Mongolei - Fact Finding Mission 2012

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Ulan Bator / Mongolei Bericht ßber eine Erkundungsreise 1. – 8. September 2012


Dr. Hans-Peter Merz Leiter International - Hauptgeschäftsführung Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet Ostring 30 – 32, 44787 Bochum Tel.: 02 34/91 13 – 1 33, FAX: 02 34/91 13 – 2 62 E-Mail: merz@bochum.ihk.de Internet: www.bochum.ihk.de 2


Vorbemerkung Von einem ursprünglich kommunistischen Staat mit zentral staatlicher Lenkung hat sich die Mongolei innerhalb von nur 20 Jahren zu einem modernen Rechtsstaat mit einer parlamentarischen Demokratie entwickelt und genießt heute zu Recht den Respekt der internationalen Staatengemeinschaft. Nach dem Abtreten der kommunistischen Parteikader und der Verabschiedung einer neuen Verfassung 1992 hat die Mongolei konsequent den Weg zu einer un-umkehrbaren parlamentarischen Demokratie beschritten. Vielfach wird von einem politischen Erfolgsmodell in der Region gesprochen.

Fünf freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind Beleg für eine dauerhafte Konsolidierung der Demokratie in der Mongolei. Gerade erst bei den letzten Wahlen im Juni 2012 wurde die seit 2008 in einer großen Koalition mit der Democratic Party regierende Mongolian People´s Party von einer Koalition aus Democratic Party, Justice Coalition (Mongolian People´s Revolutionary Party und Mongolian National Democratic Party) und Civil Will-Green Party abgelöst.

Parlamentsgebäude 3


Parallel zum politischen Wandel erfolgte die Abkehr von zentral staatlicher Planwirtschaft zu einer modernen Marktwirtschaft mit internationalen Standards. Weltweiter Rohstoffbedarf und der Rohstoffreichtum des Landes führen zu einem Wirtschaftsaufschwung mit großem Investitionspotential für ausländische Unternehmer.

Um diese Potenziale für deutsche mittelständische Unternehmen besser beurteilen zu können und um geeignete Kontakte zu Institutionen und Persönlichkeiten in der Mongolei aufzubauen, entschied sich die IHK Mittleres Ruhrgebiet im September 2012, den Honorarkonsul der Mongolischen Republik, Prof. Heinrich A. GroßeSender, und den Leiter International der IHK Mittleres Ruhrgebiet, Dr. Hans-Peter Merz, zu einer Fact-finding-mission in die Mongolei zu entsenden.

An dieser Stelle sei allen Gesprächspartnern, die sich bereitgefunden haben, für ein Hintergrundgespräch zur Verfügung zu stehen, herzlich gedankt. Ein besonderer und persönlicher Dank gilt Prof. Große-Sender, dessen Kenntnisse und Kontakte unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg dieser Reise gewesen sind.

Die vorliegende Broschüre ist kein Investitionsführer und auch kein Wirtschaftshandbuch über die Mongolei. Sie gibt die unterschiedlichen und sich teilweise auch widersprechenden individuellen Einschätzungen der Gesprächs-partner wieder, wie sie vom Autor dieses Reiseberichts verstanden wurden. Es handelt sich dabei um keine offiziellen Stellungnahmen der jeweiligen Institutionen.

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Foreign Investment & Foreign Trade Agency (FIFTA) Herr D. Nachin, Head Investment, Project and Business Development Division Frau Tsetsegmaa Dasynyam

Die Mongolei entwickelt sich gegenwärtig sehr rasch, es entstehen laufend neue Felder potenzieller Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern. Lag das Wirtschaftswachstum 2010 noch bei 6,3 %, so erreichte es 2011 bereits 17,3 %, für den Zeitraum 2013 – 2016 werden durchschnittlich 15 % Wirtschaftswachstum pro Jahr erwartet. Diese Entwicklung beruht auf der Prosperität des Bergbaus und der verarbeitenden Industrie, die insbesondere in den Städten Sainshand und Erdinet angesiedelt ist. Dort werden mit ausländischen Partnern Projekte im Bereich der Metallurgie und der Kupferverarbeitung vorangetrieben. Gegenwärtig werden jährlich 230 000 Tonnen Kupferkathoden hergestellt. Deutschland ist als Partner insbesondere im Bereich der Gas-Chemie und der Kohlevergasung wichtig. Die Qualität deutscher Produkte wird im besonderen Maße geschätzt, es besteht eine ausgesprochen positive Haltung zu Investitionen aus Deutschland. Aktuell ist China der wichtigste Investor in der Mongolei. Im Zeitraum von 1990 – 2011 wurden 9,8 Mrd. US-Dollar von Ausländern in der Mongolei investiert, davon allein von China 35 % (andere Gesprächspartner gaben höhere Prozentwerte für den chinesischen Anteil an den Auslandsinvestitionen an). Deutschland liegt als Investor auf Rang 15.

Stärkere Bemühungen seitens deutscher Unternehmen um den mongolischen Markt würden ausdrücklich sehr begrüßt. Deutsche Unternehmen finden in der Mongolei einen hohen Anteil deutschsprachiger Menschen vor, die zum Teil in der früheren DDR ihr Studium absolviert haben. Auch heute ist Deutschland ein wichtiges Ziel für mongolische Studenten. Aktuell sind 181 deutsche Unternehmen respektive Unternehmen mit deutscher Beteiligung in der Mongolei registriert, die insgesamt 54 Mio. US-Dollar investiert haben. Speziell die deutschen Aktivitäten im TourismusSektor (der 27 % der Investitionen abdeckt) sind sehr bemerkenswert. Weitere Investitionen gehen zu 55 % in den Handel, die übrigen Investitionen beziehen sich im Wesentlichen auf Gastronomie. Sehr gute Investitionsmöglichkeiten bestehen in allen Bereichen, in denen mongolische Rohstoffe weiterverarbeitet und anschließend mit höherem Wert ins Ausland exportiert werden können.

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Die FIFTA war bislang erste Anlaufstelle für ausländische

Wirtschaftliche Eckdaten

Investoren in der Mongolei, diese

der Mongolei

Einrichtung soll jedoch künftig 2011

2012

8,5

10,9

BIP pro Kopf (US$)

3.042

3.840

Bevölkerung (Mio.)

2,8

2,8

direkt in das Wirtschaftsministerium integriert werden. Diese Institution ist bislang zuständig für die Registrierung von

BIP (nominal, Mrd. US$)

Quelle IWF, Bundesbank, zit. nach GTaI

ausländischen Firmen, hierfür ist ein Zeitraum von 3 bis 7 Tagen zu veranschlagen. Es ist in der Mongolei möglich, eine Firma mit 100%igem Auslandsanteil zu gründen. Hingegen ist der Kauf von Grundstücken in der Mongolei nicht vorgesehen, es besteht nur die Möglichkeit eines Pachtvertrags auf maximal 60 Jahre. Seit 1991 existiert ein Investitionsschutzabkommen mit Deutschland. Gemeinsam mit dem deutschen Bundesministerium für Wirtschaft, Forschung und Technologie werden regelmäßig Investitionsförderungsprojekte durchgeführt. Als Investitionshindernis wird der Mangel an hinreichend ausgebildeten Arbeitskräften gesehen. Speziell besteht ein großer Bedarf an Bergbaufachkräften und Ingenieuren. Ausbildung ist derzeit in der Mongolei ein wichtiges Thema.

Es entstehen aktuell 72 Zentren zur Ausbildung von Facharbeitern. Da die Mongolei bisher außer Rohstoffen wie Steinkohle, Kupfer, seltene Erden und Gold nur ausgewählte Textilien (Kaschmir) und Rohbaumwolle exportiert, ist es ein wichtiges wirtschaftspolitisches Ziel, diese Produktpalette in den kommenden Jahren auszuweiten. Ferner wird ein mangelndes Vermögen mongolischer Partner genannt, eine Geschäftsidee zu einem Geschäftsplan auszuarbeiten und darüber mit ausländischen Investoren präzise zu kommunizieren.


Besondere Investitionsvergünstigungen bestehen seit 2009 nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine rechtliche Gleichstellung ausländischer und inländischer Firmen vorgenommen. Aktuell werden alle Unternehmen einer zweistufigen Besteuerung unterworfen. Künftig kann das geplante Gesetz zur Innovationsförderung zu Steuererleichterungen führen.

Ministry of Foreign Affairs and Trade Herr Dr. jur. B. Mandakhbileg, Direktor der Rechtsabteilung des mongolischen Außenministeriums 1993 hat die Mongolei eine neue außenpolitische Doktrin formuliert, die als „Politik des dritten Nachbarn“ bezeichnet wird. Dieses Konzept trägt der Tatsache Rechnung, dass die Mongolei geographisch von der Russischen Föderation und der Volksrepublik China umschlossen wird. Den daraus sich ergebenden Handlungsbeschränkungen sucht man durch intensive Kontakte mit weiteren Ländern der Welt zu entgehen. Faktisch ging die Bedeutung der Russischen Föderation als Wirtschaftspartner in den letzten 20 Jahren immer weiter zurück und beschränkt sich heute wesentlich auf die Lieferung von Kraftstoffen. Allerdings ist die Mongolei von Russland dadurch abhängig, da ein Großteil der Ausfuhren über die Transsibirische Eisenbahn verläuft. Russland ist augenblicklich sehr stark im Bereich der Rohstoffinvestitionen und der Erneuerung der Transmongolischen Eisenbahn involviert.

Massiv zugenommen hat die Bedeutung Chinas, das heute für 80 % des Wirtschaftsaustausches steht. Dieser hohe Stellenwert ist insbesondere den mongolischen Rohstofflieferungen an die VR China geschuldet. In einer Frühphase der Transformation der Mongolei nach dem Austritt aus dem sowjetischen Machtbereich wurden Schürfrechte zu sehr günstigen finanziellen Konditionen an mongolische Privatleute vergeben. Vielfach werden die in diesen Gruben gewonnenen Rohstoffe mit direkter Unterstützung chinesischer Partner gewonnen und unmittelbar nach China ausgeliefert. 7


Die chinesischen Investitionen machen nach Einschätzung des Außenministeriums inzwischen über 50 % der Gesamtinvestitionen von Ausländern aus, obwohl pro Land maximal 30 % der Investitionen per Gesetz zulässig sind. In der ursprünglichen außenpolitischen

Außenhandel der Mongolei

Konzeption der

(in Mio. US$; nominale Veränderung

Mongolei war für

im Vergleich zum Vorjahr in %)

Europa und speziell für

2010

Deutschland eine herausragende Rolle

2011

Veränderung 2011/2010

Importe

3.200,1

6.598,4

106,2

vorgesehen, die von

Exporte

2.908,5

4.817,5

65,6

den Europäern aber

Handelsbilanzsaldo

-291,6

-1.780,9

510,7

nicht in diesem Umfang

Quelle Mongolisches Statistikamt, Weltbank, zit. nach GTaI

angenommen wurde. Inzwischen haben viele europäische Länder wie Polen, Rumänien und Bulgarien ihre Botschaften in der Mongolei wieder geschlossen.

Frankreich prospektiert in der Mongolei Uranvorkommen (die Mongolei ist unter den zehn Ländern mit den größten Uranreserven). Großbritannien pflegt eine enge Kooperation mit der Börse von Ulan Bator. Somit verbleiben tatsächlich bei der Bundesrepublik Deutschland die intensivsten europäisch-mongolischen Wirtschaftskontakte. Insgesamt bietet die EU der Mongolei ein Partnerschaftsabkommen (PCA Partnership for Cooperation Agreement). Dies umfasst die Einführung europäischer Normen und Standards, Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensmittelsicherheit, Good-Governance-Beratung und erhöhte Bergbausicherheit.

Die Frage nach der Verteilung des künftig zu erwartenden Reichtums aufgrund des gestiegenen Rohstoffexportes wird angesprochen. 2011 wurde ein sogenanntes Bürgergeld in Höhe von rund zwölf Euro pro Monat und Bürger ausbezahlt, was sich aber als nicht sehr nachhaltig erwiesen hat, da hierfür umgehend Konsumnachfrage in der Regel aus China befriedigt wurde.


Aktuell scheint es kein überzeugendes Konzept zu geben, wie sich der nationale Reichtum in Wohlstand für die Bürger umwandeln lassen wird. Angedacht ist ein nationaler Wohlstandsfonds nach norwegischem Modell, hierfür werden aber wenig Chancen gesehen.

Die USA wünschen eine Verbesserung der Beziehungen zur Mongolei. Diesen Vorstellungen wissen aber sowohl Russen als auch Chinesen wirksam Riegel vorzuschieben. Speziell China zeigt die tatsächlichen Machtverhältnisse regelmäßig durch eine Sperrung wichtiger Grenzübergänge, die für die Ausfuhr mongolischer Rohstoffe und die Einfuhr z. B. von Lebensmitteln essentiell sind. Mit einer solchen Sperrung reagierte die chinesische Regierung etwa auf den Besuch des Dalai Lama, der für über die Hälfte der Mongolen religiöses Oberhaupt ist. Die Mongolei ist Mitglied der Gruppe der „Land locked countries“ in der UN-Vollversammlung, faktisch ist diese Gruppe aber ohne Bedeutung.

Erdenes Tavan Tolgoi JSC Frau Lundeg Bayartuul, Specialist/Analyst Risk Management and Insurance Herr Tsogt Tsenguun, Head of Investment and Financing Department

Es handelt sich bei Firma Erdenes Tavan Tolgoi JSC um ein 100%ig staatliches Unternehmen, dessen Muttergesellschaft die Erdenes MGL ist. Diese verwaltet alle strategischen Rohstofflagerstätten der Mongolei. Erdenes Tavan Tolgoi ist zuständig für die Verwaltung der staatlichen Kohlevorkommen. Aktuell sind in der Lagerstätte Tavan Tolgoi sieben Mrd. Tonnen Kohle nachgewiesen, wobei das Verhältnis zwischen Kokskohle und Braunkohle etwa 1 : 1 ist.

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Kohlegewinnung im Tagebau

Die Lagerstätten werden im Tagebau erschlossen. Die Firma hat 450 Mitarbeiter, davon sind 350 vor Ort mit dem Abbau beschäftigt. Es handelt sich dabei um mongolische Bürger, die von ausländischen Experten unterstützt werden. 2011 wurde eine Million Tonnen Kohle gefördert, die zu einem Marktpreis von 70 USDollar pro Tonne gehandelt wurden. Für 2012 ist eine Förderung von 3,5 Mio. Tonnen direkt für den Export nach China geplant. Langfristiges Ziel ist ein Fördervolumen von 20 Mio. Tonnen pro Jahr. Aktuell ist die Mongolei in einem FünfJahresvertrag mit Sinalco China zur Lieferung von Kohle eingebunden. Im Kohlesektor existiert weiter ein deutsch-australisches Joint-Venture, dessen deutscher Partner BBM Operta sich aber aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hat. Der Transport innerhalb der Grube zu den Zwischenlagern erfolgt mittels Schwerstlastwagen, hier könnten auch Gurtförderer zum Einsatz kommen. Erdenes Tavan Tolgoi wird außer dem Bergbau künftig auch die Stromerzeugung für die Gruben sowie die Wasserversorgung betreiben. Hierzu gibt es ein Memorandum of Understanding mit der Firma Siemens zum Bau eines Kraftwerks (Tavan Tolgoi Kohlekraftwerk, 300 Megawatt – 2 x 150 Megawatt-Turbinen). Die Firma ParsonBrinkerhoff hat hierzu eine Feasibility-Studie gefertigt und die entsprechenden Ausschreibungen formuliert.

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Das Kraftwerk bedarf einer Wasserkühlung, das benötigte Grundwasser wird aus 70 km Entfernung herangeführt. Es bedarf entsprechend geeigneter Pumpen, Pipelines und Anlagen zur Wasseraufbereitung. Im Abbaugebiet Tavan Tolgoi existieren neben dem staatlichen Unternehmen auch noch einige private Abbaubetriebe.

Erdenes Oyu Tolgoi Herr Daadankhuu Batbaatar, Executive Director

Der Kupferabbau im Fördergebiet Oyu Tolgoi befindet sich zu 34 % im Besitz der mongolischen Regierung und zu 66 % im Besitz von ausländischen Unternehmern. Batbaatar ist sozusagen der Bewahrer der 34%igen Staatsbeteiligung an Oyu Tolgoi, die entsprechenden Erlöse fließen dem Staatsbudget zu. In den vergangenen 20 Jahren wurden sehr viele Lizenzen an private Investoren zum Abbau von Kupfer in der Region vergeben. Dabei fanden sich viele ergiebige Lagerstätten.

Die Firma Erdenes Oyu Tolgoi ist damit beauftragt, die entsprechenden Lizenzen einheitlich zu verwalten und für die Abführung der Royalties an den mongolischen Staat zu sorgen. Die Förderung aus dem Gebiet Oyu Tolgoi soll ab Januar 2013 exportbereit sein.

Im Augenblick wird ausschließlich im Tagebau erschlossen, ab 2013 soll in den Untertageabbau eingestiegen werden. Rio Tinto sucht für diese zweite Investitionsphase in der Größenordnung von sechs Mrd. US-Dollar weitere Investoren. Auch in Oyu Tolgoi bedarf es eines Kraftwerks zur Stromversorgung der Bergbaubetriebe. Hierfür ist eine Investitionssumme von 900 Mio. US-Dollar vorgesehen, an denen sich die mongolische Regierung mit 450 Mio. US-Dollar beteiligen will. Von mongolischer Seite ist es sehr erwünscht, eine Wertschöpfungskette für die geförderten Rohstoffe in der Mongolei aufzubauen.

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Sehr zum Missfallen der Mongolen errichtet China zurzeit wenige Kilometer hinter der Grenze auf chinesischer Seite Verarbeitungsbetriebe, die mongolisches Kupfererz abnehmen und aufbereiten. Seit längerem ist ein großer Industriekomplex in Sainshand in der Diskussion, konkrete Projekte zeichnen sich hier jedoch nicht ab. Neben China sind Korea und Japan weitere Absatzmärkte für die mongolische Kupferproduktion. Chancen für deutsche Unternehmen ergeben sich aus dem Bau des geplanten Kraftwerks, aber auch für Angebote zur Weiterverarbeitung der Rohstoffe im Lande sowie im Bereich der Logistik.

Die Transportlogistik des Kupfererzes ist derzeit noch verbesserungsbedürftig. Das Erz wird per Lastwagen im Wesentlichen nach China transportiert. Die Mongolei verfügt über aktuell drei nachgewiesene große Vorkommen (3,3 Mrd. Tonnen Erz, das entspricht 31 Mio. Tonnen Rohkupfer, die Mongolei verfügt damit weltweit über die zweitgrößten nachgewiesenen Lagerstätten).

Wirtschaftliche Verflechtungen des Bergbauunternehmens Oyu Tolgoi

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Konferenz „Invest Mongolia“ In der Zeit vom 3. – 5. September 2012 fand die Konferenz „Invest Mongolia“ statt, die mit einem beeindruckend komplexen Programm und einer nicht minder beeindruckenden Anzahl kompetenter Referenten alle Aspekte der Investitionsmöglichkeiten in der Mongolei beleuchtete. Aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen konnte die Konferenz nur teilweise besucht werden. Entsprechend hierzu nur einige zusammenfassende Stichworte.

Ein Konferenzpanel befasste sich mit der Frage, was außerhalb des Bergbausektors in der Mongolei für ausländische Investoren lohnende Ziele sein könnten. Hierzu wird die Landwirtschaft genannt, die angesichts der kurzen Wachstumsperiode in der Mongolei der High-End-Ausrüstung bedarf, um die Ernte effizient einbringen zu können. Investitionen in Bildungseinrichtungen können ebenso wie die Gesundheitswirtschaft und alle Maßnahmen zur Importsubstitution erfolgversprechend sein. Ein wichtiges Wirtschaftsziel der Mongolei ist die Entwicklung eines Binnenmarktes. Große Investitionschancen werden im Tourismus gesehen, dazu muss aber die Zugänglichkeit von touristisch reizvollen Regionen deutlich erhöht werden. Mehrfach wird betont, dass bei allen Marktbemühungen eine langfristige Perspektive gegeben sein muss. Wer hier investiert, der muss auch hier sein. Solche Vorhaben lassen sich nicht fernsteuern. Die Auswirkungen des neuen Investitionsgesetzes werden nur für Großprojekte gesehen. Handel und Tourismus etwa werden gar nicht davon betroffen sein.

Ein Gesprächspartner merkte kritisch an, dass die Mongolei vor zwei Jahren ein Venture-Capital-Place gewesen ist, während man heute von einem Risk-CapitalPlace sprechen müsse. Die Neigung der Mongolen, abgeschlossene Verträge nachverhandeln zu wollen, hebt das Vertrauen von ausländischen Investoren nicht.

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Verschiedene Hintergrundgespräche mit Vertretern der deutschen Business-Community:

Mongolian Star Melchers Laurenz Melchers, CEO

Laurenz Melchers entstammt einer alten Bremer Kaufmannsfamilie und ist seit 1994 in Ulan Bator tätig. Er ist heute Inhaber der Mercedes-Vertretung und handelt unter anderem mit Chemikalien. Seiner Einschätzung nach ist die Mongolei ein 100 % Committment-Markt, dem man auf keinen Fall nebenbei bearbeiten könne. Er selbst ist auf keinem anderen Markt tätig. Seiner Meinung nach empfiehlt es sich, über einen deutschen Vertriebspartner, der in der Mongolei gut eingeführt ist, Produkte deutscher Mittelständler ins Land zu bringen.

Nomin Holding Gerhard W. Wackenhut, Executive Director, Logistics & Automotive Division

Gerhard W. Wackenhut importiert unter anderem Chevrolet-Fahrzeuge und ist an einem Speditionsunternehmen beteiligt, das unter anderem Kohle aus der Mongolei nach China transportiert. Er schildert die praktischen Schwierigkeiten in der Abwicklung von Geschäften mit mongolischen Partnern.

Wash Stern Mongolia Co., LTD Karsten Köpke, Executive Director

Karsten Köpke verfügt über langjährige Erfahrung mit dem Landwirtschaftssektor der Mongolei und dem Vertrieb von deutschen Produkten im Lande.

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Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ulan Bator Dr. h.c. Peter Schaller, Botschafter

Dr. Schaller betont, dass das deutsch-mongolische Handelsvolumen 2011 gerade mal bei 150 Mio. Euro lag und sich hier deutlich Spielraum nach oben abzeichnet. Das Abkommen zwischen Deutschland und der Mongolei zu Rohstoffen, Industrie und Technologie wird bedauerlicherweise verkürzt wahrgenommen als sogenanntes Rohstoffabkommen. Tatsächlich beinhaltet das Abkommen aber auch die Aspekte Zulieferung zu Bergbauprojekten und Weiterverarbeitung von Rohstoffen. Darüber hinaus sind wichtige Bereiche die Entwicklungen der Infrastruktur, insbesondere Wasser, Müllbeseitigung, Krankenhausausstattung, Elektrizitäts- und Wärmeversorgung. Dazu kommen der Ausbau kommunaler Dienstleistungen, die Sanierung älterer Bauwerke, die Landwirtschaft, der Tourismus und die geologische Erschließung weiterer Rohstofflagerstätten. Er sieht einen erheblichen Markt für hochwertige Konsumgüter für die im Entstehen begriffene gehobene Mittelschicht der Mongolei. An geplanten Großprojekten mit deutscher Beteiligung ist insbesondere eine Kohleverflüssigungsanlage und eine Kokerei zu nennen. Weiter gibt es Projekte zur Entwicklung von Lagerstätten sogenannter seltener Erden.

Zahlreiche Straßenbaumaßnahmen führen zu erheblichen Verkehrsbehinderungen 15


Dr. Schaller betont, dass es aktuell ein sich zunehmend schließendes Window of opportunity von maximal 4 – 5 Jahren für den Zugang zum mongolischen Markt gibt. Wer sich jetzt auf diesem Markt etabliert, wird auch zukünftig dort gute Chancen haben. Institutionell wird der deutsch-mongolische Wirtschaftsaustausch über den Wirtschaftsausschuss, in dem Unternehmen vertreten sind, und der Kommission mit Vertretern der Regierungen (auf deutscher Seite Auswärtiges Amt und BMWFT) organisiert. Bei allen Großprojekten ist eine aktive staatliche Unterstützung unerlässlich. Die neue mongolische Regierung wird sehr stark von Personen mit großer Deutschland-Affinität bestimmt.

Im Rahmen der Reorganisation wird eine Aufspaltung der Ministerien für Bergbau, Industrie und Wirtschaftsförderung erwartet, damit einhergehen wird die Auflösung der FIFTA, deren Aufgaben dann im Ministerium für Wirtschaftsförderung Niederschlag finden. Die Alternative der Mongolei zur Öffnung und Zusammenarbeit mit Europa, den USA und Japan ist es, ein Vasall Chinas zu werden. Dies will die Regierung um jeden Preis verhindern. Trotz hoher personeller Präsenz spielen Japan und Korea zurzeit kaum eine Rolle in der Mongolei. Ein wichtiges gemeinsames deutsch-mongolisches Vorhaben ist der Aufbau einer gemeinsamen Universität, die ihren Schwerpunkt im Bereich Bergbau haben soll. Die Bedeutung des Bergbaus für die Mongolei wird daran deutlich, dass allein die Lagerstätte Oyu Tolgoi 30 % des Bruttoinlandsprodukts erzeugen wird.

Nach Einschätzung des Botschafters ist in der Mongolei die Pressefreiheit weitgehend gegeben. Das Land verfügt über 80 Zeitungen und 45 TV-Sender, die fast ausschließlich im Besitz von Privatpersonen sind. Das Staatsfernsehen gewährt Redaktionsfreiheit. Als gesellschaftliche Herausforderung wird die zunehmende Landflucht gesehen, die sehr bald dazu führen kann, dass 80 % der Mongolen in einem halben Dutzend städtischer Agglomerationen leben werden – das heißt ein Land in der Größe Westeuropas wäre weitgehend menschenleer. Der Botschafter regt an, auf der nächsten Messe „Future Mongolia“ einen NRW-Tag vorzusehen, der spezielle Angebote zum Match-Making für NRW-Unternehmen vorsieht.

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VF Messen GmbH, München Stephan A. Fischer Stephan A. Fischer hat die erste Ausgabe der Messe „Future Mongolia“ im April d. J. veranstaltet. Angesichts einer Zahl von über 30 Ausstellern aus Nordrhein-Westfalen ist er gegenüber dem Gedanken eines speziellen NRW-Tages auf der nächsten „Future Mongolia“ (19. – 22. Juni 2013) ausgesprochen aufgeschlossen. Er empfiehlt eine Kontaktaufnahme zu NRW.International GmbH, die bereits die erste „Future Mongolia“ intensiv unterstützt hat.

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Dr. Stefan Hanselmann

Die GIZ ist vor Ort Partner im integrierten Rohstoffprogramm und nimmt darüber hinaus auch weitere GIZ-spezifische Aufgaben wahr. Im GIZ-Gebäude ist das German Center of Excellenz angesiedelt. Dies ist eine Vorstufe zu einem „Deutschen Haus“ (gemeinsam zu nutzende Ausstellungsräume, Sekretariatsdienst, Telekommunikation). Um das Ankerunternehmen Voith herum haben sich bereits mehrere Firmen in diesem Center angesiedelt. Ziel ist ein Cluster aus Transport, Antriebstechnik und Bergbau. Die vorhandenen Firmen sollen insoweit ergänzt werden, dass sie Komplettlösungen für den gesamten Rohstoffbereich anbieten können.

Dr. Hanselmann betont, dass die Erschließung des mongolischen Marktes einer mittelfristigen Perspektive von drei bis fünf Jahren bedarf. (Die politische Struktur ist ausgesprochen heterogen, es gibt mehrere Machtzentren, die um traditionelle Clanstrukturen herum entstanden sind, die sich politisch und wirtschaftlich betätigen.) Die mongolischen Unternehmen sind in der Regel immer in einer ganzen Reihe Branchen tätig (Öl, Lebensmittel, Gebrauchtwagen, Hotels u. v. a. mehr). Die Unternehmen gruppieren sich um Familien herum, einzelne Personen haben häufig eine ganze Reihe von Firmen, entsprechend unübersichtlich sind die Strukturen.

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Bei den leitenden Mitarbeitern muss man mit einer hohen Fluktuation rechnen. Als einige der wichtigen Unternehmensgruppen sind zu nennen: MCS (Energie- und Rohstoffe), Newcom, Mongolian Alt Company MAC, Nomin (Logistik, Handel), MaxGroupe, Bodi-Groupe, Chono-Groupe (Eigentümer des Hotel- und Konferenzzentrums „Blue Sky Towers“) und Investment Corporation of Mongolia ICM.

Der Blue Sky Tower ist das neue Wahrzeichen Ulan-Bators

Deutsche Unternehmen treffen bei ihren Verhandlungen auf zunehmend selbstbewusste mongolische Gesprächspartner. Ausländer sind in gemeinsamen Projekten nur noch als Juniorpartner erwünscht. Die Forderung, die Wertschöpfungskette im Lande zu halten, wird deutlich artikuliert.

Das Beispiel eines Windparks mit 50 Megawatt Leistung, der von Newcom privat gebaut und von mongolischen Ingenieuren selbstständig konzipiert wird, macht deutlich, dass Mongolen ein derartiges 100 Mio. US-Dollar-Projekt inzwischen selbstständig stemmen können.

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Es ist für jedes Geschäftsvorhaben absolut und unmittelbar tödlich zu glauben, man könnte die Mongolei von China aus „miterledigen“. Für die Konzeption künftiger Unternehmerdelegationen rät Dr. Hanselmann davon ab, mit Multibranchengruppen anzureisen, er empfiehlt, besser mit einer kleinen Gruppe von Unternehmensvertretern in die Mongolei zu kommen, die aber gemeinsam Kompetenzen für die Lösung bestimmter Probleme haben. Die Mongolei ist seiner Überzeugung nach ein einzigartiges Land, das mit keinem anderen zu vergleichen ist. Dem muss man bei der Markterschließung Rechnung tragen und die kulturellen, ethnischen, wirtschaftlichen und historischen Besonderheiten berücksichtigen. Präsenz und Ausdauer sind wichtige Voraussetzungen für den Markterfolg. Als Minimum muss ein Unternehmer zweimal jährlich vor Ort sein und dabei beispielsweise Informationsveranstaltungen mit technischen Vorträgen durchführen. Solche Veranstaltungen können von der GIZ durch geeignete Einladungen unterstützt werden. Hierfür stehen auch die GIZ-Räume zur Verfügung.

Bedauerlicherweise hat die Rohstoffpartnerschaft mit Deutschland bislang keine konkreten Projekte generiert. Hierfür gibt es eigentlich keine rationalen Gründe. Speziell Deutschland hatte als Wunschpartner der Mongolen ein großes Window of Opportunity, das sich aber gerade schließt. Ausländische Unternehmen, die keine Finanzierung für ihre Projekte mitbringen, haben es beim Markteintritt schwer.

Interessante Möglichkeiten sieht Dr. Hanselmann für die Weiterverarbeitung von Gold, dies kann einerseits für technische Anwendungen aufbereitet werden, zum anderen ist aber auch eine eigenständige mongolische Schmuckindustrie denkbar. Unterschätzt wird die Bedeutung der Flußspat-Vorkommen in der Mongolei, die wegen ihrer Bedeutung für die Aluminiumherstellung weltweit Nachfrage finden.

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Bausubstanz aus der Sowjet-Ära

Weitere Geschäftsmöglichkeiten werden in der Verarbeitung von Schafswolle (Wertschöpfungskette Wolle) gesehen, hier ist Filz als Dämmstoff etwa auch für die Automobilindustrie denkbar. Traditionelle Stickereien können auf dem Weltmarkt Absatz finden.

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Mongolian National Chamber of Commerce and Industry (MNCCI) Frau Magvan Oyunchimeg, Vice Chairperson

sequa gGmbH Rolf Speit, Adviser

Deutsch-Mongolischer Unternehmerverband Thomas Kuball, Geschäftsführer, CIM-Experte

Reinberg LLP Rechtsanwälte – Steuerberater Marcus Reinberg, Honorary Representative des MNCCI in Hamburg und Honorarkonsul in Hamburg

Die IHK Ulan Bator unterhält seit langer Zeit eine Kooperation mit Deutschland. Bei der IHK ist ein sequa-Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zum sogenannten Capacity-Building angesiedelt. Ziel dieses Projektes ist es, mongolische Unternehmen in den Stand zu versetzen, ihre Geschäfte effizient abzuwickeln. 21


Von Ulan Bator aus erfolgt die Koordinierung dieser Projekte für die 20 lokalen Industrie- und Handelskammern, die es in der Mongolei gibt. Ein wichtiges Projekt ist die sogenannte Foreign Trade Academy, dabei integriert der CIM-Experte die verschiedenen internationalen Hilfsangebote, die von der EU, der Schweiz und verschiedenen EU-Ländern angedient werden. In diesen Programmen sind unter anderem Mitarbeiter des Senior-Experten-Service im Einsatz. Speziell die Niederlande sind sehr aktiv bei der Unterstützung des Aufbaus von Unternehmen insbesondere in der Landwirtschaft. Mit Hilfe der IHK Berlin haben die Generalsekretäre und Präsidenten der mongolischen IHKs intensive Trainings erhalten.

Seit 2006 gibt es ein Partnerschaftsprogramm zwischen dem Deutschen Industrieund Handelskammertag und der MNCCI. Ziel dieses Programmes ist es, die lokalen Kammern als örtlich zuständige Ansprechpartner für Unternehmen und als Start-upHelfer zu etablieren.

Insgesamt gibt es ungefähr 130 Projekte, deren Ziel die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut ist.

Armut und Arbeitslosigkeit in der Mongolei

Einige der Projekte beschäftigen sich mit dem Anbau und der Weiterverarbeitung von Sanddorn, mit dem Ziel marktfähige Produkte zu entwickeln. Das Volumen des Projekts lag bei 1,4 Mio. Euro über sieben

Bevölkerungsanteil,

2010

2011

39,2 %

29,8 %

13 %

9%

der nach Weltbank als arm gilt Arbeitslosigkeit

Quelle: Weltbank

Jahre, dabei wurden rund 1 500 Personen geschult und insgesamt zwischen 200 und 300 Arbeitsplätze geschaffen.

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Zur Situation der Industrie- und Handelskammern in der Mongolei: Es besteht freiwillige Mitgliedschaft, der tatsächliche Organisationsgrad ist unbekannt und die Beitragszahlungen fallen sehr unterschiedlich aus. Entsprechend finanzieren sich die mongolischen IHKs im Wesentlichen durch Projekte von Nicht-Regierungsorganisationen, der Durchführung von Messen und dem Angebot verschiedener Dienstleistungen. Die IHKs in der Mongolei haben auch hoheitliche Aufgaben wie das Ausstellen von Ursprungszeugnissen und Carnets. Berufsbildung ist keine Aufgabe der IHKs, das übernehmen landesweit 46 Berufsschulen. Nach Schätzungen gibt es in der Mongolei 50 000 aktive Unternehmen, von denen 10 000 offiziell registriert sind, davon sind ungefähr 15 % in Kammern und Verbänden organisiert. Eine enge Verknüpfung zwischen der Kammerorganisation und der Politik ist in der Person des Präsidenten und CEO der MNCCI, Herrn Demberell, gegeben, der auch gleichzeitig Parlamentsabgeordneter ist.

„Ulaanbaatar Railway“ Mongolian Russian Joint Stock Company Herr T. Ochirkhuu, Chairman Herr G. Vandandagva, Deputy chief Department of Technical policy and Design, Technical Policy Consultant of the Chairman

(v.l.n.r. Prof. Heinrich A. Große-Sender, T. Ochirkhuu, Dr. Hans-Peter Merz, G. Vandandagva) 23


Der Schienentransitverkehr zwischen China und Russland hat für die Mongolei eine erhebliche Bedeutung. Der Vorteil der Mongolei ist es, dass die kürzeste Verbindung zwischen Europa und China die Transmongolische Eisenbahn darstellt. Große Wettbewerber um das chinesisch-europäische Frachtaufkommen sind Kasachstan (via Urumqi) und Russland (via Wladiwostok).

Es besteht großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit deutschen Firmen zum Aufbau einer Verkehrslinie Deutschland – Russland – Mongolei – China. Auch für China ist diese Verkehrslinie von großem Interesse. Es liegen Studien vor, wonach der Transport von Koks aus der Mongolei über das russische Schienennetz nach Europa wirtschaftlich ist. Die Be- und Entladung von Containern ist sowohl in Ulan Bator als auch an anderen Bahnhöfen in der Mongolei möglich. Tatsächlich benötigt ein Container über den Seeweg von Ulan Bator nach Europa sechs Wochen, während dieser Transport über die Eisenbahn in zwei Wochen abgewickelt werden kann.

Die Transmongolische Eisenbahn wird mit diesel-elektrischen Lokomotiven betrieben.

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Zurzeit werden pro Jahr 20 Mio. Tonnen Fracht über die Transmongolische Eisenbahn abgewickelt, technisch möglich sind gegenwärtig maximal 25 Mio. Tonnen pro Jahr. Erwartet wird ein Frachtaufkommen bis zu 50 Mio. Tonnen in den nächsten Jahren. Entsprechend ist eine Verdoppelung der Kapazitäten nötig. Dies soll entweder durch eine Verbesserung der Signalinfrastruktur oder durch den Bau einer zweiten Spur erfolgen. Es besteht eine Generalplanung für die weitere Entwicklung des Schienenverkehrs in der Mongolei. In einer Endausbaustufe soll das Netz 5 000 Kilometer umfassen. Chancen für eine deutsche Beteiligung werden beim Bau neuer Strecken gesehen, bei der deutsche Unternehmen insbesondere die Planung und die technische Überwachung vornehmen könnten. Weitere Möglichkeiten gibt es im Bereich der Signalisation und der Fachkräfteausbildung. Der künftig zu erwartende Rohstoffabbau erfordert ferner einen Ausbau der Kapazität an Lokomotiven und Waggons. Es besteht großer Bedarf an Gleisbau- und Reparaturanlagen sowie an technischen Studien.

Ein Grundproblem des europäisch-chinesischen Eisenbahnverkehrs liegt in der unterschiedlichen Spurweite der Schienenstränge, die in China und Europa bei 1435 mm und in Russland und der Mongolei bei 1520 mm liegen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, alle transportierten Waren zweimal umzuladen. Die Fahrzeuge der Transmongolischen Eisenbahn werden mit Diesel betrieben, eine Elektrifizierung der Strecken ist zurzeit kein Thema, weil Strom bis auf weiteres hierfür zu teuer ist.

Der Personenverkehr auf der Transmongolischen Eisenbahnstrecke liegt im Moment bei rund vier Mio. Passagiere pro Jahr und ist tendenziell eher rückläufig. Die Waggons sind in schlechtem Zustand, 60 % des rollenden Materials ist über 30 Jahre alt. Ersatzbeschaffung wird in China und Russland durchgeführt. Geplant ist eine Privatisierung von Transportleistungen und Wartung speziell für den Passagiertransport. Ausrüstungsmaterial und Ersatzteile werden über einen Vertreter der „Ulaanbaatar Railway“ Mongolian Russian Joint Stock Company in Berlin eingekauft.

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Messe „Mongolia Mining“

Freifläche der Messe „Mongolia Mining“ Über 200 Firmen haben sich auf der „Mongolia Mining“ vom 05. – 07.09.2012 mit einem Stand präsentiert, davon etwa ein Dutzend Firmen aus Deutschland sowie einige weitere Firmen mit deutscher Beteiligung, die aber dem mongolischen nationalen Kontingent zugerechnet wurden. Aus Gesprächen mit Ausstellern geht ein eher verhaltener Optimismus hervor. Der Besucherzustrom ist nicht so stark gewesen wie erwartet, dennoch gilt es als wichtig, hier Flagge zu zeigen, auch wenn mit konkreten Abschlüssen nicht zu rechnen ist. Zielführende Gespräche wurden zum Teil auch außerhalb der Messe direkt mit potenziellen Partnern geführt.

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Goethe-Institut Verbindungsbüro Mongolei Sebastian Woitsch, Direktor Therese Eckardt, Leiterin der Sprachenabteilung

(Therese Eckardt und Sebastian Woitsch)

Das Goethe-Institut hat in Ulan Bator zwölf Mitarbeiter. Sprachkurse werden kostenpflichtig angeboten. Seit 2010 lernen 150 Personen pro Jahr Deutsch, dies sind zumeist Studenten, die in Deutschland studieren wollen. Zwei DAAD-Lektoren an der pädagogischen Universität und am Fachbereich Geisteswissenschaften der Universität von Ulan Bator verstärken das deutschsprachige Angebot.

2010 haben in der Mongolei rund 2 600 Personen an Schulen und Universitäten Deutsch gelernt, die Tendenz ist steigend. An zehn Schulen in der Mongolei wird Deutsch als Fremdsprache angeboten. Aktuell gibt es schätzungsweise 25 000 Menschen in der Mongolei, die Deutsch sprechen. Ansonsten ist die Verhandlungssprache mit Ausländern generell Englisch. Im Wettbewerb um Auslandsstudenten steht Deutschland in Konkurrenz zu den USA, die sehr großzügig Stipendien für ein Studium in den Vereinigten Staaten vergeben. 27


In Ulan Bator sind mit eigenen Sprachinstituten Russland, China, Taiwan und Frankreich vertreten. Aufgrund einer 30 000 Menschen umfassenden mongolischen Diaspora in Korea spielt auch diese Sprache für die Mongolei eine erhebliche Rolle.

Konrad-Adenauer-Stiftung Johannes D. Rey, Repräsentant Mongolei

Die Aufgabe der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in der Mongolei ist die Beratung von Parteien beim Organisationsaufbau. Wichtiges Arbeitsziel ist die Förderung der sozialen Marktwirtschaft. Die KAS betreibt politische Bildung in allen Teilen der Mongolei. Dem Nomadentum wird keine wesentliche Zukunft vorausgesagt; schon jetzt lebt die Hälfte der Bevölkerung in einigen wenigen Städten. Die sogenannte Politik des Dritten Nachbarn ist für die Mongolei tatsächlich essentiell. Abgesehen von der Beteiligung an der Transmongolischen Eisenbahn und der Lieferung von Dieselkraftstoff befindet sich Russlands Einfluss auf die Mongolei im Schwinden. Entsprechend hat China inzwischen einen nahezu uneingeschränkten Einfluss auf die Mongolei.

Moderne Hochhaussiedlungen prägen zunehmend das Stadtbild 28


Allgemeine Betrachtungen Ulan Bator ist von erheblicher Bautätigkeit geprägt, es entstehen ganze Stadtviertel neu, die Geschosshöhe von Hochhäusern liegt zwischen 20 und 25 Stockwerken. Die neue Mittelklasse lebt in gated communities, die Bausubstanz dort erscheint als sehr gut, die Innenausstattung als ausgezeichnet. Der Straßenverkehr ist enorm. Die vorhandene Straßeninfrastruktur ist ausgesprochen desolat. Die Verfügbarkeit von Taxen ist schlecht. Für Geschäftsreisende empfiehlt es sich daher, nach Möglichkeit ein zentral gelegenes Hotel zu nutzen oder einen Wagen mit Fahrer anzumieten.

Smog über Ulan Bator

Ulan Bator liegt auf einer Ebene in 1300 m Höhe und ist von 2500 m hohen Bergen umgeben. In diesem Talkessel sammeln sich nicht nur die Abgase der Kraftfahrzeuge, sondern auch die Emissionen von mehreren innerstädtischen Kraftwerken. Die Luftqualität ist bedenklich. Der Stadtkern ist umgeben von einem breiten Gürtel von Einfachbehausungen.

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Diese Siedlungsform ist der rapiden Landflucht geschuldet. Auch wenn Kanalisation und Wasserversorgung zu großen Teilen fehlen, sollte man diese Siedlungen jedoch nicht als Slums einordnen. Das städtische Leben erscheint als ausgesprochen lebhaft, eine Vielzahl von Gaststätten wird stark frequentiert.

Zuwanderer aus ländlichen Regionen siedeln sich in einfachen Hütten an

Stadtzentrum von Ulan Bator 30


Schlussfolgerungen Die Mongolei bietet aufgrund der großen Rohstoffvorkommen, die jetzt aktiv erschlossen werden, eine Reihe von Geschäftschancen auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Hierzu gehören Speziallösungen im Bergbaubereich, Bauzulieferungen, Infrastrukturmaßnahmen und Umweltschutz. Eine wachsende wohlhabende Mittelschicht wird vermehrt nach Konsumgütern wie Kraftfahrzeuge, Wohnausstattungen, modische Kleidung und Lifestyle-Produkten verlangen. Deutschland ist grundsätzlich Wunschpartner der Mongolen. Wer sich für diesen Markt interessiert, sollte allerdings nicht zu lange mit einem Einstieg warten. Viele Mongolen haben in Deutschland studiert und sprechen unsere Sprache zum Teil sehr gut. „Made in Germany“ hat einen ausgezeichneten Ruf. Andererseits ist die Mongolei ein Markt, der 100 % Aufmerksamkeit braucht und keinesfalls nebenher erledigt werden kann. Klassische Großhandelsstrukturen, die man beliefern könnte, existieren bislang nicht. Eine Möglichkeit, in den Markt einzudringen, ist der Vertrieb über deutsche Geschäftsleute, die sich langfristig in der Mongolei niedergelassen haben.

Die IHK Mittleres Ruhrgebiet plant für 2013 die Durchführung einer weiteren Informationsveranstaltung zu Geschäftschancen in der Mongolei.

Ulan Bator zwischen Tradition und Moderne 31


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