Feuerofen geworfen werden.“

6,13 „Dann traten sie hinzu und sprachen vor dem König bezüglich des königlichen Verbots: Hast du nicht ein Verbot aufzeichnen lassen, dass jedermann, der innerhalb von dreißig Tagen von irgendeinem Gott oder Menschen etwas erbitten würde außer von dir, o König, in die Löwengrube geworfen werden sollte?“

Offensichtlich stört die Ankläger am meisten ihre Identität, ihre jüdische Herkunft. Die Anklagegründe sind nur vorgeschoben und trickreich inszeniert. Denn in ihrem Wandel waren sie unanfechtbar. Daniel 3

Daniel 6

3,12 „Nun sind jüdische Männer da […]: Sadrach, Mesach und Abednego; diese Männer, o König, achten nicht auf dich. Deinen Göttern dienen sie nicht, und das goldene Bild, das du aufgerichtet hast, beten sie nicht an.“

6,14 „Daniel, einer der Weggeführten aus Juda, achtet weder auf dich, o König, noch auf das Verbot, das du hast aufzeichnen lassen; sondern er verrichtet dreimal am Tag sein Gebet.“

Petrus weiß nur zu gut, dass auch Christen angefeindet und angeklagt werden. Aber er betont ausdrücklich, dass – wie bei Daniel – der Anklagegrund unsere Identität und nicht unsere Kriminalität sein soll: „… und dass ihr euren Wandel unter den Nationen ehrbar führt, damit sie, worin sie gegen euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen am Tag der Heimsuchung.“ (1Petr 2,12, s.a. 3,6, 4,14-16)

Berufen zu leiden Daniel und seinen Freunden konnte man keine schlechte Handlung nachweisen, ihr Wandel war ehrbar und von einem guten Gewissen geprägt. Und doch waren sie berufen, „um der Gerechtigkeit willen zu leiden“ (1Petr 3,14), wie später auch der Christus, „der keine Sünde tat, der gescholten nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet“ (1Petr 2,21-23). Daniel 3

Daniel 6

3,20 „Und er befahl Männern, den stärksten Männern 6,17 „Dann befahl der König, und man brachte Daniel in seinem Heer, Sadrach, Mesach und Abednego zu und warf ihn in die Löwengrube.“ binden, um sie in den brennenden Feuerofen zu werfen.“


BIBELARBEIT

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In beiden Fällen erreichen die Ankläger ihr Ziel und die Gläubigen werden auf Befehl des Königs geworfen: Der eine in den Feuerofen, der andere in die Löwengrube. Aber in beiden Begebenheiten wird deutlich, dass sie es mit einem Gott zu tun haben, der retten kann. In Kapitel 3 bezeugen Daniels Freunde, dass ihr Gott „sie zu erretten vermag“, auch wenn sie nicht wissen, ob und wie er eingreifen wird. In Kapitel 6 ist es der König Darius, der darauf hofft, dass der Gott Daniels ihn aus der Löwengrube erretten wird. Interessanter Weise wird in beiden Kapiteln betont, dass sie diesem Retter-Gott dienen: Daniel 3

Daniel 6

3,17 „Ob unser Gott, dem wir dienen, uns aus dem brennenden Feuerofen zu erretten vermag – und er wird uns aus deiner Hand, o König, erretten – oder ob nicht, es sei dir kund, o König, dass wir deinen Göttern nicht dienen und das goldene Bild, das du aufgerichtet hast, nicht anbeten werden.“

6,17 „Der König hob an und sprach zu Daniel: Dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, er möge dich retten!“ 6,21 „Und als er sich der Grube näherte, rief er mit trauriger Stimme nach Daniel. Der König hob an und sprach zu Daniel: Daniel, Knecht des lebendigen Gottes, hat dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, vermocht, dich von den Löwen zu retten?“

Unser Gott, dem wir dienen, vermag zu retten, auch wenn diese Rettung nicht immer sofort ersichtlich ist, sondern wie bei Daniel und seinen Freunden erst in letzter Sekunde offenbart wird: „… die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit offenbart zu werden“ (1Petr. 1,5). „Feueröfen“ und „Löwengruben“ dienen dazu, den Glauben und das Vertrauen der Gläubigen zu prüfen. Rückblickend wird ihnen in beiden Fällen das Zeugnis ausgestellt, dass sie auf ihren Gott vertrauten. Daniel 3

Daniel 6

3,28 „Gepriesen sei der Gott Sadrachs, Mesachs und 6,24 „… und keine Verletzung wurde an ihm gefunAbednegos, der seinen Engel gesandt und seine den, weil er auf seinen Gott vertraut hatte.“ Knechte errettet hat, die auf ihn vertrauten.“

Petrus ermutigt die Empfänger seines Briefes, nicht mutlos zu werden angesichts des „Feuers der Verfolgung“ (1Petr 4,12) und des „brüllenden Löwens“ (1Petr 5,8). Äußere und innere Anfeindungen und Nöte sollen uns im Glauben bewähren und zum Lob Gottes führen: „Worin ihr frohlockt, die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen; damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“ (1Petr 1,6-7).

Unerwarteter Beistand Daniel 3

Daniel 6

3,25 „Er antwortete und sprach: Siehe, ich sehe vier Männer frei umhergehen mitten im Feuer, und keine Verletzung ist an ihnen; und das Aussehen des vierten gleicht einem Sohn der Götter.“ 3,28 „Gepriesen sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos, der seinen Engel gesandt und seine Knechte errettet hat.“

6,22 „Da sprach Daniel zum König: O König, lebe ewig! Mein Gott hat seinen Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen, dass sie mich nicht verletzt haben.“

In beiden Episoden ist es der Engel des Herrn, der den Gottesfürchtigen in der Gefahr beisteht. Petrus hat eine ähnliche Erfahrung gemacht, als ein Engel des Herrn ihm in der Einsamkeit des herodianischen Gefängnisses begegnete. Er konnte rückblickend bezeugen: „Nun weiß ich in Wahrheit, dass der Herr seinen Engel gesandt und mich gerettet hat aus der Hand des Herodes“ (Apg 12,11). Auch heute verheißt uns Gott seinen Beistand in allen Nöten, Schwierigkeiten und Bedrängnissen. Jesus Christus, der Engel des Herrn, ist uns gerade in solchen einsamen Zeiten besonders nahe. Das haben unzählige Gläubige erfahren, wie es zum Beispiel Paulus eindrücklich schildert (2Tim 4,16). So erfahren auch Daniel und seine Freunde, dass sich der Engel des Herrn um die lagert, die ihn fürchten. Seine unbeschreibliche Macht garantiert, dass die Flammen des Feuers und die Rachen der

Auch heute verheißt uns Gott seinen Beistand in allen Nöten, Schwierigkeiten und Bedrängnissen


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BIBELARBEIT

Löwen wirkungslos bleiben. Selbst die kritische Inspektion von staatlicher Seite kann keine Spur von Verletzung und Schaden finden: Daniel 3

Daniel 6

3,26 „Da gingen Sadrach, Mesach und Abednego aus 6,24 „Und Daniel wurde aus der Grube herausgeholt; dem Feuer heraus. Und die Satrapen, die Befehlshaber und keine Verletzung wurde an ihm gefunden.“ und die Statthalter und die Räte des Königs versammelten sich; sie sahen diese Männer, dass das Feuer keine Macht über ihre Leiber gehabt hatte: Das Haar ihres Hauptes war nicht versengt, und ihre Mäntel waren nicht verändert, und der Geruch des Feuers war nicht an sie gekommen.“

Gottes gerechtes Gericht

Während die Gläubigen jeweils unversehrt bleiben, sterben in beiden Fällen jeweils andere. Die Flammen des Feuerofens töten die Henker, die stärksten Männer des babylonischen Heeres, die loyalsten Soldaten des Unrecht-Regimes, und die Löwen zerreißen die boshaften Ankläger Daniels: Daniel 3

Daniel 6

3,20 „Und er befahl Männern, den stärksten Männern in seinem Heer, Sadrach, Mesach und Abednego zu binden, um sie in den brennenden Feuerofen zu werfen. Weil das Wort des Königs streng und der Ofen außergewöhnlich geheizt war, tötete die Flamme des Feuers jene Männer, die Sadrach, Mesach und Abednego hinaufbrachten.“

6,25 „Und der König befahl, und man brachte jene Männer, die Daniel angezeigt hatten, und man warf sie in die Löwengrube, sie, ihre Kinder und ihre Frauen; und ehe sie noch auf dem Boden der Grube angekommen waren, bemächtigten sich ihrer die Löwen und zermalmten alle ihre Gebeine.“

So sicher, wie der Herr den Gerechten beisteht, so sicher wird er sich gegen seine Feinde wenden und Gerechtigkeit herstellen. Petrus zitiert in seinem Brief aus Psalm 34, um das deutlich zu machen: „Denn die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Flehen; das Angesicht des Herrn aber ist gegen die, die Böses tun.“ (1Petr 3,12 vgl. Ps 34,16.17) Später macht er deutlich, dass das Ende der Gottlosen ein schreckliches Ende sein wird: „Denn die Zeit ist gekommen, dass das Gericht anfange bei dem Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen! Und wenn der Gerechte mit Not errettet wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen?“ (1Petr 4,17f)

Die Herrlichkeiten danach Daniel 3

Daniel 6

3,28 „Nebukadnezar hob an und sprach: Gepriesen sei der Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos […] Und von mir wird Befehl gegeben, dass jedes Volk, jede Völkerschaft und Sprache – wer Unrechtes spricht gegen den Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos, in Stücke zerhauen werden soll und dass sein Haus zu einer Kotstätte gemacht werden soll; weil es keinen anderen Gott gibt, der auf solche Weise zu erretten vermag.“

6,26 „Darauf schrieb der König Darius an alle Völker, Völkerschaften und Sprachen, die auf der ganzen Erde wohnten: Friede euch in Fülle! Von mir wird Befehl gegeben, dass man in der ganzen Herrschaft meines Königreichs bebe und sich vor dem Gott Daniels fürchte; denn er ist der lebendige Gott und besteht ewig, sein Reich wird nie zerstört werden, und seine Herrschaft währt bis ans Ende; der da rettet und befreit und Zeichen und Wunder tut im Himmel und auf der Erde.“

Beide Geschichten enden mit einem erneuten Erlass des Königs und dem „weltweiten“ Lob Gottes. Während die Gläubigen schon zuvor den lebendigen Gott freiwillig anbeteten, müssen nun alle Völker und Sprachen auf Befehl des Königs ihre Knie vor diesem Gott beugen, der als alleiniger Retter gepriesen wird, dessen Wundertaten besungen und dessen ewige Herrschaft gerühmt wird. Dabei ist auffällig, dass Gott mit den Namen seiner Treuen verknüpft wird – er wird der Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos bzw. der Gott Daniels genannt. Auch heute schämt Gott sich nicht, unser – dein und mein – Gott genannt zu werden.


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Von Fremdlingen zu Herrschern Daniel 3

Daniel 6

3,30 „Darauf beförderte der König Sadrach, Mesach 6,29 „Und dieser Daniel hatte Gelingen unter der und Abednego in der Landschaft Babel.“ Regierung des Darius und unter der Regierung Kores’, des Persers.“

Sowohl die Freunde als auch Daniel werden nach diesen Ereignissen erhöht und mit HerrscherVerantwortung betraut. Sie hatten nie eine solche Position angestrebt, im Gegenteil, sie waren bereit, ihre Karriere und ihr Leben aufzugeben. Eine solche Haltung erwartet Petrus auch von uns, wenn er schreibt: „So demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit.“ (1Petr 5,6) Die Zeit des Leidens ist kurz verglichen mit der ewigen Herrlichkeit, zu der wir berufen sind: „Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten habt, er selbst wird euch vollkommen machen, befestigen, kräftigen, gründen“ (1Petr 5,10). Gottes Zeitplan ist entscheidend. Er wird uns zur rechten Zeit erhöhen. Wenn wir ausharren, werden wir einmal „mit ihm herrschen“ (2Tim 2,12). Diese Aussicht lässt uns auch kurzzeitige Flammenhitze und vorübergehendes Löwengebrüll ertragen. Die erstaunliche Anordnung der beiden Geschichten im Buch Daniel und ihre Kohärenz mit dem Neuen Testament sind ein faszinierendes Zeugnis von der Tiefe und Genialität der Bibel. Sie birgt unzählige verborgene Schätze und begeistert jeden, der sie erforscht. Es lohnt sich daher sicherlich, viele weitere vermeintlich altbekannte „Sonntagschul-Geschichten“ einmal neu unter die Lupe zu nehmen.

Adoniram Judson Chri s t o p h Grun wa l d

bedrängt, aber nicht besiegt (Teil 1)

Der grob gezimmerte, mit Sand beschwerte Sarg glitt über die Reling, durchstieß die Wasseroberfläche und versank langsam mit einem gurgelnden Geräusch in der pechschwarzen Dunkelheit des Bengalischen Meeres. Kein hörbares Gebet wurde gesprochen, kein Choral gesungen, keine Ansprache gehalten, als am 12. April 1850 die sterblichen Überreste von Dr. Adoniram Judson auf 13° nördlicher Breite und 93° östlicher Länge dem Indischen Ozean übergeben wurden. Außer den französischen Seemännern war nur Thomas Rannay, ein Mitarbeiter der Mission in Amherst, und Panapah, ein einheimischer Diener, anwesend. Judsons Frau erfuhr erst vier Monate später, dass ihr Mann seinen Lauf vollendet hatte und sie ihn auf dieser Erde nicht wiedersehen würde. Seine jüngste Tochter wurde zehn Tage nach seinem Tod geboren.

Adoniram Judson – der Außergewöhnliche

Am 9. August 1788 wurde Adoniram Judson Senior zum ersten Mal Vater. Seine Frau Abigail, geb. Brown, brachte einen Jungen zur Welt: Adoniram Judson Juniora). Der junge Vater war ein kongregationalistischer Pastor, der zu diesem Zeitpunkt ein Pastorat in der Gemeinde Malden, Massachusetts, innehatte – eine nicht einfache Aufgabe, da die Gemeinde unter erheblichen, historisch bedingten Spannungen litt. Schließlich verlor er wegen dieses Konflikts und wegen einer starken Minderheit, die seine konservative

Theologie missbilligte (er stand in der Tradition Jonathan Edwards), dort sein Pastorat. Die Familie zog daraufhin Ende 1792 nach Wenham, Essex County, und 1802, nach einem zweijährigen Aufenthalt in Braintree, nach Plymouth, wo Judson Senior bis 1817 Pastor blieb.b) Der kleine Adoniram Judson Junior wird von seinen Biographen als außergewöhnlich begabt geschildert. Während sein Vater auf einer Missionsreise in den Westen des Landes unterwegs war, brachte ihm seine Mutter innerhalb einer Woche das Lesen bei, so dass er seinem Vater nach dessen Rückkehr ein ganzes Kapitel aus

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der Bibel vorlas – mit drei Jahren! In den folgenden Jahren sog Adoniram alles auf, was er in die Finger bekam – ob Unterhaltungsliteratur oder die anspruchsvollen theologischen Werke in der Bibliothek seines Vaters. Jedes Rätsel war für ihn eine Herausforderung und bei dem Versuch die Bewegung der Sonne zu entschlüsseln, ruinierte er sich fast sein Augenlicht, da er einen Nachmittag lang auf einem Feld durch ein gelochtes Stück Pappe in die Sonne schaute. (Er war aber fortan davon überzeugt, das Rätsel gelöst zu haben.) Neben seiner auffallenden Intelligenz zeichnete sich Adoniram schon in jungen Jahren durch ein hohes Maß an Durchhaltevermögen und eine gewisse Neigung aus, die Führerschaft einer Gruppe zu übernehmen. Dabei vertrat er selbstbewusst und bestimmt seine Interessen. Dennoch wird er als sehr liebenswürdiger und angenehmer Charakter geschildert. Seine schulischen Leistungen waren erwartungsgemäß ausgezeichnet, er stach besonders

in Mathematik und den alten Sprachen hervor, so dass seine Klassenkameraden ihn mit dem Spitznamen „Vergil“c) versahen. Trotz einer schweren Krankheit, die ihn ein Jahr lang hinderte, die Schule zu besuchen, ging Adoniram ein Jahr früher als gewöhnlich auf das College (damals noch „Providence College“, später und bis heute „Brown University“). Von seinen Kommilitonen anfänglich kaum wahrgenommen, sahen sich seine Professoren bald genötigt, seinem Vater einen Glückwunschbrief wegen der außergewöhnlichen Begabung des Jungen zu senden! Das größte akademische Ziel bestand für ihn zu diesem Zeitpunkt darin, Jahrgangsbester zu werden. Ende des Semesters 1807 sandte er eine kurze Notiz nach Hause: „Lieber Vater, ich hab‘s geschafft! Dein dir zugetaner Sohn, A.J.“1 Am 2. September 1807 fand die Abschlussfeier statt, bei der er die Abschlussrede halten durfte.d) Der unscheinbare Titel: „Eine Rede zur freien Untersuchung“ verbarg die Wandlung, die sich während des Studiums in Adoniram vollzogen hatte.

Deistische Revolution Adoniram hat als Kind und Jugendlicher nie den Glauben seiner Eltern verleugnet oder abgelehnt – er hat ihn aber auch nie angenommen, zumindest sind darüber weder Erinnerungen, noch Notizen erhalten. Sein Vater, der die außergewöhnliche Begabung seines Sohnes durchaus wahrnahm, scheint Adonirams Ehrgeiz gezielt gefördert zu haben – anders dürfte die seltsame Notiz zum Erreichen des Klassenbesten kaum zu verstehen sein. Judson Sen. hatte große Pläne mit seinem Sohn – und Judson Jun. ebenfalls. Dennoch war dem Vater daran gelegen, dass sein Sohn auf ein College mit einwandfreiem theologisch-konservativem Ruf kam. Während des Studiums freundete Adoniram sich mit Jacob Eames an, einem Studenten aus dem Vorgänger-Jahrgang. Er war Deiste) und

a) Ihm sollten noch drei Geschwister folgen: Abigail (21.03.1791) – für Adoniram wohl die wichtigste Person innerhalb seiner Familie; Elnathan (28.05.1794) – er wurde später Arzt, starb jedoch schon früh, 1829; Mary Ellice Judson (18.02.1796) starb schon am 12.09. desselben Jahres. b) Er starb 9 Jahre später im Alter von 76 am 25.11.1826 c) Eigentlich Publius Vergilius Maro, ein lateinischer Dichter unter Augustus. Gilt als wichtigster lateinischer Autor der römischen Antike. d) Judson erhielt den akademischen Grad eines „Bachelor of Arts“. In einer autobiographischen Auflistung wichtiger Ereignisse seines Lebens erwähnt Judson außerdem die Verleihung des „Masters of Arts“ am 05.09.1810 durch die Brown University. Diese Tatsache wird von keinem Biographen erwähnt und ist erstaunlich, da Judson zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr Student dieser Universität war! (Judson, S. 562) Im Jahre 1823 verlieh ihm die Brown University die Ehrendoktorwürde eines „Doctor of Divinity“, so dass Judson im englischsprachigen Raum als „Dr. Judson“ bekannt wurde. Er selbst erfuhr erst im Jahre 1826 davon und bat zwei Jahre später, den Titel zurückzunehmen – eine Bitte, die jedoch ignoriert wurde. e) Der Deismus glaubt an einen Gott, der den Ursprung des Universums initiiert, sich aber anschließend völlig aus dem Weltgeschehen zurückgezogen hat und nur noch als passiver Beobachter agiert („Uhrmachergott“). Für Deisten gibt es weder Wunder, noch Offenbarung. Die Bibel ist damit natürlich weder Gottes Wort, geschweige denn endgültige Wahrheit. Es besteht eine enge Verwandtschaft zu freidenkerischen Tendenzen in Verbindung mit dem nichtreligiösen Humanismus der Aufklärung. Wichtige Vertreter des Deismus (bzw. verwandter/ähnlicher Geisteshaltungen) waren u.a. Locke, Rosseau, Voltaire, Berkeley, Paine und Jefferson. Die versteckte Andeutung im Titel von Adonirams Abschlussrede ist ein Hinweis auf aufklärerisches Gedankengut, welches eine „freie Untersuchung in religiösen Dingen“ propagierte. (Wayland, S. 22)


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sein Einfluss auf Adoniram war groß genug, um ihn ebenfalls in die aus Frankreich anrollende Welle der Aufklärung hineinzuziehen. Neben ihren phantasievollen Plänen für die Zukunft, in der sie sich mal als Juristen, mal als Senatoren oder sogar Präsidenten, an anderen Tagen wiederum als Schriftsteller sahen, prägte Eames offensichtlich die rebellierende Geisteshaltung Judsons erheblich.

Die Reise nach New-York Nach seinem Studium veröffentlichte Judson als 19 jähriger ein vielgelobtes Grammatikbuch und eine „Arithmetik für junge Frauen“, eröffnete eine Privatschule und schloss sie ein Jahr später wieder – alles mehr aus Unentschlossenheit, was seine Zukunft anging, als aus Überzeugung. Nach und nach festigte sich jedoch der Wunsch, eine Schriftsteller-Karriere beim Theater zu beginnen. Zu diesem Zweck wollte er eine Reise nach New York antreten, um sich dort mit den Gepflogenheiten des Schauspiels vertraut zu machen. Seine Eltern waren von dieser Absicht völlig schockiert. Noch größer war jedoch das Entsetzen, als Adoniram ihnen – auf die Frage, warum er nicht Geistlicher werden wollte – erbarmungslos die Wahrheit über seine neuen Auffassungen preisgab. Sein Vater versuchte ihn argumentativ von seinen Überzeugungen abzubringen, musste aber nach kurzer Zeit feststellen, dass er den Glückwunschbrief der Professoren nicht umsonst empfangen hatte. Judson Junior war dem Vater weit überlegen und parierte jedes Argument mit zwei Gegenargumenten. Gegen Abend verfiel der alte Pastor in ein grimmiges, ohnmächtiges Schweigen – wissend, Recht zu haben, aber unfähig, die intellektuellen Stöße des Sohnes abwehren zu können. Seine Frau hatte eine andere „Waffe“: „Sie weinte, betete und protestierte. Adoniram Junior wusste um seine argumentative Überlegenheit seinem Vater gegenüber; aber er hatte nichts in der Hand, um sich gegen die Tränen und Warnungen seiner Mutter zu wehren, und sie folgte ihm nun wohin immer er ging.“2

Deistische Zufälle oder theistische Vorsehung?

Der Erfolg seiner Reise muss aus Adonirams Sicht eine herbe Enttäuschung gewesen sein. Er kam außerhalb der Theatersaison in New York an, wo er – statt jubelnd aufgenommen zu werden – als Unbekannter in einer kleinen, reisenden Theatergruppe Anschluss fand. Nach wenigen Wochen besann er sich offenbar eines Besseren und trat die Heimreise an. Er beabsichtigte, zuerst seinen Onkel Ephraim in Sheffield

zu besuchen, wo er auf dem Hinweg sein Pferd zurückgelassen hatte. Statt seines Onkels traf er dort jedoch nur einen jungen, wohl ungefähr gleichaltrigen Geistlichen an, mit dem er eine angeregte Unterhaltung führte. Beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, angerührt durch die warme Freundlichkeit und überrascht von dem offensichtlichen inneren Frieden, den der junge Mann ausstrahlte, verließ Adoniram das Haus seines Onkels und suchte sich in einem Gasthaus eine Übernachtungs-Möglichkeit. Im Gasthaus fand sich nur noch ein freies Zimmer. Der Wirt entschuldigte sich im voraus bei Adoniram, da im Nebenzimmer ein Schwerkranker im Sterben lag und er befürchtete, dass die Nachtruhe durch den Sterbenden gestört würde. Tatsächlich wurde Judson einen nicht unbeträchtlichen Teil der Nacht durch Schritte, Türschlagen, Stöhnen, leises Flüstern u.ä. wachgehalten. Dazu kamen seine eigenen Gedanken – er machte sich Sorgen über das Seelenheil seines Zimmer-Nachbarn! Er konnte nicht umhin sich zu fragen, ob der Kranke bereit sei, die Welt zu verlassen. Peinlich angerührt – seine eigene deistische Philosophie verbot ihm ja solche Fragen als sentimentalen Unsinn – überlegte er, wie wohl sein Freund Jacob Eames mit solchen Zweifeln umgehen würde. Als er nach der unruhigen Nacht am Morgen den Wirt nach dem Befinden des Kranken fragte, bekam er zur Antwort, dass der junge Mann tatsächlich gestorben sei. „Wissen Sie, wer es war?“ fragte Adoniram. „Natürlich“, antwortete der Wirt, „ein junger Mann von der Brown-Universität – ein netter Kerl, sein Name war Eames, Jacob Eames.“3 Adoniram war bis ins Mark erschüttert und erst Stunden später in der Lage, völlig orientierungslos seine Reise fortzusetzen. Er lenkte sein Pferd mechanisch in Richtung seines Elternhauses und kam dort gänzlich konsterniert, verwirrt und von Zweifeln geplagt an. Hilfe konnte er dort nicht erhoffen – die Argumente seines Vaters waren aufgebraucht – und so sank Adoniram für längere Zeit in einen Zustand völliger Hilflosigkeit, intellektueller Zweifel und in ein Ringen nach der Wahrheit.

Bekehrung in Andover Kurz nach seiner Heimkehr bekam Judson Senior Besuch von zwei unter den konservativen Kongregationalisten führenden Geistlichen: Dr. Stuart und Dr. Griffin. Sie wollten mit ihm über die Neugründung eines christlichen Colleges sprechen, da Harvard fest im Griff der Liberalen sei. Griffin lud Adonriam Junior ein, sich in diesem College (Andover College) einzuschreiben, um dort Zeit und Möglichkeit zu haben, seinen Zweifeln durch Studien und durch Gespräche mit

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Sie weinte, betete und protestierte. Adoniram wusste um seine argumentative Überlegenheit seinem Vater gegenüber; aber er hatte nichts in der Hand, um sich gegen die Tränen und Warnungen seiner Mutter zu wehren


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Aufzeichnung einiger wichtiger Daten und Ereignisse8

1788

Geburt

1808

Eintritt Brown University

1807

„Bachelor of Arts“

1808

Beginn der New York Reise

1808

Rückkehr nach Plymouth

1808

Eintritt Andover College

1808

„Begann die Hoffnung zu erwägen, erneuernde Einflüsse des Hl. Geistes empfangen zu haben“

(09. Aug)

(17. Aug)

(30. Apr)

(15. Aug)

(22. Sept)

(12. Okt)

(Nov)

1808

(02. Dez)

1809

(28. Mai)

1809 (Sept)

1810 (Febr)

1810

(28. Jun)

1810

(28. Jul)

1811

(11. Jan)

1811

(16. Apr)

1811

(06. Mai)

1811

(07. Aug)

1811

(19. Sep)

1812

(05. Feb)

1812

(06. Feb)

1812

(19. Feb)

„Gab sich ernsthaft Gott hin.“ Öffentliches Glaubensbekenntnis „The Star Of The East“ löst erste Missionsgedanken aus „Entschlossen, Missionar der Heiden zu werden“ Einreichung der Bitte zur Aussendung – Beginn der amerikanischen Außenmission Beginn der Beziehung zu Ann Hasseltine Beginn der Reise nach London Ankunft in Paris

den Professoren zu begegnen und sie zu überwinden. Anfänglich zögernd, wurde Judson am 12. Oktober 1808 als „außerordentlicher“ Student in das zweite Studienjahr eingegliedert und warf sich mit Eifer in die Arbeit. Sechs Wochen später wurde er gänzlich von der göttlichen Wahrheit überwunden. Am 2. Dezember traf er die Entscheidung, sein Leben Gott ganz zur Verfügung zu stellen und am 28. Mai 1809 bekannte er öffentlich seinen Glauben und trat der „Third Congregational Church“ in Plymouth bei – der Gemeinde, in der sein Vater als Pastor diente.

Beginn der Missionsbewegung

Judsons Bekehrung war nicht so, dass es einen Moment gegeben hätte, in dem ihm die Wahrheit in einem Nu aufgegangen wäre. Es war vielmehr ein langsamer Prozess, indem er Stück für Stück der Wahrheit näher kam, bis er sie schlussendlich fassen konnte.f) Ebenso war es bei der Entstehung seines Wunsches, in die Mission zu gehen. Doch genau wie bei seiner Bekehrung gab es aber auch hier ein einzelnes Ereignis, was den Auslöser darstellte. In Amerika – was zu diesem ZeitAnkunft in London punkt hauptsächlich aus den östlichen Kolonien Neuenglands bestand – gab Ankunft in New York es um die Jahrhundertwende wenige Christen, die Mission überhaupt in „Offizielle“ Einsetzung als Außenmissionar Betracht zogen. Es waren AusnahHochzeit men wie Jonathan Edwards und David Brainerd, die einige Jahre zuvor damit Ordination in Salem begonnen hatten, die amerikanischen Ureinwohner zu missionieren. Auch Beginn der Überfahrt nach Indien von Adoniram Judson Senior ist ein entsprechender „Kurzeinsatz“ überliefert. An Mission außerhalb des amerikanischen Kontinents dachte so gut wie niemand. 1793 schiffte sich der Engländer William Carey mit seiner Familie in Richtung Indien ein und weckte damit ein allgemeines MissionsInteresse. Letztendlich war es auch ein Engländer, Claudius Buchanan, der in Bristol eine Predigt über das Missionswerk in Indien hielt, die in

gedruckter Form mit dem Titel „The Star Of The East“g) kurze Zeit später Amerika erreichte. „Obwohl ich im Nachhinein die Predigt nicht als außergewöhnlich herausragend bezeichnen würde, hinterließ sie einen starken Eindruck bei mir. Für einige Tage war ich nicht in der Lage, den Studien meiner Klasse zu folgen und verbrachte die Zeit damit, mich über meine frühere Dummheit zu wundern. Ich malte mir die romantischsten Szenen eines Missionarslebens aus und trieb mich durch die College-Räume und deklamierte überall über das Thema Mission. Meine Vorstellungen waren völlig falsch und meine Gefühle übermäßig; aber ich bin Gott immer dankbar gewesen, dass er mich in diesen aufgeregten Zustand gebracht hat, der es mir ermöglichte, meine starken Bindungen an mein zu Hause und mein Heimatland zu durchbrechen und den Gedanken erträglich machte, alle meine großen Ziele und vielversprechenden Aussichten aufzugeben.“4 Judson hatte Feuer gefangen! Und er war nicht der einzige. Vier weitere junge Männer, dachten – wenn auch geräuschloser als Adoniram – darüber nach, ihr Leben der Mission zu widmen. Sie schlossen sich bald zur einer „Brüder-Vereinigung“ zusammen, deren klar formuliertes Ziel die „Mission der Heiden“ war. Als Judson seinen Eltern von diesen Plänen berichtete, waren diese wiederum entsetzt. Sie wollten ihm eigentlich am gleichen Abend von dem fantastischen Angebot berichten, dass Dr. Griffin ihn als Assistenzpastor einer großen und angesehenen Gemeinde in Boston gewinnen wollte – der erste Schritt, um ein großer Geistlicher Neuenglands zu werden. Adonirams Antwort erschütterte die Familie: „Ich werde nie in Boston leben. Ich habe einen viel weiteren Weg vor mir.“5

Entstehung des „American Board for Foreign Missions“

Da es allerdings noch keine amerikanische Missionsgesellschaft gab, war völlig unklar, wie die „Mission der Heiden“ überhaupt realisiert werden sollte. Kurz vor dem Beginn der Generalversammlung der Vereinigung der Kongregationalisten („General Association of Massachusetts Proper“), einer vor kurzem gegründeten Organisation, kam es zu einem Treffen zwischen den jungen Männern und einigen älteren Geistlichen, denen sie ihr Anliegen vortrugen.

f) Vgl. die vorsichtige Formulierung „begann die Hoffnung zu erwägen, erneuernde Einflüsse des Hl. Geistes empfangen zu haben“ in seiner autobiographischen Aufzeichnung wichtiger Daten (Judson, S. 562). Bei den meisten burmesischen Christen verliefen die Bekehrungen ähnlich. Eine Ausnahme war Moung Shwa-ba, der nach nur drei Tagen deutliche Zeichen der Wiedergeburt zeigte, so dass Judson verwundert in sein Tagebuch schrieb: „Es erscheint uns nur seltsam, dass ein Werk der Gnade so schnell in der Seele eines unwissenden Heiden ausgeführt sein sollte.“ (Wayland, S. 271) g) Deutsch: „Der Stern des Ostens“ – in Anlehnung an Mt 2,2 h) Übersetzt soviel wie „Gremium von Bevollmächtigten für die Außenmission“ i) Soviel wie: „Geht hin, ihr Verkündiger der Errettung“


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Es wurde beschlossen, der General Association den Vorschlag zur Bildung eines entsprechenden „Board of Commissioners for Foreign Mission“h) zu unterbreiten, um einige der jungen Männer (man traute sich nicht, direkt alle vorzuschlagen) auszusenden. Der Vorschlag wurde am 28. Juni 1810 mit großer Mehrheit angenommen – und dann passierte nichts … Man hatte weder Erfahrung in der Organisation, noch die nötigen Mittel, um Missionare auszustatten. Daher wurde einige Zeit später beschlossen, Adoniram – der als Wortführer der Missionsanwärter allgemein anerkannt wurde – nach England zu senden, um zu erfahren, ob es die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit der Londoner Missionsgesellschaft geben könnte. Adoniram musste sogar die Reisekosten vorstrecken. Die Fahrt nach England war ein Abenteuer für sich. Das Schiff wurde von einem französischen Schiff gekapert und der unscheinbare Adoniram, der sich mit den Franzosen nicht verständigen konnte, wurde mit der Schiffsmannschaft unter Deck eingesperrt. Im düsteren Zwischendeck suchte er sich seine hebräische Bibel und nutzte das wenige Licht, um den Text gedanklich ins lateinische zu übersetzen – als Zeitvertreib! Der Schiffsarzt, der ihn aufgrund einer schweren Seekrankheit täglich besuchte, erkannte die hebräische Bibel und fand als gebildeter Mann des 18 Jhdts. eine Kommunikationsmöglichkeit mit „Vergil“: Latein! Den Rest der Reise verbrachte Judson bei den Offizieren und den reichen Mitreisenden … Nach der Ankunft in Frankreich gelang Judson mit Hilfe eines amerikanischen Landmannes eine spektakuläre Flucht und erreichte über Umwege England – am Ende sogar mit der Equipage Napoleons. Dort sprach er am 6. Mai 1811 beim Direktor der „London Mission Society“ vor, die sich nach einigen Beratungen bereit erklärte, die amerikanischen Brüder auszusenden – jedoch ohne Mitwirkung der Amerikaner, was man einfach als impraktikabel ansah. Zurückgekehrt stellte Judson das Ergebnis den amerikanischen Brüdern vor und enttäuschte damit deren Erwartungen. Man hatte wohl insgeheim gehofft, die Leitung selbst übernehmen und lediglich die finanzielle Unterstützung über England beziehen zu können. So wurde vom Komitee festgehalten „dass dieses Gremium den Herren Judson und Nott nicht empfiehlt, sich derzeit unter die Leitung der Londoner Missionsgesellschaft zu begeben, sondern die weiteren Andeutungen der Vorsehung, bezogen auf unsere Möglichkeiten sie mit der erforderlichen Unterstützung im Hinblick auf die vorgeschlagene Auslandsmission auszustatten, abzuwarten“.6

Trotz der fehlenden Mittel wurden jedoch konkrete Anstalten gemacht, um eine Ausreise zu ermöglichen. In der derzeitigen politischen Situation – die Spannungen zwischen den jungen Vereinigten Staaten von Amerika und dem britischen Empire hatten wieder stark zugenommen – fuhren von den USA aus kaum Schiffe in die britischen Kolonien. Ende Januar 1812 traf unerwartet die Nachricht ein, dass ein Schiff von Philadelphia aus bald nach Indien aufbrechen würde. Allen war klar, dass dies wohl fürs erste die einzige Möglichkeit war und so beschloss man – trotz fehlender Mittel – die Ausreise der Missionare. Da noch keiner der Missionare ordiniert war (und die Paare auch noch nicht verheiratet waren), brach geschäftige Hektik aus. Die Nachricht von einem zweiten Schiff, dass Indien von Salem aus ansteuerte und am 10. Februar auslaufen sollte, verstärkte den Druck.

Hochzeit und Abreise Am 5. Februar heiratete Adoniram Ann („Nancy“) Hasseltine, die er während der General Association 1810 kennen gelernt hatte. Schon kurz nach dem Kennenlernen hielt er bei ihrem Vater mit bemerkenswerter Offenheit um ihre Hand an: „Ich muss nun anfragen, ob Sie einwilligen, sich im nächsten Frühjahr von ihrer Tochter zu trennen, um sie in dieser Welt nie wiederzusehen; […] Ich frage Sie, ob Sie einverstanden sind, dass sie sich den Gefahren des Ozeans und dem tödlichen Einfluss des Klimas auf dem indischen Subkontinent aussetzt; dazu jeder Art von Entbehrungen und Kümmernissen, von Erniedrigung, Beschimpfungen, Verfolgung und vielleicht einem gewaltsamen Tod. Können Sie all dem zustimmen um dessentwillen, der seine himmlische Heimat verließ, um für Ihre Tochter und auch für Sie zu sterben […]? Können Sie all dem zustimmen in der Hoffnung, Ihre Tochter bald in der Welt der Herrlichkeit wiederzutreffen, die Krone der Gerechtigkeit tragend und geschmückt mit den Lobeshymnen, die ihrem Erlöser von Heiden dargebracht werden, die von ewiger Not und Hoffnungslosigkeit errettet wurden, weil sie ihnen die Heilsbotschaft gebracht hat?“7 Noch am gleichen Tag fand ein Gottesdienst statt, indem Ann und ihre Freundin Harriet Atwood, die bald darauf Samuel Newell heiraten sollte, verabschiedet wurden. Die Gemeinde

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Ich muss nun anfragen, ob Sie einwilligen, sich im nächsten Frühjahr von ihrer Tochter zu trennen, um sie in dieser Welt nie wiederzusehen …


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weinte hemmungslos, als die ergreifende Hymne „Go, ye heralds of salvation“i) in dem völlig überfüllten Gotteshaus erscholl, die der Pastor Parson Allen, der die jungen Frauen von Kind an kannte, eigens zu diesem Anlass geschrieben hatte. Am nächsten Tag wurden Judson und seine vier Freunde Samuel Nott, Samuel Newell, Gordon Hall und Luther Rice ordiniert. In der ganzen Umgebung war bekannt geworden, dass ein historischer Moment gefeiert wurde: die ersten amerikanischen Außenmissionare sollten ordiniert und gleichzeitig ausgesandt werden. Die Menschen strömten ungeachtet der harten Witterung ins Tabernacle nach Salem. Eine Gruppe Studenten legte 16 Meilen zurück, um morgens früh um 11 Uhr pünktlich anwesend zu sein! Ein Besucher wäre auf dem Rückweg fast erfroren, wurde aber glücklicherweise von anderen Besuchern im Schnee liegend entdeckt. Der Gottesdienst wurde von den Geistlichen gehalten, welche für die jungen Männer in den vergangenen zwei Jahren Väter geworden waren – und umgekehrt waren die jungen Männer wie Söhne geworden. Entsprechend emotional waren die Feierlichkeiten. Allen Beteiligten war bewusst, dass die jungen Männer möglicherweise nie zurückkehren würden. Als die älteren Geistlichen den knienden Missionaren die Hände auflegten und Dr. Morse das Ordinationsgebet

sprach, brach der größte Teil der Anwesenden in Tränen aus. Dreizehn Tage später, am 19. Februar 1812, glitt die Caravan unter einer leichten Brise gemächlich aus dem Hafen von Salem. An Bord waren Adoniram und Ann Judson sowie Samuel und Harriet Newell. Ihr Ziel: Indien. QUELLENANGABEN Der Artikel basiert im Wesentlichen auf drei Hauptquellen: a Wayland, Francis; „A Memoir Of The Life And Labors Of The Rev. Adoniram Judson“, Vol I und II; Phillips, Sampson and Company; Boston; 1853 (Reprint) b Courtney, Anderson; „To the golden Shore“; Judson Press; 1987; c Judson, Edward; „Adoniram Judson, A Biography“; Anson D.F.Randolph & Company; New York; 1883 (Reprint) Andere Quellen werden kenntlich gemacht. 1 Courtney, S. 34 2 Wayland, S. 23f 3 In den schriftlichen Erinnerungen der Familie, aus denen diese Begebenheit entnommen ist, wird sowohl der Name des Freundes an der Universität, als auch der des Sterbenden mit „E—“ abgekürzt (Wayland, S. 22). Courtney (S. 32) ist sich jedoch nahezu sicher, dass es sich dabei um Jacob Eames handelt. 4 Aus einem Brief, vom 18.12.1837; Wayland, S. 52 5 Courtney, S. 59 6 Wayland, S. 79 7 Deutsch in: Piper,John; „Gewürdigt zur Schmach“; CLV; Bielefeld 2013; S. 129 8 Judson, S. 561ff

Lourdes – Das florierende Geschäft mit dem Glauben Ein Reisebericht Von Lourdes hat man schon viel gehört – alle Päpste und was sonst noch Rang und Namen hat, reist nach Lourdes und wird dort angeblich sehr gesegnet. Anlässlich eines Spanien-Aufenthaltes nutzten wir die Gelegenheit, Lourdes zu besichtigen. Obwohl wir natürlich unsere Meinung zu Wallfahrtsorten haben, waren wir doch sehr schockiert von dem, was wir an Ort und Stelle vorfanden.

Der Wallfahrtsort Diese weltweit am meisten besuchte römischkatholische Wallfahrtstätte liegt im Vorgebirge

Dieter und Magdalene Ziege le r der Pyrenäen. Mit rund fünf Millionen Übernachtungen jährlich zählt Lourdes nach Paris die meisten Übernachtungen in Frankreich. Mindestens 50.000 Kranke kommen jährlich dorthin. Menschen auf Wagen und Bahren, in Rollstühlen und Betten gehören zu diesem Wallfahrtsort wie die vollgestopften Devotionalien-Läden. Mehr als 100.000 ehrenamtliche Helfer kümmern sich um die Wallfahrer. Der Etat von Lourdes beträgt 18 Mio. Euro, 90 Prozent davon sind Spenden. Das Geschäft mit dem Glauben blüht in Lourdes … Wie wurde Lourdes zu diesem großen Wallfahrtsort? Dazu einige Infos über die Geschichte.


KATHOLISCHE KIRCHE

Bernadette Soubirous, (1844-1879), 1925 selig- und 1933 heiliggesprochen, hatte von Februar bis Juli 1858 in der Grotte von Massabielle (Lourdes) 18 Marien-Erscheinungen. Die ersten Erscheinungen wurden eher skeptisch gesehen. Das änderte sich, als die junge, wunderschöne Dame sich als „Unbefleckte Empfängnis“ zu erkennen gab und einige „Aufträge“ für Bernadette hatte. Da Papst Pius IX 1854 das Dogma der Unbefleckten Empfängnis verkündete – das Maria sündlos und auch ohne Erbsünde gewesen sei – , war die katholische Kirche nun überzeugt, dass es sich bei diesen Erscheinungen um die Jungfrau Maria handelte.

Der Wallfahrtsbezirk Auf dem 51 Hektar großen Grundstück befinden sich 22 Kirchen und Kapellen. Die Esplanade (Königsweg) ist 130m lang, 85m breit und kann 40.000 Menschen fassen. Die Fassade der Rosenkranzbasilika dient als Kulisse für große Feierlichkeiten, die sich unter dem „schützenden Blick“ der „Gekrönten Madonna“ abspielen.

Die Grotte Die Grotte selbst ist nicht der Ort der Erscheinung, sondern eine Nachbildung. Der dunkle Felsüberhang wurde im Laufe der Jahre von den Millionen Kerzen, die hier gebrannt haben, geschwärzt. Oberhalb der Grotte steht in einer Nische die Statue der Jungfrau Maria, erstellt gemäß den Anweisungen von Bernadette. In einer Ecke der Grotte ist die von einer Glasplatte bedeckte Quelle zu sehen. Bei der achten und neunten Erscheinung wurde Bernadette aufgefordert, die Erde zu küssen und Gras zu essen als Buße für die Sünder. Sie sollte aus der Quelle trinken und sich waschen. Nach mehreren Versuchen wurde das zunächst schlammige Wasser klar. Die Quelle fließt noch immer. In der Grotte

selbst brennen stets 96 Kerzen von 500 Gramm, in der Mitte noch eine, die 4 kg wiegt. Ganze Pilgerschlangen stehen an, um die Wand der Grotte zu berühren. Manche knien nieder, zünden Kerzen an und beten den Rosenkranz. Andere weinen. In einer Zeitschrift kann man lesen: „Der Fels ist immer noch treu für jene da, die ihn berühren wollen. […] Sogar Hindus, Buddhisten, Muslime kommen dorthin und können die Sprache dieser Mutter, des Wassers, des Feuers und des Felsens verstehen.“

„Wunderwasser“ In unmittelbarer Nähe der Grotte stehen Menschen aus allen Nationen geduldig an einer Wasserleitung Schlange. Aus etwa zwanzig Wasserhähnen kann man das „Wunderwasser“ gratis aus der Grotte zapfen, davon trinken, sich waschen und die mitge-

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KATHOLISCHE KIRCHE

brachten Flaschen und Kanister füllen. Rund 30.000 Liter werden im Jahr exportiert, nur Verpackung und Porto übernimmt der Empfänger. Heilungen werden auf dieses Lourdes-Wasser zurückgeführt, das sich chemisch durch nichts von gewöhnlichem Leitungswasser unterscheidet.

Rund 30.000 Liter werden im Jahr exportiert, nur Verpackung und Porto übernimmt der Empfänger. Heilungen werden auf dieses Lourdes-Wasser zurückgeführt, das sich chemisch durch nichts von gewöhnlichem Leitungswasser unterscheidet.

300.000 Pilger baden jährlich kostenlos in den eigens eingerichteten Badeanlagen, die täglich mit 120.000 Liter Quellwasser aus der Grotte versorgt werden. Das Ritual ist kurz und intensiv wie eine Kneippsche Anwendung. Die Menschen werden in die Wannen aus Marmor in das 12°C kalte Wasser eingetaucht. So folgen sie dem Aufruf „Mariens“ in der Grotte: „Trinkt an der Quelle und wascht euch darin.“ Von den zahllosen gemeldeten Heilungen wurden von Kirche und Medizin 48 anerkannt. Viele sprechen von einer seelischen Heilung. Das Wasser soll außerdem an das Sakrament der Taufe erinnern. Bei den Stationen des Wasserweges wird man aufgefordert, sich zu waschen und zu trinken. An jeder Station wird auf „biblische Wasserstätten“ und Maria Bezug genommen. So kann man an der Station Teich Bethesda folgendes lesen: „An welchen Orten Maria auch immer erscheint, sie kommt nie als alte Frau. Sie ist nicht alt, weil sie ‚jünger ist als die Sünde, jünger als das Geschlecht, dem sie entstammte‘ (Georges Bernanos). Maria, unsere liebe Frau von Lourdes, unsere liebe Frau vom Heil, Morgenstern, erwecke in uns die Hoffnung auf eine Erneuerung.“

Die „Feutiers“ In 23 Blechquadraten lodern stets Kerzen aller Größen (200g – 70kg), die man käuflich erwerben kann. Jedes Jahr brennen 750 Tonnen Kerzen in der unmittelbaren Umgebung der Grotte. Über diese „brennenden Dornbüsche“ wachen die „Feutiers“, ein Berufsstand, der auf der ganzen Welt einmalig ist. Diese „Gärtner des Lichts“ arbeiten in Teams Tag und Nacht. Der Feutier sammelt die Gebete und erhebt sie in Feuergarben zur Madonna. Er tut der „Heiligen Jungfrau“ in gewissem Sinn Zwang an: Denn er verleiht jedem unzureichenden Gebet die „nötige Intensität“

(Huysman). Sind die Kerzenständer voll, werden die Kerzen in einen Wagen gelegt und in einen Stauraum gebracht, bis ein Kerzenständer frei wird. Viele Kerzen werden mit Zeitverzögerung – vielleicht erst im Herbst und Winter, wenn der Besucherstrom abebbt, abgebrannt.

Die eucharistische Prozession und die Kranken-Prozession.

„Man komme in Prozessionen!“ Auch das war eine Bitte „Marias“ an Bernadette.

Seit der ersten eucharistischen Heilung (1888) findet diese Prozession von April bis Oktober jeden Nachmittag statt. Sie beginnt um 17 Uhr beim Anbetungszelt auf der Wiese. Das ausgestellte „Allerheiligste“ wird unter dem Baldachin von einem Zelebranten getragen, der die Prozession beschließt. Den Auftakt bilden die Kranken, begleitet von ihren persönlichen Helfern. Sie lenken die Chaisen, das sind die zierlichen Rollstühle mit Verdeck, die wie kleine Kutschen aussehen und an einer Lenkstange gezogen werden. Die Gesichter, die man beobachtet, sprechen ihre eigene Sprache: Kranke, die vielleicht nur noch kurze Zeit zu leben haben, Spastiker mit verkrampfter Nackenhaltung und verzerrten Gesichtern, Querschnittsgelähmte, Verwirrte. Ein emotionales, ergreifendes Bild. Welche Erwartungen verbergen sich wohl bei den Einzelnen? Langsam setzt sich der Zug in Bewegung, Lautsprecher übertragen Gebete in allen Sprachen, die Priester der jeweiligen Diözesen folgen, viele Menschen schließen sich an. Die Prozession überschreitet den Fluss Gave und endet in der unterirdischen Basilika, wo sich die Gläubigen um das „Allerheiligste“, das auf den Altar gestellt wird, versammeln. Nun werden die Danksagung und die Krankensegnung zelebriert. Die Messe wird durch die Eucharistie-Hymne und die Segnung der Gläubigen beendet.


KATHOLISCHE KIRCHE

Die Lichter-Prozession

Dieses größte „Spektakel“ findet seit 1858 von April bis Oktober an jedem Abend von 21 Uhr – 22 Uhr statt. Der gesamte Wallfahrtsbezirk ist dann ein Lichtermeer. Überall sitzen oder stehen Tausende von Pilgern dicht an dicht gedrängt, mit einer brennenden Kerze in der Hand. Neun Glockenschläge läuten die Prozession ein. Die Zeremonie beginnt an der Grotte. Nach einem „Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bekreuzigen sich alle. Die beleuchtete, fast lebensgroße Statue der „Jungfrau des Lichts“, getragen auf einer Trage mit Baldachin, führt die Lichterprozession an. Direkt anschließend folgen die Reihen mit den blauen Wagen (Kranke und Behinderte). Dahinter bilden sich zahlreiche Pilgergruppen, teils mit Fahne, Sprachband oder einer Flagge. Alle mit einer brennenden Kerze in der Hand, die an die eigene Taufe erinnern soll. Während die Massen über das „Heiligtum“ ziehen wird das Rosenkranzgebet in mehreren Sprachen gebetet. Auf ein Vaterunser folgen stets zehn „Gegrüßt sei’s du Maria“. Das Ave Maria von Lourdes, dessen Refrain in der ganzen Welt bekannt ist, wird während der Prozession in den Sprachen aller vertretenen Nationen gesungen. Bei dem Refrain des Liedes Laudate Mariam werden die Kerzen in einem einstimmigen Lobpreis in die Höhe gehoben. Hier wird mit Inbrunst zu „Maria“ gebetet, wird „Maria“ mit kraftvoller Stimme gepriesen, wird „Maria“ geliebt. Am Ende der Prozession versammeln sich die Pilger auf der Rosenkranz-Esplanade vor der Rosenkranzbasilika, von einem tiefen Gefühl der Übereinstimmung beseelt. Das Kreuz auf der Kuppel glänzt in strahlendem Gold. Kreuz und Krone, die auf der Kuppel thronen, sollen an die Krönung „Marias“ im Himmel erinnern (Dogma 1950 von Papst Pius XII). Die Zeremonie wird durch eine Segnung beendet. Das Salve Regina, letzte Huldigung an die Jungfrau Maria, wird mit erhobenen Kerzen gesungen: „Heil Dir, Königin, Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsere Hoffnung, heil Dir! Zu Dir rufen wir verbannte Kinder Evas, zu Dir seufzen wir, schluchzend und weinend in diesem Tränental. Ach, nun also, unsere Fürsprecherin: wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht Deines Leibes: O gütige, o weiche, o süße Jungfrau Maria.“ Auch der ehemalige Papst Benedikt XVI sieht Maria als Lichtträgerin. Er nennt sie gern „Stern der Hoffnung“. „Auf den Wegen unseres Lebens, die so oft dunkel sind, ist sie das Licht der Hoffnung, das uns erleuchtet und uns auf unserm Pfad die

Richtung weist. Maria ist unsere Mutter. Mit ihrer mütterlichen Fürsorge ist sie uns nahe. Dies dürfen wir immer wieder erfahren, gerade auch an diesem Wallfahrtsort. Als ihre Kinder wollen wir Maria unser Leben anvertrauen – Freuden und Sorgen, Krankheit und Leid, all unsere Anliegen. Denn wir wissen: Maria führt uns sicher zu ihrem Sohn Jesus Christus.“

Die unterirdische Basilika „Sagt den Pfarrern, hier eine Kapelle zu errichten“, befiehlt die „Dame“ der Bernadette. Dieses größte Bauwerk, die unterirdische Basilika, wurde am 25. März 1958 eingeweiht. 25.000 Menschen finden darin Platz. Durch ihre gewaltigen Abmessungen und eine moderne Technik ist sie wohl einmalig in der Welt. Von April bis Oktober finden hier die internationalen Messen und die eucharistische Anbetung mit der anschließenden Krankensalbung und -Segnung statt. Papst Pius X., dem diese Basilika

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KATHOLISCHE KIRCHE

gewidmet ist, sagte: „Der einmalige Ruhm der Wallfahrtsstätte Lourdes beruht auf der Tatsache, dass die Völker von überall her durch Maria zur Anbetung Jesu Christi in dem erhabensten Sakrament geführt werden, so dass diese Wallfahrtsstätte, die gleichermaßen ein Zentrum der Marienverehrung und der Thron des eucharistischen Geheimnisses ist, offenbar alle anderen Wallfahrtstätten der katholischen Welt an Ruhm übertrifft.“

Rede Papst Benedikt XVI zur 150jährigen Jahrfeier von Lourdes lasen: „In Lourdes lädt die heilige Jungfrau alle ein, die Erde als einen Ort unserer Pilgerreise hin zur endgültigen Heimat anzusehen, die der Himmel ist. In Wirklichkeit sind wir alle Pilger. Wir brauchen die Mutter, die uns führt, und in Lourdes lädt uns ihr Lächeln dazu ein, mit großem Vertrauen weiterzugehen, im Bewusstsein, dass Gott gut ist, dass Gott die Liebe ist.“

Die Rosenkranzbäume

Auch der Nachfolger von Papst Benedikt XVI, Papst Franziskus, ist ein eifriger Marienverehrer. Die allererste Audienz nach seiner Wahl hatte er mit „Maria“ und bei seinem ersten öffentlichen Kontakt mit der Bevölkerung versprach er, am nächsten Tag die „Madonna“ zu bitten, Rom zu beschützen. Doch trotz seiner starken Marien-Verehrung besitzt er bereits große Sympathien einiger Evangelikaler, die sich der Lehre der katholischen Kirche immer mehr nähern. Wir aber sind dazu aufgefordert, jede Lehre anhand der Bibel zu prüfen. Paulus schreibt den Christen in Galatien: „Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium entgegen dem verkündigten, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei verflucht!“ (Gal 1,8) Und in Rö 1,25 gibt er zu bedenken: „… welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“ (Röm 1,25). Wenn schon eine „Marien-Erscheinung“ solch eine Ephorie und Verehrung auslösen kann, wie viel mehr sollten unsere Herzen ergriffen und begeistert sein von unserem geliebten Herrn Jesus Christus, unserem Erlöser – dem Einzigen, der Anbetung verdient:

In diesem umzäunten Bereich gibt es für jedes Jahr einen bestimmten Baum (aus Metall), an dessen Zweigen selbst kreierte Rosenkränze aller Art und Größe hängen.

Pilger an Pilger sitzen oder knien andächtig unter den Augen der gekrönten Madonna an dieser Station. Sie lassen wortlos ihre Rosenkränze durch die Finger gleiten, legen für Maria Blumen nieder, einige weinen. Am Ende unserer Besichtigung sind wir uns sicherer als je zuvor, vor solch einem religiösen Betrug mit den Seelen warnen zu müssen – erst recht, nachdem wir zu Hause einiges aus der

„… den ihr liebt, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, an den ihr glaubt, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht, über den ihr mit unaussprechlicher Freude jubelt …“ (1Petr 1, 8.9).

EINLADUNG Maleachi-Tag am 03.10.2013 in Niesky Thema: „Daniel als Staatsmann und Prophet“ Vorträge von: Klaus Güntzschel, Dieter Weidensdörfer, Werner Mücher, Martin Vedder Ab 10:00 Uhr • Gemeindesaal, Schlossergasse 3 • 02906 Niesky Anmeldung nicht notwendig!


BUCHBESPRECHUNGEN Randy Alcorn

Behüte dein Herz

Warum es wichtig ist, mit Sexualität richtig umzugehen CLV, Tb., 96 S., € 2,90 „Unser Charakter von morgen ist das Ergebnis unserer Gedanken von heute.“ (S. 38) „Unser wichtigstes Sexualorgan ist unser Gehirn! Wie ist das bei Ihnen: Füttern Sie Ihre sexuelle Unreinheit oder lassen Sie sie verhungern? Füttern Sie Ihre Leidenschaft für Christus, oder lassen Sie sie verhungern?“ (S. 40) „Eltern, die niemals im Leben einen Babysitter für ihre Kinder engagieren würden, der auch nur um drei Ecken der Pädophilie verdächtigt wird, liefern dieselben Kinder unbesorgt der Sünde aus, wenn sie diese vor dem Fernseher zappen lassen.“ (S. 62) „Liebe Ehefrauen, fragen Sie Ihre Männer, was für sexuelle Versuchungen sie haben und wie Sie ihnen helfen können … Zu viele Ehefrauen haben keinen Schimmer von den Kämpfen, die in ihren Männern toben.“ (S. 82) Dieses äußerst hilfreiche und wichtige Buch sollte jeder Teenie, jeder Erwachsene, alle Eltern, Großeltern und auch Singles lesen. Es ist nicht nur eine sehr deutliche, ungeschminkte Warnung vor sexueller Sünde, sondern auch eine Ermutigung, rein zu leben oder wieder rein zu werden, wenn man in Sünde gefallen ist. Der Autor schreibt nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern als einer, der selbst täglich im Kampf steht und scheut sich nicht, eigene Schwachheit und Versagen zu bekennen. Gleichzeitig zeigt Alcorn auch, was die Bibel positiv über den Umgang mit Sexualität im Rahmen der Ehe sagt und wie wir betrogen und belogen werden, wenn wir unsere Maßstäbe nicht von der Bibel, sondern von weltlichen Medien justieren lassen. Diese ansprechend gestaltete und preisgünstige Neuauflage sollte man weit verbreiten! Wolfgang Bühne

Wolfgang Bühne

Hiskia – Der Mann, der Gott vertraute CLV, geb., 170 S., € 6,50

Diese aktuellen und herausfordernden Betrachtungen über Hiskia wurden bereits in einzelnen Aufsätzen in den letzten Ausgaben der Zeitschrift „Fest und treu“ veröffentlicht. Nun liegen sie erweitert und überarbeitet in Buchform vor. Hiskia ist einer der beeindruckendsten Könige der Bibel. Von Gott selbst bekommt er das Prädikat: „Er vertraute auf den Herrn, den Gott Israels, und nach ihm ist seinesgleichen nicht gewesen unter allen Königen von Juda noch unter denen, die vor ihm waren.“ Dem Autor gelingt es, die verschiedenen Facetten des Lebens dieses Königs wahrheitsgetreu darzustellen. So geht es ihm keineswegs darum, Hiskia als makelloses Vorbild zu verklä-

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ren, sondern darum, die Stärken und Schwächen, die Höhen und Tiefen, Siege und Niederlagen dieses Mannes herauszuarbeiten. Die in diesem Zusammenhang im Buch angeführten zahlreichen Zitate von bedeutenden Männern der Kirchengeschichte (M. Luther, C.H. Spurgeon, W. Carrey, A.W. Tozer, etc) erweisen sich dabei als äußerst bereichernd für den Leser. Diese wertvolle Biographie motiviert dazu, Personen der Bibel zu studieren und daraus wichtige Lehren für das eigene Leben zu ziehen. Es ist ja bekannt, welchen Einfluss gute oder auch schlechte Vorbilder auf unser Leben haben können. Hiskia selbst hatte in seinem Vater ein schlechtes Vorbild. Aber er suchte sich ein besseres und fand es in David: „Und er tat, was recht war in den Augen des HERRN, nach allem, was sein Vater David getan hatte.“ Das Leben Hiskias wird hier in seinem geschichtlichen Kontext gedeutet und die gewonnenen Erkenntnisse werden sehr praktisch auf unser heutiges Leben angewandt – in der Hoffnung, dass dieses Buch dazu beiträgt, „dass sein Vorbild zum Ansporn wird, Gott immer mehr durch ein krisenfestes, unerschütterliches Vertrauen zu ehren“. Fazit: Unbedingt lesen und sich herausfordern lassen, ein Leben im Vertrauen auf den Herrn Jesus zu leben! Daniel Zach

Peter Lüling

Kämpfe den guten Kampf CLV, Pb., 176 S., € 6,90

Die Suche nach Gold ist harte Arbeit und kann nicht im Vorbeigehen erledigt werden. Daher will der Autor dem Leser die Arbeit des Forschens und Suchens nicht abnehmen, sondern Werkzeuge an die Hand geben, die ihn leichter fündig werden lassen und davor bewahren, zu schnell aufzugeben. Als erfahrener „Schatzsucher“ weiß er um den Wert selbst geborgener Schätze und will insbesondere die jüngere Generation herausfordern. In dem vorliegenden Band, dem hoffentlich weitere folgen, finden sich zahlreiche Studienhilfen zum 1.Timotheusbrief. Neben hilfreichen Gliederungs-Vorschlägen, Hintergrund-Informationen, Übersichts-Tabellen und Worterklärungen sind es gerade die offenen Fragen und leeren Arbeitsblätter, die zum eigenen Forschen anspornen: Welche Begriffe finden sich in Kapitel 1 und 6? Was sind Schlüsselbegriffe im ganzen Brief? Wie könnte man Kapitel 3 einteilen? Welche Rolle spielt der Teufel in diesem Brief? usw. Ein ideales Hilfsmittel also, um den ersten Timotheusbrief alleine oder in der Gruppe zu studieren und sich für „den guten Kampf des Glaubens“ zu rüsten. Paulus schrieb den Brief, um Timotheus anzuleiten, „wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Gemeinde des lebendigen Gottes ist“. Eine gute Kenntnis seines Briefes wird daher besonders für unsere Gemeinden nicht ohne Auswirkungen bleiben und man kann dem Buch daher nur eine weite Verbreitung wünschen - und darf schon auf die nächsten Bände gespannt sein. William Kaal


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BUCHBESPRECHUNGEN Nancy Leigh DeMoss / Tim Grissom

Neu belebt von ihm

(Ein 12-Wochen-Kurs für Einzelne und in Gruppen) rigatio, 270 S., € 19,95 Wie in dem Titel schon zum Ausdruck kommt, ist es das Anliegen der Autoren, mit Hilfe dieses Kurses zu einer erneuerten Ausrichtung auf Gott und sein Wort zu kommen. Jede Woche beginnt mit einem Thema, wobei anfangs die vertikale Ebene, also unsere Beziehung zu Gott, und unter diesem Gesichtspunkt dann später die horizontale Ebene – wie dies unsere Beziehung zu anderen Menschen beeinflusst – beleuchtet wird. Jede Lektion beginnt mit einem Zeugnis, als Beispiel einer praktischen Auswirkung des vorgestellten Themas. Es folgen Bibelstellen zur Vertiefung, Merkverse, praktische Tipps und immer wieder Fragen, die zum Nachdenken anregen sollen und eine gute Hilfe sind, das Gelesene im ganz persönlichen Alltag umzusetzen. Sie sollen auch verhindern, dass das Thema „Erweckung“ zu einer Kopfsache wird. Immer wieder wird der Leser eindringlich dahin zurückgeführt, sich vor Gott zu prüfen, seinem Wort zu gehorchen, Sünde als solche zu erkennen und ausnahmslos angemessen zu bekennen. Es werden Themen behandelt wie: Erweckung, Demut, Aufrichtigkeit, Buße, Gnade, Vergebung, sexuelle Reinheit, die persönliche Stille Zeit u.a. Es besteht die Möglichkeit, diesen Kurs alleine durchzuführen, aber gewinnbringender wird es sicher sein, ihn mit einigen ebenfalls Interessierten in einer kleinen Gruppe in Angriff zu nehmen. Das setzt natürlich ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen voraus, doch schon die Art und Weise vieler Fragen werden in diesem Punkt sehr hilfreich sein, da sie zwar auf eine absolute Ehrlichkeit vor Gott abzielen, und doch gleichzeitig eine sensible Rücksichtnahme anderen gegenüber betonen. In vieler Hinsicht ist „Neu belebt von ihm“ daher ein sehr wertvoller und hilfreicher Kurs für jeden, der lernen möchte, in Hingabe zu leben und sich vielleicht manchmal schon gefragt hat, warum dieser Wunsch immer wieder zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Außerdem kann man im Internet noch weiteres hilfreiches und zudem kostenloses Zusatzmaterial (Leiterhandbuch, persönlicher Check, Bibelvers- und Gebetskarten) herunterladen. Astrid Kimmich

Erwin und Rebecca Lutzer

Worte die verändern Bibelverse fürs Leben

CVD, geb., 237 S., € 14,90 Ein hilfreiches Buch für jeden, der nach einem Leitfaden sucht, wenn es um das Auswendiglernen von Bibelversen geht. In fast 40 Kapiteln werden insgesamt 100 Verse vorgestellt, die gut

zum Auswendiglernen geeignet sind. Dabei geben sie die „entscheidenden Aspekte des Glaubens“ wieder, was ein besonderes Anliegen der Autoren ist. Zu jedem dieser vorgestellten Verse gibt es eine gründliche und hilfreiche Erklärung, die zum besseren Verständnis und zur leichteren Verinnerlichung führt. Am Ende der jeweiligen Kapitel folgen unter der Überschrift „Erste Schritte zur Veränderung“ Fragen, die eine positive Veränderung aufgrund des Lernens fördern sollen. Leider klingen diese Fragen manchmal etwas steif und man hat Mühe, sich dadurch wirklich angesprochen zu fühlen. Im Anhang werden dann noch weitere Bibelverse vertiefend zu den behandelten Themen angeführt, um sie bei Bedarf zusätzlich lernen zu können. Astrid Kimmich

Ursula Häbich

Die Vision lebt weiter Lichtzeichen, geb., 208 S., € 12,95 Der 13. Juni 2009, ein Samstag, zeigt sich als wohltuend warmer, heller Sommertag für die Menschen in Wolfsburg. Doch für zwei Familien wird es der Tag sein, der ihr Leben für immer verändern und sie in tiefe Dunkelheit stürzen wird: der Beginn quälender, zermürbender Tage und Wochen, geprägt von schmerzhaften Fragen und nicht weniger schmerzlichen Antworten. An diesem Tag erreicht sie die schockierende Nachricht, dass ihre Töchter Rita und Anita – die für ein Praktikum im Zusammenhang mit ihrer Ausbildung in der Bibelschule Brake einige Wochen in einem jemenitischen Krankenhaus helfen – vermisst werden. Zusammen mit sieben anderen Mitarbeitern der Klinik sind sie seit einem Tag verschwunden. Nach einem Ausflug kehrten sie nicht zurück – und alles deutet auf eine Entführung hin. Zwei Tage später findet man drei Leichen. Nachdem sie identifiziert sind, stirbt der letzte Funken Hoffnung: Rita, Anita und eine Südkoreanerin sind tot: Opfer eines Gewalt-Verbrechens. Ist für die Eltern und Geschwister der Fall ins Bodenlose vorprogrammiert? Ist Gott immer noch ein guter Gott? Warum hat er nicht eingegriffen – warum das Böse nicht verhindert? Wie kann man angesichts einer solchen Tragödie weiterleben? Gibt es Hoffnung über den Tod hinaus? Auf sehr einfühlsame, bewegende Weise zeichnet die Autorin das Leben der beiden jungen Frauen und begleitet die Familie und vor allem die Mutter Anitas durch die dunklen Tage und Wochen der Trauer – geprägt von Höhen und Tiefen. Und auch wenn auf dieser Erde nicht alle Fragen eine Antwort finden, wird doch auf überwältigend tröstliche Weise deutlich, dass bei dem Gott, der alle Antworten weiß und immer noch alle Dinge in der Hand hat, Frieden, Geborgenheit und Heilung der inneren Schmerzen zu finden sind. Er beweist sich als der Gott, der Leben aus dem Tod entstehen lassen kann. Durch seine Gnade wird es möglich, dass Kraft und Gelingen für beide Familien da ist, eine Vision Anitas zu verwirklichen: Ein weiteres Kinderdorf in Malawi, in dem wenigstens einige von den vielen Waisenkindern – häufig zum ersten Mal in


BUCHBESPRECHUNGEN ihrem Leben – Liebe, Geborgenheit, Schutz, Unbekümmertheit und ausreichende Nahrung bekommen. Ein tröstliches und herausforderndes Buch, das ermutigt, diesem Gott auch dann zu vertrauen, wenn man seine Wege überhaupt nicht mehr versteht … Ulla Bühne

Werner Mücher

Die Endzeitrede Jesu in Mt 24 und 25 Daniel, Pb., 72 S., € 4,95 Der Autor ist bekannt für zahlreiche wertvolle Studien und Veröffentlichungen zu prophetischen Büchern und Themen der Bibel. Systematisch und übersichtlich legt er die beiden prophetischen Reden des Herrn in Matth 24 und 25 aus, wobei er die Überzeugung vertritt, dass es sich hier um Ereignisse handelt, die sich ausschließlich nach der Entrückung der Gemeinde ereignen und vor allem das Volk der Juden betreffen. Die drei Gleichnisse des Herrn, die den Mittelteil der Rede bilden, wendet er vor allem auf die Christenheit vor der Entrückung an und macht deutlich, welch eine große Verantwortung wir als Knechte oder Diener des Herrn in der gegenwärtigen Endzeit haben. Auch wenn der eine oder andere Leser in einigen Details eine etwas andere Sicht vertritt, so ist die kurze, aber leicht verständliche Auslegung doch eine gute Hilfe, die Endzeitreden des Herrn richtig einzuordnen und auf unser Leben anzuwenden. Wolfgang Bühne

Helmut Prock

Ich kann nicht mehr!

Hilfe für entmutigte Christen CMD, Pb., 296 S., € 9,90 Dieses Buch beschäftigt sich mit notvollen Situationen unterschiedlichster Art, von denen die meisten Christen im Laufe ihres Lebens in irgendeiner Form betroffen sein werden. Konkret geht es dabei um Probleme in der Ehe, die Sorge um heranwachsende Kinder die sich vom Glauben abwenden, Versuchungen im persönlichen Glaubensleben wie auch um Konkurs, Gemeindeprobleme und die Thematik des Burnouts. Beim Lesen wird sehr schnell deutlich, dass der Autor diese Situationen selbst durchlebt hat. Gleich zu Beginn berichtet er kurz von den „Schicksalsschlägen“ in seinem persönlichen Leben, bevor er sich den einzelnen Themen zuwendet. Der Leser fühlt sich „an die Hand genommen“ und verstanden, was es ihm leicht machen wird, die praktischen und Mut machenden Denkanstöße und Ratschläge anzunehmen. Der zweite Teil des Buches ist ebenso wertvoll und beschäftigt sich mit der Lebens- und Leidensgeschichte Hiobs. Der Autor geht auf Hiobs Charakter ebenso ein wie auf die verschiedenen Phasen von geistlichen Lichtblicken bis hin zu tiefster Dunkelheit, die dieser Mann durchlebte. Auch das Verhalten der Freunde Hiobs wird beleuchtet und die Art und Weise, wie

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Gott am Ende eingreift. Dieser Teil des Buches verdeutlicht sehr anschaulich das hohe Maß an Einfühlungsvermögen und Geduld, das in der Seelsorge ebenso erforderlich ist wie eine fundierte Kenntnis des Wortes Gottes. Es wird auch nicht verschwiegen, dass Fehleinschätzungen auf dem Gebiet der Seelsorge oft fatale Folgen im Leben der Betroffenen mit sich bringen können. Abgerundet wird das Buch durch das letzte Kapitel zum Thema „Glaubenszweifel“. Dieses sehr persönlich und mit viel Feingefühl geschriebene Buch ist sowohl für Betroffene als auch für jeden, der seelsorgerlich tätig ist und Menschen auf einem schwierigen Weg begleiten möchte, sehr zu empfehlen. Ziel des Autors ist es, dem Leser die Hoffnung zu vermitteln, dass Gott treu ist und durch jedes Leid hindurch tragen wird, wenn man sich Ihm voll und ganz überlässt: „Ich durfte viel lernen, und Gottes Gnade bewahrte mir meinen Glauben. Das will ich jetzt – so gut ich es eben kann – dir, lieber Leser, weitergeben. Ich gehe davon aus, dass sich viele Leser dieses Buches, sowohl Christen und Nichtchristen, in einer schwierigen, wenn nicht gar aussichtslos erscheinenden Lebenssituation befinden. Gerade dir sei gesagt: Es gibt Hoffnung!“ Christina Neugebauer

Irmgard Grunwald

Dem Himmel entgegen Helle Gedanken auf einem dunklen Weg CV, Pb., 142 S., € 8,90 Die Autorin ist eine kontaktfreudige, vielbeschäftigte Frau und mit ihrem Leben rundherum zufrieden. Dass ihr ab Dezember 1999 gelegentlich kleine Ungeschicklichkeiten passieren, übergeht sie mit dem ihr eigenen Humor. Doch in den nächsten Monaten nehmen diese Einschränkungen unübersehbar zu, sodass schließlich der Gang zu den Ärzten unaufschiebbar wird. Nach langwierigen, unangenehmen Untersuchungen schließlich die schockierende Diagnose „ALS“: Eine unheilbare Muskel-Krankheit, bei der die statistische Überlebenszeit drei bis vier Jahre beträgt. Und obwohl Irmgard Grunwald sich nach wie vor in Gott geborgen weiß, tauchen doch viele bange Fragen auf. Da ist ihr Mann und die fünf Kinder! Wird sie solange leben, bis ihr Jüngster sie nicht mehr so sehr braucht – er ist doch erst neun? Und wie wird es sein, wenn die Muskeln nach und nach ihren Dienst versagen? Wenn das Leben von ständigen Verlusten geprägt sein wird? Sehr ehrlich, bewegend und herausfordernd schildert die Autorin diese Jahre des Hoffens und Bangens – die geprägt sind von der immer wiederkehrenden, bitteren Erkenntnis des „Nie wieder!“ und des Eingesperrtseins im eigenen Körper. Es gibt Begabte, die gut predigen können. Doch Irmgard Grunwald ist eine Predigt. Ihr Leben mit ALS ist ein beeindruckendes, zutiefst bewegendes Zeugnis davon, was ein lebendiger Glaube an Gott bewirkt – an diesen Gott, der Kraft und Gnade gibt, das anscheinend Unerträgliche zu ertragen. Besonders für Kranke und Angefochtene sehr hilfreich und ermutigend, aber auch für Außenstehende ein wertvolles Buch. Ulla Bühne

Diese Bücher können in jeder christlichen Buchhandlung bestellt werden


Wolfgang Bühne • Postfach 11 26 • D-58540 Meinerzhagen PVSt. • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt! • VKZ H 11661

„Herr, sende mich, wohin Du willst, aber geh’ mit mir; leg mir eine Last auf, egal wie schwer, aber trage mich hindurch; David Livingstone | 1813 – 1873

löse jede Beziehung, nicht aber das Band, das mich mit Deinem Dienst und Herzen verbindet.“


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