UZ 3 2015

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UNTERNEHMER ZEITUNG

Nr. 3, März 2015 21. Jahrgang, Fr. 8.– www.unternehmerzeitung.ch

Mobilität im Wandel Das Wasserstoffauto und andere Weltneuheiten verändern unser Mobil-Verhalten. Und was ist Ridesharing? Mehr darßber ab Seite 10

INTERVIEW ETH-Professor Didier Sornette bleibt trotz Frankenstärke optimistisch fßr die Schweizer KMU. Lesen Sie weshalb, auf Seite 8

INDIEN will China als Wachstumslokomotive Ăźberholen. Die Hoffnungen ruhen auf Premier Modi. Seite 20

GELD Die von der UZ als Langfristanlagen empfohlenen ausserbĂśrslichen Aktien haben sich gĂźnstig entwickelt. Der OTCHandel auf Seite 26

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INHALT

EDITORIAL

Ist die Schweiz noch ein sicherer Hafen? Der Schock ist gross gewesen an jenem 15. Januar, als die Nationalbank den Mindestkurs zum Euro aufhob. Fünf Wochen später gibt es noch keinen Grund für Entwarnung, aber doch ein paar interessante Beobachtungen. Die eine: Die befürchtete Parität hat sich nicht eingestellt. Der Kurs hat sich ohne das (sichtbare) Zutun der Nationalbank auf über 1,05 Franken zum Euro eingepegelt. Die grossen Ausschläge der ersten Tage nach der SNB-Entscheidung sind einer relativ deutlichen Stabilität gewichen. Die andere Beobachtung: Die Forderungen an die öffentliche Hand, den Unternehmen Hilfeleistungen zu gewähren, sind diesmal ausgeblieben. Kein Konjunkturprogramm, nicht mal eine Verdopplung des Budgets der Innovationsförderbehörde KTI. Beides deutet darauf hin, dass der Schock eigentlich eher eine Schrecksekunde war, in der Substanz aber nicht sehr tief reicht. Ein freier Wechselkurs passt eben besser zu einer offenen Volkswirtschaft mit einer eigenen Währung als ein teurer Mindestkurs. Und offensichtlich können sich die meisten Unternehmen mit der neuen Lage arrangieren. Etwas anderes sollte eigentlich beunruhigen. Obwohl das Gespenst eines Auseinanderbrechens der Eurozone durch den Kontinent geistert und die Europäische Zentralbank die Märkte flutet, fliessen keine Riesenströme an Euros in die Schweiz. Das ist spürbar anders als bei Ausbruch der Finanzkrise 2008 und dem Ausbruch der Eurokrise 2010. Heisst dies, dass die Schweiz nicht mehr als sicherer Hafen wahrgenommen wird? Hinterlassen all die abrupten Politikänderungen der vergangenen Jahre – Stichwort Abzocker-Initiative und Zukunft der Bilateralen – bereits ihre Spuren? Ruhe an den Devisenmärkten freut den Werkplatz. Aber wenn diese Ruhe darauf zurückzuführen wäre, dass die Schweiz nicht mehr als Hort der Stabilität wahrgenommen wird, dann muss das auch den Werkplatz beunruhigen. Denn Stabilität war eine der Stärken des Hochlohnlandes Schweiz. Vielleicht spielt die Musik künftig ja anderswo. Zum Beispiel in der Eurozone, deren grösste Volkswirtschaft Deutschland wieder Fahrt aufnimmt.

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WIRTSCHAFT Konjunkturumfrage 1/2015

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EUROPA Europäischer Forschungsrat Griechenlandkrise

18 19

EXPORT Wachstumslokomotive Indien

20

CLEANTECH.CH Plastikmüll im Meer Energiewende in Dänemark Energie im Eis

22 23 24

GELD OTC-Handel Startup-Finanzierung EU-Aktien

26 28 30

DIGITAL Zukunftsprojekt Industrie 4.0 IT-Ratgeber: Lösung für KMU

32 35

MOBIL Euro verbilligt Mobilität Entwertete Meilenprogramme

36 38

PIONIERE Abraham Ganz MANAGEMENT Elektronische Mobilität UZ-Serie: Frauen im Management INNOVATION Disruptive Innovation Energie sparen bei der Haco AG UNTERNEHMEN Wear-Lite MARKETING Exzellenter Kundenservice Marke des Monats

41 42 44 46 48 50 52 53

VRPRAXIS Persönlich: Gina Domanig Digitale Transformation Working Capital Management Change Management Treuepflicht des VR Regulierungsdickicht Korruptionsvorwürfe

54 56 58 60 62 63 64

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66

NETZWERKE Roland Schaller, SVC Centre Patronal: Vertragsänderung Schweizer Unternehmerverbände EVENTS BÜCHER

Steffen Klatt klatt@unternehmerzeitung.ch www.unternehmerzeitung.ch

4 7 8

KÖPFE UND KARRIEREN PODIUM INTERVIEW Didier Sornette TITELTHEMA Mobilität Ridesharing Wendepunkt Wasserstoff Elektrobus Tosa

10 FRAGEN AN Martin Schneider, Brainforce AG KAPITALMARKT & IMPRESSUM DAS LETZTE

Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

68 70 71 73 74 75 76 78

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KÖPFE UND KARRIEREN

LEITER GLOBAL EMERGING MARKETS FUND Baring Asset Management gibt bekannt, dass JEAN-LOUIS SCANDELLA

das Co-Management für verschiedene Mandate übernimmt, einschliesslich des Flaggschiffproduktes, den Global Emerging Markets Fund. Er stiess 2014 von der renommierten Aktienboutique Comgest zu Barings und brachte fundierte Kenntnisse über Anlagen in Schwellenländeraktien und langjährige Erfahrung als Portfoliomanager mit.

GESCHÄFTSLEITENDER PARTNER Input Consulting, das schweizerische Beratungsunternehmen mit Kernkompetenz «Marktorientierte Unternehmensführung» verstärkt die operative Führung. JÜRG HABERMAYR wurde zum Geschäftsleitenden Partner ernannt. Er studierte Betriebswirtschaft und Recht an der Universität Bern mit Abschluss lic. rer. pol. und verfügt über zehn Jahre Beratungserfahrung in den Bereichen Value Based Management, Strategie, Organisation und Business-IT-Alignment.

NEUER PARTNER

NEUER PARTNER

KARIM MAIZAR wurde zum

CHRISTOPH JÄGER stösst

neuen Partner bei Kellerhals Anwälte ernannt. Er hat an der Universität Zürich studiert und promoviert. 2009 trat er in die Anwaltskanzlei ein. Er hat sich auf den Gebieten des Gesellschaftsrechts sowie des Börsenrechts spezialisiert und begleitet Klienten in M&A-Transaktionen, Finanzierungen sowie bei börsenregulatorischen Fragen. Er leitet zudem den Startup Desk der Kanzlei.

ebenfalls als Partner zu Kellerhals Anwälte. Er hat an der Universität Bern studiert und promoviert und ist seit 2009 für Kellerhals Anwälte in Bern tätig. Als Experte für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Vertragsrecht begleitet er seine Klienten im Zusammenhang mit Immobilienprojekten, Planungen und Beschaffungen der öffentlichen Hand. Er ist auch Lehrbeauftragter an der ETH Zürich.

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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

NEUER PARTNER Die Richterich & Partner AG erweitert ihre Partnerstruktur. Neu zeichnet MARCO BOPPART – neben Jörg Röthlisberger und Domenico Truncellito – als Partner für die operative Führung des Unternehmens verantwortlich. Mit Marco Boppart wird ein langjähriger Mitarbeiter Teilhaber der Richterich & Partner AG, er ist seit 2006 in der Agentur tätig und betreut namhafte Mandate im Bereich Consumer Brands & Products.

NEUER CCO Das Schweizer SoftwareUnternehmen AdNovum hat PETER GASSMANN zum Chief Commercial Officer ernannt. Peter Gassmann, bisher Head of Marketing and Sales und Head of IT Consulting wird ferner Mitglied der Geschäftsleitung. Er ist für die Marktstrategie von AdNovum und den Ausbau des Geschäftsbereichs IT Consulting verantwortlich. Der dipl. Inf. Ingenieur übernahm 2012 die Leitung des strategischen Geschäftsbereichs IT Consulting.

NEUER CEO GemDat, der Hersteller von Fachanwendungen rund um Gebäude und Grundstücke für Bauund Steuerverwaltungen sowie Gebäudeversicherungen, konnte SANDRO FERRARINI als neuen CEO verpflichten. Er kommt von Base-Net, wo er als Mitglied des Kaders für das Produktmanagement der E-Government-Lösungen Smarx und Peax zuständig war. Er löst den GemDat-Gründer Bruno Grob ab, der sich nach 25 Jahren auf das Produktmanagement und die Beratung konzentrieren wird.

NEU IM FÜHRUNGSTEAM DR. STEPHAN HOFSTETTER

verstärkt das Führungsteam der Schweizer Niederlassung der Einkaufsberatung Kloepfel Consulting. Er verfügt über 16 Jahre Beratungserfahrung, u.a. als Leiter der Schweizer Niederlassung der A.T. Kearney sowie rund zehn Jahre Erfahrung als Einkaufsleiter. Er hilft mittelständischen Unternehmen, die Kosten und Struktur ihres Einkaufs, ihrer Logistik und ihrer Supply Chains zu optimieren.

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Amanda Ammann

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PODIUM

KOMMENTAR

SNB hat fahrlässig ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt VON H A N S - J A C O B H E I T Z *

M

Fotoquelle: BilderBox.com

ZUSCHRIFTEN VON LESERINNEN UND LESERN

Eurokurs Sehr geehrter Herr Klatt Regelmässig erhalten wir Ihre Zeitschrift. In der letzten Ausgabe konnte man Ihrem Leitartikel entnehmen, dass Sie für einen Staatsfond plädieren. Nun, nach dem «Finanz-Tsunami» (nach Hayek) ist überall in voller Munde die Rede,

wie sich die Schweizer Unternehmen einrichten müssen (Lohnkürzungen, Arbeitszeit Reduktion, usw.), um künftige Marktanteile nicht zu verlieren. Leider erfahren wir wenig bis gar nichts über die Situation von Unternehmern, wie wir, die einen

Ein Beitritt zur EU würde die Exportprobleme unserer Wirtschaft lösen Guten Tag Herr Klatt Mit grossem Interesse habe ich Ihr Interview mit Thomas Geiser gelesen. Für mich das Informativste in der letzten Nummer. Daran anschliessen möchte ich mit meiner Zuschrift, die Sie vielleicht publizieren werden. Besten Dank.

Jetzt, da jeder fünfte Industriebetrieb existentiell bedroht scheint, sollten wir vielleicht wagen, das Undenkbare zu denken: Den Beitritt zur EU und die Übernahme des Euros in der Schweiz. Alle mit der Schweiz vergleichbaren

Dienstleistungsvertrag abgeschlossen haben, der gerade in seinen Anfängen steht und jetzt durch einen einzigen Federstrich mit mehr als 20 Prozent Verlust in die Bücher steht. Kaum angefangen steht das «Aus» bevor. Oder gibt es einen Hilfefond für sowas? Mit freundlichen Grüssen C. Diethelm

Länder Europas sind bereits Mitglieder der EU. Sogar die Bauern in Österreich haben es geschafft! Den Hotels in unserem Nachbarland geht es bedeutend besser als unserer eigenen Hotellerie. Dieser Schritt würde die Exportprobleme unserer Wirtschaft lösen. Suchen wir eine liberale Lösung ohne neue staatliche Krücken! Freundlich grüsst Sie Martin A. Liechti, Maur (ZH)

it dem früheren Präsidenten der SNB, Philipp Hildebrand, pflegte ich kurz nach der EuroAnbindung anfangs September 2009 einen Korrespondenzwechsel, im Rahmen dessen ich bereits damals ausdrücklich die Befürchtung aussprach, dass dieses «Abenteuer» äusserst riskant sei und uns teuer zu stehen kommen könnte. Meines Erachtens handelte die SNB mit dem Ausstieg zu spät, zog den Stecker geradezu panikartig im letzten Moment. Die Reaktionen an den Finanzmärkten liessen denn auch nicht auf sich warten, fielen entsprechend heftig aus. Es wurden Vermögenswerte in mehrstelligem Milliardenbetrag vernichtet, national aber auch international. Man kann mir nicht weismachen, dass Präsident Jordan mit derart gravierenden Folgen gerechnet hatte. Wenn ja, wäre sein Verhalten noch problematischer, denn mir scheint, man hatte es bei der SNB überhaupt versäumt, rechtzeitig Ausstiegsszenarien zu entwickeln, um derart heftige Reaktionen vermeiden zu können. Zudem unterliessen Jordan bzw. die SNB, den KMU nach Anbindung an den Euro insofern vorsorglich auf die Sprünge zu helfen, als sie damals aufgezeigt hätte, wie man sich im Hinblick auf einen allfälligen Ausstieg, mit dem früher oder später zu rechnen war, zu verhalten hätte, wie bspw. Absicherung des Frankens. Solcherart Ratschlag wäre das Gebot der Stunde gewesen, welchem die Unabhängigkeit der SNB nicht etwa im Weg gestanden hätte. Nun haben (einmal mehr) die KMU, welche sich keine kostspieligen Finanzabteilungen halten können, die «teure» Suppe auszulöffeln. Die SNB muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie einerseits die ihr gesetzlich auferlegten Pflichten von Wahrung der wirtschaftlichen Gesamtinteressen sowie der Preisstabilität ignorierte und anderseits in gesetzeswidriger Weise es unterliess, den Bundesrat über ihre entsprechenden Absichten zu unterrichten, wie dies das Nationalbankgesetz ausdrücklich verlangt. Die SNB hat durch ihr Verhalten geradezu fahrlässig Vertrauen und ihre Glaubwürdigkeit auf Spiels gesetzt. Nicht zuletzt mit Blick auf die nur wenige Tage vor dem Ausstieg noch gegenteilig lautenden Verlautbarungen, was meine Paniktheorie nur stützt, steht das Verhalten der SNB in krassem Widerspruch zum Gebot von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr. Die SNB ist nun gefordert, Massnahmen zu erwägen, welche die Schärfe der schwerwiegenden Folgen ihres Entscheids für Exportunternehmen und Tourismus im wirtschaftlichen Gesamtinteresse wieder etwas abfedern können, was bekanntlich ihrem gesetzlichen Kern-Auftrag entspricht. * Hans-Jacob Heitz, MLaw UZH ist Regionalleiter adlatus Zürich & Agglo

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INTERVIEW

D

ie Schweizer Unternehmen können die Frankenstärke bewältigen, wenn sie innovativ sind und Märkte ausserhalb Europas entwickeln. Das sagt Didier Sornette, einer der einflussreichsten Volkswirtschafter in der Schweiz und Spezialist für den Umgang mit Risiken.

Am 15. Januar hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Ende des Euro-Mindestkurses bekannt gegeben. Hat Sie diese Entscheidung überrascht? DIDIER SORNETTE Als Professor für Entrepreneurial Risks an der ETH Zürich wurde ich oft von Kollegen und Fachmännern gefragt: Hast du das vorhergesehen? Einerseits ja, aber indirekt. In den letzten Monaten haben wir eine unübliche Situation festgestellt: Die Nachfrage nach Schweizer Franken ist enorm gestiegen, während der Euro im Gegenzug stark unter Druck geriet. Der Euro fiel innert nur zwei Wochen von 1.23 Franken auf den Mindestkurs von 1.20 – eine unübliche Lage, die auch von der Schweizerischen Nationalbank unübliche Massnahmen verlangt. Andererseits habe ich von der SNB erwartet, dass sie den unter Druck geratenen Euro mit grösserem Einsatz verteidigt, also weiterhin im grossen Stil Euro zukaufen würde.

Foto: Daniel Ammann

Wäre das langfristig eine gute Option für die SNB gewesen? Im Nachhinein hagelte es viel Kritik am Entscheid der SNB. Zwei gewichtige Punkte sprechen aus meiner Sicht aber klar dafür, dass der Entscheid richtig war: Seit dem letzten Jahr hat der Dollar gegenüber diversen Währungen an Wert gewonnen – so auch gegenüber dem Euro. Die Anbindung des Frankens an den Euro hat folgend dafür gesorgt, dass auch der Franken gegenüber dem Dollar verloren hat. Die SNB sollte den Franken gegenüber dem Dollar, wie auch dem Euro unter Kontrolle halten – in dieser «ménage à trois» war ihr Handlungsspielraum durch den Mindestkurs aber massiv eingeschränkt. Zweitens wusste man bereits, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bald ein gross angelegtes Staatsanleihen-Programm ankündigen würde, welches den Euro weiter schwächen würde. Die SNB hätte riesige Summen an Euro kaufen müssen, um den Mindestkurs weiterhin aufrechtzuerhalten. Der Entscheid, die Untergrenze zu kippen, ist deshalb nachvollziehbar und sinnvoll. Ich bedaure nur, dass dies nicht früher geschehen ist: Zum Beispiel im vergangenen Jahr, als der Euro gegenüber dem Franken noch höher lag.

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Vor allem die Export- und Tourismusbranche haben grosse Angst bekundet. Wie sieht die

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015


Optimistisch für Schweizer KMU FRANKENSTÄRKE Didier Sornette ist sehr optimistisch für Schweizer KMU. Der Unternehmergeist ist hier noch stärker als in den USA. I N T E R VI E W D A V I D N Ä G E L I

Situation für die kleineren Unternehmen der Branche aus? Meine Kollegen von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) haben in einer Studie festgestellt, dass der Eurokurs das Wirtschaftswachstum verlangsamen wird. Man kann natürlich nicht alle Branchen in denselben Topf werfen, aber vor allem die Exportbranche wird Einbussen verkraften müssen. Man muss den Kurssturz aber auch im Kontext sehen: Anfang 2010 war der Euro beinahe 1.60 Franken wert, bevor er bis zur Einführung des Mindestkurses im Wert gefallen ist. Damals mussten die Unternehmen einen noch grösseren Kurssturz verarbeiten. Und viele haben das erfolgreich gemeistert, ihr Unternehmen umstrukturiert und Innovationen vorangetrieben. Wenn ein Subjekt Stressfaktoren ausgesetzt ist, muss das nicht zum Problem werden: In einer Notsituation kann man auch wachsen und stärker werden. Die Credit Suisse hat durch eine Umfrage im Rahmen des Einkaufsmanagerindex festgestellt, dass sich nur eines aus fünf Industrieunternehmen auf das Ende des Mindestkurses vorbereitet hat. ZUR PERSON Didier Sornette gilt als einer der einflussreichsten Volkswirtschafter in der Schweiz. Der 1957 geborene Franzose hat in Nizza Physik studiert und von 1996 bis 2006 an der Universität von Kalifornien Geo- und Planetarphysik gelehrt. Seit 2006 ist er Professor für Entrepreneurial Risks an der ETH Zürich. Er leitet das Observatorium für Finanzkrisen und ist Mitgründer des ETH Risk Center.

Als die Entscheidung zur Einführung eines Mindestkurses fiel, hat die SNB klar kommuniziert, dass das nur eine vorübergehende Massnahme ist. Während einige sich auf das Ende vorbereitet haben, haben sich andere zu fest auf die SNB verlassen. Wie konnte es geschehen, dass sich viele Unternehmer schlicht nicht vorbereitet haben? Egal ob man Geschäftsführer eines Detailhandels- oder eines Industrieunternehmens ist – man wird jederzeit mit unzähligen Problemen konfrontiert. Die Forschung kennt das Konzept der rationalen Unachtsamkeit: Für eine Führungskraft kann es sich rational gesehen lohnen, nicht stets über alles informiert zu sein. Und die komplexen Probleme der Währungspolitik haben für viele schlicht keinen Platz in ihrem Alltagsstress. Wie können die Schweizer KMU auf die neuen Rahmenbedingungen des Marktes reagieren? 55 Prozent der Schweizer Exporte gehen in die EU. Die grossen Exportunternehmen werden versuchen, ihre Geschäfte zu verlagern und die Ausgaben für den europäischen Markt in Euro zu tätigen. Für kleinere Unternehmen gestaltet sich das schwieriger. Die Europäische Währungsunion und Europa besitzen strukturelle Probleme, für die bisher noch keine Lösungen gefunden wurden. Viele Länder, darunter Griechenland, Portugal oder Spanien, haben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Europaweit wachsen die Schuldenberge. All diese Probleme werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Deshalb ist es wichtig, die Exporte der Schweiz auszudehnen: Über Eu-

ropa hinaus, in die USA und die wachsenden Märkte in Ostasien. Das verlangt viel Arbeit, doch es liegt im Bereich des Möglichen. Die Unternehmen der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie fordern Unterstützung von der Politik, Swissmem wünscht sich zum Beispiel einen Kosten- und Regulierungsabbau. Soll der Staat in der jetzigen Lage die Unternehmen unterstützen? Angesichts der schwierigen Lage sind sie natürlich berechtigt, nach Hilfe zu fragen. Einige Unterstützungsmassnahmen des Staates wären durchaus vorstellbar, solange sie das Marktgleichgewicht nicht stören. Man müsste sie jedoch zeitlich strikt begrenzen. Der Schweizerische Gewerbeverband spricht von Chancen, die Unternehmen mit dem Ende des Mindestkurses wahrnehmen können. Die Schweizer Unternehmen müssen sich in dieser schwierigen Phase neu orientieren und vielleicht ihre Prioritäten ändern. Im Erforschen von neuen Märkten und der Diversifizierung von Exporten sehe ich die grösste Chance für Schweizer Unternehmen. Hier wäre auch eine Zusammenarbeit von Wirtschaft und Staat denkbar: Indien oder Japan stellen aktuell Beispiele für erfolgreiche Exportförderung dar. Das Ende des Mindestkurses bietet vielleicht auch die Chance für eine politische Vision, wie man die Schweiz auch ausserhalb von Europa vermarkten könnte. Im Allgemeinen konnte ich in meiner bisherigen Arbeit und Forschung in Risikound Krisenmanagement feststellen, dass menschliche Institutionen nur nach einer Krise Veränderungen durchmachen. Ein schönes Beispiel hierfür wäre der Grosse Schneesturm von 1888: Erst nach dieser grossen Katastrophe begann die amerikanische Ostküste mit dem Bau der ersten U-Bahnen und verlegte Leitungen unter die Erde. Das heisst, sie glauben, dass die kleineren und mittleren Unternehmen aus der Schweiz langfristig gute Chancen haben werden? Ja, ich bin definitiv optimistisch. Der Unternehmensgeist der Schweiz ist bemerkenswert, gerade als ressourcenarmes Land inmitten grosser Nationen. Im Vergleich zu den USA oder Frankreich, zwei Länder, die ich gut kenne, steckt die Schweiz sehr viel Energie in Bildung und Innovation. Und das wird ihr in der Zukunft sicherlich viel Erfolg bringen.

«DIE SCHWEIZ STECKT SEHR VIEL ENERGIE IN BILDUNG UND INNOVATION.» Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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TITELTHEMA

Kampf um die Zukunft RIDESHARING In der Mobilität der Zukunft könnten die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Verkehr verschwimmen. Fahrer wird es nicht mehr brauchen. In Amerika hat der Kampf um dieses Geschäft der Zukunft bereits begonnen. Mit dabei: der Internetgigant Google und der Taxidienst Uber – und Daimler. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N

U

ber und Google hatten in den vergangenen Jahren eine für beide vorteilhafte Zusammenarbeit. Jetzt aber scheint eine Firma im Marktsegment der anderen zu wildern und den Weg zu gegenseitiger Konkurrenz im heiss umkämpften Markt des Ridesharings zu eröffnen, dem Mitfahrer-Markt. AUCH GOOGLE DRÄNGT INS TAXIGESCHÄFT Google arbeitet offenbar an einem eigenen derartigen Taxi-ähnlichen Dienst, wie ihn Uber schon anbietet. Der Gigant aus dem Silicon Valley stellt sich mit all seinen finanziellen und technologischen Ressourcen gegen Uber. Der Taxidienst aus Kalifornien wächst zwar rasch, muss aber in vielen Regionalmärkten der Welt noch um den Einstieg ins Geschäft kämpfen. Dabei stösst er auf massiven Widerstand der traditionellen Taxiunternehmen. In einigen Städten und Ländern haben Gerichte bereits die Taxi-App verboten. Uber-Chef Travis Kalanick macht das nichts aus. Nicht umsonst hat er sein Unternehmen «Uber» genannt – von deutsch «Über» wie in Übermensch. Die Zahlen geben ihm recht: Das erst 2009 gegründete

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Unternehmen macht bereits einen weltweiten Umsatz von über 200 Millionen Dollar. In der Schweiz ist Uber bereits in Zürich und Genf vertreten. KONKURRENZKAMPF DER GIGANTEN Google gegen Uber – das könnte zu einem Kampf der Giganten werden. «Was nach einer machtvollen symbiotischen Partnerschaft aussah, könnte zum Konkurrenzkampf werden», schätzt die Ko-Direktorin für nachhaltige Verkehrsforschung an der Universität von Kalifornien in Berkeley, Susan Shaheen. «Beide sind bestrebt, sich nicht ausbooten zu lassen.» Die Ironie in diesem Konflikt ist, dass Uber in Teilen Google gehört. Der Internetgigant Google hatte sich im August bei Uber aus San Francisco für 258 Millionen Dollar eingekauft. Im vergangenen Jahr wurde Uber, als es am Markt Geld aufnahm, auf einen Wert von vier Milliarden Dollar geschätzt. UBER-VORSTAND DRUMMOND SOLL GEHEN Wegen seiner Finanzbeteiligung entsendet Google ein Mitglied in den Uber-Verwaltungsrat. Diesen Sitz hat zur Zeit der Leiter der Google-Rechtsabteilung, David Drum-

mond, inne. Inzwischen aber kursieren Meldungen, dass die anderen Vorstandsmitglieder von Uber Drummond hinausdrängen wollen. Grund soll die Preisgabe von Google-Plänen zur Entwicklung einer App für Smartphone sein, die ein Uber-ähnliches Mitfahrangebot zum Inhalt hat. Google hat dazu nicht Stellung genommen. Auf Anfragen der Presse verwies eine Sprecherin lediglich auf einen Tweet, den Google gepostet hat und in dem auf Lyft Bezug genommen wird. Lyft ist Ubers schärfster Rivale im Mitfahrgeschäft. «Wir denken, Uber und Lyft arbeiten recht gut. Wir nutzen beide ständig», hiess es in der Google-Kurzmitteilung. Erst im Januar hat Chris Urmson, Direktor des Google-Programms für selbstlenkende Autos, angedeutet, dass das von Google entwickelte Fahrzeug für den Ridesharing-Einsatz ausgelegt sein könnte. Urmson kam vom Carnegie Mellon Roboter-Institut zu Google. Die Technologie erlaube es, das Fahrzeug direkt anzurufen, ihm die Zieladresse anzugeben und sich dann hinfahren zu lassen. HERAUSFORDERUNG FÜR GOOGLE X Das Roboter-Institut der Carnegie Mellon


Ubers Taxi-ähnlicher Dienst, den man via Smartphone-App bestellen kann, könnte schon bald Konkurrenz von Google erhalten.

University in Pittsburgh zählt zu den führenden Instituten in der Roboter-Forschung – und es spielt auch für Uber eine zentrale Rolle. Am selben Tag, an dem bekannt wurde, dass Google eine Mitfahr-App entwickelt, teilte Uber mit, dass bei Carnegie Mellon das Uber Zentrum für Hochtechnologie eingerichtet werde. Ziel sei, ein fahrerloses Auto und neue Internet-Karten zu entwickeln, die besser auf die Anwendung im Mitfahrbereich ausgerichtet seien. Bisher werden Google Maps verwendet. Als «globaler Führer im Stadtverkehr» habe Uber jetzt die Möglichkeit, an führender technologischer Entwicklung teilzuhaben, sagte Jeff Holden, Produktionschef bei Uber. Das Mellon-Zentrum wäre eine direkte Herausforderung für Google X – Chris Urmsons Forschungsabteilung bei Google, in der unter anderem das fahrerlose Auto entwickelt und gebaut wird. Der Dekan des Instituts für Computerwissenschaften an der Carnegie Mellon University, Andrew Moore, lobt den neuen Partner: «Uber ist ein rasch wachsendes Unternehmen, das für seine innovative Technologie bekannt ist und das den Zugang für Millionen Menschen in aller Welt zu Trans-

portmöglichkeiten radikal verbessert». Sein Institut freue sich auf die Partnerschaft mit Uber «bei Anwendungen in der realen Welt», die sehr interessante Herausforderungen stellen werde in den sich überschneidenden Feldern von Technologie, Mobilität und menschlicher Kommunikation. TAXIROBOTER FRÜHESTENS 2030 Paul Saffo, Professor für Ingenieurwissenschaft an der Stanford Universität, ist spezialisiert auf die Vorschau auf technologische Trends. Er glaubt, dass die jetzt vermutete Rivalität zwischen Uber und Google übertrieben werde. «Es ist kein Kopf-an-KopfRennen», sagt Saffo. Die selbstlenkenden Autos würden zunächst in Einkaufszentren, Flughäfen und Ähnlichem eingesetzt und noch lange nicht auf den Fernstrassen. «Roboterautos können rasch kommen. Aber solche, die die Fahrgäste zu weit entfernten Zielen transportieren, sind noch weit entfernt.» Selbstfahrautos, die es mit den von Menschen gelenkten Fahrzeugen aufnehmen könnten, werde es 2030 geben. «Wenn ein Wunder geschieht», fügte Saffo skeptisch hinzu. Dennoch könnte Google Uber schon jetzt als Konkurrenten behan-

Foto: Keystone/Salvatore Di Nolfi

deln. Erst vor kurzem hat es einen neuen Dienst vorgestellt: Google Now. Damit werden Geräte mit Android-Betriebssystemen – von Google – stets mit neuesten Angeboten versorgt. Google hat dazu Verträge mit dem Musikanbieter Pandora geschlossen, dem Zimmersuchdienst AirBnB, dem Immobilienfinder Zillow und der Mitfahrzentrale von Lyft. Daten von Uber werden nicht angeboten. DAIMLER TEILT DEN SMART Auch anderswo erwächst Uber – und Google – Konkurrenz. In Deutschland forschen heimische Autohersteller wie die Volkswagentochter Audi bereits an selbstfahrenden Fahrzeugen. Bayern will ein Teil der Autobahn A9 von München nach Berlin als Teststrecke freigeben. Auch CarsharingModelle werden getestet. Das Car2goAngebot mit den Smarts von Nobelhersteller Daimler ist zwar mit seinem Pilot in Ulm gescheitert. Aber in 29 Städten und acht Ländern Europas und Nordamerikas ist die Daimler-Tochter bereits mit 13000 Smarts unterwegs. Auch in Kalifornien. Dieses Jahr soll China hinzukommen. Der Kampf um die Mobilität der Zukunft hat erst begonnen. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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TITELTHEMA

Japan fährt in die Wasserstoffgesellschaft WENDEPUNKT WASSERSTOFF Toyota verkauft auf seinem Heimmarkt Japan bereits die weltweit ersten kommerziellen Brennstoffzellenautos. Noch dieses Jahr sollen sie in Europa und den USA rollen. Doch Japans Ehrgeiz geht noch weiter. Das Land strebt die Wasserstoffgesellschaft an. TEXT S U S A N N E S T E F F E N

«H

eute ist ein Wendepunkt für die Automobilindustrie», verkündete Toyotas Top-Manager Bob Carter vollmundig im Januar in Las Vegas. Der weltgrösste Automobilhersteller nahm die Konsumelektronikmesse CES zum Anlass, um anzukündigen, dass er seine 5 680 Patente rund um seine Brennstoffzellentechnologie fünf Jahre lang der Konkurrenz kostenlos zur Verfügung stellen wird. Ziel dieses äusserst ungewöhnlichen Schritts sei es, die Industrie zum Umschwenken auf diese Technologie zu überzeugen, so Carter. Schliesslich sei man bei Toyota davon überzeugt, dass die nächsten hundert Jahre dem Wasserstoffantrieb gehörten. «Wir hoffen, dass dieser Schritt dazu führen wird, dass diese neuen Brennstoffsysteme verfeinert und verbessert werden, damit sie mehr Käufer anlocken», sagte Carter. MIRAI FÄHRT IN DIE ZUKUNFT Zwei Jahrzehnte lang hat Toyota an der Technologie geforscht, auf der Suche nach dem 12

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

ultimativen Öko-Auto. Brennstoffzellen generieren aus Wasserstoff und dem Sauerstoff der Umgebungsluft Strom für den Antrieb. Statt giftiger Abgase lassen Brennstoffzellenautos lediglich reinen Wasserdampf auf den Strassen zurück. Nachdem die Toyota-Ingenieure unzählige technische Hürden genommen haben, brachte Toyota Mitte Dezember vergangenen Jahres das weltweit erste kommerzielle Brennstoffzellenauto, den «Mirai» (auf deutsch «Zukunft») auf den japanischen Markt. Mitte dieses Jahres soll das neue ÖkoAuto, das mit einer Tankfüllung bis zu 650 Kilometer fahren kann, auch in den USA und Europa eingeführt werden. Grösste Hürde bei der Verbreitung der neuen Ökotechnologie ist die mangelnde Infrastruktur. Bislang gibt es in Japan gerade einmal zwölf Wasserstofftankstellen. In den meisten anderen Industrieländern, inklusive Deutschland, sieht die Situation kaum besser aus. Zwar hat die japanische Regierung bereits in ihrer jüngsten Wachstumsstrategie die Subventionierung von 100 neuen Was-

serstofftankstellen bis März 2016 angekündigt, doch auch das sei nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein, bemängeln Experten. Um den Ausbau des Tankstellennetzes voranzutreiben, wird Toyota seine patentierte Ladetechnologie für Brennstoffzellen ohne zeitliche Befristung öffentlich zugänglich machen. JAPAN IST TECHNOLOGISCHE SPITZE Mit seinem Plädoyer für die Wasserstofftechnik liegt Toyota im nationalen Trend. In ihrem jüngsten Energieplan hat die Regierung das auch im ansonsten ressourcenarmen Japan reichlich vorhandene Element als eine herausragende Energiequelle der Zukunft deklariert. Die Verwirklichung einer umweltfreundlichen «Wasserstoffgesellschaft» ist ein nationales Ziel. Technologisch gehört Japan längst zu den Weltmarktführern bei Brennstoffzellen – und das nicht nur in der Automobilindustrie. Bereits im Jahr 2009 haben japanische Unternehmen weltweit erstmalig Brennstoffzellen


MEHR ALS ZWEI JAHRZEHNTE FÜR DAS KRAFTWERK IM AUTO Toyotas Arbeiten am Wasserstoffauto begannen bereits 1992, also noch bevor das später so erfolgreiche Hybridfahrzeug Prius auf den Markt kam. Das Unternehmen entwickelt dabei das gesamte Brennstoffzellensystem selbst. 2002 wurden die ersten Exemplare des Mirai-Vorgängers Toyota FCHV in Japan und den USA ausgeliefert. 2005 folgte die nächste Version, drei Jahre später die übernächste. Diese Pilotfahrzeuge fuhren insgesamt 2 Millionen Kilometer und sammelten damit wertvolle Erfahrungen, die in die Weiterentwicklung einflossen. Auf der Toyota Motor Show 2013 zeigte das Unternehmen dann erstmals ein Konzeptauto. Im Dezember 2014 hat Toyota mit dem Mirai das erste Fahrzeug für den Massenmarkt ausgeliefert, zunächst in Japan. Mitte Jahr erreicht der Mirai auch Europa und die USA. Die fast fünf Meter lange Limousine ist praktisch ein Kraftwerk in einem Auto. Die Brennstoffzelle erzeugt bei der Verbrennung von Wasserstoff Strom. Sie kann nach Angaben von Toyota rund 60 Kilowattstunden produzieren und betreibt Elektromotoren mit einer Leistung von 112.5 Kilowatt.

als Mini-Kraftwerke für den Hausgebrauch kommerzialisiert. Mittlerweile decken mehr als 100 000 japanische Privathäuser einen grossen Teil ihres Energiebedarfs mit Hilfe von Brennstoffzellen, die Wasserstoff aus Stadtgas extrahieren. ATHLETEN HEIZEN MIT WASSERSTOFF Um den Trend auch international weiter anzuheizen, soll das Athletendorf für die Tokio-Olympiade im Jahr 2020 als futuristische «Wasserstoffstadt» konzipiert werden. Dies berichtete die Yomiuri-Zeitung unter Berufung auf die Tokioter Metropolregierung. Dem Bericht zufolge will die Stadt die Wohnquartiere sowie Trainingseinrichtungen und Restaurants über Pipelines mit Wasserstoff versorgen. Mit einer eigenen Brennstoffzelle

soll jedes Gebäude dann seinen Strom und Warmwasser produzieren. Darüber hinaus soll das Dorf mit mehreren Wasserstofftankstellen ausgerüstet werden, damit auch der Transport der bis zu 17 000 Bewohner weitgehend mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen organisiert werden kann. Nach den Spielen soll das Athletendorf zu einer ökologischen Modellstadt ausgebaut werden. «Da das Dorf völlig neu gebaut wird, wäre es ein ideales Grossexperiment», jubelt der Managementprofessor Takeo Kikawa in dem Yomiuri-Bericht. ERNEUERBARE SOLLEN WASSER SPALTEN Doch eine völlig emissionsfreie Ökostadt wäre wohl auch das olympische Wasserstoffdorf nicht. Zwar entstehen bei der

Foto: Toyota

Stromerzeugung durch Brennstoffzellen keine Emissionen, doch gegenwärtig wird der als Treibstoff benötigte Wasserstoff vor allem aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Bei diesen Prozessen fällt Kohlendioxid an – allerdings weit weniger als bei der Stromerzeugung in fossilen Kraftwerken. Irgendwann, so heisst es in Japans jüngstem Wasserstoff-Weissbuch, soll der Rohstoff durch die Elektrolyse von Wasser gewonnen werden. Der für diesen Prozess benötigte Strom solle idealerweise aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar- und Windkraftwerken kommen. Um die vermutlich künftig rasant steigende Nachfrage zu decken, planen Japans Pioniere bereits das erste kommerzielle Wasserstoffkraftwerk der Welt am Fusse eines Vulkans auf der Mini-Insel Io-jima ganz im Süden des Landes. Pünktlich zur Tokio-Olympiade soll dort ein Erdwärmekraftwerk in grossem Stil Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Vielleicht schafft es der so gewonnene Wasserstoff auch ins olympische Dorf. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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TITELTHEMA

Revolutionärer Stadtverkehr BUSSE OHNE OBERLEITUNG Der öffentliche Verkehr setzt in Genf auf eine Weltneuheit. Der Elektrobus Tosa ist eine Premiere, die den Stadtverkehr von dieselbetriebenen Bussen und lästigen Oberleitungen befreien soll. In Genf stehen interessierte Städte schon Schlange, um Tosa zu testen. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S

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enf ist Jahr für Jahr die Nummer eins in Europa, jedenfalls in der Automobilindustrie: Der Autosalon bildet den Auftakt für die Branchenmessen auf dem Kontinent. Doch inzwischen ist Genf auch ein Labor, wie der öffentliche Verkehr der Zukunft aussehen kann – und vielleicht nicht nur der öffentliche. Mit Tosa – die Abkürzung für Trolleybus Optimisation Systeme Alimentation – wird die «Betankung» eines Trolleybus ohne Oberleitung getestet. ABB LIEFERT LADETECHNOLOGIE Gilles Chevrey ist überzeugt, dass Tosa die Zukunft bedeutet. Denn heute bekommen es viele Menschen noch mit der Panik zu tun, leuchtet im Auto plötzlich die Lampe für den Reservesprit. Auch, wenn nur noch eine kurze Strecke zurückzulegen ist. «Bei Ressourcen können wir uns diese Überfluss-Denkweise bald nicht mehr leisten», sagt Chevrey. Er ist Berater beim Amt für Industrie- und Technologieförderung Genf (OPI) und der Leiter des Elektrobus-Projektes Tosa. Und Chevrey plädiert klar für die Tosa-Philosophie: eine bewusste und clevere Mangel-Verwaltung. Der Elektrobus aus Genf bekommt immer nur soviel Ener-

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gie, wie er gerade braucht – das verschafft ihm das notwendige Quäntchen Effizienz für den Konkurrenzkampf im Markt gegen Diesel- und Trolleybusse. Dafür hat der Technologiekonzern ABB eine vollautomatische und ultraschnelle Ladetechnologie entwickelt. Der Bus lädt sich an den planmässigen Stopps an den Haltestellen in nur 15 Sekunden über eine Vorrichtung auf dem Dach auf. GENFER IDEE LERNT FAHREN Heute haben sich viele Genfer bereits an den Bus gewöhnt. Im Pilotbetrieb lief Tosa auf einer ersten von den öffentlichen Genfer Verkehrsbetrieben TPG betriebenen Buslinie. Auf der stark frequentierten Strecke vom Genfer Flughafen zum internationalen Messezentrum Palexpo dürften ihn auch viele internationale Gäste wahrgenommen haben. Eine fixe eigene Linie soll ab 2016 eingerichtet werden – ab 2017 soll der Ausbau weitergehen. Dabei ist Tosa erst 2012 von einem Konsortium um vier Partner aus der Taufe gehoben worden. Beteiligt waren neben OPI und ABB auch die Verkehrsbetriebe TPG sowie die Genfer Kraftwerke. Nach nur zehn Monaten Teamwork war die Lösung bereit dazu, auf dem 2013 in Genf stattfindenden

Weltkongress für öffentliches Transportwesen UITP vorgestellt zu werden. 22 Monate dauerte es nur, bis der Bus so laufen konnte, wie er es jetzt tut: leise und emissionsfrei. Zudem ist er flexibel, denn er braucht keine lästigen Oberleitungen, die Trolley-Busse an eine vorgegebene Strassenführung binden. AUSGEKLÜGELTES SYSTEM DER PARTNER Das neue System bedingt jedoch einen Umbau der Haltestellen. Ein beweglicher Arm auf dem Dach des Busses verbindet sich zum Aufladen beim Stopp mit einem Kontakt, der in der Haltestelle integriert ist. Dass dafür 15 Sekunden Zeit ist, hat weniger technologischen Gründe: Der Erfahrung nach brauchen Passagiere dieses Zeitfenster, um aus- und zuzusteigen. Vollständig werden die Batterien jeweils an den Endhaltestellen in bis zu vier Minuten aufgeladen. In der Zwischenzeit nutzt Tosa auch Bremsenergie, die gemeinsam mit der zugeführten Energie in den kompakten Batterien auf dem Dach gespeichert wird. SCHRITT IN RICHTUNG GRÜNER STADTENTWICKLUNG Für die Stadt winkt durch Tosa ein Doppelgewinn. Einerseits wird Genf somit mehr zu


Der Elektrobus aus Genf bekommt immer nur soviel Energie, wie er gerade braucht – das verschafft ihm das notwendige Quäntchen Effizienz für den Konkurrenzkampf im Markt gegen Diesel- und Trolleybusse. Foto: zVg

einer sogenannten Green City und andererseits könnte der saubere Bus auch ästhetische Vorteile bringen. «Zum Bild der Stadt in traumhafter Lage und mit hohem Anspruch an Tourismus und Dienstleistungen passen ohnehin keine Diesel-Busse und störenden Oberleitungen», sagt Chevrey. Das alte Image wollen immer mehr Städte abstreifen und zeigen sich interessiert. Chevrey wundert das nicht. Schliesslich leben seit 2012 mehr Menschen in Städten als in ländlichen Gebieten. Urbane Verkehrsprobleme sowie die Abkehr von fossilen Energieträgern stehen ganz oben auf der politischen Agenda. Für Jean-Luc Favre, Geschäftsführer der ABB Sécheron AG, ist es eine kleine Revolution des öffentlichen Verkehrs, dass möglich wurde, statt schwerer Batterien umso mehr Passagiere zu transportieren. Und tatsächlich ist das Inte-

resse an der neuen Lösung gross. Jean sagt: «Tosa hat die Aufmerksamkeit von Städten wie Fribourg und Baden in der Schweiz, Paris, Barcelona, Indianapolis in den USA und Städten in Russland oder China. Wir haben positives Feedback aus der ganzen Welt.» VERKEHRSINFRASTRUKTUR OPTIMIEREN Theoretisch ist Tosa für alle Städte geeignet. Trotzdem ist seine optimale Einbindung in ein bestehendes Netzwerk eine Herausforderung. Antworten darauf soll das Projekt Mytosa von Experten der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), der Haute Ecole ARC in Neuenburg und ABB geben. Die dazugehörige Software ermöglicht in einer Weblösung eine Kosten-Nutzen-Rechnung dieser Langfrist-Investition. So kann man die günstigste Kombination von

Verkehrsmitteln in einem gegebenen Netzwerk errechnen. In Bezug auf die Gesamtkosten, so ist ABB-Chef Favre überzeugt, sei der Elektrobus mit regulären Diesel- und Trolleybussen vergleichbar. SMARTE LÖSUNG FÜR SMARTE ZUKUNFT Tosa scheint in die Gegenwart und die Zukunft zu passen. Die Verwaltung des Ressourcen-Mangels ist teils schon heute Alltag. Bald dürften smarte Netzwerke den Energiebedarf neu regeln. Für Tosa sei es dann nur ein kleiner Schritt, sich hiermit zu verbinden, sagt Favre. Der Bus kann durch seine Batterien nicht nur als Energiespeicher in der Nacht wirken, sondern auch tagsüber Energie ins Netz einspeisen. Erst recht, wenn Bushaltestellen oder die Vehikel selbst mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sein sollten. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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WIRTSCHAFT

Binnenmarkt wird schwächer KONJUNKTURUMFRAGE 1/2015 Mit den Folgen des Wechselkursschocks werden die Exportindustrie und der Tourismus zu kämpfen haben. Aber auch die MEMIndustrie sowie der Detailhandel, letzterer nicht zuletzt wegen dem Einkaufstourismus, sehen härteren Zeiten entgegen.

Florian Hälg, Jochen Hartwig

Dr. Michael Grampp, Chefökonom

Dr. Felix Brill, Chefökonom

Alexis Bill Koerber, Senior Economist

Daniel Kalt, Chefökonom Schweiz

Bernd Hartmann, Chefstratege und Leiter Investment Research & Advisory

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WIE SCHÄTZEN SIE DIE WACHSTUMSCHANCEN FÜR DIE SCHWEIZER WIRTSCHAFT IN DEN NÄCHSTEN SECHS MONATEN EIN?

WIE WIRD SICH DER BINNENMARKT IM GLEICHEN ZEITRAUM ENTWICKELN?

Mit der Aufwertung des Frankens nach der Aufhebung der Mindestkursgrenze gegenüber dem Euro seitens der SNB sieht es nicht gut aus. Wenn der Kurs in der Nähe der Parität verharrt, ist gemäss jüngster KOF-Prognose mit einer vorübergehenden Schrumpfung der Produktion zu rechnen.

Die Bauwirtschaft war schon vor der Wechselkursänderung ins Stocken geraten, Wir werden wohl auch hier einen kleinen Rückgang der Produktion sehen. Der übrige Teil der Binnenwirtschaft wird eine Stütze bleiben. Lediglich der Detailhandel in grenznahen Gebieten wird wegen des Anstiegs des Einkaufstourismus Einbussen hinnehmen müssen.

Der Wechselkursschock wird mindestens kurzfristig zu einer Wachstumsabschwächung führen. Ein leicht negatives Wachstum ist für 2015 möglich. Eine Eskalation der geopolitischen Risiken (z.B. Griechenlandkrise oder Ukraine Konflikt) würden die Aussichten zusätzlich belasten.

Der Schweizer Binnenmarkt wird weniger stark vom Wechselkursschock betroffen sein als die Exportindustrie, wird sich aber nicht ganz den negativen Auswirkungen entziehen können. Die Arbeitslosigkeit dürfte leicht steigen, Importe dürften zunehmen und Schweizer Anbieter unter Druck setzen. Umgekehrt erfahren die Schweizer Konsumenten durch Wechselkursaufwertung und negative Preisteuerung eine Reallohnerhöhung.

Aufgrund der starken Frankenaufwertung steht uns eine deutliche Konjunkturverlangsamung bevor. In den nächsten sechs Monaten werden das insbesondere die exportorientierten Branchen und der Tourismus zu spüren bekommen.

Die Aussichten sind kurzfristig noch gut. Die Konsumenten profitieren aufgrund fallender Energie- und Importpreise von einer höheren Kaufkraft. Die extrem tiefen Zinsen unterstützen die Nachfrage nach Wohnimmobilien.

Nach Aufhebung der Mindestgrenze haben sich die Aussichten deutlich eingetrübt. Wir rechnen mit einer rezessiven Entwicklung. Für das erste Quartal 2015 zeichnet sich beim Schweizer BIP im Vorquartalsvergleich ein Minus von 0.2 Prozent ab, welches sich im zweiten Quartal auf -0.4 Prozent verstärkt.

Der Binnenmarkt wird vor allem unter einem verstärkten Einkaufstourismus der Schweizer im Ausland und weniger in- und ausländischen Gästen in der Schweiz leiden.

Wegen der Aufgabe der EUR/CHF -Kursuntergrenze haben wir die Wachstumsprognose für die Schweizer Wirtschaft für das laufende Jahr von 1,8% auf 0,5% gesenkt. Wir erwarten, dass sich die schockartige Frankenaufwertung vor allem in der ersten Jahreshälfte negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird.

Nach wie vor tiefe Zinsen und eine hohe Zuwanderung stützen weiterhin den Binnenmarkt. Der Privatkonsum dürfte der Haupttreiber des Schweizer Wirtschaftswachstums bleiben.

Die Franken-Aufwertung wird das Wachstum deutlich bremsen, eine Rezession sollte aber vermieden werden. Die Aussichten sind jedoch höchst ungewiss und hängen stark davon ab, ob sich der Franken auf den aktuellen Niveaus einpendelt.

Ebenfalls tendenziell schwach. Die Tourismusindustrie leidet unter einem Rückgang der Buchungen und die Bauwirtschaft hat ihren Zenit überschritten. Stützend dürfte aber ein relativ solider privater Konsum sein.


Die Tourismusbranche leidet besonders unter dem starken Franken.

Foto: Samnaun Tourismus

FÜR WELCHE BRANCHEN ERWARTEN SIE EINEN AUFWÄRTSTREND, FÜR WELCHE EINEN ABWÄRTSTREND?

WELCHE RISIKEN SEHEN SIE FÜR DIE SCHWEIZER WIRTSCHAFT?

WIE WIRD SICH DER FRANKEN IN DEN NÄCHSTEN SECHS MONATEN ZU DEN WICHTIGEN ANDEREN WÄHRUNGEN ENTWICKELN, WIE DIE ZINSEN IN DER SCHWEIZ UND IN EUROPA?

Für die Exportwirtschaft rechnen wir insgesamt mit einem Abwärtstrend. Die einzige Ausnahme bildet der Pharmasektor, der von den Währungsturbulenzen kurzfristig wenig betroffen sein dürfte. Die auf die Binnenwirtschaft ausgerichteten Dienstleistungsbranchen werden zunächst noch zulegen.

Das grösste Risiko wird die Wechselkursentwicklung sein. Wenn der Franken sich nicht wieder abwertet, werden einige Anpassungen nötig sein. Diese werden wohl mit Produktionsverlagerungen ins Ausland und einem Arbeitsplatzabbau in der Schweiz verbunden sein.

Dies ist zurzeit schwierig voraussagen, da der Wechselkurs sich nicht nach der ökonomischen Entwicklung bzw. der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz richtet. Aufgrund des schleppenden Wirtschaftsgangs in Europa und aufgrund der düsteren Aussichten für die geopolitischen Krisenherde rechnen wir damit, dass sich die jetzige Überbewertung noch eine Weile halten wird.

Preissensitive Exportbranchen werden am stärksten vom Wechselkursschock betroffen sein (z.B. Tourismus), Branchen mit hoher Importkonkurrenz (Einzelhandel) ebenso. Allerdings reagieren Schweizer Unternehmen dieses Jahr sehr viel schneller als beim letzten Wechselkursschock 2011 – die negativen Auswirkungen dürften dementsprechend kleiner ausfallen.

Das grösste Risiko ist ein «perfekter Sturm», das Zusammentreffen mehrerer stark negativer Faktoren auf einmal. Der Wechselkursschock setzt Unternehmen unter Druck, gleichzeitig schwächeln wichtige Weltwirtschaftsregionen wie die EU. Kriegerische Auseinandersetzungen in Europa tragen zur Unsicherheit bei. Es ist jetzt entscheidend, dass die Schweiz die Risiken nicht noch unnötig vergrössert, sondern im Gegenteil alles tut, um den Wirtschaftsstandort zu stärken.

Die USA sind derzeit die einzig stabil wachsende grosse Volkwirtschaft, der Dollar sollte demzufolge langsam aufwerten. Die Wachstumsschwäche in Europa und die Griechenlandkrise werden den Euro dagegen weiter schwächen. Die Zinsen werden sowohl in Europa als auch der Schweiz rekordniedrig bleiben. In den USA deutet sich eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr an.

Die Exportwirtschaft und der Tourismus werden unter dem starken Franken leiden. Der Detailhandel dürfte trotz Shoppingtourismus und hartem Preiskampf von der höheren Kaufkraft der Konsumenten profitieren.

Die Negativzinsen können zu unerwünschten Nebenwirkungen für das Finanzsystem führen; der bilaterale Weg droht immer noch zu scheitern; und die politische Lage in der Ukraine bleibt explosiv.

Nach dem Wegfall des Mindestkurses hat der Franken auf breiter Front an Stärke gewonnen und ist gegenüber den meisten Hauptwährungen nun deutlich überbewertet. Das spricht für eine Abschwächung in den nächsten Quartalen.

Leider stehen die Zeichen primär auf Abschwung, neben den bereits genannten Tourismussektor und Handel gilt dies insbesondere für das verarbeitende Gewerbe.

Einen nochmals verstärkten Frankenschock, dem Immobilienmarkt und einer erneuten Verschärfung der Eurokrise. Letztere könnte zugleich das auslösende Moment für die beiden erstgenannten Faktoren sein.

Gegenüber dem Euro gehen wir wieder von einer leichten Aufwertung in Richtung Parität aus, das Dollarniveau dürfte in etwa gehalten werden. Auch bei den Zinsen erwarten wir keine grundlegenden Änderungen, d.h. der Libor weiterhin klar negativ, zehnjährige Bundesobligationen um die Nullgrenze.

Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld dürften es alle Branchen eher schwer haben. Allen voran sehen wir bei der MEM-Industrie, dem Detailhandel und dem Tourismus einen Abwärtstrend. Profitieren vom schwierigen wirtschaftlichen Umfeld könnten am ehesten noch Consulting- oder IT- Unternehmen, welche von Outsourcing und Projekten zur Prozessvereinfachung profitieren könnten.

Nachdem die SNB die Kursuntergrenze aufgegeben und den Wert des Frankens wieder vermehrt dem freien Markt überlassen hat, würde eine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens die Wirtschaft erneut negativ treffen. Die Probleme um Griechenland zeigen, dass die Schuldenkrise in Europa noch nicht gelöst ist.

Wir erwarten beim EUR/CHF -Wechselkurs eine Seitwärtsbewegung über die nächsten sechs Monate, wobei der Kurs um die Parität schwanken dürfte. Beim USD/CHF-Wechselkurs erwarten wir eine Seitwärtsbewegung um 0.91. Der 3-Monats-Libor dürfte über die nächsten 6 Monate im negativen Bereich verharren und gegen -0.7% tendieren.

Am stärksten sind Unternehmen betroffen, die leicht austauschbare Güter mit hoher Wertschöpfung im Franken und Erträgen in Fremdwährung herstellen. Zu den Gewinnern zählen jene, die von der gestiegenen Kaufkraft bei importierten Gütern profitieren.

Kommt es zu einer Flucht in den Franken, ausgelöst etwa durch einen externen Schock, potenzieren sich die negativen Folgen. Um einer weiteren Aufwertung Einhalt zu bieten, müsste die SNB allenfalls die Zinsen weiter senken – mit weitreichenden Folgen.

Der Franken dürfte sich auf dem aktuellen Niveau einpendeln – wohl auch dank SNB-Interventionen. Bei den Zinsen besteht erst dann etwas Luft, wenn die ausländischen Zinsen steigen. Ansonsten würde ein Zinsanstieg den Franken weiter stärken.

Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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EUROPA

EUROPÄISCHER FORSCHUNGSRAT

Ab 2017 wird die Schweiz voraussichtlich nicht mehr am Europäischen Forschungsrat-Programm beteiligt. Die Konsequenzen für Schweizer Forschende sind ungewiss. Foto: BilderBox.com

«Der Ball liegt bei der Schweiz» EUROPÄISCHER FORSCHUNGSRAT Die Schweiz ist mit Erfolg dabei – aber nur bis Ende 2016. IN TERVIEW U R S F I T Z E

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er Europäische Forschungsrat unterstützt jährlich hunderte Spitzenforscher. Die Schweiz ist nur noch auf provisorischer Basis bis Ende 2016 dabei. Dabei erreiche Schweizer Forscher die höchste Rate von Projektgenehmigungen, sagt Präsident JeanPierre Bourguignon.

würde, wir könnten die Quote von zehn Prozent genehmigter Projektanträge noch steigern. Wir laufen Gefahr, dass manche Forscher angesichts vermeintlich geringer Erfolgsaussichten auf eine Einreichung verzichten.

Jean-Pierre Bourguignon ist Sie fördern auch ForPräsident des ERC. Foto: zVg Der europäische Forschungsrat hat schung, die nicht zwingend seit seiner Gründung 2007 insgeErfolg verspricht. Weshalb samt 4500 Forschungsvorhaben unterstützt, acht ist diese Forschung so wichtig? Nobelpreisträger sind daraus erwachsen. Was ist Weil, wie sich immer wieder zeigt, nur das diese Bilanz im Vergleich mit den Vereinigten wirklich freie Denken uns weiterbringt und Staaten wert? manchmal wissenschaftliche Durchbrüche JEAN-PIERRE BOURGUIGNON Ein Vergleich ist gelingen, an die vorher niemand gedacht schwer zu ziehen, zumal die Amerikaner hätte. mit einem Budget operieren, das das Unsere um das Zehnfache übersteigt. Ich bin durchZiel des Programms ist es, einen Beitrag zu einer aus zufrieden, auch wenn ich mir wünschen von der Wissenschaft angetriebenen Wirtschaft

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Der 2007 gegründete Europäische Forschungsrat (ERC) ist Teil der seit 1984 laufenden europäischen Forschungsförderung, die seit 2014 unter dem Namen Horizon 2020 für sieben Jahre mit einem Gesamtbudget von 77 Milliarden Euro ausgestattet ist. Die Schweiz war seit 2004 voll assoziiertes Mitglied und beteiligte sich am Budget nach einem Schlüssel, der sich am Bruttoinlandprodukt orientiert. In den Jahren von 2007 bis 2012 flossen durchschnittlich 300 Millionen Franken aus EU-Fördertöpfen in Schweizer Forschungsprojekte. Diesen Status hat die Schweiz mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative eingebüsst. Seit September 2014 läuft eine befristete Übergangslösung, welche die Teilnahme an ERC und weiteren Programmen bis Ende 2016 vorsieht, nicht aber an den weiteren Horizon 2020-Fördertöpfen. Danach müsste die Schweiz nach jetzigem Stand für die Kosten der Beteiligung komplett selber aufkommen und verlöre auch das Mitspracherecht in den Gremien.

zu leisten. Sind Universitäten und Wirtschaft dafür nicht zu weit voneinander weg? Das ist durchaus ein Problem. Wir suchen, es mit gezielten Beiträgen für die Gründung von Startups oder die Suche nach Investoren zu lösen. Welche Rolle spielen Schweizer Forschende? Eine sehr wichtige. Wir erhalten aus der Schweiz überdurchschnittlich viele sehr qualifizierte Förderanfragen. Die Quote bewilligter Gesuche liegt bei 25 Prozent. Die Nummer zwei, Israel, schafft 18, die Franzosen 16 Prozent. Die Europäische Kommission beteiligt seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative die Schweiz nicht mehr am ERC-Programm. Derzeit gilt eine befristete Übergangslösung. Was geschieht für Schweizer Forschende, wenn diese ausläuft? Sie könnten sich wohl weiter um Forschungsgelder bemühen, könnten diese Forschung aber nicht mehr in der Schweiz betreiben, sondern müssten an eine Universität in der Europäischen Union wechseln. Sehen Sie einen Weg, dies zu verhindern? Die Meinung der EU-Kommission ist bekannt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Es liegt an der Schweiz.


Merkel hat wenig Spielraum GRIECHENLANDKRISE Die deutsche Kanzlerin Merkel zeigt sich gegenüber Griechenland hart. Die deutsche Schuldenbremse dient als Leitlinie, um die eigene Glaubwürdigkeit nicht zu erschüttern. Koalitionspartner und Bevölkerung stehen hinter ihr. TEXT S T E F A N U H L M A N N , B E R L I N

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m Ende konnte er ihr nicht mehr ausweichen. Beim EU-Gipfel Mitte Februar traf Alexis Tsipras auf Angela Merkel. Er, der griechische Wahlsieger, der die Reformauflagen für sein pleitebedrohtes Land nicht mehr akzeptiert. Und die deutsche Bundeskanzlerin, für viele Griechen der Hauptgrund, dass ihr Land am Abgrund steht. ATHENS KURS WIRFT FRAGEN AUF In den zweieinhalb Wochen zuvor hatte Tsipras sich im Rekordtempo zum Ministerpräsidenten wählen lassen, eine Links-Rechts-Regierung gebildet und Europa bereist. In Rom, Paris und bei der EU in Brüssel machte sich der griechische Premier auf die Suche nach Verbündeten gegen das vermeintliche deutsche Spardiktat. Tsipras’ Finanzminister Yanis Varoufakis immerhin traf sich in Berlin mit seinem deutschen Widerpart Wolfgang Schäuble. Tsipras dagegen mied Deutschland. Dabei ist Berlin der wichtigste Ansprechpartner, wie die neue griechische Regierung aus der drohenden Schuldensackgasse kommen will. Tsipras will aus dem Hilfsprogramm aussteigen und fordert einen Schuldenschnitt. Ständig wechselt der Ton, mal geben sich Athener Regierungsvertreter konziliant, dann wieder konfrontativ. Die Forderungen nach Reparationszahlungen für die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg und Hinweise, man könne sich Hilfen auch in Russland oder China besorgen, irritieren Berlin. WEICHE LINIE NICHT VERTRETBAR Die innenpolitischen Spielräume von Merkel und Schäuble in der Griechenlandfrage sind eng. Dabei scheint es auf den ersten Blick umgekehrt zu sein. Anders als auf dem Höhepunkt der 2010 ausgebrochenen Eurokrise regiert Merkel mit der SPD in einer großen Koalition mit einer satten Mehrheit von rund 80 Prozent der Mandate im Bundestag. Bei möglichen Abstimmungen über neue Grie-

Kanzlerin Merkel trifft zum ersten Mal auf Syriza-Chef Alexis Tsipras – und schlägt im Schuldenstreit mit Griechenland versöhnliche Töne an: Europa sei «immer darauf ausgerichtet, einen Kompromiss zu finden.» Fotos: European Parliament

chenlandhilfen müsste Merkel auf Abweichler in den eigenen Reihen wenig Rücksicht nehmen. Genauer besehen ist nicht nur in der Regierung, sondern auch in der größten Fraktion von CDU und CSU der Wille gering, den Griechen neue Hilfen zukommen zu lassen. Tief sitzt der Frust über die Abkehr vom Sparkurs und die Provokationen gegenüber Deutschland und die Kanzlerin persönlich. Die SPD trägt den harten Kurs mit. SPDChef Sigmar Gabriel machte dies Mitte Februar nochmal klar. Ein anderer SPD-Spitzenmann, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, mahnte gegenüber seinem griechischen Amtskollegen Nikos Kotzias – beide haben gleichzeitig im nordhessischen Giessen studiert – ebenfalls Verlässlichkeit und die Einhaltung eingegangener Verpflichtungen an. Und anders als 2010 hat nun die Kanzlerin eine Opposition an ihrer rechten Seite: Die Alternative für Deutschland wurde auch von ehemaligen Unionsmitgliedern gegründet aus Unmut darüber, dass Merkel und Schäuble angeblich zu weich gegenüber Schuldenländern wie Griechenland aufgetreten seien. 2013 verpasste die AfD den Einzug in den Bundestag knapp. Heute würde sie es locker schaffen.

DIE SCHWÄBISCHE HAUSFRAU Für Merkel und Schäuble ist Härte gegenüber Griechenland daher eine Frage der innenpolitischen Glaubwürdigkeit. Die Bundesregierung rechnet sich das historische Verdienst zu, in diesem Jahr erstmals seit 1969 einen schuldenfreien Haushalt vorgelegt zu haben. Die sogenannte schwarze Null ist ein Prestigeprojekt der Koalition. Zudem steht seit 2011 eine Schuldenbremse im deutschen Grundgesetz. Ende 2008 hatte Merkel das dauerhafte Leben über die Verhältnisse zum Kern der internationalen Finanzkrise erklärt und betont: «Man hätte einfach nur die schwäbische Hausfrau fragen sollen.» Die Schwaben im Südwesten Deutschlands gelten als besonders sparsam. Dazu passt nicht, plötzlich Nachsicht gegenüber den Griechen zu zeigen. Von den 322 Milliarden Euro griechischen Staatsschulden entfallen rund 65 Milliarden Euro auf Deutschland. Die deutsche Bevölkerung hat Merkel bei ihrer harten Linie hinter sich. Rund 60 Prozent unterstützen die Forderung, dass Athen die Vereinbarungen einhalten muss. Weniger als ein Drittel will die Auflagen für die Griechen lockern. Fast die Hälfte der Deutschen wäre dafür, dass Griechenland den Euro verlässt. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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EXPORT

Indiens Wirtschaft macht unter Premier Narendra Modi erste Schritte in die richtige Richtung.

Foto: Keystone/AP Photo /Manish Swarup)

Die Hoffnung ruht auf Modi EUPHORIE Indien hat im Januar den 65. Jahrestag der Unabhängigkeit gefeiert. Seit Jahrzehnten wird dem Land der Aufstieg als neuer wirtschaftliche Supermacht vorhergesagt. Nun soll es so weit sein. Indien könnte China als Wachstumslokomotive überholen. Die Hoffnungen ruhen auf Modi. TEXT U ND INT ERVIE W U R S F I T Z E

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o schnell dreht der Wind in der Welt der Wirtschaft: Noch vor einem Jahr galt Indien als hoffnungsloser Fall. Jetzt herrscht eine geradezu euphorische Stimmung. Dazwischen liegt ein überwältigender Wahlsieg einer betont wirtschaftsfreundlichen Regierung unter Führung des geläuterten HinduNationalisten Narendra Modi, dem weitere Wahlsiege wirtschaftsreformfreundlicher Kräfte in mehreren indischen Bundesstaaten folgten. ERSTE SCHRITTE IN DIE RICHTIGE RICHTUNG Ist diese Euphorie berechtigt? Vineet Nayyar, Verwaltungsratspräsident des indischen Softwarekonzerns Tech Mahindra, bleibt 20

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zurückhaltend. «Die Euphorie spiegelt vor allem die riesigen Erwartungen. Aber es ist sicher noch zu früh für ein abschliessendes Urteil. Die ersten Reformschritte weisen jedoch in die richtige Richtung», sagt er am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Namentlich die Öffnung verschiedener bislang für ausländische Investitionen gesperrte Branchen sei ein wichtiges Signal gewesen, aber auch die seit Jahren angekündigte, aber nie verwirklichte Steuerreform. Die Auswirkungen auf dem Häusermarkt seien schon deutlich spürbar, sagt Anuj Puri, Landeschef des grössten indischen Immobilienkonzerns Jones Lang LaSalle. «Das Interesse ausländischer Investoren ist riesig. Sie haben offensichtlich nur darauf gewartet.» Tat-

sächlich seien die Renditen, die gerade mit Geschäfts-Liegenschaften zu erzielen seien, weit höher als in vielen Industriestaaten. WÄHLER STÜTZEN DEN REFORMKURS Was will die neue indische Regierung anders machen als ihre Vorgänger, deren Reformversprechen vor zehn Jahren eine ähnliche Euphorie ausgelöst hatten? Der indische Finanzminister Arun Jaitley sieht einen entscheidenden Unterschied. «Wir haben uns im letzten Jahrzehnt als ganze Gesellschaft im Kern nur Verteilkämpfe geliefert und die dringend nötigen strukturellen Reformen sträflich vernachlässigt. So ging alles schief, was schief gehen konnte.» Jetzt sei die Ausgangslage viel besser. «Die Wählerschaft


stützt mit deutlicher Mehrheit jene Kräfte, die die Reformen voranbringen wollen. Das ist unsere historische Chance.» INDIEN KANN CHINA ABLÖSEN Für den amerikanischen Nationalökonomen Nouriel Roubini, einem der wenigen, die schon 2006 vor den katastrophalen Folgen einer Immobilienkrise in den USA gewarnt hatten, stehen die Chancen Indiens gut, China in absehbarer Zeit als Wachstumslokomotive abzulösen – «allerdings von einem viel tieferen Niveau ausgehend». Dazu werde es allerdings noch weit radikalere Reformen brauchen als jene, die bereits aufgegleist sind, namentlich im Steuersystem und in der Bekämpfung der grassierenden Korruption. Erste Fortschritte liessen sich im Alltagsgeschäft schon erkennen, sagt Anuj Puri. «Auf den Chefetagen der Verwaltung sind die Töne viel leiser geworden, hier wartet man ab und will nicht am eigenen Stuhl sägen.» Offensichtlich hätte eine Ansage von Premier Modi Wirkung gezeigt, der öffentlich verlangt hatte, die Beamtenschaft solle zuerst etwas leisten, bevor sie Golf spielen gehe – und nicht umgekehrt. So dürfe man hoffen, dass die ellenlangen Bearbeitungszeiten für Baugesuche sich auf die von der Regierung versprochenen 45 Tage reduzieren liessen. Gewonnen sei diese Schlacht aber noch lange nicht. «Die indische Bürokratie hat sich bislang gegenüber allen Reformbemühungen als resistent erwiesen – ein schwieriges Erbe der Kolonialzeit.» SCHWIERIGE ARMUTSBEKÄMPFUNG Entscheidend für das Schicksal der Regierung Modi dürfte aber auch sein, ob es gelingt, die in Indien in den letzten 20 Jahren noch ausgeweitete Schere zwischen reich und arm zu schliessen. 200 Millionen Menschen in Indien leben an der Schwelle zum Hunger, Hunderte Millionen Menschen im ländlichen Raum ohne wirkliche Perspektive für ein besseres Leben. «Indiens Software-Industrie ist hoch entwickelt. Was wir brauchen, sind Fabriken, die es vor allem jungen Leuten mit geringen Qualifikationen ermöglichen, eine Arbeit zu finden», sagt Vineet Nayyar. Hier hinke Indien China um Jahrzehnte hinterher. «Unsere Chance ist das geringere Lohnniveau. Wenn die Regierung jetzt für ein investitionsfreundliches Klima sorgt, könnte es klappen. Dann ist auch eine Verdoppelung unseres Wachstums auf zehn Prozent möglich.» Nouriel Roubini sieht die Perspektive. Aber auch die Gefahr. «Der technische Fortschritt geht weiter. Schon bald werden Roboterstimmen jene aus indischen Call Centern ablösen, und schon bald auch werden viele Fabriken vollautomatisch laufen.»

KARAN A. CHANANA, AMIRA NATURE FOODS

Gewaltige Herausforderungen Der Unternehmer Karan A. Chanana setzt auf die Regierung Modi.

Für Karan A. Chanana, den Chef des global tätigen indischen Reis-Händlers Amira Nature Foods, ist das Land unter der neuen Regierung Modi auf Kurs. Im enorm hohen Anteil an Beschäftigten im Agrar-Sektor Indiens sieht er einige Vorteile. Fast die Hälfte der indischen Arbeitskräfte ist im landwirtschaftlichen Sektor beschäftigt, der aber nur noch einen Fünftel zum Inlandprodukt beiträgt. Ist das nachhaltig? KARAN A. CHANANA Ja. Drei Viertel der indischen Bevölkerung leben auf dem Land, und aus dieser Perspektive sehe ich sogar eine grosse Nachhaltigkeit. Denn die grosse Mehrheit besitzt das bewirtschaftete Land, und diese Menschen sind alle Unternehmer, die ihr finanzielles und ökonomisches Schicksal zu einem guten Teil selbst bestimmen können. Aber ich sehe natürlich auch das grosse Potenzial dieser Menschen für eine wachsende Industrie und den Dienstleistungssektor in Indien. Wenn der zweite und dritte Sektor einmal in Fahrt geraten, sehe ich für die ländliche Bevölkerung eine Menge

ZUR PERSON Karan A. Chanana ist in vierter Generation Chef des an der New Yorker Börse kotierten indischen Familienunternehmens Amira Nature Foods. Die vor einem Jahrhundert gegründete Firma handelt weltweit mit verpacktem Spezialitätenreis aus Indien und erwirtschaftet einen Umsatz von knapp 600 Millionen Dollar.

Chancen, weil ja im Agrarsektor noch einiges an Rationalisierungspotenzial nicht genutzt wird, und mit einer effizienteren Landwirtschaft tatsächlich einiges an Arbeitskraft frei würde. Mehr als 200 Millionen Menschen haben laut WHO in Indien nicht genug zu essen. Was läuft schief? Diese Zahl stimmt nicht. Indien hat eines der weltweit grössten Programme zur Ernährungssicherung. Die Lebensmittelvorräte dazu sind reichlich vorhanden. Indien verfügt dazu auch über ein Programm, das Arbeit mit Lebensmitteln vergütet. Damit wird nicht nur die Ernährungssicherung gewährleistet, sondern es werden auch Arbeitsplätze geschaffen.

Wie beurteilen Sie die Arbeit der neuen Regierung? Nun, als Unternehmer kann man grundsätzlich nie zufrieden sein. Aber ich denke, dass die Regierung eine klare Vision hat, wie Indiens Wirtschaft in Zukunft rascher wachsen soll, und die bisher geleistete Arbeit legt Zeugnis darüber ab. Indien ist auf dem richtigen Weg. Was sind die grossen Herausforderungen in Indiens Wirtschaft? Indien ist ein grosses Land mit einer grossen Bevölkerung. Die grösste Herausforderung wird sein, die notwendige Infrastruktur, die ein so grosses Land einfach benötigt, zu entwickeln und zu unterhalten. Indien ist gut unterwegs, aber man darf nie vergessen: Indien ist ein Entwicklungsland. Sie sind ein grosser Anbieter von Bioreis auf dem Weltmarkt. Wie läuft das Geschäft? Wir haben den Bioreis vor einem Jahr gezielt in entwickelten Ländern lanciert und können uns nicht beklagen. Mit dieser Strategie zielen wir aber natürlich auch auf unsere Produzenten in Indien. Denn das Motto Zurück zur Natur verspricht auch ihnen eine bessere Wertschöpfung.

«INDIEN IST AUF DEM RICHTIGEN WEG.» Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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CLEANTECH

Meere ersticken am Plastikmüll UMWELT Über 275 Millionen Tonnen Plastik schwimmen auf dem Meer. Das haben US-Forscher in einer ersten umfassenden Studie festgestellt. In den Tiefen der Ozeane könnten es weit mehr sein. Die Wissenschaftler sehen darin eine ernste Bedrohung für das Ökosystem. TEXT E L K E B U N G E

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ine leere Plastiktüte aus einem Supermarkt rollt, vom Wind getrieben, über einen Strand und landet schließlich im Meer. Dort schwimmt schon eine ebenfalls geleerte Wasserflasche aus PET. Ein Szenario, wie es sich alltäglich in allen Anrainerstaaten der großen Ozeane zuträgt. ERNSTHAFTE BEDROHUNG Jenna Jambeck und ihre Forschergruppe des Nationalen Umweltzentrums der University of Georgia (National Center for Ecological Analysis and Synthesis) haben in einer seit mehreren Jahren durchgeführten empirischen Studie nachgewiesen, dass es sich bei dem Phänomen um eine ernsthafte Bedrohung des Ökosystems Meer handelt: Je nach Küstenstreifen der 192 untersuchten Meeresanrainerstaaten werden jährlich zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer gespült: Weggeworfene Tüten und Flaschen, Kinderspielzeug, Autoreifen und weiteres findet sich in den Weltmeeren wieder. Der Studie zufolge, die in aktuellen Februar-Ausgabe von «Science» publiziert ist, fanden sich 2010 bereits 275 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren. Seither sind die Mengen weiter angestiegen. «Wir haben in den 192 Ländern Küstenstreifen untersucht, die eine Länge von mehr als 50 Kilometern haben», erklärte Forschungsleiterin Jambeck, «nach unseren Erkenntnissen schwemmen jährlich durchschnittlich acht Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer.» Untersuchungen an Meerestieren ergaben, dass auch Fische und Säuger Plastikmüll in ihrer Nahrungskette aufnahmen, eine erhebliche Gefahr für die in den Ozeanen lebende Fauna. 22

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

IN TIEFEN NOCH WEIT MEHR Die in der Studie vorgestellten Daten betreffen nur den Plastikmüll, der sich an der Meeresoberfläche zeigt. Wie viele Millionen bis Milliarden Tonnen des nicht abbaubaren Mülls sich bereits in den Tiefen der Ozeane befinden, konnte bislang nicht ermittelt werden. «Wir konnten mit unseren Forschungen erstmals ein Modell aufstellen, das anzeigt, wie viel mariner Müll innerhalb eines Jahres an den von uns beobachteten Küstenabschnitten ins Meer gelangt», erklärte Roland Geyer, Ko-Autor der Studie und Professor an der Santa Barbara’s Bren School of Environmental Science & Management, einem Umweltinstitut der University of California, das an den Forschungen beteiligt war. Um die vorliegenden Daten zu erhalten, wurden die Küstenabschnitte von Schiffen, Flugzeugen und Satelliten überwacht. IMMER MEHR KUNSTSTOFF Um eine zusätzliche Katastrophe abzuwenden, müssten sich die Verhaltensweisen deutlich ändern, erklärt Jambeck. Früher vergruben die Menschen Nahrungsreste, zerschlagene Töpfe oder auch Gläser in entfernten Ecken ihrer Grundstücke, seit dem Aufkommen von Kunststoffen ab den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich dies geändert. Das Problem Plastikmüll wird seit den Siebzigerjahren beobachtet. Doch die Herstellung von Kunstharzen, die für Einwegprodukte wie Tüten, Getränkeflaschen oder Folien ist von 1975 bis 2013 um 647 Prozent auf 299 Tonnen jährlich gestiegen. Die Modelle, die die Forschungsgruppe für ihre Berechnungen verwendet, berechnen, dass bis 2025 weitere 155 Millionen Tonnen Plastikreste in die

Jährlich kommen durchschnittlich acht Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer. Foto: BilderBox.de.

Weltmeere eingeleitet werden. Die Wissenschaftler warnen, dass der von der Weltbank berechnete Zeitpunkt einer «maximalen Plastikverschmutzung» im Jahre 2100 deutlich früher erreicht werden könnte. «Das Problem Plastikmüll in den Weltmeeren kann in Kürze ein genau so gravierendes werden wie der Klimawandel, ohne dass wir die Konsequenzen der Verschmutzung bislang auch nur abschätzen können», warnt Jenna Jambeck.


Dänemark wächst mit weniger Energie ENERGIEWENDE In Dänemark ist der Energieverbrauch 2014 auf den niedrigsten Stand seit 1972 gefallen – obwohl die Wirtschaft seither stark gewachsen ist. TEXT A N D R É A N W A R , S T O C K H O L M

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or allem die Industrie, aber auch der Transport und die Privathaushalte konnten Energie einsparen. Lange hiess es, Wirtschaftswachstum und Energiewende seien grundsätzlich nicht vereinbar. Doch Dänemark zeigt das Gegenteil. 2014 hat die Industrienation weniger Energie verbraucht als in den letzten 42 Vergleichsjahren. Der Energieverbrauch ist in etwa wieder auf dem Niveau von 1972. Dies ergibt eine auf amtlichen Zahlen der Energiebehörde basierende Analyse von Dansk Energi, des Verbandes der Energiewirtschaft. PRODUKTIONSSEKTOR SPART DEUTLICH Danach hatte Dänemarks Energieverbrauch im Jahr 2007 einen Höhepunkt erreicht. Seit-

dem ist er um 17 Prozent gefallen. Seither wurde laut dem Bericht am meisten im Produktionssektor eingespart. Dieser hat einen Anteil von 41 Prozent am Rückgang. Der Transportsektor und die privaten Haushalte haben jeweils rund 20 Prozent eingespart. Der Handel und der Dienstleistungssektor haben zwölf Prozent eingespart. Dabei haben sich Wachstum und Energieverbrauch entkoppelt. Zwar sei auch das Bruttoinlandsprodukt nach 2007 bis einschliesslich 2009 wegen der Weltwirtschaftskrise gefallen, betonte Studienverfasser Rasmus Tengvad von Dansk Energi. «Von 2009 bis 2013 ist die industrielle Produktion wieder um etwa 13 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist der industrielle Energieverbrauch dennoch um vier Prozent gefallen», schreibt Tengvad. 2013 ist der Energieverbrauch Dänemarks um 2,3 Prozent zum Vorjahr auf das Niveau der 80er Jahre gefallen. Die noch nicht ganz vollständigen Zahlen für 2014 würden einen weiteren deutlichen Fall auf das Niveau von 1972 aufzeigen, so Tengvad. DANK ENERGIEWIRTSCHAFT Der Verband der Energiewirtschaft macht die Umsetzung von energiesparenden Massnahmen in allen Sektoren verantwortlich für den Erfolg. Dabei spielen auch die Ener-

gieunternehmen eine Rolle. Sie sind dazu verpflichtet, verbesserte Energiesparmassnahmen für private Haushalte, staatliche Einrichtungen und die Privatwirtschaft zu entwickeln. Das habe sehr viel ausgemacht, so Tengvad. Allerdings haben auch die milden Winter der letzten Jahre zum Rückgang beigetragen, räumt Tengvad ein. Auch der Niedergang der dänischen Holz- und Papierindustrie sowie die Schliessung von Werftanlagen haben den Verbrauch gesenkt. Doch die Pharmaindustrie, die Elektronikindustrie und der Maschinenbau seien gewachsen – und doch hätten sie ihren gesenkt. ZIEL: KLIMANEUTRAL Andere Länder könnten bezüglich der Energiewende viel von Dänemark lernen, so Tengvad. «Dänemark liefert den Beweis dafür, dass Wirtschaftswachstum nicht automatisch grösseren Energieverbrauch nach sich zieht», schreibt er in der Zeitung «Politiken». Dänemark hat in Sachen Klimaschutz tatsächlich viel aufzuweisen. So hat es die besten Klimarichtlinien unter den 58 Nationen, die für 90 Prozent der weltweiten CO2-Ausstosses stehen. Das zeigt der Climate Change Performance Index (CCPI) von 2015. Bis 2020 will das Land 70 Prozent seiner Energie durch erneuerbare Quellen gewinnen. Schon heute liefert der Wind über 39 Prozent seines Strombedarfs. Kopenhagen gilt als die grünste Hauptstadt der Welt. Das Fahrrad macht hier dem Auto Konkurrenz, der öffentliche Verkehr ist gut ausgebaut, die Gebäude werden energetisch saniert. Die Stadt könnte ihr gestecktes Ziel, bis 2025 die erste klimaneutrale Metropole der der Welt zu werden, durchaus erreichen.

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CLEANTECH

Methan raus und CO2 rein EIS-ENERGIE Forscher in Göttingen und Grenoble haben eine neue Form von Eis gefunden. Eis XVI ist die am wenigsten dichte kristalline Form von Wasser, die bisher gefunden wurde. Damit könnte man Methan auf dem Meeresboden fördern und CO2 dort ablagern. TEXT E L K E B U N G E

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issenschaftler der Universität Göttingen und des Instituts Laue-Langevin in Grenoble haben eine neue Form von kristallinem Eis synthetisiert. Das so genannte «Eis XVI» ist für die Forschung von besonderer Bedeutung, da die derzeit viel diskutierten Methangasvorkommen in der Tiefsee mit Wasser in dieser Form auskristallisieren. Wissenschaft und Energieunternehmen überlegen, diese Methanvorkommen auszubeuten und an Stelle des energiereichen Gases Kohlendioxid in den Eiskavernen zu lagern. Wenn Wasser gefriert, nimmt es in der Regel eine geordnete Kristallstruktur an, die meist sechseckig ist. Bislang haben Forscher sechzehn verschiedene Formen gefunden. Am Institut für Kristallographie der Universität Göttingen unter der Leitung von Professor Werner Kuhs haben Forscher jetzt gemeinsam mit Wissenschaftlern des Instituts Laue-Langevin in Grenoble die siebzehnte Kristallform von Eis synthetisch herstellen können. In dieser Kristallstruktur bilden die gefrorenen Wassermoleküle Käfige mit extrem großen Hohlräumen. Es ist die am wenigsten dichte Form von Wasser. Die neuen Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift «Nature» publiziert. NEUARTIGES EIS ÜBER MEHRERE TEILSCHRITTE ERSTELLT Die Herstellung des neuartigen Eises gelang dem Forscherteam über mehrere Teilschritte. Zunächst wurde ein so genanntes Neon-Clathrat hergestellt. Dabei handelt es sich um eine gefrorene Verbindung von Neon und Wasser. Anschließend wurde aus dieser Verbindung das Neon herausgepumpt. Übrig bleibt ein so genanntes leeres Clathrat, das sich ausdehnt, da die Anziehungskräfte von Neon und Wasser wegfallen. «Diese Expansion ist größer als erwartet», erklärt Werner Kuhs, Professor für Kristallographie der Universität Göttingen. 24

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

Ausschnitt aus der Kristallstruktur von Eis XVI: Wassermoleküle (kleine rote Punkte) werden durch Wasserstoffbrückenbindungen (weisse Verbindungen) zusammengehalten und bilden eine dreidimensionale Käfigstruktur. Normalerweise sind die Käfige mit Gasmolekülen gefüllt – in Eis XVI sind sie leer. (Bold: Universität Göttingen/Dr. Werner Kuhs)

Bereits im Jahre 2002 ist es der Göttinger Arbeitsgruppe um Kuhs gelungen, die Struktur von Methan-Clathrat zu identifizieren. Dabei handelt es sich um gefrorenes Wasser, in dem Methanin den Eiskäfigen eingeschlossen ist. Diese Eiskäfige, auch als Methanhydrat bekannt, finden sich in der Natur am Grund der Weltmeere. Dort binden sie gewaltige Mengen Methan. Das jetzt synthetisierte leere Clathrat, oder Eis XVI, besitzt die gleiche Käfigstruktur wie die natürlich vorkommenden Methan-Clathrate. RIESIGES GASPOTENTIAL UNTER DEM MEER Das Methan ist am Meeresgrund wie tief gefrorenes Erdgas in den Eiskäfigen gefangen. Ein gewaltiger Energiespeicher, der gleichermaßen seit den Neunzigerjahren die Besorgnis von Umweltexperten erregt: Durch die Klimaerwärmung und die gleichzeitige Erwärmung der Weltmeere können die Clathrate schmelzen, das Treibhausgas Methan in Bläschen aufsteigen und unkontrolliert in die Atmosphäre gelangen. Dabei ist Methan ein vielfach stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Auf der anderen Seite

sehen Forscher in diesen Vorkommen am Meeresgrund auch ein riesiges Potential, das in seiner Menge den jetzigen Reserven von Kohle, Öl und Gas entspricht, oder diese sogar übertreffen. Derzeit werden große Anstrengungen unternommen, Methan aus den Eisreserven am Meeresgrund zu gewinnen. CLATHRATE AM MEERESGRUND TECHNISCH NUTZEN Sein Institut arbeite am SUGAR-Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wird. Dabei geht es um die Gewinnung von Methan aus Gashydraten unter gleichzeitiger Lagerung von Kohlendioxid – also um einen Gasaustausch, erklärt der Kristallologe Kuhs. Neben der Gewinnung von Methan erforscht das Projekt auch die der Speicherung von Kohlendioxid aus Kraftwerken und anderen industriellen Anlagen im Meeresboden. SUGAR steht für Submarine Gashydrat-Lagerstätten: Erkundung, Abbau und Transport. Es steht unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel.


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GELD

Kleine ganz Gross OTC-HANDEL Die von der UnternehmerZeitung als Langfristanlagen empfohlenen ausserbörslichen Aktien haben sich günstig entwickelt. TEXT F R E D Y G I L G E N

OTC-RANKING Unternehmen Schilthornbahn AZ Medien ZO Medien Thurella DKSH Menzimuck Regiobank Solothurn Weisse Arena Schützengarten PS Pilatus Bahnen Holdigaz Auto Holding Parkhotel Rheinfelden Alpha Reinthal Casainvest NZZ S + L Frutigen Acrevis Espace Real Casino Baden S+L Münsigen WWZ Cendres+Métaux Kursaal Bern Lienhardt & Partner Plaston Griesser Holding

Kurs 575 1250 800 64.1 50 4400 2925 105 5120 1425 116 310 500 420 260 5800 2030 1190 139 520 1475 11300 9500 524 2460 5650 1250

Zeitpunkt des Tipps 10.01.12 14.11.09 06.11.11 26.06.11 09.08.11 14.09.11 14.09.11 19.07.12 09.03.12 14.02.12 11.01.12 19.07.12 23.06.11 14.02.12 09.03.12 09.11.11 09.11.11 23.06.11 23.06.11 19.07.12 10.01.12 23.06.11 03.09.12 06.10.11 09.03.12 11.08.09 11.10.11

Kurs aktuell 1100 1950 1115 89 69.05 6000 3800 131 6300 1750 138 360 550 456 281 6100 2050 1190 138 515 1450 11100 8450 430 2000 3800 750

Veränderung in % 91.3 56.0 39.4 38.8 38.1 36.4 29.9 24.8 23.0 22.8 19.0 16.1 10.0 8.6 8.1 5.2 1.0 0.0 – 0.7 – 1.0 – 1.7 – 1.8 – 11.1 – 17.9 – 18.7 – 32.7 – 40.0

Schilthornbahn: Drei Viertel der Nichtkotierten haben die Erwartungen erfüllt. Einzelne Enttäuschungen sind allerdings auch nicht ausgeblieben.

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chilthornbahn, Menzimuck oder AZ Medien statt Novartis, Roche oder UBS: Man muss nicht auf die weitherum bekannten Standardwerte setzen, um am Aktienmarkt auf einen grünen Zweig zu kommen. Titel von kleinen oder mittelgrossen Unternehmen, so genannte Small- und Mid-Caps, sind den Grossen nämlich oft ebenbürtig und häufig sogar überlegen. In Mittel- und Langfristvergleichen haben speziell die ausserbörslich gehandelten Small und Mid Caps immer wieder klar besser abgeschnitten als die grosskapitalisierten Standardwerte. 26

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

Auch im laufenden Jahr müssen sich die Kleinen nicht vor den Grossen verstecken. Im Gegenteil: Den Frankenschock haben sie deutlich lockerer weggesteckt als die Blue Chips. Während der Swiss Market Index nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses zeitweise zweistellige Verluste hinnehmen musste, büssten die wichtigsten Ausserbörsen-Indizes, der OTC-X-Liquidity und der OTC-X Top 50, nur wenig an Terrain ein. Wegen dieser günstigen Eigenschaften der Ausserbörslichen hat die UnternehmerZeitung zwischen Ende 2009 und Anfang 2012 im mehreren Folgen 27 ausserbörs-

liche Titel vorgestellt, die sich besonders gut als Langfristanlage eignen könnten. Die mittelfristige Bilanz dieser Tipps ist überaus positiv. Als eigentliche Renner haben sich die Titel der Schilthornbahn und der beiden Medienunternehmen AZ Medien und Zürcher Oberland Medien erwiesen. Aber auch für die später an die Hauptbörse transferierte Diethelm, Keller, Siber, Hegner (DKSH), Menzimuck und Thurella resultierten Kursgewinne von über 30 Prozent (siehe Tabelle). Enttäuschungen gab es nur wenige, ganz ausgeblieben sind sie allerdings nicht.


empfohlen wird auch die sehr substanzstarke Aktie der Kongress+Kursaal Bern AG. FÜR INVESTOREN, NICHT SPEKULANTEN Ausserbörsliche Aktien, eignen sich nur für längerfristig orientierten Investoren mit einem Interesse an KMU. Diese Anleger dürfen sich dann aber nicht nur an der überdurchschnittlich guten Performance ihrer Titel freuen, sondern können auch von viel geringeren Kursschwankungen als bei den börsenkotierten Aktien profitieren. Für Rolf Bigler, Leiter des ausserbörslichen Handels bei der Berner Kantonalbank BEKB, lässt sich diese geringe Volatilität gut begründen: «Im OTC-Segment sind vor allem Anleger tätig, die nicht kurzfristig spekulieren, sondern sehr langfristig orientiert sind oder mangels Liquidität bei den Nichtkotierten auch sein müssen.» Blinder Eifer ist aber auch bei den Ausserbörslichen fehl am Platz: Auch unter den an der OTC-X gehandelten Aktien gibt es immer wieder Ausreisser. Nach oben und auch nach unten. Die kaum gehandelte Aktie der Klosters-Madrisa-Bergbahnen hat in den vergangenen 12 Monaten zum Beispiel um über 560 Prozent zugelegt, jene des Hotels Waldhaus Flims 70 Prozent verloren. Eine sorgfältige Titelwahl ist also bei den Nichtkotierten besonders wichtig. Auf den ersten Blick ist die Auswahl nämlich enorm: Die Zahl der Aktien, die über eine Valorennummer verfügen und damit theoretisch ausserbörslich gehandelt werden könnten, beträgt in unserem Land zwischen 700 und 800. Davon werden rund 500 mehr oder weniger regelmässig gehandelt. Diesen scheinbaren OTC-MARKT

Foto: Schilthorn/Datenquelle: Berner Kantonalbank

Mit Griesser, Plaston und Cendres+Métaux haben gleich drei solide Industrieunternehmen die Erwartungen bisher nicht erfüllt. Die Titel der Griesser Holding, einem auf die Herstellung von Sonnenstoren und Rollläden fokussierten Unternehmen, litten unter einer aufwändigen Umstrukturierung. Nun sollte es aber wieder aufwärts gehen. Auch dem Kunststoffunternehmen Plaston trauen Marktbeobachter einen Wiederaufschwung zu. Dies nicht zuletzt weil die Titel deutlich unter dem Buchwert notieren. Für längerfristig denkende Investoren bleiben also sowohl Griesser wie Plaston ein Kauf. Weiterhin

OFFEN FÜR (FAST) ALLE Der Markt mit den Nichtkotierten (OTC-Markt) umfasst alle nichtkotierten Schweizer Aktiengesellschaften, deren Titel ausserbörslich gehandelt werden und die bei einer Bank gelistet sind. Im Gegensatz zu den teils sehr stark regulierten Börsen wie der Schweizer Börse SIX bestehen für diesen Markt keine regulatorischen Bestimmungen. Es gibt also weder Kotierungsgebühren noch Mindestkapitalvorschriften, noch Mindestrechnungslegungsstandards. Damit ein Handel aber überhaupt zu Stande kommen kann, sollte ein minimaler Bestand an frei handelbaren Aktien (free float) vorhanden sein. Seitdem der Grossteil des OTC-Handels über die vollelektronische Plattform der BEKB abgewickelt wird, ist dieser Handel bezüglich Volumen, Preisbildung und Marktentwicklung aber ähnlich transparent wie der börsliche Handel. Neben der BEKB sind auch die Zürcher Kantonalbank, die Lausanner Bondpartners sowie Zürcher Privatbank Lienhardt&Partner in diesem Marktsegment tätig.

«embarras de richesse» gilt es allerdings sofort zu relativieren: An der OTC-X sind nur rund 320 Titel registriert und bloss mit 150 bis 200 findet von Zeit zu Zeit und mit etwa 80 wirklich regelmässig ein Handel statt. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 20 Milliarden Franken kann sich die Nichtkotierten-Börse zudem noch lange nicht mit der Schweizer Aktienbörse SIX vergleichen, deren Marktkapitalisierung rund 1.2 Milliarden beträgt. Es ist also offensichtlich: OTC-Aktien sind relativ illiquid. Das heisst, Titel können manchmal nicht oder nur nach einer Wartezeit erworben werden. Auch der Verkauf geht oft nur sehr schleppend vor sich. Und die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs ist bei nichtkotierten Titeln in der Regel hoch. Investoren müssen die Aktien deshalb lange halten, um einen Gewinn zu erzielen. WARUM DIE KLEINEN BESSER SIND Gerade die geringere Liquidität und der erschwerte Zugang der Anleger zu Informationen sind nach Ansicht von Finanzmarkttheoretikern aber auch ein Grund für die langfristige Überrendite der Nichtkotierten. Daneben werden ein grösseres Risiko und weniger stabile Erträge als Gründe für die bessere Performance genannt. Zum günstigeren Chance-Risiko-Profil der kleinen Unternehmen tragen ebenfalls folgende Punkte bei: Sie reagieren wesentlich flexibler auf Marktveränderungen als grössere Konzerne. Sie sind meist innovativer. Und sie können dank ihrer geringeren Grösse schlicht schneller und profitabler wachsen. Ebenfalls zu beachten: Der Ausserbörsen-Handel ist nicht dem Schweizer Börsengesetz unterstellt. Das bedeutet, dass Minderheitsaktionäre kaum vor einem dominanten Hauptaktionär geschützt sind. Die Informationen sind bei OTC-Gesellschaften sodann weniger häufig und transparent als bei börsenkotierten Unternehmen. «Die ausgewiesenen Zahlen der Ausserbörslichen sind oft mangelhaft», kritisiert Rolf Biland, Anlagechef beim VZ Vermögenszentrum. Für Privatanleger se es deshalb nicht so einfach, die echten Perlen in diesem Segment zu erkennen. FAZIT Sorgfältig ausgewählte Nichtkotierte sind sowohl wegen ihrer Kursstabilität wie aus Diversifikationsgründen eine echte Bereicherung sowohl für private wie für institutionelle Anleger. Wegen der immer noch geringen Liquidität muss aber sehr langfristig agiert werden. Grössere Positionen müssen nämlich oft monate- oder sogar jahrelang auf- und später ebenso sorgfältig wieder abgebaut werden. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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GELD

David Din konnte dank der Investitionsplattform investiere 1,76 Millionen Franken für die Finanzierung seines Startups generieren.

Foto: zVg / Bruno Arnold

Blick hinter die Kulissen STARTUP-FINANZIERUNG Startups sind immer auf Geldquellen angewiesen. Zu den grössten Herausforderungen eines Jungunternehmens gehört deshalb der Finanzierungsprozess. Ein Fallbeispiel. TEXT D A V I D S I D L E R

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ine tolle Idee, aber nicht genug Geld, um sie zu realisieren. In genau dieser Situation befand sich David Din, Gründer und CEO vom Cleantech-Startup Bluetector. Bereits im Mai 2012 nahm er Kontakt mit Startupinvestoren auf. Er suchte Hilfeleistung für die erste Finanzierungsrunde seiner Firma, welche über eine in mobile Container passende Technologie verfügt, um stark verschmutztes Abwasser zu behandeln. ERSTE KONTAKTAUFNAHME Fündig wurde Din unter anderem bei der Investitionsplattform investiere. Diese nahm Bluetector in ihren Selektionsprozess auf und warf einen näheren Blick auf die Technologie, das Unternehmen und vor allem auch auf das Team. Schon damals waren die Investoren begeistert vom Ehrgeiz und der 28

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

Motivation von David Din, einem erfahrenen Unternehmer, der bereits eine Firma im Bereich der Abwasserbehandlung aufgebaut und erfolgreich geführt hat. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt weder der Prototyp des ersten Reinigungscontainers fertiggestellt und funktionsfähig, noch konnte das Unternehmen konkrete Kunden oder Umsätze vorweisen. Zu den Selektionskriterien von investiere gehört, dass ein Unternehmen bereits erste Markt- oder Technologieerfolge präsentieren muss. Im Falle von Bluetector, einem Technologieunternehmen, welches an einem physischen Produkt arbeitet, wurde ein funktionierender Prototyp sowie ein erster Kunde erwartet. Weil diese Meilensteine noch nicht erreicht waren, bekam Bluetector für die erste Finanzierungsrunde eine Absage. Gleichzeitig wurde aber weiteres Interesse

betont, da die Investoren vom Unternehmer, vom Markt sowie vom damit verbundenen Produktpotential überzeugt waren. Bluetector schloss daher zunächst eine Zwischenfinanzierung mit einigen privaten Investoren aus dem persönlichen Umfeld des Unternehmers sowie der Zürcher Kantonalbank ab. Mit diesen Mitteln konnte Bluetector einen funktionierenden Prototypen herstellen und mit TOI TOI & DIXI, dem globalen Marktführer für mobile Sanitärsysteme, einen ersten bedeutenden Kunden gewinnen. NEUE AUSGANGSLAGE Mit dieser neuen Ausgangslage wurde Bluetector Anfang 2014 erneut in den Selektionsprozess von investiere aufgenommen und es wurde mit der detaillierten Prüfung des Unternehmens begonnen. Dabei wurde die Meinung verschiedener Experten aus der eigenen


ÂŤEine grossartige ErfahrungÂť

S

eit 2010 haben Ăźber 25 herausragende Startups investiere genutzt, um Privatinvestoren mit relevanter Branchenerfahrung und Netzwerken zu gewinnen. David Din von Bluetector schildert seine Erfahrungen.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit investiere empfunden? DAVID DIN Mit investiere zu arbeiten war eine grossartige Erfahrung. Ich wurde bestens durch Michael Blank und dem gesamten investiere-Team unterstĂźtzt. Wie genau wurden Sie unterstĂźtzt? Vor allem bei der Strukturierung der Finanzierungsrunde und der Vorbereitung

der Investitionsverträge habe ich von investiere Hilfe erhalten. Zudem konnten wir Investitionen von hoch relevanten Individuen aus dem investiere-Pool sicherstellen. Das investiere-Team hat ausserdem sein externes Netzwerk aktiviert und uns mit verschiedenen Investoren ausserhalb der Plattform in Kontakt gesetzt. Wie geht es jetzt weiter fßr Bluetector? Wir haben mit der Produktion begonnen und werden im Mai den ersten Reinigungscontainer (Bluebox) auf den Markt bringen und dann einen weiteren alle drei Monate. Ausserdem sind wir dabei, neue Kunden

Investorengemeinde zum Marktpotential von Bluetector eingeholt und Kontakt zum Entscheidungspersonal bei TOI TOI & DIXI aufgenommen, um auch deren Erwartung als Kunde sowie deren Einschätzung der Technologie in Erfahrung zu bringen. Gleichzeitig wurden mit dedizierten Experten die folgenden Schwerpunkte untersucht: Kompetenz und Vernetzung des gesamten Teams, konkrete und realistische Vermarktungs- und Wachstumsstrategie, Wettbewerbssituation sowie anstehende Produktentwicklungen. Ebenso wurde ein genauer Einblick in die Unternehmens-

zu akquirieren und neue Märkte zu erschliessen. Wir haben bereits substantielle UnterstĂźtzung von einem gut vernetzten Investor erhalten, um im brasilianischen Markt Fuss zu fassen. Ausserdem arbeiten wir an neuen Produkten. Wir haben ein Verfahren entwickelt, um aus den RĂźckständen von Abwasserreinigungsanlagen Ă–l zu gewinnen. Dabei wird das Ă–l ohne Anwendung von Druck und Hitze hergestellt, was Energie und Geld spart. Dieses Ă–l lässt sich zu Biodiesel weiterverarbeiten. Der Prozess funktioniert bereits im Labor und eine Pilotanlage ist bereits dieses Jahr geplant.

dokumentation jenseits des Businessplans genommen und die bestehenden Patente und alle vorliegenden Verträge mit Zulieferern, Banken und weiteren Partnern ßberprßft. Diese intensive Due Diligence ist wichtig, um etwaige rechtliche Hindernisse oder versteckte Verpflichtungen (Umsatzbeteiligungen, Exklusivitätsrechte, Wandlungsrechte, usw.) noch vor der Investition aufzudecken. Da auch dieser Schritt im Prozess positiv verlief, kam investiere zum Schluss, Bluetector in dieser Runde zu unterstßtzen und ihrer Investorengemeinschaft zu präsentieren.

ONLINE LANCIERT In Zusammenarbeit mit Bluetector wurde im Anschluss das Onlineprofil fßr die Investitionsrunde vorbereitet. Dies beinhaltet einen kurzen Film ßber das Unternehmen sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen aus dem Businessplan. Bluetector wurde auf der investiere Plattform lanciert und die Firma stiess schnell auf grosses Interesse der Investoren. Diese hatten Zugang zu den Unternehmensunterlagen und konnten im Forum des Onlineprofils direkte Fragen an den Unternehmer stellen und somit ihre eigene Due Diligence durchfßhren. Während der Finanzierungsrunde wurde Bluetector zudem mit dem KTI Start Up Label ausgezeichnet, erreichte den 27. Rang des 2014 Top 100 Startup Award und wurde als eines der fßnf besten Schweizer Cleantech-Startups prämiert. Kurz darauf entschied sich auch eine weitere Angelgruppe, an der Runde teilzunehmen. Als Vertreter der Business Angels setzte sich investiere bei der Strukturierung des Deals stark fßr die Investoren-Interessen ein und spielte eine Schlßsselrolle fßr die Ausgestaltung der Verträge. Ende Dezember 2014 wurden die finalen Investitionsverträge unterschrieben und eingesammelt und Anfang Januar 2015 wurde die Runde offiziell abgeschlossen. Das Jungunternehmen konnte am Schluss 1,76 Millionen Franken sichern. Neben investiere haben die Luzerner Kantonalbank (LuKB), die Zßrcher Kantonalbank (ZKB) sowie die StartAngels Investoren an dieser Finanzierungsrunde teilgenommen. Bluetector hat eine sehr innovative und umweltfreundliche Technologie entwickelt, welche Kunden deutliche Kostenersparnisse bietet (bis zu 75 Prozent ihrer bisherigen Abwasserentsorgungskosten) und das Potential hat, in Zukunft viele weitere Märkte zu erschliessen.

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Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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GELD

Vieles spricht für EU-Aktien ANLAGESTRATEGIE Der Anlagenotstand bei Obligationen hat sich durch die letzten Beschlüsse der Notenbanken akzentuiert. Um gute Renditen zu erzielen, sind Anleger gezwungen, mehr Risiken einzugehen. TEXT P E T E R B Ä N Z I G E R

Auch wenn ein Übergewicht von Euroland-Aktien zu empfehlen ist, gibt es keinen Grund, Aktien grosser Unternehmen wie Nestlé, Roche oder Novartis negativ zu beurteilen. Diese haben zwar ihren Firmenhauptsitz in der Schweiz – wie Nestlé hier in Vevey –, operieren ansonsten aber in der ganzen Welt. Foto: Nestlé

D

ie Aufgabe des Mindestkurses von 1.20 Franken pro Euro durch die Schweizerische Nationalbank war ein Paukenschlag, der noch immer nachhallt. Die Diskussionen über die Folgen dieses Beschlusses werden weiterhin intensiv geführt. Die exportorientierte Wirtschaft sowie die Tourismus-Branche versuchen, den Staat in die Pflicht zu nehmen, um die negativen Folgen der Massnahme möglichst gut abzufedern. Da im Herbst eidgenössische Wahlen anstehen, rangiert dieses Thema natürlich auf der politischen Agenda weit oben. Auch viele Anleger wurden durch den Nationalbank-Entscheid auf dem falschen Fuss erwischt. Zu den Währungsverlusten auf Anlagen in Euro oder US-Dollar kamen Kursverluste am Schweizer Aktienmarkt hinzu. Tatsache bleibt: Die Überbewertung des Frankens ist massiv (GRAFIK 1). Das Ausmass dieser Überbewertung kann vermutlich nur durch die anstehenden 30

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Quantitative-Easing-Programme der Europäischen Zentralbank sowie die ausgeprägten deflationären Tendenzen in der Eurozone erklärt werden. Aus der enormen Überbewertung des Schweizer Frankens ergeben sich die ersten Anlagekonklusionen: – Schweizer Firmen, bei denen die Masse der Kosten in der Schweiz anfallen, und die ihre Produkte hauptsächlich im Ausland verkaufen, haben ein erhebliches Wettbewerbsproblem. Bei Aktien solcher Firmen ist deshalb grundsätzlich Vorsicht angesagt. – Indexschwergewichte, die ihren Firmenhauptsitz in der Schweiz haben, ansonsten aber in der ganzen Welt operieren, wie beispielsweise Nestlé, Roche und Novartis, sind eigentlich nicht als Schweizer Unternehmen anzusehen, da die in der Schweiz anfallenden Kosten und Umsätze nur einen kleinen Teil ausmachen. Es gibt keinen makroökonomischen Grund, diese Aktien negativ zu beurteilen. Im Gegenteil: Die erste Verkaufswelle bei Schweizer Aktien

erfolgte undifferenziert, da beispielsweise Indexfonds auf den Swiss Market Index SMI verkauft wurden. – Gewerbliche Immobilien, insbesondere im grenznahen Umfeld, dürften unter Druck geraten und sollten dementsprechend innerhalb eines Immobilienportfolios Schweiz untergewichtet werden. MEHR RISIKO, WENIGER HOME BIAS Durch die noch tieferen Zinsen hat sich der Anlagenotstand bei festverzinslichen Wertpapieren verschärft. Wir rechnen damit, dass Anleger nun folgende Ausweichmöglichkeiten wahrnehmen werden: – Vermehrte Investitionen in Schweizer Immobilien – Vermehrte Investitionen in Anleihen mit höheren Kreditrisiken – Abbau des Home Bias, also aus Sicht eines Schweizer Anlegers eine Reduktion des Übergewichts von Schweizer Aktien und Anleihen


FRANKEN GEGENÜBER DEM EURO DEUTLICH ÜBERBEWERTET (GRAFIK 1)

fairen Wert. Gemessen an den nachhaltig erzielbaren Trendgewinnen sind europäische Aktien im Vergleich zu US-Aktien beispielsweise günstig bewertet. Aufgrund der aktuellen Bewertungssituation und aufgrund der geringen preislichen Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen empfiehlt Swisscanto ein deutliches Übergewicht von Euroland-Aktien innerhalb eines globalen Aktienportfolios.

2.2 2.0 1.81 1.6 1.3 1 300

1.2 1.0

1 038

0.8 1990 90 0 19 1992 992 2 1994 4 199 1996 6 199 1998 8 200 2000 200 20 2002 2 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Wechselkurs Wechse hselku lkurs rs

K Kaufkraftparität

Devisenterminkurs

BEWERTUNGSVERGLEICH SPRICHT FÜR EUROPÄISCHE AKTIEN (GRAFIK 2) Welt

USA

12%

Europa ex UK und CH

UK

Schweiz

Japan 14%

13%

11%

10%

6%

ASIEN 12%

EMMA 14%

4%

3% – 2%

– 5%

– 6%

– 8% – 15%

Trendmodell

IBES-Gewinnschätzungen

– 25%

Grafikquellen: Datastream, Modell Swisscanto

Langfristig ist es grundsätzlich sinnvoll, Mittel aus einer Währungsregion, die eine stark überbewertete Währung hat, in andere Regionen zu verlegen. Man profitiert dann entweder von einer Aufwertung der Auslandswährung und/oder von einem vergleichsweise überdurchschnittlichen Gewinnwachstum aufgrund der wesentlich höheren Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Unternehmen. Diese Überlegungen sprechen dafür, dass Schweizer Anleger vermehrt im Euroland investieren sollten, insbesondere auf der Aktienseite. Das muss aber keinesfalls bedeuten, dass Schweizer Aktien in einen Abwärtstrend geraten. Die Zinssituation könnte durchaus dazu führen, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis von geschätzten 17.1 für 2015 für den SPI deutlich nach oben ausgedehnt werden könnte. Auch die hohe Dividendenrendite vieler Schweizer Blue Chips wird dem Markt Unterstützung geben. Ein Hauptgrund für den starken Schweizer

Franken lag darin, dass die akkumulierten Leistungsbilanzüberschüsse der Schweiz nicht wieder vom privaten Sektor in Form von Aufkäufen von europäischen Aktien, Anleihen, Immobilien und Devisen ins Ausland zurückflossen. Deshalb musste die Schweizerische Nationalbank diese Rolle übernehmen, indem sie all die Euroanlagen tätigte, die der schweizerische Privatsektor nicht tätigen wollte. Mit der weitgehenden Freigabe des Wechselkurses sind die Abwertungsängste der Schweizer Anleger gegenüber Eurolandanlagen stark reduziert worden. Die Negativzinsen schaffen einen weiteren Anreiz, dass der Privatsektor jetzt die Leistungsbilanzüberschüsse im Ausland, vor allem im Euroland, investiert. Dies dürfte längerfristig eine Abwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro auslösen. KURSPOTENZIAL BEI EUROPÄISCHEN AKTIEN GRAFIK 2 zeigt die geschätzten Abweichungen ausgewählter Aktienindizes vom jeweiligen

ÖLPREIS ALS KONJUNKTURHILFE Neben der Entwicklung des Schweizer Frankens mahnt der tiefe Ölpreis zu einer Anpassung der Anlagestrategie. So schlecht der tiefe Ölpreis für den Ölsektor, insbesondere für Ölservice-Unternehmen und für ölexportierende Länder ist, so gut ist der tiefe Preis für die Länder und Sektoren, welche Öl als Rohstoff in ihrem Produktionsprozess benötigen. Diese Aussage gilt auch für die Konsumenten, welche in Form von tieferen Heizöl-, Benzin- und Kerosinpreisen profitieren. Der Ölpreisrückgang wirkt wie ein gigantisches Konjunkturankurbelungsprogramm für alle Nichtöl-Sektoren. In Anbetracht des tieferen Euros, der tieferen Zinsen, des tieferen Ölpreises und der durch die EZB erzwungenen Ausweitung des Kreditangebotes stehen die Chancen gut, dass das Euroland innerhalb der nächsten zwei bis drei Quartale eine überraschende Wachstumsbeschleunigung erfahren dürfte, was auch für das Gewinnwachstum der Unternehmen positiv wäre. Diese Aussage muss jedoch präzisiert werden: Während das Realwachstum und das Wachstum der realen Gewinne positiv überraschen dürften, rechnen wir aufgrund des Deflationsdruckes mit einem weiterhin enttäuschenden Nominalwachstum. Da der Bewertungsabschlag zyklischer Aktien zum Beispiel aus dem Industrie-Sektor gegenüber sicheren Nicht-Zyklikern wie etwa Nahrungsmittel-Produzenten hoch ist, dürfte es sich lohnen, durch das Übergewichten zyklischer Aktien auf die sich anbahnende Konjunkturerholung im Euroland zu setzen.

DER AUTOR

Peter Bänziger ist Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsleitung des Fondsanbieters Swisscanto.

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DIGITAL

Chancen und Risiken 4.0 ZUKUNFTSPROJEKT Der Begriff der Industrie 4.0 ist in aller Munde. Aber was meint er? Welche Bereiche der Wirtschaft sind betroffen? Wie verändern sich unsere Arbeit und unser Alltag? Und kann auch die Schweiz von den Ansätzen profitieren? TEXT O L I V E R B E N D E L

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ie Industrie 4.0 ist ein Zukunftsprojekt der deutschen Regierung. In den letzten Jahrzehnten wurde die Produktion immer mehr ausgelagert. Die Wirtschaft stand Ende des 20. Jahrhunderts am Scheideweg. Die BRD könnte, so die Überlegungen, noch mehr zum Dienstleistungsland werden. Oder wichtiger Produktionsstandort bleiben, indem Produktionsfaktoren und -mittel völlig neu gedacht und arrangiert würden. Die Idee der Industrie 4.0 war geboren. BEGRIFF DER INDUSTRIE 4.0 «Industrie 4.0» ist ein Marketingbegriff, nebulös und tendenziös. Das muss kein Nachteil auf Dauer sein. Wir können dabei zusehen, wie Bedeutungen geboren werden, und wir können diese mitprägen. Etliche Wissenschaftler gebrauchen den Terminus inzwischen in ihren Publikationen. Die Nummer verweist auf die vierte industrielle Revolution, wobei die dritte die digitale war. Es handelt sich um kein Release wie bei einer Software. Man denkt an «Web 2.0» und «Web 3.0», wo ebenfalls bestimmte Vorstellungen und Bewertungen vermittelt werden, und an die damit angesprochenen Entwicklungen, die mit der Industrie 4.0 durchaus zu tun haben. Charakteristisch für die Industrie 4.0 sind Automatisierung, Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung, wobei eine möglichst vollständige Vernetzung sowie die Erhöhung von Effektivität und Effizienz angestrebt werden. Kern der Industrie 4.0 ist die Smart Factory, die intelligente Fabrik. Diese wird mit Hilfe von cyber-physischen Systemen (die aus physischen Komponenten bestehen, virtuelle Inputs erhalten und physische Produkte hervorbringen) und innovativen Industrierobotern betrieben und ist mit ihrer Umwelt verbunden. Im Folgenden wird auf die genannten Begrifflichkeiten eingegangen: – Automatisierung ist ein altes Thema und ein weites Feld. Schon in der Antike wurden Apparaturen erfunden, die sich selbst-

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ständig in Bewegung setzten. Die Schweiz ist Automatenland, was unter anderem Jaquet-Droz zu verdanken ist, der im 18. Jahrhundert die berühmten «Androiden» erschaffen hat: Schreiber, Zeichner und Musikerin. Im Kontext der Industrie 4.0 geht es um eine automatisierte Produktion, die elektronisch gesteuert ist, um automatisierte Produktionsanlagen und um automatisierte Datenübertragungen, die wiederum die Produktion beeinflussen. – Autonomie ist die Selbstständigkeit von Menschen und Maschinen. In der Industrie 4.0 löst die eine immer mehr die andere ab. Im Zuge dieser Automatisierung wird der Mensch zum Assistenten der Maschinen. Er kontrolliert und wartet sie, die selbst zu handeln und zu entscheiden beginnen. Mehr und mehr autonom sind cyber-physische Systeme und Industrieroboter. Letztere verlassen ihre festen Plätze und mischen sich unter die Menschen, sofern noch welche vor Ort sind. Serviceroboter, Flugdrohnen, Kraftfahrzeuge und Anlagen aller Art werden ebenfalls immer eigenständiger und transferieren Daten an die intelligente Fabrik. – Flexibilisierung ist gegeben, wenn just in time auf Anforderungen reagiert werden kann. Die Produktion der intelligenten Fabrik wird von der einen zur anderen Minute beschleunigt, verlangsamt, gestoppt, neu ausgerichtet und angeordnet. Es werden andere Gegenstände in Serie hergestellt oder spezielle innerhalb der Serie, etwa mit Hilfe von 3D-Druckern. Eingebunden in die Wertschöpfungsprozesse sind Logistik- und Zulieferbetriebe und überhaupt Partnerfirmen, verwendet werden Daten aus sozialen Netzwerken, aus Informationssystemen und Datenbanken, von Messpunkten und «denkenden Dingen» (Internet der Dinge). – Individualisierung hängt in manchen Aspekten mit Flexibilisierung zusammen. Die Anforderungen sind z.B. Wünsche, die vom Kunden ausgehen und sich auf Form, Funktion und Inhalt beziehen. Man wird

über partizipative Medien involviert, sodass die «Individualisierung» sowohl Einzelne als auch Gruppen betreffen kann, und über andere digitale und traditionelle Kanäle. Crowdsourcing-Plattformen spielen ebenfalls eine Rolle. Es entstehen hybride Produkte, die nicht nur materiell exakt zum Kunden passen, sondern auch «virtuell», in Bezug auf Service- und Versicherungsleistungen. Bei Einzelanfertigungen kommt wiederum 3D-Druckern eine zentrale Bedeutung zu. Die Vernetzung in der Industrie 4.0 umfasst also Dinge, Systeme und Menschen, konkret Manager, Angestellte, Kunden etc. in Wertschöpfungsprozessen. Die Smart Factory ist das Herzstück und durch die systematische Verknüpfung der internen Anlagen gekennzeichnet, funktioniert aber nicht ohne die ebenso systematische Anbindung an die nähere und weitere Umwelt. Eine klassische industrielle Produktion können sich Deutschland und die Schweiz immer weniger leisten. Outsourcing und Offshoring sind eine Lösung. Eine andere ist der radikale Umbau der Industrie. Ziele müssen schneller und einfacher erreicht, Bedürfnisse besser befriedigt werden, bei gleichzeitiger Kostensenkung in ausgewählten Geschäftsprozessen. ANWENDUNGSFELDER IM 21. JAHRHUNDERT Neben der Fabrikation gehören Mobilität, Gesundheit sowie Klima und Energie zu den strategisch wichtigsten Anwendungsfeldern der Industrie 4.0. Damit ist eine roboterbasierte Fahrzeugproduktion (Smart Production) genauso relevant wie die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen und selbstständig fahrenden Autos, die Daten sammeln und an Werkstätten und Hersteller schicken. Operations-, Pflegeund Therapieroboter ergänzen menschliche Fachkräfte. Sie sind besonders präzise respektive ausdauernd und können rund um die Uhr benutzer- und vorgangsbezogene Daten auswerten. Das intelligente Stromnetz, das


Smart Grid, revolutioniert das Energiemanagement und verbindet Energieversorger und -systeme. Insbesondere Konzerne können die Investitionskosten stemmen, die Fabriken umwandeln, die Infrastruktur aufbauen und die Vermittlungs- und Endgeräte durchsetzen. Natürlich ist die Bereitschaft des Konsumenten gefragt, der zum Produzenten wird, zum Prosumenten. Er muss aktiver als bisher sein, seine Wünsche besser artikulieren können und eine veränderte Umgebung, sei es bei der Arbeit, zu Hause oder auf der Strasse, akzeptieren. In der Schweiz kommen mehrere Grossunternehmen als Kandidaten in Frage. Auch KMU sollten Möglichkeiten prüfen. Wenn sie über eine weitgehende Automatisierung verfügen, kann die Autonomisierung angegangen werden. Flexibilisierung und Individualisierung folgen Schritt für Schritt. Vielleicht ist sogar der eine oder andere Vorsprung vorhanden. Für schnelles Internet ist Deutschland nicht bekannt. Die Schweiz schon. Und Initiativen wie Digital Zurich 2025 können nicht schaden, auch mit Blick auf das Internet der Dinge, ebenso wenig Veranstaltungen zur Industrie 4.0, wie sie Swissmem durchgeführt hat. CHANCEN UND RISIKEN DER INDUSTRIE 4.0 Die Industrie 4.0 birgt Chancen und Risiken. Vorteilhaft sind neben Effizienz- und Effektivitätsgewinn u.a. Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit der Wirtschaft sowie Verbesserung der Arbeitsergonomie. Nachteilig ist, dass die komplizierten Systeme und komplexen Strukturen anfällig sind. Dies hat vor allem mit Autonomisierung und Vernetzung zu tun. Autonome Systeme können sich falsch entscheiden, entweder weil sie unpassende Regeln befolgen oder Situationen und Vorgänge unkorrekt interpretieren. Sie können Menschen verletzen und Unfälle verursachen, was die soziale Robotik zu bekämpfen versucht. Maschinelle Entscheidungen und Handlungen, die moralische Implikationen haben, sind Thema der Maschinenethik. Die Informationsethik beschäftigt sich damit, dass die vernetzten Systeme manipuliert und gehackt werden, falsche Daten benutzen und falsche Informationen liefern können, zudem mit der Gefährdung der informationellen und persönlichen Autonomie. Die Wirtschaftsethik sieht sich mit dem Wegfall einfacher Arbeit konfrontiert, auf die viele Menschen angewiesen sind. In der Industrie 4.0 gibt es Gewinner und Verlierer.

Die zwischen Mensch und Maschine notwendige Automatisierungstechnik muss intelligenter werden. Fotoquelle: BilderBox.com

DER AUTOR Oliver Bendel ist Philosoph und Wirtschaftsinformatiker. Er lehrt und forscht als Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft FHNW mit den Schwerpunkten E-Learning, Wissensmanagement, Social Media, Mobile Business, Informationsethik und Maschinenethik.

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PROMOTION

ALLURE OF THE SEAS Die Allure of the Seas bietet erlebnisreiche Unterhaltung, vielfältige Gastronomie und individuellen Serviece.

Schwimmende Oase Die Allure of the Seas ist nicht einfach nur grösser als alle anderen Kreuzfahrtschiffe, sie ist auch ein komplettes Ferien-Resort auf hoher See. TEXT F R A N Z N E U M E I E R

Wie zu Silvester am New Yorker Time Square drängen sich am letzten Abend der Kreuzfahrt die Passagiere der Allure of the Seas in der mehrere Decks hohen Royal Promenade, um einen Blick auf die Akrobaten, Stelzenläufer und Clowns der Parade zu erhaschen und die grosse Abschiedsparty mitzufeiern. Wo kommen plötzlich die vielen Menschen her? Erst jetzt fällt uns auf, dass wir während der Reise die fast 6 000 Passagiere kaum wahrgenommen haben, die mit uns an Bord waren. Nie Gedränge am Buffet, kaum Wartezeiten beim Landgang, immer ein paar freie Liegen am Pool, sogar im Schatten. Die Allure gleicht einem schwimmenden Ferien-Resort mit Entertainment auf Las-Vegas-Niveau, vom Musical-Theater über eine glamouröse Eis-Revue bis hin zur hippen Jazz-Kneipe und einem Comedy Club mit regelrecht familiärer At-

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mosphäre. Sie hat mit insgesamt 16 Restaurants und 19 Bars die Vielfalt einer kleinen Stadt und überrascht mit faszinierenden Besonderheiten. Wer erwartet auf einem Kreuzfahrtschiff schliesslich eine blühende Parkanlage mit Tausenden echter Pflanzen und Bäume? Eine Bar, die auf einem Wasserstrahl von einem Deck zum nächsten zu schweben scheint? Ein Jahrmarkt-Karussell mit nostalgischer Drehorgel-Musik? Eine Wasserfontänen-Show? Und hoch über den Köpfen der Passagiere verläuft über dem Boardwalk eine «Zipline» – ein Stahlseil, an dem sich mutige Gäste seilbahnartig von einer Seite zur anderen schwingen. Wer das Schiff zum ersten Mal betritt, bleibt mit offenem Mund stehen und staunt. Royal Caribbean nennt das mit einer guten Portion Stolz den «Wow»-Effekt.

Wöchentliche Abfahrten ab/bis Barcelona ins westliche Mittelmeer vom 24.05.–18.10.15 Kuoni Cruises, Kuoni Reisen AG Neue Hard 7, 8010 Zürich 044 277 52 00 oder www.kuonicruises.ch

Man vergisst leicht, dass man sich auf einem Schiff befindet. Wer die Weite des Ozeans, den Blick zum Horizont und romantische Sonnenuntergänge schätzt, kommt auf der Allure trotzdem auf seine Kosten. Pool- und Sports-Deck bieten einen ebenso grandiosen Meerblick wie der ruhige Erwachsenenbereich namens «Solarium» ganz vorne oben am Schiff, die beiden grossen, über die Bordwand hinausragenden Infinity-Whirlpools, das Windjammer-Restaurant oder die umlaufende Joggingbahn. Bleibt bei einem so grossen Angebot, bei so vielen faszinierenden Plätzen an Bord noch Zeit für Landgänge? Tatsächlich ist die Allure ein Erlebnis für sich. Dennoch macht eine richtige Kreuzfahrt natürlich auch aus, ganz bequem von Hafen zu Hafen zu fahren und jeden Tag eine neue Stadt, eine neue Insel zu entdecken. So aussergewöhnlich die Allure ist, so hat sie doch immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen. Die schiere Grösse des Kreuzfahrtschiffs sowie die grosse Passagierzahl verleiten zur Furcht, man sei an Bord ohnehin nur eine unpersönliche Nummer, überall herrsche Massenabfertigung. Wer allerdings einmal an Bord ist, merkt ganz schnell: Auf kaum einem Schiff dieser Preisklasse hat man so viel Platz und bekommt so individuellen Service wie auf der Allure of the Seas.


DIGITAL

Internet im Büro VON F E H M I E L B E N N A

WIE WICHTIG IST EINE ZUVERLÄSSIGE UND LEISTUNGSSTARKE INTERNETVERBINDUNG? Ein Internetanschluss gehört für Unternehmen aller Grösse zur Grundausstattung. Wie wichtig dabei die Leistungsfähigkeit ist, variiert von Unternehmen zu Unternehmen. So sollte die Art und Geschwindigkeit der Verbindung anhand der eigenen Bedürfnisse – zum Beispiel dem zu übermittelnden Datenvolumen gewählt werden. Gerade wenn man gewisse Programme nicht fix installieren,

sondern über das Internet nutzen möchte, ist eine schnelle Verbindung zentral. ALLES ÜBER EIN NETZ In einem Zeitalter, in dem immer mehr Geschäftsprozesse durch IT unterstützt sind, kommt nicht nur einer schnellen, sondern auch einer verlässlichen Internetverbindung eine Schlüsselrolle zu. Immer mehr KMU verzichten heutzutage auf eine eigene Serverlandschaft und beziehen stattdessen Infrastruktur sowie Software direkt aus

der Cloud. Dies erlaubt mobile Arbeitsformen, indem Anwendungen und Dokumente via Internet überall, jederzeit und auf verschiedensten Endgeräten verfügbar sind. Auch das Festnetztelefon hält dank der IP-Technologie Einzug ins virtuelle Zeitalter. Neu laufen dadurch alle Dienste wie E-Mail, Internet, Telefon und TV über IP, und damit über das gleiche Netz. EXTRA-EFFORT Damit bildet das Internet bereits heute die Basis für zahlreiche Geschäfts-

und Kommunikationsprozesse. Ausfälle und Störungen kann sich niemand leisten. Anbieter investieren daher Milliarden in den Netzausbau, um den Zugriff in der geforderten Qualität und Geschwindigkeit sicherzustellen. Denn die zunehmende Digitalisierung von Daten und Geschäftsprozessen sowie der Wunsch nach mehr Mobilität im Berufsalltag führen dazu, dass immer mehr Daten und Informationen in noch kürzerer Zeit übermittelt werden müssen. Einzelne Anbieter bieten ihren Kunden darüber hinaus eine sogenannte

Ausfallsicherheit, dank welcher diese bei einer Störung ohne Unterbrechung weiterhin surfen und telefonieren können.

FEHMI EL BENNA Fehmi El Benna ist KMU-Berater bei Swisscom und beantwortet Fragen zur Informations- und Kommunikationstechnologie.

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MOBIL

Euro verbilligt Mobilität CHANCEN UND RISIKEN Dass die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen hat, ist bekannt. Doch welche Auswirkungen hat die schwache Währung beispielsweise auf die Kosten der Firmenfahrzeuge? TEXT M A R T I N E R B

D

ie Anpassungen des Wechselkurses zwischen Euro und Schweizer Franken – für die Schweizer Wirtschaft Fluch und Segen zugleich? Lassen Sie uns einen Blick auf die Effekte aus den unterschiedlichen Perspektiven des Verbrauchers, des Fahrzeughandels und der Leasinggesellschaften werfen. DER VERBRAUCHER Ganz generell kann der Schweizer Kunde davon ausgehen, dass mit der Entscheidung der Schweizer Nationalbank alle Neu-Fahrzeuge günstiger geworden sind. Neben dem Euro haben sich nämlich auch die Wechselkurse des Dollars und anderer Währungen gegenüber dem Franken verschlechtert. Daher können nahezu alle Fahrzeuge zu erheblich günstigeren Preisen in die Schweiz eingeführt werden. Um zu verhindern, dass Kunden für den Fahrzeugkauf über die Grenze gehen und diese selbst aus den Nachbarländern importieren, haben sich die meisten Hersteller entschlossen, auch zu alten Konditionen importierte Lagerfahrzeuge in die Rabattaktionen einzubeziehen. Ebenfalls von diesem Effekt unmittelbar betroffen sind junge Gebrauchtwagen (bis ein Jahr alte Fahrzeuge). Um deren Attraktivität zu erhalten, muss zwischen Neuwagen und jungen Gebrauchten immer ein gewisser Preisabstand gewahrt werden. Preissenkungen für Neuwagen führen mit einem gewissen Zeitabstand auch zu Reduktionen der Preise bei älteren Gebrauchtfahrzeugen, wenngleich der Rabatt auf den Neuwagen nicht in jedem Fall voll auf den älteren Gebrauchtwagen durchschlägt. Dennoch: auch Gebrauchte werden sich verbilligen, wenn auch deutlich zeitversetzt und differenzierter. Auch im Bereich der Versicherung ist mit einer Preissenkung zu rechnen. Neuwertentschädigungen für Totalschäden oder Diebstähle und auch die günstigeren Teilepreise für die Unfallreparaturen sollten in den kom-

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menden Jahren für geringere Schadenkosten bei den Versicherern und damit in der Folge auch zu niedrigeren Versicherungsprämien führen. Diese Effekte werden leider erst sehr zeitversetzt spürbar und sind im Umfang heute schwer bewertbar. Einfacher wird es bei den Kraftstoffpreisen. Ein starker Franken macht den Import günstiger und durch die hohe Preisvolatilität wird das auch für den Konsumenten an den Zapfsäulen sehr schnell erkennbar. Kunden, die mit Fremdkapital die Fahrzeuge beschaffen – ob im Rahmen eines Lea-

Verbrauchern kommt der derzeitige Eurokurs beim Autokauf zugute. Für den Fahrzeughandel und Leasinggesellschaften gibt es allerdings grössere Herausforderungen. Foto: BilderBox.com

sing- oder Finanzierungsbetrages – können die nächsten Jahre mit konstant niedrigen Zinsen rechnen. Um die Attraktivität des Franken für die Anleger so tief wie möglich zu halten, wird die Nationalbank einen Leitzins nahe null Prozent festlegen und Banken bieten Grossanlegern sogar Maluszinsen für Guthaben an. Dieses niedrige Zinsniveau kommt den Verbrauchern wiederum in äusserst attraktiven Konditionen bei Leasingund Finanzierungsangeboten zugute. Soweit zu den Vergünstigungen. Im Gegenzug werden alle Verbraucher, die ihre


Fahrzeuge vor dem 15. Januar 2015 gekauft haben, feststellen, dass diese Fahrzeuge schnell an Wert verlieren. Je jünger das Fahrzeug, desto grösser der anteilige Wertverlust. Freilich wird dieser Verlust erst beim Wiederverkauf des Fahrzeugs realisiert. DER FAHRZEUGHANDEL Für den Fahrzeughandel ist die Entscheidung der SNB ein Albtraum. Die ohnehin schon schwache Ertragssituation der Branche wird durch den neuen Wechselkurs zusätzlich belastet. Der Schmerz ist auf den verschiedenen Stufen des Handels unterschiedlich ausgeprägt. Die ab dem 15. Januar 2015 eingeführten Fahrzeuge vergünstigen sich für die Importeure keineswegs automatisch im gleichen Verhältnis wie die Preise am Markt. Der Fahrzeughändler selbst kommt für die neu eingeführten Fahrzeuge noch vergleichsweise glimpflich davon, da er sich in der Regel nur in geringem Umfang aus eigenen Margen an den Rabattaktionen beteiligen muss. Auch bei den auf Lager befindlichen Neufahrzeugen sind in der Regel die Importeure und Hersteller bereit zu unterstützen. Grösser werden die Probleme bei jungen Gebrauchtwagen, die reichlich auf den Höfen der Händler stehen. Um diese gegenüber den nun günstiger gewordenen Ge-

brauchtfahrzeugen für die Kunden attraktiv zu halten, müssen die Preise in ähnlichem Umfang nach unten angepasst werden wie bei den Neuwagen. Das bedeutet in den meisten Fällen nicht nur den Verlust der Marge, sondern gar ein Verkauf des Fahrzeugs unter dem Einkaufspreis. Für mittelalte und ältere Gebrauchtfahrzeuge dürfte der Preisabschlag geringer ausfallen, aber auch hier ist mit Margenverlusten zu rechnen. Sorgen dürften den Fahrzeughändler die gegenüber Kunden und Leasinggesellschaften für bis zu fünf Jahre in die Zukunft garantierten Rückkaufpreise für gelieferte Fahrzeuge bereiten. Viele dieser Prognosen und Garantien die in den letzten drei bis vier Jahren gemacht wurden, werden Makulatur und stellen einige Marktteilnehmer vor grosse Herausforderungen. Auf der anderen Seite eröffnen die günstigeren Fahrzeugpreise auch neue Verkaufschancen. Die Kunden bekommen mehr Auto für ihr Geld. Nicht wenige könnten sich dadurch motiviert fühlen, ein grösseres Auto oder mehr Zubehör zu bestellen. DIE LEASINGGESELLSCHAFTEN Für die Höhe der Leasingraten eines Fahrzeugs sind drei Parameter entscheidend. Der Fahrzeugpreis, der kalkulierte Restwert und der Zinssatz. Da sich auf breiter Front die Fahrzeugpreise reduzieren, führt das auch zu einer Vergünstigung der Leasingraten. Im Gegenzug werden fallende Gebrauchtwagenpreise auch zu niedrigeren Restwertansätzen bei der Kalkulation von Leasingangeboten führen und deshalb den günstigeren Fahrzeugeinkauf teilweise neutralisieren. In Kombination rechnen wir in den kommenden drei bis vier Jahren aber mit durchgängig deutlich günstigeren Leasingraten für die Fahrzeuge als in den Jahren zuvor.

Die Unsicherheiten am Gebrauchtwagenmarkt könnten darüber hinaus den einen oder anderen Unternehmer motivieren, seine Skepsis gegenüber Leasingverträgen abzulegen und vom Fahrzeugkauf auf eine Leasinglösung zu wechseln. Dies garantiert ihm Planungssicherheit für die Kosten der Vertragslaufzeit und sichert das Gebrauchtwagenrisiko ab. Im Gegensatz dazu werden die Leasinggesellschaften mit den Restwertrisiken aus den Verträgen kämpfen, die vor der Wechselkursanpassung abgeschlossen wurden. Es bleibt abzuwarten, wie gross der Leidensdruck bei den verschiedenen Marktteilnehmern ist und wie diese damit umgehen werden. Da sich auch die Kosten für den Fahrzeugunterhalt aufgrund günstiger Teileund Zubehörpreise reduzieren, wird sich das etwas zeitversetzt in den Kalkulationen der Leasingraten für Services wie Wartung und Reparatur oder Reifenersatz niederschlagen. Für den Verbraucher also bedeutet die Wechselkursanpassung auf den ersten Blick ein Segen – für den Fahrzeughandel und die angeschlossenen Finanzdienstleister ist das Bild durchwachsener. Chancen und Risiken auf beiden Seiten. Die Herausforderungen auf der Anbieterseite sind ungleich grösser. Zu bedenken hierbei ist aber auch, dass niedrigere Margen bei den Unternehmern den Druck erhöhen, Kosten zu sparen und effizienter zu arbeiten. Das wird auch an den Belegschaften nicht spurlos vorüber gehen. Unternehmen mit grossen Firmenflotten können damit rechnen, dass die Gesamtkosten für die Fahrzeuge in den kommenden Jahren signifikant sinken werden und damit einen Beitrag leisten, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen zu stärken. DER AUTOR Martin Erb ist seit Februar 2013 CEO der Alphabet Fuhrparkmanagement (Schweiz) AG. Bereits im Jahr 1987 steigt er mit einer Aussendienstfunktion bei der BMW Kredit Bank in die Autoleasing-Branche ein. Im Jahr 1990 verlässt er den BMW Konzern und ist während 10 Jahren im Vertrieb für verschiedene Leasinggesellschaften tätig. Im Sommer 2000 kehrt er als Regionalleiter der Region Bayern für Alphabet zur BMW Group zurück. Besonderen Wert legt Martin Erb auf kundenorientiertes Denken, Zuverlässigkeit und nachhaltiges Handeln.

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MOBIL

Miles and Less ENTWERTETE MEILENPROGRAMME Von allen weltweit gesammelten Bonusmeilen verfallen gemäss Branchenexperten 33 Prozent ungenutzt. Dieser Prozentsatz dürfte in Zukunft noch wesentlich steigen, denn die Airlines verschlechtern ihre Meilenprogramme stetig. TEXT A L F R E D K U H N

Der Prozentsatz von verlorenen Meilen dürfte in Zukunft noch weiter steigen, denn die Airlines verschlechtern ihre Meilenprogramme stetig. Für den Normalverbraucher wird es fast unmöglich, jemals genügend Meilen für einen Prämienflug zu sammeln. Foto: BilderBox.com

I

n der UZ 5/2013 wurde an dieser Stelle die Frage diskutiert, ob nach der deutlichen Verschlechterung des Miles&More Vielfliegerprogramms der Lufthansa andere Meilenprogramme, von denen es weltweit circa 200 gibt, diesem Beispiel folgen würden. Dr. Alexander König, Gründer der Vielfliegerberatung «First Class & More» sagte damals voraus, dass die Meilengutschriften in Zukunft immer mickriger und die Programme in der Handhabung komplexer würden. Anderer Meinung war der Meilen-Experte Ravindra Bhagwanani, Geschäftsführer der Firma Global Flights, der die Verschlechterung bei Miles&More als Einzelfall ansah. DELTA: BIS 80 PROZENT WENIGER Im März 2014 schockierte dann aber die drittgrösste US-Airline Delta die Vielflieger und Meilensammler mit der Nachricht, dass sie ihr Meilensystem drastisch umbauen wolle. Delta setzte dabei neu auf zahlungskräftige Topkunden, während für die meisten Reisenden die Meilengutschriften drastisch gesenkt wurden. Belohnt werden nach dem neuen System von Delta die «Teuerflieger» und nicht mehr die Vielflieger. Das bedeutet, dass nicht mehr die effektiv geflogenen Meilen vergütet werden, entscheidend ist nur noch der gezahlte Preis abzüglich Steuern und Gebühren. Meilen gibt es demnach nur noch für harte Dol38

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lars. Delta ist aber nicht die erste Airline, die ihr Meilensystem entsprechend umgebaut hat. Vor ihr haben die amerikanischen Airlines Southwest, Jetblue und Virgin America ein ähnliches flugpreisbasiertes System eingeführt. Gewinner dieser Systemänderung sind Status-Kunden, die bereit sind, den teuersten Tickettarif zu zahlen, denn laut Eigenaussage macht Delta mit vier Prozent seiner Kunden mehr als ein Viertel der Umsätze. Für die Mehrzahl der reisenden Normalverbraucher sind die Meilengutschriften aber um bis zu 80 Prozent gesunken. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass die preisbewusste Kundschaft, die nach einem guten Preis-Leistungsverhältnis sucht, nach und nach von Delta & Co. abwandern wird. In diesem umkämpften Markt gibt es genügend Ausweichmöglichkeiten. ARABISCHE AIRLINES: TOP-MEILENPROGRAMME Insbesondere die Fluggesellschaften aus dem Nahen Osten bieten Alternativen mit zum Teil sehr guten Meilenprogrammen. Bei Flotte und Komfort in der Luft stehen Qatar Airways und Emirates sowieso schon heute an der Spitze. Und am Boden bieten die arabischen Airlines ihren Business- und First-Class-Passagieren beispielsweise einen einzigartigen, kostenlosen Limousinenservice an. Der erwähnte Bonusexperte A. Koenig meinte deshalb unlängst zu diesem Thema: «Vor allem die Araber holen mäch-

FLÜGE SELBER SUCHEN Jedermann kann im Internet selbst herausfinden, wann und bei welcher Airline es die günstigsten Flüge weltweit gibt. Grundlage ist die sogenannte «ITA-Software» von Google (http://matrix.itasoftware.com), mit der sich zahlreiche Schnäppchen aufspüren lassen, sei es in Economy, Business oder First Class.

tig auf.» Bei den Meilenprogrammen zeigte Qatar nach dem Beitritt zu oneworld, wie es geht: die Steuern und Gebühren bei Prämienflügen sind sehr niedrig und verfallene Meilen kann man gegen eine Gebühr reaktivieren. Bei Qatar und Etihad kann man bei der Buchung von Prämienflügen einen Teil der Meilen durch Geld ersetzen (Cash- and Miles-Option) und so Flüge günstig buchen, für die man noch nicht genügend Meilen gesammelt hat. Überhaupt schneidet das Meilenprogramm von Etihad in Vergleichen immer wieder sehr gut ab; sowohl das Sammeln als auch das Einlösen von Meilen geht einfach vonstatten. Seit Etihad eine neue Airline Allianz (Etihad Airways Partners) gegründet hat, ist das Programm noch interessanter geworden. Sechs internationale Fluggesellschaften zählen bereits dazu: airberlin, Air Serbia, Air Seychelles, Jet Airways, Darwin Airline und Etihad Airways. Man darf gespannt sein, wel-


che weiteren Airlines sich in nächster Zeit der neuen Allianz anschliessen werden. Kunden von Etihad Airways Partners sollen gemäss Pressemitteilung in Zukunft von einem breiteren Streckenangebot und noch mehr Vorteilen für Meilensammler profitieren: Der Mehrwert soll für Vielflieger auf einen Blick ersichtlich sein, ohne dass man sich lange mit Vor- und Nachteilen der vermeintlich besten Allianz beschäftigen müsse. Das Sammeln und Einlösen von Meilen soll innerhalb eines einheitlichen Meilenprogramms mit allen Airlines der Allianz möglich sein. Das beinhaltet aufeinander abgestimmte Bonusmeilen- und Statusvorteile aller Partner sowie Prioritiy Services. Tatsächlich ist es ein Problem der meisten Meilenprogramme, dass sie extrem komplex gestaltet sind. Dahinter dürfte zumindest teilweise Absicht stecken, denn so ist es für den Kunden schwierig, einen Vergleich zu ziehen. Man darf gespannt sein, wie Etihad die hochgesteckten Ziele umsetzen wird. WEITERE MEILENKÜRZUNGEN BEI MILES&MORE Die im Jahr 2010 begonnene Verschlechterung des Vielfliegerprogramms der Luft-

hansa geht immer noch weiter. Seit 2013 schränkte die Lufthansa selber bei diversen Buchungsklassen die Meilenvergabe massiv ein. Ab Anfang 2014 wurde die Meilenvergabe bei 22 Partner-Airlines, darunter auch bei der Swiss, bis zu 75 Prozent gekürzt. Wenn man nun aber bedenkt, dass die Meilen bei Swiss nach drei Jahren verfallen, ist es für den Normalverbraucher, der vielleicht zwei oder drei Mal im Jahr in ein Flugzeug sitzt, praktisch unmöglich geworden, jemals ein Prämienticket zu ergattern, bevor die Meilen verfallen. Erreicht man vielleicht doch einmal die nötige Anzahl Meilen für einen Prämienflug, dann kommt die nächste Überraschung: Die Gebühren für den Prämienflug sind gleich hoch oder sogar höher als der reguläre Preis für denselben Flug. Ab 1. Januar 2015 gelten nun auch bei Germanwings, dem Low Cost Carrier der Lufthansa, neue Regelungen. In bestimmten Buchungsklassen wird das Meilensammeln ganz ausgeschlossen, in anderen bis zu 80 Prozent gekürzt. «Die Lufthansa hat im Moment wirklich kein glückliches Händchen, was Neuerungen angeht», meinte dazu Bonusprogrammexperte Koenig.

SINNVOLLE VIELFLIEGERSEMINARE? Wie kann man aber mit den gesammelten Meilen eventuell doch noch etwas Sinnvolles anfangen? Schlaue Manager haben ein Geschäft daraus gemacht, Kunden mit Meilenproblemen zu beraten. Beispielsweise Dr. Alexander Koenig: Er entwickelte Strategien, um Meilen und Punkte bei Airlines und Hotels optimal auszunutzen. So gründete Koenig das Insiderportal «First Class & More». Die Abonnenten dieses Portals erhalten in regelmässigen Abständen extrem günstige Reiseangebote per Email zugesandt. Koenig vermittelt sein Wissen aber auch in Seminaren, die jeweils in noblen 5-Stern-Hotels stattfinden. Kostenpunkt: rund 700 Euro. Geeignet dürfte das Seminar vor allem für Leute sein, die gerne Schnäppchen in der Businessoder First Class ergattern wollen. Diese kann man dank den Tipps von Koenig um bis zu 70 Prozent günstiger buchen, sei es nun mit oder ohne Meilen. Wem dies alles aber zu aufwändig oder zu teuer ist, der kann, Google sei Dank, im Internet selber die weltweit günstigsten Flugtarife heraussuchen (siehe Box).

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PIONIERE

Eiserner Wille PIONIER DES MONATS Der Name Ganz hat in Ungarn bis heute einen guten Klang. Die imposante Gruft von Abraham Ganz auf dem Kerepeser Friedhof in Budapest zeugt von seinem grossen Reichtum, den er sich als Pionier der Maschinenindustrie erarbeitet hat. Kaum ein Schweizer hat es im Ausland zu solch einem unternehmerischen Erfolg und sozialen Aufstieg gebracht wie Ganz. TEXT B E R N H A R D R U E T Z

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ls Erfinder, Kaufmann und Fabrikherr hat Abraham Ganz entscheidend dazu beigetragen, das von feudalen Privilegien geprägte Ungarn des 19. Jahrhunderts in das industrielle Zeitalter zu führen. Abraham Ganz kommt am 8. November 1814 im zürcherischen Embrach als Sohn eines Lehrers auf die Welt. Mit siebzehn Jahren tritt er bei der Maschinenbaufirma Escher Wyss eine Lehre als Eisengiesser an. Deren Mitbegründer, Hans Caspar Escher, ist sein erstes grosses Vorbild. Im Anschluss begibt sich Ganz auf die Wanderschaft – zu lange in den Augen des Vaters. Er ermahnt seinen Sohn, endlich wieder nach Hause zu kommen. Dieser antwortet aus Paris: «Ich will zuvor noch in einigen schönen Giessereyen arbeyten.» Ganz zieht es nicht nach Embrach, sondern gegen Osten. In Wien erfährt Ganz 1841 von der Einrichtung einer neuartigen Dampfmühle in Budapest mit Schweizer Know-how. Er bewirbt sich für eine Stelle und wird alsbald Leiter der Giesserei. Anfänglich als Reparaturwerkstätte für die Mühle gedacht, entwickelt sich diese zu einem florierenden Unternehmen. 1845, nach einem Zerwürfnis mit dem Schweizer Direktor, macht sich Abraham Ganz selbständig. Seine Giesserei im Stadtteil Buda, am anderen Donauufer, gehört zu den «ersten Industriebetrieben» in Ungarn, so die Ganz-Biographen L. Arato und Moia Schnyder. Binnen kurzer Zeit arbeitet sich Ganz vom zugewanderten Giessereigesellen zum geachteten Bürger empor. Weil er in Ungarn zu wenige Fachkräfte findet, holt er diese auch aus der Schweiz. In Budapest gibt es zu dieser Zeit eine stattliche Schweizerkolonie. Während der Ungarischen Revolution von 1848/49 produziert Ganz für die Auf-

ständischen Kanonen und Munition. Nach der Niederschlagung der Revolution wird er wegen «Hofverrat» zum Tode verurteilt. Einflussreiche Fürsprecher verhindern die Vollstreckung, doch sein Besitz wird zum grossen Teil konfisziert. Ganz lässt sich indes nicht entmutigen, er heiratet und baut den Betrieb wieder auf. Um 1853 schafft er mit der Erfindung des Schalengusses für Eisenbahnräder den endgültigen Durchbruch. Seine Räder

zu den reichsten Bürgern von Budapest. Er baut am Donauquai ein luxuriöses Palais und lebt mit seiner Frau und den beiden Pflegetöchtern im obersten Stock. Die restlichen 40 Wohnungen werden vermietet. Für seine Spenden an soziale Einrichtungen in Buda erhält Ganz das Ehrenbürgerrecht, bleibt aber stets Schweizer Bürger und unterstützt weiterhin seine Familie in Embrach. Obschon Ganz als Mensch jovial und umgänglich ist, werden ihm die immense Arbeitsbelastung und die unternehmerischen Risiken eines Grossbetriebs zu viel. Er leidet körperlich und hat Angstzustände. 1867 nimmt er sich, erst 53-jährig, das Leben. Doch seine Firma existiert weiter. Ab den 1870er-Jahren öffnet sie sich der Elektrotechnik und baut später u.a. elektrische Lokomotiven und Motorwagen. Nach 1945 entsteht der fusionierte staatliche Ganz-MAVAG-Konzern als grösster schwerindustrieller Betrieb in Ungarn. Doch die herrschenden Kommunisten sehen in Ganz einen «Boten des Kapitalismus», seine erste Fabrik soll als «Denkmal kapitalistischen Unternehmertums» einem Wohnblock weichen. Die alte Giesserei wird aber gerettet und dient als Museum. Das Unternehmen von Ganz firmiert heute unter dem Namen «Ganz Holding Bild: Keystone / IBA-Archiv / STR Co, Ltd.» sind langlebig und einfach herzustellen. Für Seinen Eltern schreibt der 26-jährige Ganz seine Verdienste um die Reichseisenbahnen über die Gründe seiner langen Wanderschaft: verleiht ihm Kaiser Franz Joseph I. 1863 das «Geduld, Muth und Ausdauer sind mächtige goldene Verdienstkreuz mit Krone und späHebel zum Glücke eines Menschen; der, ter auch den Leopold-Orden. Die Ganz’schen welcher der Zukunft wegen verzagt ist, ist Räder sind gefragt. Er selbst reist quer durch schon zu bedauern.» Europa, um für seine Erfindung zu werben. Mehr über Abraham Ganz ist zu lesen im Pionierband 25 Für jedes Rad gibt Ganz eine fünfjährige Quaaus der Reihe «Schweizer Pioniere der Wirtschaft litätsgarantie ab. 1867 feiert seine Fabrik den und Technik». Guss des 100 000 Rads. Abraham Ganz zählt Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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MANAGEMENT

E-Mobility steht für eine neue Art der Mobilität, die lange Arbeitswege, Staus und Zugverspätungen aus dem Vokabular des Alltags streichen soll.

Pendeln war gestern E-MOBILITY Googelt man den Begriff E-Mobility, dann erhält man zuerst Ergebnisse aus dem Sektor der Elektromobilität. Das Elektroauto soll die Menschen umweltfreundlicher von A nach B bringen. Das wird den Berufspendlern zwar frische Luft im Stau bescheren, aber kaum Zeit und Nerven einsparen. Um das zu erreichen, ist die konsequente Nutzung elektronischer Mobilität erforderlich. TEXT C H A R L Y S U T E R

E

-Mobility ist jedoch nicht nur ein Schlagwort aus der Automobilbranche, sondern wird seit ein paar Jahren auch in der Arbeitswelt verwendet. MOBILITÄT IST KEINE EINBAHNSTRASSE Die Straßen für die neue Infrastruktur der Arbeit sind bereits gepflastert und werden unter Hochdruck weiter ausgebaut. Es geht nicht nur einfach darum, dass Menschen immer mobiler und flexibler sein müssen, dass Arbeitszeiten aufgeweicht und Erreichbarkeit zu einem Dauerzustand avanciert. Diese einseitige Mobilität verlangt viel von den Individuen und kann sogar das ins Visier genommene Plus an Produktivität nicht beflügeln, sondern schadet über lange Sicht. Eine Studie der deutschen Krankenkassen AOK und Techniker aus dem Jahr 2012 belegte eine gewichtige Verbindung zwischen den gezählten Fehltagen und dem Berufspendeln. So erleiden Menschen mit langen und stressigen Arbeitswegen häufiger psychische Probleme wie Burnouts. Pendler in der Schweiz sind im Schnitt über eine Stunde täglich im Verkehr und Geschäftsreisen sind längst keine Presti42

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

geangelegenheit mehr, sondern Alltag für die gesamte Beschäftigtenriege. Sieben Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz arbeiten heute noch zu Hause – sei es als Heimarbeiterin oder Landwirt. Die übrigen 93 Prozent pendeln; mehr als zwei Drittel von ihnen über die Gemeindegrenzen hinweg. Die Mobilität und Flexibilität jedes Einzelnen kann heute durch die Mobilität von Arbeitsplatz, Arbeitsinhalten und Arbeitsverhältnissen gesund optimiert werden. ARBEITSPLATZ IST ÜBERALL Personale Mobilität ist ein fester Bestandteil des Arbeitsmarktes geworden. Nicht zuletzt deshalb, weil Wohnortwechsel, Auslandsaufenthalte und Reisen sehr viel selbstverständlicher für die berühmte Generation Y geworden sind. Die Altersgruppe von 20 bis 35 hat aber auch andere Werte mit ins Arbeitsleben mitgebracht. Einstige Statussymbole verlieren an Bedeutung. Der große Dienstwagen ist längst nicht mehr so interessant wie die Möglichkeit, seine Arbeitszeiten flexibel handhaben zu können. Das Marktforschungsunternehmen GfK brachte diesen Januar eine Studie heraus, die zeigt, dass Al-

ternativen zum eigenen Auto immer attraktiver werden. Fast 35 Prozent der Befragten im Alter der Generation Y aus Deutschland, Großbritannien und den USA würden bei der Wahl zwischen eigenem Auto und Car Sharing und Pay-as-you-go Autovermietungen wie Zipcar die Alternativmodelle bevorzugen. In der Schweiz ist dies auch anhand des Mobility-Booms feststellbar. Es geht also nicht mehr darum, einen bestimmten Status zu manifestieren, sondern die Freiheit zu haben, sein Leben so zu gestalten, wie es am praktischsten erscheint. Dies betrifft die eigene Mobilität, aber auch die Mobilität des Arbeitsplatzes. Der Sessel im Großraumbüro ist längst nicht mehr die einzige Alternative. In immer mehr Branchen und Berufen ist ein mobiler Arbeitsplatz umsetzbar. Vom Buchhalter bis zum IT-Spezialisten, die Arbeitsplätze vieler können das Büro, die eigene Wohnung oder die Parkbank an der Aare sein. Viele Studien haben gezeigt, dass sich die eigene Entscheidungsfreiheit über den Ort des Arbeitsplatzes und Arbeitszeit positiv auf die Lebensqualität und die Produktivität der Mitarbeiter auswirkt.


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Allerdings hat das deutsche Statistische Bundesamt im Auftrag der Zeitung Welt am Sonntag 2014 demotivierende Zahlen errechnet. Der Anteil der Erwerbstätigen, die wenigstens gelegentlich im Homeoffice arbeiten, ist auf den Stand der Neunziger Jahre gesunken. Als Grund dafür wird besonders die Präsenzkultur genannt, die immer noch in den Unternehmen vorherrsche. Gleichzeitig ist der Anspruch auf ständige Erreichbarkeit durch die technische Entwicklung gestiegen. Es fehlt an Bereitschaft, auch die Mobilität des Arbeitsplatzes in die alltäglichen Prozesse zu integrieren. HIERARCHIEN WERDEN MOBIL Der technologische Fortschritt erlaubt nicht nur, sondern er fordert auch neue Strukturen im Arbeitsprozess. Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg zum Propheten. Durch die Loslösung von Arbeitsinhalten müssen Abteilungen nicht mehr starr vor sich hin arbeiten. Ergebnisorientierte Teambildung, egal, wo sich die Teammitglieder gerade aufhalten. Auch die Einbindung von Selbstständigen und Mitarbeitern im Ausland wird so möglich. Folien und Gesprächsprotokolle können von Arbeitskollegen in anderen Zeitzonen über Nacht geschrieben werden. Die Bereitstellung der Arbeitsinhalten und Projektschritte in digitalen Netzwerken macht sie für eine beliebige Zahl von Teammitgliedern verfügbar. Arbeitsbeziehungen werden sich weiter entwickeln. Der Arbeitsvorgang wird zum Projekt für eine bunte Mischung aus Experten. Festangestellten, Selbstständigen und virtuellen Assistenzen. Sie alle werden zu einem Team auf Zeit, das sich am Ergebnis orientiert und nicht an Hierarchien. Die horizontale Arbeitsverteilung benötigt weiterhin Führung, doch der Weg von oben nach unten verkürzt sich dramatisch, wobei gleichzeitig die Horizontale um neue Möglichkeiten erweitert

wird. Gerade Startup-Gründer und kleinere Unternehmen profitieren von diesen horizontalen Bandbreiten. Virtuelle Mobilität schafft ein Feld horizontaler Beziehungen zwischen mobilem Auftraggeber und Auftragnehmer. Es ist an der Zeit, dass klassische Unternehmen von den reinen Online-Unternehmen lernen. Diese nutzen den Service virtueller Buchhalter, die wiederum ihre Webseite von einem Freelancer pflegen lassen. Der Inhalt sozialer Medien eines Unternehmens wird von einer Mischung aus Festangestellten und virtuellen Assistenzen im Team betreut und auch hier werden Zeitzonen genutzt, um rund um die Uhr zeitnah reagieren und antworten zu können. All das ist bereits Realität, doch das Potential in virtueller Mobilität von Arbeitsinhalten und Arbeitsbeziehungen ist noch lange nicht ausgeschöpft. Sie kann physische Mobilität nicht ersetzen, das soll sie auch nicht. Wir brauchen Bewegung, um zu neuem Input und Ideen zu kommen. Wir brauchen Konsequenz in der Anwendung und des Bereitstellen von Projektmanagement Tools und deren Anwendung. Wir brauchen physische Mobilität, um soziale Kontakte in der Arbeitswelt und im Privaten zu pflegen. Virtuelle Mobilität öffnet jedoch neue Ebenen, in denen man niemals im Stau stehen wird.

DER AUTOR Charly Suter hat das eBook und den Online Kurs «Effizienter Arbeiten» publiziert. Darin zeigt er auf, wie die Zusammenarbeit mit virtuellen Mitarbeitern gestaltet, gepflegt und langfristig aufgebaut werden kann.

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MANAGEMENT

Authentisch kommunizieren UZ-SERIE: FRAUEN IM MANAGEMENT Man muss nicht der Beste sein, um auf dem Markt bestehen zu k旦nnen, meint Franziska Vonaesch. Man muss gut sein und authentisch bleiben. Auf diese Weise 端berzeuge man seine Kunden am langfristigsten. TEXT A N N I N A H A L L E R

BUSINESSMIND

Foto: Dominik Golob.

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Businessmind ist eine Agentur f端r Kommunikation, die Firmen in Content, Redaktion und Beratung zur Seite steht. Mit einem Netzwerk von Spezialisten sorgt Franziska Vonaesch f端r den idealen Auftritt jedes Kunden. www.businessmind.ch


A

uthentizität sei das A und O, sagt Franziska Vonaesch, die Inhaberin von Businessmind. Ein Unternehmen hat den grössten Erfolg, wenn es sich gegen aussen so darstellt, wie es wirklich ist. Auf Dauer hat nichts Bestand, was künstlich inszeniert und aufgebläht ist. Mit ihrem Unternehmen unterstützt Franziska Vonaesch andere Firmen in dieser Präsentation nach aussen. Businessmind ist eine Agentur für Kommunikation, und genau das hat sich Franziska Vonaesch zur Aufgabe gemacht: Im offenen Dialog erarbeitet sie mit einem Unternehmen eine Kommunikationsstrategie, wie dieses gegen aussen auftreten will. «Firmen oder Einzelpersonen haben recht genaue Vorstellungen, wie sie nach aussen wirken. Hält man ihnen aber den Spiegel vor, realisieren sie oftmals erstaunt, dass sie darin ein ganz anderes Bild sehen, als sie es erwartet hätten.» BISHERIGE REISE Bevor Franziska Vonaesch in die Kommunikationsbranche eingestiegen ist, hat sie jahrelang als Reiseleiterin gearbeitet. Wie sie selbst sagt, gibt einem dieser Beruf die Möglichkeit, Interesse und Sympathie für Neues zu wecken. Man kann Einblick geben und Nähe schaffen zu etwas, das anderen anfangs noch fremd ist. Reiseleiterin ist sie schon längere Zeit nicht mehr, die Freude am Kommunizieren ist aber geblieben. 1998 begann Franziska Vonaesch ihre Fachausbildung in Marketing und Kommunikation unter anderem beim Schweizerischen Public Relations Institut SPRI, bei der Schweizerischen Text Akademie und bei der Somexcloud. Beruflich war sie erst bei Swissair im Marketing tätig und im Anschluss zehn Jahre lang bei der Credit Suisse als Kommunikationsfachfrau. In den letzten beiden Jahren bei der CS hat sie die Basis für ihr eigenes Unternehmen gelegt: Diese Zeit hat sie genutzt, um den Schritt ins Unternehmertum vorzubereiten. 2008 hat sie «buchstäblich» gegründet und 2013 die Einzelfirma zusammen mit zwei Kolleginnen in eine AG umgewandelt. Seit Anfang 2015 hat sich Franziska Vonaesch wieder zurück in die Selbständigkeit gewagt: Mit Businessmind hat sie ein Unternehmen ins Leben gerufen, dessen Zügel wieder gänzlich in ihrer eigenen Hand liegen. SELBSTÄNDIGKEIT An der Selbständigkeit schätzt Franziska Vonaesch besonders die eigene Verantwortung. «Ich kann mir meine Zeit frei einteilen.» Im Gegenzug sitzt man oft spätabends oder am Wochenende an der Arbeit. Um um

Software-Installationen und IT-Probleme muss man sich selbst kümmern. Trotzdem, solange die positiven Seiten der Selbständigkeit überwiegen, lohne sie sich auf jeden Fall.

flexibel und vernetzt. Dank Facebook, Twitter und Co. kann mehr Reichweite generiert werden. Das System ist einfach: Gefällt mir ein Unternehmen oder ein Produkt, teile ich den Beitrag. Was folgt – oder zumindest folgen kann – ist ein Schneeballeffekt durch alle meine Kontakte auf der entsprechenden Plattform. «Ein Online-Auftritt dient der Reputation und ist demzufolge ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskommunikation.»

FIRMENKOMMUNIKATION Kunden wollen sich verstanden und geschätzt fühlen. «Um erfolgreich zu sein, muss man seinen Kunden als Unternehmer auf Augenhöhe begegnen», sagt Franziska Vonaesch. Ein Hierarchie-Denken, ein Dialog «von oben herab», macht keine Firma UNRETOUCHIERTE WAHRHEIT und kein Produkt attraktiv. Franziska Vonaesch setzt sich mit jedem Möglichkeiten für eine gute KundenbinThema gründlich auseinander und verpackt dung gibt es heutzutage viele. Am Anfang den Inhalt in interessante Geschichten. Stets steht jedoch immer ein gutes Produkt oder im Blick hält sie dabei das Zielpublikum: eine gute Dienstleistung. Nur gut? Nicht das Denn nur was an der richtigen Stelle anBeste? «Man muss nicht immer der oder die kommt, hat Erfolg. Beste auf dem Markt sein. Konkurrenz gibt Geschichten erzählt sie auch über ihre es immer», meint Franziska Vonaesch. Ein «Business People»: ambitionierte Geschäftsgutes Produkt, das ehrlich und authentisch leute, die eine oft ungewöhnliche Idee mit beworben wird, hält seine Versprechen. Was Enthusiasmus umsetzen. Diese in ihrem unhingegen als «das Beste» angepriesen wird, verkennbaren Stil verfassten, präzisen Texte ist es am Ende meistens nicht. finden Einzug auf den Social Media-PlattforWas ein Unternehmen vom Markt-Mittelmen, wo sie für Interessenten und potentielfeld abhebt, ist «das gewisse Extra». Franziska Vonaesch erklärt genauer, was sie damit meint: «Wenn mir ein «EIN HIERARCHIE-DENKEN, EIN DIALOG Schuhhersteller nicht nur den Laufschuh verkauft, son‹VON OBEN HERAB›, MACHT KEINE FIRMA dern zusätzlich noch Tipps UND KEIN PRODUKT ATTRAKTIV.» gibt, wie ich zum Beispiel im Winter besser und gesünder trainieren kann, ist das ein Mehrwert. Dann weiss ich, dass sich der Herlen Kunden greifbar sind. Die Porträtierten steller wirklich um mich bemüht.» erlangen so Aufmerksamkeit und Reichweite. Das erhöht ihre Auffindbarkeit im IF YOU LIKE IT, SHARE IT Web. Die Social-Media-Landschaft von heute bieUnd was wäre ein Text ohne Bild? Die tet für solche zusätzlichen Dienstleistungen von Franziska Vonaesch vorgestellten Perden idealen Nährboden. Neben der firmensönlichkeiten zeigt Frederike Asael mit auseigenen Homepage kann ein Unternehmen drucksstarken Bildern. Die junge Fotografin über Social Media-Plattformen mit seiner strebt genau das an, was Franziska Vonaesch Kundschaft in einen Dialog treten. Wer sich mit Text erreichen will: Authentizität. Die auf diesen Dialog einlässt, ist bereit, RückPersönlichkeit eines jeden Porträtierten soll meldungen entgegenzunehmen. Auch negaso echt wie möglich auf dem Bild erscheinen. tive. «Der Kunde erhält so eine Stimme und Auch Ecken und Kanten sollen ihren Platz kann am Verbesserungsprozess teilhaben. So erhalten. So wie sie eben zur Person gehören. fühlt er sich ernst genommen.» Sieht man sich die einzelnen Porträts an, Das «Social Web» vereinfacht das Vererkennt man schnell, dass hier ein gut netzen, unterstützt das Teilen von Wissen eingespieltes Team am Werk ist. Und dieses und fördert den Dialog. Dieser Mix an InTeam bringt Erfolgsgeschichten von teraktion, Verfügbarkeit und Vielfalt bietet sympathischen Menschen hervor. Franziska für Unternehmen eine grosse Spielwiese Vonaeschs «Business People» sind Persönan Möglichkeiten. Das wiederum führt zu lichkeiten aus Fleisch und Blut, die man neuen Spielregeln in der Kommunikation. gerne einmal treffen möchte. Genauso wirkt Innerhalb der virtuellen Gesellschaft entaber auch sie selbst: Wer mit Franziska Vonstehen neue Dialog- und Ansprechgruppen. aesch ins Gespräch kommt, merkt bald, dass Diese unterscheiden sich deutlich von bishesie ist, wie sie sich gibt: Herzlich, engagiert rigen Medienkonsumenten – sie sind aktiv, und authentisch. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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INNOVATION

Disruptive Innovation MODERNE TECHNOLOGIEN Wie bestehende KMU-Geschäftsmodelle durch rasche technologische Entwicklung obsolet werden und neue entstehen. TEXT M A R K U S K O C H

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n den letzten Jahren hat die starke Beschleunigung der technologischen Entwicklung enorme Auswirkungen auf die Welt gehabt. Insbesondere die fortschreitende Digitalisierung hat zahlreiche Geschäftsmodelle obsolet gemacht oder stark zurückgestuft (z.B. Enzyklopädien durch Wikipedia und Google, Musikgeschäfte durch iTunes). Diese Entwicklung bringt auch für KMU und ihre Geschäftsmodelle neue Herausforderungen mit sich. DIE TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNG WIRD SICH WEITER BESCHLEUNIGEN Analog dem Mooreschen Gesetz, wonach sich die Rechenleistung der Microchips alle 18 Monate verdoppelt, verhalten sich auch andere Technologien exponentiell. Die Entwicklung erfolgt anfänglich sehr langsam und wird daher oft überschätzt. Später schreitet die Entwicklung so schnell voran, dass sie meist unterschätzt wird. Der Zuse-Computer wurde 1937 und das Internet – damals Arpanet – 1969 erfunden. Es hat mehrere Jahrzehnte gedauert, bis sich beide Erfindungen durchsetzen konnten. In

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nur wenigen Jahrzehnten haben sie die Welt dann aber dramatisch verändert. Die Technologien, die die Welt in den nächsten drei bis fünf oder maximal zehn Jahren ähnlich umfassend verändern werden, sind längst erfunden. So beispielsweise der 3D-Druck, autonome Drohnen, selbstfahrende Autos, DNA-Management, etc. DER LEBENSZYKLUS DER GESCHÄFTSMODELLE WIRD KÜRZER Diese Technologien sind disruptiv und werden viele bestehende Geschäftsmodelle überflüssig machen und neue schaffen. Dies wird den Schweizer KMU-Bereich ebenfalls stark betreffen. Innerhalb von zwei Jahren nach der Einführung der Taxi App Uber ist z.B. in San Francisco die Anzahl Taxis um 65 Prozent zurückgegangen. Der Google Car könnte eine fahrende Suchmaschine werden, wenn man dem Auto befehlen kann, zum nächsten Lampen-Geschäft zu fahren. Pläne für Ersatzteile können künftig bei Amazon heruntergeladen und dank 3D-Printing zu Hause umgesetzt werden. Der Kauf bei der mechanischen Werkstätte erübrigt sich.

Viele Erwartungen an die neuen Technologien werden sich erfüllen, viele auch nicht. Sicher ist, dass die Auswirkungen viel umfassender sein werden, als wir uns das vorstellen können. Ähnlich wie nicht einmal die Erfinder der Computer, des Internets oder der Mobiltelefonie die Auswirkungen ihrer Erfindungen abschätzen konnten. So hat zum Beispiel Ken Olson, ein Technologie-Pionier und Gründer von Digital Equipment, 1977 gesagt, dass es keinen Grund gibt, dass Privatpersonen einen Computer zu Hause haben. Bereits 1980 wurde der Apple Macintosh am Markt lanciert. TECHNOLOGIE IST KEINE CHANCE, SONDERN EIN MUSS Der Leistungsdruck auf Unternehmen und Personen wird durch immer schnellere Produktlebenszyklen und die globale Preistransparenz weiter zunehmen. Wer sich nicht laufend neu erfindet und den Blick öffnet für Konkurrenz aus völlig ungewohnten Ecken, kann schnell unter Druck kommen. Natürlich bietet die technologische Entwicklung auch enorm viele Chancen, wobei das


Kerngeschäft waren Chemikalien und die Digitalkamera zu konträr zum aktuellen Geschäftsmodell. 40 Jahre später war Kodak Konkurs (so lange würde es bei der heutigen Geschwindigkeit nicht mehr dauern). Nokia hat sich seit seiner Gründung 1865 mehrmals durch neue Geschäftsbereiche erfolgreich neu erfunden: Papierprodukte – Gummiprodukte (Reifen, Stiefel) – Fernsehgeräte – Mobiltelefone. Nokia versucht, sich aktuell als Anbieter von Kartendiensten und Netzwerkinfrastrukturen wiederum neu zu erfinden – wobei sich erst noch zeigen muss, ob das auch erfolgreich sein wird.

DISRUPTIVE TECHNOLOGIE Die neuen, exponentiellen Technologien haben für KMU viele Vorteile: – Die neuen Technologien erlauben KMU, sich lau– Wie Airbnb und Couchsurfing, beides fend zu neuen Allianzen zusammenzuschliessen Online-Märkte für Unterkünfte, gezeigt haben, kön(z.B. Crowd Innovation, Crowd Funding, Crowd nen bestehende Hotels herausgefordert werden, Sourcing). ohne dass man selber einen einzigen Franken in – KMU werden im Vergleich zu Grosskonzernen weniger Immobilien investiert. durch komplexe, organisch gewachsene Infrastruk– Auch im Kleinen werden Investitionen in turen (z.B. heterogene ERP-Systeme) gebremst und Güter immer weniger wichtig. Heute reicht können am Markt agiler auftreten. Insbesondere die ein einziges Smartphone, wofür in den Industrie 4.0, eine durchgehende Datenbasis, die die frühen 1990er-Jahren noch einzeln in Radio, Zusammenarbeit von intelligenten Maschinen erlaubt, Videokamera, Fotokamera, Taschenrechner, ist für KMU einfacher umsetzbar. Kompass, Pulsmesser, Agenda, Taschenlampe, – Die meisten Grosskonzerne sind eine Kumulation Bibliothek, Uhr und Landkarten investiert werden von KMU. Echte KMU, die die neuen Möglichkeimusste. Der Kapitalbedarf wird auch durch sinten nutzen, können Grosskonzerne in spezifischen kende Preise für Data Storage und Rechenleistung Produkt-Nischen, Kundensegmenten oder Regioimmer geringer, was für KMU zusätzlich vorteilhaft nalmärkten herausfordern. ist. Fotoquelle: BilderBox.com

Wort «Chance» eine gewisse Optionalität impliziert. Dies ist jedoch nicht richtig: Denn Technologie ist keine Option, sie ist ein Muss (Siehe Kasten). KMU MÜSSEN INNOVATION NEU ERFINDEN Viele KMU haben schon erkannt, dass es nicht nur Produktinnovationen, sondern auch Service-Innovationen benötigt. Daneben gibt es weitere wichtige Typen von Innovationen, die sich auf Ertragsmodelle, Prozesse und Strukturen von Unternehmen, sowie das Kundenerlebnis (Brand, Vertriebskanal, etc.) beziehen. Henry Ford war mit seinem Model T hauptsächlich erfolgreich, weil er zahlreiche Innovationen um das Produkt herum eingeführt hat, insbesondere Prozessinnovationen wie Fliessbänder. Oft ist es sogar vorteilhaft, nicht das Produkt selber zu erfinden, sondern nur die Dienstleistungen um das Produkt herum. Ein Beispiel hierfür ist das Schweizer Start-Up Additively, das Ordnung in den aktuell noch unübersichtlichen 3D-Druck-Markt bringt, indem es Designs von Kunden entgegennimmt und für diese entscheidet, mit

welcher Druck-Technologie und welchen Anbietern das Teil am besten gedruckt wird. Das Innovationsmanagement als Unternehmensaufgabe ist oft auf die Organisation der Produktentwicklung fokussiert, wobei es auch Innovations-Strategie, Innovations-Organisation (wer entscheidet was und wann?) und Projekt-Portfoliomanagement zu definieren und steuern gilt. EINFÜHRUNG NEUER GESCHÄFTSMODELLE AM RANDE DER AKTUELLEN TÄTIGKEIT Jeder, der mit neuen, disruptiven Ideen versucht, eine Unternehmung zu verändern, trifft oftmals auf bewusste oder unbewusste Ablehnung. Der passive Widerstand ist oft so zäh, dass viele Change Management-Projekte scheitern. Vielversprechender ist es, disruptive Innovationen am Rande der aktuellen Geschäftstätigkeit einzuführen und bei einem Erfolg das Unternehmenszentrum in Richtung dieser neuen Geschäftsbereiche zu bewegen. Die Digitalkamera wurde 1975 in einem Kodak-Labor erfunden und patentiert, aber von Kodak nicht weiter verfolgt. Das

DEN KMU GEHÖRT DIE WELT Aktuell sind mehr als zwei Drittel der Schweizer Arbeitsplätze bei Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Mit den neuen Technologien ergeben sich aber neue, bisher unvorstellbare Möglichkeiten. Instagram, der Online Foto-Dienst, erfüllt mit 17 Mitarbeitern ähnliche Aufgaben wie früher Kodak mit 160 000 Mitarbeitern. Vor 500 Jahren musste man ein König sein, um die Welt zu verändern (zum Beispiel die Finanzierung der Amerika-Expedition von Christoph Kolumbus durch den Spanischen König). In der heutigen, durch exponentielle Technologien beliebig skalierbaren Welt kann jeder KMU-Unternehmer in seiner Werkstatt oder seinem Büro die Welt in kurzer Zeit verändern. Die chinesische Mobiltelefonie-Unternehmung Xiaomi wurde 2010 durch Lei Lun gegründet. Dank schlauem Marketing und Fokus auf Online-Vertrieb war Xiaomi bereits 2014 die weltweit drittgrösste Mobiletelefonie-Unternehmung, die Samsung und Apple auch im Highend-Bereich angreift. Was hält Sie davon ab, sich vorzunehmen, die nächste Xiaomi zu sein?

DER AUTOR Markus Koch ist Partner bei Deloitte Consulting in Zürich. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Strategie, Kostenreduktion, Supply Chain und Restrukturierung. Supply Chain-Lösungen beinhalten beispielsweise Innovations-Management, Beschaffung und Einkauf und die Optimierung der Produktionsstandorte.

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INNOVATION

Ursprünglich als Pharmaunternehmen gegründet, stellt die HACO AG in Gümligen heute Nahrungsmittel für Grossverteiler her.

Fotos: zVg

Energiekosten reduzieren ENERGIESPAREN Erfunden hat sie das Energiesparen zwar nicht, von Anfang an mitgemacht hat die HACO AG in Gümligen aber schon. Seit 2005 arbeiten die Energieverantwortlichen der Firma mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) zusammen. TEXT A L I C E G R O S J E A N

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ie Farmerriegel und löslichen Kaffees der Migros, Volg-Bouillonwürfel und das Mirador – sie alle kommen aus den Fabriken der HACO AG. Ursprünglich als Pharmaunternehmen gegründet, produziert das Schweizer Privatunternehmen seit 1965 ausschliesslich Nahrungsmittel. Am Standort Gümligen werden vor allem Kaffee verarbeitet und trockene Rohstoffe nach Rezeptur vermengt und verpackt. Die rund 370 Mitarbeitenden stellen eine breite Pa-

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lette an löslichem Kaffee, Suppen, Saucen und Schnellgerichten her. Kunden sind fast alle einheimischen Detailhändler und die Gastronomie. Der Schwerpunkt liegt in der Schweiz und in Europa bis nach Russland. Die Produkte werden aber auch nach Nordamerika und Asien exportiert. KLEINIGKEITEN MACHEN UNTERSCHIED Seit 2005 ist die HACO AG bereits Teilnehmerin der EnAW. Die Mitarbeitenden haben Erfahrung im ökonomischen Umgang mit

Ressourcen, allen voran Stefan Gertsch. Der Verantwortliche für den Bereich Energie in Gümligen hat in den letzten Jahren ein neues, energiesparendes Bewusstsein entwickelt: «Das fängt schon bei ganz kleinen Dingen an», meint er. Zum Beispiel beim Toilettenfenster. Wenn er sehe, wie ein Fenster oberhalb eines meterlangen Radiators im Winter auf Kippstellung stehe, könne er nicht ruhig bleiben. Überzeugt haben den Elektroingenieur aber vor allem die wirtschaftlichen Vorteile einer Teilnahme bei der EnAW. Bereits


an Wärmeenergie und Strom eingespart. Dies entspricht circa 20 Prozent des Gesamtenergiebedarfs vor der Umsetzung der Massnahmen oder dem Verbrauch von 3500 Haushalten. Mit diesen Massnahmen waren die verhältnismässig einfach umsetzbaren Projekte realisiert. Deshalb liess man das Unternehmen mithilfe einer Pinch-Analyse anlagenübergreifend untersuchen. «Der neutrale Blick von aussenstehenden Experten hat uns geholfen, sämtliche Abläufe neu zu hinterfragen», sagt Gertsch.

GROSSVERBRAUCHERARTIKEL UMSETZUNG IM KANTON BERN Grosse Energieverbraucher können auf der Basis der kantonalen Energiegesetze zur Steigerung der betrieblichen Energieeffizienz verpflichtet werden. Der Kanton Bern führt 2015 den Grossverbraucherartikel (GVA) ein. Grossverbraucher sind Betriebsstätten mit einem jährlichen Wärmebedarf von mehr als fünf Gigawattstunden oder einem Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0.5 Gigawattstunden. Im Kanton Bern überschreiten rund 800 Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe diese Schwelle. Gemäss Kantonalem Energiegesetz können Grossverbraucher zu einer Verbrauchsanalyse und zur Realisierung von zumutbaren Massnahmen zur Verbrauchsoptimierung verpflichtet werden. Ist ein Unternehmen im Besitz einer Universalzielvereinbarung (UZV) mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW), sind die gesetzlichen Anforderungen für Grossverbraucher erfüllt. Die UZV nimmt Rücksicht auf betriebliche Abläufe und ermöglicht es dem Unternehmen, die angestrebten Effizienzziele mit eigens für den Betrieb festgelegten Massnahmen zu erreichen: 1. Deklaration der gewählten Variante gegenüber dem Kanton Bern 2. Wenn eine UZV gewählt wurde: Für KMUoder Energie-Modell anmelden 3. Zusammentragen der Energiedaten und -potenziale, Erfassung mit EnAW-Zielvereinbarungstool, Erarbeiten Zielwerte und Plausibilisierung durch EnAW 4. Auditierung durch unabhängige vom Bund bestimmte Auditoren 5. Erstellen der Endfassung der UZV durch die EnAW 6. Unterzeichnung der UZV durch das Unternehmen und die EnAW 7. Jährliches Monitoring des Energieverbrauchs im Rahmen der vereinbarten Sparziele Mehr Informationen: www.enaw.ch

Im Sprühturm wird der flüssige Kaffeeextrakt zu Instantpulver getrocknet.

zu Beginn der Energiedebatte habe man sich dafür entschieden: «Es war klar, dass wir als Grossverbraucher mitmachen und so unsere Verantwortung wahrnehmen», so Gertsch. Durch den Abschluss einer Zielvereinbarung mit der EnAW wurde die HACO AG dann auch von der CO2-Abgabe befreit. VORGABEN MIT VORSPRUNG ERREICHT Zu Beginn wurden einfach umsetzbare Massnahmen ergriffen. Die Ingenieure haben bestehende Prozesse technisch und verfahrensmässig optimiert, vor allem die energieintensive Kaffeeproduktion. Ein Dampfkessel wurde ersetzt und die Röstanlage erneuert. Wärmeübertrager werden öfters kontrolliert, um allfällige Energieeinbussen in der Produktion schneller zu erkennen. Mit mehr als 30 kleineren und grösseren Massnahmen konnte die mit der EnAW bis 2012 abgeschlossene Zielvereinbarung sogar übertroffen werden: Jährlich werden 16 600 Megawattstunden

INNOVATION AUSREIZEN Potenzial ist unter anderem bei der Prozessluft in der Sprühtrocknung vorhanden: Die Luft kommt von aussen und wird auf 200 Grad Celsius erhitzt. «Dabei würde an manchen Tagen, je nach Luftfeuchtigkeit der eingespeisten Frischluft, eine niedrigere Temperatur ausreichen oder es könnten gleichzeitig mehr Produkte getrocknet werden», erklärt Gertsch. Dafür braucht es allerdings Messgeräte, welche die Luftfeuchtigkeit auch bei sehr hohen Temperaturen und in staubiger Umgebung messen können. Bei der HACO AG ist man jetzt daran, das Projekt vertieft zu analysieren – innovativ sind die Ingenieure auf jeden Fall. Mit den ins Auge gefassten Massnahmen wird die Firma genug Energie einsparen, um die Vorgaben der neuen Zielvereinbarungsperiode bis 2020 zu erfüllen. Auch im Hinblick auf den neuen Grossverbraucherartikel, der 2015 im Kanton Bern eingeführt wird, ist das Unternehmen bestens gerüstet. Dank der bestehenden Zielvereinbarung mit der EnAW besteht kein Mehraufwand. VERMITTLER AUF HÖCHSTER STUFE Diesen Innovationsgeist schätzt auch Stefan Krummenacher. Der EnAW-Moderator betreut die HACO AG und bezeichnet die Zusammenarbeit als höchst professionell: «Die haben ihr Engineering voll im Griff und wissen, von was sie reden.» Ein bis zweimal ist er vor Ort in Gümligen, Gertsch trifft er mehrmals pro Jahr. Dieser schätzt an der EnAW vor allem deren Vermittlungsfunktion zu den Behörden: «Die EnAW kennt auch unsere praxisorientierte Perspektive und vertritt diese bei den amtlichen Stellen». Auch Krummenacher sieht sich gerne als Mittelsmann: Natürlich helfe er mit, die Unternehmen energietechnisch auf Vordermann zu bringen, «aber ich halte ihnen auch den Rücken bei den Behörden frei». Am Ende profitieren zweifellos beide von der harmonischen Zusammenarbeit. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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UNTERNEHMEN

Brillen mit Weitsicht WEAR-LITE Weit mehr als die Hälfte aller Schweizerinnen und Schweizer sind auf eine Sehhilfe angewiesen. Während sich die Brille zu einem modernen ModeAccessoire entwickelt hat, ist die Produktion ihrer Gläser wenig fortschrittlich geblieben. Bis jetzt. Die Firma Wear-Lite aus Cham schlägt eine neue Richtung ein. TEXT S A V E R I O G E N Z O L I

D

ie Herstellung von Brillengläsern ist aufwendig und alles andere als nachhaltig. Seit Jahrzehnten hat sich die Technologie dazu kaum verändert. Bereits im Jahr 1959 wurde in Frankreich das erste Gleitsichtglas mit der Bezeichnung «Varilux» angefertigt. Die darauffolgenden Weiterentwicklungen galten vor allem der Sehqualität. Der Produktionsprozess blieb bis heute weitgehend gleich. Konventionelle Brillengläser werden aus einem Kunststoffrohling herausgeschliffen. Dieser wiegt anfänglich bis zu 130 Gramm.

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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

Was nach diesem Arbeitsschritt übrig bleibt, ist ein ungefähr 20 Gramm schweres Kunststoffglas – und eine ganze Menge Abfall. Reziklierbar ist dieser nicht. Im Durchschnitt werden pro Brillenglas um die 80 Prozent des Grundstoffs verschwendet. Hinzu kommt der enorme Wasserverbrauch. Die Verarbeitung eines einzigen Rohlings verbraucht ungefähr 50 Liter Wasser. GIESSEN STATT SCHLEIFEN Doch auch im Geschäft mit Sehhilfen spielt Nachhaltigkeit eine immer grössere Rolle – sei

es aus ökologischer oder ökonomischer Sicht. Höchste Zeit also, dass jemand aus der Branche neue Wege beschreitet. Beim Versuch, die Herstellungstechnik von Brillengläsern zu revolutionieren, sind schon viele gescheitert. Geschafft hat es bislang einzig ein kleines Start-up aus Cham. Die Firma Interglass Technology AG und ihre Vertriebsgesellschaft, die Wear-Lite AG, sind in die Massenproduktion eingestiegen – mit einem altbekannten Produkt zwar, aber einem völlig neuen Produktionsverfahren. Der Entwicklungsprozess dafür war lange und beschwerlich. Zehn volle Jahre


IM GESCHÄFT MIT SEHHILFEN SPIELT NACHHALTIGKEIT EINE IMMER GRÖSSERE ROLLE.

der individuellen Sehkorrekturen der Kunden direkt in die passende Form gegossen. Dadurch entsteht bei der Herstellung kein Abfallmaterial. Die Produktion kommt zudem gänzlich ohne Wasser und Schwermetalle aus. ALLES «IN HOUSE» Doch die offensichtlichen umwelttechnischen Vorteile sind nicht das einzige, was diese neue Technologie so lukrativ macht. Die Grundidee der Wear-Lite AG liegt darin, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ideal miteinander zu vereinen – und zwar zu WEAR-LITE AG Firmensitz: Besitzverhältnisse: Gründung: Mitarbeiter:

Bei Wear-Lite werden Brillengläser gegossen statt geschliffen. Das spart sowohl Zeit als auch Energie und Rohmaterial. Foto: zVg

hat er gedauert. Einige Male wäre es auch für sie beinahe beim Versuch geblieben. Doch der Durchhaltewille hat sich ausbezahlt. Mittlerweile kann der Geschäftsführer Thomas Schürch ein Produkt präsentieren, welches nicht nur «Made in Switzerland» ist, sondern auch einen einwandfreien ökologischen Fussabdruck hinterlässt. Wear-Lite hat sich von der herkömmlichen Technologie komplett abgekehrt. Die Brillengläser werden in der hauseigenen Fabrikation nicht mehr aus einem Rohling geschliffen, sondern entsprechend

Cham Interglass Technology AG 2007 11

marktfähigen Preisen. «Auch in unserer Branche müssen neuartige Produkte unbedingt nachhaltig sein», ist sich Thomas Schürch sicher. Nachhaltigkeit ist also nicht einfach ein Pluspunkt, sondern eine Voraussetzung für langanhaltenden Erfolg. Das Herstellungsverfahren von Wear-Lite zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass eine volle Prozessintegration erreicht werden konnte. Viele Schritte des herkömmlichen Prozesses fallen beim Giessverfahren weg. Bei der konventionellen Technologie werden die Kunststoff-Rohlinge oft aus Asien importiert und am jeweiligen Ort bearbeitet. Darauf ist Wear-Lite nicht angewiesen. In Cham wird das komplette Brillenglas in den eigenen vier Wänden automatisiert hergestellt. Dadurch fallen die teuren Transportkosten weg und es wird eine gute Portion Energie gespart. Die klassische Herstellungsweise teilt sich in fünfzehn Produktionsschritte ein. Die Schweizer Firma benötigt für den ganzen

Fertigungsprozess nur noch deren drei. Gerade einmal zwei Stunden dauert das Ganze. Dies bedeutet eine Revolution in der Brillenherstellung. Das neue Verfahren spart sowohl Zeit als auch Energie und Rohmaterial. So ist Wear-Lite das einzige Unternehmen, welches in dieser Branche ein nachhaltiges Produkt vermarkten kann. «Darauf sind wir besonders stolz», so Schürch. ERFOLGSFAKTOR MARKETING Mit der Entwicklung der neuen Technologie war der wichtigste Schritt getan. Die ersten Reaktionen der Kunden waren sehr positiv. Das Bewusstsein für nachhaltige Produkte scheint auch im Brillengeschäft angekommen zu sein. Die neuartigen Gläser haben die nötigen Qualitätsprüfungen mit Bravour bestanden. Gefordert ist Thomas Schürch mit seinem Team jetzt in der Vermarktung seiner Ware. Genauso innovativ wie das Produkt muss auch das Marketing sein. Setzen will Schürch diesbezüglich unter anderem auf die Swissness. Diese sei auch in ihrem Markt ein wichtiger Faktor, in den er sehr grosse Hoffnungen stecke. Die Marke Schweiz steht für Qualität und Genauigkeit. Dass diese Prädikate bei einem Produkt, welches sehr genau auf die verschiedenen Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sein muss, von grosser Wichtigkeit sind, überrascht nicht. Hinzu kommt, dass die Brille ein Fashionprodukt ist. Doch nur auf die Suissitude kann sich Schürch nicht verlassen. Deshalb baut WearLite sein Vertriebssystem auf verschiedenen Kanälen auf. Schürch prognostiziert in diesem Jahr ein Umsatzwachstum von 60 Prozent. Er sieht in seinem Geschäft ein grosses Zukunftspotenzial. Die Firma Wear-Lite befindet sich mit ihrem Produkt noch am Anfang ihrer Geschichte. Aber auch wenn die meisten nicht wissen, was für ein Glas sie auf der Nase tragen: Die Chancen stehen gut, dass es schon bald nicht mehr geschliffen, sondern gegossen sein wird. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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MARKETING

Wer seine Kunden langfristig an sich binden kann, hat einen bedeutenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Foto: BilderBox.com

Exzellenter Service KUNDENBINDUNG Ausgezeichneter Kontakt mit dem Kunden ist für den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens entscheidend. Ein von der Hochschule Luzern entwickeltes Tool hilft, die Effizienz und Effektivität des Kundenservices zu messen. TEXT A N N I N A H A L L E R

J

eder Kunde, der sich bei einem Problem oder einer Frage schon einmal an den Kundendienst eines Unternehmens wenden musste, weiss, wie anstrengend diese Kontaktaufnahme sein kann. Da dem Gang zum Kundendienst meistens sowieso schon Frustration vorangeht, braucht es eine gute Portion Nerven, wenn man schlimmstenfalls bloss von einer Person zur nächsten gereicht wird. Hilfe sieht anders aus. SCHNELL UND ZIELGERICHTET Ein Kunde erwartet, dass ihm Fragen zum Produkt oder zu einer Dienstleistung möglichst schnell und zielgerichtet beantwortet werden. Muss er warten, erhöht das seine Ungeduld und beeinträchtigt mit der Zeit wohl auch sein Vertrauen in das Unternehmen. Fatal für die Kundenbeziehung wäre es, wenn sein Anliegen im Sand verläuft und ihm niemand hilft oder helfen kann. Ein exzellenter Kundenservice wäre eine sehr gute Gelegenheit, sich von Konkurrenten im Markt abzuheben. Produkte und Dienstleistungen sind heutzutage durch das grosse Angebot zunehmend austauschbar. Eine starke Kundenbindung ist – wie der Name sagt – bindend und kann den Kunden über viele Jahre beim gleichen Unternehmen halten. Der Mensch ist ja eigentlich ein Gewohnheitstier: Ist er zufrieden, bleibt er. INTERAKTIVER KUNDENDIALOG Möglichkeiten zur Kommunikation mit dem 52

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

Kunden sind heute zahlreich vorhanden. Nicht nur Telefon oder E-Mail werden genutzt, sondern immer mehr auch Facebook, Twitter und Co. Ein interaktiver Kundendialog zwischen Unternehmen und Kunden gelingt, wenn die Mitarbeitenden kompetent agieren und verschiedene Kommunikationskanäle erfolgreich integriert werden. Nicht einfach ist es jedoch, diese verschiedenen Kanäle zu managen. «Zugleich fehlen allgemein akzeptierte und etablierte Vergleichsgrössen, sogenannte Key Performance Indicators (KPIs), um die eigenen Leistungen im Kundenservice zu messen, zu vergleichen und schliesslich auch zu verbessern», erklärt Ulrich Egle, Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern. Dieses Manko versucht er deshalb anhand eines Tools zur Messung von Effizienz und Effektivität des Kundenservices zu beheben. SERVICE EXCELLENCE COCKPIT Das Forschungsteam um Projektleiter Ulrich Egle wurde in seinem Forschungsprojekt vom Fach- und Branchenverband CallNet.ch, dem Umsetzungspartner Crystal Partners AG und den Praxispartnern Credit Suisse und Swisscom unterstützt. Innerhalb dieses Projekts hat die Hochschule Luzern das Framework «Dialog-KPIs» für das Management von Kundendiensten entwickelt. Es besteht aus den fünf Dimensionen Kundenzufriedenheit, Effizienz, Prozesse/Technologie, Qualität und Mitarbeiterzufriedenheit. Auf der Basis

dieses Frameworks wurde anschliessend ein Benchmarking-Tool programmiert: das Service Excellence Cockpit. GROSSE NACHFRAGE Die Crystal Partner AG betreibt das Tool seit Mitte letztem Jahr operativ. «Das Cockpit stösst auf eine grosse Nachfrage. 2014 haben rund 60 Firmen ihre Daten im neuen Benchmarking-Tool erfasst. Das bedeutet, dass wir sehr viele Vergleichszahlen haben, von denen alle Unternehmen gegenseitig profitieren», sagt Rémon Elsten, Managing Partner bei Crystal Partners AG. Dass sich das Tool für Firmen jeder Grösse lohnt, davon ist Elsten überzeugt: «Das Tool ist auch für KMU interessant, denn ein guter Kundenservice ist für alle Unternehmen relevant.» Hat ein Unternehmen seine Daten erfasst, kann es seine eigenen Kennzahlen mit Best Practices auf dem Markt und unter verschiedenen Peergruppen (Branche, Grösse usw.) vergleichen, um zu sehen, wo es mit seinem Angebot steht. Dazu gehören beispielsweise durchschnittliche Antwortzeiten, First Contact Resolution, branchenspezifische Öffnungszeiten und die Anzahl Schulungstage der Mitarbeitenden. Im Anschluss hat das Unternehmen die Möglichkeit, sein Optimierungspotenzial zu erkunden und sogar Konsequenzen von bestimmten Interventionen zu simulieren. Das Service Excellence Cockpit hilft also, gezielte Massnahmen zur Verbesserung jeglicher Kundenservices zu planen.


MARKETING

«Das ist total Bally» MARKE DES MONATS VON S T E F A N V O G L E R

«E

r hat kein einziges Mal davon gesprochen, die Marke neu zu erfinden, sondern nur davon, sich von ihr inspirieren zu lassen.» Dieses Statement stammt von Frédéric de Napp, dem neuen CEO, der angetreten ist, um Bally wieder zum «bedeutendsten Luxusschuhmacher der Welt» zurück nach vorne zu führen. Er begründete damit in einem Interview mit der Handelszeitung, warum er sich unter 14 Top-Designern für den Argentinier Pablo Cop-

pola entschieden hat. Nach 15 Jahren Erfahrung, in denen Coppola u.a. das Design von Luxusmarken wie Dior und Tom Ford prägte, scheint die Berufung zu Bally goldrichtig: Die internationale Modewelt war nach der ersten Präsentation der neuen Bally-Kollektion des Lobes voll. Dass sich Bally ausgerechnet in London so verheissungsvoll präsentierte, ist Programm. Das neue Flaggschiff von Bally steht in der Modemetropole und der neue CEO hat sein Team aus der ganzen Welt

MARKE DES MONATS

Im März 2015:

www.bally.ch

rekrutiert. Die angeheuerten Cracks seien «alles Topshots, aber keine Primadonnas.» Sein Ehrgeiz für Bally kennt keine Grenzen: «Ich brauche die Besten, denn letztlich sind es die Menschen, die eine Marke machen.» Wie wahr! Bei aller Liebe für den Nabel der Modewelt trauert de Napp aber auch dem ehemaligen Schwei-

zer Flaggschiff nach. «Dass wir das Capitol an der Zürcher Bahnhofstrasse nicht mehr haben, ist schrecklich.» Das ist genauso Balsam für die geschundene Schweizer Bally-Seele, wie das Bekenntnis: «Alles wird in Caslano gemacht und das wird auch so bleiben. Die Swissness ist einer der grossen Trümpfe.» Schön, dass der x-te Versuch, die Schweizer Traditionsmarke endlich wieder an die Spitze zu bringen, erfolgreich lanciert wurde. Die Modejournalisten von Welt attestierten der neuen Kollektion «Das ist total Bally.» Ein wertvolleres Kompliment kann eine 163-jährige Marke kaum erlangen. Gepaart mit dem Auftrag der deutschen Be-

sitzerfamilie Reimann, Bally als Langfristprojekt anzugehen, stimmt dies zuversichtlich. Selbst meine Mutter sel. hätte ihre helle Freude, denn für sie galt zeitlebens «An meine Füsse lasse ich nur Bally!» STEFAN VOGLER

Er berichtet über die aktuelle Markenführung einer grossen oder kleinen, globalen, nationalen oder lokalen, altbewährten, aufgefrischten oder neuen Marke. www.markenexperte.ch

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Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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VRPRAXIS

«Ein Tag mehr pro Woche» GINA DOMANIG Dass die Schweiz zwar viele Innovationen hervorbringt, aber davon nicht viele wirklich auf dem Markt bestehen, erleichtert das tägliche Geschäft von Gina Domanig nicht. Einige mögen sie vielleicht um die vielen Flugmeilen beneiden, aber manchmal wäre es doch schöner, mit dem Tram zu Terminen zu fahren, meint sie. IN TERVIEW A N N I N A H A L L E R , C H R I S T O P H H I L B E R

G

ina Domanig hat 2000 Emerald Technology Ventures gegründet, die in Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser, Advanced Materials und industrieller IT investiert. Dank ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung insbesondere mit Risikokapital ist sie z.B. im Verwaltungsrat der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft. Als Frau zählen Sie zur Minderheit in den VRs. Glauben Sie, dass Frauen bei Entscheidungen anders denken? Ja, sicherlich. Als ich jünger war, dacht ich noch «Nein, da gibt es doch keine Unterschiede!» Aber das stimmt einfach nicht. Die Interaktion ist anders. Männer sind mehr Konkurrenztiere und greifen untereinander auch eher an. Frauen suchen ein solches Verhalten weniger. Wir wollen eher, dass sich alle gleichberechtigt, gleich behandelt und wohl fühlen. Das macht uns vielleicht etwas naiv, weil wir nicht nach den gleichen Regeln spielen wie die Männer. Wir erreichen unsere Ziele auch, einfach anders. Das sind aber Generalisierungen. Sollte man zwischen Frauen und Männern im VR eine Unterscheidung machen? Man sollte das Können weder bei Frauen noch Männern auf ihr Geschlecht reduzieren, da sollten keine Unterschiede gemacht werden. Aber rein von der Dynamik her gibt es Unterschiede. Darum finde ich durchmischte Gremien besser. Das bringt viel bessere Diskussionen. Das betrifft aber auch andere Faktoren, beispielsweise eine Durchmischung des Alters.

Bei der Mobiliar sind 27 Personen im VR. Kommt man da überhaupt zu Wort? Die Grösse ist bei der Mobiliar wichtig, denn das ist der VR von der Genossenschaft, in welchem möglichst viele Regionen, Kundensegmente und gleichzeitig strategische Themen vertreten sein sollten. Der Holding-VR besteht aus Mitgliedern der Genossenschaft, welcher vom Genossenschafts-VR überstimmt werden kann. Diversity ist wirklich ein grosser Faktor, wenn es um die Besetzung des VR bei der Mobiliar geht. Haben Sie einen Fokus im VR der Mobiliar? Meine Themen sind die Nachhaltigkeit und KMU, weil das in meinen Erfahrungsbereich fällt. Sind Nachhaltigkeit und Venture Capital nicht ein Widerspruch? Nein, aber es kommt natürlich darauf an, wie man Nachhaltigkeit definiert. Ich denke bei Nachhaltigkeit stark an Umwelttechnologien. Wir investieren in Nordamerika, Europa, Israel (und in der Schweiz) in Technologien in den Bereichen Energie, Wasser, Advanced Materials und Industrial-IT. Diese Themen interessieren mich und unser Strategie-Fokus liegt in dieser Art Nachhaltigkeit. Nehmen wir das Beispiel Energie. Dort liegt das Interesse aber sicher eher in alternativen Energien? Ja natürlich, es gibt wenig Venture Capital in Nuklearenergie (lacht). Es geht nicht nur um Windparks und Solarenergie, hinter Nachhaltigkeit steckt noch viel mehr. Nebst Stromerzeugungstechnologien gibt es auch im Bereich

des Wasserkreislaufs einiges an neuen Technologien zu finden. Hinzu kommt die Verbesserung von industriellen Prozessen, die z.B. zu massiver Einsparung von Ressourcen und Senkung von Emissionen führen. Viele unserer Firmen konzentrieren sich sehr stark auf innovative Technologien. Bei Innovationen herrscht ja doch auch ein gewisses Risiko. Wie hält man das in Grenzen? Wir achten darauf, dass die Firmen, in die wir investieren, schon ein, zwei Kunden haben. In Firmen einzusteigen, die noch gar keine Kunden haben, ist ein grosses Risiko. Sehr selten machen wir das auch. Etwa ein Drittel unserer Investitionen funktionieren darum nicht optimal. Die Technologien funktionieren zwar, aber es rentiert nicht oder der Markt ist noch nicht bereit dafür. Das heisst nicht, dass das ganze Geld verloren geht, aber es ist kein Erfolg. Das ist nicht immer schön, aber wir versuchen dann zu retten, was zu retten ist. Bei allen Firmen, in die Sie investieren: Wie ist das Verhältnis von Schweizer zu ausländischen Firmen? Insgesamt haben wir bisher in 53 Firmen investiert. Davon sind 50 Prozent in Nordamerika und 50 Prozent in Europa plus Israel. Zu unserem grossen Leidwesen kommt keine unserer Firmen aus der Schweiz. Wieso keine aus der Schweiz? Wir schauen uns etwa 1 000 Unternehmen/ Businesspläne pro Jahr an, wovon etwa fünf Prozent aus der Schweiz stammen. Nur in drei bis fünf von diesen 1 000 investieren wir. Darunter war bis jetzt noch kein einziges

«IM VERGLEICH ZU ANDEREN LÄNDERN GIBT ES LEIDER SEHR WENIG ERFAHRENE LEUTE IN DER SCHWEIZ, DIE DEN SCHRITT INS UNTERNEHMERTUM WAGEN.» 54

UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015


aus der Schweiz. Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es leider sehr wenig erfahrene Leute in der Schweiz, die den Schritt ins Unternehmertum wagen. In Israel zum Beispiel ist das ganz anders: Dort will jeder eine Firma gründen. An den Universitäten haben wir hier zwar eine Menge junge Leute, die auch viele Innovationen hervorbringen. Nichts gegen junge Menschen, aber das Problem liegt am Markt: Niemand kauft eine Brennstoffzelle von einem 25-Jährigen! Ideal wäre ein gesunder Mix von Innovation und Markterfahrung. Besteht denn kein Potenzial an Hochschulen wie der ETH? Dort gibt es ja sehr viele Techniker und Materialwissenschaftler. Paart man diese mit einem Praktiker... Das wäre eben entscheidend! Aber viele Erfinder sind nicht bereit, jemanden auf CEO-Ebene beizuziehen, mit denen sie ihr Unternehmen teilen müssten. Stattdessen setzen sie gänzlich auf die Technologie, was sicherlich interessant ist. Aber die Erfahrung ZUR PERSON Gina Domanig ist Managing Partner bei Emerald Technology Ventures. Im Jahr 2000 gründete sie mit Emerald den ersten unabhängigen Cleantech Venture Capital Fonds in Europa. Gina Domanig hat über 25 Jahre internationale Berufserfahrung in den Bereichen Bankwesen, Mergers & Acquisitions, Strategisches Management und Venture Capital. Zurzeit betreut sie neben ihren hauptberuflichen Tätigkeiten VR-Mandate bei Mobiliar, Pelamis, SDC Materials, GeoDigital und TaKaDu. Bevor Gina Domanig Emerald gründete, war sie als Vizepräsidentin bei Sulzer tätig und für strategische Planung, Fusionen und Übernahmen verantwortlich. Sie hat MBA Abschlüsse der Thunderbird School of Global Management in Arizona sowie der ESADE in Barcelona. Gina Domanig spricht fliessend Englisch, Deutsch und Spanisch. Foto: zVg

auf dem Markt – die ist fast wichtiger. In der Schweiz ist auch wenig Bereitschaft vorhanden, die eigene Firma zu verkaufen und sich wieder auf neues Terrain zu begeben. Es gibt hier keine «serial entrepreneurs». In anderen Ländern freut man sich, wenn sich jemand für die eigene Erfindung oder das eigene Unternehmen interessiert. Aber die Schweizer wollen ihren «Besitz» nicht loslassen, obwohl sie damit vielleicht viel Gewinn machen könnten. Persönlich finde ich dies sehr schade, denn ich würde lieber mit dem Tram zu Geschäftsterminen fahren, als in derselben Woche beispielsweise nach Finnland, Tel Aviv und wieder zurück in die Schweiz fliegen zu müssen.

Ist Swissness auch ein Vorteil? Für unsere Investoren – das sind vor allem Industriefirmen aus dem Ausland – tätigen wir langfristige Investitionen. Sie versprechen uns Gelder für zehn Jahre. Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit, Struktur und Transparenz spielen eine grosse Rolle – und dies sind klar Attribute von Swissness. Alles hat Hand und Fuss. Haben Sie ein Vorbild? Jemanden, der Sie geprägt hat? Ich habe kein spezielles Vorbild. Es ist vielleicht vielmehr die Zeit bei Sulzer, die mich sehr geprägt hat: Ich durfte dort mit Menschen zusammen arbeiten, die extrem hohe ethische Werte pflegten. Sie waren für nichts bereit, ihre Werte aufzugeben oder dabei

Kompromisse einzugehen. Dieses Wertesystem habe ich aus meiner Zeit bei Sulzer mitgenommen. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie verändern wollen? Ich hätte gerne einen Tag in der Woche mehr, den niemand sonst hat. Das würde mir bei meinen Pendenzen sehr helfen (lacht). Und dann hätte ich auch etwas Freizeit. Im Moment existiert die eigentlich nicht. Auch wenn ich in den Ferien bin, so richtig loslassen kann ich nicht. Wenn in einem der VR eine wichtige Entscheidung ansteht, existieren Ferien nicht. Aber meine Tätigkeit ist meine Leidenschaft. Trotzdem, gegen einen Tag mehr hätte ich nichts einzuwenden. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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VRPRAXIS

Die nächste Revolution HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN Die digitale Transformation ist in aller Munde. Unterschiedliche Statistiken bringen zum Ausdruck, dass bereits mehr als ein Drittel der Schweizer Unternehmen die Auswirkungen der Transformation stark bis sehr stark spüren. Die Frage ist also nicht, ob der Wandel Wirklichkeit wird, sondern worauf Unternehmen bei der Veränderung achten müssen. TEXT A D R I A N O Z A P P A C O S T A

D

och was verändert sich eigentlich genau? Die digitale Transformation definiert nicht den Endzustand unternehmerischer Tätigkeiten oder gar ein Projekt innerhalb einer Unternehmung. Die digitale Transformation ist ein Schritt zur nächsten wirtschaftlichen Revolution: Ein Umschwung, welcher Markt- und Machtverhältnisse verschiebt und Unternehmen fordert, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Die erste industrielle Revolution brachte die Mechanisierung, worauf die zweite Revolution – die Massenfertigung mit Strom und Fliessbändern – folgte. Die dritte, digitale Revolution erhöhte die Automatisierung der Produktion durch Einsatz von Elektronik und Informatik. Wie in der Vergangenheit bringt auch die aktuelle, die vierte industrielle Revolution für Unternehmen neue Chancen, aber auch Risiken mit sich. Dies gilt jedoch nicht nur für Unternehmen, sondern besonders auch für uns Menschen. DIE DIGITALE INTELLIGENZ Durch die Digitalisierung haben sich einige Verhaltensweisen von uns Menschen signifikant verändert. Über drei Viertel der Schweizer greifen täglich über mobile Geräte auf das Internet zu. Tendenz weiter steigend. Bestimmte Branchen sind von der Digitalisierung bereits stark betroffen: im Handel, in der Unterhaltungs- oder Medienbranche sind bereits Unternehmen vom Markt verschwunden, aber auch neue entstanden. In der industriellen Fertigung gibt es seit gut drei Jahren diverse Initiativen zur «Industrie 4.0». Dieses strategische Zukunftsprojekt verfolgt das Ziel der «intelligenten Fabrik». Eine Unternehmung, welche sich dank der Digitalisierung schnell und effizient jederzeit den Marktbedingungen anpassen kann, den Ressourceneinsatz automatisch steuert und die Geschäfts- und Wertschöpfungspro-

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zesse kontinuierlich und selbstoptimierend den Bedürfnissen von Kunden und Partnern anpasst. Was für einige noch nach Wunschdenken oder «Science Fiction» klingt, ist für andere bereits Realität. Die Technologie ist weit fortgeschritten. Die Informations- und Kommunikationstechnologien sind etabliert und erlauben heute alles zu messen, zu steuern und mit jedem und allem zu interagieren. Das «Internet der Dinge» wird 2015 noch nicht den grossen Durchbruch erleben, dennoch ist die Frage nur, wie schnell und wo zuerst sich das Internet weiter ausbreiten wird. Selbstfahrende Autos, digitale Haussteuerungen, die zunehmende Digitalisierung im Gesundheits- und Fitnessbereich, smarte Uhren bis hin zu über das Internet messbare Haustieren und Zimmerpflanzen sind heute Wirklichkeit. VERÄNDERUNG BRAUCHT MUT Unternehmer, die vor dieser Veränderung nicht die Augen verschliessen und sich überlegen, wie sich die neuen Möglichkeiten für ihr Unternehmen nutzen lassen, haben bereits den ersten wichtigen Schritt zur digitalen Transformation gemacht. Gefragt sind wieder Unternehmer mit Visionen, die vorausgehen und in der Ungewissheit Chancen sehen. Wer die Veränderung zu lange nur beobachtet oder verwaltet, kann von der Konkurrenz schnell überholt werden. Erst recht wenn diese bereits als «intelligente Fabrik» aufgestellt ist und entsprechend agiert. DATEN – DAS ELIXIER DER ZUKUNFT Das systematische Sammeln von digitalen Daten wird weiter zunehmen. Denn Daten sind die Grundlage der vierten industriellen Revolution. Bereits heute steht ein immenses Potenzial an Daten zur Verfügung, welches für die «intelligente Fabrik» genutzt werden könnte, ja diese gar erst ermöglicht. Da diese

Daten jedoch nicht konsolidiert und allgemein zugänglich sind, sammeln immer mehr Unternehmen alle erdenklichen Daten über den Markt, ihre Kunden und ihr operatives Geschäft. Big Data hat nun zum Ziel, diese Datenmengen zu managen, zu strukturieren und viel wichtiger, aus diesen Daten intelligente Relationen und Verhaltensmuster zu erkennen. Die Systeme sind heute so weit ausgereift, dass sie selbstständig Markt- und Unternehmensprozesse definieren, damit neue Daten generieren und selbstlernend sind. Google kann weltweit Grippewellen auf Basis von Suchanfragen vorhersagen. Amazon berechnet automatisch auf Basis von Produkttrends und Bestellhistorien, wo als nächstes welche Produkte gekauft werden und löst eine Warenlieferung an ein Zwischenlager aus, bevor die Kunden die Ware bestellen. Dies erlaubt eine Auslieferung der Bestellung am selben Tag (Same Day Delivery). Solche Beispiele veranschaulichen die Wettbewerbsvorteile einer intelligenten Fabrik und die Wichtigkeit von relevanten Daten für die Zukunft. DIE ORCHESTRIERUNG Die digitale Transformation wird die interne Zusammenarbeit bei Mitarbeitern und im Umgang mit den Kunden einschneidend verändern. Für den Kulturwandel ist es ent-

ADVANDOO AG Die advandoo AG in Zürich vereint die Kompetenzschwerpunkte Business Consulting, Business Engineering und Digital Solutions unter einem Dach. Ihre Spezialisten unterstützen Unternehmen täglich darin, die Vorteile der Digitalisierung für sich zu nutzen. Dabei berät Sie Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Branchen und unterstützt digitale Vorhaben in der Konzeption und der Realisierung.


Das Sammeln und Auswerten von Daten bildet das Fundament der vierten industriellen Revolution.

scheidend, alle in den Prozess zu involvieren. Dies auf der Basis klarer Ziele, eines Konzepts und eines realistischen Zeit- und Budgetplans. Viele Unternehmen stehen sich noch immer selber im Weg mit politischen Grabenkämpfen, falschen Anreizsystemen oder dem Ignorieren von Kundenbedürfnissen. Dabei muss nicht bei Null gestartet werden. Lernen Sie von anderen Branchen oder Unternehmen, die bereits die ersten Schritte durchlebt haben. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 1. Seien Sie offen für neue Technologien und etablieren Sie in Ihrem Unternehmen Zeit und Raum für Innovationen und schaffen Sie Möglichkeiten zum Ausprobieren. Am besten mit einfachen «Proof of Concept» oder schlanken, einfachen Prototypen. 2. Erlauben Sie Ihren Kunden jederzeit mit Ihnen in Kontakt zu treten und richten Sie

Ihre Aktivitäten permanent auf deren Kundenbedürfnisse aus. Konzentrieren Sie sich auf Ihre mobilen Dienste. 3. Lernen Sie die heutigen digitalen Kommunikationskanäle richtig zu nutzen und extrahieren Sie aus diesen für Sie wichtige Informationen. 4. Etablieren Sie eine unternehmensweite Datenstrategie, welche es erlaubt, Informationen zentral und strukturiert zu sammeln, auszuwerten und gezielt weiter zu nutzen. 5. Involvieren Sie alle Mitarbeiter und nutzen Sie die technologischen Möglichkeiten intern, damit auch eine abteilungsübergreifende Transformation stattfinden kann. 6. Seien Sie visionär und selbstkritisch zugleich. Die Transformation ist ein Weg und erfordert einen guten Plan. Unternehmen Sie jedoch und verwalten Sie nicht nur. Neue Business-Modelle sind gefragt. Wir haben einen hohen Ausbildungsstan-

Bild: Fotalia

dard, genügend Mittel und eine fortschrittliche Technologisierung. Stehen Sie sich also nicht selber im Wege. Den Mutigen gehört die zukünftige Welt.

DER AUTOR Adriano Zappacosta ist als Consultant und Executive Board Member bei der advandoo AG tätig. Der Unternehmer, Berater und Projektleiter ist Experte in der Durchführung von digitalen Projekten und dem E-Commerce. Seit mehr als 15 Jahren realisiert er komplexe Vorhaben und unterstützt namhafte Firmen sowohl im In- als auch im Ausland, den digitalen Wandel zu ihrem Vorteil zu nutzen.

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Versteckte Schätze WORKING CAPITAL MANAGEMENT Börsennotierte Konzerne befassen sich seit Jahren mit der Optimierung ihres Working Capital Managements (WCM), da sie durch Rating-Agenturen und Shareholder stark unter Druck stehen. Für KMU ergeben sich hingegen noch versteckte Schätze in der Bilanz. TEXT E R I K H O F M A N N U N D J U D I T H M A R T I N

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nhabergeführte Unternehmen − und insbesondere KMU − hingegen vernachlässigen im Vergleich zu börsennotierten Konzernen das Thema oftmals und geraten in wirtschaftlich schweren Zeiten, wie beispielsweise während der Wirtschaftskrise 2008/2009, in Turbulenzen. Nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses besteht ganz aktuell das Risiko eines ähnlichen Szenarios für Schweizer Unternehmen. Umso entscheidender für den unternehmerischen Erfolg ist es, sich frühzeitig mit dem Management des Netto-Umlaufvermögens zu befassen. Das gilt auch in Zeiten niedriger Zinsen. Denn häufig verstecken sich hinter dem gebundenen Kapital ineffektive und ineffiziente Prozesse, die Kosten unnötigerweise in die Höhe treiben. Doch wie können KMU die Leistung ihres WCMs verbessern? Bestehende Studien zum Thema fokussieren sich häufig auf einen Kennzahlen-Vergleich, insbesondere entlang des sogenannten Cash-to-Cash Cycles (Geldumschlags). Allerdings lassen sich aus solchen Studien keine Schlüsse daraus ziehen, was erfolgreiches WCM ausmacht und welche Methoden, Prozesse sowie Zielsetzungen Best Practice-Unternehmen auszeichnen. Eine 2014 vom Supply Chain Finance-Lab (SCF-Lab) der Universität St. Gallen durchgeführte Studie zur Performance Excellence im WCM befasst sich genau mit dieser Fragestellung. In einer umfassenden Befragung von mehr als 60 Schweizer Unternehmen wurden auch für KMU wertvolle Handlungsempfehlungen zur Leistungsverbesserung im WCM identifiziert. «Die Studienergebnisse zeigen, dass vor allem bei KMU noch erhebliches Verbesserungspotenzial im WCM besteht und liefern wichtige Impulse, um von Best Practice-Unternehmen zu lernen», sagt Adrian Brönnimann, Leiter Individualkunden bei der PostFinance und Sponsor des SCF-Labs. 58

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SELBSTFINANZIERUNGSKRAFT Das Netto-Umlaufvermögen ergibt sich als Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigem Fremdkapital. Zentrale Elemente sind damit Forderungen aus Lieferungen und Leistung, Bestände sowie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistung. Sie dienen als Grundlage zur Berechnung der Cash-to-Cash Cycle-Zeit als zentraler Kennzahl des WCMs. Mit steigendem Netto-Umlaufvermögen und Kapitalbindungsdauer sinkt die Selbstfinanzierungskraft bei steigenden Kapitalbindungskosten. Gleichzeitig kann sich ein zu niedriges Netto-Umlaufvermögen negativ auf den Unternehmenserfolg auswirken, wenn beispielsweise geringe Bestände zu Lieferengpässen führen. Die Bestimmung der «optimalen» Höhe ist somit immer auch eine strategische Entscheidung des Managements. Erschwert wird diese Entscheidung durch die Vielzahl an involvierten Funktionen im Unternehmen und deren oftmals gegensätzlichen Zielsetzungen. So fordert der Vertrieb meist höhere Bestände und längere Zahlungsziele, um die Kundenzufriedenheit nicht zu gefährden, während Logistik und Finanzabteilung versuchen, die Lagerhaltungskosten und Zahlungsziele zu reduzieren. Ähnliche Zielkonflikte ergeben sich auch im Zusammenspiel mit Produktion und Einkauf. Eine zusätzliche Herausforderung für KMU resultiert aus der meist geringen Marktmacht im Vergleich zu Grosskonzernen. So verkürzen Letztere ihre Kapitalbindungsdauer oftmals zulasten der vor- und nachgelagerten Partner in der Supply Chain. Für KMU auf Lieferantenseite ergeben sich daraus längere Zahlungsfristen und ein erhöhter Liquiditätsbedarf zur Vorfinanzierung. Die Studienergebnisse zu Performance Excellence im WCM zeigen eine Vielzahl an alternativen Handlungsoptionen auf, die sich

SUPPLY CHAIN FINANCE-LAB Der Beitrag und die WCM-Performance Excellence-Studie sind im Rahmen des im Herbst 2013 gegründeten Supply Chain Finance-Labs (SCF-Lab) der Schweizerischen Post an der Universität St.Gallen entstanden. Details zur Studienteilnahme 2015 oder weitere Informationen zum SCF-Lab, finden Sie unter: www.scf-lab.logistik.unisg.ch/ .

unabhängig von den vorgegebenen Zahlungszielen umsetzen lassen. So zeichnen sich Best Practice-Unternehmen im WCM durch ein Zusammenspiel von Integration, Regulation, Konzentration und Motivation aus. INTEGRATION Das Management des Netto-Umlaufvermögens tangiert eine Vielzahl an Funktionen mit oft gegensätzlichen Zielsetzungen. Innerhalb des Unternehmens fördern deshalb eine funktionsübergreifende WCM-Strategie und -Organisation die Ausgewogenheit zwischen den Zielsetzungen. Beispielsweise ermöglichen gemeinsame Workshops zur WCM-Strategiefindung eine gemeinsame Sprache und abgestimmte Zielsetzungen. REGULATION Ein «erfolgreiches» WCM erfordert eine aktive Steuerung im Unternehmen. Vor allem bei KMU fehlen häufig explizit definierte Kennzahlen, anhand derer die Leistung im WCM gemessen und die Umsetzung entsprechender Massnahmen eingeleitet wird. Derartige Kennzahlen gehen über die einzelnen Elemente der Kapitalbindungsdauer hinaus. So können Durchlaufzeiten für einzelne Prozessschritte


INTEGRATION – Strukturelle Voraussetzungen für das WCM im Unternehmen – Explizite WCM-Strategie und -Organisation

KONZENTRATION – Konzentration auf relevante WCM-Aufgaben und Prozesse – Regelmässige Überprüfung von Outsourcing-Möglichkeiten

BEST PRACTICEUNTERNEHMEN IM WCM

MOTIVATION – Aufbau und Erweiterung der Know-How Basis – Einführung einer leistungsorientierten Incentivierung

REGULATION – Innovative Instrumente – Konsequentes Controlling

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es entscheidend, frühzeitig das Management des Netto-Umlaufvermögens genau ins Auge zu fassen.

helfen, Fehlerquellen oder umständliche Prozesse zu identifizieren und zu beheben. Ausserdem zeigt sich, dass KMU oftmals auf traditionelle Ansätze im WCM setzen und innovative Methoden, wie beispielsweise eine Debitoren- oder Kreditorenplattform, keine Anwendung finden. KONZENTRATION Da das WCM vielfältige Prozesse von der Beschaffung bis zur Distribution umfasst, besteht die Gefahr, sich bei den Verbesserungsbemühungen im Detail zu verlieren. Entsprechend wichtig ist eine Konzentration auf relevante WCM-Aufgaben und -Prozesse. Konzentration kann bedeuten, dass Teilprozesse an externe Dienstleister ausgelagert werden, um sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu fokussieren. Ein mögliches Beispiel stellt eine Payment Factory durch externe Dienstleister dar. Bis zur Überweisung der fälligen Rechnung an das Unternehmen werden alle gängigen Prozessschritte vom Dienstleister übernommen (z.B. Rechnungsstellung, Rechnungsversand und Mahnwesen). Insbesondere für Mittelständler geht damit häufig eine Professionalisierung der Prozesse einher, da der externe

Dienstleister zusätzliche Fachkompetenzen einbringt. MOTIVATION Nicht zuletzt ist auch die Motivation für das Thema WCM ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dabei geht es zum einen um den Aufbau und die Erweiterung einer entsprechenden Know-how-Basis zur Verbesserung der Methodenkenntnisse, z.B. über Schulungen und Weiterbildungsprogramme. Dadurch erhalten Mitarbeiter funktionsübergreifendes Wissen, das für eine hohe Leistungsfähigkeit im WCM entscheidend ist. Zudem wird die Motivation durch die Einführung einer leistungsorientierten Incentivierung der Mitarbeiter hinsichtlich der WCM-Zielsetzungen gefördert. Werden beispielsweise im Einkauf Mengenrabatte positiv honoriert, resultiert dies in steigenden Beständen und erhöhter Kapitalbindung. FAZIT Als Fazit ist festzuhalten: KMU sehen sich einerseits mit grossen Herausforderungen im WCM konfrontiert. Diesen Herausforderungen steht andererseits eine Vielzahl an

Grafikquelle: zVg/Foto: BilderBox.com

unterschiedlichen Massnahmen gegenüber. Die Studienergebnisse zeigen, dass KMU durch eine ausgewogene Kombination von Integration, Regulation, Konzentration und Motivation die Herausforderungen im WCM erfolgreich meistern und die versteckten Schätze in der Bilanz ausschöpfen können. DIE AUTOREN

Prof. Dr. Erik Hofmann, Titularprofessor und Vize-Direktor am Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St. Gallen. Judith Martin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universität St. Gallen.

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Gemeinsam schaffen wir es! CHANGE MANAGEMENT Kostensenkung, die Suche nach neuen Märkten und die viel beschworene Innovation werden derzeit als wichtigste Rezepte gegen den starken Franken empfohlen. Viel wichtiger aber ist ein vierter Punkt: die Motivation und der unternehmerische Einsatz der Mitarbeiter. TEXT I G N A Z F U R G E R

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enn diese Motivation ist die unbedingte Voraussetzung dafür, dass die erwähnten Empfehlungen überhaupt angegangen werden können. Ohne engagierte Mitarbeiter kann heute kein Unternehmen mehr im Markt bestehen. Victorinox-Chef Carl Elsener sagt über die Folgen des SNB-Schocks: «Das kriegen wir hin.» und er sagt ausdrücklich «Wir». Die Aufhebung der Euro-Anbindung des Schweizer Frankens kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel und viele Unternehmen befinden sich in einer Art Schockstarre und warten erst einmal ab, wie es weitergeht. Aber die Herausforderung wird nicht kleiner. Und um dieser zu begegnen, gilt es für Schweizer Unternehmen, mehrere Hebel in Bewegung zu setzen. Gewinnerstrategien basieren auf vier Säulen: – Produktivität und Kostensenkung: Schweizer Unternehmen sind in dieser Beziehung heute Weltklasse. Auch nach der Finanzkrise bleibt aber nichts anderes übrig, als weiter an den Kosten zu drehen. – Marktposition: Erfolgreiche Schweizer Unternehmen sind führend in weltweiten Nischenmärkten. Die Suche nach neuen Nischen ist die einzige Chance, um aus einem Hochpreisstandort wie der Schweiz heraus bestehen zu können. – Innovation: Im Ranking der innovativsten Länder nimmt die Schweiz seit Jahren eine Spitzenposition ein – doch ist es manchmal schwieriger, eine gute Position zu verteidigen, als diese aufzubauen. – Mitarbeiter: Während die meisten Ratschläge der Experten auf den ersten drei Themen fokussiert sind, geht die Bedeutung von Motivation und Engagement der Mitarbeiter vergessen. Nicht zuletzt als Reaktion auf den Erfolg der Masseneinwanderungsinitiative wird der Ausbildung von Schweizer Fachkräften mittlerweile erheblich grössere Bedeutung zuge-

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messen. Doch wir gehen hier einen Schritt weiter: Es geht nicht nur um das Fachwissen, sondern um das unternehmerische Potenzial der Mitarbeiter getreu dem Motto «Mitarbeiter sind die besten Strategen». Denn erst mit vollem Einsatz, hoher Motivation und einer aktiven Beteiligung an der Gestaltung der Zukunft des Unternehmens können ein erfolgreiches Vorantreiben von Innovationen, die Steigerung der Produktivität sowie der Aufbau von starken Marktpositionen gelingen. «THE PASSION COMPANY» Letztlich sind es die Spieler, die ein Fussballmatch gewinnen, und nicht der Trainer. Motivation und Engagement der Mitarbeiter sind nicht alles, aber ohne Motivation und Engagement ist alles nichts. Der entscheidende Punkt ist: Die Ideen und Konzepte müssen nicht nur auf dem Power-Point Chart gut aussehen und schöne Excel-Tabellen füllen – sie müssen in den Köpfen und vor allem in den Herzen der Mitarbeiter sein. Denn diese sind es, die am Schluss die Kraft auf die Strasse bringen, indem sie die Massnahmen umsetzen, aus denen der Gewinn erarbeitet wird. Vor Jahren hat mir ein engagierter Vollblutunternehmer bei einem Gespräch folgenden Sinnspruch mitgegeben, den ich nie mehr vergessen habe: «Der Mensch tut das, wovon er überzeugt ist, und überzeugt ist er von einer Erkenntnis, die er selber erarbeitet hat.» Dieser Spruch ist zu einem Leitgedanken meiner Arbeit geworden. Es genügt nicht, dass man die Ideen nur bei den Mitarbeitern abholt. Gehen Sie einen Schritt weiter und lassen Sie diese von den Mitarbeitern selber ausarbeiten, z.B. mit einem Ideenmarktplatz. Basierend auf den Arbeiten von Stafford Beer haben wir ein Instrument herausgegriffen, um die Ideen aus den Köpfen der Mitarbeiter zu holen, zu diskutieren und zur Entscheidung der Geschäftsführung vorzulegen. Dieser Ansatz geht weit über simples Brainstorming hinaus.

Der Mitarbeiter muss seine Ideen verkaufen, d.h. er muss drei Kollegen dazu bringen, dass sie seinen Vorschlag unterschreiben. An einem solchen Marktplatz hatte unser Marketingmann folgende Idee vorgetragen: «Verkauf von Lebenshilfen für ältere Mitbürger.» Er hat seine Idee wie folgt verkauft: – Positives Image: nicht «Senioren», sondern «Golden Age» – Ansprechpartner: nicht 80-Jährige, sondern 50 plus – Design: nicht weisse Sanitätsware, sondern Mahagonisitz für die Dusche Und siehe da, der Verkaufsleiter hat angebissen. Bisher hat man diese Idee immer als Hirngespinst eines Sonderlings gesehen und nicht ernst genommen. Jetzt aber hat der Verkaufsleiter als Erster unterschrieben und zwei weitere Mitarbeiter haben nachgezogen. Inzwischen ist daraus ein Geschäftsfeld mit ansehnlichem Umsatz- und Ergebnisbeitrag entstanden. Das Schöne daran ist: Die Umsetzung dieser Ideen wurde von den Mitarbeitern selber vorangetrieben, ohne grosses Massnahmencontrolling. Beim Einbezug von Mitarbeitern ist zu beachten: Veränderung findet nicht in eingefahrenen Denkstrukturen statt. Mischen Sie die Gruppen und beziehen Sie auch Querdenker mit ein. Leute, die von anderen Abteilungen kommen, denn diese stellen die richtigen Fragen. Man nennt das auch «Outside the box». Die besten Erfahrungen habe ich mit Gruppen in der Grösse von 7 plus/ minus 2 Mitgliedern gemacht, wovon die Hälfte Laien sind. Was passiert: Der Fachmann muss sich erklären, er muss nachdenken, denn der Laie stellt Grundsatzfragen und vielfach sind das die richtigen Fragen. Wenn Schweizer Unternehmen auch Weltmeister in der Innovation sind, eine hervorragende Produktivität aufweisen und in vielen attraktiven Nischen als Marktführer vorangehen, wird das unternehmerische Potenzial der Mitarbeiter noch bei weitem


STRATEGY4EVER PRAXISORIENTIERTE STRATEGIE-PLATTFORM Für die gemeinsame Erarbeitung von Strategien in einem Unternehmen haben wir die Online-Plattform STRATEGY4EVER geschaffen und bei ersten Pilotkunden erfolgreich eingesetzt. Mit dieser webbasierten Applikation bekommen Sie eine einfache, klar strukturierte Anwendung, mit der Sie für Ihr Unternehmen die strategische Ausgangslage erarbeiten, die Strategie erstellen und die Ergebnisse kommunizieren können. Da wir diese Applikation als webbasierte Plattform entwickelt haben, fallen nicht mehr Berge von Folien und Excel-Tabellen an. Ein strategisches Cockpit, das für den Unternehmer und den Geschäftsführer jederzeit verfügbar ist, gibt Einblick in die Ergebnisse und den Stand der Umsetzung. Damit wird auch das strategische Controlling zum Bestandteil der Unternehmensführung, und der Unternehmer kann jederzeit eingreifen und seine Firma sozusagen Real-Time steuern. In einem nächsten Artikel werden wir Ihnen diese Plattform an einem konkreten Beispiel vorstellen.

nicht voll ausgenutzt. Wenn es gelingt, dieses Potenzial zu mobilisieren, die Mitarbeiter zu begeistern, Leidenschaft zu wecken, dann bringen Sie Ihr Unternehmen in eine Situation, die Heike Bruch die «Passion Zone» nennt. Und damit haben Sie die Voraussetzungen geschaffen, um die anderen Hebel in Angriff zu nehmen: Innovation, Produktivität und die Suche nach neuen Märkten. Es gibt viel zu tun, aber Sie sind ja nicht alleine. Setzen Sie auf professionelle Unterstützung – und damit meinen wir eben nicht nur die Professoren, Experten und Berater, sondern vor allem Ihre eigenen Mitarbeiter. Und um Change Management müssen Sie sich auch nicht mehr kümmern, das ist nämlich Change Management. DER AUTOR Ignaz Furger ist Inhaber des Beratungsunternehmens Furger und Partner AG Strategieentwicklung, Zürich. Zudem ist er Anbieter des Ausbildungsprogramms «Das praktische Strategieseminar», in dem Mitarbeitende von Unternehmen im strategischen Denken und Handeln trainiert werden. Überdies ist Ignaz Furger Autor des Ende 2013 erschienenen Hand- und Arbeitsbuchs «Strategieleitfaden».

Nur ein motiviertes Team bringt ein Unternehmen zum gemeinsamen Erfolg. Fotoquelle: BilderBox.com

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VRPRAXIS

Treuepflicht des VR KONFLIKTPOTENZIAL Der Verwaltungsrat ist gesetzlich den Interessen der Gesellschaft verpflichtet. TEXT S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

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as Gesetz verpflichtet die Mitglieder des Verwaltungsrats (sowie der Geschäftsleitung) «die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen zu wahren». Diese Treuepflicht zugunsten der Gesellschaft birgt keinen besonderen Zündstoff, solange und soweit die Interessen der Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft, des Verwaltungsrats als von ihnen gewähltes strategisches Organ, der AG als Kapitalgesellschaft und allenfalls wichtiger Stakeholder übereinstimmen. Divergieren die Interessen oder kommt es gar zu Konflikten zwischen den einzelnen Anspruchsgruppen, findet sich der Verwaltungsrat hingegen rasch zwischen Skylla und Charybdis wieder. TREUEPFLICHT Einerseits leiten die Gesellschaftsinteressen das pflichtgemässe Handeln des Verwaltungsrats, andererseits begrenzen sie auch dessen Handlungskompetenz: Der Verwaltungsrat muss tun, was im Interesse der Gesellschaft ist und unterlassen, was ihm zuwiderläuft. Die Verletzung der Treuepflicht kann sowohl zur zivil- als auch zur strafrechtlichen Haftung des VR-Mitglieds führen. Das Gesetz definiert die Treuepflicht des Verwaltungsrats sehr offen und allgemein. Damit der Verwaltungsrat seiner Treuepflicht entsprechend handeln kann, muss er sich über die Interessen der Gesellschaft im Klaren sein. Diese Interessen muss er sowohl aktiv als auch passiv wahren und sich bei seinem Handeln überlegen, ob er sie allenfalls gefährdet oder vereitelt. Fragen zur Verletzung der Treuepflicht stellen sich regelmässig im Zusammenhang mit Interessenkonflikten, dem Abschluss von Verträgen zu marktwidrigen Konditionen zulasten der Gesellschaft, bei Konkurrenzierung, Geheimhaltungs- und Schweigepflichten oder im Umgang mit Insiderwissen. GESELLSCHAFTSINTERESSE Obwohl das Gesellschaftsinteresse zentraler Punkt der Treuepflicht des Verwaltungsrats

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ist, gibt es keine anerkannte oder allgemeingültige Definition des facettenreichen Begriffs. Folgendes lässt sich jedoch sagen: Als juristische Person hat die Aktiengesellschaft grundsätzlich ein eigenes Interesse, das von demjenigen der Aktionäre, der Organe und Dritter (Stakeholder) abweichen kann. Als Kapitalgesellschaft ist die Aktiengesellschaft gewinnorientiert und ihr Interesse liegt in der Gewinnerzielung, -optimierung und langfristigen Wertsteigerung. Oberstes Ziel der Gesellschaft ist das langfristige erfolgreiche Bestehen im Markt. Dabei spielen die folgenden Punkte eine wichtige Rolle: Kapitalbasis, Liquidität, Investitionen, Prosperität, Reputation, Corporate Governance, Risikomanagement, Compliance, Langfristigkeit…

geschäfte. Diese sind nur zulässig, wenn das Risiko einer Benachteiligung der Gesellschaft ausgeschlossen ist oder die Gesellschaft das Geschäft genehmigt. Insichgeschäfte mit einem Wert von mehr als 1000 Franken müssen schriftlich abgeschlossen werden. KLUMPENRISIKO Das Bundesgericht erachtet das Dulden geschäftspolitisch nicht mehr zu verantwortender Klumpenrisiken als Treuepflichtverletzung, selbst wenn die Bonität der Schuldner nicht gefährdet scheint. ÜBERNAHMEANGEBOT Bei der Beurteilung eines Übernahmeangebots muss der Verwaltungsrat im Interesse der Gesellschaft handeln. Dieses geht Aktionärsinteressen, eigenen Interessen und Drittinteressen klar vor. Als Aktionär hingegen trifft ihn keine Treuepflicht, und er ist frei in der Beurteilung. AUSHÖHLUNG DER GESELLSCHAFT Der Verwaltungsrat, der im eigenen oder Drittinteressen der Gesellschaft die notwendige finanzielle Basis entzieht, verletzt seine Treuepflicht – auch ohne Bereicherungsabsicht. MISSBRÄUCHLICHE PROZESSFÜHRUNG Steht ein Gerichtsprozess an, muss der Verwaltungsrat die Prozesschancen sorgfältig abwägen. Das rechtsmissbräuchliche Führen eines Prozesses kann eine Treuepflichtverletzung darstellen. KENNTNIS VON STRAFTATEN Der Verwaltungsrat, der von Straftaten zum Nachteil der Gesellschaft Kenntnis erhält (namentlich im Konzern) muss aufgrund seiner Treuepflicht aktiv werden.

DIE AUTORIN

MÖGLICHE KONFLIKTSITUATIONEN INTERESSENKONFLIKT (ALLGEMEIN) Der Verwaltungsrat befindet sich in einem Interessen konflikt, wenn er neben den Gesellschaftsinteressen auch Eigen- oder Drittinteressen hat. Der Verwaltungsrat muss sich der Interessenkonflikte bewusst sein und den transparenten Umgang mit ihnen regeln. Besonders kritisch sind dabei Insich-

Stefanie Meier-Gubser ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Instituts für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder (sivg).


Verwaltungsräte und CEOs wünschen sich weniger Regulierungsdickicht und mehr Zeit für ihre wirklichen Herausforderungen.

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ie Geister der Corporate Governance, die zur Lösung von Problemen gerufen wurden, werden zur Qual. Man wird sie nicht mehr los. Viele weisse Schafe leiden für einzelne schwarze Schafe. Regulierungen gibt es viele, ob in der Corporate Governance für die generelle Unternehmensführung und Informationspflicht, für die Festlegung der Managerlöhne, für den Umgang mit Kunden, die im Moment bei den Banken per definitionem als Steuerbetrüger gelten, oder in der Produktedeklaration – Swissness lässt grüssen und Vieles mehr. Leider muss man akzeptieren, dass der Urknall jeder Regulierung und jedes Gesetzes ein wesentlicher Missbrauch ist. Der Handlungsspielraum wurde zwar meist «nur im gesetzlichen Rahmen» ausgeschöpft, während man Moral und Ethik durch das Gesetz definieren liess, statt durch gutbürgerlichen Menschenverstand – neuenglisch CSR Corporate Social Responsibility. Die Augen wurden vor offensichtlichem Steuerbetrug gesenkt. FinVON C H R I S T O P H H I L B E R dige Manager fanden Wege, sich gigantische Saläre auszahlen zu lassen. Aktionäre und Interessengruppen, wie z.B. die Arbeitnehmerschaft, standen mit stumpfen Messern vor gepanzerten Chefetagen, die gerademal machten, was ihnen passte. Kurz: Das Vertrauen legitimer Stakeholder wurde im Rahmen geltender Gesetze bis zu deren Aufstand missbraucht.

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Firma blüht, dann ist es eine teure Angelegenheit, alle Aktien zurückzukaufen. Wenn die Firma nicht blüht, will man wohl die Aktien selber auch nicht kaufen. KOMMUNIKATION UND VERTRAUEN SCHAFFEN Aufwändig ist die Kommunikation mit Grossaktionären zwar, aber sie hat wenigstens den Effekt, dass im Normalfall grosses Vertrauen und Verständnis für die wirklichen Probleme des Unternehmens geschaffen werden. Nämlich genau das Vertrauen, welches einmal fehlte und die Regulierung auslöste. TROST Es sind nur ganz wenige schwarze Schafe. Über 99 Prozent sind weiss und brauchen sich nicht betroffen zu fühlen. Die Papiertiger der Regulierungen müssen sie leider trotzdem füttern. Und teilweise machen Vorgaben z.B. zur Informationspflicht auch wirklich Sinn und schaffen Sicherheit und Berechenbarkeit für Management und Stakeholders. GESUNDER MENSCHENVERSTAND Pragmatisch tun, was gefordert ist. Danach mit Kreativität und Energie auf allen Ebenen wieder auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren – und nicht auf die Optimierung der eigenen Tasche. Die Unternehmerkultur sollte wieder hin zur Philosophie des «alten Patron» entwickeln – dort wo sie nicht mehr Basis von Denken und Handeln ist. Gesunder Menschenverstand sollte auch bei den Regulierern einkehren: «Schwarze Schafe» lassen sich durch Regulierung nicht ausrotten, und nicht jeder Exzess ist eines neuen Gesetzes würdig, sondern vielleicht vielmehr publizistischer Verachtung und strafrechtlicher Verfolgung. ABSURDITÄT Die Regulierer regulieren sich auch immer fleissiger. So wollen die GPKs von National- und Ständerat ein Gesetz erwirken, wonach der Bundesrat seine Sitzungen «angemessen» protokollieren soll. Dafür soll ein Protokollierungs-Team geschaffen werden. Ein Zeichen – aber leider in die falsche Richtung.

Mit Verstand REGULIERUNG Bei Verwaltungsräten und CEOs kotierter Firmen kommt unisono der Wunsch nach weniger Regulierung.

KONSEQUENZEN Das Image der Führungselite, von der unsere Gesellschaft und unser Wohlstand abhängen, wird in corpore verunglimpft. Dabei sind es nur wenige Promille von Vertretern dieser Elite, welche für Missbrauch verantwortlich zeichnen. Bestraft werden aber alle. Die Folgen sind, dass Management-Kapazität für die Befriedigung der regulativen Vorgaben absorbiert wird. Statt im Markt, bei den Kunden, den Mitarbeitenden, bei der positiven Kreativität – kurz im Geschäft – zu wirken, werden generische Informationen generiert, welche die Herausforderungen eines Geschäfts nicht wirklich reflektieren. Und die schwarzen Schafe suchen derweil die nächsten Löcher im Gesetz und provozieren weitere Regulationen. In Show-Prozessen bietet man dem Unheil eine Bühne und vergisst dabei, das Gros der Wirtschaft für ihre Anstrengungen zu würdigen. OPTIONEN? Die Geister der aktuellen Regulierungen wird man wohl kaum mehr los, ausser man tritt einen politischen Gegen-Vorstoss an. Wer hat dafür Kapazität und Kraft? Die Wirtschaftsverbände? DEKOTIEREN Nicht wenige VRPs und CEO wünschten sich eine Dekotierung. Doch wenn die Aktien einmal an der Börse sind und die

CHRISTOPH HILBER

Der Autor ist Betriebswirtschafter und seit sieben Jahren Headhunter mit eigener Firma: P-Connect Executive Search & Recruiting hat den Fokus auf Industrie (MEM), IT/Telekom und die Positionen VR, GL und Spezialisten.

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Im Zweifel für den Angeklagten KORRUPTION Die Unschuldsvermutung ist ein Grundpfeiler jeden Rechtsstaats. Dass man als unschuldig gilt, solange die Schuld nicht bewiesen ist, scheint für uns heute selbstverständlich und trivial zu sein. Dennoch müssen sich Gerichte dann und wann mit der Unschuldsvermutung befassen. TEXT D O M I N I Q U E C A L C Ò L A B B R U Z Z O

UNBEWIESENE VORWÜRFE DÜRFEN NICHT ALS GEGEBENE TATSACHEN BETRACHTET WERDEN. 64

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o stellt dieser Grundsatz auch in einem neuen Entscheid des Bundesgerichts, bei dem es um Korruption und Bestechung geht, ein zentrales Element dar (BGer 4A_231/2014). Beteiligt waren die Parteien Y. als Beschwerdeführerin und B. als Beschwerdegegnerin. Diese hatten 2003 und 2006 zwei Agenturverträge geschlossen. In diesen wurde vereinbart, dass B. die Y. im Rahmen von Ausschreibungsverfahren für Aufträge betreffend den Bau oder die Renovation von Kraftwerken beratend unterstützt. ¨ Für diese unterstützenden Leistungen sollte B. eine Kommission erhalten. Die Bezahlung der Kommission wurde von Y. allerdings sistiert. Da gerade eine ausländische Strafuntersuchung wegen Korruptionsverdachts im Gange war, die im Zusammenhang mit B. stand, wollte Y. mit der Ausrichtung der Kommission warten, bis ein Urteil in der Sache ergangen ist. Daraufhin reichte B., gestützt auf eine in den Agenturverträgen enthaltene Schiedsklausel, eine Schiedsklage beim internationalen Schiedsgerichtshof der ICC (International Chamber of Commerce) ein. Y. verweigerte weiterhin die Zahlung und ersuchte vor der ICC um Sistierung des Schiedsverfahrens, bis ein Urteil in der Strafsache ergangen ist. Das Sistierungsgesuch wurde vom Schiedsgericht abgelehnt und Y. wurde zur Zahlung der Kommission an B. verurteilt. UNSITTLICHKEIT Daraufhin erhob Y. Beschwerde beim Bundesgericht und zwar in zweierlei Hinsicht. Einerseits war Y. der Ansicht, sie würde durch das Urteil des Schiedsgerichts zu einem Verhalten verpflichtet, welches sie der Gefahr einer strafrechtlichen Untersuchung aussetzen könnte. Denn durch die Zahlung der Kommission an B. könnte Y.

Korruptionsvorwürfe sind oft schwer zu beweisen. Foto: BilderBox.com

gegen einschlägige Anti-Korruptionsgesetze verstossen. Andererseits stellte Y. auch ein Revisionsgesuch auf Grund neuer, erheblicher Tatsachen, die erst nach dem Entscheid des Schiedsgerichts entstanden seien. Y. macht geltend, dass das Schiedsgericht anders entschieden hätte, wenn es diese Tatsachen gekannt hätte. Bezüglich der ersten Rüge hält das Bundesgericht fest, dass Bestechungszahlungen unsittlich sind. Damit würde sich Y. tatsächlich dem Risiko einer strafrechtlichen Untersuchung aussetzen. Allerdings steht diese Konsequenz unter der Prämisse, dass ein korruptes Verhalten von B. tatsächlich nachgewiesen und vom Schiedsgericht dennoch unberücksichtigt gelassen wurde. Das Schiedsgericht hat sich zwar mit der Frage der Bestechung auseinandergesetzt, jedoch hat es festgehalten, dass die behauptete Bestechung, zumindest zu diesem Zeitpunkt, nicht erwiesen sei. Das Bundesgericht hat sich bei seiner Überprüfung der Entscheide von Vorinstanzen auf Rechtsfragen zu beschränken. Eine Beurteilung des Sachverhalts und der freien Beweiswürdigung des Schiedsgerichts liegt somit nicht in der Kompetenz des Bundesgerichts. Dementsprechend konnte das Bundesgericht nicht beurteilen, ob auf Grund des vorliegenden Sachverhalts eine Bestechung tatsächlich als nicht nachgewiesen betrachtet werden konnte. Somit pflichtet das Bundesgericht dem Schiedsgericht in dieser Frage bei und weist die Beschwerde ab. Denn wenn B. keine Korruption nachgewiesen werden kann, so gilt die Unschuldsvermutung und Y. würde durch die Leistung der Kommission keine unsittliche Handlung begehen. UNERHEBLICHE TATSACHE Betreffend des Revisionsgesuchs legte Y. eine Anklageschrift der US-Behörden vor, welche Korruptionsanschuldigungen im Zusammenhang mit Geschäften enthielt, an denen B. beteiligt war. Wie bereits dargelegt, macht Y. geltend, dass das Schiedsurteil anders ausgefallen wäre, wenn das Schiedsgericht die Klageschrift gekannt hätte. Um eine Revision gutheissen zu können, müsste es sich um eine neue Tatsache handeln. Was wiederum heissen würde, dass die Anklageschrift erst nach dem Schiedsentscheid entstanden sein müsste. Dass dem so ist, anerkennt das Bundesgericht und pflichtet Y. dahingehend bei, dass es sich bei der Klageschrift um eine neue Tatsache handelt. Die neue Tatsache muss allerdings auch erheblich sein, um eine Revision auslösen zu können. Die Erheblichkeit wird im vorliegenden Fall vom Bundesgericht jedoch ver-

neint, denn eine Anklageschrift kann nicht mit einer gerichtlichen Verurteilung gleichgesetzt werden. Die Tatsache, dass wegen Korruption ermittelt wird, bedeutet nicht, dass die Korruption auch tatsächlich gegeben ist und als bewiesen betrachtet werden kann. Auch hier kommt also die Unschuldsvermutung zum Tragen. Die US-amerikanische Untersuchungsbehörde (Department of Justice) hielt auch ausdrücklich in einer Pressemitteilung anlässlich der Anklageschrift fest, dass die Vorwürfe in der Klageschrift lediglich Anschuldigungen sind und der Beschuldigte als unschuldig gilt, bis seine Schuld bewiesen ist («The charges contained in the indictment are merely accusations, and the defendant is presumed innocent unless and until proven guilty»). Eine blosse Anschuldigung ist deshalb keineswegs mit einer Verurteilung gleichzusetzen. Folglich wies das Bundesgericht auch das Revisionsgesuch ab, da es sich bei der Anklageschrift zwar um eine neue, jedoch unerhebliche Tatsache handelt. Y. ist also weiterhin verpflichtet, die Kommission an B. auszuzahlen. GRUNDLEGENDE PRINZIPIEN Korruptionsvorwürfe sind oft schwer zu beweisen, da in der Regel die beteiligten Parteien das gemeinsame Interesse haben, Bestechungszahlungen im Verborgenen zu halten. Ausserdem ist die Dokumentation solcher Transaktionen regelmässig sehr spärlich, falls überhaupt vorhanden. Dies kann für jene, die nach Rechtsfindung bestrebt sind, in mancher Hinsicht sehr frustrierend sein. Aus diesem Gesichtspunkt ist eine Tendenz zur vorschnellen und unbedachten Vorverurteilung durchaus nachvollziehbar. Dennoch ist es unerlässlich, dass gerade in solch schwierigen Fällen unbewiesene Vorwürfe nicht als gegebene Tatsachen betrachtet werden dürfen. Denn die Unschuldsvermutung in Fällen der Korruption zu unterwandern, würde zu einer Aushöhlung unseres Rechtssystems und dessen grundlegender Prinzipien führen.

DIE AUTORIN

Dominique Calcò Labbruzzo (RA Dipl.-Jur.), Löwenstrasse 55 8001 Zürich, www.artlaw-calco.com calco@artlaw-calco.com

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HANDGESTRICKT

ALKFREE Das BAG hat mit einer Studie heraus-

PROHOMO Wer ab 2016 Produkte und Dienst-

gefunden, dass es vor allem unter gebrannten Wassern Produkte gibt, deren Alkoholgehalt weit über dem gewichteten Gesamtdurchschnitt aller Getränke (1,7 Vol. %) liegt. Die für alle Getränke (ausser Schweizer Wein und Bier) obligatorische Warnung «Trinken ist tödlich» kann mit dem neuen Label «AlkFree» sinnvoll relativiert werden.

leistungen anbietet, bei deren Beschaffung, Lagerung und Produktion nachweislich keinerlei heterosexuell orientierten Personen beschäftigt werden, kann vom geschützten Signet ProHomo profitieren. Der Bundesrat verspricht sich von diesem Label einen massgeblichen Beitrag an die Toleranz in der Bevölkerung.

CALFREE Label für die Kennzeichnung von

nährstofflosen Lebensmitteln. Das Bundesamt für Gesundheit verspricht sich von dieser Hilfestellung für Erziehende einen deutlichen Rückgang der Fettleibigkeit von Kindern und Jugendlichen. Calfree Lebensmittel bestehen vornehmlich aus veredeltem Styropor, Lebensmittelfarbe und Geschmacksverstärkern. CLEANWEAPON Speziallabel für militärische

Organisationen und Polizei. Die Auszeichnung ist Waffen und Munition vorbehalten, die ein möglichst humanes, selektives Umbringen ohne grössere Verunreinigungen der Umgebung garantieren. Für Landminen, Streubomben und chemische Waffen befindet sich ein weiteres Label in der Vernehmlassung. DRINKDRY Eine breit angelegte Untersuchung der Universität St. Gallen hat nachgewiesen, dass die vom Schweizer Detailhandel angebotenen Getränkte teilweise massiv überhöhte Wasseranteile enthalten – ein Stoff, den jeder Bürger quasi gratis aus dem Wasserhahn bezieht. Das DrinkDry Label garantiert einen maximalen Wasseranteil von 10,4 Gewichtsprozent. FEMINA Die gesetzlich geschützte Auszeichnung «Femina» ist Produkten und Dienstleistungen vorbehalten, die ausschliesslich von Frauen hergestellt werden. In begründeten Ausnahmefällen können Rohstoffe verwendet werden, bei deren Förderung auch männliche Wesen beteiligt sind. MERCI Das Label «Merci« ist für Produkte gedacht, deren Verwendung hohen Ansprüchen an die humanistische Gesinnung genügt. Neben Waffen für das schonungsvolle Umbringen von Autorasern und anderen Terroristen kommen auch Fitnessausrüstungen oder bestimmte Küchengeräte (Wallhölzer, Kochmesser) in den Genuss des neuen Labels.

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4Labels KENNZEICHNUNG Um der verarbeitenden Industrie und dem Konsumenten in Zukunft mehr Transparenz zu bieten, führt der Bund ab nächstem Jahr eine grössere Anzahl offizieller Labels ein. Der Unternehmerzeitung ist es gelungen, bereits jetzt erste Informationen zu den wichtigsten Neuerungen zu erhalten, deren Kenntnis in Zukunft für alle in der Wirtschaft Tätigen unverzichtbar sein wird. Hier ein kleiner Auszug. VON R U E D I S T R I C K E R

PROZAHN Label für die Kennzeichnung von Produkten und Lebensmitteln, die hauptsächlich aus Zahnpasta hergestellt werden. Während der Verband der Kosmetikhersteller das weitsichtige Vorgehen des Bundesrats begrüsst, ist das Signet in Landwirtschaftskreisen und unter Zahnärzten heftig umstritten. Ein Referendum gegen die Einführung ist wahrscheinlich. NOANIMAL Fleisch ist nicht Fleisch. Obwohl

die Herstellung von fleischähnlichen Lebensmitteln ohne tierische Substanzen schon recht weit fortgeschritten ist, greifen leider immer noch zahlreiche rückständige Unternehmen auf das Schlachten von Tieren zurück. Um diesen widerlichen Vorgängen möglichst rasch die wirtschaftliche und moralische Basis zu entziehen, hat der Bund das neue Fleischlabel «NoAnimal» entwickelt. «NoAnimal» Fleisch besteht zu mindestens 99 Prozent aus synthetischen Zutaten und Wasser. NOLABEL Es wird immer Produkte geben, die den Anforderungen an spezielle Labels nicht genügen. Damit solche Erzeugnisse auf dem Markt nicht diskriminiert werden, führt der Bund das gesetzlich geschützte Label «NoLabel» ein, das sozusagen eine unter völlig normalen Bedingungen erstellte Marktleistung garantiert. SÄKULA Neues Label für Produkte, die in einem säkularisierten Umfeld hergestellt werden - frei von Islamismus, katholischem Gedankengut oder jüdischer Tradition. Als Markenzeichen dient ein Symbol aus zerbrochenem Halbmond, durchgestrichenem Kreuz und halbiertem Davidstern. PROORGASM Das Angebot an Sexspielzeugen

Bildquelle: ro18ger/pixelio.de

ist gross und unübersichtlich. Um den verwirrten Konsumenten den Einkauf zu erleichtern, wurde das Label «ProOrgasm» ins Leben gerufen. Es garantiert bei sachgerechter Anwendung der entsprechenden Gerätschaft in mindestens neun von zehn Fällen einen sexuellen Höhepunkt innert fünf Minuten ab Inbetriebnahme des Geräts.


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Linienflüge mit British Airways in Economy-Klasse Alle Flugnebenkosten (Wert 675.– / Stand 30.11.2014) 1 Inlandflug Rundreise im klimatisierten Reisebus 12 Nächte in guten Mittelklassehotels Täglich Frühstück sowie 2x Mittagund 3x Abendessen Eintritte und Besichtigungen gemäss Programm Beste Betreuung durch unsere erfahrene Vögele Schweizer Reiseleitung Reiseunterlagen inklusive Reiseführer

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Dieses vielfältige Reiseland begeistert! Kommen Sie mit auf eine garantiert unvergessliche Reise.

Ihr Reiseprogramm 1. Tag: Zürich – Johannesburg Flug von Zürich nach London. Umsteigen und Weiterflug nach Johannesburg. 2. Tag: Johannesburg – Pretoria – Long Tom Pass Ankunft in Johannesburg. Bei einer kleinen Rundfahrt lernen Sie Pretoria kennen bevor Sie weiter zum Long Tom Pass fahren, von wo Sie die herrliche Aussicht geniessen. 3. Tag: Long Tom Pass – Hazyview Entlang der Panoramaroute erreichen Sie den Blyde River Canyon, eines der grössten Naturwunder Südafrikas. 4. Tag: Hazyview Lassen Sie die ersten Reiseeindrücke am Hotelpool Revue passieren oder nehmen Sie an der fakultativen Jeepsafari durch den spannenden Krüger Nationalpark teil. 5. Tag: Hazyview – Swaziland Heute fahren Sie in das Königreich Swaziland. Besuch einer typischen «Swazi» Kerzen- und im Anschluss die Ngwenya Glasbläserfabrik. 6. Tag: Swaziland – St. Lucia Bei einer Jeep-Safari im ältesten Tierpark Südafrikas, dem Hluhluwe Umfolzi Nationalpark, werden Sie ein breites Spektrum an Pflanzen und unzähligen Wildtieren erspähen. Halten Sie auch Ausschau nach den «Big Five».

100% REKA-Zahlung möglich

Pretoria

Krüger Nationalpark

Hazyview

Johannesburg SWAZILAND Zululand SÜDAFRIKA Durban Stellenbosch Kapstadt

Oudtshoorn Port Elizabeth Knysna

7. Tag: St. Lucia – Durban Am Morgen Bootsfahrt auf dem Indischen Ozean. Weiterfahrt nach Durban mit anschliessender Stadtrundfahrt. 8. Tag: Durban – Port Elizabeth – Tsitsikamma Inlandflug nach Port Elizabeth. Stadtrundfahrt und Weiterfahrt entlang der «Garden Route» zum Tsitsikamma Nationalpark. 9. Tag: Tsitsikamma – Oudtshoorn Über den schönen Outeniqua Pass fahren Sie nach Oudtshoorn. Sie besichtigen die spektakulären Cango Caves. Im Anschluss besuchen Sie eine Straussenfarm inklusive Nachtessen. 10. Tag: Oudtshoorn – Kapstadt Entlang der Route 62 erreichen Sie Robertson. Dort besuchen Sie einen Weinkeller mit Degustation. Weiterfahrt nach Kapstadt via Stellenbosch. 11. – 13. Tag: Kapstadt Grossstadtflair, die Lage am Ozean, die Geschichte und das Hinterland machen diese Stadt so einzigartig. Nehmen Sie an unserem fakultativen Ausflugspaket teil (Kap der guten Hoffnung, Weinregion am Kap und Stadtrundfahrt Kapstadt). Oder Sie verbringen die Zeit mit individuellen Besichtigungen. 14. – 15. Tag: Kapstadt – London – Zürich Gegen Abend Transfer zum Flughafen und Nonstopflug nach London. Ankunft am Morgen, Umsteigen und Weiterflug nach Zürich.

UNSERE TOP-PREISE Sofort-Preis gültig für mindestens 50% der verfügbaren Plätze, danach Katalog-Preis. Abreisedaten

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AUSFLUGSPAKET KAPSTADT Dieses Paket beinhaltet einen Tagesausflug zum Kap der guten Hoffnung, einen weiteren Tagesausflug in die Weinregion am Kap sowie eine halbtägige Stadtrundfahrt in Kapstadt. Deutsch sprechende Reiseleiter (Mindestteilnehmerzahl: 8 Personen). Bitte beachten Sie, dass dieses Ausflugspaket bis spätestens 5 Wochen vor Abreise über uns gebucht werden muss.

Nicht inbegriffen: - Einzelzimmer 420.– bis 455.– - Jeepsafari 150.– bis 160.– - Ausflugspaket Kapstadt 250.– bis 265.– - Business Class auf Anfrage - Versicherungen auf Anfrage - Kleingruppenzuschlag unter 15 Personen möglich *Preise pro Person im Doppelzimmer in Fr.

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Es gelten die Allgemeinen Vertrags- und Reisebedingungen (AVRB), Ausgabe Januar 2015. Vögele Reisen, Badenerstrasse 549, CH-8048 Zürich, info@voegele-reisen.ch

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«Genügend Luft zum Atmen» ROLAND SCHALLER Der Leiter Firmenkunden Region Mittelland der Credit Suisse und SVC Regionenleiter spricht über sein Engagement für das Unternehmertum, Reaktionen auf den SNB-Entscheid sowie erfolgreiche Tugenden. IN TERVIEW S A B R I N A P L A T T N E R ( S W I S S V E N T U R E C L U B )

Der jüngste Währungsschock wird laut Roland Schaller Spuren in der Schweizer Wirtschaft hinterlassen. Er ist SVC Regionenleiter Espace Mittelland und hauptberuflich Leiter Firmenkunden Region Mittelland der Credit Suisse. Foto: zVg/BilderBox.com

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ür Roland Schaller ist es eine Herzensangelegenheit, sich beim SVC zu engagieren. Lesen Sie seine Begründung und vieles mehr im Interview mit Sabrina Plattner.

Sie sind Leiter Firmenkunden Region Mittelland der Credit Suisse und engagieren sich ehrenamtlich als SVC Regionenleiter Espace Mittelland. Weshalb? ROLAND SCHALLER Für mich ist der SVC als Förderer des Unternehmertums klar eine Herzensangelegenheit. Es freut mich, dass ich für die KMU im Espace Mittelland diese sehr interessante Plattform mitgestalten kann. Der Swiss Venture Club ist das Schweizer Netzwerk für Unternehmerinnen und Unternehmer schlechthin. Mit vielen von ihnen pflege ich auch in meiner beruflichen Funktion bei der Credit Suisse rege Kontakte und schätze sie persönlich sehr. Der Swiss Venture Club verleiht jedes zweite Jahr den Prix SVC Espace Mittelland. Welche KMU

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haben Chancen, nominiert zu werden und warum? Wir zeichnen mit dem Prix SVC Espace Mittelland vorbildliche regional verankerte Unternehmen aus, die durch ihre Produkte und Innovationen, die Firmenkultur, die Qualität der Mitarbeitenden und des Managements sowie durch einen nachhaltigen Erfolgsausweis überzeugen. Dank einer unabhängigen Expertenjury, die sich aus Persönlichkeiten unterschiedlicher Herkunft mit grossem Erfahrungsschatz zusammensetzt, stellen wir sicher, dass diese Aspekte umfassend gewürdigt werden. Inwiefern profitieren die Unternehmen von der öffentlichen Auszeichnung mit dem Prix SVC? Mit der Verleihung und der damit verbundenen medialen Begleitung gestalten wir eine einzigartige Plattform für das Unternehmertum in der Region Mittelland. Die Preisträger profitieren davon, dass die Öffentlichkeit ihre herausragenden Leistungen verstärkt wahrnimmt. Das führt zu vielen positiven Reaktionen von Kunden und Lieferanten. Besonders

SWISS VENTURE CLUB Der Swiss Venture Club ist ein unabhängiger Verein und schweizweit in sieben Wirtschaftsregionen tätig. Alle Aktivitäten zielen darauf ab, KMU zu fördern und somit Arbeitsplätze zu erhalten oder zu schaffen. Was vor über 12 Jahren als lokaler Verein gegründet wurde, ist heute ein starkes Unternehmer-Netzwerk mit über 2700 Mitgliedern. Dank diversen Veranstaltungen wie den Prix SVC Verleihungen oder den Bildungsveranstaltungen kann der SVC für Unternehmerinnen und Unternehmer wertvolle Netzwerk-Plattformen und Raum für gegenseitigen Austausch schaffen. www.swiss-venture-club.ch

schön sind die Wertschätzung, die dieser Preis ausdrückt, und der berechtigte Stolz der Mitarbeitenden. Nicht zuletzt erhöht sich dadurch die Attraktivität der Preisträger-Unternehmen auf dem Stellenmarkt. Die vielfältigen positiven Impulse wirken sich mit Sicherheit positiv auf die Geschäftsentwicklung aus.


Sie verfolgen die KMU-Szene in der Region Mittelland intensiv und durch eine Expertenbrille: Welche Faktoren tragen zu einer prosperierenden Wirtschaft in diesem Raum bei? Ich bin zusätzlich im Vorstand des Industrie- und Handelsverbands Grenchen und Umgebung tätig. Die Vertreter von Industrie und Gewerbe nennen häufig die zentrale Lage im Herzen von Europa, die Verkehrsanbindung und die mehrsprachige Bevölkerung als Pluspunkte, zudem die Verfügbarkeit von qualifizierten, motivierten und loyalen Fachkräften und die guten Ausbildungsmöglichkeiten für den Nachwuchs. Dies wird auch begünstigt durch die Nähe und den Zugang zu hervorragenden Forschungsstätten wie ETH und EPFL. Nicht zuletzt spielen auch die stabilen Rahmenbedingungen mit kurzen Wegen zu Politik und Verwaltung eine Rolle. Thema Frankenstärke: Sie haben in den vergangenen Wochen sicher viele Gespräche mit Unternehmern geführt. Welche Reaktionen haben Sie erhalten? Wie wirkt sich die Frankenstärke auf die Firmenkunden aus? Kurz nach dem SNB-Entscheid Mitte Januar

hatten wir einen Anlass mit Verwaltungsräten und CEOs. Im Gespräch mit den Gästen war weder von Panik noch von überhasteten Reaktionen etwas zu spüren. Man war sich jedoch einig, dass der jüngste Währungsschock Spuren in der Schweizer Wirtschaft hinterlassen wird. Die Auswirkungen werden bei jeder Firma verschieden sein: Abhängig vom Geschäftsmodell werden einzelne Massnahmen wie z.B. Effizienzsteigerungen, Auslagerung von Prozessen, Kostenreduktionen oder eine Kombination davon notwendig sein. Die Erfahrung aus vergangenen Krisen und der letzten Frankenaufwertung im 2011 dürften aber dazu beitragen, dass die KMU heute besser und flexibler mit den anstehenden Herausforderungen umgehen können. Ich bin aber auch überzeugt, dass unsere Nationalbank den Kurs EUR/CHF in einer vernünftigen Bandbreite halten wird, um den Unternehmen genügend Luft zum Atmen zu geben. Gibt es Tugenden, die Ihrer Meinung nach Unternehmer krisenresistenter und erfolgreicher machen? Aus meiner Sicht ist dies die Leidenschaft, sein Geschäft mit aller Konsequenz und allen

PRIX SVC ESPACE MITTELLAND Der Prix SVC Mittelland wird im März dieses Jahres bereits zum elften Mal verliehen. Die dreizehnköpfige unabhängige Expertenjury unter dem Vorsitz von Walter Steinlin, Präsident Kommission für Technologie und Innovation, hat aus über 200 Unternehmen in einem mehrstufigen Verfahren die folgenden sechs Finalisten nominiert (in alphabetischer Reihenfolge): Bangerter Microtechnik AG, Bigla AG, Chocolats Camille Bloch SA, Enotrac AG, Extramet AG, Rychiger AG.

Hindernissen zum Trotz voranzubringen. Dazu gehören Mut zum Risiko, ein unbändiger Wille, aber auch die Flexibilität, sein Geschäft so aufzustellen, dass es innert nützlicher Frist an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden kann. Es braucht also eine gewisse Sturheit, jedoch gepaart mit Weitsicht und offenem Sensorium, um nötige Anpassungen nicht nur vorausschauend wahrzunehmen, sondern auch rechtzeitig in die Wege zu leiten.

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Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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Abänderung des Arbeitsvertrags VON S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

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acta sunt servanda: Verträge müssen eingehalten werden. Sowohl Arbeitgeberin als auch Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, den Arbeitsvertrag so zu erfüllen, wie er vereinbart wurde. Eine Abänderung des Vertrags ist nur im gegenseitigen Einverständnis (vertragliche Vereinbarung) oder durch einseitige Erklärung unter Einhaltung der Kündigungsfrist (Änderungskündigung) möglich. Aus Beweisgründen empfiehlt sich in beiden Fällen die Schriftlichkeit. Die

einvernehmliche Abänderung des Arbeitsvertrags ist grundsätzlich auf jeden Zeitpunkt hin möglich. Bei der Änderungskündigung müssen Kündigungsfristen und -termine sowie der zeitliche und sachliche Kündigungsschutz berücksichtigt werden. Für die einvernehmliche Abänderung des Arbeitsvertrags gilt: Verschlechtert sie die Situation des Arbeitnehmers (dauernd), ist dem Grundsatz Rechnung zu tragen, wonach der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses

Foto: BilderBox.com

nicht gültig auf Forderungen verzichten kann, die ihm aus zwingenden Vorschriften des Gesetzes oder eines GAV zustehen (z.B. Mindestferienanspruch von 4 Wochen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc.). Stehen solche Forderungen des Arbeitnehmers zur Diskussion, sollte bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der

Änderung die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist eingehalten werden. Für die Änderungskündigung gilt: Sie ist die ordentliche Kündigung des bestehenden Vertrags (Kündigungsschutz beachten!) verbunden mit der Offerte eines neuen Vertrags für die Zeit nach dem Kündigungstermin («Weiterführung» des bestehenden Vertrags unter Berücksichtigung gewisser Änderungen). Dieser Wille muss unmissverständlich aus der Änderungskündigung hervorgehen, und die gekündigte Partei hat die Wahl, entweder das Arbeitsverhältnis auf den

Kündigungstermin hin enden zu lassen oder aber auf den angebotenen Zeitpunkt hin den abgeänderten Vertrag mit den neuen Bedingungen zu akzeptieren. STEFANIE MEIER-GUBSER Die Autorin ist lic. iur und Fürsprecherin bei Centre Patronal, Kapellenstrasse 14, Postfach 5236, 3001 Bern, +41 58 796 99 09, +41 58 796 99 03, smeier@centrepatronal.ch, www.centrepatronal.ch

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UnternehmerZeitung | Nr. 3 2015

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Viele Vorteile SCHWEIZER UNTERNEHMERVERBÄNDE In der letzten Ausgabe haben wir über die neugegründeten Schweizer Unternehmerverbände für Medizin, Recht und Finanz berichtet. Mit der Mitgliedschaft bei seinem Schweizer Unternehmerverband erhält der Unternehmer Zugang zu allen Dienstleistungen des Verbandes.

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oel Heijmann, Geschäftsführer der Schweizer Unternehmerverbände, und Barbara Bienek, Geschäftsführerin der Liberty BVG Sammelstiftung und Liberty Flex Investstiftung beantworten Fragen zur Verbandsvorsorge.

Warum braucht es eine spezielle Verbandsvorsorge für diese Branchen? Es gibt doch die obligatorische berufliche Vorsorge. ROEL HEIJMANN Das ist richtig, die berufliche Vorsorge ist ab dem 18. Altersjahr für alle AHV-pflichtigen Arbeitnehmenden obligatorisch, sofern diese einen Jahreslohn von mehr als 21 150 Franken (Stand 2015) erwirtschaften. Inhaber von Personengesellschaften sind in der Regel nicht versichert, da sie als Selbständigerwerbende gelten. Sie können sich entweder freiwillig mit ihren Mitarbeitern oder über ihren Berufsverband versichern, sofern ihr Berufsverband eine Vorsorgelösung anbietet. Die Schweizer Unternehmerverbände sind Berufsverbände, die nebst anderen Dienstleistungen auch eine Vorsorgelösung anbieten. Was ist jetzt das besondere an dieser Verbandsvorsorge? BARBARA BIENEK Hier finden Selbständige mit und ohne Mitarbeitende Anschluss an attraktive berufliche Vorsorgelösungen. Zur Wahl steht die Basisvorsorge der Liberty BVG Sammelstiftung mit fünf Vorsorgeplänen und die der Liberty Flex Investstiftung für Einkommen ab 126 900 Franken (Stand 2015). Insbesondere die Flex-Lösung kommt dem Bedürfnis nach grösstmöglicher Freiheit bei der Mitgestaltung eigener Vorsorge- und Anlagelösungen nach. Es ist ja bekannt, dass die Aufsichts- und Steuerbehörden solche Lösungen sehr genau anschauen. Entspricht Ihre Lösung den Anforderungen der Behörden? BARBARA BIENEK Unsere beruflichen Vorsorgelösungen erfüllen alle regulatorischen

die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz als Sitzkanton der Vorsorgestiftungen bestätigt, dass die Unternehmerverbände alle Voraussetzungen erfüllen, um Träger einer Verbandsvorsorgelösung in Form eines Vorsorgewerks bei einer Sammelstiftung zu sein und dass die Beiträge, welche Steuerpflichtige im Rahmen der umschriebenen Vorsorge leisten, steuerlich zum Abzug zugelassen werden. Die Mehrheit der Kantone hat sich unterdessen dieser Bestätigung angeschlossen. Roel Heijmann ist Geschäftsführer der Schweizer Unternehmerverbände und Barbara Bienek Geschäftsführerin der Liberty BVG Sammelstiftung. Foto: zVg

KONTAKTE SCHWEIZER UNTERNEHMERVERBAND Der unabhängige Schweizer Unternehmerverband setzt sich ein für die wirtschaftlichen Interessen selbstständiger und freiberuflicher Unternehmerinnen und Unternehmer mit und ohne Mitarbeitende. Er bietet seinen Mitgliedern Dienstleistungen in den Bereichen Unternehmerberatung, Versicherung und Vorsorge, Finanzen und Anlagen, Treuhand und Steuern. www.unternehmerverband.net LIBERTY VORSORGE AG Wir sind ein schweizweit führendes Volldienstleistungsunternehmen im Bereich der beruflichen und gebundenen Vorsorge. Als unabhängige Vorsorgeplattform bietet Liberty, dank offener und modularer Architektur, eine grosse Anzahl innovativer und individueller Dienstleistungen und Produkte in der 2. und 3. Säule an.

Was muss ein Unternehmer aus den genannten Branchen machen, um in den Genuss der Vorteile der Verbandsvorsorge zu kommen? ROEL HEIJMANN Mit der Mitgliedschaft bei seinem Schweizer Unternehmerverband erhält der Unternehmer Zugang zu allen Dienstleistungen des Verbandes. Neben verschiedenen Vergünstigungen kann er bei der Beratung auch vom sogenannten «Honorar-Modell» profitieren. Das Honorar-Modell ist eine Innovation im Finanz-, Vorsorge- und Assekuranzmarkt, mit der die Kostentransparenz hergestellt wird. Die Preise für die angebotenen Produkte enthalten keinerlei Provisionen, Courtagen oder anderweitige Rückvergütungen. Die Beratung wird vom akkreditierten Unternehmer-Berater auf Honorarbasis abgerechnet. Für den Unternehmer sind mit diesem Modell erhebliche Kostenoptimierungen möglich. Als Mitglied des Unternehmerverbandes hat der Unternehmer automatisch Zugang zur gemeinsamen Verbandsvorsorge. Der Mitgliederbeitrag beträgt 200 Franken pro Jahr.

www.liberty-vorsorge.ch

Anforderungen, welche gemäss Art. 44 Abs. 1 BVG und der Mitteilung 01/2014 der OAK zu «Vorsorgelösungen von Berufsverbänden innerhalb einer Sammeleinrichtung» verlangt werden. In einem Steuerruling hat

WO KANN MAN DIE MITGLIEDSCHAFT BEANTRAGEN? ROEL HEIJMANN Auf www.unternehmerverband.net finden Sie alle Informationen rund um die Schweizer Unternehmerverbände. Hier können sich Interessierte online anmelden oder das Beitrittsgesuch herunterladen, ausfüllen und uns per Post zustellen. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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NEUE HORIZONTE IM HR! www.personal-swiss.ch

14.–15. April 2015 | Messe Zürich 14. Fachmesse für Personalmanagement MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG

PREMIERE. EIN BÜROSTUHL EROBERT DIE WELT – GESTURE. Der GESTURE ist der erste Bürostuhl, der das Arbeiten mit den neuen zeitgemässen Technologien wie Smartphones und Tablets gezielt unterstützt und 9 neue Sitzpositionen anbietet. Inspiriert durch die Bewe gungen des Körpers. Und ideal für die Arbeitsaufgaben von heute. TESTEN SIE DIESES VÖLLIG NEUE SITZERLEBNIS.

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EVENTS

«Ready for the next Revolution» Foto: Microsoft

X.DAYS 2015 Die ICT-Branche steht ständig vor neuen Herausforderungen – aber auch neuen Chancen. An den X.DAYS vom 25. bis 26. März 2015 werden diese thematisiert.

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ie Tagung baut auf drei Grundelementen: abwechslungsreicher Inhalt, Weiterbildung und ein hochkarätiges Networking. Unter dem Motto «Ready for the next Revolution» werden an der zweitägigen Konferenz die Veränderungen durch Technologie und Internet auf Geschäftsmodelle und Strukturen behan-

Effizient unterwegs

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ie Roadshow EcoMobil on Tour macht zwischen Oktober 2014 und Ende 2015 Halt in neun Schweizer Städten. Privatpersonen und Unternehmen können zahlreiche zwei- bis vierrädrige Eco-Mobile unverbindlich Probe fahren und somit verschiedene Modelle unmittelbar miteinander vergleichen. Zudem erhalten sie unabhängige Informationen und können sich markenneutral beraten lassen. Bei Eco-Mobil on Tour verschaffen sich die Besucher also einen Überblick über den Markt und den aktuellen Stand der Technologien, ohne gleich in ein Verkaufsgespräch verwickelt zu werden. Die Kampagne wird gemeinsam durch EnergieSchweiz

delt. Ob 3D-Printing, Mobile-Payment, Big Data, Internet of Things, Collaboration, e- Commerce oder eHealth – die Branche steht vor einer Revolution. Die X.DAYS nehmen diese Entwicklungen und Trends auf, vernetzen und inspirieren. In Keynote-Referaten und Podiumsdiskussionen thematisieren im Victoria-Jungfrau Grand

ECO-MOBIL ON TOUR 29./30. Mai: Hedingen, Areal Ernst Schweizer AG, Metallbau 16.–19. Juni: Bern, BernExpo (im Rahmen der Suisse Public) 3./4. Juli: Zug, Arenaplatz Eisstadion 10.–12. Juli: Seuzach, Sporthalle Rietacker 28./29. August: Meggen, Dorfplatz 18./19. September: Spreitenbach, Umwelt Arena 25.–27. September: Lausanne, Signal de Sauvabelin www.eco-mobil-on-tour.ch

und die Organisationen e’mobile, gasmobil und NewRide durchgeführt. Jeder Anlass besteht aus mindestens zwei Tagen: Ein Professional Day und ein Public Day sprechen verschiedene Zielgruppen an. Ersterer richtet sich an ein politisches und geschäftliches Umfeld

Hotel & Spa in Interlaken internationale Experten und Referenten die Chancen und Gefahren dieser Entwicklungen im ICT-Markt für Schweizer Firmen. Gemeinsam mit den rund 600 Teilnehmenden werden Trends sowie aktuelle Fragestellungen proaktiv aufgenommen und Lösungsansätze erarbeitet. Unter den

X.DAYS 2015 Die X.DAYS 2015 finden vom 25. bis 26. März im Vicoria- Jungfrau Grand Hotel & Spa statt. Weitere Informationen unter www.nzz-xdays.com.

rund 15 hochkarätigen Referenten sind u.a. Kirill Tatarinov, Executive Vice President von Microsoft Business Solutions (im Bild l.), David Rose, Serienunternehmer und Wissenschaftler, Chris Anderson, Globaler Technologieführer und CEO von 3D Robotics, Constanze Kurz vom Chaos Computer Club, und Big-Data-Experte Kenneth Cukier. Die X.DAYS richten sich an Entscheidungsträger aus der ICT-Branche und der Wirtschaft auf CIO- und CxO-Stufe sowie Persönlichkeiten und Opinion Leader.

Perlen der Wirtschaft KMU SWISS FORUM Nischenanbieter sind die versteckten Champions des Marktes. Ihr Erfolg beruht auf einzigartigen Produkten und ausgefallenen Dienstleistungen. TEXT S A V E R I O G E N Z O L I

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as ein gutes Nischenprodukt ausmacht und wie sich Unternehmen damit etablieren können, ist Thema des diesjährigen KMU Swiss Forums. An der Tagung präsentieren verschiedene Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ihre Erfolgsgeschichten und Geschäftsstrategien. Der ehemalige SBB-CEO Benedikt Weibel spricht über die Kunst, die Komplexität zu reduzieren. Die Musikerin Melanie Oesch bringt den Teil-

nehmenden die Einzigartigkeit ihres Familienunternehmens näher. Wie ein Unternehmen massgeschneidert zum Erfolg kommt, erklärt Hans-Peter Zehnder, Verwaltungsratspräsident der Zehnder Group. Weitere Referenten sind Markus Zwicky (Zwicky Windlin & Partner), Sandra Gräfin und Björn Graf Bernadotte, Urs Rickenbacher (CEO Lantal Textiles AG) sowie Andreas Wieland von Hamilton Bonaduz. Zwischen den Referaten findet die

KMU SWISS FORUM Das KMU Swiss Froum findet am 7. Mai 2015 im Kultur- und Kongresszentrum TRAFO in Baden statt. Anmeldungen unter www.kmuswiss.ch.

Vergabe des Swiss Lean Award statt. Wie jedes Jahr bietet auch die diesjährige Ausgabe des KMU Swiss Forums eine ideale Plattforum für Networking und Knüpfung neuer Kontakte.

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BÜCHER

Die Physik der Zukunft INNOVATIONEN Bewusste Markenführung und das Nutzen eigener Stärken

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eltuntergangsstimmung ist ein altbekanntes Phänomen. Immer wieder sagen ihn selbsternannte «Propheten» voraus, bis jetzt sind wir davongekommen. Die Autoren des hier vorgestellten Buches «Als auf der Welt das Licht ausging» gehen nicht von explodierenden Atomraketen aus, die auf die grossen Städte dieser Welt (noch immer) gerichtet sind. Sie erzählen eine Geschichte über den Physiker Homer Layton, der mit seinen Assistenten vor einem Durchbruch steht, er soll es ermöglichen, die Zeit etwas langsamer ablaufen zu lassen. Eigentlich sehen sie keinen konkreten Nutzen in diesem sogenannten Layton-Effekt, sie sehen aber die Welt der theoretischen Physik auf den Kopf gestellt.

Wenn die Zeit verlangsamt wird, reicht die Energie in Brennstoffen nicht mehr für ein plötzliches Feuer. Dinge brennen, aber langsamer, und sie können nicht mehr

PERSPEKTIVEN GESELLSCHAFTLICHER INNOVATION Dieses Buch vereint die Vorträge einer Ringvorlesung an der Münchener Universität. Unternehmer und Vordenker sozialer Innovationen erkunden die Perspektiven in den Zukunftsfeldern Ernährung, Umwelt, Politik, Wirtschaft und Kommunikation. Das Versprechen dieses Buches besteht darin, in den jeweiligen Handlungsfeldern bisher ungewohnte Blickwinkel auf Zukunftsthemen zu beleuchten. Dem oft festgefahrenen Zukunftsdiskurs sollen neue Horizonte eröffnet werden. Die Vorlesungsreihe ist auf http:// www.sce.de/ringvorlesung.html aufgeschaltet. Die Interviewvideos mit den jeweiligen Referenten können auf https://www.youtube.com/user/MSocialinnovation/videos angeschaut werden. Band 2 gilt den Netzwerken, Band 3 der Praxis gesellschaftlicher Innovationen (in Vorbereitung).

BRAND NEW Das Buch der beiden Autoren – der eine ist Politologe, der andere Betriebswissenschaftler – zeigt auf, was eine erfolgreiche Marke wirklich braucht. Wie kann sich ein Unternehmen im medialen Lärm überhaupt noch bemerkbar machen? Gilt Markenführung als überholt? Die Autoren führen ein Streitgespräch und präsentieren zahlreiche Beispiele aus grossen und kleinen Unternehmen. Macht Aldi alles richtig? Wird Opel den dringend benötigten Imagewandel schaffen? Der Leser erhält wichtige Informationen, Argumente und Anregungen für sein eigenes zeitgemässes und wirkungsvolles Handeln im Markenmanagement. «Eine starke Marke entsteht nur dann, wenn sie von allen im Unternehmen gelebt wird.» so das Fazit.

Als auf der Welt das Licht ausging Tom DeMarco Aus dem Amerikanischen von Andreas Brandhorst Carl Hanser Verlag 652 Seiten, Flexcover CHF 29.90 ISBN 978-3-446-43960-3

explodieren. So könnte man die Explosion einer Bombe oder ganz generell Kriege verhindern! Aber dann fliegen in dieser Geschichte die Raketen trotzdem und Laytons Team schaltet den Effekt ein, der aber gleichzeitig die Fortschritte der letzten hundert Jahre auslöscht. Und dann kann das Abenteuer beginnen. Millionen Menschen sterben nicht den Atomtod, sie werden aber ins dunkelste Mittelalter zurückgeschickt, denn mit dem Layton-Effekt wird die Elektrizität weltweit vernichtet, die Lebensgrundlage der Menschheit ist dahin. Fanatismus, Vernunft, Liebe und Verrat prägen die Geschichte. Das ist ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann, spannend von der ersten bis zur letzten Seite.

ENTWICKLE DEINE STÄRKEN Der Autor fordert die Leser auf, ihre eigene Begabung richtig zu nutzen. Bei der Arbeit habe man die Möglichkeit, jeden Tag das zu tun, was man am besten könne. Eine Gallup-Studie befragte dazu zehn Millionen Menschen, nur ein Drittel konnte obiger Aussage zustimmen. Gallup hat einen Online-Test entwickelt (StrengthsFinder 2.0), mit dem die eigenen Stärken herausgefunden werden können. In Kombination mit den im Buch vermittelten Tipps werden neue Erkenntnisse gewonnen, die das Leben des Anwenders revolutionieren können! Neben dem beruflichen Umfeld – die fünf herausgefilterten Toptalente gilt er gezielt zu fördern – lässt sich das Gewonnene auch im Privatleben ansetzen. Wer auf seine persönlichen Begabungen achtet, geht mit viel mehr Spass und Freude durchs Leben.

Perspektiven gesellschaftlicher InnovationKarl Peter Sprinkart, Peter Dürr, Markus Hipp,

BRAND NEW, Jon Christoph Berndt,

Klaus Sailer, WALHALLA

Sven Henkel. Redline Verlag

Entwickle Deine Stärken, Tom Rath

Fachverlag, 232 Seiten,

240 Seiten, broschiert

Redline Verlag, 208 Seiten, gebunden,

kartoniert, CHF 28.50

CHF 28.—

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ISBN 978-3-86881-539-0

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Rezensionsunterlagen an: blattner@unternehmerzeitung.ch (Cover 300dpi >1MB).

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10 FRAGEN AN

«Wie im siebten Himmel» MARTIN SCHNEIDER CEO Brainforce AG

Warum sind Sie Unternehmer geworden? Zwei Gründe haben mich motiviert, Unternehmer zu werden: Erstens die Freiheit und Kompetenz zu haben, das zu tun, was mir Spass macht, Dinge rasch zu entscheiden und sofort umsetzen zu können. Als Angestellter in einem grossen Unternehmen ist das heutzutage fast unmöglich. Zweitens einen bleibenden Wert für die Zukunft erschaffen und gestalten zu können. Wenn nichts unmöglich wäre, was wäre Ihr Traumjob? Die international aufgestellte BRAINFORCE Gruppe zu leiten und weiter zu entwickeln, macht mir riesig Spass. Ich war früher immer jemand, dem es nach zwei bis vier Jahren in einer Funktion langweilig wurde und ich mich intern oder extern für eine andere Funktion und Aufgabe interessierte. Jetzt leite ich seit zehn Jahren die Brainforce und ich komme auch heute noch mit demselben Enthusiasmus jeden Morgen ins Büro wie am ersten Tag. Ist das nicht ein Traumjob? Was mögen Sie nicht an Ihrer Branche? Die zunehmende Fragmentierung der Branche. «Einzelmasken», welche auf dem Zuruf-Prinzip unter ihrem Freundeskreis zum scheinbar kompetenten Anbieter mutieren, schaden der Branche. Oder Jungfirmen, welche mit digitalen Systemen und Nutzung von Sozialen Netzwerken fälschlicherweise meinen, professionelle, aber aufwändige, persönliche Selektionsprozesse ersetzen zu können. Kunden stellen erst später fest, dass durch die suboptimale Besetzung von Führungspositionen nicht das erwünschte Ergebnis erzielt worden ist. Schlüssel zum Erfolg sind ein grosser Pool von sorgfältig, in einem persönlichen Selektionsverfahren ausgewählten und akkreditierten Führungskräften sowie eine kompetente Betreuung des Mandates durch den Anbieter von A bis Z. An welches Ereignis an Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten? Als ich die restlichen 80 Prozent Aktien vom Firmen-Gründer in Empfang nehmen durfte. Ich fühlte mich wie im siebten Himmel, obwohl bei diesem Akt alle meine Bankkonten leergefegt waren.

ZUR PERSON Unternehmen: www.brainforce-ag.com Position: Inhaber, Verwaltungsratspräsident und CEO Werdegang: zuletzt: Vice President Alstom Power, Baden (2002 – 2004), CEO Adaxco/Intellikey Corp., Zürich und Melbourne/ FL, USA (2000-2002), Assistant Vice President ABB Kraftwerke AG, Baden (1993-2000), Abteilungsleiter Holinger AG (Unternehmen der Motor Columbus Gruppe, 1987 – 1991), Projektingenieur Motor Columbus Ingenieurunternehmung AG (1984 – 1987) Ausbildung: Dipl. Ing. ETH Zürich, Nachdiplomstudium in Umwelttechnik (University of California/USA) sowie MBA (Stanford University/USA) Liebste Hobbies: Golf, Reisen, Fitness Zivilstand: verheiratet, 15-jährige Tochter

Was war Ihr grösster Fehlentscheid? Nicht schon früher die unternehmerische Laufbahn eingeschlagen zu haben, nachdem ich ein KMU in den USA als CEO erfolgreich strukturiert hatte, einschliesslich einer Produktionsverlagerung nach Asien. Stattdessen ging ich vorerst zurück in die Geschäftsleitung eines multinationalen Konzerns, bevor ich den Schritt ins Unternehmertum wagte. Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen? Ich treffe täglich spannende Persönlichkeiten und kann von jeder etwas Neues lernen. Menschen kennenzulernen finde ich das Spannendste im Leben. Worüber können Sie sich ärgern? Als Konsument ärgere ich mich über schlechten Kundenservice eines Dienstleisters oder Lieferanten. Als Unternehmer ärgere ich mich, wenn mir ein Bürokrat Knebel zwischen die Beine zu werfen versucht.

Wie erholen Sie sich vom Stress? Was ist Stress? Ich habe sieben Tage die Woche zu tun, aber keinen Stress. Ich kann auf 10 000 m Höhe (im Flugzeug) sehr gut «abschalten». Da stört mich niemand und ich kann stundenlang «tagträumen». Ferner erhole ich mich an einem Wellness-Wochenende oder beim Golfspielen in Thailand oder in Südafrika. Was zeichnet die Schweizer Wirtschaft aus? Die Schweizer Wirtschaft ist geprägt von einer enorm hohen Flexibilität und Produktivität. Wir haben eine KMU-geprägte Wirtschaft mit zahlreichen mutigen Unternehmern. Und wir haben sehr gut ausgebildete Menschen, welche bei ihrer Arbeit Zusammenhänge erkennen und nicht nur im Anlernverfahren eine Schraube drehen können. Was wünschen Sie sich für die Schweiz? Eine Politik, die wieder mehr Selbstverantwortung fördert und unternehmerische Freiheit ermöglicht. Eine Politik gegen Über-Reglementierung und schleichende Bürokratisierung. Und: Politiker mit mehr Mut. Nr. 3 2015 | UnternehmerZeitung

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KAPITALMARKT

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ANGEBOTE: DEKOMATERIAL, PAPETERIE (3181) Das Geschäft hat eine grosse Fensterfront und grenzt an ein Einkaufszentrum an. Die Strasse ist stark von Fussgängern frequentiert. In einer grösseren Ortschaft im Mittelland. Es wird ein Vollsortiment an Deko-, Bastel-, Geschenk- und Papeterieartikel angeboten. Das Geschäft eignet sich für eine Frau mit Freude an emotionalen Produkten und der Beratung. Guter Eigentümerverdienst. Der Kaufpreis entspricht im Wesentlichen dem Wert des Warenlagers. GROSSHANDEL ZUBEHÖR HEIZUNG (3223) Die etablierte Grosshandelsfirma ist Marktlieder im Bereich Heizung und Zubehör. Die Kunden schätzen besonders die kompetente Beratung und das umfassende Lieferprogramm, insbesondere auch die neuen Technologien. Weitere Erfolgsfaktoren der Handelsfirma sind das Know-how und die hohe Lieferbereitschaft. Drei Aussendienstmitarbeiter vertreten die Firma in der gan-

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ob wir als Webagentur, Marketingagentur, Kommunikationsagentur, Mobile Agentur, Internetagentur oder digitale Agentur bezeichnet werden. Unsere Stärke liegt in der Verbindung von interdisziplinärem Know-how aus all diesen Bereichen. zen Schweiz inkl. Westschweiz und Tessin. Die Firma blickt auf eine 15-jährige Tradition zurück und hat einen grossen Kundenstamm. Die Unternehmung weist über die letzten Jahre konstante Umsatz- und Gewinnzahlen aus. Die Firma ist finanziell unabhängig und gut aufgestellt. Die Inhaber beabsichtigen altersbedingt die Firma in neue Hände zu übergeben. Geplant ist der Verkauf sämtlicher Aktien. Die jetzigen Inhaber sind bereit, während der Übergangsphase im Betrieb weiterzuarbeiten und die neuen Eigentümer einzuführen. Ziel der Inhaber ist der langfristige Erhalt der Unternehmung und der Arbeitsplätze. Dazu wünschen sie sich als Käufer eine Person oder eine Unternehmung, die mit viel Geschäftssinn und Unternehmergeist das vorhandene Potenzial nutzt und die Erfolgsgeschichte des Handelsbetriebes weiterführt. KMU BELEUCHTUNGSBRANCHE GROSSRAUM ZÜRICH (3232) Infolge einer Nachfolgerregelung wird für das Unternehmen, welches erfolgreich in der Beleuchtungsbranche tätig ist,

aufgrund fehlender interner Nachfolge zum nächstmöglichen Zeitpunkt, ein Nachfolger gesucht. Seit über 54 Jahren engagiert sich das Unternehmen für gutes technisches und dekoratives Licht in diversen Branchen in der ganzen Schweiz. Das vom Inhaber geführte Unternehmen wird einem Nachfolger sorgfältig übergeben. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der heutige Inhaber im Unternehmen voll oder in Teilzeit weiterarbeitet. Das benötigte Eigenkapital zum Erwerb der Firma liegt bei CHF 0.3 Mio. Die Gesellschaft ist in einer Betriebsliegenschaft eingemietet. Zurzeit beschäftigt das Unternehmen vier qualifizierte und hochmotivierte Mitarbeitende (350% Stellenprozente), sowie zwei Freelancer. Der Umsatz beträgt rund CHF 0.85 Mio. Der Eigentümer strebt eine nachhaltige Übergabe an und ist gerne bereit, dem neuen Inhaber die Erfahrungen und Kontakte mittelfristig zur Verfügung zu stellen. Suchen Sie den erfolgreichen Gang in die Selbständigkeit? Dann fordern Sie bitte

das Kurzprofil mit den Eckdaten des Verkaufs an. Weitere Informationen erhalten Interessenten nach Unterzeichnung der Vertraulichkeitserklärung, Zustellung des Lebenslaufes sowie eines entsprechenden Kapitalnachweises. WEBDESIGN STUDIO MIT INVENTAR UND TOOLS (3231) – Wir verbinden unser Knowhow in Marketing, Kommunikation, Web und Mobile zu ganzheitlichen Konzepten, Strategien und Dienstleistungen – Marketing- und Kommunikationsziele stehen stets im Vordergrund, die Technologie ist nur ein Mittel, um diese zu erreichen – Ansprechpartner, die im Familienunternehmen selbst konzipieren und produzieren – Wir bieten transparente Preise für klar definierte und termingerechte Leistungen – Unsere Kunden behalten die volle Kontrolle, sie sind ungebunden und autonom – Fortlaufend am Puls der globalen Entwicklung bleiben Wir arbeiten crossmedial – für uns ist es nicht entscheidend,

KMU TECHNOLOGIE-BERATUNGSUNTERNEHMEN (3229) Das Technologie-Beratungsunternehmen ist national und europäisch stark verankert und pflegt langjährige Beziehungen zu privaten und öffentlichen Auftraggebern. Das Unternehmen verfügt über eine mehrjährige solide Grundauslastung und die notwendige Kapazität auch kurzfristig Auftraggebern aus der Industrie, besonders KMU, mit einem breiten Angebot an Dienstleistungen zur Stärkung von Innovationsprozessen mit dem interdisziplinären Team zu unterstützen. Das Unternehmen investiert laufend in Zukunftspotenziale wie Prozesse und Methoden für die Anwendung von Schlüsseltechnologien und den Unterhalt und Ausbau der nationalen sowie internationalen Netzwerke. Das Unternehmen eignet sich für eine starke Unternehmerpersönlichkeit mit Flair für technologieorientierte industrielle Innovationen oder für ein eingeführtes Beratungsunternehmen zur Stärkung oder Ergänzung bestehender Geschäftsfelder. Nach Unterzeichnung einer

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IMPRESSUM UNTERNEHMER ZEITUNG 9. Jahrgang (21. Jahrgang KMU-Manager), Die UnternehmerZeitung erscheint zehnmal jährlich im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Zürcherstrasse 39, CH-8952 Schlieren, Zürich; Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, info@unternehmerzeitung.ch HERAUSGEBER Remo Kuhn, kuhn@swissnews.ch REDAKTION Steffen Klatt, klatt@unternehmerzeitung.ch; Peter Blattner, blattner@unternehmerzeitung.ch; Saverio Genzoli, genzoli@ unternehmerzeitung.ch; Annina Haller, haller@unternehmerzeitung.ch LAYOUT UND PRODUKTION Bruno Strupler, print@unternehmerzeitung.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE David Nägeli, John Dyer, Susanne Steffen, Yvonne von Hunnius, Urs Fitze, Stefan Uhlmann, Elke Bunge, André Anwar, Fredy Gilgen, David Sidler, Peter Bänziger, Oliver Bendel, Fehmi El Benna, Martin Erb, Alfred Kuhn, Bernhard Ruetz, Charly Suter, Markus Koch, Alice Grosjean, Stefan Vogler, Christoph Hilber, Adriano Zappacosta, Erik Hofmann, Judith Martin, Ignaz Furger, Stefanie Meier-Gubser, Dominique Calcò Labbruzzo, Ruedi Stricker, Sabrina Plattner ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, keller@unternehmerzeitung.ch, Telefon 044 306 47 00 DRUCKUNTERLAGEN www.swissbusinesspress.ch/kundendaten ABONNEMENTS UnternehmerZeitung, Postfach, 8952 Schlieren Zürich, abo @unternehmerzeitung.ch, Einzelverkaufspreis: Fr. 8.– JAHRES-ABONNEMENT Fr. 64.– Inland; WEMF-beglaubigte Auflage 2014: 30 318 Exemplare DRUCK Swissprinters AG Brühlstrasse 5, CH-4800 Zofingen NACHDRUCK Nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion und genauer Quellenangabe © UnternehmerZeitung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. DIE UNTERNEHMER ZEITUNG IST MEDIENPARTNER VON SVC SwissVentureClub/SVC Unternehmerpreis, sivg Schweiz. Institut für Verwaltungsräte, SVSM Schweiz. Vereinigung für Standort-Management, SwissCleantech.ch,UnternehmerForum Schweiz, Schweizer KMU-Tag, KMUSwissEvent, Switzerland Global Enterprise, EnAW Energie-Agentur der Wirtschaft, ICT Berufsbildung Schweiz, Suisse EMEX, Award Corporate Communications®, Fachhochschulen Nordwestschweiz FHNW IM VERLAG SWISS BUSINESSPRESS SA ERSCHEINEN AUSSERDEM SWISS-CUISINE, das Gastronomie-Fachmagazin sowie ZÜRCHER KMU, das Zürcher Unternehmer-Magazin.

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Vertraulichkeitserklärung und Zusendung eines Kurz-CVs erhalten Interessenten weitere Informationen. KLEINERE SCHREINEREI NIEDERSIMMENTAL(3227) Unsere Firma besteht seit 30 Jahren. Wir produzieren alles, was mit Holz zu tun hat. Küchen, Türen, aber auch mit Altholz etc. GROSSHANDELS-UNTERNEHMUNG (3224) Die Unternehmung ist ein etablierter Grosshändler für Ersatzteile und Zubehör für Roller, Mofas und Fahrräder. Zudem importiert und vertreibt die Firma Roller. Die Kunden schätzen besonders die kompetente Beratung und die umfassenden Servicedienstleistungen. Weitere Erfolgsfaktoren der Handelsfirma sind das umfangreiche Ersatzteillager und die hohe Lieferbereitschaft. Drei Aussendienstmitarbeiter vertreten die Firma in der ganzen Schweiz inkl. Westschweiz und Tessin. Die Firma blickt auf eine lange Tradition zurück und hat einen grossen Kundenstamm. Der Grosshändler importiert die Produkte und vertreibt diese an Detailhändler und Fachgeschäfte. Die Unternehmung weist über die letzten Jahre konstante Um-satz- und Gewinnzahlen aus. Die Inhaber beabsichtigen altersbedingt die Firma in neue Hände zu übergeben. Geplant ist der

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Verkauf sämtlicher Aktien. Die jetzigen Inhaber sind bereit, während der Übergangsphase im Betrieb weiterzuarbeiten und die neuen Eigentümer einzuführen. Ziel der Inhaber ist der langfristige Erhalt der Unternehmung und der Arbeitsplätze. Dazu wünschen sie sich als Käufer eine Person oder eine Unternehmung, die mit viel Geschäftssinn und Unternehmergeist das vorhandene Potenzial nutzt und die Erfolgsgeschichte des Handelsbetriebes weiterführt. GESUCH: INNOVATIVES UNTERNEHMEN MÖBELSEKTOR (3234) Das Vorarlberger Traditionsunternehmen im Bereich Möbelhandel und der Möbelfertigung plant im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung, seine Geschäftstätigkeit auf den Deutschschweizer Markt auszuweiten. Für die Umsetzung der Expansionspläne sucht das Handels- und Produktionsunternehmen eine Unternehmerund Verkaufspersönlichkeit im Alter von etwa 40 bis 50 Jahren. Für die Gestaltung der Zusammenarbeit besteht ein grosser Spielraum. Angesprochen werden beispielsweise Führungspersonen, welche den Schritt in die Selbstständigkeit in Angriff nehmen möchten. Eine finanzielle Beteiligung im Rahmen einer Nachfolgeregelung ist möglich.

Auch eine Zusammenarbeit mit einem bestehenden Marktteilnehmer ist denkbar, welcher den Zugang zum europäischen Raum anstrebt oder Synergien nutzen möchte. Der Vorarlberger Möbelspezialist ist auf hochwertige Produkte mit Schwerpunkt Gartenmöbel spezialisiert. Er blickt auf eine 55-jährige, erfolgreiche Firmengeschichte zurück. Die innovative Gesellschaft verfügt über eine äusserst attraktive Produktepalette. Die Leistungen umfassen auch die Planung und Beratung sowie die individuelle Massanfertigung von Möbeln. Die Eigentümer zeigen interessierten Persönlichkeiten gerne die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit in einem persönlichen Gespräch auf.

26.02.2015 KMU SWISS Infotable; «Mit Prozessoptimierung international erfolgreich» Anhand der Referate werden die einzelnen Prozessschritte und Massnahmen aufgezeigt, die ETS zu einem der erfolgreichsten CH-Anbieter von Geräten für die Kühlung und Erwärmung von Flüssigkeiten und Gasen in Industrie und Gewerbe machen.

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10.03.2015 KMU SWISS Piazza; «Ausstellung», Die Piazza ist eine Ausstellung an welcher sich die Mitglieder mit einem Stand präsentieren. Die Ausstellung ist öffentlich. Ziel dabei ist, Wissen untereinander auszutauschen und sich zu vernetzen. Dabei geht es darum, dass sich Mitglieder mit Ihren Leistungen zeigen. Auch werden Information-Guides Besucher empfangen und entsprechend deren Interesse der Ausstellung zuführen. Zum Abschluss gibt es einen Apéro riche mit einem gemütlichen Ausklang. 26.03.2015 KMU SWISS Infotable; Anonyme Surfer werden Kunden –Systematische Neukundengewinnung, im B2B», Google Traffic ist noch kein Umsatz - Die Euphorie scheint grenzenlos! Immer mehr Firmen investieren in Onlinemarketing und hier insbesondere in Google Adwords. Die Wirkung zeigt sich sehr schnell im Traffic auf der Website und in kurzer Zeit kann man fast auf den Klick genau berechnen, wie viele Franken ein einzelner neuer Besucher kostet. Aber werden diese Besucher auch zu Kunden? 07.05.2015 KMU SWISS Forum 2015; «Nischen – Perlen der Wirtschaft », Erfahrene Unternehmer werden ihre Erlebnisse und Ansichten zum Thema: «Nischen – Perlen der Wirtschaft » einbringen. Sichern Sie sich Ihren Platz bereits heute! Weitere Informationen finden Sie unter www.kmuswiss.ch

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Unsere Mandantin, die Verwaltung einer mittelgrossen Stadt in der Ostschweiz, verfolgt seit drei Jahren eine völlig neue Strategie. An die Stelle ressourcenschonender Passivität ist dynamischer Aktivismus getreten. Das neue Unternehmertum der Behörden hat sich grundsätzlich bewährt. Dennoch sind die Schattenseiten dieser Entwicklung nicht zu übersehen: Es kommt immer wieder zu Fehlleistungen, für die die betroffenen Bürger zunehmend wenig Verständnis zeigen. Um den hart arbeitenden Mitarbeitern der Stadtverwaltung wenigstens moralisch-ethisch den Rücken frei zu halten, suchen wir deshalb per sofort oder nach Vereinbarung einen möglichst erfahrenen

Responsabilisten Sie sind in dieser verantwortungsvollen Position dafür verantwortlich, sich für sämtliche Fehlleistungen von Politik und Verwaltung persönlich die Gesamtverantwortung übergeben zu lassen. Da Ihre Stellenbeschreibung mangels eigentlicher Aufgaben keinerlei Aktivitäten ausweist, gestaltet sich Ihr Arbeitstag eher passiv. Unser Blick richtet sich deshalb auf Personen, die den hohen mentalen Anforderungen eines ereignislosen Arbeitstages auch langfristig gewachsen sind. Aufgrund der schwierigen Platzverhältnisse im Stadthaus besteht vorderhand keine Möglichkeit, Ihnen einen Arbeitsplatz anzubieten. Ein fester Wohnsitz mit Home-Office-Ambiente, möglichst in urbanem Umfeld, erleichtert Ihnen deshalb die Erfüllung Ihrer Aufgaben. Der ideale Bewerber für diese einzigartige Position ist eine ruhige, nicht provozierbare Person mit einer gehörigen Portion Gleichgültigkeit. Ein einschlägiges Vorstrafenregister ist kein Hindernis – im Gegenteil. Das Bewusstsein um gemachte Fehltritte und die eigene Unfehlbarkeit dürften Ihnen die Anpassung an die neue Situation erheblich erleichtern. Aus formalen Gründen verlangt die Mandantin die Schweizer Staatsbürgerschaft. Zusätzlich sollten Sie über einen aktiven Wortschatz von mindestens hundert Wörtern in einem Ostschweizer Dialekt verfügen für den Fall, dass Sie ausnahmsweise zu einem Interview eingeladen werden sollten. Die grosszügige Entlöhnung richtet sich nach der städtischen Besoldungsverordnung und beinhaltet neben einem fixen Bestandteil einen Bonus, dessen Höhe vom öffentlichen Image der Verwaltung abhängt. Ihre Bewerbung wird von uns mit äusserster Diskretion behandelt. Ihren Lebenslauf samt Handschriftprobe und den üblichen Beilagen senden Sie bis spätestens 22. Mai 2015 per Post an

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