Nina Terhardt Möbeldesignerin
FOTOS: MANFRED POLLERT, CHRISTA HENKE
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Fragen an ...
Gestaltet „Dinge, die einfach nur mehr sind als hübsch“: Nina Terhardt STADTBLATT: Woher kommt Ihre Begeisterung für den Werkstoff Holz? NINA TERHARDT: Meine Eltern waren Goldschmiede, das Handwerkliche habe ich wohl mit in die Wiege gelegt bekommen. Noch heute verbinde ich mit Holz vor allem Natürlichkeit und Bodenständigkeit, obwohl ich nicht ausschließlich mit Holz arbeite. STADTBLATT: Erinnern Sie sich an Ihr erstes, selbstgebautes Möbelstück? NINA TERHARDT: Als kleines Mädchen waren das Häuser und Möbel für meine Barbie Puppen (lacht). Das erste „richtige“ Stück müsste ein kleiner SofaTisch gewesen sein, für eine Freundin. Vier Kanthölzer, eine MDF-Platte, fertig! STADTBLATT: Nachdem Sie in einer Tischlerei gelernt und gearbeitet haben, begann die Zeit als Raumgestalterin und Dekorateurin. Wieso dieser Wechsel? NINA TERHARDT: Interesse an Räumen und Raumgestaltung hatte ich schon immer, schließlich müssen die Möbel ja auch ihren Platz finden. Auch heute entwerfe und baue ich speziell für die jeweilige Raumsituation des Kunden. Fast jeder Mensch hat in seiner Wohnung eine Ecke, mit der er nicht komplett zufrieden ist. STADTBLATT: Was haben Sie aus dem Industrial Design Studium mitgenommen? NINA TERHARDT: Etwa wie man Produkte gestalten muss, damit sich neben
ihrer Funktionsfähigkeit auch die emotionale Begehrlichkeit erhöht. Das Sideboard Quercus z.B. erfüllt funktional die Ansprüche eines Flurmöbel: Stauraum für Schuhe und Kleinkram. Aber es bedarf auch eines gewissen Spieltriebes, um zu entdecken, auf welche Art man es überhaupt öffnet. Es geht mir immer darum Dinge zu gestalten, die mehr sind als einfach nur hübsch. STADTBLATT: Heute bieten Sie den Rundum-Einrichtungsservice an. Entwurf, Bau und Komposition der jeweiligen Stücke fallen allein in Ihre Hände? NINA TERHARDT: Ja, seit März bin ich selbstständige Designerin im Bereich Interior. Es gibt im Grunde zwei Wege. Entweder entscheidet man sich für ein Modell, das es schon gibt oder man kommt mit den Kunden ins Gespräch und entwickelt gemeinsam das für ihn passende Möbel. Gefertigt wird dieses dann weitestgehend von mir selbst oder meinen Partnern. STADTBLATT: Kaufen Sie eigentlich noch bei IKEA? NINA TERHARDT: Ich habe überhaupt nichts gegen IKEA-Möbel. Nur wächst man irgendwann wohl aus dem IEKAAlter heraus und möchte seinen Lebensraum individueller gestalten. STADTBLATT: Was ist ein „Lieblingsstück“? NINA TERHARDT: Ein Gegenstand, der nur dir gehört und Geschichten er-
zählen kann. Ein Rotweinfleck erinnert so etwa an einen schönen Abend, den man nicht vergessen möchte. Kleine Gebrauchsspuren oder die ganz individuelle Maserung natürlicher Hölzer – das macht ein Lieblingsstück aus! STADTBLATT: Welches Projekt liegt Ihnen ganz besonders am Herzen? NINA TERHARDT: Das ist wohl die Massivholzküche Capulet. Für den Look haben mich alte Radios aus den Fünfzigern inspiriert. Der Korpus ist aus einem Stück gefertigt und kommt ohne Furnier-Elemente aus. Es gibt keine Griffe, sie ist komplett mit einer PushTo-Open-Technik zu bedienen. Ich konnte hier letztlich ganz viele Ideen umsetzen. STADTBLATT: An was wird derzeit geschraubt? NINA TERHARDT: Ich habe gerade ein Bett fertiggestellt, aber ohne zu schrauben (lacht). Es lässt sich einfach zusammenstecken, quietscht und wackelt nicht. STADTBLATT: Haben Sie einen Einrichtungstipp für Menschen wie mich, die nicht fähig sind, ihre Möbel selbst zu bauen? NINA TERHARDT: Kauft Dinge, die euch wirklich gefallen, auch wenn sie vielleicht etwas mehr kosten. Ein Zuhause sollte ein Ort sein, in dem man sich absolut wohl fühlt und nicht etwas, das auf Kompromissen basiert. INTERVIEW: MARCO BÄCKER