Stadtblatt 2013.06

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FOTO: JUDITH KANTNER

umwelt

Ohne Liebe droht der Tod

Stephan Gohmann: „Bienensterben? Nicht hier bei uns!“

Alle reden vom Bienensterben. Also haben wir nachgefragt : Fliegt auch in Osnabrück bald niemand mehr Pollen und Nektar an?

b

ei Karel Gott ist die Bienenwelt ja noch in Ordnung: „Wenn ich an einem schönen Tag / Durch eine Blumenwiese geh / Und kleine Bienen fliegen seh...“ Klar, Maja, das herzige Zeichentrickinsekt. Das gerät zwar auch ab und zu mal in Gefahr, aber am Ende ist natürlich immer alles gut.

Die Realität sieht anders aus. Denn was die 750.000 Honigbienenvölker erleben, die es bundesweit gibt, betreut von rund 95.000 Imkern, bezeichnet die aktuelle Greenpeace-Studie „Bye bye Biene? Das Bienensterben und die Risiken für die Landwirtschaft in Europa“ als „besorgniserregend“. Es gibt zwar eine Bienenschutzverordnung. Aber die ist zu lasch, sagen viele Imker. Und um Wildbienen kümmert sie sich erst gar nicht. Allein die Honigbiene. Die Biodiversität ihrer Lebensräume schwindet: Industrielle Monokultur-Agrarlandschaften führen zu einseitiger Ernährung. Hinzu kommen genveränderte Pflanzen. Parasiten wie die Varroamilbe. Unregelmäßigere Wetterereignis-

se als Folgen des Klimawandels. Stress durch Mobilfunk-Elektrosmog. Luftverschmutzung. Unkrautbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel. 453 Imker sind in Stadt und Landkreis Osnabrück registriert, rechnet Veterinärdienstler Dr. Günter Fischer vor, mit derzeit 2996 Völkern. Herrscht auch hier das große Sterben? Stephan Gohmann, Zuchtwart der Imker-Fachvereinigung Osnabrück: „Es gibt Verluste, klar. Manches Volk kommt nicht über den Winter. Aber das war immer schon so. Mit dem Bienensterben hat das nichts zu tun. Das sind meist individuelle Fehler.“ Gohmann setzt auf „vernünftige Völkerführung“: naturnahe Haltung, viel Zuwendung, keine Antibiotika. Warum in

GR Ü N E GES I C HT ER

Judith Wiechmann, Aktivistin der Tierschutzorganisation PETA 22 STADTBLATT 6.2013

Ich engagiere mich für Natur, Umwelt (und Tierschutz), indem... ich auf tierische Produkte verzichte und an Protestaktionen gegen die Ausbeutung von Tieren teilnehme. Eine meiner spannendsten Aktionen ist... es immer wieder, über die Hunderettung.com Tiere aus spanischen Tötungsstationen zu retten und bei ihrer Vermittlung zu helfen. Wenn mich jemand fragt, was er für die Umwelt tun kann, antworte ich

den USA Imker bis zu 80 Prozent ihrer Bienen verlieren – pro Jahr? „Da rächt sich, dass das oft Massenbetriebe sind. Die reisen mit Tausenden von Völkern durchs Land. Zwischen Kälte und Wärme hin und her. Von Monokultur zu Monokultur. Sehen nur auf Ertrag und Profit. Intensiv um die Tiere kümmern die sich nicht.“ So zeigt es auch „More than Honey“, Markus Imhoofs Bienensterben-Dokumentarfilm von 2012. Gohmanns Völker stehen zuhause im Garten, in der Stadt. Das ist ihr Vorteil: „In der Stadt werden nicht so viele Chemikalien ausgebracht wie auf Landwirtschaftsflächen.“ Gohmann ist Hobbyimker. Wie 80 Prozent der deutschen Imker. Nur wenige haben mehr als 20 Völker. Viele dagegen weniger als fünf. Wie Uli Schubert. Auch bei ihm stehen „die Beuten“, seine Stöcke also, im Garten, in der Stadt. Das heißt: Im Moment hat er gar kein Volk. „Beide letzten Winter kaputtgegangen. Hat aber nichts mit dem Bienensterben zu tun.“ Gohmann und Schubert verkörpern das „urban beekeeping“. Schubert: „Da muss schon viel Liebe drinsein, sonst wird das nichts.“ Entwarnung also? Dr. Werner von der Ohe, Institut für Bienenkunde, Celle: „Wirklich gravierende Probleme hatten wir in der Region Osnabrück noch nie. Sehr versierte Imker dort. Und jedes Jahr werden es mehr, mit mehr Völkern.“ In Nordamerika, ja, da sehe es düster aus. In China. Teils auch in Italien, Frankreich, Österreich... Also kein Völkerkollaps in Deutschland? Falsch. Allein im Winter 2009/ 2010 starben 200.000 Völker. Und Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes, selbst schon mit „Bergen von Bienenleichen“ konfrontiert, nimmt kein Blatt vor den Mund. Was er vom „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ hält, Mitte April 2013 von der Bundesregierung verabschiedet? „Zahnloser Papier-Tiger!“ HARFF-PETER SCHÖNHERR

So geht Umweltschutz

als erstes.... dass ein Verzicht auf tierische Produkte notwendig ist, um Klima, Tiere und Menschen zu schützen. Denn die Herstellung tierischer Produkte ist einer der wesentlichsten Faktoren der Klima- und Umweltzerstörung. Einer der größten Umweltsünder ist für mich... der Betreiber von Mastanlagen in der Intensivtierhaltung. Wenn ich Bundesumweltministerin wäre, würde ich...

mit gutem Beispiel voran gehen und Rad statt teurem Auto fahren. Mir gibt Hoffnung... dass die vegane Ernährung gerade „in aller Munde“ ist. Ich wünsche mir eine Welt, in der... jedes Geschöpf respektiert und mit Mitgefühl behandelt wird. Tiere sind für mich... Lebewesen, die genauso fühlen und lieben können wie Menschen. INTERVIEW: HARFF-PETER SCHÖNHERR


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