bühne Folge dem weißen Kaninchen: hier macht auch der Marterpfahl noch Spaß
Anarchie im Wilden Westen Bei den FreilichtSpielen Tecklenburg wird das Musical nach Bully Herbigs Film „Der Schuh des Manitu“ erstmals Open Air aufgeführt – mit einer Top-Besetzung.
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em Comedian, Regisseur, Schauspieler, Produzent und Drehbuchautor Michael Bully Herbig gelang 2001 mit der Western-Parodie „Der Schuh des Manitu“ ein unglaublicher Erfolg. Die Persiflage auf altgeliebte, aber klischeebeladene Karl-May-Verfilmungen und Italo-Western wurde zum erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilm mit fast 12 Millionen Kinobesuchern und einem Umsatz von 65 Millionen Euro. Wer diesen Film gesehen hat, weiß, was ihn erwartet. Und der bei weitem größte Teil des Publikums scheint Bully-Fan zu sein. Schon vor Beginn der Vorstellung fliegen Filmzitate hin und her, während der Show warten viele auf das Stichwort für den nächsten Gag, und der Song aus der SuperPerforator-Werbung wird ebenso herbeigesehnt wie der Auftritt des Austausch-Indianers aus Griechenland. Und man wird nicht enttäuscht: die Gags sitzen, einige Darsteller sind aus
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der 12. Reihe optisch kaum von ihren Filmvorbildern zu unterscheiden. Besonders gelungen: die Darstellungen von Eric Minsk als SchoschonenHäuptling Listiger Lurch (die Rolle hatte er auch schon bei der Premiere des Musicals in Berlin 2008) und Werner Bauer, der als Abahachi genauso aufgedreht durch die Kulisse hoppelt wie Bully in der Filmvorlage. Neben ihm sieht Ex-Superstar Alexander Klaws als sein Blutsbruder Ranger leider etwas blass aus. Für diesen albernen Stoff ist sein Spiel recht steif und theatralisch. Doch der Gesang beeindruckt, ebenso wie der kleine Stunt, bei dem er knapp drei Meter vom Dach des Saloons fällt. Aber die wahren Publikumslieblinge sind, wie fast zu erwarten, zwei andere: André Haedicke als Abahachis schwuler Zwillingsbruder Winnetouch und Thomas Hohler, der als Grieche Dimitri unglaublich komisch ist. Bei seinem Lied „Ich trinke Ouzo“ klatscht das Publikum laut mit und lässt sich fast zu einem Sirtaki hinreißen. Und
Ranger im Glück auch als er später über Zuschauerbänke klettert und das Benehmen der Gäste mit dem liebenswerten, aus der Bully-Parade bekannten Fehlersprach kommentiert, hat er die Lacher auf seiner Seite. Eigentlich merkt man allen Hauptdarstellern ihre Professionalität an. Die meisten von ihnen verfügen über eine Gesangs- oder Musicalausbildung und jahrelange Bühnenerfahrung. Aber auch das Amateurensemble muss sich nicht verstecken: Indianerinnen, Saloongirls und die „Mitglieder einer Bande hartgesottener, verwegener Burschen“ überzeugen mit ihrem Gesang und Tanz. Absolutes Highlight: die Wiederauferstehung des Indianer-Opas „Grauer Star“ mit einer mitreißend witzigen Version des Gangnam-Style. Da wird der wilde
Westen zur Disco – inklusive Glitzeroutfit und Sonnenbrille. Überhaupt sind die Kostüme und vor allem das Bühnenbild genauso einfallsreich und genial durchdacht, wie man es von den Tecklenburger Produktionen kennt und erwartet – und die doch jedes Mal wieder überraschen und begeistern. Nach fast drei Stunden ist der verrückt-bunte, herrlich alberne Spaß, in dem auch noch tanzende Kakteen und natürlich eine rosa Ranch eine Rolle spielen, vorbei. Und nach diesem äußerst unterhaltsamen Abend lautet mein Fazit, angelehnt an den bekannten Ausspruch Rangers: „Ich bin mit der Gesamtsituation zufrieden!“ NINA BARTHOLOMAEUS
P 1., 2., 10., 11., 15., 16., 24., 25.8., FreilichtSpiele Tecklenburg