UZ 10 2016

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EN IT S SE X I 10 R A IT P M VR

UNTERNEHMER ZEITUNG

Nr. 10, Oktober 2016 22. Jahrgang, Fr. 8.– www.unternehmerzeitung.ch

Bild: P. Baer

AKTIVE WIRTSCHAFT economiesuisse will sich mehr in die Politik einbringen. Die Direktorin des Dachverbands Monika Rühl im Interview. Seite 10

FINTECH? JA, FINTECH! Welche Vorteile bringen digitale Technologien den KMU und der Finanzwirtschaft? Fintech-Berater Spiros Margaris hat die Antwort. Seite 32

Simon Michel, CEO Ypsomed

«Der Nationalbank fehlt die Handlungsfreiheit»

WAS IST COWORKING?

Seite 16

Flexible Arbeitsformen sind im Aufschwung. Die Kreativwerkstatt 62 will das grösste Coworking-Center der Zentralschweiz werden. Seite 50

VR-PRAXIS Digitec-Gründer Marcel Dobler über Hürden Schweizer Startups. Seite 54

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«Wer mich versichert, muss mein Geschäft verstehen.»

Mehr als jedes dritte Schweizer KMU vertraut der AXA/

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EDITORIAL

Demokratie geht nicht ohne Dialog Direkte Demokratie wird modern in Europa. Vorbei sind die Zeiten, in der die Schweiz – und Liechtenstein – einsame Inseln der Volksabstimmungen gewesen waren. Im Juni haben die Briten abgestimmt, im Oktober werden die Ungaren abstimmen. Dabei will sich die Regierung in Budapest das Mandat holen, sich an keiner europäischen Flüchtlingspolitik beteiligen zu müssen. Beide Male geht es also um Europa, genau genommen um einen Stinkefinger Richtung Brüssel. Weil Volksabstimmungen heute in der EU die Europakritiker stärken, lehnen dort viele Europafreunde die direkte Demokratie ab. Zu Unrecht. Denn Volksabstimmungen allein machen noch keine direkte Demokratie. Wie die Schweiz in ihren guten Zeiten gezeigt hat, sind gerade Volksinitiativen in erster Linie dazu da, Themen anzustossen. In besonders guten Fällen legen Bundesrat und Parlament einen Gegenvorschlag vor, die Initianten können ihren Vorstoss zurückziehen. Referenden wiederum setzen das Parlament unter Druck, allzu hohen Hürden für ein Gesetz schon im Vorfeld zu beseitigen. Inzwischen freilich haben viele Initiativen und Referenden nur noch die Funktion von Lautsprechern. Der Dialog erschöpft sich im Versuch, den jeweils anderen zu übertönen. So wieder am Abstimmungssonntag Ende September. Die AHVplus-Initiative greift ein wichtiges Thema auf, die Zukunft der Altersvorsorge. Aber mit dem Nachschlag für heutige Rentner wird diese Zukunft eher in Frage gestellt. Die Initiative für eine grüne Wirtschaft macht deutlich, dass der Ressourcenverbrauch nicht ungestoppt weitergehen kann. Ihre Gegner verweisen auf den Markt, der es schon richten wird. Der Markt hat in den vergangenen Jahren vieles nicht gerichtet. Die Schweiz scheint zwischen linker Sozialromantik und bürgerlicher Marktgläubigkeit steckengeblieben zu sein. Ein wirklicher Dialog scheint kaum zustande zu kommen. Ohne Dialog freilich verkommt eine direkte Demokratie zur blossen Politikbremse. Schade für die Schweiz. Und für Europa, dem ein demokratisches Vorbild abhanden kommt.

INHALT

KÖPFE UND KARRIEREN PODIUM THEMA Monika Rühl im Interview Unternehmer bringen Erfolg

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WIRTSCHAFT Im Gespräch mit Simon Michel EXPORT Australien im Dauerwachstum Startups locken Autobauer

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EUROPA: IRLAND Im Steuerstreit mit Apple Wilde Wellen, sanfte Hügel

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INNOVATION Proteinriegel mit Potenzial

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ENERGIE Cleantech: Grüne Wirtschaft ENAW: Die Strähl Käse AG

28 30

GELD Umbruch am Bankenplatz Bald ohne Bargeld? PKs zurück im Geschäft

32 34 36

DIGITAL Studie zum digitalen Arbeitsplatz IT-Ratgeber: Die IT wächst mit FHNW Cloud Maturity Model

38 39 40

MARKETING Marke des Monats: ABB

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MOBIL Die besten und sichersten Airlines 44 MANAGEMENT Hoteldirektorin Julia Tobler

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BAU & ARCHITEKTUR HZDS: Gut geplant ist halb gebaut

48

UNTERNEHMEN Coworking in der Kreativfabrik 62 50 PIONIERE Die erste Ärztin der Schweiz

52

VRPRAXIS Digitec-Gründer Marcel Dobler Eine gute Unternehmenskultur Aktienbasierte Langfristvergütung Der Führungskalender Recht: Aktenaufbewahrung

54 58 60 62 63

WEITERBILDUNG Beatrice Müller: positiv auffallen

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NETZWERKE Swiss Venture Club Centre Patronal Unternehmer Forum Schweiz

67 68 69

EVENTS KMU-Tag: Perspektivenwechsel Courtage Expo: Gut vermittelt

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BÜCHER Peter Achten: Abschied von China 72

Steffen Klatt editorial@unternehmerzeitung.ch www.unternehmerzeitung.ch

10 FRAGEN AN Mario Sager, MS Sports AG

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KAPITALMARKT & IMPRESSUM DAS LETZTE

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KÖPFE UND KARRIEREN

LEITERIN CONSUMER HEALTH Per 1. Juli hat REBEKKA ITEN die Leitung der Division Consumer Health der Bayer (Schweiz) AG übernommen. Damit trägt sie die Gesamtverantwortung für das OTC-Geschäft in der Schweiz. Zuvor war Iten bei der Bayer Consumer Care AG in Basel als globaler Brand Director tätig. Zudem hat Iten unter anderem bei Reckitt Benckiser und bei Mars jahrelange Erfahrung in Marketing und Verkauf im In- und Ausland gesammelt.

SENIOR PRODUCT MANAGER Das Karriereportal Xing hat MARKUS LIECHTI in sein Team geholt. Liechti hat Computerwissenschaften an der ETH Zürich studiert und war zuletzt bei local.ch als Technischer Produktmanager tätig. Die neu geschaffene Stelle solle dazu dienen, die «Schweizspezifische» Ausrichtung der Plattform weiter auszubauen. Des Weiteren ist Liechti für den Ausbau des Xing-Stellenmarktes zuständig.

REGIONAL CHANNEL SALES DIRECTOR NICK PARISI übernimmt die neu geschaffene Position des Regional Channel Sales Director für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Riverbed Technology. Parisi stiess im November 2010 zu Riverbed und bekleidete seither verschiedene Channel Sales Manager-Positionen. Parisi bringt 25 Jahre Erfahrung im IT-Bereich mit, u. a. aus seiner Zeit bei EMC und der Digital Equipment Corporation.

CHIEF COMMERCIAL OFFICER Die Bilfinger HSG Facility Management AG nimmt NICOLE PIOT in die Geschäftsleitung auf. Als CCO ist sie neu verantwortlich für die Abteilung «Infrastrukturelle Services» und für den Bereich Verkauf und Marketing. Nach ihrem Studium in Facility Management an der ZHAW übernahm Piot 2007 die Leitung des Center of Competence und QHSSE der HSG Zander AG.

COUNTRY MANAGER CA Technologies ernennt RUI MARTINS zum Country Manager für die Schweiz. Zuvor war er im Software-Unternehmen als Global Account Director in Spanien tätig. Martins stiess erstmals vor rund zehn Jahren als Account Manager in Portugal zu CA Technologies. Zuvor hatte er verschiedene Führungspositionen inne, unter anderem bei Novabase, General Eletrics und Fujitsu.

VERWALTUNGSRATSPRÄSIDENT Die innovative Thuner Webagentur Comvation hat einen neuen VRP: CLAUDIO GALASSO, der die Position des Gründers Ivan Schmid übernimmt. Galasso ist Gründer von Datasport, einem Dienstleister für Sportveranstaltungen, den er 2012 an Swisscom verkaufte. Zurzeit ist er als Managementberater tätig und amtet als Geschäftsführer seines Beratungsunternehmens A plus Management.

GESCHÄFTSFÜHRER Management tools research, der Experte für empirisch belegte Beratung und umsetzbare Lösungen in Marketing, hat ANDREAS LOGK zum Geschäftsführer ernannt. Der diplomierte Wirtschaftspsychologe ist seit 2004 bei management tools tätig und war zuletzt für die Leitung des operativen Geschäfts verantwortlich. Insgesamt verfügt Logk über 12 Jahre Erfahrung im Bereich der empirischen Beratung.

SENIOR PARTNERIN Die hkp group hat BARBARA SETA in die Geschäftsleitung geholt und zur Senior Partnerin ernannt. Zuletzt war sie als Leiterin der Reward Practice und Partnerin bei PWC in Deutschland tätig. Seta blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Vergütung, aktienbasierte Programme, Performance Management und Mitarbeiterentsendungen zurück. Sie studierte Betriebswirtschaft und Internationale Beziehungen in Wien und Istanbul.

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UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

INFO Mitteilungen für diese Rubrik: Text und Foto (300 dpi > 1MB) arbenz@unternehmerzeitung.ch


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Online-Anmeldung unter www.kmu-tag.ch

Thomas Binggeli

Martin Kolmar

Bea Knecht

Š Thomas Koy

Anitra Eggler

Urs Fueglistaller

28 / OKTOBER 2016

Wilhelm Schmid

Christa Rigozzi

Luciano Marinello

SCHWEIZER KMU-TAG ST GALLEN

Patronat: Schweizerischer Gewerbeverband / economiesuisse / IHK St.Gallen-Appenzell / Kantonaler Gewerbeverband St.Gallen (KGV)

Veranstalter

Hauptsponsoren

Kommunikationspartnerin

Medienpartner


PODIUM

Organisieren statt Produzieren WERTSCHÖPFUNG Immer mehr Stellen werden ins Ausland verlagert, Arbeitsplätze in der industriellen Produktion verschwinden. Warum diese Entwicklung dem Wachstum in der Schweiz dennoch keinen Abbruch tut. TEXT M A T H I A S B I N S W A N G E R

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ür traditionelle Arbeit in der Fabrik oder im Büro ist die Schweiz mittlerweile ein teures Pflaster geworden. Vor allem hohe Löhne machen die Schweiz als Produktionsstandort unattraktiv. Gemäss Informationen von Arbonia-Forster kostet ein Angestellter im Werk in Altstätten in der Schweiz 90 000 Franken pro Jahr. Schon in Thüringen kostet er jedoch nur ein Drittel davon. Deshalb werden «produktive» Tätigkeiten in Länder mit geringerem Lohnniveau verlagert, wo bei praktisch gleicher Produktivität und Qualität wesentlich billiger produziert werden kann. Diese Entwicklung ist symptomatisch für einen Trend, der schon seit Jahrzehnten andauert und sich aufgrund des starken Schweizer Frankens in den letzten Jahren nochmals akzentuiert hat. Die Produktionsverlagerung ins Ausland hat zur Folge, dass die Wertschöpfung in der Schweizer Wirtschaft immer weniger mit Produktion zu tun hat. Deshalb ist der Begriff Bruttoinlandprodukt mittlerweile irreführend. In Wirklichkeit müsste man von Bruttoinlandorganisation sprechen, denn heute wird in der Schweiz vor allem organisiert und nicht mehr produziert. Und je weniger wir produzieren, umso besser scheint die Wirtschaft zu laufen. Die Schweiz hat trotz der Verlagerungen produktiver Tätigkeiten ins Ausland kaum Arbeitslosigkeit und die Wirtschaft wächst schneller als in anderen europäischen Ländern.

Schweizer sind Spezialisten darin, das Glas nicht zu neun Zehntel als voll, sondern zu einem Zehntel als leer zu sehen. Bildquelle: depositphotos.com chones

WENIGER INDUSTRIE, MEHR DIENSTLEISTUNGEN Ein hochentwickeltes Land wie die Schweiz ist heutzutage nicht wirtschaftlich erfolgreich, weil es begehrte Produkte und Dienstleistungen produziert, sondern weil es begehrte Produkte und Dienstleistungen erfolgreich entwickelt, organisiert und vermarktet. All diese Tätigkeiten sorgen für wesentlich mehr Wertschöpfung als die Produktion selbst. Diese findet dank des techni-

schen Fortschritts mit immer weniger Arbeit und dank der Verlagerung in Billiglohnländer mit immer geringerer bezahlter Arbeit statt. Doch die heutige Wertschöpfung in der Schweiz hängt nicht nur an Entwicklung, Organisation und Vermarktung von anderswo produzierten Produkten und Dienstleistungen. Noch mehr Arbeitsplätze werden

in der Schweiz mittlerweile in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungs- oder im Gesundheitswesen geschaffen. Dabei geht es um Tätigkeiten, die der Organisation, Entwicklung und Erhaltung der Gesellschaft als Ganzes dienen. Diese sorgen dafür, dass auch die Beschäftigung weiterhin wächst. Da ist in erster Linie das Gesundheitswesen zu nennen, das in der Schweiz mittlerweile am meisten Menschen beschäftigt. Aber auch das Bildungswesen, der Betrieb von Heimen oder unternehmensbezogene Dienstleistungen haben in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten massiv Arbeitsplätze geschaffen. Auf diese Weise wird der Abbau der Beschäftigung in der Industrie und in einigen Dienstleistungsbranchen kompensiert und wir haben trotz permanenter Rationalisierung in der Industrie weiterhin praktisch Vollbeschäftigung.

DER AUTOR Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Artikel in Fachzeitschriften und in der Presse. Sein Buch: «Die Tretmühlen des Glücks» (2006) wurde zum Schweizer Bestseller. Zu Beginn des letzten Jahres kam sein neuestes Buch «Geld aus dem Nichts» auf den Markt. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Finanzmarkttheorie, Makro- und Umweltökonomie sowie in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Glück und Einkommen. Gemäss dem Ökonomen-Ranking der NZZ im Jahr 2016 zählt Mathias Binswanger zu den zehn einflussreichsten Ökonomen der Schweiz.

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THEMA

Unternehmerisch denkende Leute sind es, die ein Land reich machen. Unternehmer bilden die Basis unseres Wohlstands, indem sie Innovationen fördern, Wertschöpfung generieren und Arbeitsplätze schaffen. Bidquellen: Depositphotos.com, cidepix/zVg

Erfolg braucht Unternehmer VON S T E F F E N K L A T T

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ie vergangenen beiden Jahre waren eine Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft. Erst bildete die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative eine kalte Dusche für alle Unternehmen, die investieren wollten. Dann verteuerte die Aufhebung des Mindestkurses des Frankens zum Euro die Exporte auf einen Schlag um 10 Prozent. Nun gibt es wieder Anzeichen für eine Erholung. Die Wirtschaft ist im zweiten Quartal schneller gewachsen als erwartet; erstmals seit langem könnte sie in diesem Jahr wieder mehr Schwung aufweisen als die Wirtschaft der benachbarten Eurozone. Wieder alles paletti? Wohl nicht. Der zarte Aufschwung wird sehr stark von einer einzigen Branche getragen, der Pharmaindustrie. Ihre Exporte haben stark angezogen. Die meisten anderen Branchen legen nur vorsichtig zu. Eine der ehemaligen Säulen des Schweizer Exports bröckelt sogar: Die Uhrenindustrie verkauft immer weniger. Sie leidet unter einem doppelten Druck. In China ist es nicht mehr opportun, teure Uhren zu zeigen. Und viele Sportbegeisterte weltweit greifen lieber zu einer Smartwatch als zu einer teuren klassischen Uhr. Auch zu Hause läuft nicht alles rund für die Schweizer Wirtschaft. Die Bauwirtschaft, lange ein Treiber des Wachstums, bekommt das gewachsene Angebot an Büros und Wohnungen und die zurückgehende Einwanderung zu spüren. Hinzu kommen die weichen Faktoren: Die Schweiz ist nicht mehr so attraktiv für Fachkräfte. Es hat sich herumgesprochen, dass sie hier weniger willkommen sind. Und

andere Standorte profitieren gern davon. Der Brexit hat zudem die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass es für Unternehmen wie für Arbeitnehmer im Zweifel besser ist, im EU-Binnenmarkt mit seiner Freizügigkeit tätig zu sein als in einem Land, dessen Verhältnis zum Rest des Kontinents ungeklärt ist. Hat die Schweiz also den Blues? Wohl auch nicht. Das zeigen die drei Unternehmen, auf die wir in dieser Titelgeschichte eingehen: ein Traditionsunternehmen mit 75 Jahren Geschichte, ein Ingenieurunternehmen der Spitzenklasse und eine Neugründung quasi am Küchentisch. Alle drei leben Unternehmertum, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise. Hilti forscht, entwickelt und fertigt im superteuren Schaan, weil es im Rheintal die superguten Fachkräfte gibt und ein Wissen, das sich in Generationen angesammelt hat. Super Computing Systems von ETH-Professor Anton Gunzinger entwickelt das schnellste Börsenhandelssystem der Welt – der Zürcher Börsenbetreiber SIX hatte danach in der Weltfinanzhauptstadt New York gesucht und es im Technopark Zürich gefunden. Und der Umweltingenieur Moritz Güttinger ist bereit, einen sicheren Job zugunsten der besten Espresso-Maschine aufzugeben – die er selbst entwickelt hat. Die Schweiz ist nicht erfolgreich, weil sie reich ist – Reichtum ist nur der angesammelte Erfolg der Vergangenheit. Die Schweiz ist erfolgreich, weil es hier noch Unternehmer und unternehmerisch denkende Menschen gibt. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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THEMA

«Die Wirtschaft will konstruktiv mitarbeiten» WIRTSCHAFTSPOLITIK Trotz schwierigem Umfeld ist die Schweizer Wirtschaft im zweiten Quartal gewachsen. Monika Rühl, Direktorin der economiesuisse, beobachtet «robuste und anpassungsfähige» Schweizer Unternehmen. Die Planungsunsicherheit bereite jedoch Schwierigkeiten und sei auch eine Folge der zahlreichen offenen wirtschaftspolitischen Dossiers. INTERVIEW S T E F F E N K L A T T

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onika Rühl führt economiesuisse seit zwei Jahren als Direktorin. Ihr ist es wichtig, dass der Wirtschaftsdachverband konstruktiv mitarbeitet und eigene Vorschläge vorlegt. Bei der Masseneinwanderungsinitiative scheint es zu funktionieren: Die Umsetzung ist in einer Weise aufgegleist, welche die bilateralen Beziehungen zur EU nicht gefährdet. Auch für die Energiepolitik will sie künftig mehr eigene Vorschläge machen.

Die Schweizer Wirtschaft ist im zweiten Quartal überraschend deutlich gewachsen. Ist die Durststrecke vorbei? MONIKA RÜHL Die aktuelle Entwicklung ist sehr positiv. Das zeigt, dass Schweizer Unternehmen robust und anpassungsfähig sind. Es bestehen aber weiterhin viele Risiken im Markt. Dazu gehört das immer noch schwache Wachstum in Europa. Auch das Schuldenproblem ist noch nicht gelöst. Die Notenbanken betreiben eine Niedrigzinspolitik, die weltwirtschaftliche Konjunktur ist durcheinander. Haben die Schweizer Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht? Für Unternehmen ist Planungssicherheit wichtig. Der Wechselkurs ist seit einiger Zeit recht stabil. Das erlaubt den Unternehmen, sich der Situation anzupassen. Die Unternehmen haben Massnahmen zur Kostensenkung getroffen und viele von ihnen haben sich darauf eingestellt, dass sie nun tiefere Margen haben. Welchen Beitrag haben die Massnahmen des Bundes geleistet, vor allem die Sonderregelungen für die KTI? Was die KTI macht, stellt die einzige sinn10

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volle staatliche Unterstützung in einer solchen Situation dar. Das ist eine Investition in die Innovation und damit in die Zukunft. Dagegen wären Massnahmen nicht zielführend gewesen, die in Richtung Industriepolitik gehen. Zu den wichtigen Rahmenbedingungen gehört die Masseneinwanderungsinitiative. Wird sie rechtzeitig umgesetzt? Der Nationalrat beschäftigt sich damit in der jetzigen Herbstsession, danach wird die Angelegenheit im Zweitrat diskutiert. Wenn der Ständerat in der Wintersession entscheidet, dann hätten wir den Umsetzungsentscheid noch innerhalb der Frist von drei Jahren, welche die Verfassung setzt. Damit könnte der Bundesrat das Kroatienprotokoll ratifizieren und die Schweiz die Forschungszusammenarbeit mit der EU im Rahmen von Horizon 2020 umsetzen. Ist der sanfte Inländervorrang, der vom Nationalrat diskutiert wird, für Sie akzeptabel? Das ist für uns eine gute Basis. Einzelne Aspekte muss man sich noch anschauen. Wir sind auch bereit, weiterführende Massnahmen zu prüfen. Dazu kann eine obligatorische Meldepflicht per sofort gehören. Unternehmen müssten dann offene Stellen den regionalen Arbeitsvermittlungen melden. Wird es eine einvernehmliche Lösung mit der EU geben, wie vom Bundesrat ursprünglich angestrebt? Wenn ich mich in Brüssel umhöre, dann sehe ich wenig Chancen dafür. Deshalb setzen wir die Initiative autonom um. Was jetzt im Nationalrat diskutiert wird, ist kompatibel mit dem Freizügigkeitsabkommen.

…jedenfalls aus Sicht der Schweiz. Die ersten Signale aus Brüssel sind jedenfalls positiv. Die Beziehungen zur EU sind damit noch nicht gelöst. Wie soll es beim institutionellen Rahmenabkommen weitergehen? Wir sagen seit zwei Jahren, dass wir uns in einem ersten Schritt auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative konzentrieren und erst in einem zweiten mit dem Rahmenabkommen befassen werden. Wir wollen keine Verbindung zwischen der Initiative und dem Rahmenabkommen, wie das die EU fordert. Der Bundesrat sieht das genauso. Zürich und andere Kantone beschweren sich über die Kürzung der Kontingente aus Drittländern durch den Bundesrat. Teilen Sie die Sorge? Der Bundesrat hat diese Kontingente auf Anfang 2015 aus politischen Gründen gesenkt. Die Kantone und wir fordern, dass die Kontingente wenigstens wieder auf das Niveau von 2014 angehoben werden. Economiesuisse hat im vergangenen Jahr den indirekten Gegenvorschlag zur grünen Wirtschaft abgeschossen und gleichzeitig den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Energiestrategie verlangsamt. Bremst economiesuisse bei ökologischen Themen? Nein, das machen wir nicht. Wir sind gegen staatliche Eingriffe, gegen übermässige Regulierung und gegen Subventionen. Die aktuellen ökologischen Dossiers haben genau diese Nachteile gehabt. Deshalb haben wir uns gewehrt. Selbstverständlich ist die Wirtschaft für eine gesunde Umwelt, für eine nachhaltige Entwicklung und für einen effizienten Umgang mit den Ressourcen. Wir haben kein Problem mit ökologischen


ZUR PERSON Monika Rühl ist seit 2014 Direktorin von economiesuisse. Zuvor war sie seit 2002 in verschiedenen Funktionen für Wirtschaftsminister tätig, zuletzt als Generalsekretärin des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Seit 1992 war sie für das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten tätig, zuletzt als persönliche Mitarbeiterin von Bundesrat Joseph Deiss. Bild: zVg, Marco Aste

Anliegen. Wir haben aber Probleme mit den Ansätzen für die Umsetzung, die auf dem Tisch lagen. Sie hätten es ja beim indirekten Gegenvorschlag in der Hand gehabt, bessere Ansätze vorzuschlagen. Es gibt eine Tendenz, zu Initiativen Gegenvorschläge vorzulegen. Aber es gibt auch Initiativen, die man einfach ablehnen muss. Diese gehörte dazu. Denn sie hätte zu Bürokratie und Vorschriften geführt. Es gibt eine Tendenz zur Überregulierung. Das verursacht Kosten, und deshalb hat es dafür in

einem Umfeld mit einem immer noch starken Franken keinen Platz. Sagen Sie bei ökologischen Themen also einfach Nein? Mir ist es wichtig, dass wir in den Dossiers, mit denen wir uns beschäftigen, auch eigene Vorschläge einbringen. So wie vor zwei Jahren in der Energiepolitik. Gerade dort ist es mir wichtig, dass wir uns noch mehr mit eigenen Vorschlägen einbringen. Wir wollen nicht als Verhinderer wahrgenommen werden, sondern als eine Wirtschaft, die positiv und konstruktiv mitarbeitet.

Auch mit Blick auf die Abstimmung vom November? Wenn die Atomausstiegsinitiative angenommen würde, müssten die ersten Kraftwerke ab 2017 vom Netz genommen werden. Das würde die Versorgungssicherheit stark beeinträchtigen. Die Haltung des Bundesrates, Atomkraftwerke solange am Netz zu lassen, wie sie sicher sind und wirtschaftlich betrieben werden können, unterstützen wir. Aus Sicht der Versorgungssicherheit müssen wir das auch. Das Parlament dürfte nun das erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 verabschieden.

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THEMA

Sie haben gesagt, dass Sie ein Referendum nicht unterstützen werden. Bleibt es dabei? Das ist ein Beschluss unseres Vorstandsausschusses, ja. Zur Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz: Kann die Schweizer Wirtschaft angesichts der zunehmenden Konkurrenz ihren Platz halten? Es trifft zu, dass die Konkurrenz stark ist. Gerade als Stimmbürgerinnen und Stimmbürger müssen wir uns vergegenwärtigen, dass auch der Standort Schweiz in einem Wettbewerb steht. Nach wie vor sind die Rahmenbedingungen gut. Die Lebensqualität ist hoch, die Schweiz ist ein attraktives Land. Aber in den letzten Jahren hat die Schweiz weniger Firmen aus dem Ausland ansiedeln können. Das hat auch damit zu tun, dass die Planungssicherheit in der Wahrnehmung der ausländischen Unternehmen nachgelassen hat – auch eine Folge der zahlreichen offenen wirtschaftspolitischen Dossiers wie die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und die Unternehmenssteuerreform III. Sie erwähnen die Lebensqualität: Eine internationale Umfrage zur Attraktivität der einzelnen Länder für ausländische Arbeitnehmer platzierte die Schweiz auf den hinteren Rängen. Haben die Schweizerinnen und Schweizer ein zu rosiges Bild von ihrem Land? Es gibt vieles, worauf wir stolz sein können. Aber wir haben eine Tendenz, uns auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir müssen uns jeden Tag dafür einsetzen, dass die Standortqualität erhalten bleibt. In der direkten Demokratie kann das jeder von uns beeinflussen. Viele Bürger scheinen Angst vor zu viel Globalisierung und zu viel Wettbewerbsdruck zu haben. Wie wollen Sie den Bürgern diese Angst nehmen? Deshalb haben wir den Dialog mit den Bürgern aufgenommen. Vergangenes Jahr haben wir strukturierte Diskussionen über Europa geführt. In diesem Jahr haben wir das «Wandern mit der Wirtschaft» eingeführt. In diesen Begegnungen wollen wir den Dialog mit der Bevölkerung suchen. Wir erklären, was die Wirtschaft braucht, um am Standort Schweiz zu bleiben und hier Wohlstand zu erzeugen. Und wir hören auch zu, was die Bevölkerung beschäftigt. Die bisherigen Erfahrungen sind sehr positiv. Was ist für Sie die wichtigste Botschaft aus diesen Begegnungen? Wir müssen noch sehr viel besser erklären, was wir brauchen. Wir müssen an einfachen Beispielen deutlich machen, wie das, was die Wirtschaft tut, auch das Leben der Bürger und Bürgerinnen betrifft. 12

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Hilti sieht sich mit seinen Entwicklungen in Liechtenstein als Innovationstreiber der Branche.

Hilti bekräftigt Standorttreue HILTI SCHWEIZ AG Der Bautechnologiekonzern Hilti setzt zu seinem 75. Firmenjubiläum ganz auf den Hauptsitz in Liechtenstein und auf seine Innovationstradition. Auch an den Produktionsstandorten der Region soll nicht gerüttelt werden. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S

LIEBE DER EXPATS ZUR SCHWEIZ ERKALTET Die Schweiz als Expat-Paradies, das war einmal. Wie der «Expat Insider 2016» der Münchner InterNations zeigt, verliert das Land massiv an Attraktivität unter international tätigen Beschäftigten. Die Studie, die nun zum dritten Mal herausgekommen ist und auf der Befragung von 14 000 Expats beruht, sieht die Schweiz nur noch auf Platz 31 der 67 untersuchten Länder. Noch in der ersten Studie 2014 hatte sie den vierten Platz eingenommen, vor einem Jahr immerhin noch Platz 14. Dabei hat sich die Schweiz in allen untersuchten Kriterien verschlechtert. In der Lebensqualität ist sie vom ersten auf den zehnten Platz abgerutscht – vor einem Jahr war es noch Platz vier. Bei der Integration in die örtliche Gesellschaft kommt die Schweiz noch auf Platz 64, zuvor waren es die Plätze 53 und 58. Die Lebenskosten sind ebenso ein Ablöscher: Platz 65 nach den Plätzen 58 und 60 in den Jahren zuvor. Da helfen auch hohe Löhne nicht mehr: Bei den finanziellen Gründen zum Umzug in das Land kommt die Schweiz nur noch auf Platz 29 nach den Plätzen 8 und 18 zuvor. Selbst aus ihrer kulturellen Vielfalt macht die Schweiz zu wenig. Trotz ihrer Vielsprachigkeit sei sie nicht offen für Ausländer, so die Feststellung der Münchner. Es sei schwer, in der Schweiz Freundschaften zu schliessen. Überdurchschnittlich viele Expats haben auch die Er-

Initiativen wie die Ausschaffungs- oder die Masseneinwanderungsinitiative geben Expats das Gefühl, in der Schweiz nicht willkommen zu sein.

fahrung gemacht, dass Familien mit Kindern nicht willkommen seien. Andere Länder dagegen nehmen Expats mit offenen Armen auf. Taiwan steht erstmals an der Spitze der Liste, gefolgt von Malta. Als erstes grösseres europäisches Land folgt Österreich auf Platz 8, danach Luxemburg auf Platz 9 und Tschechien auf Platz 10. Der Schweizer Konkurrent Singapur erreicht Platz 13, Deutschland Platz 17. Es ist kein Trost für die Schweiz, dass Nachbar Italien mit Platz 59 fast am Ende der Liste steht.


Hilti betreibt weltweit zehn Produktionsstandorte. Auch Liechtenstein ist dabei und soll es auch bleiben. Bilder: zVg/Hilti

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or 75 Jahren starteten die Brüder Martin und Eugen Hilti im liechtensteinischen Schaan mit der Produktion von Motorenteilen, Feuerzeugen und Küchenmixern. Bald darauf prägten sie mit ihrem Fokus auf die innovative Bolzenschusstechnik und den Direktvertrieb bereits die Grundpfeiler des heutigen Weltkonzerns Hilti. Dass dies weiterhin Bestand hat, das bekräftigte die Unternehmensleitung bei den Veranstaltungen zum Jubiläum Anfang September. Michael Hilti, Sohn des Unternehmensgründers Martin Hilti, ist der

Meinung: Die kreative Unruhe von innovativen Köpfen sei von jeher und auch künftig Motor des Unternehmens. AM HEIMATSTANDORT WISSEN AKKUMULIERT Letztlich sieht sich Hilti mit seinen Entwicklungen aus Liechtenstein auch als Innovationstreiber der Branche. Der Standort hat dabei trotz Frankenstärke seine Schlüsselrolle nicht verloren, bestätigte Geschäftsleitungsmitglied Stefan Nöken: «Das 2015 eröffnete Innovationszentrum in Schaan bedeutet, dass wir uns auf 50 Jahre zum In-

novationsstandort Liechtenstein bekennen.» In 75 Jahren hätten Fachkräfte hier eine Summe an Wissen kumuliert, die das Herz des Unternehmens ausmache. Aber nicht nur für Hauptsitz-und Innovationstätigkeiten haben Liechtenstein und die Region gemäss Nöken eine grosse Bedeutung – auch für die Produktion. Insgesamt betreibt Hilti weltweit zehn Produktionsstandorte; der Fortbestand der Werke im Liechtensteiner Schaan und im benachbarten Vorarlberg gilt als gesichert. DAUERTHEMA PRODUKTIVITÄT Für die künftige Entwicklung des Unternehmens wollen sich Hilti-Chef Christoph Loos und sein Team ganz an den wichtigen Trends der Baubranche orientieren: Ein Dauerthema ist die Steigerung der Produktivität – Industrialisierung und Digitalisierung der Branche sollen der Produktivität aktuell einen Schub verleihen. In diesem Licht ist auch die Akquise der deutschen PEC Group zu sehen, die erst Anfang September kommuniziert wurde. Dabei will Hilti seine Kapazitäten im Befestigungsbereich ausbauen und asiatische Märkte noch stärker erschliessen.

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THEMA

Superschneller Börsenhandel SUPERCOMPUTING SYSTEMS AG Die Zürcher Ingenieurfirma SCS hat mit dem Schweizer Börsenbetreiber SIX ein superschnelles Handelssystem entwickelt. Einzelne Elemente des Systems können nun umgesetzt werden, auch global.

Espresso aus der eigenen Maschine

TE XT S T E F F E N K L A T T

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ie Schweizer Börse SIX ist stolz darauf, über das schnellste Handelssystem der Welt zu verfügen. Aber an einem Tag wie dem 15. Januar 2015, als der Mindestkurs des Franken zum Euro aufgehoben wurde, kommt auch das moderne System der SIX in die Nähe seiner Kapazitätsgrenzen. Doch diese Grenzen dürften nie erreicht werden, sagte Edgar Blum, damals Head Application Engineering der SIX Group und heute Head Division Partner Exchanges and Securities, an einer Veranstaltung der Ingenieurfirma Supercomputing Systems im Zürcher Technopark. «Wir brauchen eine faktisch unlimitierte Kapazität, weil sonst Blockaden im Markt auftreten.»

universitätsnahen Jungfirma zusammenzuarbeiten. …IN ZÜRICH FÜNDIG GEWORDEN So ging Blum auf Anton Gunzinger zu, den Gründer und Chef der SCS. Supercomputing Systems entwickelte mit SIX das Konzept eines Systems, bei dem die wesentlichen Elemente des Handelssystems in eine zertifizierte Netzwerkkarte des Börsenhändlers integriert werden. Die Netzwerkkarte gibt jeder Transaktion einen Zeitstempel, der die Reihenfolge der Ausführung aller Transaktionen im Netz bestimmt. «Mit der Netzwerkkarte wird die Tür des Systems in den Computer des Händlers geholt», sagt Gunzinger. Damit werden alle Teilnehmer gleich behandelt, die Fairness des Systems sei gesichert.

IN NEW YORK GESUCHT… EINZELNE ELEMENTE WERSchon vor sechs JahDEN UMGESETZT ren hat SIX begonDas System erlaubt es, nen, sich nach einem Anton Gunzinger, Gründer statt 40 000 bis zu drei neuen System umzu- und Chef der SCS. Millionen Transaktionen schauen. Die Anfor- Bild: zVg/ Keystone pro Sekunde auszuführen, derungen seien hoch deren einzelne weniger gewesen: Das System solle hundert als vier Mikrosekunden dauert. Die Mal mehr Transaktionen zulassen Kosten sind laut Blum deutlich niedkönnen, die einzelne Transaktion riger als bisher. Ein Demonstrator hat solle hundert Mal schneller vollzo- gezeigt, dass das «Swiss Trading Box» gen werden können, die Kosten soll- genannte Handelssystem der nächsten hundert Mal tiefer sein. Dabei ten Generation funktioniert. Die Kossollte das System zuverlässig, sicher, ten seien viel tiefer als heute, der Hanfair und skalierbar sein. Das Ziel: Die del werde beschleunigt. Das Interesse Börse sollte auf einem einzigen Chip bei Finanzdienstleistern sei geweckt. Platz haben. Erste Anläufe liefen ins Nun ist die SIX auch in Gesprächen Leere. Ein Pilotprojekt in New York mit anderen Börsenbetreibern, um erwies sich als schnell, aber nicht dort einzelne Elemente umzusetzen. schnell genug. Die Beratungsgesell- Dabei gehe es in erster Linie um das schaft Gartner empfahl, mit einer Thema Fairness.

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UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

ZURIGA AG Die Schweiz ist für Kaffeetrinker ein Paradies. Kaffeeröstereien spriessen wie Pilze aus dem Boden. Jetzt gibt es auch eine Schweizer Espressomaschine – hier entwickelt, hier gebaut, hier zu kaufen. TEXT S T E F F E N K L A T T

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oritz Güttinger trinkt gern guten Espresso. Das spräche für eine klassische Kolbenespressomaschine. Und er möchte ihn gern bald trinken, ohne lange zu warten. Das spräche für eine Nespressomaschine. Und eine klassische Maschine, die schnell aufgewärmt ist? Gibt es nicht. Die guten Maschinen brauchen zwischen 15 und 30 Minuten, bis sie bereit sind. CLEVERE REGELUNG, GUTES DESIGN Das muss nicht sein, sagte er sich. Er zerlegte einige gute Maschinen, um herauszufinden, warum sie so viel Zeit benötigen, um sich aufzuheizen. Und um zu verstehen, wie man es besser machen kann. Die Antwort: «Es braucht erstens eine clevere Regelung», so Güttinger. Die klassischen Maschinen werden über Bimetalle geregelt. Diese aber arbeiten mit einer Zeitverzögerung. Bei einer elektronischen Steuerung fällt diese Verzögerung weg. Und zweitens? «Die Qualität hängt auch vom Design des Boilers ab», sagt Güttinger. Wenn das heisse Wasser durch den Kolben fliesst und hinten kaltes Wasser nachgezogen wird, muss es ganz schnell aufgeheizt werden. Der Boiler muss so gebaut sein, dass viel Energie auf einen Punkt konzentriert wird. Das Wasser soll 93 Grad heiss sein, dann würden die Aromen gut herauskommen, ohne dass die Bitterstoffe den Geschmack verfälschen. SCHWIERIGE SUCHE NACH ZULIEFERERN Als Güttinger die Lösung gefunden hatte, wollte er sie auch umsetzen. Ein Designer


mehrere tausend. «In Bulgarien würde ich die Teile vermutlich billiger bekommen, aber niemand dort wäre so flexibel.» – Und so gut. Die meisten Zulieferer hat Güttinger schliesslich in der Schweiz und in Norditalien gefunden. Und die ersten 50 Exemplare hat er mit Freunden selbst zusammengebaut.

Moritz Güttinger, der Kopf hinter Zuriga, mit dem Gehäuse der Zuriga Express Kafeemaschine.

half bei der Gestaltung und bei der Suche nach den Herstellern. Güttinger brauchte etwa 20 Lieferanten. Das klingt nach wenig, aber es war «megaschwierig», wie Güttinger sagt. Der Glasmacher etwa, den er in

Bild: zVg/ Zuriga AG

der Ostschweiz fand, ist wohl der letzte seiner Art; er findet keine Lehrlinge mehr. Der Blechschneider habe ihn positiv überrascht: Bei ihm kann er Material für ein paar wenige Maschinen bestellen oder auch für

KONSUMENTEN WOLLEN BEZUG ZUM PRODUKT Diese erste Serie von 35 Maschinen ist bereits verkauft – zum Unterstützerpreis von 850 Franken. Sie steht noch vor Weihnachten bereit. Die zweite Serie soll bis etwa Februar folgen. Die Vorbestellung dafür läuft bereits im Internet. Bis in den Frühsommer sei er immer wieder gefragt worden, warum man denn ausgerechnet in der Schweiz Espressomaschinen bauen sollte. Jetzt gibt ihm der Erfolg recht. «Die Leute wollen Relevanz», resümiert Güttinger. «Sie wollen einen Bezug zum Produkt.» Und wenn sie beim Röster Kaffee kaufen, von dem sie wissen, welcher Kaffeebauer sie gepflanzt hat, dann passt dazu die Espressomaschine aus Zürich. www.zuriga.ch

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WIRTSCHAFT

Schweiz oder nicht Schweiz ARBEITSMARKT UND ZUWANDERUNG Der starke Franken, hohe Löhne und politische Initiativen wie die Masseneinwanderungsinitiative, die sich teilweise über mehrere Jahre erstrecken, machen Unternehmern hierzulande das Leben schwer. Diese sind auf Rechtssicherheit, wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen. INTERVIEW A N O U K A R B E N Z

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psomed, dem Weltmarktführer in der Entwicklung und Herstellung von Injektionssystemen zur Selbstmedikation, geht es gut: Der Umsatz wächst stetig, die Dividende wurde bereits zum dritten Mal in Folge erhöht. Während andere verunsichert und vorsichtig sind, investiert Ypsomed weiter und plant für 2017 im norddeutschen Schwerin die Eröffnung einer weiteren Produktionsstätte. Auch Simon Michel, Geschäftsführer von Ypsomed in zweiter Generation, schaut immer mehr ins Ausland. Herr Michel, Sie treten als Referent am Europa Forum Luzern auf, wo Sie Ihre Sicht auf das Thema Zuwanderung in Bezug auf den Arbeitsmarkt darlegen werden. Wie nehmen Sie als Unternehmer die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt wahr? SIMON MICHEL Wir müssen unterscheiden zwischen Spezialisten, klassischen Fachkräften und angelernten Arbeitskräften ohne Berufsausbildung. Bei den Angelernten findet man immer Leute, auch morgen noch. Diese kommen bei uns insbesondere in der Schichtproduktion zum Einsatz. Bei den klassischen Fachkräften ist die Verknappung der MINT-Ausgebildeten praktisch unverändert. Es ist nach wie vor zu wenig attraktiv, Automatiker, Polymechaniker oder Kunststofftechnologe zu werden. Hier spielen auch die Eltern eine wichtige Rolle, die ihre Kinder immer weniger in eine klassische Lehre schicken. Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das wir nur so lösen können, indem wir in den Lehrbetrieb investieren und das duale Bildungssystem fördern. Bei den Spezialisten sieht es zum Teil äusserst prekär aus, weil etliche Funktionen in der Schweiz schlicht nicht ausgebildet werden. Wie gross ist der Anteil ausländischer Mitarbeitender bei Ypsomed? Der Ausländeranteil von Ypsomed in der Schweiz beträgt rund 20 Prozent. Wir haben 16

UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

1200 Mitarbeitende, wovon 800 in der Schweiz arbeiten. Davon besitzen gut 150 keinen Schweizer Pass. Auch Ypsomed hat mit einem starken Franken, hohen Löhnen und einem Mangel an Fachkräften in der Schweiz zu kämpfen. Was macht Sie stärker als andere? Wir sind in unserer Nische Technologieund Kostenführer. Das ist eine seltene Kombination. Wir sind zudem in zwei Märkten tätig, welche wachsen: Diabetes, welches eine Pandemie ist, und Injektionssysteme für flüssige Medikamente. 70 Prozent der

gramme analysiert. Wenn eine Ypsomed einen solchen Schritt macht, dann werden noch viele weitere Unternehmen – insbesondere in der Zulieferer- und Maschinenindustrie – das tun. Viele kleinere Unternehmen haben jedoch zu wenig Kraft für einen solchen Schritt und leben nun von der Substanz. Hauptgrund ist ganz klar der zu starke Franken. Dieser verunmöglicht es vielen exportierenden Unternehmen, Gewinne zu schreiben und langfristig zu überleben. Die Nationalbank, die unser Land nicht vor dem Missmanagement in Europa schützt, ist klar mit Schuld am Exodus. Wir sollten die Spitze dringend auswechseln, um einen Wechsel der Strategie und eine Ergänzung der Aufgaben der Nationalbank einzuläuten.

«DIE NATIONALBANK, DIE

UNSER LAND NICHT VOR DEM MISSMANAGEMENT IN EUROPA SCHÜTZT, IST KLAR MIT SCHULD AM EXODUS.»

Medikamente, die noch in der Entwicklung stecken, wird man nicht mehr schlucken, sondern muss sie unter die Haut spritzen. Dort sind wir als Weltmarktführer im Entwickeln und Herstellen von Pens ganz vorne mit dabei. Wird nicht etwas viel Panikmache betrieben? Als die Mindestgrenze zum Euro aufgehoben wurde, befürchtete man das Schlimmste. Nun ist das Bild aber gar nicht so düster wie angenommen. Die Prozesse dauern ihre Zeit. Ypsomed hat zwei Jahre gebraucht, um sich für den neuen Standort ausserhalb der Schweiz zu entscheiden. Wir haben 22 Standorte auf die Verfügbarkeit von Fläche und Fachkräften, auf die Salärstruktur, Steuern und Subventionspro-

Ziehen Sie in Betracht, Ihren Standort in Zukunft gänzlich nach Deutschland zu verlagern? Nein, wir sind durch unsere Infrastruktur in der Schweiz zu einem gewissen Teil gebunden. Unsere Produktionsanlagen wollen wir auch nicht einfach verschieben, das wäre nicht effizient. Dazu kommt, dass wir hier über hervorragende Entwicklungskompetenzen verfügen. Aber unser Ausbau in der Produktion wird primär ausserhalb der Schweiz stattfinden. Wir sind sonst mittel- und langfristig einfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Im Interview mit der NZZ am Sonntag vom 14. August bezeichneten Sie die Kontingente als «Schwachsinn». Sehen Sie in der Zuwanderung keine Probleme? Es muss ganz klar unterschieden werden zwischen den verschiedenen Typen von Asylsuchenden und Menschen, welche wir


ZUR PERSON Simon Michel ist seit Juli 2014 CEO der Ypsomed Gruppe. Michel stieg 2006 bei Ypsomed ein, ab 2008 war er Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortlich für Marketing und Vertrieb. Zuvor war Michel bei Orange Communications tätig, wo er unter anderem für die Einführung und Vermarktung von UMTS (3G) verantwortlich war. Simon Michel hat an der Universität St. Gallen Wirtschaft studiert und in der Vertiefung Medien- und Kommunikationsmanagement mit einem Master abgeschlossen. Seit 2006 ist er Verwaltungsrat bei der Sphinx Werkzeuge AG, im Sektionsvorstand des Handels- und Industrievereins Burgdorf-Emmental und seit 2015 im Vorstand der Solothurner Handelskammer. Im Jahr 2015 wurde Michel zum Präsidenten der Industriekommission und zum Vorstandsmitglied des Dachverbandes der Schweizerischen Handels- und Industrievereinigung der Medizintechnik FASMED gewählt. Nun wagt Simon Michel den Schritt in die Politik und wird per März 2017 für den Solothurner Kantonsrat kandidieren. Bild: P. Baer

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WIRTSCHAFT

suchen, weil wir sie in der Landwirtschaft, in der Wirtschaft, im Gesundheitswesen oder im Service brauchen. Asylsuchenden müssen wir das Überleben sichern und ihnen zu einem späteren Zeitpunkt wieder die Rückreise in ihre Heimat ermöglichen. Aktuell beherbergen wir in der Schweiz rund 44 000 anerkannte Flüchtlinge. Das ist nichts. Wenn wir nicht damit umgehen können, wer soll das dann können? Problematischer sind die vorläufig Aufgenommenen mit Ausweis F. Im Grundsatz sind aber auch das vertretbare Zahlen. Nicht akzeptabel sind Wirtschaftsflüchtlinge, diese können und dürfen wir nicht aufnehmen. Ganz anders verhält es sich mit Spezialisten, Experten und Arbeitskräften, welche in der Schweiz gar nicht verfügbar sind. Es ist schwachsinnig, Unternehmen zu verbieten, Spezialisten von Aussen einzuholen, wenn sie diese hier nicht finden. Natürlich suchen wir alle zuerst in der Schweiz, es ist nämlich wesentlich umständlicher und bürokratischer, einen Ausländer anzustellen. Die Quoten und Kontingente aber sind absolut wirtschaftsfeindlich und müssen unbedingt aufgelöst werden. Was müsste sich konkret ändern, damit die Schweiz für Unternehmen wieder attraktiver wird? Was erwarten Sie von Seiten der Politik? Ich fokussiere hier auf den Industriesektor. Es gibt fünf Faktoren, wovon nicht alle beeinflusst werden können: Löhne, Währung, Steuern, Rechtssicherheit und Fachkräfte. Die Löhne in der Schweiz sind zu hoch. Das lässt sich jedoch nicht so einfach ändern und ist auch politisch nicht durchsetzbar. Eine Deflation haben wir in Japan und in anderen Ländern erlebt. Bis wir in der Schweiz die Löhne senken, muss der Leidensdruck sehr viel grösser sein als heute. Weiter ist die Schweiz auch das einzige Land in Europa – neben den Ex-Jugoslawischen Staaten und Schweden –, welches keine Subventionen für Unternehmen kennt, welche vor Ort investieren wollen. In Schwerin erhalten wir einen zweistelligen Millionenbetrag bar auf die Hand, weil wir vor Ort in neue Produktionshallen investieren und Arbeitsplätze schaffen. Was ist mit den Steuern? Das ist unser einziges Vehikel. Aktuell liegen wir hier aber nur noch im Durchschnitt. Etliche Länder in Europa verfügen über

EUROPA FORUM LUZERN 14. November 2016, KKL Luzern

IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ARBEITSMARKT UND ZUWANDERUNG Offene und flexible Arbeitsmärkte sind das Herz einer Volkswirtschaft. Andererseits stösst die unbeschränkte Zuwanderung auf politischen Widerstand. Ob die aktuelle parlamentarische Diskussion zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative eine tragfähige Lösung bringt, ist noch offen. Vor diesem Hintergrund diskutieren hochrangige Entscheidungsträger – darunter auch Simon Michel – am Europa Forum Luzern vom 14. November, dem Gipfeltreffen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, über die Zukunft der Schweiz in Europa. Wirtschaftssymposium: 13.00 bis 17.30 Uhr Kosten: 550 Franken, inkl. Imbiss und Netzwerk-Apéro Öffentliche Veranstaltung: 18.45 bis 20.30 Uhr Eintritt frei Info/Anmeldung unter: www.europaforum.ch

niedrigere Steuerbelastungen für Unternehmen. Nur noch die internationalen Konzerne profitieren von ihren Holdingprivilegien und bezahlen um zehn Prozent Steuern, manche sogar noch weniger. Diese werden jetzt mit dem BEPS-Programm (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD abgeschafft. Die Unternehmenssteuerreform III soll nun sicherstellen, dass möglichst wenige Unternehmen ins Ausland ziehen. Die meisten Kantone sollten das auch schaffen. Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass der zweite Sektor in der Schweiz unter 20 Prozent fällt, wie dies beispielsweise in Frankreich der Fall war, welches heute mit Sockelarbeitslosenquoten von zehn Prozent kämpft. Wie macht sich Ypsomed für qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv? Es sind mehrere Aspekte. Wir haben eine

unternehmerische Kultur, in der den Mitarbeitenden Verantwortung übertragen wird und in der sie dazu motiviert werden, mehr Leistung zu erbringen. Wir fördern und ermöglichen Aus- und Weiterbildungen und investieren in den Lehrbetrieb. Dort haben wir von 40 auf 60 Lernende aufgestockt. Wir unterstützen Bogenkarrieren und haben eine flexible Pensionierung. Mit einer Fluktuationsrate von unter vier Prozent profitieren wir von unserem wichtigsten Asset: Der Erfahrung und der Ressource Mensch. Wer möchte, kann bis 70 bei uns arbeiten. Dann gibt es «employer branding activities», wir bieten verschiedenste Sportvereine an usw. Die Medtech-Branche hat neben den schwierigen Rahmenbedingungen in der Schweiz auch mit regulatorischen Hürden zu kämpfen. Hemmt dies die Bildung einer Innovationskultur? Das sind die Spielregeln in unserer Branche und diese sind im Grundsatz richtig. Es stehen hier Menschen im Zentrum, deren Gesundheit auf dem Spiel steht. Es braucht Regularien, aber wir müssen nicht über das Ziel hinausschiessen. Wir müssen einfach sicherstellen, dass wir den Swiss Finish ablegen. Es gibt keinen Grund, weshalb die Swiss Medic ein in der EU zugelassenes Produkt nochmals neun Monate lang für die Zulassung prüfen muss und damit neue Technologien und medizinische Hilfsmittel uns Schweizern vorenthält. Hier hat Bundesrat Berset noch zu wenig geleistet. Statt abzubauen, werden diese Behörden noch ausgebaut. Generell verstehe ich nicht, weshalb wir nicht EU-Recht übernehmen. Ein Beispiel: Wir haben die strengste Brandschutzverordnung der Welt. Bei uns muss man den kleinsten Abstand zum Notausgang haben. Das heisst, dass man mehr Gänge bauen muss und teurer bauen muss. Wozu? Wieso muss die Schweiz immer noch strengere Gesetze machen als der Rest? Gibt es entsprechende Massnahmen in der Medtech-Branche? 2017 werden wir den FASMED und den Medical Cluster zu Swiss Medtech vereinen, um mehr Schlagkraft zu haben. Die Medizintechnik ist eine Perle der Schweizer Wirtschaft mit 54 000 Arbeitnehmenden. Dazu müssen wir Sorge tragen.

«ES IST SCHWACHSINNIG, UNTERNEHMEN ZU VERBIETEN, SPEZIALISTEN VON AUSSEN REINZUHOLEN, WENN SIE DIESE IN DER SCHWEIZ NICHT FINDEN.» 18

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EXPORT

Der Tiger am Ende der Welt WIRTSCHAFTSWACHSTUM Australien hat seit 25 Jahren keine Rezession mehr erlebt. Das Land hat die Finanzkrise genauso überstanden wie das Ende der Hochzeit im Bergbau. Dafür paarte sich Glück mit einigen klugen Entscheidungen. TEXT B A R B A R A B A R K H A U S E N , S Y D N E Y

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ustralier unter 40 Jahren können sich nicht einmal mehr an die letzte Rezession erinnern. Zwei Vierteljahre in Folge mit sinkender Wirtschaftsleistung, das gab es zuletzt 1991; vor 25 Jahren oder 100 Quartalen. Seitdem wächst die Wirtschaft Australiens kontinuierlich. Nur eine weitere Industrienation hat bisher einen noch längeren Siegeszug hingelegt – nämlich die Niederlande von 1981 bis 2008. Weder die Finanzkrise noch das vieldiskutierte Ende des Bergbauaufschwungs konnten das australische Wachstum bisher stoppen. Im vergangenen Finanzjahr, das in Australien bis Ende Juni ging, verzeichnete das Land ein Wirtschaftswachstum von 3.3 Prozent, das beste Ergebnis seit 2012. REFORMEN, REGULIERUNG UND GLÜCK Laut Mark Crosby, einem Wirtschaftsprofessor an der Melbourne Business School, verdankt das Land den Erfolg einigen Wirtschaftsreformen seit den 70er-Jahren sowie 20

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dem gut regulierten Bankensektor: «Die Regierung hat nicht die Exzesse erlaubt, die in anderen Ländern herrschen, und das hat vielleicht zu einer etwas exzessiven Profitabilität bei den Banken geführt, aber auch zu ihrer Widerstandsfähigkeit.» Zudem hätten die führenden Parteien – sowohl die derzeitige liberal-konservative Regierung wie auch die Sozialdemokraten – hart daran gearbeitet, Haushaltsschulden niedrig zu halten, auch wenn diese seit der Finanzkrise angestiegen seien. «Und der letzte Faktor ist ganz einfach Glück», sagt Crosby. Australien habe mit seinen Rohstoffen über die Jahre sehr vom starken Wachstum Chinas profitiert. «Einige sagen, das sei der wichtigste Faktor gewesen, aber ich glaube das nicht. Viele Länder haben trotz ähnlicher natürlicher Ressourcen schlechte Ergebnisse erzielt – besonders Brasilien und Russland.» VIELE BRANCHEN FLORIEREN Und Australiens Rahmenbedingungen sollen weiter positiv bleiben, wie Craig James, Chef-

ökonom der Online-Börse Commsec, lokalen Medien erklärte: Die Inflation betrage ein Prozent, die Zinsen 1.5 Prozent, die Arbeitslosenquote 5.7 Prozent. «Der Bergbauboom mag vorbei sein, aber er ist von einem Bauboom abgelöst worden.» Neben dem Aufschwung im Bauwesen florieren auch die Bildungsindustrie – australische Universitäten gehören zu den besten der Welt – und die Agrarindustrie. Freihandelsabkommen mit China, Japan und Südkorea 2014 und 2015 haben dem Agrarsektor die Türen nach Asien geöffnet und die Milchindustrie, der Obst- und Gemüseanbau sowie Australiens Rinder- und Schaffarmer profitieren davon. Laut eines aktuellen Berichts des Marktforschungsinstituts IBISWorld sind vor allem die Exporte von Reis, Trauben, Cidre, Meeresfrüchten sowie von Vitaminen und Nahrungsmittelzusätzen in den vergangenen fünf Jahren explodiert. Reisexporte wuchsen in dem Zeitraum jährlich um fast 30 Prozent, vor allem durch eine erhöhte Nachfrage aus Japan.


Startup-Schmiede Israel AUTOMOBILINDUSTRIE Das kleine Israel ist das grosse Startup-Wunder. So soll modernste israelische Militärtechnik in zivilen Autos überall in der Welt das Fahren selbstlenkender Autos sicherer machen. Grosse Hersteller wie BMW, Ford und Volkswagen arbeiten schon mit kleinen israelischen Firmen zusammen. TEXT J A C O B W I R T S C H A F T E R , T E L A V I V

W Vizeweltmeister: Weder die Finanzkrise 2008 noch das vieldiskutierte Ende des Bergbauaufschwungs konnten das australische Wirtschaftswachstum stoppen. Bild: Depositphotos.com, jovannig

VEREINZELTE WARNZEICHEN Auch nach dem Exodus der Autoindustrie auf dem fünften Kontinent – Ford, General Motors und auch Toyota haben das Aus ihrer Produktionsstätten in Australien verkündet – hat die Regierung schnell reagiert und die Produktion von zwölf U-Booten in das am schlimmsten betroffene Bundesland Südaustraliens geholt. Die Boote sollen in den kommenden Jahrzehnten unter der Federführung des französischen Schiffbaukonzerns DCNS in Adelaide gebaut werden. Doch trotz aller Erfolge warnen einige Untergangspropheten das Land am anderen Ende der Welt auch immer wieder vor dem Ende des Siegeszuges, der nun schon ein Vierteljahrhundert andauert. Zuletzt prophezeite Steve Keen, ein renommierter Wirtschaftsprofessor an der Kingston Universität in London, dass der «Tag der Abrechnung» bevorstehe – wegen überhöhter Immobilienpreise und einer hohen Verschuldung der 24 Millionen Australier.

as israelische Armeefahrzeuge in gefährlichen Randgebieten des Staates am östlichen Mittelmeer sicher gemacht hat, soll in Zukunft zivile Autos in aller Welt unfallfrei über ebenso zivile Strassen steuern. Navigationsprogramme und Scan-Technologie bietet die rasch wachsende Hochtechnologie Israels an. Die Autohersteller BMW, Ford und VW haben in diesem Sommer Partnerschaften und Käufe in Israel bekannt gegeben. «Unser multidisziplinärer Ansatz in dieser Hochtechnologie lässt uns zu einem immer grösser werdenden Teil der Industrie werden», erklärt Ziva Eger, früher Oberst in der israelischen Armee. Sie leitet die israelische Behörde für Internationales Investment und Industriekooperation. «Mit mehr als 300 Firmen im Autotechnologie-Sektor wird aus der Startup-Nation rasch eine Transport-Nation.» BMW UND INTEL KAUFEN SICH EIN Computerspezialist Amnon Shashua von der Hebrew University hat seine Ausbildung ebenfalls beim Militär begonnen. Heute gilt er als der Vater des Aufstiegs der israelischen Hochtechnologie für Autos. Seine Firma Mobileye in Jerusalem ist der Spitzenlieferant für die Ausrüstung mit Kameras und Sensoren, die heute schon in viele Autos weltweit eingebaut werden. 2014 ging Mobileye in New York an der NYSE an die Börse. Das brachte bei einem Marktwert von 5.3 Milliarden Dollar (5.16 Milliarden Franken) Einnahmen von einer Milliarde Dollar. Nach dem tödlichen Unfall in Florida mit einem Elektroauto von Tesla, in dem auch Mobileye-Technik eingebaut war, trennten sich das amerikanische und das israelische Unternehmen. Doch im August handelten BMW und Intel einen Vertrag mit Mobileye zur gemeinsamen Entwicklung von Technik für autonom fahrende Autos aus. Shashua: «Ich arbeite schon mit einem Drittel der Weltindustrie zusammen.» FORD SETZT AUF LERNENDE MASCHINEN Ford kaufte Ende Juli die israelische Firma

SAIPS , die auf lernende Maschinen spezialisiert ist. Ford will seine Selbstlenker-Autos mit dieser Technologie verbessern und sie zusammen mit Fahrdiensten wie Uber und Lyft ab 2021 auf den Markt bringen. Zwar wurden keine finanziellen Details bekanntgegeben, jedoch meldete die Wirtschaftszeitung «Globes» aus Tel Aviv, Ford habe mehrere dutzend Millionen Dollar für das erst vier Jahre alte Startup-Unternehmen bezahlt. SAIPS hat Algorithmen für Videoprozesse, lernende Computer und das Verarbeiten der von aussen kommenden Signale entwickelt, die den Schritt zur sogenannten «Level 4»-Technologie erlauben. Schon auf Stufe drei können Fahrzeuge sicher bewegt werden, ohne dass der Fahrer auf die Strasse sieht. Ab Stufe vier ist das Fahrzeug vollkommen autonom. Fords CEO Mark Fields verglich in einer Stellungnahme nach dem Kauf von SAIPS die heutige Entwicklung mit der bahnbrechenden Einführung des Fliessbandes in der Autoproduktion durch Henry Ford vor hundert Jahren. Volkswagen hat im Juni 300 Millionen Dollar in den israelischen Uber-Konkurrenten Gett investiert. Der Konzern hofft, genügend Daten zu erhalten, um «integrierte Mobilitätslösungen» zu entwickeln, wie VW -Chef Matthias Müller meldete.

SCHUTZ VOR HACKERN Allen Autofirmen ist klar, dass solche vernetzten Autos dem Risiko von Cyber-Angriffen ausgesetzt sind. Auch da bieten israelische Firmen Lösungen an. Argus ist von ehemaligen Mitarbeitern der in Sicherheitskreisen bekannten Einheit 8200 der israelischen Armee gegründet worden. Das in Tel Aviv ansässige Unternehmen für Cyber-Sicherheit bietet seine Dienste weltweit an und hat soeben Büros in Michigan, Stuttgart und Tokio eröffnet. «Je vernetzter diese Fahrzeuge sind, umso mehr brauchen sie Cyber-Lösungen zum Schutz vor Hackern», so die Marketingchefin von Argus Monique Lance. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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EUROPA

Irland will Apples Geld nicht STEUERSTREIT Die EU-Kommission verlangt von Apple, in Irland 13 Milliarden Euro an Steuern nachzuzahlen. Doch das irische Parlament lehnt die Steuernachzahlung ab. Apple sei in Irland korrekt besteuert worden. Die USA machen ebenfalls Druck auf die EU, sie fürchten geringere Einnahmen. TEXT S A S C H A Z A S T I R A L , L O N D O N

Die Mehrheit der Iren steht hinter ihrer Regierung: Sie soll im Steuerstreit mit der EU nicht klein beigeben. Bild: Depositphotos.com, lucianmilasan

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ie Abgeordneten des irischen Parlaments haben sich im Streit um Steuernachzahlungen für den Apple-Konzern hinter ihre Regierung gestellt. Mit einer Mehrheit von 93 zu 36 Abgeordneten stimmte das Parlament dafür, dass das Land Berufung gegen die Europäische Kommission einlegen soll. Diese hat Ende August nach dreijährigen Ermittlungen entschieden, dass Irland von Apple Steuern in Höhe von bis zu 13 Milliarden Euro (14.2 Milliarden Franken) eintreiben muss. Irland habe Apple illegale Steuervergünstigungen gewährt, argumentierte die Kommission. Die Regierung in Dublin hat umgehend nach Bekanntgabe angekündigt, gegen die Entscheidung vorzugehen. Auch Apple plant, rechtliche Schritte einzuleiten. KOMMISSION WIRFT IRLAND GESCHENKE VOR Während der langen und bisweilen hitzigen Debatte im Parlament argumentierten Vertreter der Regierungspartei Fine Gael und deren Unterstützer, die Entscheidung der Europäischen Kommission gefährde 22

UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

zukünftige Investitionen. Unterstützer der EU-Entscheidung, unter ihnen Vertreter der nationalistischen Sinn-Féin-Partei, erklärten, eine Berufung gegen die Entscheidung verstärke den Eindruck im Ausland, Irland sei eine Steueroase. Die Europäische Kommission wirft Irland vor, dem amerikanischen Unternehmen ermöglicht zu haben, durch Steuergeschenke zwischen 2003 und 2014 weitaus weniger Steuern zu zahlen als andere Firmen: Die Körperschaftssteuer liegt in Irland normalerweise bei 12.5 Prozent. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass Apple – dessen Europahauptquartier in Cork im Süden des Landes liegt – 2003 nur etwa ein Prozent seiner Gewinne in Europa an Irland als Steuern abgeführt hat. 2014 habe Apple auf seine europäischen Gewinne gerade einmal 0.005 Prozent Steuern gezahlt. WEITESTGEHEND STEUERFREI Apple beruft sich auf mehrere Abkommen mit dem irischen Staat. Diesen zufolge musste Apple in Irland nur Steuern auf

Gewinne zahlen, die durch den Verkauf von Apple-Produkten in Irland erzielt worden sind. Gewinne von Verkäufen im übrigen europäischen Binnenmarkt blieben damit de facto steuerfrei. Die irische Regierung bestätigte nach der Entscheidung der EU-Kommission, dass dieses Vorgehen ihrer Rechtsauffassung entspreche und «legal» gewesen sei. Die Regierung nimmt den Fall ausserordentlich ernst. Die Abgeordneten sind für die ausserplanmässige Sitzung drei Wochen vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause zusammengetreten. Einige linke Parteien setzen sich dafür ein, dass die Regierung die Milliardenzahlung von Apple entgegennimmt und in sozialstaatliche Projekte fliessen lässt. In einer kürzlich erfolgten Umfrage sprachen sich jedoch 62 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Regierung die Entscheidung der Europäischen Kommission anfechten soll. SPANNUNGEN ZWISCHEN EU UND USA Der Fall könnte zu einer Konfrontation zwischen der EU und den USA führen. Wenige Tage vor der Entscheidung der Kommission hat das US-Finanzministerium die EU in erstaunlich deutlichen Worten davor gewarnt, Strafzahlungen gegen Apple anzuordnen. Besonders deutlich wurde das Ministerium in seiner Sorge, dass Strafzahlungen von US-Konzernen an EU-Staaten zulasten der USA fallen könnten – nämlich dann, wenn zu Zahlungen aufgeforderte Konzerne die Strafen von zukünftigen Gewinnen abziehen würden. Unter den Brexit-Befürwortern in Grossbritannien wurde die Entscheidung der EU-Kommission mit grosser Genugtuung aufgenommen. Sie sehen sich damit in ihrer Auffassung bestätigt, dass die EU die Souveränität seiner Mitgliedstaaten missachte und ihnen damit wirtschaftlichen Schaden zufüge. Eine Kommentatorin im konservativen «Telegraph» bezeichnete die EU-Kommission als «Wächter des sterbenden EU-Projekts», die nun völlig «den Verstand verloren» hätte.


Wilde Wellen, sanfte Hügel TOURISMUS Klippen, Klöster, Kelten, Kühe: Irlands Wild Atlantik Way ist eine der längsten und spektakulärsten Küstenstrassen der Welt. Abseits vom Massentourismus bietet sie Besuchern atemberaubende Naturerlebnisse, spannende Geschichte(n) und die sprichwörtliche irische Gastfreundschaft. TEXT U ND BILD I N È S D E B O E L

Schönes Klischee: Friedfertig und unbeeindruckt posiert dieses Gallowayrind neben Teampull Bheanáin, der zweitkleinsten Kirche der Welt, auf Inis Mór.

E .

in Kurztrip entlang des erst 2014 eröffneten Wild Atlantic Way gleicht in jeder Hinsicht einer Entdeckungsreise. Die bis zu 2 500 Kilometer lange Küstenstrasse beginnt ganz im Norden im County Donegal und erstreckt sich bis ins südliche Cork. Von der weltweiten Finanzkrise, die Irland 2009 hart traf, spürt man nur noch wenig. Die Wirtschaft des ehemaligen «Keltischen

Tigers» erholt sich auch dank des Fremdenverkehrs wieder. Die Tourismusbranche profitiert derzeit von der unsicheren Weltlage, die viele Reisedestinationen zum Risiko werden lassen. Irland gilt als sehr sicheres Reiseland. Wer also eine kühle Meeresbrise, Sport in der Natur und Jahrtausende alte Keltenkultur zu schätzen weiss, ist an Irlands Westküste bestens aufgehoben.

HEILIGE, SAGENUMWOBENE LANDZUNGE Ausgehend vom charmanten Ort Carrickon-Shannon, dem Hauptzentrum des irischen Bootstourismus, startet die Reise vorbei an unzähligen Schaf- und Rinderherden zum Nordwestzipfel der Insel nach Ballycastle, wo den Besucher das älteste steinzeitliche Feldsystem der Welt, die Céide Fields, erwartet. Direkt am Meer gelegen, sind die über 5 000 Jahre alten durch Steinmauern Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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EUROPA

Mittagspause in Kilmurvey: Touristen verschnaufen vor einem malerischen Café, bevor es weitergeht . . .

. . . zu den gewaltigen Kalkstein-Klippen, die schon eine prächtige Kulisse für das Red Bull Cliff Diving boten.

eingefassten Siedlungen und Megalithgräber vom Moor konserviert worden. In Sichtweite erkennt man die eindrucksvolle Landzunge Downpatrick Head mit der vorgelagerten Felsnadel Dún Briste, die – so will es die Sage – dadurch entstanden ist, dass sich ein heidnischer König weigerte, zum Christentum zu konvertieren. Der heilige Patrick stiess seinen Hirtenstab in den Boden und spaltete einen Teil der Landzunge, auf der sich der König befand, ab. MOORE, MEER UND MUSCHELN Vorbei an rauen Küstenabschnitten und urwüchsiger Heidelandschaft, erreicht der Besucher den Ballycroy Nationalpark. Am Ziel ist man eins mit der Natur. Hier befindet sich eines der grössten noch erhaltenen 24

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FÁILTE IRELAND Fáilte Ireland ist Irlands Nationale Tourismus-Behörde, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Tourismus in nachhaltiger Weise zu fördern sowie Irland als wettbewerbsfähige und qualitativ hochstehende Reisedestination zu etablieren. In der Schweiz ist die Airline & Tourism Center GmbH Vertreterin von Tourism Ireland. Weitere Informationen auf: www.ireland.com, sowie www.failteireland.ie

Hochmoore Westeuropas mit einer reichhaltigen Tierwelt. Den Gästen wird vermittelt, dass nachhaltiger Tourismus im Einklang mit Naturschutz stehen kann. Entlang des

Wild Atlantic Way sieht man viele ausgedehnte Torflandschaften. Das Torfstechen hat hier Tradition. Obwohl die Zersiedlung der Landschaft zum Problem wird, ist die Torfproduktion zur Energiegewinnung nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die bekannteste Sehenswürdigkeit der Region Connemara ist zweifellos Kylemore Abbey. Als Märchenschloss für die Frau eines exzentrischen Geschäftsmannes im 19. Jahrhundert erbaut, beherbergt es heute ein Benediktinerinnenkloster und besticht durch die einzigartige viktorianische Gartenanlage. Die Küstenstrasse führt zu Killary Harbour, dem einzigen Fjord Irlands. Von Bord des Katamarans aus kann man das spektakuläre Panorama wie auch die im Fjord betriebenen Muschel- und Lachszuchten bestaunen. Irischer Lachs, Austern und Hummer zählen zu den Exportschlagern der grünen Insel. INSELTRAUM FÜR EINEN TAG Während auf dem Festland dunkle Wolken aufziehen, präsentieren sich die Aran Islands in der Bucht von Galway von ihrer sonnigen Seite; allen voran Inis Mór, die grösste der drei Inseln, die nach einem knapp zehnminütigen Flug vom kleinen Connemara Airport erreicht ist. Hier steht nicht nur die zweitkleinste Kirche der Welt, sondern auch die prächtige Festung Dún Aengus aus der Bronzezeit. Hoch oben über den nicht gesicherten Felsen türmen sich die Wellen des Atlantischen Ozeans meterhoch, bevor sie mit lautem Tosen gegen die schroffen Klippen donnern. Auf den Aran Inseln sprechen die Inselbewohner im Alltag noch Irisch, also das inselkeltische Gälisch, und heissen Gäste aus aller Welt herzlich willkommen. Schlusspunkt der Reise bildet die quicklebendige Studentenstadt Galway mit ihren unzähligen Pubs. Bei einem spritzigen Pale Ale garantieren hervorragendes Irish Beef und Weidelamm höchsten Genuss, auf den man auch nicht verzichten muss, wenn man wieder zuhause ist. Irland produziert und exportiert nämlich grosse Mengen an Rindund Lammfleisch sowie Milchprodukte. ZIEL DER SEHNSUCHT Der Westküsten-Tourismus wird ein zunehmend relevanter Erwerbszweig für die Ortsansässigen. Doch man weiss: Unkontrollierter Massentourismus birgt eine Reihe von Gefahren für die zahlreichen Naturgebiete. Gewünscht ist ein Küstentourismus, der nachhaltig und sanft betrieben wird. Und so spürt man überall: Die Iren sind in Bezug auf die weitere touristische und wirtschaftliche Entwicklung äusserst zuversichtlich. Für Besucher gilt: Achtung Irland, Sehnsuchtsgarantie!


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Grosses Update für den Schweizer Zahlungsverkehr Harmonisierung auf den neuen Standard erfordert Softwareanpassungen

Der Zahlungsverkehr in der Schweiz wird auf den internationalen ISO-20022-Standard harmonisiert. Die Umstellung bedingt für alle Schweizer Unternehmen ein Update der Finanzsoftware. PostFinance begleitet ihre KMU beim Anpassungsprozess. Zusätzliche Optimierungsmöglichkeiten bestehen. Der Zahlungsverkehr ist als Grundlage der Geschäftswelt genauso unabdingbar wie das reibungslose Funktionieren einer Finanzsoftware. Damit das so bleibt, hat der Finanzplatz Schweiz entschieden, den Zahlungsverkehr mit dem internationalen ISO20022-Standard zu harmonisieren. Diese Massnahme verfolgt verschiedene Ziele, nicht zuletzt die Wahrung der Schweizer Wettbewerbsfähigkeit. Mit der Harmonisierung entfallen aber auch Doppelspurigkeiten bei den verwendeten Standards und Normen. Künftig wird etwa nur noch die IBAN-Nummer zur +FGPVKƂ\KGTWPI XGTYGPFGV +P FGP 5[UVGOGP XQP PostFinance und den Banken kommt es zu einer Angleichung der Grundformate, welche auf eine standardisierte Norm zusammengeführt werden. Die erhöhte Standardisierung erlaubt Firmen eine Steigerung von automatisierten Verarbeitungslösungen, das sogenannte Straight-ThroughProcessing. Auch können die Vorgaben aus dem Geldwäschereigesetz und aus dem grenzüberschreitenden Zahlungswesen einfacher umgesetzt werden.

Softwareupdate für Firmen unumgänglich Bis Ende 2017 erfolgt die Umstellung der Überweisungen, Avisierungen und Lastschriftverfahren auf die neue ISO-Norm. Dies bedingt eine #PRCUUWPI FGT FKIKVCNGP 8GTCTDGKVWPIUU[UVGOG Die Anbieter von Softwares sind seit einiger Zeit für die Harmonisierung sensibilisiert. Bei vielen sind entsprechende Versionen bereits vorhanden oder stehen kurz vor der Veröffentlichung. Auch in Schweizer Konzernen mit ent sprechend umfangreich besetzten Finanzabteilungen steht das Thema auf der Traktandenliste. Gefordert sind jetzt vor allem die KMU, das Update rechtzeitig vorzunehmen. Chancen zur Prozessoptimierung bei KMU PostFinance gehört zu den wichtigen Dienstleisterinnen im Schweizer Zahlungsgeschäft. Um die Umstellung auf ISO-20022-Standard möglichst reibungslos zu gestalten, begleitet PostFinance ihre KMU-Kunden eng. Die Firmen werden darauf aufmerksam gemacht, wenn das Update der von ihnen verwendeten Software zur Verfügung steht. Zudem erhalten sie ein Zeitfenster, in welchem sie die Anpassung sicher ausführen und testen können (siehe Kasten). Ziel des Vorgehens ist es, gegen Ende der Umstellungsfrist Engpässe zu vermeiden. Mit der Harmonisierung lässt sich nicht nur das automatisierte Verarbeiten von Rechnungen steigern. KMU haben auch die Chance, ihre #DNÀWHG \W CPCN[UKGTGP WPF DGKURKGNUYGKUG KP den Bereichen Rechnungsstellung und Debitorenmanagement zu verbessern. Optimieren lassen sich allenfalls auch Kapitalbindung und Liquidität.

Was müssen KMU tun? KMU-Kunden von PostFinance werden direkt informiert, wenn ein Update für sie zur Verfügung steht. Sie erhalten anschliessend ein Zeitfenster, in welchem das Update sicher durchgeführt und getestet werden kann. PostFinance begleitet ihre Kunden gerne DGK YGKVGTHØJTGPFGP #PCN[UGP Weitere Informationen unter RQUVƂPCPEG EJ WRFCVG

Vorteile der Harmonisierung – IBAN als durchgehendes Format für Kontonummern – Vereinheitlichung von Normen und Standards – Reduktion der Belegsvielfalt – Höhere Automatisierungsrate – Erleichterte Umsetzung regulatorischer Vorgaben – Tiefere Weiterentwicklungsund Unterhaltskosten

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INNOVATION

Schritt für Schritt vom Mehlwurm zum Extrakt: Zermahlen, extrahiert und gefriergetrocknet können die Proteine zum Beispiel in einem Sportriegel verarbeitet werden.

Proteinriegel mit Potenzial ENTOLOG Zwei Milliarden Menschen weltweit essen täglich Insekten. In der Schweiz sind Insekten mit einem kulturellen Stigma belegt. Sie gelten als unappetitlich und eklig. Durch ihr technisches Verfahren gewinnt EntoLog ein Proteinextrakt aus Insekten und hofft, so die kulturellen Vorbehalte zu überwinden. TEXT R O M A N B R A U C H L I

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nsekten können günstig und ressourcenschonend produziert werden und bieten hochwertige Proteine. Wieso Insekten also nicht als Nahrungsmittel nutzen, wie das in vielen Ländern bereits üblich ist? Auf dem westlichen Speiseplan tauchen freilich keine Insekten auf. Die meisten Europäer haben Hemmungen, eine Heuschrecke oder einen Mehlwurm zu verspeisen, auch wenn aus gesundheitlicher Perspektive keine Bedenken bestehen. Die Gehemmtheit scheint darum ihren Ursprung weniger in einem durchdachten Ernährungs26

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konzept als vielmehr in der stark emotional geprägten Esskultur zu haben. MEHLWÜRMER IN DER ZENTRIFUGE An diesem Punkt setzten Stefan Klettenhammer und Meinrad Koch von EntoLog an. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit in Biotechnologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften entwickelte Klettenhammer ein Verfahren, das Insekten in ihre Bestandteile aufspaltet und das in den Insekten enthaltene Protein extrahiert. Das potenziell patentierbare Verfahren hebt

EntoLog von der Konkurrenz ab, die ebenfalls mit Insektenprodukten experimentiert. Das Proteinextrakt kann anschliessend in verschiedenen Lebensmitteln weiterverarbeitet werden. Auf diese Weise sind keine ganzen Insekten im verarbeiten Produkt erkennbar, das extrahierte Protein ist nur einer der Inhaltsstoffe. In der Vorabklärung erwies sich der Mehlwurm als geeignetster Kandidat für die Proteinextraktion. Die Inhaltsstoffanalyse ergab einen hohen Gehalt an hochwertigem Protein und eine optimale Nährwertzusam-


mission für Technologie und Innovation anmelden. Nach der erfolgreichen Testphase wird in unternehmerischer Hinsicht 2017 ein entscheidendes Jahr für EntoLog werden.

ENTOLOG Stefan Klettenhammer und Meinrad Koch möchten mit ihrem Extraktionsverfahren Mehlwürmer als alternative Proteinquellen erschliessen. Koch hat einen Bachelor in Lebensmitteltechnologie, Klettenhammer einen Master in Biotechnologie. Das gemeinsame Projekt entstand im Rahmen der Abschlussarbeit am Institut für Lebensmittel und Getränkeinnovation (ILGI) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Wädenswil. 2015 erreichte EntoLog den Final

des Swiss Technology Award. Zudem ist EntoLog Gewinner des People’s Choice Award der Global Entrepreneurship Challenge des Virginia Polytechnic Institute 2015 sowie der ZHAW Startup Challenge 2015. Die lebensmittelrechtlichen Verhältnisse (siehe Text) erschwerten die Unternehmensgründung. Nach der Revision des Lebensmittelgesetzes möchte EntoLog im Jahr 2017 auch unternehmerisch durchstarten. Bildquellen: zVg/EntoLog (l.)/SRF, Norbert Raabe (im Vordergrund).

mensetzung. Der Nährwert sei mit dem von Rindfleisch vergleichbar, wie Klettenhammer erklärt. Das neuentwickelte Verfahren weist eine hohe Ausbeute der im Mehlwurm enthaltenen Proteine und eine hohe Produktivität von 1.8 Tonnen extrahierten Proteinen pro Tag auf. Die Mehlwürmer werden mit Wasser vermahlen und anschliessend werden die einzelnen Bestandteile aus der Masse extrahiert. Eine Zentrifuge trennt Fett-, Protein- und Feststoffe voneinander, um ein reines Proteinextrakt zu erhalten. Das noch flüssige Extrakt wird dann gefriergetrocknet, um es haltbar zu machen. Das Endprodukt ist ein vielseitig einsetzbares Extrakt, das nur noch im Geschmack an seine Herkunft erinnert. Als Prototypen stellte EntoLog einen Proteinriegel her, der einen nussigen Geschmack hatte. ZURÜCKHALTENDE NEUGIER Doch die konkrete Verwendung des Extrakts möchte EntoLog bewusst offen lassen. Wie und in welchen Lebensmitteln das Extrakt eingesetzt wird, soll den Partnern aus der Lebensmittelindustrie überlassen werden. EntoLog möchte sich auf die Produktion des Extrakts konzentrieren, um eine hohe Qualität garantieren zu können. Vielleicht findet

ihr Extrakt auch Verwendung in der Backwarenindustrie, wie Klettenhammer meint Nach einer langen Test- und Optimierungsphase steht das Verfahren bereit, um auf den Industriemassstab angepasst zu werden. Die Maschinen, vor allem aber die Produktionsabläufe müssen optimiert werden. Dieser Umstellungsprozess wird etwa ein Jahr in Anspruch nehmen, wie Klettenhammer vorrechnet. Dazu sind Investitionen nötig, die Kosten können die beiden Jungunternehmer aber nicht alleine tragen. Sie sind auch mit verschiedenen Lebensmittelherstellern und Industriepartnern im Gespräch, spüren aber die Zurückhaltung von potenziellen Investoren. Zu dieser Vorsicht trägt sicher das aktuell noch geltende Lebensmittegesetz bei, das die Verwendung von Insekten als Nahrungsmittel verbietet. Dies soll sich mit der Totalrevision des Lebensmittelgesetzes ab nächstem Jahr ändern. Trotz der aktuell noch ungewissen Zukunft ist Klettenhammer optimistisch. Die Finalisten des Swiss Technology Award 2015 sind von ihrer Geschäftsidee überzeugt. Bestärkt werden sie durch das durchwegs positive Feedback an ihren zahlreichen Präsentationen. Deswegen wollen sie sich auch am Projektförderungsprogramm der Kom-

SAUBERER ALS JEDER HÜHNERSTALL Verarbeitete Lebensmittel mit Mehlwurmproteinen werden zumindest anfangs nur einen Nischenmarkt bedienen, wie Klettenhammer zugibt. Doch das Potenzial sei gross. Nicht nur sind die Produktionskosten pro Kilogramm Protein beim Mehlwurm einiges niedriger als bei Rindfleisch oder Milch – sofern diese nicht subventioniert werden, wie das in der Schweiz aktuell der Fall ist. Die Proteine sind auch vielfältiger einsetzbar, da Lebensmittelunverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz keine Rolle spielen. Die Produktion von Insektenproteinen ist zudem ressourcenschonender, da Insekten eine massiv höhere Umwandlungseffizienz von Futter in Körpermasse aufweisen. Für die gleiche Menge Rindfleisch braucht es die zwölffache Menge an Futter. Angesichts drängender Probleme wie dem Klimawandel und dem Bevölkerungswachstum sind Technologien wegweisend, die alternative Proteinquellen erschliessen. Angesichts dieser Vorteile erstaunt die rechtliche Situation. Obwohl in der Revision des Lebensmittelgesetzes, das voraussichtlich Anfang nächstes Jahr in Kraft tritt, drei Insektenarten – unter anderem der Mehlwurm – als Nahrungsmittel erlaubt werden sollen, wollte man zunächst keine Produkte mit verarbeiteten Insekten zulassen. Dagegen hat EntoLog während der Anhörung Einspruch erhoben. Klettenhammer ist zuversichtlich, dass die Schweiz in dieser Hinsicht gegenüber der EU eine Vorreiterrolle einnehmen wird. Als Option bleibe aber offen, die Produktion in den asiatischen Markt zu verlagern, wo Insekten als Nahrungsmittel weitgehend akzeptiert sind. Noch hofft Klettenhammer auf den Innovationsstandort Schweiz, dessen Qualitätsstandards auch EntoLog zugute kämen. Die Vorbehalte im Schweizerischen Lebensmittelgesetz scheinen sich aus dem eher diffusen Misstrauen gegenüber den alternativen Proteinquellen herzuleiten. Denn der Produktionsprozess von Insektenproteinen genüge den lebensmittelrechtlichen Hygienestandards. «Jeder Hühnerstall ist ekliger als eine Produktionsanlage», so Klettenhammer. Er erhofft sich darum vom neuen Gesetz eine sensibilisierende Wirkung, welche die Akzeptanz von Insekten als Nahrungsmittel erhöht. Freilich wird der Weg hin zu einem verbreiteten Konsum von Insektenprodukten länger dauern. Doch Klettenhammer weiss auch: «Innovation fängt meistens mit Hürden an.» Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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CLEANTECH

«Ressourcenschonung passiert automatisch» GRÜNE WIRTSCHAFT Jean-Marc Hensch engagiert sich gegen die Volksinitiative «für eine Grüne Wirtschaft». Der Geschäftsführer von Swico Recycling ist verantwortlich für die Wiederverwertung elektronischer Geräte, eines der erfolgreichsten Recyclingsysteme in der Schweiz und weltweit. Staatliche Vorgaben zur Ressourcenschonung dagegen lehnt er ab. IN TERVIEW S T E F F E N K L A T T

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ean-Marc Hensch, CEO von Swico Recycling, findet eine massvolle Reduzierung des Ressourcenverbrauchs sinnvoll, lehnt die Volksinitiative «für eine Grüne Wirtschaft» jedoch ab. Er ist der Überzeugung, dass der Markt sich selbst reguliert, der Verbrauch also automatisch abnehmen wird, weil Ressourcen immer teurer und knapper werden. Swico organisiert mit Swico Recycling die Wiederverwertung elektronischer Geräte. Sie lehnen die Initiative «für eine Grüne Wirtschaft» ab. Ein Widerspruch? JEAN-MARC HENSCH Kein Widerspruch, sondern nur folgerichtig. Jene, die sich für die «Grüne Wirtschaft» einsetzen, sind leider Schreibtischtäter ohne Kenntnis über die wirklichen Probleme. Wir bei Swico befassen uns tagtäglich mit den Herausforderungen einer grünen Wirtschaft ohne Anführungszeichen.

Die Volksinitiative setzt nur ein Ziel, die Umsetzung läge beim Parlament. Könnte die Wirtschaft die Umsetzung nicht so gestalten, wie es den wirklichen Problemen entspricht? Die Initiative setzt einen Zeitplan und ein Ziel, ohne den Weg zu bestimmen. Mit einer solchen Verfassungsbestimmung wäre jegliche Art von Massnahmen zu rechtfertigen, ohne Rücksicht auf Kosten und Effektivität. Denn das Parlament muss das ja verfassungskonform umsetzen. Setzen Sie nicht schon «grüne Wirtschaft» um? Der Staat hat festgelegt, dass Produzenten und Händler elektronische Geräte zurücknehmen müssen. Swico Recycling organisiert das. Der Unterschied: Der Staat hat beim Recycling elektronischer Geräte keine Zahlen festgelegt. Als er 1998 die Verordnung eingeführt hat, wusste er nicht, wie sich der Markt entwickelt. Er hat nicht gesagt, dass bis zu einem bestimmten Datum eine

bestimmte Recyclingrate erreicht sein muss. Die VREG (Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte) ist ein hervorragendes Beispiel, dass es funktioniert, wenn der Staat die Spielregeln festlegt und es den Akteuren überlässt, sie umzusetzen. Genau der freiwillige Teil des Systems scheint nicht optimal zu funktionieren. Jedenfalls beklagt Ihre Schwesterorganisation SENS eRecycling, dass sich über hundert Unternehmen nicht an der Finanzierung beteiligen. Zu Recht? Bei Swico Recycling funktioniert es. Aber der Staat weigert sich, seine Verantwortung wahrzunehmen. Er denkt über weitere Regulierungen nach, statt das umzusetzen, was bereits gilt. Ich kann nicht für SENS sprechen. Aber generell betrachtet geht es darum, dass die Pflichten aus der VREG nicht durchgesetzt werden.

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Können wir in der Schweiz also gar nichts tun? Man kann Dinge auch verbieten, wenn die Intensität der Schädigung gross ist. Aber die Schweiz ist derart global vernetzt, dass alles, was wir machen, über kurz oder lang durch Ausweichverhalten bestraft wird – Stichwort Deindustrialisierung. Wenn man ökonomisch überlegt, wo man am kostengünstigsten CO2 einsparen kann, dann lautet die Antwort sicher nicht Schweiz, sondern zum Beispiel Burkina Faso. Aber in der Schweiz gibt es einen Umwelt-Masochismus: Es muss unbedingt hier eingespart werden, denn es muss uns weh tun. Sollte man Ölheizungen verbieten? Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit nicht. Das Verbot von Ölheizungen wäre ein Beispiel von apodiktischer Politik, bei der ideologische Ziele verfolgt werden. Es gibt Situationen, in denen es keine Alternative zu Ölheizungen gibt. Die Wärmepumpe wird auf 1200 Meter über Meer zu einer Elektroheizung, welche Energie verschleudert. Auch die Industrie kennt Beispiele, wo man Ölheizungen nicht ersetzen kann.

ZUR PERSON Jean-Marc Hensch, Jahrgang 1959, ist seit 2012 Geschäftsführer von Swico, des Branchenverbandes der ICT-Anbieter, und von Swico Recycling. Bild: zVg

Was müsste der Staat tun? Er müsste diejenigen Unternehmen, die bekanntermassen nicht mitmachen, auffordern darzulegen, wie sie die Rücknahme organisieren. Diese Unternehmen hätten dann die Wahl, sich einem Rücknahmesystem anzuschliessen oder die Rücknahme selbst zu organisieren. Aber der Staat lässt sie heute einfach gewähren. Wären Sie für eine Teilnahmepflicht aller Unternehmen zu haben? Es braucht diese Gesetzesänderung nicht. Für jeden normalen Betrieb wäre die Teilnahme der beste Weg, wenn er weiss, dass der Staat die Rücknahme auch überprüft. Unabhängig von der Initiative: Ist es sinnvoll, den Ressourcenverbrauch auf das Mass zu reduzieren, das auch langfristig nachhaltig ist? Ja, und das passiert automatisch, weil

Ressourcen etwas kosten und die Wirtschaft ein Interesse daran hat, Kosten zu sparen. Manche Preise sind politisch gesetzt, etwa der von CO2… Letztlich sind alle Preise politisch gesetzt, weil der Staat die Rahmenbedingungen definiert. Auch für CO2 gibt es einen Markt. Dass er nicht funktioniert, weil der Staat die falschen Anreize gesetzt hat, ist eine andere Sache. Der Staat versagt oft, wenn er auf der Basis von Vorhersagen reguliert und nicht auf der Basis von Spielregeln. Sprechen Sie sich also für einen hohen CO2-Preis in der Schweiz aus? Überhaupt nicht. Es wäre völlig unsinnig. CO2 ist ein globales Problem, Einschränkungen in der Schweiz führen zu Ausweichverhalten. Sie vertreiben damit die produzierende Industrie.

Die meisten Ölheizungen sind in Wohngebäuden im Mittelland… Über die Hälfte der beheizten Fläche wird mit Öl beheizt. Das ist eine riesige eingebaute Leistung. Es gibt klar einen Trend weg von der Ölheizung, aber das braucht einen ökonomischen Zyklus. Man muss die richtigen Regeln setzen, dann läuft das in die richtige Richtung. Warum haben dann die Wirtschaft und ihre Vertreter im Parlament nicht die Diskussion über einen indirekten Gegenvorschlag genutzt, um einen eigenen Fahrplan vorzulegen? Das Parlament hat lange darüber gebrütet und die Wirtschaft aktiv mitgearbeitet. Wir haben dann aber gesehen, dass es in eine ungute Richtung geht. Und am Schluss waren wir uns auf der Seite der Wirtschaft einig, dass dieser indirekte Gegenvorschlag nichts bringt. Aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse wurde er dann im Parlament abgeschossen. Ist das Thema mit der Abstimmung vom 25. September erledigt? Das Thema Umwelt und Ressourcen ist seit 40 Jahren ein «Evergreen». Einfach weil sich die ökonomischen Imperative verschieben. Einerseits stellen Konsumenten Anforderungen und die Wirtschaft fühlt sich verpflichtet, darauf zu reagieren, andererseits will sie Produktionskosten senken. Es ist und bleibt ein Megatrend, Ressourcen zu schonen. Auch ohne diese Initiative. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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ENERGIE

Die Strähl Käse AG setzt sich mit einer Photovoltaikanlage auch für erneuerbare Energien ein.

Grüne Energie für weissen Rohstoff ENERGIEMANAGEMENT Seit Jahrzehnten macht sich die Strähl Käse AG mit ihren hervorragenden Käseprodukten einen Namen im In- und Ausland. Nicht nur mit cremigen und herzhaften Geschmacksinnovationen setzt sich das Unternehmen für eine erfolgreiche Zukunft ein, sondern auch mit innovativen Lösungen im Bereich Energieeffizienz. TEXT A N N I N A H A L L E R

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eit über 60 Jahren steht im beschaulichen Siegershausen im Kanton Thurgau ein Unternehmen, das für Schweizer Tradition steht: die Käserei der Familie Strähl. Die Geschichte des Familienunternehmens geht bis in die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts zurück. Paul Strähl Senior gründete 1935 sein Unternehmen und liess sich 1954 mit einer modernen Käserei am heutigen Standort in Siegershausen nieder. Die Führung des Betriebs liegt heute in der Hand der dritten Generation: Seit 2015 ist Peter Strähl Vorsitzender der Geschäftsleitung. TEMPERATURUNTERSCHIEDE Die Herstellung von Käse ist energieintensiv. Beim gesamten Produktionsprozess von der flüssigen Milch zum – mehr oder weniger – harten Käse wechseln sich hohe und tiefe Temperaturen mehrmals ab. Täglich werden bis zu 160 000 Liter Milch verarbeitet, erhitzt, abgekühlt, erneut erwärmt und schliesslich bei der Lagerung wieder gekühlt. Dieses Auf und Ab der Temperatur verbraucht viel 30

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Energie. Der seit 2007 zwischen der Schweiz und der EU liberalisierte Käsemarkt sowie der starke Franken sorgen dafür, dass viele günstige Produkte in die Schweiz gelangen. Um preislich attraktiv zu bleiben und auch keine Marktanteile zu verlieren, gehören Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen in allen Prozessen zur Strategie des Unternehmens. In Zusammenarbeit mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) setzt die Strähl Käse AG Energieeffizienzmassnahmen zur Kosteneinsparung ein.

ENAW Energie-Agentur der Wirtschaft Die EnAW bietet ihren Teilnehmern einen Rund-um-Service im Energie-Management mit von Behörden anerkannten Produkten, Dienstleistungen und ISO-50001-konformen Tools. In der Umsetzung setzt sie auf wirtschaftliche Effizienzmassnahmen, die den Energieverbrauch und den CO2-Ausstoss jedes Unternehmens senken. Die EnAW ist eine Non-Profit-Organisation von der Wirtschaft für die Wirtschaft. www.enaw.ch

SCHNITTSTELLE ZUM BUND Die Strähl Käse AG ist bereits seit der Gründung der EnAW als Teilnehmerin dabei. Anfang 2005 wurde die Zielvereinbarung mit Massnahmenpaketen im Energie-Modell der EnAW erfolgreich geprüft. Als Grossverbraucher des Kantons Thurgau ist das Unternehmen verpflichtet, seinen Energieverbrauch zu reduzieren. An der EnAW schätzen Peter Strähl und Martin Egli, Produktionsleiter der Strähl Käse AG, darum besonders, dass diese mit dem dort benötigten Knowhow quasi als

Schnittstelle zu Kanton und Bund agiert. Die abgeschlossene Zielvereinbarung gewährleistet ausserdem, dass dem Unternehmen die bezahlte CO2-Abgabe zurückerstattet wird. Mit 84 Franken pro Tonne CO2 ist dies ein gewichtiger Betrag für das Familienunternehmen. Dank weiterer Partner konnte die Käserei aus dem Thurgau verschiedene Projekte umsetzen. 2008 wurde mit der Frigel AG eine Eiswasseranlage realisiert, die


Thurgau macht’s vor

im Zuge des Neubaus eines Produktionsgebäudes ebenfalls ausgebaut wurde. Einer der grossen Vorteile dieser Anlage liegt neben einer optimalen Kälteleistung von 200 Kilowatt in der integrierten Teilnutzung der Abwärme. Der Wärmetransport erfolgt über ein Wasser-/Frostschutzgemisch und nicht mehr direkt über das Kältemittel. Die Abwärme dient dadurch als Quelle für die zwei Wärmepumpen in der Produktion.

In Siegershausen wird eine grosse Bandbreite an Käsespezialitäten produziert, so auch Raclette. Bilder: zVg/Strähl Käse AG

UNTERSTÜTZUNG DURCH DEN KANTON Der Kanton Thurgau unterstützt seine Unternehmen beim effizienten Umgang mit Energie. So ist beispielsweise das Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau (EKT) nicht nur seit Jahren in der Thurgauer Wirtschaft verankert, sondern setzt sich mit seinem Energie-Engagement auch für eine erfolgreiche Energiezukunft des Kantons ein. Besonders energieeffiziente Unternehmen belohnt EKT finanziell. Die Strähl Käse AG hat daher mit der EKT eine Fördervereinbarung unterzeichnet. Der Kanton Thurgau unterstützt Unternehmen auch bei innovativen Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz und übernimmt einen Teil der Kosten. Bei einer ersten Machbarkeitsstudie für die Strähl Käse AG wurde untersucht, welche Form der Energieversorgung für das Unternehmen am besten geeignet ist, wobei man sich im letzten Schritt für Wärmepumpen mit Abwärmenutzung entschieden hat. GROSSE EIGENINITIATIVE Peter Strähl und Martin Egli betrachten einen sorgfältigen Umgang mit Energie als wichtigen Faktor für die Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens. Aus diesem Grund haben sie 2013 aus eigenem Antrieb eine Photovoltaikanlage von über 1200 Quadratmetern realisiert, die jährlich 185 000 Kilowattstunden Strom produziert, der im eigenen Betrieb verbraucht wird und nicht von der KEV profitiert. Eine Menge, die dem Jahresverbrauch von beachtlichen 50 mittelgrossen Haushalten entspricht.

Nimmt der Kanton Thurgau eine Vorbildfunktion beim Energiesparen ein? ROLAND EBERLE Mit den Fördermassnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zum Einsatz erneuerbarer Energien im Kanton Thurgau stehen wir im Kantonsvergleich an der Spitze. Unternehmen im Kanton Thurgau profitieren von einem umfangreichen Förderprogramm zum Beispiel bei Energieanalysen, Machbarkeitsstudien und Betriebsoptimierungen. Zahlreiche Unternehmen nutzen die Angebote und reduzieren in der Folge ihren CO2-Ausstoss, erhöhen ihre Energieeffizienz oder nutzen erneuerbare Energien. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Senkung des Energieverbrauchs im Kanton Thurgau. Welchen Anliegen der Unternehmen sollte die nationale Energiestrategie ein besonderes Augenmerk schenken? Es gilt, das richtige Mass zu finden zwischen dem technisch Machbaren und dem wirtschaftlich Sinnvollen. Bei der Umsetzung des Grossverbrauchermodells (GVM) wird der Fokus zunächst auf die Ermittlung des gesamten energietechnischen Potentials und dann auf die Realisierung von wirtschaftlichen Massnahmen zur Senkung von Energieverbrauch und CO2-Ausstoss gelegt. Das begrüsse ich, denn so können gleichzeitig die Betriebskosten gesenkt, die Konkurrenzfähigkeit erhöht und das Klima geschont werden – eine Win-Win-Situation.

Im Gespräch mit Roland Eberle, Ständerat des Kantons Thurgau.

Welchen Stellenwert haben die Einsparungen von bekannten Unternehmen wie der Strähl Käse AG für die Thurgauer Wirtschaft? Die Erfolge der Strähl Käse AG strahlen positiv in den

Kanton aus und zeigen, dass schon mit wenigen, aber dafür wirkungsvollen Massnahmen grosse Einsparungen erreicht werden können. Voraussetzung dafür ist eine gründliche Analyse der energierelevanten Unternehmensbereiche und die enge Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) bei der Erarbeitung der Zielvereinbarung. Welche Rahmenbedingungen benötigen Schweizer Unternehmen, um wirtschaftlich und energieeffizient produzieren zu können? Die Rahmenbedingungen müssen so sein, dass die Potentiale der Energieeffizienz genutzt werden und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gestärkt wird. Mit den Zielvereinbarungen gemäss GVM wird dies heute ermöglicht. Die regelmässige Analyse des Energieverbrauchs birgt für energieintensive Unternehmen Chancen zur Kostensenkung. Die so eingesparten Mittel können reinvestiert werden, um die Marktposition des Unternehmens weiter zu stärken. Welche Rolle haben die Kantone bei der nationalen Energiestrategie? Die Kantone unterstützen die Umsetzung der Energiestrategie 2050. Sie fördern die effiziente Energienutzung und die Nutzung erneuerbarer Energien bei Unternehmen und Privaten. Mit Anreizen zu freiwilligen Massnahmen wie auch mit gesetzlichen Vorgaben wird die Entwicklung vorangetrieben. Der GVM ist dabei ein geeignetes Instrument, um die strategischen Ziele von Bund und Kantonen zu erreichen.

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GELD

Umbruch am Bankenplatz FINTECH Digitale Technologien verändern das Bankengeschäft grundlegend. Welche Vorteile bringen sie für den Zahlungsverkehr und die Finanzwirtschaft? Spiros Margaris gibt Auskunft zu einem komplexen Thema. INTERVIEW R O M A N B R A U C H L I

«F

intech» ist in aller Munde. Der Neologismus drückt die Verschmelzung von Finanzwirtschaft und digitaler Technologie aus. Startups entwickeln neue Softwarelösungen für das traditionell den Banken überlassende Geschäft. Der Zahlungsverkehr wird nicht nur schneller, sondern auch günstiger abgewickelt. Fintech verändert aber beispielsweise auch die Vermögensverwaltung. Spiros Margaris erklärt im Interview, wie KMU von den neuen Technologien profitieren können und wie der Finanzplatz Zürich dem globalen Wettbewerb standhält.

Herr Margaris, mit Ihrer Firma «Margaris Advisory» beraten Sie Firmen aus dem Fintech-Bereich. Wobei beraten Sie die Unternehmen? SPIROS MARGARIS Ich berate Fintech-Startups im Strategiebereich und bei Finanzierungsfragen. Es ist wichtig, Startups aufzuzeigen, worauf Investoren achten. Ich stelle für sie auch Kontakte zu anderen Investoren her. Aus strategischer Sicht ist es wichtig, dass sich Startups nicht nur auf ihre Firma konzentrieren. Man muss sie auf die aktuellen Trends in der Branche aufmerksam machen. In den USA und Asien wächst die Fintech-Wirtschaft enorm schnell. Wenn wir an vorderster Front mitkämpfen wollen, müssen wir ein globales Denken kultivieren. Startups konzentrieren sich zu sehr auf sich und den heimischen Markt. Welche aktuellen Entwicklungen stellen Sie im Fintech-Markt fest? Die interessantesten Entwicklungen finden im B2B-Markt statt, denn im B2C-Geschäft sind die Akquisitionskosten enorm hoch. Im B2B-Geschäft verdient man zwar weniger, dafür überlässt man die Akquisition dem Endkunden. Viele Fintech-Unternehmen merken, dass es sehr schwierig ist, Kunden zu akquirieren. Dafür haben sie bereits die technologische Innovation, Banken und Versicherungen hingegen haben die Kunden. Startups haben nur ein Ziel: ihr Produkt auf den Markt zu bringen. Die Innovationskraft 32

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ist viel grösser als bei den Grossunternehmen. Das ist der Vorteil von KMU. Was wird sich durch Fintech an unserem Zahlungsverkehr verändern? Im länderübergreifenden Zahlungsverkehr hat beispielsweise Transferwise einiges bewegt. Die Transaktionsgebühren sinken. Dadurch können ärmere Personen günstiger Geld verschicken. Bei den grossen Players wie Western Union gehen hohe Beträge bei jeder Zahlung verloren. Denn es sind nicht nur Transaktionsgebühren zu bezahlen, sondern auch Währungskosten. Zum Teil betragen die Kosten zehn bis zwölf Prozent des transferierten Betrags. Bei Transferwise und anderen Dienstleistern betragen die Gebühren ein bis zwei Prozent. Das betrifft auch die Wechselkurse. Es gibt bereits Unternehmen, die dieses Problem lösen, Revolut zum Beispiel. Man kann dort in den wichtigsten Währungen abheben und es ist praktisch gratis. Das bewirkt einen extremen Margendruck, denn in diesem Bereich verdienen Banken viel Geld. Was wird sich abgesehen vom Zahlungsverkehr verändern? Die Vermögensverwaltung wird automatisiert. True Wealth beispielsweise bietet entsprechende digitale Lösungen an. Ein sogenannter Robo-Advisor kann kleinere Kunden professionell und günstig betreuen, weil er den Markt abbildet. Auf diese Weise kann man Kunden betreuen, die man sonst verlieren würde, zum Beispiel die Kinder von Kunden. Zum Vergleich: Wir alle buchen manchmal online, gehen aber für komplexer Reisen ins Reisebüro. So ist es auch in der Vermögensverwaltung. Ein Robo-Advisor ist wie das Online-Booking und der gute Banker wie ein Reiseberater. Wie können KMU von neuen finanztechnologischen Lösungen profitieren? Via Online-Banking können die Bankgebühren reduziert werden. Je nachdem, wie gross ein KMU ist, kann automatisierte Vermögensverwaltung ein Thema sein. Bei den

Transaktionsgebühren kann gespart werden. Vor allem KMU, die international tätig sind, können profitieren. Da fallen hohe Gebühren an, aber auch die Währungskurse sind zu beachten. Der Vorteil der Alternativen liegt auch darin, dass KMU dadurch eine Verhandlungsbasis gewinnen. Wenn man seine Gelder von einer Grossbank verwalten lassen möchte, dann kann man sagen: «Mit True Wealth kann ich das günstiger machen. Wie könnt ihr uns entgegenkommen, damit wir weiterhin bei euch bleiben?» Die meisten KMU beschäftigen sich nur mit ihrem Geschäft und haben keine Ahnung, wie sie ihre Finanzen optimieren können. Indem sich KMU mit dem Thema Fintech auseinandersetzen, können sie sich an den Markt herantasten, um eine Verhandlungsbasis zu schaffen. Können Sie es einfach und kurz erklären: Was ist Bitcoin und Blockchain? Blockchain ist die Softwaretechnologie hinter Bitcoin. Bitcoin ist eine virtuelle Währung, die über die Blockchain transferiert wird. Es gibt auch andere Währungen. Bei der Blockchain handelt es sich im Prinzip um eine dezentralisierte Datenbank, in der Transaktionen von verschiedenen Teilnehmern validiert werden. Man erhofft sich von der Blockchain Kostenersparnisse im Zahlungsverkehr, weil die Finanzintermediäre ausgeschaltet werden können. Es gibt Transaktionen, bei denen Papiere durch sehr viele Hände gehen. Hier können natürlich Kosten gespart werden. Ein Problem ist die Skalierbarkeit. Blockchain ist noch nicht so weit, sie ist noch zu langsam. Dann gibt es auch sogenannte Smart Contracts, programmierte Verträge, die ebenfalls auf der Blockchaintechnologie beruhen. Können Sie ein konkretes Beispiel für einen programmierten Vertrag machen? Im Airline-Business kommen Flugzeuge manchmal zu spät. Die Passagiere dürften gemäss ihrem Vertrag mit der Reiseversicherung Geld zurückfordern. Viele Personen stellen diesen Anspruch aber gar nicht.


Bild: zVg

Durch programmierten Verträgen wird automatisch bei der Versicherung abgerechnet, wenn das Flugzeug zu spät kommt. Sehr viele Ansprüche werden von den Versicherten gar nicht gestellt. Mit Einsatz der Blockchaintechnologie müssen die Versicherungen in jedem Fall eine Entschädigung gewähren.

ZUR PERSON Spiros Margaris ist Gründer des Beratungsunternehmens «Margaris Advisory», das Fintech-Startups in strategischen und finanziellen Fragen unterstützt. Die Marktanalyse-Plattform Onalytica listet Margaris an erster Stelle der Top-Influencer im globalen Fintech-Markt. Er ist unter anderem Berater und Investor bei der Plattform DSER.de, die Portfolio-Optimierungen für Banken anbietet, sowie bei der Finanzierungsplattform Kapilendo. com. Ausserdem ist er Investor und Berater der Plattform moneymeets.de, in die auch die PostFinance investiert. Davor war er im Banking tätig und gründete zwei eigene Startups im Fintech-Bereich. Margaris ist Autor zahlreicher Artikel zum Thema Fintech. Weitere Infos unter: www.margarisadvisory.com.

Die Banken stehen unter Druck. Einige glauben, dass diese durch die Blockchain irgendwann überflüssig werden. Stimmen Sie dem zu? Die Blockchain wird gerne als Wundermittel verkauft, das wahrscheinlich am ehesten für den Zahlungsverkehr von Nutzen ist. Doch dass Blockchain einen Impact haben wird, ist allen klar. Die Leute wollen auch nicht wegrationalisiert werden. Aber es gibt Transaktionen, die so komplex sind, dass sie nicht mit der Blockchain alleine abgewickelt werden können. Den Berater wird es immer brauchen, aber er muss besser werden. Ein Bild, das ich häufig gebrauche, ist der Vergleich mit dem Tanker und dem Speed-Boot. Die Grossbanken sind die Tanker, die viel transportieren, die Fintech-Startups sind Schnellboote, die schnell und innovativ sind. Es braucht beide. Am besten arbeiten sie zusammen. Es existiert natürlich ein grosser Kostendruck auf die Banken, weil das Geschäftsmodell ohne Schwarzgeld und durch die tiefe Zinspolitik unter Druck geraten ist. Und dann ist da noch Fintech. Das macht das Geschäft kaputt. Was muss sich verändern, damit der Finanzplatz Zürich für die Zukunft gewappnet ist? Das grösste Problem für Startups in der Schweiz sind natürlich die Steuern. Wenn Steuern auf Optionen gezahlt werden müssen, obwohl – wie wir alle wissen – 90 bis 95 Prozent der Startups untergehen werden, ist das ein echtes Problem. Das wissen Steuerbehörden wie Startups. Regulatorisch geht man langsam in die richtige Richtung. Man muss die Startups aber auch fördern. Das beste Beispiel ist das Vereinigte Königreich. Auch Singapur hat realisiert, dass man Raum zum Scheitern geben muss. Einige Startups dort werden untergehen, und trotzdem fördert man sie. Wenn man bedenkt, wie viele Kundengelder in der Schweiz liegen, müsste man Fintech-Startups eine Plattform geben, damit wir hier ein neues Kompetenzzentrum aufbauen können. Nach dem Brexit bietet sich hier eine grosse Chance. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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GELD Bildquellen: Depositphotos.com/3DSculpto, wirojsid

Bald d

E-GELD Geld lässt sich digital verwalten, handeln und transferieren. Der Zahlungsverkehr mit virtuellen Währungen wie Bitcoin kommt ganz ohne Banken aus. Die wichtigsten Facts rund ums elektronische Geld. TEXT R O M A N B R A U C H L I

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-Geld ist ein elektronisch gespeicherter Wert, der eine Forderung gegenüber dem Herausgeber des Geldes darstellt. Während Bund und Nationalbank Bargeld schöpfen, schaffen Geschäftsbanken Buchgeld durch Kreditvergaben. Wie Bargeld wird E-Geld auch in einer ungebundenen Währung notiert und in einer realen Währung wie dem Schweizer Franken herausgegeben. Der Wert von ungebunden Währungen basiert wesentlich auf dem Vertrauen, das in die Währung gesteckt wird. Theoretisch kann das Geld auf dem Bankkonto wertlos werden. VIRTUELLE WÄHRUNGEN Im Unterschied dazu sind sogenannte virtuelle Währungen wie Bitcoin oder Ether nicht an eine bestehende Währung gebunden. Dies bedingt starke Kursschwankungen, da keine Zentralbank den Wert des Geldes garantiert. Virtuelle respektive kryptographische Währungen nehmen die sogenannte Blockchaintechnologie in Anspruch, um über ein dezentrales Netzwerk von Rechnern Transaktionen ohne ein zentrales Finanzinstitut abzuwickeln. Die Blockchain ist ein digitales Register, in dem jede einzelne Transaktion aufgezeichnet und verschlüsselt wird. Jede Transaktion muss von jedem Rechner am Netz validiert werden. Neue Währungs34

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einheiten werden geschöpft, indem die Teilnehmer für die zur Verfügung gestellte Rechenkapazität, die für das Lösen der kryptographischen Rechenoperationen benötigt wird, mit neuen Einheiten belohnt werden. Falls sich ein Geldmarkt mit virtuellen Währungen etablierte, würden Finanzintermediäre im Grunde überflüssig. ELEKTRONISCHER ZAHLUNGSVERKEHR Der Unterschied von Buchgeld zu eigentlichem E-Geld besteht darin, dass E-Geld einen Anspruch auf Buchgeld darstellt – und nicht auf Bargeld. Bei virtuellen Währungen ist die Bindung an eine echte Währung allerdings nicht gegeben. Für elektronisches Geld in echten Währungen wird ein digitales Konto bei einem E-Geld-Institut eingerichtet. Per Banküberweisung oder Hinterlegung der Kreditkartenangaben wird Geld auf das Konto des Finanzinstituts geladen, das dem Kunden einen elektronischen Gegenwert ausgibt. Der Zahlungsverkehr kann so über die virtuellen Onlinekonten von Käufer und Händler abgewickelt werden, wobei die wichtigsten Vorteile in den niedrigeren Gebühren sowie der Geschwindigkeit der Übermittlung liegen. Mobile Bezahldienste erlauben das Zahlen per Smartphone am entsprechenden Terminal an der Supermarktkasse.

BANKLIZENZ UND GELWÄSCHEREI Dabei stellt sich die Frage, inwiefern die Finanzdienstleister die Funktion einer Bank übernehmen. Einerseits bieten sie lediglich einen Bezahldienst an, andererseits verwalten sie Kundengelder und geben Geld aus. Im Gegensatz zur EU gibt es in der Schweiz keine spezielle Bewilligung für E-Geld-Dienstleister. Sofern Gelder von mehr als 20 Kunden entgegengenommen werden, braucht es gemäss Bankenverordnung eine Banklizenz. Dies gilt auch dann, wenn das Finanzinstitut keine Kredite vergibt, wie das für Banken üblich ist. Ausnahmen sind möglich, wenn keine Zinsen für die Einlagen bezahlt werden. Für virtuelle wie echte Währungen gelten dieselben rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Finanzmarktrecht. In jedem Fall findet das Geldwäschereigesetz Anwendung, demgemäss sich Finanzintermediäre der Aufsicht der Finanzmarktaufsicht (FINMA) oder einer Selbstregulierungsorganisation zu unterstellen und entsprechende Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben. In der ab 1. Januar 2016 in Kraft getretenen totalrevidierten Geldwäschereiverordnung fanden auch virtuelle Währungen Eingang. Finanzdienstleister für Kryptowährungen haben seither die Pflicht, verdächtige Gelder und Transaktionen zu identifizieren und zu melden.


PROMOTION

Sicherheit mit wenigen Klicks

START-UP-PAKET DAS BIETET IHNEN DAS START-UP-PAKET DER AXA: – Schnell und klar: Der Versicherungscheck der AXA zeigt, welche Deckungen ein Unternehmen benötigt. – Bis zu 10 Prozent Kombirabatt bei Abschluss mehrerer Versicherungen – Online-Rechtsberatung rund um die Uhr – Firmengründer-Seminar – Start-up-Ratgeber – Business-Software Sage Start

AXA, die führende Schweizer Versicherung für Unternehmen, steht Firmengründerinnen und -gründern von Anfang an kompetent zur Seite – zum Beispiel mit dem Versicherungscheck KMU. Das einfach zu nutzende Internetangebot kommt aber auch etablierten Unternehmen aller Branchen und Gesellschaftsformen zugute. Auf dem Weg von der guten Idee bis zur eigenen Firma sind viele Hürden zu nehmen – gerade auch in der Administration. Wie muss die berufliche und private Vorsorge geregelt sein? Wie muss ich meine Angestellten versichern? Ist eine Sach- oder Haftpflichtversicherung nötig? VERSICHERUNGSLAGE AUF EINEN BLICK Nicht nur UnternehmensgründerInnen verlieren zuweilen den Durchblick im Versicherungsdschungel. Risiken können sich im Laufe der Geschäftsjahre verändern. Oder Firmen erschliessen sich neue Wirtschaftszweige und benötigen zusätzliche Deckungen. Allen Unternehmen – ob erst in Gründung oder seit Jahren etabliert – bietet die AXA ein brandneues Angebot: den kostenlosen und unverbindlichen Online-Versicherungscheck für KMU. Er funktioniert ganz einfach: Interessierte machen unter AXA.ch/check wenige und anonyme Angaben zu ihrem Betrieb, etwa zu Branche, Standort, Rechtsform und zur Anzahl der Mitarbeitenden. Sofort erhalten sie eine individuelle Empfehlung – und auf einen Blick wird klar, welche Versicherungen für das Unternehmen obligatorisch sind, welchen Schutz die AXA zusätzlich empfiehlt und welche Deckungen andere Betriebe derselben Branche häufig abschliessen. Alle Deckungen werden kurz erläutert, ein Schadenbeispiel macht die Risiken verständlich.

OPTIMALE VORBEREITUNG Ziel des Versicherungschecks ist, dass Firmengründer, KMU und Selbstständigerwerbende nach wenigen Klicks wissen, was sie wirklich brauchen. So können sie sich optimal auf das Gespräch mit ihrem Versicherungsberater vorbereiten. Der Versicherungscheck für KMU ist ein bislang einmaliges Angebot in der Schweizer Assekuranz. Er unterstreicht, welche Bedeutung die AXA dem KMU-Bereich beimisst. Ein anderer Indikator dafür ist das Start-up-Paket, das die AXA für angehende Unternehmerinnen und Unternehmer entwickelt hat. Es bündelt alle Leistungen im Bereich Versicherungen und hält viele weitere Vorteile bereit. RABATT BEI MEHREREN VERSICHERUNGEN Die auf KMU spezialisierten Kundenberaterinnen und -berater der AXA erstellen für die künftigen Firmenkunden zunächst eine sorgfältige Risikoanalyse. Daraus ermitteln sie den individuellen Versicherungs- und Vorsorgebedarf des neu gegründeten Unternehmens. So wird für jede Firma ein perfekt auf sie abgestimmtes und effizientes Sicherheitspaket geschnürt. Schliessen Firmenkunden mehrere Versicherungen gleichzeitig ab, erhalten sie einen Prämienrabatt von bis zu zehn Prozent. Überdies können sie die Online-Rechtsberatung der AXA rund um die Uhr kostenlos in Anspruch neh-

men. Das Paket enthält zudem Gutscheine für ein Seminar zur Selbstständigkeit, für telefonische Rechtsauskünfte bei AXAjur und für Business-Software. Dazu erhalten Firmengründerinnen und -gründer einen Start-up-Ratgeber. Ob neu oder bewährt – KMU sind bei der AXA also in besten Händen!

ÜBER DIE AXA WINTERTHUR Rund zwei Millionen Kunden vertrauen der AXA Winterthur. Sie setzen auf ihre Erfahrung und Beratung in der Personen-, Sach-, Haftpflichtund Lebensversicherung sowie der beruflichen Vorsorge. Der führende Schweizer Versicherer ist ein dynamisches Unternehmen mit einer ambitionierten Vision: den Kunden Freiräume über die finanzielle Sicherheit hinaus zu schaffen und so ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen – mit einfachen, digitalen Prozessen und innovativen Produkten und Dienstleistungen rund um wichtige Lebensbereiche wie Mobilität, Wohnen oder Unternehmertum. Dafür setzen sich die rund 4 000 Mitarbeitenden sowie die 2 600 Kolleginnen und Kollegen in den 277 Generalagenturen und Agenturen Tag für Tag ein. Die AXA Winterthur gehört zur AXA Gruppe und erzielte 2015 ein Geschäftsvolumen von 11.1 Milliarden Franken.

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GELD

Zurück im Geschäft HYPOTHEKEN Lange war die Vergabe von Hypotheken für Pensionskassen nicht besonders attraktiv. Im aktuellen Tiefzinsumfeld ist dieses Geschäft aber wieder zu einer lohnenden Alternative geworden. TEXT F R E D Y G I L G E N

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ufmerksamen Beobachtern ist es nicht entgangen: In den regelmässig publizierten Ranglisten der günstigsten Hypotheken tauchen immer häufiger auch Pensionskassen auf. In den meistbeachteten Übersichten von Comparis und Moneypark fehlen sie zwar noch, im jüngsten Vergleich der «Finanz und Wirtschaft» dagegen taucht die Personalvorsorge des Kantons Zürich (BVK) gleich an der Spitze der günstigsten langfristigen Angebote auf (siehe Tabelle). Als Topanbieter werden immer wieder auch die Pensionskasse der Bundesbahnen SBB und die Schweizerische Unfallversicherung Suva genannt. Das recht unvermittelte Auftauchen der Pensionskassen in diesen Ranglisten erstaunt auf den ersten Blick, haben sich die Vorsorgekassen zwischen 2005 und 2015 doch mehr und mehr aus dem Geschäft mit Grundpfandkrediten zurückgezogen. Ihr Anteil am gesamten Schweizer Hypothekarmarkt schrumpfte in diesem Zeitraum von 3.1 Prozent auf magere 1.4 Prozent. Und der Anteil der Hypotheken am Gesamtvermögen der Pensionskassen erreicht aktuell nicht einmal 1.8 Prozent. Lange galt die Vergabe von Grundpfandkrediten aus verschiedenen Gründen als nicht besonders attraktiv

– zum Beispiel wegen dem hohen Verwaltungsaufwand. Andere Anlageklassen wie Aktien und Immobilien versprachen bessere Renditen. Die Pensionskasse des Bundes beispielsweise, die Publica, verkaufte deshalb unlängst ein Hypothekenportfolio von rund 1.3 Milliarden Franken an die Berner Kantonalbank. LIEBER HYPOTHEKEN ALS UNVERZINSLICHE ANLEIHEN Doch nun hat der Wind offensichtlich gedreht. Unvermittelt drängen verschiedene Vorsorgeeinrichtungen wieder ins Grundpfandkreditgeschäft zurück. Der immer grössere Anlagenotstand hat das lange gemiedene Geschäft wieder salonfähig gemacht: «Hypotheken sind im aktuellen Tiefzinsumfeld eine hervorragende Alternative zu Obligationen-Anlagen», gaben in den letzten Tagen gleich mehrere PK-Chefs und -Experten öffentlich zu Protokoll. «Lieber Hypotheken als niedrig verzinsliche Anleihen», sagt etwa Thomas Schönbachler, Leiter der Pensionskasse BVK, der Kasse der Angestellten des Kantons Zürich. Diese zählt mit einem Vermögen von 28 Milliarden Franken zu den grossen Vorsorgeeinrichtungen der Schweiz und verfügt auch über ein beachtliches

Immobilienportefeuille von 4.5 Milliarden, das von einem ganzen Team von Immobilienexperten betreut wird. Die Voraussetzungen, um das Hypothekengeschäft in eigener Regie und professionell betreiben zu können, sind damit vorhanden. Das Finanzportal Moneypark beobachtet, dass auch andere Grosskassen wie die Pensionskasse der Bundesbahnen SBB, die Schweizerische Unfallversicherung Suva und viele kantonale Beamtenkassen – darunter jene des Aargau und von Basel-Stadt – wieder verstärkt ins Hypothekengeschäft einsteigen. Die Gründe liegen nach Ansicht der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften auf der Hand: «Der Anlagenotstand drängt die Pensionskassen immer stärker auf die Vergabe von Hypotheken.» Wegen des aktuellen Tiefzinsumfelds, der zunehmenden regulatorischen Anforderungen und der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestverzinsung steige der Renditedruck für die Vorsorgeeinrichtungen stetig an. Die Pensionskassen müssen also neue Investitionsmöglichkeiten finden, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. AUCH KLEINE MISCHEN MIT Die Vergabe von Hypotheken ist offensichtlich eine dieser Möglichkeiten, und zwar

RENOMMIERTE BANKER

Bildquelle: Depositphotos.com, julos

Die Finovo AG in Opfikon ist von den beiden Finanzierungsspezialisten Christian Stöckli (l.) und Roger Plüss gegründet worden. Verwaltungsratspräsident ist der in der Branche bestbekannte ehemalige Leiter von Swisscanto Gérard Fischer. Zum Finovo-Team gehören daneben auch Matthias Zimmermann (Verwaltungsrat und Mitgründer von jobs.ch) und Martin Diethelm als Chief Technology Officer.

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nicht nur für grosse Vorsorgeeinrichtungen. Auch kleinere Kassen können mitmischen, wenn sie auf die Hilfe spezialisierter Dienstleistungsunternehmen als Outsourcing-Partner zurückgreifen. Neu in dieses wachsende Geschäftsfeld ist diesen Sommer beispielsweise das Opfiker Jungunternehmen Finovo eingestiegen: «Unser Ziel ist es, auch kleineren Schweizer Pensionskassen zu helfen, Hypotheken direkt an ihre Versicherten zu vergeben», sagt Christian Stöckli, Mitgründer von Finovo (siehe Kasten). Anders als andere Outsourcingfirmen decke Finovo dabei sämtliche Schritte bei der Hypothekenvergabe ab. Also auch den Vertrieb und die Vermarktung oder die persönliche Betreuung der Hypothekarkunden. Die Resonanz bei den Pensionskassen auf dieses Angebot von Partnerunternehmen ist gross. Nach Ansicht von Finovo-Verwaltungsratspräsident Gérard Fischer gibt es bei der direkten Hypothekenvergabe eigentlich nur

Gewinner: Die Pensionskasse erwirtschaftet eine höhere Rendite und die Hypothekarnehmer profitieren von günstigen Zinssätzen. Als Versicherte kommen sie zudem in den Genuss einer besseren Verzinsung ihrer Altersguthaben. «Es besteht kein Zweifel; Hypotheken sind im aktuellen Tiefzinsumfeld für Pensionskassen eine hervorragende Alternative zu Obligationen-Anlagen», bestätigt Christian Stöckli die Einschätzung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. «Sie versprechen eine bessere Rendite. Sie sind grundpfandgedeckt und damit relativ risikoarm. Und sie bleiben bei einem Zinsanstieg wertstabil, weil sie zum Nennwert bilanziert werden können.» Einige Pensionskassen nutzen diese Möglichkeit gemäss Stöckli bereits heute. BANKEN WERDEN DIE KONKURRENZ SPÜREN Einige Prozent der verlorenen Marktanteile im Grundpfandkreditgeschäft könnten die Vorsorgeeinrichtungen mit ihren neuen Initiativen durchaus zurückgewinnen, ist Stöckli überzeugt. Längerfristig liege gar ein Marktanteil von 5 bis 10 Prozent am gesamten Schweizer Hypothekarkuchen von knapp einer Milliarde Franken drin. Das würde Grundpfandkrediten von 25 bis 50 Milliarden Franken entsprechen. Vor allem im Bereich der erstklassigen Hypotheken könnten Banken die neue Konkurrenz also durchaus zu spüren bekommen. In der Regel vergeben die Pensionskassen ihre Hypotheken nur an die angeschlossenen Mitglieder. Zu den Institutionen, die offen für Gesuche aus

der gesamten Bevölkerung sind, gehört die Aargauische Pensionskasse APK. Sie hat sich unlängst mit dem Angebot eines kostenlosen und kündigungsfreien Ausstiegs aus Festhypotheken im Falle eines Weiterverkaufs des Wohneigentums in die Schlagzeilen gebracht. Doch auch ohne Sonderangebote haben die Pensionskassen gegenüber den Banken im Hypothekargeschäft zwei wesentliche Vorteile: Erstens müssen sie Hypotheken nicht mit Eigenmitteln hinterlegen und keinen grossen Verwaltungsapparat mitfinanzieren. Das macht sie wesentlich kostengünstiger und erlaubt es ihnen, günstigere Hypotheken anzubieten. Zweitens: Wenn der Versicherte seine Hypothek bei der Pensionskasse abschliesst, profitiert er nicht nur von vorteilhaften Zinskonditionen, sondern begünstigt auch seine eigene Altersvorsorge. Dies, indem er der Pensionskasse – trotz der günstigen Hypothekarzinsen – eine verbesserte Rendite ermöglicht.

10 JÄHRIGE FESTHYPOTHEKEN BVK Zurich PostFinance AXA-Winterthur Crédit Agricole PK SBB Generali Allianz Suisse Bank EKI Clientis Zürcher Regionalbank Hypothekarbank Lenzburg Swiss Life Migros Bank Glarner Kantonalbank Bank EEK Zürcher Kantonalbank Graubündner Kantonalbank

1.12% 1.13% 1.15% 1.19% 1.19% 1.23% 1.25% 1.35% 1.40% 1.41% 1.45% 1.46% 1.47% 1.49% 1.50% 1.52% 1.52%

Grafikquelle: FuW, Moneypark

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DIGITAL

In fast jedem zweiten Unternehmen ist der digitale Arbeitsplatz inzwischen Realität.

Wandelnder Arbeitsplatz DIGITAL WORKPLACE Eine aktuelle Studie von Crisp Research zeigt auf, dass sich eine Digitalisierung des Arbeitsplatzes auszahlt. Allein durch die Umstellung eines stationären Computers zu einem flexiblen Workplace mit Smartphone und Laptop soll sich ein Einsparpotential von 915 Millionen Franken ergeben. TEXT A N O U K A R B E N Z

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raktisch jedes zweite Unternehmen setzt bereits auf digitale und flexible Arbeitsplätze. Und jene, die es noch nicht tun, planen es oder sprechen zumindest darüber. Doch meist tun sie es noch aus den falschen Gründen: Unternehmen gestalten Arbeitsplätze vor allem deshalb neu, um Mitarbeitende zu motivieren und deren Produktivität zu steigern. Eine Studie von Crisp Research im Auftrag von Citrix Schweiz zeigt jedoch, dass ein digitaler Arbeitsplatz auch den Umsatz eines Unternehmens steigern kann. Und zwar gewaltig: Gemäss Studie könne die konsequente Umsetzung einer Digital Workplace-Strategie das Bruttoinlandprodukt in der Schweiz um 1.9 Prozent steigern. KOSTENEINSPARUNGEN BEI UMSTELLUNG Für die Studie von Crisp Research wurden insgesamt 231 Entscheider und Angestellte aus Schweizer Unternehmen verschiedener Branchen und Grössen befragt. Die

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Erhebung soll eine Übersicht zu den Potentialen des Digital Workplace aufzeigen und aufdecken, woran die Umsetzung scheitern kann. In Bezug auf das Einsparungspotenzial, das sich durch die Einführung einer Digital Workplace-Strategie ergibt, kommt die Untersuchung auf die eindrückliche Zahl von 915 Millionen Franken. Trotz höherer Kosten für die Lizenzierung der notwendigen Software – beispielsweise File-SharingTools oder Messaging-Programme –, vermag der digitale Arbeitsplatz die Kosten kräftig zu drücken. Grund dafür ist, dass erstens die Raumkosten deutlich abnehmen und zweitens auch bei den Reisekosten gespart wird, da auf eine Vielzahl von Dienstreisen verzichtet werden kann. Gespart werden kann auch eines der heute wertvollsten Güter: Zeit. Die Befragten gaben an, mit Hilfe eines flexiblen Arbeitsplatzes und neuer digitaler Technologien im Durchschnitt 3.5 Stunden pro Woche einsparen zu können. Diese Zeit

Bild: Depositphotos.com, kozzi2

ZUR STUDIE Die Studie wurde von Crisp Research im Auftrag von Citrix Systems zwischen Mai und Juni 2016 durchgeführt. Die Erhebung stützt sich auf Umfragewerte und aktuelle Wirtschaftszahlen und untersucht, welche Auswirkungen ein digitaler Arbeitsplatz auf Mitarbeitende, Unternehmen und die gesamte Volkswirtschaft in der Schweiz hat. 231 Entscheider und Angestellte aus Schweizer Unternehmen verschiedener Branchen und Grössen nahmen daran teil. Für die Erhebung wurden acht Branchen ausgewählt, die das Konzept des digitalen Arbeitsplatzes teilweise bereits nutzen oder dies zumindest theoretisch ermöglichen. Die Crisp Research AG ist ein unabhängiges IT-Research- und Beratungsunternehmen. Aktuelle und kommende Technologie- und Markttrends werden von einem Team aus Analysten, Beratern und Softwareentwicklern analysiert und bewertet. Themenschwerpunkte von Crisp Research sind Cloud Computing und Digital Business Transformation. Mehr Informationen unter: www.crisp-research.com.

könnte beispielsweise für kreative Ideen oder weitere Projekte genutzt werden. GESPALTENES BILD BEI DEN MITARBEITENDEN Auch befragte Mitarbeitende sind sich bezüglich der Vor- und Nachteile eines digitalen Arbeitsplatzes nicht so sicher. Zwar erhoffen sich die meisten eine positivere Work-LifeBalance, gleichzeitig wird befürchtet, dass die Arbeit mit nach Hause genommen wird und Familie und Freunde darunter leiden werden. Über 55 Prozent vermuten eine gesteigerte Belastung durch das sogenannte «Always at Work»-Phänomen. Durch die flexiblere Einteilung der Arbeitszeit, der Gewinn an Autonomie und Zeit und dem wegfallenden Pendlerstress sind 45 Prozent der Befragten überzeugt, dass sie sich besser und effizienter auf die Kernaufgaben ihres Berufs konzentrieren können. Der digitale Arbeitsplatz könnte also auch dabei helfen, Karriereziele effektiver zu verfolgen.


DIGITAL

Die IT wächst mit VON V I C K A M A L O C A

Unser Betrieb hat ein starkes Wachstum hinter sich und wir benötigen eine professionelle IT-Infrastruktur. Wie stellen wir sicher, dass wir diese nicht bei jedem Wachstumsschub neu aufsetzen müssen?

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it einer zunehmenden Anzahl von Mitarbeitenden oder zusätzlichen Standorten verändern sich auch die Kommunikationsbedürfnisse, und die Ansprüche an die IT-Infrastruktur steigen. Dementsprechend müssen

IT und Kommunikation mit dem Unternehmen wachsen können. ZAUBERWORT SKALIERBARKEIT Ein Schlüsselbegriff ist hier die sogenannte Skalierbarkeit. Darunter versteht man die Fähigkeit von Hard- und Software, sich in Bezug auf Ansprüche an die Leistungsfähigkeit anzupassen. Cloud und IP-basierte Services weisen zum Beispiel eine sehr hohe Skalierbarkeit auf. Indem Sie Ihre IT-Infrastruktur oder Teile davon aus der Cloud

beziehen, erübrigen sich Investitionen in eigene Hardware (zum Beispiel den Server) oder deren Modernisierung. Die entsprechende Infrastruktur betreiben Anbieter wie Swisscom in eigenen Rechenzentren in der Schweiz. Sie sorgen dafür, dass die Services stets zur Verfügung stehen. BEDÜRFNISGERECHT Verändern sich die Bedürfnisse im Unternehmen, können Sie mit einer Cloud-Lösung beispielsweise zusätzliches Speichervolumen oder

mehr Rechenpower ganz einfach beim Anbieter anfordern. Diese Flexibilität zeigt sich auch bei der IP-Festnetztelefonie. Anpassungen an der Telefonie-Infrastruktur – etwa neue Sprachkanäle für Mitarbeitende – sind schnell gemacht. Dementsprechend können Sie Ihre IT- und Kommunikationsinfrastruktur stets auf die aktuellen Bedürfnisse abstimmen. Dank vorab festgelegten Preismodellen sind die Kosten darüber hinaus stets transparent und planbar. Professionelle Anbieter von cloudbasierten Services und IPTelefonie können Sie hinsichtlich einer zukunftsorientierten ITund Kommunikationsin-

frastruktur bestens beraten und bedürfnisgerechte Angebotspakete schnüren. VICKA MALOCA

Die Autorin ist KMUBeraterin bei Swisscom und beantwortet Fragen zur Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie haben eine Frage? Schreiben Sie unserer KMU-Beraterin unter www.swisscom.ch/ kmu-ratgeber

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DIGITAL

Komplett in den Wolken CLOUD MATURITY MODEL Die Cloud-Studie der FHNW führt das neue «Cloud Maturity Model» in der Schweiz ein. Dieses erlaubt Schlussfolgerungen bezüglich Auswirkungen des Einsatzes von Cloud-Technologien auf die Unternehmens-IT. TEXT S T E L L A G A T Z I U G R I V A S , S H A N T I G R A N D U N D C L A U D I O G I O V A N O L I

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loud-Lösungen, Internet of Things, Big Data und mobile Technologien sind die wichtigsten Treiber der digitalen Transformation. Wer diese gekonnt einsetzt, kann sich gegenüber Wettbewerbern abheben und schafft damit neue Geschäftsvorteile. Nicht mehr zeitgemässe Geschäftsmodelle werden heute in allen Branchen immer öfters hinterfragt. Unternehmen, die Cloud-Ansätze optimal in das Unternehmen integrieren und bereit sind, Veränderungen zuzulassen, sind effizienter und damit erfolgreicher. Ein solcher Wandel verlangt von den Unternehmen jedoch eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen IT-Situation, den Business- und IT-Prozessen sowie Abklärungen bezüglich der Abstimmung zwischen der Unternehmens-IT und der Geschäftsstrategie. Davon betroffen ist auch die IT-Organisation, die sich nach und nach zum internen IT-Service-Provider mausert. In naher Zukunft wird die Unternehmens-IT vor neue Herausforderungen gestellt werden: noch mehr Effizienz, Ausbau der Digitalisierung und Erzielung einer dauerhaften Kostensenkung. Internationale Studien belegen, dass die grosse Mehrheit der Unternehmen weder eine übergreifende Planung noch das entsprechende Knowhow hat. Trotzdem nimmt die Nutzung neuer Technologien wie Cloud oder Mobile global zu. Wie bereiten sich schweizerische Unternehmen auf einen Cloud-Einsatz vor? Auf welchem Stand der digitalen Transformation befindet sich die Schweiz? Welches sind dabei fördernde, welches hindernde Kriterien? Um diesen Fragen nachzugehen, startet der Kompetenzschwerpunkt Cloud Computing der Hochschule für Wirtschaft FHNW im Rahmen der Swiss Cloud-Initiative im Sep-

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tember 2016 eine breite CxO Cloud-Studie in der Schweiz. Diese sieht die qualitative und quantitative Befragung von IT-Verantwortlichen und Businessvertretern an der Schnittstelle zur IT vor. Je nach Branche, Unternehmensgrösse oder Region können sich Unterschiede ergeben. INTEGRATION VON CLOUD-LÖSUNGEN Bisherige Cloud-Maturitätsmodelle wie das Open Data Center Alliance Usage Model oder das Cloud Computing Maturity Model von Oracle definieren den Reifegrad nach der Anzahl der implementierten Cloud-Lösungen oder nach der Dauer des Cloud-Einsatzes. Demnach weist ein Unternehmen, das mehrere Cloud-Lösungen im Einsatz hat, einen höheren Reifegrad aus als eines, das weniger Lösungen verwendet. Ebenso verhält es sich mit der Dauer des Einsatzes: Ein Unternehmen, das bereits seit einigen Jahren eine Cloud-Lösung betreibt, zählt zu

den alten Hasen und wird höher eingestuft als eines, das erst kürzlich in die Cloud ging. Dabei wird nicht auf die Art und Weise eingegangen, wie Cloud-Lösungen im Unternehmen genutzt werden. Ebenso wenig wird untersucht, welche Veränderungen der Einsatz mit sich bringt und ob das Unternehmen in der Lage ist, diese herbeizuführen und zu unterstützen. Gleichermassen verhält es sich mit dem Nutzen: Gemäss einer solchen Definition spielt es keine Rolle, ob der Einsatz von Cloud-Lösungen in einem Unternehmen zur Effizienzsteigerung beiträgt und welche Massnahmen getroffen werden, um den Einsatz zu ermöglichen. Die Cloud-Maturität gemäss dem FHNWCMM schliesst damit eine vorhandene Lücke und legt den Reifegrad über die Art der Nutzung von Cloud-Lösungen, die Motivation, das Wissen über Cloud-Lösungen sowie begleitende und unterstützende Veränderungen auf unterschiedlichen Geschäftsebe-

CXO CLOUD-STUDIE DER FHNW RÜCKGRAT DER STUDIE: DAS CLOUD MATURITY MODEL Die Studie verfolgt drei konkrete Ziele und führt damit gleichzeitig das FHNW Cloud Maturity Model (FHNW-CMM) ein: 1. Stand der Transformation der IT, Treiber und Hemmer: Ist die Transformation der IT in Schweizer Unternehmen bereits ein Thema und wie wird es angegangen? Welches sind die Treiber, welches die Hemmer? 2. Rolle und Einfluss von Cloud-Lösungen: Ist die Cloud

ein Enabler der Digitalisierung und ein Auslöser der Transformation? 3. Cloud-Maturität in der Schweiz – Benchmarking mit dem FHNW-CMM: Wie fit sind Schweizer Unternehmen in Bezug auf den Cloud-Einsatz? ANMELDUNG UND ERGEBNISSE Die Onlineumfrage wird als Tool über die Toolplattform movecloud.ch der FHNW angeboten. Machen Sie mit und erhalten Sie so die Möglichkeit, am Benchmarking teilzuneh-

men. Auf movecloud.ch/tools/ cloud-studie-2016 erhalten Sie Zugang zum Tool. Die Studienresultate werden im Rahmen des «4. Cloud Use Cases Day» vom 15. März 2017 in Olten präsentiert. Mögliche Konsequenzen, aber auch Chancen für den Wirtschaftsstandort Schweiz stehen hierbei im Zentrum. Informationen und Anmeldung unter: web.fhnw.ch/projekte/cloud-days Hinweis: Early Bird-Registration bis Ende Oktober 2016 mit 20 Prozent Rabatt.


nen fest. Das FHNW-CMM berücksichtigt, ob und wie Cloud-Lösungen strategisch wie auch operativ im Unternehmen integriert sind und welche Bereiche durch den Einsatz verändert werden und geht damit weit über den Grad der Implementierung hinaus. VON FAKTOREN ZUR CLOUD-MATURITÄT Das Cloud-Maturitätsmodell umfasst insgesamt vier Reifegrade. Sie werden anhand von vordefinierten Kriterien im Rahmen eines Self-Assessments ermittelt. Das Unternehmen schätzt sich zu unterschiedlichen Bereichen selbst ein, indem es auf insgesamt 34 Fragen die Antwort wählt, die am besten auf die eigene Situation zutrifft. Des Weiteren berücksichtigt das Cloud-Maturitätsmodell der FHNW sechs Dimensionen. Jeder Dimension sind zwischen vier bis sieben Erfolgskriterien zugeteilt, wovon jedes wiederum durch ein bis zwei Fragen ermittelt wird. Die Auswertung der Selbstevaluation ermöglicht Unternehmen, die eigene Situation besser zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. Sie werden auf Optimierungspotentiale aufmerksam gemacht und erfahren, wie sie einen höheren Maturitätsgrad erreichen können. Auf diese Weise unterstützt

das Modell Unternehmen dabei, Cloud-Lösungen besser zu integrieren und damit die digitale Transformation voranzutreiben. INTEGRIERTES BENCHMARKING Die Auswertung der Maturitätsstufen erfolgt auf zwei Ebenen: Einerseits wird für jede Dimension ein eigenes Maturitätsprofil erstellt und grafisch mittels eines Spider-Diagramms dargestellt, andererseits erhält das Unternehmen eine Gesamteinschätzung über alle Dimensionen hinweg. Die Berechnung der Gesamtmaturität erfolgt nach einer vorgegebenen Gewichtung. Bei einer Registrierung besteht die Möglichkeit, eigene Präferenzen zu bestimmen, welche die Maturi-

tät beeinflussen können. Zudem kann das Ergebnis gespeichert werden und ist so auch zu einem späteren Zeitpunkt noch abrufbar. Bei einer Wiederholung des Tests, etwa nach wichtigen Veränderungen oder Einführung neuer Prozesse, können die aktuellen Ergebnisse mit den früheren verglichen werden. Durch ein integriertes Benchmarking erfahren Unternehmen anhand von unterschiedlichen Vergleichsfaktoren wie beispielsweise die Branche, Region oder anderen statistischen Angaben, wie sie im Vergleich zu anderen abschneiden. Die angegebenen Resultate aus der Branche sind jeweils aggregiert und selbstverständlich anonymisiert.

Die Basis für digitales Wachstum, das zeigen Marktführer wie Apple, ist immer die IT – und allem voran die Cloud. Bildquelle: Depositphotos.com/tashatuvango

DIE VIER «REIFEGRADE» 1. Der Interessierte Unternehmen, die einzelne Dienstleistungen aus der Cloud beziehen und erste Erfahrungen sammeln. Sie evaluieren weitere Cloud-Lösungen und untersuchen Applikationen, die in die Cloud gehen könnten. Sie haben jedoch noch keine Cloud-Strategie definiert.

2. Der Nutzer Unternehmen, die bereits CloudLösungen nutzen und eine Cloud-Strategie definiert haben. Veränderung des Unternehmens wurde jedoch noch nicht angegangen. Cloud als Treiber für Digitalisierung, Innovation und Agilität nicht klar ersichtlich.

3. Der Erfahrene Unternehmen, die eine «CloudFirst»-Strategie verfolgen. Daten sind zum grössten Teil klassifiziert. Eine Veränderung des Unternehmens (Rollen, Prozesse, Governance etc.) ist im Gange.

4. Der Optimierer Unternehmen, die eine stark ausgebaute Cloud-Infrastruktur nutzen. Hauptziele sind die optimierte Nutzung und Integration der Cloud sowie die Kostensenkung. Das Unternehmen wird agiler, entwickelt sich und der Datenaustausch ist durchgehend gewährleistet.

Merkmale: Cloud-Bedarf ist erkannt, einzelne Cloud-Lösungen sind im Einsatz

Merkmale: Cloud-Strategie ist definiert, Transformation des Unternehmers noch nicht angegangen

Merkmale: «Cloud First»-Strategie, mehrere Cloud-Lösungen sind im Einsatz

Merkmale: Optimierte Integration im Unternehmen, Innovation und Agilität, Transformation

DIE AUTOREN

Prof. Dr. Stella Gatziu Grivas ist Leiterin des Kompetenzschwerpunktes Cloud Computing an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Claudio Giovanoli ist wissenschaftlicher Assistent im Kompetenzschwerpunkt Cloud Computing. Shanti Grand ist als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Wirtschaftsinformatik an der FHNW tätig.

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PROMOTION

Blick in das neue Schulungszentrum der Data Quest AG – die führende Apple-Händlerin seit 25 Jahren.

Spitzenleistungen für Apple-Anwender Für kleine und mittlere Unternehmen mit wenig eigenem IT-Personal ist ein Partner essentiell, der bei allen Fragen rund um die IT hilfreich zur Seite steht. Mit der Corporate-Business-Einheit und ihrem neuen Serviceportfolio zeigt die Data Quest AG ein attraktives und zeitgemässes Serviceangebot auf.

Geschäftskunden wollen Investitionssicherheit, gerade wenn es um die Beschaffung von Hardware und Software geht. Auch die Kosten für Betrieb, Support und Wartung hat man gerne im Griff, ob im KMU oder im Grossunternehmen. Zur Betreuung seiner Geschäftskunden hat Data Quest eine Corporate-Business-Einheit mit eigenem Standort inklusive Schulungszentrum lanciert und ein Serviceportfolio entwickelt, das die IT-Bedürfnisse der Businesskunden von KMU bis Enterprise mit individuell abgestimmten Lösungen erfüllt. Data Quest kann dabei auf Partnerschaften mit Apple und anderen starken Partnern wie etwa Cisco zurückgreifen. BERATUNG ZUM FIXPREIS Für den Einstieg zu überschaubaren Kosten sind drei Business-Pakete zu Fixpreisen zwischen 199 und 999 Franken verfügbar, die auch in den Data-Quest-Filialen erhältlich sind. Zentrales Element aller drei Varianten ist eine Erstberatung vor Ort beim Kunden. Dabei werden die Ziele definiert, ein Kurzaudit der bestehenden Installation durchgeführt sowie ein Grobkonzept und eine Gesamtkostenschätzung für die gewünschte neue Infrastruktur erarbeitet. Die Pakete Standard und Premium enthalten weitere Dienstleistungen wie Online-Backup, Überprüfung oder Konfiguration der Security-Massnahmen. DATEN BLEIBEN IN DER SCHWEIZ Eine professionelle externe Datensicherung ist für jedes Unternehmen ein Muss. Der Backup Plan von Data Quest ermöglicht sicheres Online-Backup in einem modernen Schweizer

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Rechenzentrum – zu attraktiven Konditionen. Im Gegensatz zu anderen preisgünstigen Online-Backupdiensten bleiben die Daten garantiert in der Schweiz. Ein weiterer Vorteil: Üblicherweise lässt sich ein volles Backup von iOS-Geräten nur lokal auf einem Mac ablegen. Als einziger Service seiner Art ermöglicht der BackupPlan von Data Quest auch Full-Backups von iPhone und iPad in ein externes Rechenzentrum. ALTERNATIVE ZU EXCHANGE Die Installation eines eigenen Servers für Mail, Kalender und Kontaktverwaltung ist für KMU meist zu aufwändig. Unter dem Label CollaborationConnect bietet Data Quest auf Basis der Exchange-Alternative Kerio Connect einen Cloud-Service mit E-Mail-Funktionalität, Instant Messaging, Kalender- und Kontaktmanagement inklusive Delegation und Gruppenchats an. MAC ODER WINDOWS? Es kommt oft vor, dass zu Hause ein Mac steht, im Büro aber ein Windows-Rechner – oder umgekehrt. Oder man arbeitet prinzipiell auf dem Mac, benötigt aber für bestimmte Aufgaben eine Windows-Applikation, etwa ein CAD-System. Workany, der cloudbasierte Desktop-Arbeitsplatz, funktioniert auf Grundlage von Citrix Receiver überall – am Arbeitsplatz, zuhause oder unterwegs – und auf jedem Gerät. Bezahlt wird nur, was wirklich gebraucht wird. EINFACHSTES DEVICE ENROLLMENT Um die Bereitstellung von Apple-Geräten zu vereinfachen, bietet sich Apples Device Enrollment

Program (DEP) an. Data Quest gehört zu den Schweizer Apple-Händlern, die für DEP gerüstet sind. Mobile Device Management (MDM) ermöglicht die zentrale und standardisierte Softwareverteilung auf die mobilen Geräte und erlaubt, auf einem Gerät private und geschäftliche Bereiche sauber zu trennen. Mit Apples Programm für Volumenlizenzen (VPP) können Applikationen in grossen Mengen in Apples App Stores gekauft und auf die Macs, iPads und iPhones der Mitarbeitenden verteilt werden, ohne dass dazu jedes Gerät eine eigene geschäftliche Apple-ID benötigt. SUPPORT UND WARTUNG Keine IT-Lösung arbeitet immer völlig fehlerfrei. Bei Störungen im Netzwerk, defekten Geräten und Softwareproblemen ist eine möglichst rasche Reaktion und Intervention gefragt. Data Quest bietet dazu eine «Versicherung auf die Reaktionszeit» an: Service-Level-Agreements in den drei Stufen Gold, Silber und Bronze garantieren, dass im Ernstfall schnellstmöglich Hilfe kommt. Mit einem Wartungsvertrag können die Kunden einzelne Arbeiten oder die komplette Betreuung der IT an den Partner übertragen. Im Fall von Data Quest ist der Wartungsvertrag per se kostenlos: Bezahlt wird nur der Aufwand, der tatsächlich erbracht wird. FÜR WEITERE INFORMATIONEN Data Quest AG Corporate Business Kontakt: 058 225 52 52 oder kmu@dataquest.ch


MARKETING

Für eine bessere Welt

MARKE DES MONATS

Im September 2016:

VON S T E F A N V O G L E R

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ählen Sie auch zu den Millionen von besessenen Jägerinnen und Jägern von Pikachu, Bisasam, Glumanda, Pummeluff, Abra und Schigg? Auch wenn Sie das bislang kalt liess, konnten Sie in den vergangenen Wochen fast überall und jederzeit Menschen auf PokémonFang beobachten. Noch nie hat es eine Marke in derart kurzer Zeit und ohne jegliche Werbung zum Global Brand geschafft. Die niedlichen Pokémons zeigen exemplarisch, was Markenführung 3.0 für ein

exzellentes Produkt bewirken kann, das den Spieltrieb aller Menschen anspricht. Am gewaltigen Medienecho für Pokémon Go gemessen, war die Landung der Solar Impulse von Bertrand Piccard in Abu Dahbi, welche am 26. Juli 2016 sogar eine Bundesrätin vor Ort verfolgte, fast ein Nichtereignis. Die Botschaft dieser Weltpremiere an die Menschheit – eine 40 000-Kilometer-Weltumrundung ausschliesslich mit Sonnenenergie – ist mindestens so gross.

Und wirkt hoffentlich nachhaltiger als das durchaus gesunde Pokémonfieber. Neben dem beeindruckenden Personal Brand von Bertrand Piccard ist allen voran die Marke ABB mit dieser Pioniertat verknüpft. Der schwedisch-schweizerische Industriekonzern hat bei der Entwicklung der Solar Impulse entscheidend mitgeholfen. ABB engagiert sich unter dem Claim «Power and productivity for a better world» mit Nachdruck für alternative Energien und Technologien und liegt mit 4.767 Millionen

www.abb.ch

Franken Markenwert auf Platz 5 der «Best Swiss Brands» von Interbrand. Das Branding von ABB – gekennzeichnet durch die drei roten Versalien mit den feinen weissen Linienkreuzen – ist übrigens ein Schweizer Qualitätsprodukt der damals führenden Identity Agentur Zintzmeyer & Lux. Zur roten Farbe gibt es eine schöne Anekdote: Der erste ABB-Präsident Fritz Leutwiler soll anlässlich einer CDPräsentation ans Fenster gerufen haben: «Sehen

Sie diesen roten Ferrari da unten? Machen Sie unser Logo genau in diesem Rot!» Heute ist das rote ABB-Logo weltweit bekannt und steht für den technologischen Aufbruch in eine neue, bessere Welt. STEFAN VOGLER

Der Autor berichtet über die aktuelle Markenführung einer grossen oder kleinen, globalen, nationalen oder lokalen, altbewährten, aufgefrischten oder neuen Marke. www.markenexperte.ch

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MOBIL

Sicher ankommen AIRLINE AWARDS Airline-Ratings haben derzeit Hochkonjunktur. Je nachdem, welche Bewertungskriterien gewählt werden, kommen aber unterschiedliche Resultate heraus. Eine Konstante gibt es aber bei allen Ratings: Die weltweit besten Airlines kommen aus Asien und den Golf-Staaten. TEXT A L F R E D K U H N

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nde August publizierte die Handelszeitung ihr Airline-Rating 2016, basierend auf über 85 Flugtests in den vergangenen 18 Monaten. Beurteilt wurden unter anderem Kabinen und Sitze, Verpflegung an Bord sowie Pünktlichkeit und Beschwerdemanagement. Ausserdem wurden im Frühsommer 2016 Airline-Profis und berufliche Vielflieger aus der Schweiz nach ihren Erfahrungen befragt. Zusätzlich flossen Wertungen der internationalen Airline-Ratings in das Rating der Han-

delszeitung ein. Auf den ersten drei Plätzen landeten Qatar Airways, Singapore Airlines und Cathay Pacific aus Hongkong. Die Swiss schaffte es in diesem Rating auf Platz 7 und war damit beste Airline Europas. Im grossen, internationalen Vergleich durch die Unternehmensberatung Skytrax schneidet die Swiss aber nicht ganz so gut ab. SKYTRAX AWARDS – DIE SIEGER Basierend auf der weltweit grössten internationalen Passagierbefragung werden die

Skytrax Awards vergeben. Rund 20 Millionen Passagiere aus 104 Ländern wurden 2016 von Skytrax nach ihrer Zufriedenheit befragt. Auf den ersten fünf Plätzen sind 2016 folgende Fünf-Sterne-Airlines zu finden: Emirates, Qatar Airways, Singapore Airlines, Cathay Pacific und All Nippon Airways (siehe Kasten). Diesen fünf Fluggesellschaften ist gemeinsam, dass sie nicht nur eine ausgezeichnete Premiumklasse führen, sondern auch in Economy viel Komfort und Bequemlichkeit bieten. Beste europäische

DIE 15 BESTEN AIRLINES WELTWEIT 1. 2. 3. 4. 5.

Emirates Qatar Airways Singapore Airlines Cathay Pacific ANA (All Nippon Airways)

DIE WELTWEIT SICHERSTEN AIRLINES

Grafik: zVg / Bild: Depositphotos.com, hkratky

Qantas Air New Zealand Alaska Airlines All Nippon Airlines (ANA)

Kein tödlicher Unfall seit 1951 Keine signifikanten Unfälle seit Jahrzehnten Letzter Unfall im Jahr 2000 Kein tödlicher Unfall seit 45 Jahren

DIE WELTWEIT UNSICHERSTEN AIRLINES 1-Stern-Airlines: Batik Air, Bluewing Airlines, Citilink, Kal-Star aviation, Lion Air, Sriwijaya Air, TransNusa, Trigana Air Service, Wings Air, Xpress Air

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UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016


Airline ist Turkish Airlines auf Platz 7. Die Swiss findet sich in diesem Rating auf Platz 15 und wird von Skytrax als Vier-Sterne-Airline aufgeführt. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick über den grossen Teich: Die drei grossen US-amerikanischen Fluggesellschaften Delta, American und United schneiden im internationalen Vergleich beschämend schlecht ab. Delta Airlines landete 2016 auf Platz 35, American Airlines auf Platz 77 und United Airlines auf Platz 68. Sie werden deshalb von Skytrax lediglich als Drei-Sterne-Airlines aufgeführt. Das bedeutet, dass der Standard ausreichend ist, die Qualität und der Service aber zu wünschen übrig lassen. Zur besten Billigfluglinie wurde zum achten Mal in Folge Air Asia gekürt, gefolgt von Virgin America sowie Norwegian Airlines als beste Billigfluglinie in Europa. Easy Jet folgt auf Platz vier. BESTE BUSINESS CLASS In der Gesamtwertung bietet Qatar Airways die beste Business Class, gefolgt von Singapore Airlines und Etihad Airways. Singapore Airlines wurde speziell ausgezeichnet für den besten Business Class Sitz. Beim

6. 7. 8. 9. 10.

Catering an Bord hat Turkish Airlines die Nase vorne, gefolgt von Qatar und Austrian. BEURTEILUNG DER SICHERHEIT Der Luftverkehr zählt nach wie vor zur sichersten Form des Reisens. Das Onlineportal «AirlineRatings» bewertet seit 2013 die Airlines weltweit, berücksichtigt aber im besonderen Masse die Sicherheit. Die Experten bewerten dabei die Zusammenarbeit mit den internationalen Aufsichtsbehörden, die Zahl der Todesfälle in den letzten zehn Jahren und die Resultate der Überprüfung der IATA (International Air Transport Association) bezüglich Einhaltung der wichtigsten Sicherheitsbestimmungen. Insgesamt wurden 407 Fluglinien untersucht. Als Sieger beim Sicherheits-Rating ging 2016 die australische Qantas hervor. Seit 1951 verzeichnete Qantas keinen einzigen tödlichen Unfall. Ausserdem führte Qantas als erste Airline eine Echtzeitüberwachung der Triebwerke per Satellit ein, damit Defekte erkannt werden, bevor sie zum Problem werden. Für die übrigen als besonders sicher beurteilten Airlines wurde keine Reihenfolge festgelegt (siehe Kastenmitte). Auch die Swiss und die Lufthansa schaff-

11. 12. 13. 14. 15.

Etihad Airways Turkish Airlines EVA Air Qantas Airways Lufthansa

American Airlines Cathay Pacific Airways Emirates Etihad Airways EVA Air Finnair Hawaiian Airlines

Kein tödlicher Unfall seit 2001 Kein tödlicher Unfall seit den 60er-Jahren Kein tödlicher Unfall seit Gründung Kein tödlicher Unfall seit Gründung Kein tödlicher Unfall seit Gründung Kein tödlicher Unfall seit den 60er-Jahren Kein tödlicher Unfall seit Gründung

ten es in die Top 20 der sichersten Airlines weltweit. In einer speziellen Sicherheitsliste wurden die Billig-Airlines beurteilt. Auch die weltweit unsichersten, 1-Stern-Airlines werden von «Airlines-Ratings» aufgelistet (siehe Kasten unten). Alle haben ihren Sitz in Indonesien, Nepal und Surinam. Aber auch bei den Airlines mit 2 oder 3 Sternen würde ich persönlich nicht zusteigen. ABWICKLUNG VON RÜCKFORDERUNGEN Die Firma «AirHelp» ist Passagieren bei Streitigkeiten wegen verspäteten Flügen behilflich. Sie veröffentlicht nun ein weltweites Ranking der zehn besten und schlechtesten Fluglinien. In diesem Ranking werden neben der Qualität der Leistungen auch die Anzahl der Verspätungen und die Abwicklung von Rückforderungen berücksichtigt. Dabei wird geprüft, wie viele Eingaben von Kunden von einer Airline zurückgewiesen werden und wie lange die Abwicklung der genehmigten Vergütungen dauert. Die Swiss landete beim neuesten Ranking von «AirHelp» (Frühjahr 2016) auf dem glanzlosen 43. Platz, nachdem sie ein Jahr zuvor auf Platz 45 gelistet war.

Garuda Indonesia Hainan Airlines Thai Airways Air France Swiss Int. Air Lines

Japan Airlines

Letzter tödlicher Unfall vor mehr als 30 Jahren KLM Letzter tödlicher Unfall vor mehr als 40 Jahren Lufthansa Letzter Unfall vor 23 Jahren Scandinavian Airline System (SAS) Letzter Crash 2001 Singapore Airlines Letzter Unfall im Jahr 2000 Swiss Kein tödlicher Unfall seit Gründung United Airlines Kein tödlicher Unfall seit 20 Jahren Virgin Atlantic Kein tödlicher Unfall seit Gründung Virgin Australia Kein tödlicher Unfall seit Gründung Unfallstatistik (exklusive Terroranschläge)

2-Stern-Airlines: Airlines PNG, Ariana Afghan Airlines, Blue Wing, Daallo Airlines, Kam Air, NOK Air

3-Stern-Airlines: Afriqiyah, Air Bagan, AirAsia Thailand, AirAsia Zest, Avia Traffic Company, Bangkok Air, Camair-Co, Cambodia Angkor Air, Drukair Royal Bhutan, FastJet, Felix Airways, Fly540, Garuda Indonesia, JetStar Pacific, LAM, Libyan Airlines, Nauru Airlines, Orient Thai Airlines, Polynesian Airlines, Scat, Somon Air, Tajik Air

Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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MANAGEMENT

Die geborene Gastgeberin JULIA TOBLER Die jüngste Hoteldirektorin der Schweiz heisst seit Anfang Jahr Julia Tobler. Für ihren Mut, das 105-jährige Hotel ihrer Eltern zu übernehmen, erntete die 23-Jährige jedoch nicht nur Komplimente, sondern auch Kritik. Davon lässt sie sich nicht einschüchtern und führt das Hotel Tobler mit viel Verve, Charme und Stolz. TEXT A N O U K A R B E N Z

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as Hotel Tobler liegt am Fusse des Monte Verità im Herzen Asconas. Der Hügel war im 20. Jahrhundert ein bekannter Treffpunkt von Reformern, Künstlern, Schriftstellern und Anhängern unterschiedlicher alternativer Bewegungen. Wenige Meter entfernt schimmert die einladende Oberfläche des Lago Maggiore. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1911 hat sich viel verändert. In den letzten 15 Jahren haben die Eigner stark in das Vier-Sterne-Hotel investiert: Auf insgesamt 10 000 Quadratmetern mit 33 Hotelzimmern, einem Aussenschwimmbad, dem Restaurant «Tre Palme» inklusive Terrasse, einem «Panoramaraum» und einem Wellnessbereich mit römischem Bad bietet das traditionsreiche Haus seinen Gästen alles, was das Herz begehrt. Familien vergnügen sich am Pool, ein Hochzeitspaar geniesst die wunderbare Aussicht auf dem Balkon, eine ältere Dame und ihre Freundin gönnen sich eine Massage und ein in die Jahre gekommenes Paar aus der Ostschweiz spaziert mit seinem Hund in der zum Hotel dazugehörigen Parkanlage und betrachtet im Gewächshaus exotische Pflanzen, Orchideen und Zitrusbäume. Mittendrin ist Hoteldirektorin Julia Tobler gerade dabei, ihren Mitarbeitenden Anweisungen für ein bevorstehendes Candle-Light-Dinner zu geben, das sich ein Gästepaar gewünscht hat. Das Hotel Tobler wird von der 23-Jährigen bereits in der vierten Generation geführt. Im Januar 2016 überliessen Walter und Marianne Tobler ihrer Tochter, einer diplomierten HôtelièreRestauratrice, die Direktion ihres Schmuckstücks. Die Herausforderung hat Julia Tobler gerne angenommen und setzt nun alles daran, in deren Fussstapfen zu treten – und eigene Spuren zu hinterlassen. HAUS MIT CHARME UND TRADITION Julia Tobler geniesst es, am Anfang eines Tages nie so genau zu wissen, was sie erwartet. Da sie abwechselnd in die unterschied46

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MANAGERIN MIT KÄMPFERNATUR Schon als Jugendliche hatte Julia Tobler den mutigen Entscheid gefasst, einmal das Hotel ihrer Eltern zu übernehmen. «Ich wollte seit jeher mein eigener Herr respektive meine eigene Frau im Haus sein. Auch wenn dies bedeutet, grosse Risiken und Verantwortung zu tragen.» Tobler sei sich bewusst, dass sie Glück hat, einen Familienbetrieb übernehmen zu dürfen. «Viele Menschen sehen aber nicht, was dazugehört, dieses erfolgreich weiterzuführen und wenn möglich einen grossen Schritt vorwärts zu bringen.» Es sei nicht einfach gewesen, sich in der Tourismusbranche zu behaupten. «Man steht unter grossem Druck.» Dennoch fühle sie sich «VIELE UNTERSTÜTZEN DIE IDEE, DASS EINE ihren Aufgaben gewachsen und sei diese immer positiv angeJUGENDLICHE HAND DAS RUDER ÜBERNIMMT gangen. Bei Unsicherheiten höre sie auf ihr Bauchgefühl. Zudem UND DEN WILLEN ZEIGT, ETWAS IN DIESER könne sie in schwierigen ZeiBRANCHE ZU BEWEGEN.» ten auf die Stütze ihrer Eltern zählen: «Ich profitiere von ihrer Erfahrung und lasse mich bei Zweifeln von Das Hotel Tobler ist praktisch ihr Zuhause. ihnen beraten.» Die Reaktionen auf die junge «Das Hotel besitzt eine Seele, eine Familie, Hoteldirektorin seien sehr verschieden: «Die die mit Herzblut und Engagement für echte Einen freuen sich für mich, machen mir traditionelle Gastfreundschaft steht.» Viele Komplimente und staunen über meine Entder Gäste seien mittlerweile gute Freunde schlossenheit und meinen Mut. Viele unterder Familie. Und auch sonst sei das Hotel stützen auch die Idee, dass eine jugendliche Tobler kein typisches Vier-Sterne-Hotel: Hand das Ruder übernimmt und den Willen «Wir versuchen, wo es nur geht, eigenstänzeigt, etwas in dieser Branche zu bewegen. dig zu sein. Das Warmwasser für das gesamte Andere hingegen belächeln mich und halHotel wird durch 110 Quadratmeter Solarten es für unmöglich, in diesem Alter eine zellen geheizt. Wir besitzen praktisch keine erfolgreiche Unternehmerin zu sein.» LetzÀ-la-carte-Gerichte mehr, sondern kreieren tere wecken ihren Kampfgeist und bestärktäglich ein reichhaltiges Menü mit den Zutaten sie lediglich darin, sich immer wieder ten, die der Tagesmarkt der Region frisch durchzusetzen: «Ich lasse mich nicht unterhergibt.» Auch die Preispolitik passe sich kriegen.» Schwierig sei es dann, wenn Julia nicht der Konkurrenz an: Das Hotel Tobler Tobler bei den Mitarbeitenden auf Widerhabe einen Grundertragswert, den es nicht stand stosse. «Ein gutes Gespräch kann da unterschreite. Tobler entscheidet damit tägaber meist viel bewirken.» Sich gegenüber lich neu, welche Preisstrategie verfolgt wird. den Mitarbeitenden und langjährigen LiefeDiese sei abhängig von Spezialangeboten, ranten zu behaupten, stellte für Julia Tobler von der Auslastungssituation oder auch vom denn auch die grösste Herausforderung dar, Wetter.

lichen Bereiche des Hotels hineinblickt, gleicht kein Tag dem anderen. Ihr ist es wichtig, genau zu wissen, was im Betrieb vor sich geht: «Allfällige Probleme muss man an der Wurzel bekämpfen.» Das gelinge ihr nur, wenn sie am täglichen Ablauf ihrer Mitarbeitenden teilnehme. So hilft sie am Morgen im Restaurant aus, kreiert selbst Rezepte, kocht – am liebsten mediterran – am Nachmittag in der Küche und arbeitet am Abend im Büro. Julia Tobler ist damit nicht nur Direktorin und «Anzugträgerin», sondern auch HR-Managerin, Buchhalterin, Köchin, Kellnerin und Empfangsmitarbeiterin.


«WIR SIND SELBER SCHULD» Die Tourismusbranche leidet besonders unter dem Frankenschock. Obwohl das Hotel Tobler auf heimische und weniger auf ausländische Gäste setzt, merkt Julia Tobler, dass auch Schweizer Gäste preissensitiver geworden sind. Ferienorte im Ausland seien deshalb ihre grösste Konkurrenz. Die Schuld an der Krise sieht Julia Tobler ganz klar bei den Hotelbetrieben selbst. «Zu lange hat man sich auf den Lorbeeren ausgeruht. Früher kamen die Gäste ständig ins Tessin und die Hoteliers mussten gar nichts dafür tun», konstatiert sie. Der Markt sei übersättigt gewesen, es wurde spekuliert und die wenigsten Hotelbetriebe hätten das nötige Knowhow gehabt, um richtig zu reagieren. «Man kopierte wahllos Preise und Konzepte, um die Konkurrenz zu übertreffen. Man war nicht innovativ, hatte keine Ideen.» Julia Tobler hofft nun, dass die Branche ihren Tiefpunkt erreicht hat und es von nun an bergauf geht. Sie stellt bereits einen Mentalitätswechsel fest: «Viele Betriebe im Tessin sind dabei, sich zu erholen und starten mit neuen Ideen und Projekten in das kommende Jahr.» So auch das Hotel Tobler: 2015 wurde ein neues Konzept für das Restaurant «Tre Palme» vorgestellt und umgesetzt, in der kommenden Saison soll ein komplett neues Küchenkonzept die Gäste begeistern. Auch in den Zimmern wurden Möbel und Böden ersetzt. «Weitere grössere Projekte sind geplant, werden aber noch nicht verraten.» Für Julia Tobler gehe es nun darum, sich glasklar zu positionieren, ein Auge auf offensichtliche und versteckte Kosten zu legen und klug zu investieren. Das Hotel Tobler setzt in erster Linie auf Merkmale, Werte und Arrangements, die einmalig und schwer zu kopieren sind. Beispielsweise die Lage des Hotels, die persönliche und familiäre Betreuung oder spezielle Produkte. Das wichtigste für den Erfolg ist jedoch, mit Leidenschaft bei der Sache zu sein, findet Tobler, denn: «Wer diesen Beruf nicht von Herzen liebt, hat schlechte Karten, um weiterzukommen.» Die jüngste Hoteldirektorin der Schweiz blickt zuversichtlich in die Zukunft und betont: «Das Tessin hat sehr viel zu bieten! Wir müssen uns einfach mehr anstrengen.»

Bild: zVg

als sie Anfang Jahr die Hoteldirektion übernahm. Erleichterung und Freude trat bei der 23-Jährigen ein, als sie schliesslich nach dem Sesselwechsel zum ersten Mal die Umsatzzahlen sah: «Neben der unglaublichen Motivation gewisser Mitarbeitender war das für mich das grösste Highlight.»


BAU & ARCHITEKTUR

Gut geplant ist halb gebaut DER MASTERPLAN Bei einem Bauprojekt auf einem grösseren Areal ist die Bebauung des freien Geländes meist noch nicht festgelegt. Ein Masterplan integriert das konkrete Projekt in ein Gesamtkonzept. Die Arealentwicklung Rütistrasse in Wädenswil des Architekturbüros HZDS zeigt dies beispielhaft. TEXT I N È S D E B O E L

Bildquellen: zVg

BAUFELD 3

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BAUFELD 2

Vorher das Logistikzentrum der Post, jetzt Migros-Fachmarkt: Dank Masterplan konnten die Architekten die Konzeption und Geometrie des bestehenden Gebäudes weiterführen. Das Logistikzentrum der Post hat im Baufeld 5 (oben rechts) eine neue Heimat gefunden. Auch dort sind jederzeit Erweiterungen möglich.

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chöne und nachhaltige Gewerbegebäude für das 21. Jahrhundert zu gestalten, begreift das Architekturbüro HZDS als Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Damit die Realisierung eines Gebäudes oder die Bebauung eines ganzen Areals gelingt, müssen freilich alle – vom Architekten über den Bauherrn bis hin zu den Handwerkern und Behörden – an einem Strang ziehen. Hier können und sollten Architekten wichtige Impulsgeber sein. 48

UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

BAUEN ALS GRETCHENFRAGE Für jeden ist klar: Ein Gebäude, das heute entworfen und gebaut wird, überdauert die Lebenszeit eines Menschen. So ist für den ökologisch bauenden Architekten von vornherein klar, dass sein Gebäude offen für Veränderungen und neue Nutzungen sein muss. Für den Architekten Heinz Zimmermann lautet daher die zentrale Frage zu Beginn eines Projekts: Soll man überhaupt bauen, und wenn ja, wieviel? «Das ist auch die Gretchenfrage, wenn Sie ökologisch bauen wol-

len», betont Heinz Zimmermann. Mit dieser Frage wird geprüft, ob die Bedürfnisse des Kunden nicht mit organisatorischen Mitteln gelöst werden können – etwa mit veränderten Abläufen. Wenn gebaut werden muss, dient jeweils ein Masterplan als Grundlage. Er soll die Erarbeitung und Koordination von späteren Gestaltungsplänen unterstützen. Am Beispiel der Arealentwicklung Rütistrasse Wädenswil wird aufgezeigt, warum ein Masterplan wichtig ist und welchen Herausforderungen


Bilder: zVg

BAUFELD 5

BAUFELD 4

HZDS AG ARCHITEKTUR FÜR DIE ARBEITSWELT HZDS sind Architekten und Generalplaner. Die Initialen stehen für Heinz Zimmermann und David Sigrist, die beide Gründer des Architekturbüros sind. Das Team mit zwölf Mitarbeitenden plant und realisiert Bauten für die Arbeitswelt, die nachhaltig, funktionell und schön sind. www.hzds.ch

sich die Architekten und Planer des Generalplaners HZDS bei der Planung einer langfristigen Entwicklung stellen müssen. MASTERPLAN ALS VORTEIL Ursprünglich ein Begriff aus der Stadtplanung, bedeutet der Masterplan immer eine Langzeitplanung, die für alle Beteiligten sicherstellt, dass es keine Fehlinvestitionen, aber viel Handlungsfreiheit gibt. «Bei unse-

ren Industrie- und Gewerbebauten geht es darum: Wie können wir die Infrastrukturen organisieren und Baufelder in Grösse und Lage festlegen?», erklärt Heinz Zimmermann. Es gehe im Kern nicht darum, einfach ein Gebäude hinzubauen, und es drei Jahre später wieder abreissen zu müssen. Sondern es müsse eine Konzeption entwickelt werden, die künftige Veränderungen zulässt, auch wenn die Nutzung noch nicht feststeht. Bei der Arealentwicklung Wädenswil stand die Ausgestaltung der Industriezone Obere Rüti anfangs noch gar nicht fest. Die Planer von HZDS entwickelten daher einen Masterplan als wegleitendes und übergeordnetes Steuerungselement für das gesamte Areal. Er dient als Zielvorgabe und gibt die Rahmenbedingungen für die gesamte Entwicklung und alle darin entstehenden Einzelprojekte vor. Das heisst konkret, dass die gesamte Infrastruktur wie Strassen und Leitungen für Strom, Wasser, Abwasser etc. sowie alle einzelnen Bauten in ein Gesamtkonzept passen. Dass jede Bauetappe des Areals dabei ein Teil des jeweiligen Endzustands ist, erweist sich als grosser Vorteil. Einerseits werden eventuelle spätere Erweiterungen oder Umbauten nicht durch andere Gebäude eingeschränkt. Andererseits kann die Bauherrschaft jederzeit frei entscheiden, wann einzelne Bauetappen umgesetzt werden. So sah die erste Etappe des Masterplans für die Arealentwicklung Wädenswil den Bau eines multifunktionalen Gewerbegebäudes vor, das aber erweiterbar sein sollte. LANGLEBIG BEDEUTET NACHHALTIG Eine vorausschauende Planung sei gleichzeitig auch die Verknüpfung zum ökologischen Bauen, denn es gehe darum, langlebige Gebäude zu schaffen, erklärt Zimmermann. HZDS führen den Masterplan stets in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und Bauherrn aus. Er ist ein verbindliches Planungsinstrument, lässt den Bauherren und Architekten aber entsprechenden Gestaltungspielraum und somit Handlungsfreiheit. Die Bauherrschaft profitiert auch in finanzieller Hinsicht, da sie Dank des Masterplans nur bauen muss, was zwingend notwendig ist. Voraussetzung dafür ist eine Firmenstrategie, respektive eine Entwicklungsstrategie. In einem zweiten Schritt sei dann für den Architekten zentral, eine dreidimensionale Baugeometrie zu entwickeln, die vom Bauvolumen bis zur Treppenstufe alle Bauteile in einem System umfasst. Auch in Wädenswil wurden von Anfang an Baufelder festgelegt, die unabhängig voneinander bebaubar sind. Es wurden verschiedene Varianten entwickelt, die hinsichtlich

Potenzial und Rentabilität geprüft wurden. «Die dreidimensionale Geometrie geht bei uns so weit, dass man auch nach Jahren Bauteile entfernen oder umplazieren kann. Man muss nicht alles zerstören, sondern kann einfach anpassen», erklärt Heinz Zimmermann und ergänzt: «Wenn man derart systematisch an die Entwicklung von Gebäuden herangeht, dann ist das auch nachhaltig.» Für Zimmermann ist der Masterplan in Verbindung mit der Baugeometrie daher ein Element des ökologischen Bauens: «Ökologisches Bauen ist also kein Mehraufwand.» VERÄNDERUNGEN ERMÖGLICHEN Bei der Realisierung des Masterplans müssen sich die Architekten grundsätzlich zwei grossen Herausforderungen stellen: Oft müssen die Planer während der Ausarbeitung und Umsetzung des Masterplans mit plötzlichen Veränderungen auf Seiten der Auftraggeber rechnen wie etwa dem Verkauf oder des Zukaufs von Firmenteilen. Eine weitere Schwierigkeit liegt auf Gemeindeseite. «Die Gemeinde ändert die Bau- und Zonenordnung oder kantonale Richtpläne werden geändert. Plötzlich wird eine Strasse durch die Liegenschaft geplant, das ist dann für uns als Planer eine Knacknuss», erläutert Zimmermann. Dies sei auch in Wädenswil passiert, als sich plötzlich die Gemeinde gemeldet hätte, weil sie in der Industriezone eine Strasse verlegen wollte. Daher ist es wichtig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und Lösungen schon im Vorfeld erkannt werden. Veränderungen können dann zusammen aufgenommen und in den Masterplan integriert werden. Hinsichtlich der Arealentwicklung Wädenswil kam der Bauherrschaft die vorausschauende Planung des Architektenteams in der weiteren Etappe zugute. Für den Migros-Fachmarkt wurde das bestehende Logistikzentrum umgebaut und erweitert. Das Logistikzentrum der Post wurde in ein anderes Baufeld verlegt. Dessen Lage wurde so festgelegt, dass eine künftige Erweiterung des Fachmarktes ohne Einschränkungen möglich bleibt. Das Erdgeschoss des Fachmarktes hat dann die gleiche Höhenlage wie das Obergeschoss des Logistikzentrums. «Wenn Sie den Bau verlängern wollten, müssen sie auf der anderen Seite nichts zerstören», sagt Zimmermann. Der Fachmarkt punktet mit einer attraktiven und einladenden Erscheinung und trägt mit seiner Transparenz viel Licht in den Innenraum. Auch der Auftritt des Gebäudes zur Hauptstrasse hin ist gelungen. Und so ist ein flexibler und langlebiger Bau entstanden, der sämtliche Raumunterteilungen zulässt. Mit anderen Worten: Es wurde ein nachhaltiges Gebäude geschaffen. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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UNTERNEHMEN

Initiant Andreas Troxler (l.) und Geschäftsführer Manuel Lichtsteiner in einer der Räumlichkeiten der Kreativfabrik 62.

Richtig spacig hier COWORKING SPACES Am Sempachersee weht seit April ein innovativer Wind. Andreas Troxler hat mit der Kreativfabrik 62 die Zukunft des Arbeitens aufs Land geholt. Dort können Kreative, Startups oder Pendler in grossen, offenen Räumen von einem anregenden Umfeld und gegenseitigen Austausch profitieren – Blick ins Grüne inklusive. TEXT I N È S D E B O E L

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n der Schweiz sind flexible Arbeitsformen – dank der technischen Möglichkeiten – auf dem Vormarsch. Trotzdem herrscht nach wie vor das gängige Büroarbeitsmodell. Hohe Mietpreise in den Innenstädten machen Coworking zu einer lohnenden Alternative für Startups, Freelancer oder Pendler. In Coworking Spaces lassen sich darüber hinaus wertvolle Kontakte in einer angenehmen Atmosphäre knüpfen. Wer mal anders tagen oder nicht mehr alleine arbeiten möchte, muss dafür aber nicht mehr zwingend in die Stadt pendeln. Denn «smart Arbeiten» ist für kreative, innovative Coworker seit April 2016 in der Kreativfabrik 62 möglich. Das von Andreas Troxler initiierte Startup und Innovationszentrum im luzernischen Oberkirch bei Sursee hat den Anspruch, das grösste Coworking Center in der Zentralschweiz zu werden. Der erste Eindruck über50

UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

zeugt: Coworking Spaces, Eventräume und Sitzungszimmer mit Blick auf die umliegenden Wiesen, aber auch eine grosse Sofaecke als Open Space, eine Küche und sogar eine Tischtennisplatte für kreative Pausen bieten Coworkern alles, was das Herz begehrt. AUSBRUCH AUS DEM ARBEITSALLTAG Natürlich sei Coworking ein städtisches Konzept, das man versuche auf dem Land zu adaptieren, meint Troxler. Auf die Idee, ein Innovations- und Kreativzentrum zu gründen, sei er aber durch seine eigene Designagentur gekommen. Bei der Entwicklung von TV-Spots und anderen Werbemitteln für Kunden setzt er sich immer wieder eingehend mit Kreativität und Innovation auseinander. Für ihn ist klar, was es in einer Welt braucht, die digitaler wird und somit neue Geschäftsmodelle generiert: «Wir haben hier ein neuartiges Raumkonzept, denn wir

haben einen offenen Arbeitsbereich, den wir an einen Eventbereich und Sitzungsräume gekoppelt haben», erläutert Troxler. Da die Kreativfabrik 62 eine Business Incubator Funktion in der Region übernimmt, wird sie auch kantonal gefördert. Andreas Troxler ist fest davon überzeugt, dass die Kreativfabrik 62 allein schon aus der gesellschaftlichen Entwicklung heraus ein tragfähiges Zukunftsmodell ist. Denn es gebe immer mehr Leute, die selbständig seien und genau so eine Infrastruktur suchten und nutzten, weil sie ortsunabhängig sein wollten. Auch der Trend, dass Firmen neue Arbeitsmodelle verstärkt fördern, lässt die Nachfrage nach Coworking und Open Office kontinuierlich steigen. WIE PILZE AUS DEM BODEN In der Schweiz gibt es derzeit einen ausgesprochenen Boom an Coworking Spaces, die


tieren und so einen Mehrwert schaffen kann», betont Troxler. Aus dem gleichen Gedanken heraus hat Andreas Troxler 2013 das Wirtschaftspodium ins Leben gerufen. Er spürt, dass es in einem wirtschaftlich florierenden Raum noch Potenzial für neue Bedürfnisse gibt. Mit dem Podium will er eine gemeinsame Plattform schaffen und die lokale Wirtschaft noch besser vernetzen.

Bilder: zVg

KREATIVFABRIK 62 GMBH Die Kreativfabrik 62 in Oberkirch bei Sursee ist ein Zentrum für Startup- und Innovationsförderung auf einer Fläche von 500 Quadratmetern. Sie ist eine Initiative des Büro Troxler in Zusammenarbeit mit der Louvag AG, der Wirtschaftsförderung Luzern und dem RAWI Kanton Luzern. Geschäftsführer ist Manuel Lichtsteiner. www.kf62.ch, www.buerotroxler.ch

wie Pilze aus dem Boden schiessen. Jeder sollte die Möglichkeit nutzen, in der Community spannende Leute zu treffen und neue Ideen auszutauschen. Auch wenn man derzeit immer noch um Home Office kämpfen müsse, rät Andreas Troxler Angestellten, Coworking oder das Verlegen von Home Office in ein Coworking Space beim Arbeitgeber einzufordern. «In Studien hat man nachgewiesen, dass in diesen Räumlichkeiten Innovation geschaffen wird», ergänzt er. Dieser Mehrwert bestehe in erster Linie im Austausch und im Vernetzen mit anderen Unternehmen. Troxler ist sich sicher, dass es gerade im Zeitalter der Digitalisierung immer noch persönliche Begegnungen braucht, damit Innovation entstehen kann. Dabei kann Coworking eine entscheidende Rolle spielen. Troxler will speziell Pendler gewinnen, die mindestens eine Stunde Arbeitsweg haben. Um die Kreativfabrik 62 in der Region noch bekannter zu machen, tritt er daher gezielt an Unternehmen heran, um für Home Office und neue Arbeitsmodelle zu werben. Zurzeit läuft vor allem viel über Mundpropa-

ganda. Einige Pendler, die ihr Home Office hierher verlegen, arbeiten bereits regelmässig im Coworking Space der Kreativfabrik 62. «Der klassische Coworker ist 35 Jahre alt und selbständig. Unsere Kundschaft ist von der Altersstruktur her um die 30 Jahre und älter. Wir haben auch Geschäftsführer, die sich selbständig gemacht haben», führt Manuel Lichtsteiner aus. Hinsichtlich der Berufsbranche ist alles «querbeet» vertreten: So arbeiten hier zurzeit Leute aus dem Bereich Architektur, Versicherungen, Verkauf und Übersetzen, aber auch eine Raumgestalterin sowie ein Anwalt nutzen die moderne Infrastruktur des Innovationszentrums. KREATIVE KÖPFE UND QUERDENKER ERWÜNSCHT Im Gegensatz zu anderen Coworking Spaces möchte Andreas Troxler mit der Kreativfabrik 62 zusätzliche Leistungen – in der Art eines All-Inclusive-Pakets – anbieten. Einen Schritt in diese Richtung hat er mit den Ideenworkshops für Firmen und der Gründung des hauseigenen «Unternehmerclubs» gemacht. An der Mittagsveranstaltung «3x30» werden Trends aus Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet. Kürzlich hat Peter Studer, CEO der Sihl Papier AG in Bern, zum Thema «Change Management» erläutert, wie es gelingen kann, sich vom reinen Produzenten zum Dienstleistungsanbieter zu entwickeln. Am Abend finden Vorträge in ungezwungener Atmosphäre statt. Unternehmensgeschichten wie die des «Caribbean Village», welches neben der Surfschule Events am Sempachersee durchführt, sollen neue Ideen fördern. «Wichtig ist, dass man inspiriert wird und neue Einsichten gewinnt, die man auf das eigene Unternehmen adap-

VORTEIL KINDERTAGESSTÄTTE Austausch findet nicht nur innerhalb der Coworking Spaces statt. Eine gute Vernetzung hat die Kreativfabrik 62 mit dem Neubad, einem früheren Hallenbad in Luzern, welches nun ein Coworking Space beherbergt. Auch bei Coworking Schweiz, dem nationalen Verein, der alle fünfzig Coworking Spaces in der Schweiz vereint, ist Andreas Troxler dabei. Natürlich schaut man sich ebenfalls die Entwicklung in anderen Ländern an. Geschäftsführer Manuel Lichtsteiner hat soeben London besucht, wo man in Sachen Coworking europaweit führend ist. Der Trend sei von dort aus nach Berlin geschwappt und dann in die Schweiz gekommen. Genf und Zürich sind hier die Hotspots. Im Vergleich zu Anderen kann die Kreativfabrik 62 mit einem Vorzug punkten: «Wir haben den Vorteil, dass wir nebenan eine Kindertagestätte haben. Dort kann man sein Kind betreuen lassen und angrenzend arbeiten. Und wenn was wäre, ist man gleich in der Nähe.» Dieser Umstand wird nun auch von Coworking Schweiz gefördert. FLEXIBLE ARBEITSPLÄTZE FÜR DIE ZUKUNFT Neue Arbeitsmodelle werden zwar durch den Trend in Richtung Digitalisierung gefördert, da immer mehr Leute als Einzelunternehmer tätig sind. Aber das reicht nicht, bemerkt Andreas Troxler. Er befürchtet, dass viele Schweizer Unternehmen das Potenzial von Coworking langfristig nicht erkennen werden. Obwohl die Schweiz weltweit noch immer das innovativste Land ist, sei die Bereitschaft von Schweizer Unternehmen, den Open-Source-Gedanken vorzuleben, noch zu wenig ausgeprägt. Sicherheit und konservatives Denken bergten das Risiko, die rasante Entwicklung in diesem Bereich zu verpassen, bedenkt er. Dabei sei es enorm wichtig, seine Ideen mit anderen Menschen auszutauschen. «In einer Welt, die immer mehr austauschbare Produkte erzeugt, muss Kreativität einfliessen, damit ein Unternehmen innovativ bleibt», bekräftigt Troxler. Zugleich ist der Initiant der Kreativfabrik 62 überzeugt, dass reine Coworking Spaces in zwanzig Jahren zum fixem Bild unserer Gesellschaft gehören werden. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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PIONIERE

«Munti» macht’s vor MARIE HEIM-VÖGTLIN Sie war die erste «Frau Doktor» der Schweiz und erste Frauenärztin Europas. Sie schrieb ein Stück Frauengeschichte, indem sie sich für das Recht der Frauen auf Bildung einsetzte. Nachfolgenden Generationen erleichterte sie damit den Zugang zu Studium und Beruf. Marie Heim-Vögtlin – ein Portrait. TEXT A N O U K A R B E N Z

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hr Kampf um eine Ausbildung zur Ärztin machte sie zu einer Pionierin, ihr Können und ihre Hilfsbereitschaft in ganz Europa zur Berühmtheit. Vom Traum zur geschichtsträchtigen Wirklichkeit: Marie Heim-Vögtlins steiniger Weg zum medizinischen Doktortitel. MARIE WILL WEISSEN KITTEL Marie Vögtlin wurde 1845 in Bölzen im Kanton Aargau geboren. Als in ihr der Wunsch erwachte, Ärztin zu werden, war es Mädchen in ihrem Heimatkanton noch nicht mal erlaubt, zum Gymnasium zu gehen. Marie wurde daher privat von ihrem Vater – einem Pfarrer – zu Hause unterrichtet. Eine mögliche Inspiration für das junge Mädchen könnte ihre Tante Rosa gewesen sein, die einen Staatsarzt geheiratet hatte und damals ihr eigenes Kinderspital gründete. Andere Quellen gehen davon aus, dass Maries Medizintraum aus Eifersucht erwachte: Ihr Verlobter und Cousin Friedrich Erismann liess sie sitzen, als er sich während seines Medizinstudiums in Zürich in die Russin Nadjeschda Suslowa verliebte. Suslowa studierte ebenfalls an der Universität Zürich und war 1867 die erste Frau weltweit, die an einer Universität promovierte. Es ist denkbar, dass Marie Vögtlins Ehrgeiz durch die Rivalin geweckt wurde. Sie lernte schliesslich den um vier Jahre jüngeren Geologie-Professor Albert Heim kennen. Vielleicht die bessere Partie, denn auch er wollte hoch hinaus: 1898 sollte Albert Heim der erste Mann sein, der mit einem Heissluftballon die Alpen überquerte. Die beiden heirateten im Jahr 1875, sieben Jahre später folgte das erste von zwei Kindern. MARIE BRINGT ROLLENBILD INS WANKEN In der Zwischenzeit begann Marie HeimVögtlin ihr Medizinstudium im Alter von 52

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EINE EHRENHAFTE FRAU DER MARIE HEIM-VÖGTLIN-BEITRAG Seit dem Jahr 1991 werden durch den Schweizerischen Nationalfonds zu Ehren von Marie Heim-Vögtlin Beiträge an Wissenschaftlerinnen vergeben, deren Karriere wegen familiärer Umstände verzögert wird, um damit deren Chancen auf eine wissenschaftliche Laufbahn erhalten zu können. Zudem wird jährlich der MHV-Preis im Wert von 25 000 Franken an MHV-Beitragsempfängerinnen vergeben, die durch aussergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen und/oder eine beeindruckende Karriereentwicklung aufgefallen sind. DER DR.-MARIE-HEIM-VÖGTLIN-WEG Die kurze Fusswegverbindung Museumstrasse-Altenburgerstrasse in Brugg im Katon Aargau wurde 1992 nach Marie Heim-Vögtlin benannt. Anwohner nennen ihn der Einfachheit halber auch: den Bindestrichweg. Auch in Zürich beim Stadtspital Triemli und in Bözen wurden Strassen nach ihr benannt. Seit dem 22. Juni 2016 trägt nun auch ein kurzes Wegstück zur Notaufnahme des Kantonsspitals in Aarau ihren Namen: Die «Heim-Vögtlinstrasse».

Anlässlich des hundertjährigen Todestages von Marie HeimVögtlin hat die Schweizerische Post im März 2016 die erste Schweizer Ärztin mit einer Sondermarke geehrt. Die Briefmarke ist erhältlich unter: www.postshop.ch. Bild: zVg/Post CH AG

23 Jahren. Für die Zulassung zum Studium brauchte sie allerdings die Erlaubnis ihres Vaters. Obwohl die Universität Zürich Frauen zum regulären Studium zuliess – als erste Universität Europas –, reagierte die Öffentlichkeit mit Empörung darauf, dass eine Schweizerin studieren wollte. In ihren Augen fehlte Frauen die körperliche Stärke für ein Studium. Marie Heim-Vögtlin belehrte sie

eines Besseren und absolvierte das Medizinstudium erfolgreich. Nach dem Staatsexamen folgte zunächst ein Studienaufenthalt in Dresden, wo sie sich im Fachgebiet Gynäkologie spezialisierte. Pfiffe und lästige Kommentare ihrer männlichen Kommilitonen machten ihr dort das Leben schwer. Schliesslich liessen die Professoren sie jeweils in einem Vorzimmer warten, um gemeinsam mit ihr den


MUTTER, HAUSFRAU UND VOLLBLUT-ÄRZTIN Für die Zulassung ihrer Arztpraxis für Kinder und Frauen war Marie Heim-Vögtlin erneut auf die Hilfe ihres Vaters angewiesen – ein viertes und letztes Mal. Anfangs nur zögerlich besucht, wurde ihre Praxis im Quartier Hottingen immer beliebter. Von regelmässigen Patienten, Bekannten und ihren Kindern wurde Marie für ihre mütterlich-fürsorgliche Art liebevoll «Munti» genannt. Ihr Mann, der zwar damit einverstanden war, dass Marie als Ärztin arbeitete, fühlte sich vernachlässigt: «Ich möchte wahrhaftig selber einmal für einige Tage krank sein, damit meine Frau mich doch pflegen und ich sie sehen und um mich haben könnte!» Maries Ziel war es, alles unter einen Hut zu bringen. Sie wollte nicht, dass ihr Engagement für die Praxis ihren Familienpflichten im Weg stand. Trotz der Mehrfachbelastung engagierte sich Marie Heim-Vögtlin ab 1896 zusätzlich im Gemeinnützigen Frauenverein als Mitglied der Krankenpflegekommission. Zudem veröffentlichte sie zahlreiche Beiträge und Bücher – hauptsächlich zum Thema Kindererziehung und -hygiene – und war in der Abstinenzbewegung aktiv.

Hörsaal zu betreten. Später arbeitete Marie als Assistentin in einer Entbindungsklinik in Dresden, wo sie auch ihre Dissertation «Über den Befund der Genitalien im Wochenbett» schrieb. Für die Zulassung zum Doktorexamen musste Maries Vater erneut ein schriftliches Gesuch stellen. Zudem musste Marie ihre Matur nachreichen. Sie appellierte an den Erziehungsdirektor des Kantons Aargau:

«(...) indem ich Sie erinnere an die grossen Schwierigkeiten, welche einem Mädchen in den Weg treten, das sich eine Bildung zu verschaffen möchte, ähnlich derjenigen, zu deren Erlangung den jungen Männern alle Thüren offen stehen.» Dieser bewilligte daraufhin ihren Antrag. Dann hatte sie es geschafft: 1874 war Marie Heim-Vögtlin die erste Ärztin der Schweiz.

MARIE GRÜNDET EIN FRAUENSPITAL Genau 25 Jahre nachdem Marie ihre Doktorprüfung abgelegt hatte, wurde in Zürich der Grundstein für das von Marie mitbegründete Frauenspital mit angrenzender Pflegerinnenschule gelegt. Das Frauenspital wurde 1901 eröffnet und ausschliesslich von Frauen geführt. Die Kinderstube im Frauenspital führte Marie Heim-Vögtlin bis zu ihrem Tod am 7. November 1916. Marie Heim-Vögtlin war keine Frauenrechtlerin, setzte sich aber ausdrücklich für das Frauenstimmrecht ein. Die Benachteiligung von Frauen in Beruf und Bildung hatte sie am eigenen Leib erlebt. Das Beispiel von Marie Heim-Vögtlin zeigt auch, dass es nicht reicht, wenn sich diskriminierte Gruppen allein gegen die Ungerechtigkeit auflehnen und einsetzen. Ohne die Hilfe von Aussen hätten Frauen traditionelle Gesellschaftsstrukturen nicht aufbrechen können. Marie Heim-Vögtlin war eine Vorzeigefigur, die jedoch ohne die Hilfe ihres Vaters wohl eine völlig andere Karriere eingeschlagen hätte. Um Ärztinnen in Ausbildung und Beruf zu fördern und zu unterstützten, wurde 1922 die «Vereinigung Schweizer Ärztinnen» gegründet, die noch heute unter dem Namen medical women switzerland die Interessen von Medizinstudentinnen, Ärztinnen in Weiterbildung und Ärztinnen aller Fachrichtungen vertritt. www.medicalwomen.ch

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Anstoss zur Veränderung MARCEL DOBLER Vom Drei-Mann-Startup in der Garage zum millionenschweren Grossunternehmen: Marcel Dobler hat mit Digitec das erreicht, was sich viele junge Programmierer kaum erträumen. Heute setzt er sich als Nationalrat für die Förderungen und die Anliegen der kleinen und mittleren Unternehmen ein. INTERVIEW C H R I S T O P H H I L B E R U N D A N O U K A R B E N Z

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elche Hürden Jungunternehmen zu überwinden haben, weiss Marcel Dobler ganz genau. 2001 gründeten er, Oliver Nägeli und Florian Teuteberg mit Digitec ihr eigenes Unternehmen. Schwierigkeiten hatten die drei vor allem bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden. Ein Problem, das noch heute viele Startups beschäftigt – neben den schwierigen Rahmenbedingungen in der Schweiz. Anfang September starteten Sie an den Bob-Starter Schweizermeisterschaften. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis? MARCEL DOBLER Im Zweierbob wurden wir wie erwartet Zweite. Im Viererbob erlitt unser Pilot eine leichte Zerrung und wir mussten abbrechen. Weshalb haben Sie einen zweiten Platz erwartet? Es gibt in der Schweiz ein sehr grosses Leistungsgefälle im Bobsport, zudem hat man es jahrelang nicht geschafft, Nachwuchs nachzuziehen. Wirklich gute Anschieber gibt es wenige in der Schweiz. Haben Sie mit dem Spitzensport bereits vor ihrer unternehmerischen Karriere angefangen? Ich war immer relativ sportlich. Habe mit Fussball angefangen, wusste aber immer, dass ich kein Profisportler werde. Von 2000 bis 2006 habe ich Digitec aufgebaut und mich stark auf das Unternehmen fokussiert. Anfangs habe ich ja sogar selber Kunden bedient. Nach fünf, sechs Jahren waren wir bereits um die hundert Leute. Ich konnte es mir dann so einrichten, dass ich am Nachmittag trainieren konnte. Später habe ich mit Zehnkampf angefangen. Bereits im ersten Jahr wurde ich Dritter an den Schweizermeisterschaften. Mit den Siegen steigt auch die Lust und so trainierte ich fleissig weiter – 2009 wurde ich Schweizermeister im Zehnkampf. Als ich 2014 meine Anteile an der Firma verkaufte, hatte ich wieder mehr Zeit und überlegte mir, 54

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welche Sportart ich in Angriff nehmen könnte. Für Golf war ich noch zu jung (lacht). Ich war immer sehr schnell, aber viel zu schwer, weshalb der Bobsport ideal passte. Ich bin jetzt 35. Man sagt, Spitzensport kann man nur zehn Jahre lang betreiben. Ich habe also noch ein oder zwei Jahre – genau bis zur Olympiade. Viele schaffen den Schritt vom Startup zum Grossunternehmen nicht. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Zunächst muss man sagen: Als wir angefangen haben, dachten wir nie, dass das Unternehmen so gross wird. Der Name Digitec ist im Ausland geschützt, wir konnten deshalb nie ins Ausland expandieren. Wir haben gar nicht daran gedacht, dass es jemals so weit kommen könnte. Ausser unserem ausgeprägten Ehrgeiz, besser als die Konkurrenz zu sein, gibt es in diesem Sinne kein Erfolgsgeheimnis. Wir wurden durch ganz viele Einzelschritte so gross; wir haben ganz viele Male etwas richtig und einige Male auch was falsch gemacht. Wir drei haben uns sehr gut ergänzt und waren genug objektiv, um zu erkennen, was wir gut konnten und was nicht. Es ist schlauer, jemand anders machen zu lassen, was man selber nicht kann.

Oftmals verpasst man es als Jungunternehmen, auch Prozesse mitzuentwickeln. Hatten Sie da Berater oder sind Sie organisch gewachsen? Nein, das war alles organisch. Unser Wettbewerbsvorteil war, dass wir alle sehr technikaffin waren. Im Gegensatz zur Konkurrenz haben wir unsere BusinessSoftware selber programmiert, jede einzelne Zeile Code. Dadurch waren wir in der Lage, alle Prozesse genau auf unsere Bedürfnisse zuzuschneiden und konnten eine hohe Qualität gewährleisten. Aus Fehlern lernten wir schnell und passten das System respektive den Algorithmus entsprechend an. Unser USP war die Rasterung, die es erstmalig erlaubte, aus beispielsweise 200 Notebooks genau die fünf herauszufiltern, die den Kunden interessieren. Dieser findet so genau das, was er sucht. Und heute machen das alle so. Genau. Wir waren jedoch die Ersten. Und wir haben nicht nur das gemacht. Wir haben heute 150 bis 200 Lieferanten elektronisch angebunden, mit Informationen zu Verfügbarkeit und Preisen. Die automatische Preisaktualisierung sagt uns, wo wir einkaufen sollen. Von den ca. 200 000 Produkten

ZUR PERSON Marcel Dobler ist FDP-Nationalrat und Gründungsmitglied der heutigen Digitec Galaxus AG. Nach seiner Lehre in Elektronik und der Berufsmatur begann Dobler sein Studium in Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Technik Rapperswil. Noch während des Studiums gründete er 2001 zusammen mit Oliver Nägeli und Florian Teuteberg das Unternehmen Digitec. Dieses führte Dobler 13 Jahre lang und entwickelte es zum führenden Schweizer Onlineshop mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen Franken. 2006 begann seine sportliche Karriere: 2009 gewann Dobler den Schweizermeistertitel im Zehnkampf, 2012 war er Schweizermeister im Mannschaftsmehrkampf. Zwei Jahre nach Übernahme

von Digitec durch die Migros beendete Marcel Dobler seine Tätigkeit als CEO, verliess das Unternehmen und konzentrierte sich von da an auf seine politische Karriere. Bei den Schweizer Parlamentswahlen von 2015 wurde er in den Nationalrat (FDP) gewählt. Seit 2014 trainiert Dobler als Bobanschieber: Sein Team erreichte an den Europameisterschaften den 16. Platz, an den Weltmeisterschaften den 23. Dieses Jahr gewann er an den Schweizermeisterschaften in St.Moritz die Silbermedialle im Zweierbob und die Goldmedaille im Viererbob. Marcel Dobler und sein Team werden 2018 an den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea teilnehmen.


Was würden Sie rückblickend anders machen? Heute wäre ich viel schneller und würde mehr Risiko eingehen. Wir waren sehr vorsichtig. Was war die grösste Herausforderung beim Aufbau von Digitec? Wir hatten Mühe beim Aufbau des Personals. Es gab Jahre, in denen wir um mehr als 100 Prozent gewachsen sind. Wenn man so schnell wächst, muss man auch viele Leute einstellen. Man hinkt damit immer hinterher. Heute ist das etwas anders mit der Personalplanung. Wir hatten auch Probleme damit, die richtigen Leute zu finden. Es gibt zum Beispiel wenige gute Programmierer auf dem Stellenmarkt. Könnten Sie sich vorstellen, in einem Grossbetrieb zu arbeiten? Ich kann mich sehr gut unterordnen, aber dann brauche ich jemanden, von dem ich etwas lerne und den ich respektiere. Wenn ich mich fragen muss, was ich eigentlich genau dort zu suchen habe, ist das nicht das richtige Unternehmen für mich. Natürlich darf es Reibungen geben. Ich denke, es war auch das Erfolgsgeheimnis von Digitec, dass wir drei so unterschiedlich und selten gleicher Meinung waren. Ich habe über zehn Jahre mit diesen beiden Jungs gearbeitet,

da ist klar, dass es mal Differenzen gibt. Ich habe mehr Zeit mit ihnen verbracht als mit meiner Frau (lacht)! Wie gingen Sie damals mit Konflikten um? Man versucht, den anderen zu überzeugen. Manchmal ist man halt der Unterlegene. Das ist wie in der Politik. Hätte man nie Recht, müsste man sich überlegen, ob man am richtigen Ort ist. Digitec hat es geschafft, viele andere Startups scheitern aber. Wie beurteilen Sie die Rahmen-

bedingungen für Jungunternehmen und KMU in der Schweiz? Wenn man die Rahmenbedingungen der Fintech-Szene hier mit denen in England vergleicht, ist das wie Tag und Nacht. Um eine Banklizenz zu erhalten, braucht man in der Schweiz mindestens 20 Millionen Franken. In England ist man bei einer Million mit dabei. Oder die Arbeitsbewilligungen: Neulich kam ein extrem innovatives ETHSpin-Off auf mich zu, das Schwierigkeiten bekommt, weil ihr amerikanischer Kollege in der Schweiz keine Bewilligung erhält. So kommt man einfach nicht weiter. Was müsste man konkret tun, um Startups und Gründertum in der Schweiz zu fördern? Ich könnte mir einen liberaleren Ansatz der Idee des Zukunftsfonds Schweiz vorstellen; dass ich als Marcel Dobler auf dem Pensionskassenausweis sagen könnte: Ich will, dass 0.5 Prozent meiner Altersvorsorge in nachhaltige Projekte oder in Schweizer Startups investiert werden. Das macht natürlich erst Sinn, wenn ein gewisses Volumen zusammenkommt, aber es könnte viel verändern und ist weit nachhaltiger, als Schulden von anderen Ländern zu kaufen. Könnten Sie sich vorstellen, selbst wieder etwas Neues aufzubauen? Ich habe viele Ideen. Zwei Wochen, nachdem ich bei Digitec aufgehört habe, kam bereits jemand mit einer super Idee auf mich zu. Dann habe ich aber schweren Herzens abgelehnt. Ich sagte mir: «Ich kann nicht nach 15 Jahren bei Digitec nach zwei Wochen schon wieder anfangen. Jetzt muss ich erst einmal Pause machen.» Zudem hatte ich durch den Aktionärbindungsver-

Bilder: zVg

im Sortiment werden fast alle automatisch durch das System eingekauft.

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trag ein zweijähriges Konkurrenzverbot. Ich entschied mich, etwas komplett anderes zu machen und in die Politik zu gehen. Sie haben Ihr Studium in Wirtschaftsinformatik nach Ihrer Zeit bei Digitec nachgeholt. Wie war das, in einem Hörsaal zu sitzen, in dem jeder weiss, dass man bereits ein Millionen-Unternehmen aufgebaut hat? Die Leute wussten das gar nicht. Dadurch, dass ich nur einzelne Fächer nachholen musste, war ich gar nicht in einer festen Klasse. Ich habe mich dann eher zurückgehalten, als dass ich verraten hätte, dass ich bereits ein Unternehmen erfolgreich gegründet und geführt habe.

miniert, denen wirtschaftliche Prozesse fremd sind.» Müsste man mehr unternehmerisch denkende Leute ins Parlament holen, und kann man das überhaupt? Ich als Unternehmer, der sich seiner Firma gegenüber verpflichtet fühlte und sich mit ihr identifizierte, wäre nie auf die Idee gekommen, gleichzeitig in die Politik zu gehen. Das wurde erst möglich, als ich mich komplett gelöst hatte. Das heisst aber, dass nur eine kleine Gruppe von Unternehmern es sich leisten kann, in die Politik zu gehen. Die Gruppe wird sogar noch kleiner, wenn man diese nach geeigneten Kandidaten durchsiebt, die auch den richtigen Charakter dafür haben. Die meisten Unternehmer wollen etwas bewegen. Das langsame politische System ist mit dieser Charaktereigenschaft eines Unternehmers nicht gerade kompati-

ist, heisst das noch lange nicht, dass der irgendwas zu sagen hat oder irgendetwas macht. Ich persönlich habe vor allem vom FC-Nationalrat profitieren können. Es gibt unendlich viele parlamentarische Anlässe, die ich Inzucht-Veranstaltungen nenne, weil sich dort immer die gleichen Leute treffen. Man kann dort gar nicht parteiübergreifend Kontakt knüpfen. Die besseren Anlässe sind jene wie der FC-Nationalrat oder der TabakClub, da ist von links bis rechts alles dabei. Dort kann man auch unkompliziert auf einander zugehen und fragen, ob sie dir ihren Standpunkt bei einem umstrittenen Thema noch einmal erklären könnten. Man trägt auf eine Art unterschiedliche Hüte: Humorvoll und respektvoll auf dem Rasen, aber ernst und stur vor dem Rednerpult.

Was hätten Sie Ihren Mitstudenten damals geraten? Das hängt ein bisschen mit der Frage zusammen: Worüber können Sie sich aufregen? Warum gibt es Unternehmen, die Erfolg haben, Über die Bauernlobby. Bauern machen und andere, die scheitern? lediglich 0.7 Prozent Auf der einen Seite ist es des BIP aus, gewinnen schlichtweg Glück: Timing aber jede Abstimmung. und Businessmodell müsÜberall muss man nun sen stimmen. Das Entscheisparen: In der Bildung, dende aber sind die Menbei der Sicherheit etc. schen. Du musst dich Alle müssen sparen, nur selber richtig einschätzen die Bauern nicht. Der können: Wo bin ich stark, Witz ist: Zwei bis drei wo bin ich schwach? Was Prozent der Bauernbekann ich, wo brauche ich triebe schliessen pro Hilfe? Wenn jemand das Jahr. Und doch geben Gefühl hat, er kann alles, wir immer gleich viel ist das eine riesige Gefahr Geld aus, dabei müsste für das Unternehmen. Was man diese zwei bis drei «MEIN TIPP AN JUNGUNTERNEHMER: DU ich extrem wertvoll fände Prozent sparen können. für die Schweiz, ist eine Die Bauern würden MUSST DICH SELBER RICHTIG EINSCHÄTZEN gute Fehlerkultur. Wenn immer noch gleich viel man mit zehn Leuten am Geld erhalten. Das war KÖNNEN. DU MUSST WISSEN, WO DU STARK Tisch sitzt und die Hälfte der Vorschlag von Ueli BIST UND WO DU HILFE BRAUCHST.» hat Angst, etwas zu sagen, Maurer, der mit 14 zu weil es falsch sein könnte, 10 Stimmen abgelehnt ist das Gift für die Zukunft wurde. bel. Die meisten, die in der Politik sind, tun des Unternehmens. Hierarchische Struktudies aus zwei Gründen: Aus Machtanspruch ren verstärken dies. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden oder aus Idealismus. Sie verändern/abschaffen/einführen? Muss man zum Unternehmer geboren sein? Mein Wunsch wäre, dass bei AbstimmunWas ist Ihr Fazit nach drei Sessionen und 250 Ich denke schon. Es gibt viele, die schreiben gen, bei denen es um die Zukunft geht – Tagen im Amt? Berichte und analysieren Alles, aber sie sind beispielsweise das Thema AHV – die ganze Innensicht und Aussensicht sind komplett nicht imstande, dann etwas damit anzufanBevölkerung abstimmen müsste. verschieden. Was die Medien berichten in gen, zu entscheiden, wie es jetzt weitergeht. Bezug auf das Parlament hat zum Teil überAus den Fakten, die man hat, muss man auch Wie geht es nun weiter? haupt keine Relevanz für die Politik. Der Handlungen ableiten. Auch Verhandeln ist Ich habe viele Anfragen, aber ich möchte nur «Skandal» neulich um Roger Köppel und nicht Jedermanns Sache. Man muss den Mut etwas machen, das mich auch wirklich leiSimonetta Sommaruga ist ein gutes Beispiel haben, etwas auszuprobieren und ein gutes denschaftlich packt. Ich kenne Leute, die dafür. Jeder Parlamentarier definiert seine Gespür für den Markt haben. Ein Unternehhaben bis zu zehn Firmenbeteiligungen, sind Rolle selbst. Du kannst in den Kommissiomer muss sehr viel können, muss sozusagen aber nirgends so richtig dabei. Das könnte nen sein und wirklich etwas bewirken oder ein Allrounder sein. ich nicht, ich will aktiv mitgestalten und ein Provokateur sein oder ein Hinterbänk-bestimmen. Ich finde das nicht so befriediler, der gar nichts macht. Nur weil einer Auf Ihrer Webseite sind wir auf folgendes Zitat gend, nur von Aussen zuzusehen. Was ich viel in den Medien ist und ein Provokateur gestossen: «Unser Land wird von Personen domache, mache ich richtig. 56

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Vorbildlich Führen UNTERNEHMENSKULTUR Der Unternehmenskultur kommt in KMU ein immer grösserer Stellenwert zu. Namentlich im Dienstleistungssektor ist ihre Bedeutung gestiegen. Dies zeigt sich nur schon in der Häufung von Aussagen wie «ohni Lüt geit nüt», «die Mitarbeitenden sind unser wichtigstes Kapital» oder: «der Mensch steht bei uns im Zentrum». Doch wie gelingt es, Wertvorstellungen und Denkhaltungen im Unternehmen zu verankern? TEXT M A R C O H I N N I

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as ist unter Unternehmenskultur zu verstehen? Von der Vielzahl der in der Literatur abgehandelten Definitionen bringt es diese auf den Punkt: «Die Unternehmenskultur ist die Gesamtheit der Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen, die das Verhalten der Mitarbeitenden aller Hierarchiestufen und somit das Erscheinungsbild eines Unternehmens prägen.»* TATEN STATT WORTE In einer – idealerweise – heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppe werden gemeinsam Werte erarbeitet, um eine hohe Identifikation und ein ideales Gleichgewicht von Strategie, Struktur und Kultur zu finden. Dabei reicht es aber nicht, vertrauensbildende Wertvorstellungen zu definieren, die wenig konkret bleiben, wie beispielsweise: Fairness, Beständigkeit, Würde, Glaubwürdigkeit, faire Kommunikation usw. Vielversprechender ist der Ansatz, direkt bei der Vision und beim Leitbild – gegebenenfalls auch bei der Strategie – anzusetzen und Grundwerte, Spielregeln, Führungs- und Motivationsgrundsätze, eventuell auch ein «Jahresmotto» zu definieren und diese Grundsätze und Werte anschliessend vorzuleben. GRUNDWERTE: EIN GEBEN UND NEHMEN Das Ziel von Grundwerten ist es, Mitarbeitenden ein grosses Mass an Identität, Geborgenheit und Sicherheit zu bieten. Ein wichtiger Grundsatz eines jeden Unternehmens sollte sein, dass Geben und Nehmen sich die Waage halten. Um Mitarbeitende und das Unternehmen voranzubringen, darf nicht nur gefordert werden, sondern muss auch

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eine aktive Förderung der Mitarbeitenden stattfinden. Grundwerte können auch den Stellenwert von Mitarbeitenden und Kunden festlegen, beispielsweise dass die erbrachte Arbeit höchsten Ansprüchen genügen muss oder dass Mitarbeitende stets zufrieden sein sollen. Konkret könnte da zum Beispiel stehen: Vorgesetzte verlangen von ihren Mitarbeitenden nur, was auch sie selber bereit sind, zu leisten. In Grundwerten wird auch die gesellschaftliche Verantwortung festgelegt: Was schuldet das Unternehmen der Gesellschaft und den Mitarbeitenden? SPIELREGELN: WIE DU MIR, SO ICH DIR Bei den Spielregeln werden hauptsächlich Werte gelistet, die den Umgang miteinander beschreiben sollen. Das schafft Glaubwürdigkeit und fördert die Fähigkeit zu konstruktiver Kritik. Beispiele hierfür sind: Vertrauen, Verlässlichkeit, Respekt, Loyalität, Toleranz, Ehrlichkeit, Anerkennung und Wertschätzung. Auch Verben können hier platziert werden, wie zum Beispiel: mitdenken, nachfragen, zuhören, sich Zeit nehmen, Versprechen und Zusagen einhalten. Ziel von solchen Spielregeln ist es, dass andere so behandelt werden, wie man auch selber behandelt werden möchte. FÜHRUNGSGRUNDSÄTZE: HART ABER FAIR Führungsgrundsätze sollen auf den Grundwerten basieren und den Führungsstil festlegen, sowie Führungstechniken, -aufgaben und -instrumente definieren. Führen heisst, Ziele festzulegen und diese vorzuleben. In den Führungsgrundsätzen kann beispielsweise festgelegt werden: Die Mitarbeitenden fühlen sich als Teil des Ganzen. Sie kennen deshalb auch die Vision und Ziele des Unternehmens und setzen sich auch persönliche

Ziele. In Bezug auf den Führungsstil können Aussagen sein: In Stärken denken, Vertrauen schenken, Verantwortung übertragen, «Siege» ermöglichen. Ein Grundsatz könnte lauten: Wo Angst ist, ist kein Vertrauen – wo Vertrauen ist, ist keine Angst. Ziel ist es, dass sich die Grundwerte in den Führungsgrundsätzen wiederspiegeln. MOTIVATIONSGRUNDSÄTZE: WO EIN WILLE IST, IST AUCH EIN WEG Ein wichtiger Antriebsfaktor im Unternehmen sind gemeinsame, wegweisende Ziele. Aufgaben der Mitarbeitenden sollten vielseitig sein und ihren Stärken entsprechen. Ein populärer Motivationsgrundsatz beziehungsweise eine Voraussetzung ist: MMMM – Man muss Menschen mögen. Das heisst, es ist wichtig, sich für die Befindlichkeiten der Mitarbeitenden zu interessieren und dafür zu sorgen, dass sich diese wohl fühlen. Motivatoren, die Vorgesetzte einbringen können, sind: interessante, sinnstiftende Arbeitsinhalte, Übernehmen von Verantwortung, Chancen für die persönliche Entwicklung, Anerkennung, konstruktive Kritik, Förderung, persönlicher und gemeinsamer Erfolg. Ein weiteres, oft verwendetes Akronym ist EFGILOR: Einheit, Flexibilität, Grenzen überwinden, Identifikation, Leidenschaft, Optimismus, Richtung. LASSEN SIE SICH WAS EINFALLEN Wie gelingt es nun, alle Mitarbeitenden mit diesen Inhalten zu erreichen? Zunächst gilt es, diese Ansätze zu kommunizieren, darüber zu informieren, sie zu erläutern, immer wieder zu repetieren und Mitarbeitende zu überzeugen. Wichtig: Wenn diese Werte nicht von der obersten Etage vorgelebt werden, helfen auch keine Grundsätze, Spielre-


geln und «Jahresmottos» weiter. Sinnvoll ist es, eine Arbeitsgruppe oder ein Projektteam «Internes Marketing» – zusammengestellt aus unterschiedlichen Abteilungen, Funktionen und Hierarchiestufen – mit der Erarbeitung von bestimmten Massnahmen zu betrauen. Diese können sein: Ein Betriebsausflug oder eine Betriebsfeier, ein internes Vorschlagswesen, eine Mitarbeitendenzeitung, Geschenke für Sondereinsätze, eine Prämienkasse, Unterstützung bei der Ausund Weiterbildung, eine gemeinsame Begegnungszone für die Pausen oder ein grosszügiges Dienstaltersgeschenk. Auch witzige Ideen können gut ankommen: Lassen Sie ihre Geschäftsleitung beispielsweise für Ihre Mitarbeitenden kochen! Mitarbeitenden Türen öffnen: Von einer guten Unternehmenskultur können alle profitieren. Denn gemeinsame Wertvorstellungen und wegweisende Ziele bringen alle im Unternehmen voran. Bildquelle: Depositphotos.com/hellokisdottir

EINE AGILE UNTERNEHMENSKULTUR Es braucht viel Zeit, um eine Unternehmenskultur zu verinnerlichen. Das ist kein Schalter, den man betätigen kann, sondern das Ergebnis von langandauernden Prozessen. Die Güte der Unternehmenskultur kann nicht einfach an einem Messinstrument abgelesen werden. Wirkungsvoll ist deshalb eine aktive und regelmässige Überprüfung und Anpassung aller Elemente der Unternehmenskultur. Sobald die Unternehmensstrategie eine neue Richtung einschlägt, muss auch die Unternehmenskultur dementsprechend angepasst werden. Dazu können Soll-/Ist-Vergleiche durch Einholen einer Aussensicht eingesetzt werden. Zweckmässig ist dafür die Befragung der Mitarbeitenden und der Kunden. Es lohnt sich in jedem Fall, viel Zeit in eine «gute» Unternehmenskultur zu investieren. * vgl. Schori Kurt und Roch Andrea, Innovationsmanagement für KMU, 2012

DER AUTOR Marco Hinni ist dipl. Kaufmann HKG (heute HFW), dipl. Marketingleiter, verfügt über einen DAS (Diploma of Advanced Studies) FH in General Management und Unternehmensführung und weist eine langjährige Managementerfahrung im Dienstleistungs- wie im Konsumgüter-Segment auf. Zudem ist Hinni Inhaber und Gründer der hinni unternehmenskulturentwicklung. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind das Coaching und die Moderation von Prozessen im Bereich der Unternehmensführung mit Fokus Unternehmenskultur. marco.hinni@hinni-uke.ch, www.hinni-uke.ch

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Langer Atem zahlt sich aus AKTIENBASIERTE LANGFRISTVERGÜTUNG US-Unternehmen gelten als Vorreiter in Sachen aktienbasierter Vergütung. Mittlerweile vergüten aber auch immer mehr europäische Unternehmen mit Aktien, denn sie realisieren: Aktienbasierte Langfristvergütung und Unternehmenserfolg gehen Hand in Hand. IN TERVIEW I V A N A L E I S E D E R

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n den letzten zwei Jahrzehnten haben sich aktienbasierte Vergütungen weltweit als Standard etabliert. Das gilt nicht nur für das Management, sondern auch für die breite Mitarbeiterschaft. Ihr Zweck ist neben der Steigerung der Motivation und der Verbesserung der Unternehmensergebnisse auch eine verstärkte Identifikation des Managements und der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen. Senior-Managerin der hkp group Schweiz Melanie Wagner und Senior-Partnerin Barbara Seta über die Vorteile, den Hintergrund und die Vorgehensweise bei aktienbasierten Langfristvergütungen. Warum ist die Aktienkultur hierzulande noch nicht so fortgeschritten wie etwa im angelsächsischen Raum? BARBARA SETA Aktienkultur ist eine gesellschaftspolitische Frage, die von den Werten 60

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und Grundeinstellungen der Entscheidungsträger getragen wird. Im angelsächsischen Raum werden zum Beispiel ausgeprägte Individualität und Risikobereitschaft gelebt. Vor diesem Hintergrund wurden hier schon vor Jahrzehnten insbesondere Aktienoptionen zum essentiellen Vergütungsbestandteil des Managements – in den USA zum Teil in groteskem Ausmass speziell bei Aktienoptionen, was auch steuerliche Gründe hatte. MELANIE WAGNER In Grossbritannien sind Aktienoptionen und andere Formen aktienbasierter Vergütung ebenfalls seit langem ein fester Bestandteil einer ausgewogenen Vergütung. Um im Ringen um die besten Talente wettbewerbsfähig zu bleiben, bieten seit den 90er-Jahren aber auch kontinental-europäische Unternehmen ähnliche Pläne an. In Deutschland und Frankreich waren dies ursprünglich fast ausschliesslich Optionen, aber mittlerweile wurden diese grösstenteils

durch Aktienpläne (Restricted Stock oder Restricted Stock Units) abgelöst. Was sind die Gründe dafür, dass Unternehmen auf aktienbasierte Vergütung setzen? BARBARA SETA Das Prinzip ist ebenso simpel wie einleuchtend: Werden Führungskräfte und Mitarbeitende zu Aktionären, denken und handeln sie wie Eigentümer. So werden die Interessen von Aktionären und Management nachhaltig verknüpft, überhöhte Risiken vermieden und Nachhaltigkeit in den Fokus gerückt. Auch unterstützen Aktienvergütungen Unternehmen dabei, Talente zu gewinnen und zu halten sowie marktüblich zu vergüten. Warum sollte aktienbasierte Vergütung langfristig implementiert werden? MELANIE WAGNER Studien wie die Global Equity Insights Survey belegen, dass Unternehmen, die mehr variable und insbeson-


gütung – ein Instrument, das bis 2008 fast keine Rolle gespielt hat. Insgesamt liegt der Anteil der langfristigen Vergütung an der Gesamtvergütung für die Geschäftsleitung in Europa im Schnitt bei 50 Prozent, in den USA bei rund zwei Dritteln. Nur die Schweiz und Grossbritannien nehmen hier mit einem durchschnittlichen Anteil von 60 Prozent eine Sonderstellung ein. dere aktienbasierte Vergütung gewähren und diese Programme auch bis auf untere Hierarchiestufen ausweiten, erfolgreicher sind. Zum Beispiel haben Firmen in der Finanzindustrie, die über aktienbasierte Langfristvergütungen im Top-Management verfügen, in der Finanzkrise ihre Investitionen – vor allem jene in Forschung und Entwicklung – signifikant weniger reduziert als andere. Braucht es denn vor diesem Hintergrund noch kurzfristige Vergütungen? BARBARA SETA Eine ausgewogene Gesamtvergütung für Geschäftsleitungen ist immer eine gute Mischung von kurz- und langfristigen Elementen. So ist in einem dynamischen Unternehmensumfeld eine aussschliesslich

Bildquellen: Depositphotos.com, minervastock, yulan

ZU DEN PERSONEN

Barbara Seta ist Senior-Partnerin und Melanie Wagner Senior-Managerin der hkp group Schweiz. Die hkp ist ein unabhängiges und partnergeführtes internationales Unternehmensberatungsunternehmen mit Fokus auf Performance Management, Talent Management und Vergütung mit Niederlassungen in Frankfurt am Main, Amsterdam, Dordrecht und Zürich. www.hkp.com

langfristige Betrachtung nicht zielführend. Vielmehr ist es notwendig, auch sehr zeitnahe Ziele umzusetzen und effektiv zu vergüten. Welche aktienbasierten Vergütungspläne sind weltweit am häufigsten anzutreffen? MELANIE WAGNER Aktienbasierte Langfristvergütungen gleichen sich weltweit zunehmend an, wobei die in den 90er-Jahren beliebten Aktienoptionen zunehmend durch Aktienpläne, die ein ausgewogeneres Risiko- und Auszahlungsprofil haben, ersetzt wurden. Heute nutzen sowohl US- als auch europäische und Schweizer Unternehmen hauptsächlich Aktienpläne. Performancekriterien sind dabei in Europa noch immer üblicher als in den USA. BARBARA SETA Eine interessante Entwicklung ist, dass aktienbasierte Vergütungsprogramme mittlerweile bei der Mehrheit der globalen Unternehmen durch Aktienhaltevorschriften ergänzt werden. Diese verpflichten Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsorgane, Aktien des eigenen Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum zu halten. Diese sogenannten Stock Ownership Guidelines sind nicht zuletzt auch eine effektive Form der Absicherung für Unternehmen gegenüber zu riskanten oder kurzfristigen Entscheidungen des Managements und stellen sicher, dass die Interessen des Managements auf die der Aktionäre ausgerichtet sind. Gibt es bezüglich aktienbasierten Langfristvergütungen marktspezifische Unterschiede? BARBARA SETA Die aktuelle Marktpraxis ist geprägt von den regulatorischen Eingriffen in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Weltweit wurde in einem noch nie dagewesenen Ausmass in die Ausgestaltung der Vergütung des Top-Managements eingegriffen. Dies führte in Europa zur Einführung von Obergrenzen bei der langfristigen Vergütung, aber auch zu einer Verschiebung des Anteils der kurzfristigen variablen Elementen hin zu langfristigen. MELANIE WAGNER So nutzen in der Schweiz mittlerweile zwei Drittel der Unternehmen mit dem sogenannten «Deferral» – also der in der Auszahlung aufgeschobenen Ver-

Wie hoch ist der Anteil der aktienbasierten Langfristvergütung an der Gesamtvergütung über die Hierarchien hinweg? BARBARA SETA In aller Regel werden die Pläne in den Unternehmen durchgängig angewendet. Die meisten Pläne sind für Geschäftsleitung und nachgelagerte Führungskräfteebenen nahezu identisch ausgestaltet. Für die Vergütung des mittleren und unteren Managements spielt aktienbasierte Langfristvergütung aktuell nur eine geringe Rolle. In der Schweiz wird jedoch auf dieser Ebene mehr aktienbasierte Langfristvergütung gewährt als im europäischen Durchschnitt. MELANIE WAGNER Grundsätzlich gilt: Je höher die Gesamtvergütung, desto höher der variable Vergütungsteil und desto höher der Anteil der langfristigen variablen Vergütung. Würde es sich lohnen, auch Mitarbeitende auf niedrigeren Hierarchiestufen stärker in aktienbasierte Vergütungen einzubeziehen? MELANIE WAGNER Zweifellos. Viele Schweizer Unternehmen verwenden bereits Mitarbeiterbeteiligungspläne, um die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen zu stärken und ihr Engagement zu fördern. Wie kann ein KMU den für es passenden Langfristvergütungsplan entwickeln? Worauf ist hier zu achten? BARBARA SETA Ausgangspunkt sind die zu erreichenden Ziele – aus Sicht des Unternehmens, aber auch unter Berücksichtigung der Interessen der Mitarbeitenden. Daraus sind Eckpunkte wie Laufzeit, Auszahlungsformen, Messgrössen etc. abzuleiten. Wichtig ist, dass bei der Entwicklung des Vergütungsplans die Unternehmenskultur, die strategische Ausrichtung und die anderen Vergütungselemente berücksichtigt werden. Die interne Kommunikation ist dabei ein wichtiger Aspekt. MELANIE WAGNER Des Weiteren müssen auch steuerliche und bilanztechnische Auswirkungen, Einfachheit der Administration sowie gesetzliche Vorgaben berücksichtigt werden. Mit Blick auf die Vielzahl der zu berücksichtigenden Aspekte empfiehlt es sich deshalb, mit externen Spezialisten zusammenzuarbeiten. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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VRPRAXIS

Auf der Agenda FÜHRUNGSKALENDER Es gibt weder eine generell gültige Anzahl VR-Sitzungen noch eine entsprechende Liste zwingender Traktanden. Aufgrund seiner Aufgaben und seiner Sorgfaltspflicht sollte dennoch jeder Verwaltungsrat gewisse Themen regelmässig auf der Agenda haben. Ein Führungskalender legt Sitzungen und Themen zum Voraus verbindlich fest. TEXT S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

VR-AGENDA

Ein Führungskalender stellt sicher, dass Themen und Geschäfte zeitgerecht bearbeitet und entschieden werden. Enthalten sind darin der generelle Sitzungsplan und die jährlichen Themenschwerpunkte. Bild: Pixabay

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ie Anzahl der VR-Sitzungen wird vom Gesetz nicht vorgeschrieben. Sie ist abhängig von der Grösse, Komplexität und aktuellen Situation des Unternehmens. Die überwiegende Meinung geht dahin, dass sich der Verwaltungsrat kleinerer Unternehmen zu mindestens drei bis vier gut vorbereiteten Sitzungen pro Jahr treffen sollte, bei mittleren und grösseren Unternehmen entsprechend mehr. In Krisensituationen muss die Anzahl der Sitzungen gesteigert und der Sitzungsrhythmus gestrafft werden. Es empfiehlt sich, bereits im Spätsommer oder im Herbst die Anzahl und Termine der ordentlichen VR-Sitzungen fürs Folgejahr verbindlich zu fixieren und festzulegen, an welcher Sitzung welche Routinetraktanden behandelt werden. In grösseren Unternehmen können VR-Ausschüsse helfen, die Anzahl VRSitzungen gering zu halten und die Effizienz zu steigern. Ihre Implementierung darf jedoch nicht dazu führen, dass das VR-Gremium nur noch abnickt, was die Ausschüsse vorbereitet haben. Verantwortlich für die Entscheidungen bleibt der Gesamtverwaltungsrat; er muss sich seine Meinung selber bilden.

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AUFGABEN DES VERWALTUNGSRATS Die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats sowie die Vorschriften im Zusammenhang mit der Durchführung der Generalversammlung legen mindestens folgende Sitzungsthemen nahe: Festlegung der Strategie und der Unternehmensziele, Erstellen des Budgets und der Liquiditätsplanung, Ernennung, Abberufung und Kontrolle der GL, Vorbereitung der Generalversammlung (Ort, Zeit, Traktanden, Revision der Jahresrechnung, Geschäftsbericht), Besprechung des vergangenen Geschäftsjahres und Antrag auf die Verwendung des Bilanzgewinns, Umsetzung und Vollzug der GV-Beschlüsse (inkl. Meldungen an das Handelsregisteramt) und die Kontrolle der finanziellen Situation. Dazu kommen weitere Themen wie Risikomanagement, Compliance, Märkte und Produkte, Trends und Entwicklungen, Unternehmens- Share- und Stakeholderinteressen, ICT, Versicherungen, Kommunikation und die Selbstevaluation des Verwaltungsrats. FÜHRUNGSKALENDER UND SITZUNGSRHYTHMUS Ein auf dem Organisationsreglement basierender Führungskalender stellt sicher, dass die periodisch zu behandelnden Themen

Ein Führungskalender könnte allgemein etwa wie folgt aussehen: Januar: Provisorischer Jahresabschluss, Personelles, Bonus der Geschäftsleitung festlegen, Organisation Mai: Definitiver Jahresabschluss, Vorbereitung der Generalversammlung inklusive Revision, Geschäftsbericht und Anträge des VR, Strategie vorgeben September: Provisorisches Budget festlegen, Chancen und Risiken definieren, Produkte und Märkte bestimmen, IT, Terminplanung für das Folgejahr abschliessen November: Prognose Jahresabschluss aufstellen, Budget genehmigen, Zielsetzungen und -kontrolle der Geschäftsleitung, Entschädigungen, Selbstevaluation des Verwaltungsrats

und Geschäfte zeitgerecht bearbeitet und entschieden werden. Er enthält den generellen Sitzungsplan und die jährlichen Themenschwerpunkte. Damit dient er als Grundlage für die Fixierung der konkreten Sitzungsdaten und der jeweiligen Haupttraktanden. Der Führungskalender selber sollte periodisch – zum Beispiel alle drei Jahre – zusammen mit dem Organisationsreglement überprüft und wenn nötig aktualisiert werden. DIE AUTORIN

Stefanie Meier-Gubser ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Instituts für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder (sivg).


VRPRAXIS

Sicher aufbewahrt AKTENAUFBEWAHRUNG Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Geschäftsunterlagen aufzubewahren. Immer häufiger wird dafür die elektronische Lösung gewählt. Dabei müssen verschiedene gesetzliche Vorschriften beachtet werden. TEXT F R A N Z I S K A B U O B

W

er buchführungspflichtig ist, ist nach schweizerischem Obligationenrecht verpflichtet, Geschäftsunterlagen aufzubewahren. Gemäss Art. 957 OR besteht diese Pflicht für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die im letzten Geschäftsjahr einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken erzielt haben, und juristische Personen, insbesondere Aktiengesellschaften und die GmbHs. AUFBEWAHRUNGSDAUER UND -ORT Die Aufbewahrungsdauer beträgt zehn Jahre nach Ablauf eines Geschäftsjahres. Sie sollte sich zudem nach den Verjährungsfristen der Forderungen richten, die mit einem Dokument begründet werden, da aus Dauerschuldverhältnissen wie zum Beispiel Mietverträgen auch nach Ablauf von zehn Jahren noch Forderungen entstehen können. Ausserdem sind

spezialgesetzliche Vorschriften zu beachten, insbesondere im Steuer- und im Sozialversicherungsrecht.Geschäfts- und Revisionsbericht sind schriftlich – in Papierform – und unterzeichnet im Original aufzubewahren. Dasselbe gilt auch für Dokumente mit Wertpapiercharakter, wie zum Beispiel Wechsel, Checks oder Wertschriften. Die Aufbewahrung im Original empfiehlt sich ferner für alle Dokumente, die in einem allfälligen Rechtsstreit als Beweis für den eigenen Rechtsanspruch dienen könnten. Dies deshalb, weil forensische Spezialanalysen wie der Nachweis der Echtheit einer Unterschrift nur anhand des Originals vorgenommen werden können. Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege können auf Papier, elektronisch oder in vergleichbarer Weise aufbewahrt werden. Wichtig ist, dass sie jederzeit lesbar gemacht werden können und die Geschäftsvorfälle korrekt und vollständig wiedergeben.

AUFBEWAHRUNGSPFLICHT Es müssen alle buchungs- und steuerrelevanten Geschäftsunterlagen aufbewahrt werden. Dazu gehören insbesondere: – Geschäftsbericht, bestehend aus Bilanz- und Erfolgsrechnung mit Anhängen sowie gegebenenfalls Lagebericht oder Konzernrechnung. – Revisionsbericht – Hauptbuch, bestehend aus Konten und Journal – Hilfsbücher mit allen dazugehörenden Details (Debitoren, Kreditoren, Lohn, Lagerbuchhaltung etc.) – Buchungsbelege wie Bank- und Kassenbelege, Rechnungen, Quittungen, Lieferscheine, Bestellungen, Spesenabrechnungen. – Geschäftskorrespondenz mit Buchungsrelevanz gilt auch für Emails. – Weitere Dokumente mit rechtsverbindlicher Wirkung, zum Beispiel Verträge, Urkunden, Wertpapiere, Protokolle von Sitzungen der Leitungsorgane, GV-Protokolle, Steuererklärungen, Sozialversicherungsdeklarationen oder Lohnausweise. WAS IST ZU BEACHTEN? Werden Daten elektronisch auf veränderbaren Informationsträgern wie Magnetbändern, Disketten, Fest- oder Wechselplatten aufbewahrt, sind folgende Grundsätze einzuhalten: 1. Es muss ein technisches Verfahren zur Anwendung kommen, das die Integrität und Unverfälschbarkeit der gespeicherten Informationen gewährleistet, zum Beispiel durch digitale Signaturverfahren. 2. Der Zeitpunkt der Speicherung der Informationen muss unverfälschbar nachweisbar sein, zum Beispiel durch Zeitstempel eines Zeitstempeldienstes. 3. Die zum Zeitpunkt der Speicherung bestehenden weiteren Vorschriften über den Einsatz der betreffenden technischen Verfahren müssen eingehalten werden. 4. Die Abläufe und Verfahren zum Einsatz des gewählten technischen Verfahrens müssen ausdrücklich festgelegt und dokumentiert werden. Entsprechende Hilfsinformationen – Protokolle, Log files – müssen ebenfalls aufbewahrt werden. Bildquelle: Depositphotos.com, Lenecnikolai, Garsya

DIE AUTORIN Dr. iur. Franziska Buob ist Partnerin in der Anwaltskanzlei RUOSS VÖGELE mit Sitz in Zürich. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen im Gesellschafts- und Vertragsrecht. Sie ist sowohl beratend als auch prozessierend tätig.

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WEITERBILDUNG

Beatrice Müller: «Die banalsten Äusserlichkeiten können den gescheitesten Inhalt zunichtemachen.»

Positiv auffallen AUFTRITTSKOMPETENZ Um in der heutigen Zeit bestehen zu können, reichen Diplome, Doktortitel und gute Referenzen längst nicht mehr aus. Wer sein Publikum nicht mit einem souveränen Auftritt überzeugt, wird nicht wahrgenommen. TEXT B E A T R I C E M Ü L L E R

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uftrittskompetenz wird nur Wenigen in die Wiege gelegt. Doch ob Sie sich in einem Saal, einer Sitzung oder im Fernsehen präsentieren – Auftritte kann man lernen und üben. Das Bewusstsein, dass es wichtig ist, auftreten zu können, wächst. Ein Vater vertraute mir seine 15-jährige Tochter, eine Gymnasiastin, an. «Sie soll lernen aufzutreten», bat er mich. Etwas schüchtern erklärte mir dann das Mädchen: «Ich will andere überzeugen können.» Was sie denn werden wolle, fragte ich. «Politikerin», sagte sie. FAHRSTUNDEN VERHINDERN UNFÄLLE Ich erschrecke immer wieder, wie viele Persönlichkeiten, die im öffentlichen Leben stehen, sich keine Gedanken über ihre Auftritte machen. «Wir haben leider keine Zeit für ausgiebige Medientrainings, wir arbeiten jetzt schon am Limit», sagten mir Stadträtinnen und Stadträte einer mittelgrossen Schweizer Stadt. Doch politische Arbeit muss dem Parlament und dem Volk verständlich gemacht werden. Ein Politiker muss den Bürgerinnen und Bürgern seine Politik erklären. Das gelingt nur mit überzeugenden Auftritten. Was für Politiker gilt, gilt für alle Persönlichkeiten, die im öffentlichen Leben stehen. Dennoch ist Auftrittstraining für viele noch immer Zeitverschwendung. Da stehen Leute vor den Kameras, die noch nie eine Stunde Medientraining absolviert haben. Wenn ein Auftritt dann missglückt und das Interview peinlich herauskommt, sind «die bösen Medien» schuld. Doch würde sich je jemand ans Steuer setzen ohne eine einzige Fahr64

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stunde? Um Autofahren zu lernen, brauchen alle 15 Fahrstunden oder mehr. Genauso braucht es auch ein Training, um vor Publikum aufzutreten – sonst drohen Pannen. VERMARKTEN SIE SICH Der Inhalt Ihrer Botschaft kommt nur an, wenn Sie als Transporteur der Botschaft glaubhaft wirken. Damit man Ihnen glaubt, braucht es ein scharfes, positives persönliches Profil. Sie müssen als unverwechselbare Persönlichkeit wahrgenommen werden. Als Marke oder Brand. Ohne Selbstvermarktung geht es nicht. «Wirb oder stirb», sagte Henry Ford. Werben Sie für sich und Ihre Arbeit – oder Sie werden vergessen. Unterscheiden Sie sich von den anderen. Zeigen Sie sich, mit Ecken und Kanten. Seien Sie leidenschaftlich, offensiv, authentisch. Seien Sie etwas Besonderes. Die Leute wollen Persönlichkeiten sehen, Menschen aus Fleisch und Blut, keine Maschinen, keine Roboter, keine Zahlenakrobaten. Stehen Sie zu Fehlern. Erzählen Sie, wie Sie Tiefpunkte gemeistert haben, wie Sie mit den Veränderungen und den Gefahren umgegangen sind. So ernten Sie Achtung und Solidarität. Wer sich stets als tadelloser Sieger präsentiert, gewinnt keine Zuneigung. Leute, die nicht ab und zu Emotionen zeigen, sind langweilig, fremd, unerreichbar – und meist schwach. GRAUE MÄUSE VERGISST MAN SCHNELL Weichgespülte Texte, rundgeschliffene Phrasen, austauschbarer Schwulst, politisch Überkorrektes – das vergisst man. Wer nur in Grautönen redet, gehört weder ans Red-

nerpult noch auf ein Podium, und auch nicht ins Fernsehen. Die Makellosigkeit mancher Redner ist beängstigend. Viele dieser grauen Mäuse verstecken sich hinter banalen Allgemeinplätzen. Ihnen fehlt der Mut, klar Stellung zu beziehen und die eigene Meinung zu äussern. Sie haben Angst, anzuecken. Sie fürchten sich vor ihren Vorgesetzten. Oder vor einem Teil der Aktionäre, oder vor den Medien. Wie oft habe ich diesen perfekten Managern zugehört. Als ob sie einer Mauer entlangschleichen und Selbstgespräche führen würden. Sie sind unnahbar, zeigen nicht die geringste Regung, nicht die leiseste Empfindung. Sie rasseln ihre Zahlen und Fakten herunter. Sie wollen zeigen, dass sie alles im Griff haben. In allen Fragen sind sie kompetent. Alles überkorrekt, ja keinen Anstoss erregen, kein falsches Wort: lustlose, antiseptische Monologe. Das Publikum gähnt. Niemand wird sich an die gesagten Worte erinnern. «Wer sich ständig kontrolliert und anpasst, hat keine Ausstrahlung», sagte die deutsche Politikerin Renate Schmidt. MIT LEIDENSCHAFT PUNKTEN Wo auch immer Sie auftreten: Putschen Sie sich vorher mental auf. Pumpen Sie Sauerstoff in die Venen. Jetzt ist die Bühne frei für Ihren Auftritt. «Jetzt zeige ich, wer ich bin, was ich kann. Kopf hoch, Vorhang auf.» Jetzt, für eine halbe Stunde oder eine Stunde sind Sie das Alphatier. Wer nicht an den Erfolg seines Auftritts glaubt, wird wohl auch keinen haben. Je überzeugter Sie von sich und ihrem Manuskript sind, desto stärker wirkt


Vorbereitung auf den Boxkampf I N TE R V I E W R A L P H H O F B A U E R

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Bild: Depositphotos.com/mike laptev

sich das auf Ihre Ausstrahlung und Ihre KĂśrperhaltung aus. Leben Sie Ihren Text! Seien Sie stolz auf Ihre Botschaft. Betrachten Sie es als etwas Wertvolles, etwas Einmaliges, das Sie jetzt mit Herzblut und innerem Feuer dem Publikum offerieren. Dann springt der Funke Ăźber. Kommunikation heisst auch: begeistern. Ein Auftritt muss aufrĂźtteln, zum Nachdenken anregen und Emotionen wachrufen.

DIE AUTORIN Beatrice Mßller arbeitete während 27 Jahren als Redaktorin, Reporterin, Produzentin und Filmemacherin fßr verschiedene Sendegefässe von TV und Radio. Während 16 Jahren moderierte sie die SRF-Tagesschau. Heute verhilft sie mit ihrer Kommunikationsagentur authentic communication Fßhrungskräften und Unternehmen zu einem professionellen Auftritt.

iele Unternehmen sind im Umgang mit den Medien Ăźberfordert. Ex-Tagesschaumoderatorin Beatrice MĂźller weiss, worauf es bei der Krisenkommunikation ankommt. Frau MĂźller, welche Erfahrungen haben Sie als Journalistin mit der Krisenkommunikation von Unternehmen gemacht? BEATRICE MĂœLLER Als News-Journalistin war ich häufig in Krisenzeiten bei den Unternehmen vor Ort. Ich beobachtete oft, dass das blosse Erscheinen einer Kamera-Equipe bei vielen hochrangigen CEOs eine regelrechte Krise auslĂśste. Sie haben zwar BĂźcher zur Kommunikationstheorie in den Schubladen liegen, doch wenn die Medien kommen und kritische Fragen stellen, sind viele Ăźberfordert. Welches sind die häufigsten Fehler? Die Verantwortlichen bereiten sich zu wenig auf die konkrete Situation vor.

Es erstaunt, dass sich gut gebildete Leute in hohen Positionen häufig nur schlecht ausdrĂźcken kĂśnnen. Viele Ăźberschätzen ihr rhetorisches Talent. Wenn man nur ganz wenige Statements abgeben kann, sollte man genau wissen, was man sagt. Man muss wissen, wie die Medien funktionieren und welche Regeln vor Kamera und Mikrofon gelten. Welche Rolle spielt die nonverbale Kommunikation? Bei der Vermittlung einer Botschaft spielen KĂśrpersprache, Mimik und Gestik eine Ăźberragende Rolle, vor allem auch die Kleidung und die Stimme. Diese Tatsache wird so oft unterschätzt. Es gibt Studien, die aufzeigen, dass die Wirkung einer Botschaft zu 93 Prozent von der nonverbalen Kommunikation und der Stimme abhängt und nur zu sieben Prozent vom Inhalt. Die banalsten Ă„usserlichkeiten kĂśnnen

den gescheitesten Inhalt zunichtemachen. Wie kÜnnen Fßhrungskräfte verhindern, dass sie vor laufender Kamera aufs Glatteis gefßhrt werden? Ein guter Fussballtrainer schaut sich die Spiele seiner Gegner an. Er analysiert seine Stärken und Schwächen. Ich sage den Leuten immer: Informieren Sie sich ßber die Diskussionsteilnehmer. Lernen Sie deren Argumente kennen. Konsultieren Sie Zeitungsberichte und schauen Sie sich Fernsehsendungen an, in denen die Gegenpartei aufgetreten ist. Studieren Sie die Taktik Ihres Gegners, sein nonverbales Verhalten. Ist er aggressiv, ist er schlau, macht er auf Konsens oder wird er schnell wßtend? Wer vor laufender Kamera ein Interview gibt, steigt in eine Art Boxring. Doch kein Boxer tut dies, ohne sich minutiÜs darauf vorzubereiten.

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Chapeau! PRIX SVC SUISSE ROMANDE Sechs Unternehmen überzeugten die Jury des Prix SVC Suisse romande in der Vorauswahl mit ihren unternehmerischen Leistungen. Sie werden am 9. November 2016 den bedeutendsten Unternehmerpreis der Region unter sich ausmachen. TEXT S A B R I N A P L A T T N E R

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er Swiss Venture Club (SVC) zeichnet mit dem Prix SVC Suisse romande erfolgreiche KMU der Westschweiz aus, die unter anderem durch ihre Produkte und Dienstleistungen, durch

den nachhaltigen Erfolgsausweis, Innovationen und ihre regionale Verankerung überzeugen. Seit 2005 wird der Prix SVC Suisse romande alle zwei Jahre verliehen, 2016

bereits zum siebten Mal. Eines dieser Unternehmen kann am 9. November im Swiss Tech Convention Center der EPFL vor 1200 geladenen Gästen den Prix SVC Suisse romande 2016 entgegennehmen:

VON SPEZIALWERKZEUGEN ÜBER ALTERNATIVES LERNEN BIS ZUR ACHTERBAHN: DIE NOMINIERTEN Foto: zVg

LOUIS BÉLET SA Die Bélet SA ist ein Familienunternehmen, das 1948 vom Uhrmacher und Bauer Louis Bélet in Vendlincourt im Kanton Jura gegründet wurde. Heute wird das Unternehmen von den Enkeln des Gründers geleitet und ist auf Schneidwerkzeuge für zukunftsorientierte Sektoren spezialisiert. Es fertigt Schaftfräser, Bohrer und Zirkularfräser aus Wolframcarbid und polykristallinem Diamant (PKD) an und entwickelt Spezialwerkzeuge für anspruchsvolle Anwendungen. Die Bélet SA beschäftigt 110 Mitarbeitende und investiert in die Ausbildung ihrer Beschäftigten, um ihnen Knowhow zu vermitteln und eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. BOLLIGER & MABILLARD SA Bolliger & Mabillard wurde 1998 gegründet und ist auf die Planung und den Verkauf von Freizeitparkattraktionen spezialisiert. Wegen der Qualität und Verlässlichkeit seiner Achterbahnen geniesst das Unternehmen international einen guten Ruf. Jede Anlage, deren Länge zwischen 500 und 2000 Metern und Höhe zwischen 30 und 100 Metern beträgt, ist auf die Bedürfnisse ihrer Fahrgäste abgestimmt und bietet ein einzigartiges Erlebnis. Derzeit verzeichnen die von B&M entwickelten Achter-

in Prilly im Kanton Waadt. Sie hat sich auf die Softwareentwicklung für Echtzeit-Datenanalysen spezialisiert, um die Entscheidungsfindung und das Monitoring von Informationssystemen zu unterstützen. Nexthink kartografiert sämtliche Informatikdienstleistungen, ihre Nutzung und die Art und Weise, in der die IT-Infrastruktur betrieben wird, aus Sicht des Endverbrauchers und ermöglicht somit Von links: Walter Bolliger, Bolliger & Mabillard Ingénieurs Conseils SA; eine zentrale SteueEric Schnyder, Sylvac SA; Roxane Piquerez und Arnaud Maître, Louis rung der Performance Bélet SA; Jean-Marc Tassetto, Coorpacademy SA; Pedro Bados, Nexthink der Arbeitsplätze. Die SA und Christophe Gudin, Institut Le Rosey SA. patentierte Selbstlernbahnen weltweit mehr als 100 Gamification, kollaborativer und Intelligenztechnologie Millionen Besucher. Das in Ansatz, ergonomische und in- verbessert die Sicherheit und Aigle im Kanton Waadt ansäs- tuitive grafische Benutzerober- die Servicequalität für ihre sige Unternehmen beschäftigt fläche. Sie steht im Zentrum Benutzer. Während das Unheute 46 Mitarbeitende, darder von MOOC (Massive Open ternehmen Anfang 2016 200 unter zwei Auszubildende. Online Courses) ausgelösten Mitarbeitende beschäftigte, Bewegung und entwickelt für dürfte die Mitarbeiterzahl bis COORPACADEMY SA ihre Kunden Lernkonzepte, Ende des Jahres auf mehr als Die waadtländische Gedie auf der Interaktion mit 300 steigen. sellschaft, die in der EPFL dem Benutzer beruhen und ansässig ist und sich auf die entsprechend ihren Rückmel- INSTITUT LE ROSEY SA Online-Weiterbildung von dungen weiterentwickelt werDas weltweit renommierte inUnternehmen spezialisiert hat, den. Die Coorpacademy wurde ternationale Internat Le Rosey ist eine Pionierin auf ihrem 2013 gegründet und beschäf- wurde 1880 gegründet und Gebiet. Die Coorpacademy ist tigt heute 40 Mitarbeitende. bietet Primar- und Sekundaran ein innovatives pädagogibildung. In Rolle sowie im sches Protokoll angelehnt und NEXTHINK SA Wintercampus Gstaad werden bietet eine einzigartige Lerner- Die Nexthink SA wurde 2004 400 Internatsschüler zwischen fahrung: «Learning by Doing», gegründet und hat ihren Sitz 8 und 18 Jahren aus mehr

als 65 Ländern unterrichtet. Die Ausbildung beruht auf einem ganzheitlichen Bildungskonzept und legt einen besonderen Schwerpunkt auf Sport, bildende Künste und humanitäre Programme. Das Institut verfügt über mehr als 30 Clubs und beschäftigt 275 Mitarbeitende, davon 140 Lehrkräfte. Am Ende einer schulischen Ausbildung in jedem Fachbereich in Französisch oder Englisch erhalten die Schüler einen französischen oder internationalen Gymnasialabschluss. SYLVAC SA Die Sylvac SA ist ein 1969 gegründetes Familienunternehmen und zählt zu den Weltmarktführern im Bereich der dimensionellen Messtechnik. Die Präzisionsprodukte der Sylvac SA sind die perfekte Verschmelzung der Fachkompetenzen aus Elektronik, Mechanik und Messwesen und sind für ihre Innovationskraft bekannt. Die Sylvac SA schafft Nischenprodukte im Hightech-Bereich und ist lösungs- und dienstleistungsorientiert. Der in Crissier (Waadt) und Malleray (Bern) ansässige mittelständische Betrieb exportiert etwa 80 Prozent seiner Produktion in rund 40 Länder weltweit. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 122 Mitarbeitende in der Schweiz.

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Freier Wettbewerb KONKURRENZVERBOT Der Arbeitnehmer darf die Arbeitgeberin während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht konkurrenzieren. Ein nachvertragliches Konkurrenzverbot hingegen kann nur unter bestimmten Voraussetzungen vereinbart werden. VON S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

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ährend der Dauer des Arbeitsverhältnisses untersteht der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen einem Konkurrenzverbot: Aufgrund seiner Treuepflicht darf er keine Tätigkeit ausüben, mit der er die Arbeitgeberin konkurrenziert, und er muss deren Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht

dauert grundsätzlich über das Arbeitsvertragsende hinaus. NACHVERTRAGLICHE KONKURRENZIERUNG Damit ein Konkurrenzverbot auch nach Vertragsende gilt, muss es zwingend schriftlich vereinbart werden. Diese Vereinbarung ist jedoch nur mit Arbeitnehmern möglich, die Einblick in den ständi-

gen Kundenstamm oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse haben. Das Kennen der Kundennamen reicht dabei in der Regel nicht aus. Die Verwendung dieser Kenntnisse muss die Arbeitgeberin sodann erheblich schädigen können. Wenn in erster Linie die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers und nicht das

Angebot der Arbeitgeberin für den Erfolg beim Kunden ausschlaggebend sind, sind keine nachvertraglichen Konkurrenzverbote möglich. Konkurrenz ist arbeitsrechtlich normalerweise nur gegeben, wenn zwei Unternehmen einen gleichen respektive sich teilweise überschneidenden Kundenkreis mit einem gleichartigen, substituierbaren Produkt bedienen. KEIN FAKTISCHES ARBEITSVERBOT Das nachvertragliche Konkurrenzverbot darf das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren. Es ist örtlich, zeitlich und sachlich zu beschränken. Ein Konkurrenzverbot, das über

drei Jahre lang dauert, ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Die Formulierung von Konkurrenzverboten ist anspruchsvoll. Wichtig ist insbesondere auch die Regelung der Rechtsfolgen bei einer Übertretung des Verbots.

STEFANIE MEIER-GUBSER Die Autorin ist lic. iur. und Fürsprecherin bei Centre Patronal, Kapellenstrasse 13, Postfach 3001 Bern, +41 58 796 99 09, +41 58 796 99 03, smeier@centrepatronal.ch, www.centrepatronal.ch

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VR-Zirkel Zürich–Zug–Luzern

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VR-Zirkel Mittelland Zusammenarbeit VR­GL

Beste VR­Zusammensetzung

Dienstag, 8. November 2016, 17h30

Mi woch, 23. November 2016, 17h30

Hotel des Balances Weinmarkt, 6004 Luzern

Va er Business­Center Bärenplatz 2, 3011 Bern

Details und Anmeldung: www.sivg.ch/events

Details und Anmeldung: www.sivg.ch/events


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Die Zeit drängt! ALTE VERLUSTSCHEINE Anfang 2017 verjähren in der Schweiz Millionen von alten Verlustscheinen. Es sei denn, die Gläubiger unterbrechen die Verjährungsfrist. Dann beginnt erneut eine 20-jährige Frist zu laufen. TEXT M I C H A E L K R A M P F

«D

ie Zeit drängt!», schreibt eine bekannte Schweizer Inkassofirma auf ihrer Homepage. Sie wirbt für das Eintreiben von alten Verlustscheinen – und zwar auf reiner Erfolgsbasis. Der Grund: Verlustscheine, die vor 1997 ausgestellt wurden, werden am 1. Januar 2017 verjähren. Wie viele alte Verlustscheine in der Schweiz in Umlauf sind, hat das Bundesamt für Statistik nicht erfasst. Aufgrund einer Umfrage des Beobachters im Jahr 2014 lässt sich jedoch erahnen: Es müssen Millionen sein. Alleine die Steuerverwaltung des Kantons Bern blieb damals auf 300 000 alten Verlustscheinen sitzen. Im kleinen Kanton Basel-Stadt, in dem 2.5 Prozent der Schweizer wohnen, sind es 20 000. Hinzu kommen Verlustscheine von privaten Gläubigern. «Das sind noch einmal doppelt so viele», schätzt Mario Roncoroni von der Berner Schuldenberatung. Und Marcel Schmidlin von der Creditreform Egeli Basel AG rechnete gegenüber dem Tagesanzeiger hoch: «Forderungen im Umfang von 15

FORUM TREUHAND DIGITAL 6. Oktober 2016 im Lake Side Zürich. Die digitale Revolution wird die Treuhandbranche fundamental verändern. Gehören Sie zu den Gewinnern – unsere Referierenden zeigen Ihnen auf wie. FACHKONGRESS STEUERN 20.–21. Oktober 2016 im Grand Resort Bad Ragaz. Das Jahrestreffen der Steuerfachleute aus der KMU-Treuhandbranche. Halbtages-Workshops mit 2–3 Workshopleitenden, die verschiedene Sichtweisen vertreten und mit Referaten über aktuelle Steuerfragen. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.unternehmerforum.ch

Milliarden Franken sind von der Verjährung bedroht.»

belangen, wenn dieser Vermögen hat oder mehr verdient als das betreibungsrechtliche Existenzminimum. Dieses wird individuell KLAGEN ODER SCHULD ANERKENNEN berechnet und besteht aus einem monatAlle diese Verlustscheine drohen am 1. lichen Grundbetrag von 1200 Franken für Januar 2017 zu verjähren. Es sei denn, die eine alleinstehende Person – für Essen, KleiGläubiger unternehmen etwas dagegen. der, Körperpflege, Hobby und WohnungsDem Gesetz nach können sie die Verjähunterhalt –, sowie aus weiteren notwenrungsfrist unterbrechen. Beispielsweise digen Auslagen wie Miete, Krankenkasse, mittels einer erneuten Betreibung oder einer Berufsauslagen, Fahrt zum Arbeitsplatz, Gerichtsklage. Die Frist Unterhaltsbeiträgen, Betreukann auch unterbrochen ungs- und Schulkosten für werden, indem man die die Kinder sowie Auslagen für Schuld anerkennt oder Arzt, Zahnarzt und Medikaeinen Teil davon bezahlt. mente. Diese Auslagen berückDiverse Gläubiger sind sichtigt das Betreibungsamt dazu übergegangen, die nur, wenn der Schuldner mit Verjährung mittels EinleiQuittungen belegen kann, dass tung einer Betreibung zu er die entsprechenden Beträge unterbrechen, gleichzeitatsächlich bezahlt hat. tig dem Amt jedoch mit- Unternimmt der Gläubiger nichts Wer als Schuldner genug zuteilen, dass sie vor der dagegen, verjähren seine Verlustverdient, um den VerlustAusfertigung und Zustel- scheine im Januar. Bild:.depositphotos.com schein zurückzukaufen, sollte lung des Zahlungsbefehls mit dem Gläubiger verhandas eingeleitete Betreibungsverfahren wiedeln. Viele Gläubiger sind bereit, auf einen der zurückziehen. Für den Gläubiger hat Teil der Forderung zu verzichten. Als Faustdies den Vorteil, dass die Eintragung des regel gilt: Je älter der Verlustschein, umso zurückgezogenen Betreibungsbegehrens höher sollte der Erlass sein. Beim Rückkauf nur fünf Franken kostet – im Gegensatz zum muss der Schuldner sicherstellen, dass der eigentlichen Zahlungsbefehl, der bei einem Gläubiger die Bezahlung quittiert und den Forderungsbetrag von beispielsweise mehr Verlustschein aushändigt. Dazu ist er verals 100 000 Franken über 200 Franken kospflichtet, und zwar ohne dass der Schuldner ten würde. Fraglich ist jedoch, ob diese Voretwas dafür bezahlen muss. Sobald der gehensweise reicht, um die Verjährung zu Schuldner den Verlustschein in Händen hält, unterbrechen. Bis jetzt liegt kein Urteil vor, kann er beim Betreibungsamt die Löschung das diese Frage bei den alten Verlustscheiim Betreibungsregister verlangen. nen beantwortet hat. Die Frage wird 2017 erstmals beurteilt werden. JE ÄLTER DER VERLUSTSCHEIN, UMSO HÖHER DER ERLASS Wer bei einer hohen Verlustscheinforderung auf Nummer sicher gehen will, sollte die Zustellung des Zahlungsbefehls verlangen und auf den gleichzeitigen Rückzug der Betreibung verzichten. Wird die Verjährungsfrist gültig unterbrochen, beginnt erneut eine 20-jährige Frist zu laufen. Der Gläubiger kann den Schuldner aber nur

DER AUTOR

Michael Krampf, lic. iur., ist Rechtsanwalt, Berater und Redaktor beim Beobachter.

Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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EVENTS

Perspektivenwechsel: «Digitaltherapeutin» Anitra Eggler wird uns am 28. Oktober Tipps zu einem neuen Umgang mit den digitalen Medien liefern.

Bild: zVg/ © Andreas Jakwerth

Neue Sicht auf die Dinge KMU-TAG St. Gallen wird zum Treffpunkt für Schweizer KMU. Das Motto der diesjährigen Tagung lautet «KMU und Perspektivenwechsel – mittendrin und trotzdem draussen». TEXT I N È S D E B O E L

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er Schweizer KMU-Tag unterstreicht bereits zum 14. Mal seine Funktion als schweizweit bedeutendste KMU-Plattform. Denn «an keiner Tagung sind sich die Schweizer KMU näher», so der bewährte Slogan der Veranstalter. Keine Frage: Für Unternehmer, Inhaber und Führungskräfte von KMU ist die jährlich stattfindende Tagung ein Muss. Wie im vergangenen Jahr erwarten die Gastgeber auch heuer wieder – mit über 1000 Teilnehmern – ein volles Haus. Voll und abwechslungsreich präsentiert sich auch das

KMU-TAG 2016 28. Oktober 2016 Olma-Halle 9, Oberer Graben 12, Postfach 20, 9001 St.Gallen Anmeldung unter: www.kmu-tag.ch

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UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016

Programm mit hochkarätigen Referenten und Referentinnen, die jeweils – aus Praxis- und Forschungssicht – die aktuellen Herausforderungen für KMU beleuchten. Moderiert wird die diesjährige Tagung von Christa Rigozzi. WER DIE PERSPEKTIVE ÄNDERT... Gastgeber Urs Fueglistaller, Direktor des KMU-HSG, wird das Publikum wie gewohnt in das erstklassige Programm einführen. Zuerst wird Martin Kolmar, Professor an der Universität St. Gallen, aus ökonomischer Sicht erläutern, welche Bedeutung und Auswirkungen ein Perspektivenwechsel auf KMU hat. Thomas Binggeli wird in seinem Referat die «Herausforderung als KMU auf dem internationalen Markt» zur Sprache bringen. Den «Perspektivenwechsel aus philosophischer Sicht» kennt Wilhelm Schmid, freier Philosoph und Autor, aus eigener Erfahrung. Besonders aufschlussrei-

che Anekdoten aus der TV-Branche wird Bea Knecht, Mitgründerin von Zattoo, zum Besten geben. Dem Thema «Der KMU-Unternehmer als Mensch» widmet sich Luciano Marinello, Unternehmer und früherer Inhaber der Marinello-Läden. Zum Schluss lädt Anitra Eggler, die soeben ihr neues Buch «Mail halten!» herausgebracht hat, die Teilnehmenden zu einer «Digitaltherapie für KMU» ein. KMU-ANLIEGEN IM FOKUS Auf zwölf Workshops, die von einer Reihe wichtiger und langjähriger Sponsoren angeboten werden, können die Teilnehmenden nicht nur Näheres zu Perspektivenwechsel und zur Digitalisierung erfahren, sondern auch praxisnahe Tipps zu Arbeitszeiterfassung oder Steuern mitnehmen. Der KMUTag 2016 ist bereits ausgebucht. Wer sich auf die Warteliste setzt, hat aber die Chance, Anfang Oktober nachzurücken.


EVENTS

Gut vermittelt COURTAGE EXPO Am 5. und 6. Oktober haben Versicherungs- und Finanzdienstleister die Möglichkeit, sich an der Fachmesse der Schweizer Versicherungs- und Finanzwirtschaft auszutauschen und zu vernetzen. TEXT A N O U K A R B E N Z

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ersicherungsprodukte werden immer komplexer, das Bedürfnis der Versicherer nach einem engeren Austausch mit den Verkäufern wächst. Die Courtage Expo bringt Finanzdienstleister und Versicherer zusammen und ermöglicht diesen eine vollständige Übersicht des Marktes. Die Plattform bietet Ausstellern

und Besuchern die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen und wichtige geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Ein abwechslungsreiches und inspirierendes Vortragsprogramm ergänzt die Standpräsentationen und gewährt Teilnehmern Einblicke in die Praxis und einen Überblick zu aktuellen Trends und Entwicklungen der Branche.

COURTAGE EXPO 2016 Die Fachmesse für den Einkauf, den Vertrieb und die Vermittlung von Versicherungs-, Risikofinanzierungs- und Finanzprodukten Wann: 5. und 6. Oktober, jeweils von 9 bis 17.30 Uhr Wo: Messe Zürich, Halle 7 Veranstalter: børding messe AG Preise: Kauf einer Eintrittskarte vor Ort: Für einen Tag 50 Franken, für zwei Tage 80 Franken Bestellung online: Für einen Tag 30 Franken, für zwei Tage 60 Franken. Bedingung: Für die Teilnahme an der Courtage Expo wird ein Fachbesuchernachweis verlangt. Hinweis: Die Vorträge und Podiumsdiskussionen eignen sich sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene mit Vorwissen.

Die Keynote-Speaker

Bilder: zVg/mch Group

KLAUS-J. FINK Jurist, Coach und Buchautor

5. Oktober, 11.30 bis 12.15 Uhr Wo: Forum 2 Klaus-J. Fink ist der absolute Experte in Sachen Verkauf, Neukundengewinnung, Empfehlungsmarketing und Vertriebsaufbau. An der Courtage Expo wird er den Teilnehmern aufzeigen, dass die richtige Einstellung und Strategie reicht, um Spitzenverkäufer zu werden.

MARTIN LIMBECK Geschäftsführer der Martin Limbeck Training Group

ANDREAS BUHR Geschäftsführer der Buhr & Team Akademie für Führung und Vertrieb

TANJA FRIEDEN Unternehmerin, Mentaltrainerin und Snowboard-Olympiasiegerin 2006

5. Oktober, 15.15 bis 16 Uhr Wo: Forum 1 Martin Limbeck überzeugt weltweit als Keynote-Speaker für Motivation und Verkauf und ist bekannt für seine mitreissenden und authentischen Auftritte. Der ehemalige Grossund Aussenhandelskaufmann wird an der Messe Einblick in die Gedankenwelt von Top-Verkäufern geben.

6. Oktober, 11.30 bis 12.15 Uhr Wo: Forum 2 Der mehrfach ausgezeichnete Speaker und Experte für Führung und Vertrieb wird am zweiten Tag der Courtage Expo über die Kunden von morgen und zukünftige Herausforderungen der Branche zu sprechen kommen. Sein Buch: «Vertrieb geht heute anders» (2011) war ein voller Erfolg.

6. Oktober, 15.15 bis 16 Uhr Wo: Forum 1 Sie nennt sich selbst eine Querdenkerin und hat bereits eine spannende Karriere – sowohl als Profi-Snowboarderin als auch als Unternehmerin – hinter sich. An der Courtage Expo wird sie Parallelen zwischen Sport und Wirtschaft aufzeigen und mit ihrer packenden, unterhaltsamen Art den Teilnehmern Erfolgswissen vermitteln.

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BÜCHER

Aufstieg des roten Drachens CHINA Das Reich der Mitte hat in den letzten Jahrzehnten zu den Industrienationen massiv aufgeholt. Der Westen beäugt den kommunistisch-kapitalistischen Hybrid aus dem Osten immer noch mit Skepsis. Es ist an der Zeit, das europäische Chinabild zu überdenken. TEXT R O M A N B R A U C H L I

Bildquelle: Depositphotos.com, sushkonastya

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ls langjähriger China-Korrespondent verschiedener Tageszeitungen und Medienformate legt Peter Achten ein differenziertes Bild der jüngsten Geschichte und Gegenwart Chinas vor, das von einem kritischen, aber vor allem neugieren Blick geprägt ist. Nach 20 Jahren in der Hauptstadt Peking verlässt er China – altershalber und endgültig. Seine über die Jahre veröffentlichten Beiträge zu den wichtigsten politischen Ereignissen und wirtschaftlichen Entwicklungen sind in dem Band zusammengetragen. Das Kompendium wird durch Reflexionen ergänzt, die die eigene Rolle als Journalist und das in den Medien kolportierte europäische Chinabild kritisch beleuchten. Implizit ist in der Medienkritik eine überzeugende Analyse eurozentrischer Denk- und Deutungsmuster enthalten, die einen vorurteilsfreien Blick auf China zu häufig verstellen. DAS ENDE DES 20. JAHRHUNDERTS Letzteres überzeugt den geneigten europäischen Leser, da er darin seine eigenen Stereotypen wiedererkennt. Gut 25 Jahre nach der Verkündigung des «Endes der Geschichte» durch intellektuelle Propheten und geistige Kleinbürger ist es den meisten klar geworden: Nichts ist ungewisser als der Ausgang der Geschichte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schien sich zwar zu offenbaren, was rechtgläubige Kapitalisten immer schon zu wissen behaupteten: dass zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Demokratie ein notwendiger Zusammenhang besteht. China zeigt, dass es eine politische Alternative gibt, die wirtschaftlich erfolgreich ist. 72

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Über den politischen Wert von Demokratie und Rechtsstaat sagt das freilich nichts aus.

1980 und 2014 von 193 auf 7332 US-Dollar, die Alphabetisierungsrate zwischen 1949 und 2014 von 15 auf 95 Prozent. ROT UND AGIL Auch der aktuelle Parteichef Xi Jinping Mit Hoffnung nahm man nach dem Tod Mao weicht nicht von der sozialistischen AusZedongs 1976 im Westen zur Kenntnis, dass richtung ab. Doch die Regierung weiss sich die neue starke Figur Chinas – Deng Xiaoden Umständen anzupassen, schliesslich ping – wirtschaftliche Reformen und eine leitet sich ihre Legitimität je länger je mehr aussenpolitische Öffnung anstrebte. Mit direkt aus dem erreichten WohlstandsFreude wurden die Proteste auf dem Tiananzuwachs ab. Dessen sind sich die Eliten men-Platz 1989 für mehr Demokratie aufgebewusst, sie wollen sich der drängenden nommen. Überraschend war für westliche Probleme Chinas annehmen – der ÜberalAugen und Ohren die brutale Niederschlaterung der Gesellschaft und der Einrichgung der Demonstrationen durch tung einer Altersversicherung, das Militär. Der wirtschaftliche der Umweltverschmutzung und Aufstieg in den 80er-Jahren war des gleichwohl ungebremssteil, der politische Umschwung ten Wirtschaftswachstums, der spürbar. Umso erstaunter war grösser werdenden Lohn- und man über das Massaker auf dem Vermögensunterschiede. FerPlatz des Himmlischen Frietige Rezepte, um diese Probleme dens. Dabei wurde übersehen, zu lösen, gibt es keine. China ist dass Deng – ein alter, dann in gefordert, um das Staatsschiff Ungnade gefallener Mitstreiter zwischen den Wogen der aktuelMaos – ideologisch dem marxis- Peter G. Achten (2016): len Probleme hindurch zu navitisch-leninistischen Denkraster Abschied von China. Argieren. treu blieb. Das passte nicht zum tikel und Zwischenrufe, Stämpfli Verlag. neuen Dengschen Wahlspruch 272 Seiten, 48 Franken FRAGEN OFFEN LASSEN «Reich sein ist glorreich». Peter Achten vermittelt ein diffeISBN 978-3-7272-7887-7 Der alleinige Machtanspruch renziertes Bild der jüngsten Entder Kommunistischen Partei war wicklung Chinas. Der diesbezügund ist – zumindest in den Köpfen der Parteilich noch ungebildete Leser erfährt viel – auch eliten – immer noch unbestritten. Das kann über Kultur und Alltag der einfachen Bevölund soll man kritisieren, und dennoch muss kerung. En passant wird dabei die Geschichte festgehalten werden: China hat in den letzten Chinas im 20. Jahrhundert rekapituliert. 35 Jahren eine beispiellose wirtschaftliche Achten zeigt dabei überzeugend: Die alte und gesellschaftliche Entwicklung durchdichotomische Weltsicht hat ausgedient, das lebt, die den Lebensstandard der chinesi20. Jahrhundert ist vorbei. Die Frage, ob das schen Bevölkerung massiv angehoben hat. neue Jahrhundert ein chinesisches wird, Das Pro-Kopf-Einkommen stieg zwischen lässt Achten bewusst unbeantwortet.


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Unsere Kundinnen und Kunden wissen genau, warum sie sich bei der Pensionskasse für die ASGA entscheiden. Zum Beispiel weil wir als unabhängige Genossenschaft nur zum Vorteil unserer Mitglieder wirtschaften oder weil wir offen und ehrlich kommunizieren. Möchten Sie mehr über die beliebteste Pensionskasse der Deutschschweizer KMU erfahren? Besuchen Sie uns im Internet auf asga.ch oder rufen Sie an: 044 317 60 50. Ganz einfach.

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«Weil mein Unternehmen mit der ASGA seit Jahrzehnten gut beraten ist.»


10 FRAGEN AN

Foto: Mario Sager

Fussball als Lebensschule MARIO SAGER Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der MS Sports AG Warum sind Sie Unternehmer geworden? Als Arbeitnehmer ist man in vielen Firmen sehr eingeschränkt. Das habe ich bereits gemerkt, als ich als Schüler Ferienjobs erledigt habe. Ich übernehme gerne viel Verantwortung und es ist mir wichtig, dass ich wichtige Entscheidungen selber treffen kann. Wenn nichts unmöglich wäre, was wäre Ihr Traumjob? Ich liebe den Fussball und habe auch schon einige Trainerdiplome. Trainer der Schweizer Fussballnationalmannschaft wäre sicher ein sehr interessanter Job. In einigen Jahren – mit dem entsprechenden Alter – würde ich mir das durchaus zutrauen. Was mögen Sie nicht an Ihrer Branche? In der Branche der Anbieter von Sportevents und Sportcamps hat es wie überall auch schwarze Schafe, welche Kinderevents mit dürftiger Qualität zu hohen Preisen anbieten. Das schadet der Branche und ist für Familien ärgerlich, die ihre Kids beim falschen Camp anmelden. Es gibt aber auch Mitbewerber, welche ebenfalls sehr gute Qualität bieten. An welches Ereignis in Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten? Als ich das allererste Fussballcamp organisiert habe, habe ich überraschenderweise bereits in der ersten Woche zahlreiche Anmeldungen per Post erhalten. Ich habe jeden Morgen auf den Pöstler gewartet. Mittlerweile laufen die Anmeldungen natürlich über ein Onlinesystem. Was war Ihr grösster Fehlentscheid? Nicht schon viel früher viel mehr Zeit in

ZUR PERSON Unternehmen: Die MS Sports AG organisiert Sportcamps und Sportevents für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 15 Jahren. Die Raiffeisen Football Camps, zum Beispiel, finden an 83 Standorten in der Schweiz mit über 6500 Kindern und Jugendlichen statt. Kinder verbringen eine Fussballwoche, wobei das Lernen und die Freude am Fussball im Vordergrund stehen. MS Sports bietet aber auch Sportcamps für Tennis, Tanzen und Reiten an. Von den 220 Mitarbeitenden sind ca. 100 Sportstudenten. Position: Gründer, Inhaber und Geschäftsführer Werdegang: In einer Verletzungspause als Profifussballer beim FC Luzern trainierte Mario Sager Kinder in Sportcamps. Im Jahr 2007 erfolgte, im Alter von 22 Jahren, die Gründung von MS Sports. Ausbildung: Matura in Sursee und Studium in Sportmanagement an der IST-Hochschule für Management Düsseldorf.

Worüber können Sie sich ärgern? Wenn man für etwas zu viel Zeit braucht und nicht effizient arbeiten kann oder wenn man im Stau steht. Freizeit und Zeit zu haben, finde ich sehr wichtig. Daher ist es ärgerlich, wenn die freie Zeit für Unnötiges draufgeht. Wie erholen Sie sich vom Stress? Ich treibe Sport und spiele immer noch hobbymässig Fussball. Und natürlich bei meiner lieben Familie, mit Mandy und den beiden Kindern Fabian und Emilia.

Liebste Hobbies: Familienaktivitäten, Fussball, Fussballtennis, Jassen, Filme

die Akquisition von Sponsoren gesteckt zu haben. Unsere Camps und Events eignen sich perfekt als Werbefläche für alle Firmen und Dienstleistungen, nicht nur für Firmen aus dem Sportbereich. In den ersten Jahren von MS Sports waren daher die Sponsoringeinnahmen tief. Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen? Den deutschen Rapper Kollegah, welcher nicht nur sehr schnell und gut rappen kann, sondern auch durch lustige und intelligente Texte und Wortspiele überzeugt. Dank seinem perfekten Marketing ist er einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart.

Was zeichnet die Schweizer Wirtschaft aus? In der Schweiz kann man sich auf Geschäftspartner und andere Menschen verlassen. Zuverlässigkeit und Loyalität stufe ich in der Schweiz als sehr hoch ein. Die Schweiz ist stabil, daher stimmen die Voraussetzungen, um ein Unternehmen aufzubauen. Was wünschen Sie sich für die Schweiz? Ich wünsche der Schweiz, dass wir von Krieg und Terroranschlägen verschont bleiben. Wir müssen aber auch uns und unserer Heimat Sorge tragen. Aus der Sicht von MS Sports wünsche ich mir natürlich, dass zwecks Gesundheitsförderung Sport und Bewegung in der Schweiz einen noch grösseren Stellenwert erhalten. Nr. 10 2016 | UnternehmerZeitung

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KAPITALMARKT

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ANGEBOTE KAFFEEMASCHINEN- UND HAUSHALTSGERÄTE-SERVICE (4256) Der Inhaber erreicht bald das Pensionsalter und bereitet sich deshalb darauf vor, die Nachfolge für seinen Betrieb zu regeln. In den letzten zehn Jahren konnte der Inhaber sich eine solide Stammkundschaft aufbauen. Stand anfangs der Service im Vordergrund, hat sich das Geschäft in jüngster Zeit mehr und mehr zum Verkauf hin entwickelt. Mit der Einzigartigkeit seines Express-Reperaturservices und den vornehmlich langjährigen Stammkunden bietet die Firma dem Nachfolger enorme Chancen. Investitionssumme: 400 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: HT20056 GARAGENBETRIEB TESSIN (3261) Aus Altersgründen wird so rasch wie möglich ein Nachfolger für den Garagenbetrieb mit Premium-Marke in Sottoceneri gesucht. Der Betrieb ist seit Jahrzehnten Vertreter dieser Marke, arbeitet sehr erfolgreich und ist im Tessin bestens bekannt. Gesucht wird ein kapitalkräftiger Unternehmer, der gewillt ist, die Aktiengesellschaft weiterzuführen. Das Unternehmen verfügt über drei

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Betriebsgebäude im Privateigentum des Unternehmens, sechs Arbeitsplätze und zwei grosse Showrooms sowie eine Tankstelle. Die Liegenschaften können gekauft oder auch langjährig gemietet werden. Der Personalbestand beträgt 25 Mitarbeitende, der Umsatz rund 25 Millionen Franken. Weitere Informationen erhalten Interessenten nach Unterzeichnung der Vertraulichkeitserklärung, der Einreichung eines Kurz-CV und eines Kapitalnachweises. GESCHÄFTSÜBERNAHME BÄCKEREIUNTERNEHMEN (3927) Sind Sie ein Unternehmertyp? Setzen Sie gerne Ihre eigenen Ideen in die Tat um? Packen Sie die Chance und übernehmen Sie einen traditionsreichen und erfolgreichen Bäckereibetrieb in der Deutschschweiz. In der Region etabliert und modern eingerichtet, hat er in den letzten Jahren den Umsatz markant erhöht und den Kundenkreis vergrössert. Ein äusserst adrettes Café/Restaurant mit Terrasse und Ladengeschäft gehören genauso dazu wie der modern eingerichtete Produktionsstandort. Anforderungen und Aufgaben: Sie bringen von Vorteil eine Ausbildung in der Lebensmittelindustrie mit und kennen die ökonomischen

Grundsätze. Weiter lieben Sie Ihre Arbeit, können gut mit anpacken und delegieren. Eine mehrjährige Erfahrung im gleichen Umfeld und in leitender Funktion wird vorausgesetzt. Zudem kennen Sie den Markt und engagieren sich für Kunden und Mitarbeitende. Als GeschäftsführerIn der Firma übernehmen Sie auch bestehende Partnerschaften und entwickeln sie erfolgreich weiter. Zusammen mit dem bereits eingespielten Team bauen Sie Geschäftsbeziehungen aus und eruieren Kundenbedürfnisse laufend. Das Unternehmen, deren Dienstleistungen und Produkte positionieren Sie dementsprechend. VERMIETUNG/VERKAUF LIEGENSCHAFT (3269) Unser Mandant hat jahrzehntelang erfolgreich eine Garage mit Autohandel und Werkstatt (über 200 Verkäufe pro Jahr) geführt. Ende 2013 hat sich der Inhaber aus dem aktiven Alltagsgeschäft zurückgezogen. Heute ist er noch in einem stark reduzierten Umfang im Handel von Occasion-Fahrzeugen tätig. Das Potential der Liegenschaft samt vorhandener und intakter Infrastruktur wird nur noch in geringem Umfang genutzt. Die grosszügige Liegenschaft liegt an sehr gut frequentierter Lage im ländlichen Raum, die

Nutzungsmöglichkeiten sind vielfältig. Und: Heute bestehen bereits neben der gewerblichen Nutzung im Obergeschoss drei neue bzw. sanierte Wohnungen. Der Inhaber strebt die Vermietung (allenfalls in Teilen) oder einen Verkauf der Liegenschaft an. Bei Interesse ist auch ein vollständiger Verkauf der Liegenschaft denkbar. Potenziellen Käufern bietet die Liegenschaft auch interessante Umnutzungsmöglichkeiten. Verhandlungspreis: 3.5 Millionen Franken. Folgende Möglichkeiten und Nutzungen sind denkbar: – Als Occasionshandelsplatz mit Aufbereitung für eine grössere Markengarage oder spezialisiertem Occasionshändler (Platz für 75 bis 100 Fahrzeuge) – Neuer Standort für eine bestehende Garage – Teilnutzung als selbständiger Unternehmer mit Fahrzeughandel oder mit einer Fahrzeugwerkstatt – Teilnutzung mit branchenfremden Betrieben Eckwerte: Grundstückfläche total: 5600 Quadratmeter, Gebäudegrundfläche total: 800 Quadratmeter Mietertrag Gewerbe p.a.: 16500 Franken, Mietertrag Wohnungen p.a.: 3500 Franken HAUSHALTS- UND KLIMAGERÄTEHANDEL (4260) Für ein traditionsreiches Unternehmen suchen wir auf den nächstmöglichen Zeitpunkt einen geeigneten Nachfolger. Das Unternehmen wurde als

Einzelfirma vor über zwanzig Jahren gegründet und nach Eintritt des heutigen Geschäftsinhabers ein Jahr später in eine Kollektivgesellschaft umgewandelt. Nach stetem Wachstum und konstanter Auftragslage wurde aus der Kollektivgesellschaft die heutige AG gegründet. Das Unternehmen ist im Handel mit Haushaltgeräten und Klimageräten sowie Klimaanlagen tätig. Dazu zählen die Planung und der Küchenbau sowie die Führung einer eigenen Reparaturwerkstatt. Der Betrieb verfügt über einen eigenen Werkservice mit gut ausgebildeten Technikern und Einbauspezialisten. Der heutige Geschäftsinhaber kann auf ein schlankes aber schlagkräftiges Team mit derzeit sieben Mitarbeitenden sowie einer Aushilfe zählen. Im vergangenen Jahr 2015 wurde ein Nettoumsatz in Höhe von rund 2.8 Millionen Franken erwirtschaftet. Die durchschnittliche EBIT-Marge der letzten Jahre betrug rund vier Prozent. Das Unternehmen verfügt über eine zweckmässige Infrastruktur. Die Liegenschaft befindet sich an einer bestens erschlossenen Verkehrslage, welche gemietet werden kann. Der gewünschte Nachfolger soll eine unternehmerische Persönlichkeit mit Erfahrungen und Knowhow in den genannten Bereichen sein. Der Verhandlungspreis für die Betriebsübernahme beläuft sich auf rund 0.6 Millionen Franken – Je nach Modell der Übernahme. Nach Zustellung einer unterzeichneten Ver-

IMPRESSUM UNTERNEHMERZEITUNG 22. Jahrgang, Die UnternehmerZeitung erscheint zehnmal jährlich im Verlag der Swiss Professional Media AG / Swiss Businesspress, Zürcherstrasse 20, CH-8952 Schlieren, Zürich; Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, info@unternehmerzeitung.ch HERAUSGEBER Oliver Kramer, kramer@s-p-m.ch REDAKTION Steffen Klatt, klatt@unternehmerzeitung.ch; Matej Mikusik, matej.mikusik@handel-heute.ch; Inès De Boel, deboel@unternehmerzeitung.ch; Anouk Arbenz, arbenz@unternehmerzeitung.ch; Roman Brauchli, brauchli@unternehmerzeitung.ch LAYOUT UND PRODUKTION Bruno Strupler, strupler@unternehmerzeitung.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE Mathias Binswanger, Yvonne von Hunnius, Barbara Barkhausen, Jacob Wirtschafter, Sascha Zastiral, Annina Haller, Fredy Gilgen, Vicka Maloca, Stella Gatziu Grivas, Shanti Grand, Claudio Giovanoli, Stefan Vogler, Alfred Kuhn, Christoph Hilber, Marco Hinni, Ivana Leiseder, Franziska Buob, Stefanie Meier-Gubser, Beatrice Müller, Sabrina Plattner, Michael Krampf, Ruedi Stricker ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, keller@unternehmerzeitung.ch, Telefon 044 306 47 00 DRUCKUNTERLAGEN info@unternehmerzeitung.ch ABONNEMENTS UnternehmerZeitung, Postfach, 8952 Schlieren Zürich, abo@unternehmerzeitung.ch, Einzelverkaufspreis: Fr. 8.– JAHRES-ABONNEMENT Fr. 64.– Inland; WEMF-BEGLAUBIGTE AUFLAGE 2015: 27647 Exemplare, davon verkauft: 7012 PRODUKTION multiprint, Basel NACHDRUCK Nur mit Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe © UnternehmerZeitung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. DIE UNTERNEHMER ZEITUNG IST MEDIENPARTNER VON Swiss Venture Club/ SVC Unternehmerpreis, Schweizer Unternehmerverband, Institut für Verwaltungsräte sivg, Vereinigung für Standort-Management SVSM Schweiz, SwissCleantech.ch, UnternehmerForum Schweiz, Schweizer KMU-Tag, KMUSwissEvent, Switzerland Global Enterprise, Energie-Agentur der Wirtschaft EnAW, ICT Berufsbildung Schweiz, Suisse EMEX, Award Corporate Communications®, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW IM VERLAG SWISS PROFESSIONAL MEDIA ERSCHEINT AUSSERDEM Zürcher KMU, das Zürcher Unternehmer-Magazin; HANDEL HEUTE, die Fachzeitschrift für den Schweizer Detailhandel; Logistik & Fördertechnik (LoFt), die Fachzeitschrift für Innovationen und Anwendungen in der internen und externen Logistik.

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UnternehmerZeitung | Nr. 10 2016


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traulichkeitserklärung und die Zusendung eines Lebenslaufs erhalten Interessenten gerne Detailinformationen zum Projekt. ONLINESHOP/LADEN STOFFE + NÄHARTIKEL (4259) Das Ladengeschäft sowie der Onlineshop sind seit 2015 in Betrieb und haben sich in der kurzen Zeit bereits gut etabliert. Aufgrund beruflicher Doppelbelastung durch weitere Tätigkeiten ist es der Eigentümerin nicht möglich, das Marktpotenzial auszuschöpfen und das Geschäft auszuweiten. Die neue Eigentümerin kann sofort ein laufendes Geschäft übernehmen; das Ladengeschäft ist nicht standortgebunden. Der Mietvertrag kann bei Bedarf übernommen werden. Verkaufspreis für Webshop, Kundenstamm und E-Commerce-Zahlungsanbindung sowie die gesamte Ladeneinrichtung: 39 000 Franken. Die aktuelle Investitionssumme für den Warenbestand beträgt ca. 75 000 Franken. Die jetzige Eigentümerin stellt sich gerne für eine Einführung zur Verfügung. Für mehr Informationen online Kurzexposée anfordern. VERKAUF METALLTECHNIK (3917) Höchste Präzision in der Metallverarbeitung kombiniert mit grösster Flexibilität in der Fertigung machen das Unternehmen zu einem führenden Lieferanten von komplexen Lösungen aus Blech aller Art. Für dieses ertragsstarke Unternehmen in der produzierenden und verarbeitenden Metallindustrie, welches sich seit 20 Jahren mit Engineering, Beratung, Konstruktion bis zur Produktion in unabhängigen Geschäftssegmenten bewährt hat, suchen wir einen Käufer/ Nachfolger, der den Betrieb erwirbt und weiterführt. Das rentable Unternehmen im Grossraum St. Gallen verfügt über einen breiten und langjährigen Kundenstamm, beschäftigt rund zehn, mehrheitlich langjährige Mitarbeitende und verfügt über eine moderne Infrastruktur auf 2 500 Quadratmeter Produktions- und Bürofläche. Der Maschinenpark besteht aus sehr hochwertigen Präzisionsmaschinen und ist

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sehr gut unterhalten. Hohe Automatisierung, qualifiziertes Personal, unterschiedliche Standbeine und ausbaubare Produktionskapazitäten bieten hervorragendes Potential für weiteres Wachstum. Das Unternehmen erwirtschaftete in den letzten Jahren Umsätze um rund drei Millionen Franken mit einem EBITDA von 10 bis 14 Prozent. Kaufpreisvorstellungen: ca. 2.1 Millionen Franken Detaillierte Verkaufsunterlagen werden gerne in einem persönlichen Gespräch übergeben. Als Grundlage dieses Gesprächs dienen ein entsprechender Kapitalnachweis und eine unterzeichnete Vertraulichkeitserklärung. HANDELSFIRMA FÜR WEIN, SPIRITUOSEN UND FOOD (4253) Das Unternehmen wurde vor über 120 Jahren gegründet und ist führend als Nischenplayer von hochwertigen Weinen und Spirituosen in Spezialflaschen (Geschenkflaschen). Das Unternehmen hat sechs Mitarbeitende, die saisonal von Teilzeit-Mitarbeitenden unterstützt werden. Der Sitz der Firma befindet sich in der Deutschschweiz. Die Büro- und Lagerräume werden zu günstigen Konditionen gemietet. Das Lager eignet sich durch stabile Temperaturen und optimaler Luftfeuchtigkeit speziell zum Lagern der gehandelten Produkte. Es werden nur qualitativ hochwertige Produkte im Bereich Wein, Spirituosen und Food mit speziellem Verpackungsdesign gehandelt. Die Produkte sind ausbaubar. Die Firma erwirtschaftet konstante Umsätze über vier Millionen Franken mit eigenen Produkten und hoher konstanter Marge. Die interessante, sehr rentable Firma mit Alleinstellungsmerkmalen wird inklusive Kunden- und Lieferantenstamm, Homepage und Lagerbeständen verkauft. Der Inhaber möchte aus Altersgründen zurücktreten und das Geschäft in neue Hände geben. ERTRAGSSTARKES MEDIENUNTERNEHMEN ZUM VERKAUF (4261) Für zwei erfolgreiche und sehr

rentable Medienunternehmen im Grossraum Zürich suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Käufer/Nachfolger/Investor. Die Unternehmen haben sich konsequent auf die Segmente High-Class, Luxus und Lifestyle konzentriert und verfügen über ein exzellentes Kundennetzwerk, welches sich auch für den internationalen Ausbau des Geschäftsmodells sehr gut eignet. In der Vergangenheit wurden Jahresumsätze in der Grössenordnung von etwa 3.5 Millionen Franken und einer EBIT-Marge von 20 Prozent erwirtschaftet. Für den Erwerb des Unternehmens benötigt ein Investor Eigenmittel in Höhe von 1.8 Millionen Franken.

GARAGENBETRIEB MIT MARKENVERTRETUNG (4257) Der Inhaber erreicht das Pensionsalter und bereitet sich nun darauf vor, die Nachfolge für seinen Betrieb zu regeln. Den Besitzern gelang es, sich durch besten Kundenservice und gute Kundenbeziehungen zu etablieren und auch grosse Firmenkunden zu gewinnen. Die ausgezeichnete Lage und die top-motivierten Mitarbeitenden gewähren einen reibungslosen Betrieb. Der Geschäftsführer steht dem Käufer auf Wunsch auch nach der Übernahme beratend zur Seite. Investitionssumme: 420 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: GS24065

SENIORENRESIDENZ SUCHT NACHFOLGER/IN (4258) Neue Ideen sind in der Hotellerie gefragt! Das Konzept des Inhabers ist es, eine Seniorenresidenz in seinen Hotelbetrieb zu integrieren. Kleine Aufgaben im Hotelbetrieb sollen den Senioren eine neue Lebensaufgabe geben. Die bisherigen Zahlen des Hotels können sich sehen lassen und die neue Ausrichtung steigern die Ertragslage weiter. Ausserdem steht der Geschäftsführer dem Käufer auf Wunsch während der Umsetzungsphase und auch nach der Übergabe beratend zur Seite. So können Knowhow und Kundenstamm optimal auf den neuen Eigner übertragen werden. Investitionssumme: 2.5 Millionen Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: PS27085

BUCH-ANTIQUARIAT IN DER ZENTRALSCHWEIZ (4251) Das seit über 20 Jahren erfolgreiche Buchantiquariat hat den Sitz und das Verkaufsgeschäft in einer Stadt der Zentralschweiz. Es erarbeitet einen Umsatz von durchschnittlich 200 000 Franken mit einer guten Marge. Rund 80 Prozent des Umsatzes wird über den Internethandel getätigt. Der Inhaber ist bereit, das Geschäft während einer Einarbeitungszeit zu begleiten, welches inklusive einem grossen Lager verkauft wird. GESUCHE WERKZEUGGROSSHANDEL (1197) International tätiges Werkzeugherstellungs- und -handelsunternehmen sucht

Expansions- und Diversifizierungsmöglichkeiten in der Schweiz. Gesucht wird ein Werkzeuggrosshandelsunternehmen, das eine Partnerschaft mit einem international ausgerichteten Partner anstrebt (strategische Motive, Nachfolgeregelung, o.ä.). Das Unternehmen soll sich in finanziell geordneten Verhältnissen befinden und strategisch gut aufgestellt sein. Übernahme von Unternehmen in Turnaround-Situationen sind auch möglich. SÜSSWARENUNTERNEHMEN GESUCHT (1199) Ein erfahrener Exportleiter einer Schweizer Süsswarenfirma (Produktionsbetrieb) mit langfristigem Investmenthorizont will sich selbständig machen und sucht zur Übernahme ein Unternehmen im Bereich Süsswaren. Dabei kann es sich sowohl um ein Handelsunternehmen als auch um einen Produktionsbetrieb von Süsswaren (massentaugliche Spezialitäten), Food und OTC-Produkten handeln. TREUHANDBÜRO STADT (AGGLOMERATION ZÜRICH) GESUCHT (3866) Wir suchen zur Übernahme ein Treuhand- und Beratungsbüro in der Stadt oder Agglomeration Zürich. Jahresumsatz nicht unter einer Million Franken. Das gesuchte Unternehmen sollte einen qualifizierten Mitarbeiterbestand aufweisen. Ideal als Lösung der Nachfolge des Inhabers oder für eine Kooperation.

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Sprengstoffexperten Ihr Aufgabengebiet ist so anspruchsvoll wie abwechslungsreich: EINSATZMÖGLICHKEITEN VON PRODUKTEN Selbstverständlich ist allgemein bekannt, dass Hand- und Gewehrgranaten theoretisch dazu missbraucht werden könnten, unschuldigen Menschen Schaden zuzufügen. Als Inhaber der neuen Position sind Sie dafür verantwortlich, die Märkte über alternative Anwendungen zu informieren (Bekämpfung der Kaninchenplage im australischen Outback, Nachbehandlung von hochwertigen Designer-Jeans usw.) und entsprechendes Absatzpotenzial zu erschliessen. UMGANG MIT EXPORTRESTRIKTIONEN Unsere Auftraggeberin leidet unter Schikanen seitens der Behörde. Ein

langjähriger Kunde im Nahen Osten wartet seit Wochen auf die Lieferung von Hohlladungsgranaten für die dringliche Behandlung einer von Terroristen verseuchten Kleinstadt. Im zuständigen Bundesamt verzögern spitzfindige Beamte die Auslieferung mit administrativen Hürden und setzen mit ihrer Paragraphenreiterei das Leben von unschuldigen Menschen aufs Spiel. PRODUKTEFINISH Gerüchten zufolge sind im Zweistromland Schweizer Produkte in falsche Hände gera-

ten. Um zukünftigen Missverständnissen den Riegel vorzuschieben, werden die Erzeugnisse nun ohne Schweizerkreuz und Herkunftsbezeichnung ausgeliefert. Letzten Endes spielt es auch keine Rolle, aus welcher Fabrik eine Handgranate kommt. Wenn wir Schweizer heute unsere Kunden im Stich lassen, springt morgen ein skrupelloser Waffenhändler in die Lücke. Und genau das ist unter allen Umständen zu vermeiden.

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