chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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HOCHSCHULE STUDIERENDE

TRÄNEN IM TREPPENHAUS

FREIBURGER STUDIERENDENVERBAND KRITISIERT PRÜFUNGSAMT DER UNIVERSITÄT

D

ie Gemeinsame Kommission der Philologischen und Philos­ophi­ schen Fakultät (GeKo) der Freiburger Universität ist berüchtigt. Seit Jahren beklagen Studierende Gängelei und Papierkrieg im Prüfungsamt. Der Studierendenverband Links.SDS Freiburg zitiert nun in einem 37-seitigen Dokument anonymisierte Quellen, die von Machtspielchen, Beleidigungen und studiumsbehindernden Zuständen an der Werthmannstraße sprechen. Die Universität zeigt sich von dem Schwarzbuch irritiert. Die Vorwürfe wiegen schwer. „Die GeKo hindert mich persönlich, ein Mas­ terstudium in Freiburg zu belegen, sie ist ein Grund, die Uni zu wechseln“ oder „Ich wurde am Ende des Gesprächs beleidigt“, heißt es in dem Dokument, das der Studierendenverband Links.SDS Freiburg unlängst veröffentlicht hat. Darin bekommt das Prüfungsamt von

Foto: © pt

Ort des Geschehens: Eingang zur GeKo an der Werthmannstraße

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seinen Studierenden keine guten ­Noten: In einer vom Verband beigefügten Um­ frage bewerteten 127 der insgesamt 147 Teilnehmenden ihren Kontakt zur GeKo als schlecht oder sehr schlecht. „Es wurde nicht mal alles gedruckt“, sagt die Studierende Melissa B. (Name der Redaktion bekannt), die selbst Mit­ glied im SDS ist. „Die Probleme sind seit Jahren bekannt, deswegen haben wir uns entschlossen, die Sammlung zu veröffentlichen“, kommentiert ihr SDS-Mitstreiter Sebastian F. (Name der Redaktion bekannt). Tatsächlich sind Tränen im Treppenhaus der GeKo, die an der Universität für rund 50 Studienfä­ cher verantwortlich ist, keine Seltenheit. Der Konflikt zwischen Studierenden und Verwaltungsapparat schwelt seit Jahren. Bereits im Januar 2012 entlud sich der Streit in einem Buttersäurean­ schlag auf das Gebäude des Prüfungs­ amts an der Werthmannstraße. Ein Verdächtiger wurde laut Polizeisprecher Michael Schorr nie gefunden, „Bürokra­ tie stinkt“ und „Abgelehnt“-Schmiere­ reien am Tatort legen allerdings nahe, dass es sich bei dem Täter oder den Tä­ tern um Studierende gehandelt hat, die im Clinch mit dem Prüfungsamt lagen. Das tut auch Yasmin B. (Name der Re­ daktion bekannt.) Die Studentin ver­ suchte vergangenes Jahr, ihr Hauptfach im zweiten Semester zu wechseln. „Ich habe mich auf einen bürokratischen Akt eingestellt, habe aber nicht damit gerechnet, dass es psychisch so belas­ tend wird“, berichtet sie gegenüber dem chilli. Für den Wechsel habe sie wegen fehlender Unterlagen eine Frist­ verlängerung beantragen wollen. Nach zwei unbeantworteten Mails ans Amt habe sie die Sprechstunde der Kommission angerufen. „Ich wurde von der Sachbearbeiterin fertiggemacht und

musste heulen. Von einem Telefonat war ich noch nie so schockiert“, sagt sie. Wenige Stunden später sei der Verlängerung stattgegeben worden. Wegen einer nicht bestandenen Prü­ fungsleistung muss B. nochmals beim Prüfungsamt vorstellig werden. „Ich kann mir nur vorstellen, was mich dort erwartet“, erzählt sie.

»ICH MUSSTE HEULEN« Die Universität zeigt sich von den An­ schuldigungen des SDS irritiert. Im Doku­ ment sind bloß die Namen der Ankläger vollständig anonymisiert. „Das Papier vermischt berechtigte Kritik mit verlet­ zenden Unterstellungen“, kommen­tiert Dietmar Neutatz, Vorsitzender der GeKo. Zahlreiche Vorschläge der Stu­ dierenden halte er aber für durchaus „bedenkenswert“. Situationen, die als verletzend empfunden werden, müss­ ten vermieden werden. „Wir erwarten aber, dass polemische Angriffe und Un­ terstellungen unterbleiben“, so der De­ kan der Philosophischen Fakultät. Der SDS habe laut Nicolas Scherger, Presse­ sprecher der Universität, bereits einge­ räumt, dass Schuldzuweisungen gegen Einzelpersonen nicht dienlich sind. Ein Arbeitskreis aus Studierenden und Professoren soll nun die Wogen glätten und Reformen diskutieren. Das erste Treffen steht laut SDS noch aus. Rechtli­ che Schritte seitens der Hochschule sei­ en laut Scherger derweil nicht geplant. Allerdings habe die Uni den SDS „darauf hingewiesen“, dass die Broschüre aus dem Netz genommen werden sollte. Der Verband plante bis zum Redaktions­ schluss nicht, das Dokument zu löschen. Philip Thomas


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