UZ 7/8 2016

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EN IT I S SE X 7 A IT P R M R V

UNTERNEHMER ZEITUNG Bild: Keystone, Alexandra Wey

Nr. 7/8, Juli/August 2016 22. Jahrgang, Fr. 8.– www.unternehmerzeitung.ch

BILDUNGSWEGE Erfolgsmodell und Exportschlager – das Schweizer System der dualen Berufsbilung hat sich bewährt. Damit es so bleibt, muss es mit der Zeit gehen: Ein sanfter Umbau ist unabdingbar. Seiten 9 – 15

PULSUMFRAGE

Bildungshochburg Schweiz

DAS DUALE MODELL

Johann Schneider-Ammann ab Seite 9 im Interview

Der Brexit hat den Konjunkturausblick der Experten getrübt: So Mancher korrigiert bislang gut abgestützte Prognosen nach unten. Seite 16

BÖRSENLAUNE Börsianer folgen dem Herdentrieb – und das häufig in die Sackgasse. Ein Plädoyer für rationale Vermögensverwaltung. Seite 28

VR-PRAXIS Sie führt an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft: Karen Huebscher, CEO der Solvias AG. Seite 42

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INHALT

EDITORIAL

Der Mohr kann gehen Der Juni 2016 wird in die Geschichtsbücher eingehen. Erstmals hat ein grosses Land beschlossen, aus der Europäischen Union auszutreten. Damit scheinen die Träume der Populisten aller Länder wahrgeworden zu sein. Wirklich? Die wirklichen Probleme beginnen erst. Jetzt muss sich die fünftgrösste Volkswirtschaft fragen, wie sie ihre Beziehungen zu ihrem wichtigsten Handelspartner gestalten soll. Und keine der möglichen Antworten überzeugt: Freihandelsabkommen, Integration auf norwegische Weise wie im EWR, mehr als hundert Einzelabkommen nach Schweizer Rezept. Das sind die gleichen Antworten, die in der Schweiz seit einem Vierteljahrhundert durchgekaut werden. Es geht immer um die gleiche Quadratur des Kreises: möglichst viel europäischen Binnenmarkt mit möglichst wenigen Verpflichtungen. Da wird kein vernünftiger Verhandlungspartner auf der Seite der Europäer mitspielen, auch kein Orban oder Kaczynski. Überhaupt erinnert die derzeitige britische Konfusion an die Schweiz; der Tag nach dem 23. Juni 2016 ähnelt dem Tag nach dem 9. Februar 2014: Die Populisten haben gesiegt, aber sie wissen nicht, was sie mit dem Sieg anfangen sollen. Sie sind aufgrund der Unzufriedenheit der Bürger fähig, funktionierende Modelle zu zerstören. Aber sie sind nicht fähig, eine Lösung anzubieten. Noch heute gibt es keine Klarheit darüber, wie die Zuwanderungsinitiative umgesetzt werden soll.

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KÖPFE UND KARRIEREN

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PODIUM THEMA: BERUFSBILDUNG Die Lehre führt jeden ans Ziel Gut verzahnt, aber getrennt Exportschlager Berufslehre

9 –15 10 12 14

WIRTSCHAFT Konjunkturumfrage 2/2016

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EUROPA Brexit: Irland aus dem Lot Brexit: USA auf Partnersuche Kykladen kennen keine Krise

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CLEANTECH E-Flugzeug: Abheben ohne Abgase 21 EXPORT Asien-Europa: Das Tor ist zu Trump predigt Abschirmung

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INNOVATION rqmicro: Analysegerät CellStream

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GELD Der Bär tritt von der Bühne ab Hirn gewinnt, Bauch verliert

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DIGITAL Design Thinking: die neue Denkart 30 Mobil im Ausland 33 MOBIL Leuchten für schlaue Städte

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MARKETING Flieg, Patrouille, flieg

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MANAGEMENT UZ-Serie: Esther Bischofberger

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UNTERNEHMEN Ein Startup rechnet ab

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PIONIERE M. Bircher-Benner: Birchermüesli

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Ähnlich in Grossbritannien: Kaum war der Brexit beschlossene Sache, schickten die Konservativen ihren Populisten Boris Johnson in die Wüste. Der – blonde – Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.

VRPRAXIS Karen Huebscher, CEO Solvias AG Von Spitzensportlern lernen Der VR von morgen Ins Netz gegangen

42 46 48 49

Es ist Zeit, Politik wieder so zu gestalten, wie es die Schweiz so lange so erfolgreich getan hat: pragmatisch, konsensuell, lösungsorientiert.

WEITERBILDUNG Rekrutierung à la Parship

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NETZWERKE Centre Patronal Unternehmer Forum Schweiz

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EVENTS Schweizer Baumesse SuisseEMEX

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BÜCHER Benedikt Weibel: Simplicity

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10 FRAGEN AN Mathis Hasler, PopupOffice AG

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KAPITALMARKT & IMPRESSUM DAS LETZTE

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Aber gerade die Schweiz macht Hoffnung. Erinnern Sie sich an die letzte Volksabstimmung, die vom 5. Juni? Der Bundesrat und damit die Mitte der Gesellschaft siegten auf der ganzen Linie. Die SVP selbst hatte ihr trötzelndes Referendum gegen die Asylgesetzrevision bereits im Vorfeld aufgegeben. Und das bedingungslose Grundeinkommen von ganz links wurde bedingungslos versenkt. Nach dem Aus für die Ausschaffungsinitiative im Februar war dies die zweite krachende Niederlage der Populisten.

Steffen Klatt editorial@unternehmerzeitung.ch www.unternehmerzeitung.ch

Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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KÖPFE UND KARRIEREN

CHIEF EXECUTIVE OFFICER Am ersten Juni 2016 übernahm ROBERT BENETIK die Führung der Edorex Informatik AG. Während eineinhalb Jahren war Benetik dort als Verkaufsberater sowie in der Geschäftsentwicklung tätig. Zuvor nahm er Führungsfunktionen bei verschiedenen Telecom- und IT-Unternehmen ein. Benetik soll Edorex stärker auf Inventarsysteme wie Internet of Things, CRM-Lösungen sowie Apps zur Prozessoptimierung fokussieren.

HEAD OF ORGANIZATION AND HUMAN RESOURCES LafargeHolcim ernennt CAROLINE LUSCOMBE zur neuen Head of Organization and Human Resources sowie zum Mitglied der Konzernleitung. Luscombe stösst von Syngenta, wo sie als Head of HR tätig und Mitglied der Geschäftsleitung war, zu LafargeHolcim. Zuvor hatte sie verschiedene leitende HR-Funktionen in den Geschäftsbereichen Finance und Healthcare bei der GE-Gruppe und bei Laporte inne.

PRÄSIDENT DER GESCHÄFTSLEITUNG Der Bankrat der Basellandschaftlichen Kantonalbank ernennt JOHN HÄFELFINGER per 1. Januar 2017 zum Präsidenten der Geschäftsleitung. Häfelfinger arbeitete vorher bei der CS und fokussierte sich auf Spezialfinanzierungen. Zuletzt verantwortete er dort den Bereich «Corporate & Specialty Lending»und war stellvertretender Leiter des Bereichs «Corporate & Institutional Clients».

BERATER Der ehemalige Geschäftsleiter des erfolgreichsten Internet-Unternehmens der Schweiz, MARK SANDMEIER, wird Berater der STAFF FINDER AG . Von 2000 bis 2015 brachte Sandmeier die JobCloud AG (ehemals jobs.ch) als CEO entscheidend voran. Seit 2014 ist er dort Mitglied im Verwaltungsrat und berät seitdem auch andere Jungunternehmen im digitalen Bereich.

CHIEF EXECUTIVE OFFICER Als Nachfolge von Franz Julen übernimmt VICTOR DURAN am 1. Januar 2017 die Spitze von Intersport International. Zurzeit ist Duran Senior VicePresident Marketing & Business to Consumer und Mitglied der Konzernleitung von Amer Sports. Davor arbeitete er in der Schweiz und in Grossbritannien für die Beratungsfirmen Hothouse und Zyman Group. Duran absolvierte sein Wirtschaftsstudium an der US-Elitemilitärakademie von Westpoint.

VERWALTUNGSRATSPRÄSIDENT Das Druck- und Medienunternehmen Brunner hat einen Wechsel im Verwaltungsrat vorgenommen: Auf Edgar C. Britschgi folgt HANS-PETER CHRISTEN. Der Geschäftsführer der SWING Informatik AG, die Software für Spitex-Organisationen und Alters- und Pflegeheime vertreibt, bringt 30 Jahre Erfahrung in der IT-Branche mit. Christen war Vizepräsident des Gremiums und ist seit 2007 Mitglied des Verwaltungsrats der Brunner Medien AG.

EXECUTIVE CREATIVE DIRECTOR Die Digitalagentur Equipe hat CLAUDE EBERHARD zum neuen Kreativchef ernannt. Der ausgewiesene Digitalexperte arbeitete die letzten 15 Jahre erfolgreich für namhafte Agenturen wie Jung von Matt und als Freelancer. Bei Equipe will er als Executive Creative Director noch stärker auf den Entertainment-Faktor setzen. Im Laufe seiner Karriere gewann Eberhard zahlreiche Awards bei nationalen und internationalen Kreativ-Wettbewerben.

REDAKTIONSLEITUNG Die Talksendung «Focus» auf Radio SRF erlebt einen Wechsel in der Leitung: ANITA RICHNER folgt per 1. Juni 2016 auf Dominic Dillier. Richner arbeitet seit 1994 beim Schweizer Radio und Fernsehen, unter anderem als Produzentin bei Radio SRF 3, als Redaktorin und Moderatorin von «Rendez-vous» und «Echo der Zeit» sowie als Literaturredaktorin. Seit 2012 ist sie Gesprächsleiterin der Talksendung «Persönlich» auf Radio SRF 1.

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

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PODIUM

Überlegene Berufsbildung WIRTSCHAFTS- UND BILDUNGSPOLITIK Was für ein Drama in Europa! Jeder vierte Jugendliche unter 25 Jahren auf dem europäischen Kontinent, der nicht in einer Ausbildung steckt, ist als arbeitslos registriert. Es gibt wohl keine grössere Demütigung eines jungen Menschen, als das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. TEXT R U D O L F S T R A H M

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ährend der EU-Durchschnitt der Jugendarbeitslosenquote bei 23 Prozent liegt, übersteigt er in Südeuropa 30, ja sogar 40 Prozent. Demgegenüber sind die Arbeitslosenquoten in den Berufsbildungsländern Schweiz, Deutschland, Österreich, aber auch in Dänemark und den Niederlanden viermal tiefer als der EU-Durchschnitt. Das duale Berufsbildungssystem ist in Bezug auf die Arbeitsmarktfähigkeit eindeutig überlegen: Weil es praxisorientiert ist, weil es die praktische Intelligenz qualifiziert und weil man in der betrieblichen Berufslehre auch Schlüsselkompetenzen wie Exaktheit, Präzision, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein einübt. Es gibt einen zweiten Aspekt, mit dem die Berufsbildungsländer hervorstechen: Sie haben eine bessere wirtschaftliche Performance. Mit der industriellen Wertschöpfung oder mit den Warenexporten pro Kopf der Bevölkerung sind die Berufsbildungsländer stets in der Spitzengruppe der EU-Staaten. Dies trotz hoher Löhne und hoher Preise. Die Länder mit einer dualen Berufsbildung sowie Schweden, das ein System staatlicher Lehrwerkstätten unterhält, haben es geschafft, mit industriellen und dienstleistungsbezogenen Innovationen international konkurrenzfähig zu bleiben. INDUSTRIEABBAU IN SÜD UND WEST Und Südeuropa? Noch vor zwei, drei Jahrzehnten produzierten Italien, Spanien und Portugal Bekleidung, Schuhe, Haushaltsartikel und andere Massenkonsumgüter für ganz Europa. Heute sind sie in einem dramatischen Deindustrialisierungsprozess. Ihre Produktion ist durch billigere, bessere Massenware aus Asien verdrängt worden. Südeuropa fehlte eine anpassungsfähige, innovative «Skilled Labour», sprich eine qualifizierte Facharbeiterschaft, die dank Berufsbildung und Weiterbildung auf ein höheres Technologieniveau aufrückte. Man schätzt, dass China durch seine Exportoffensive 6

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DER MITTELWEG ALS KÖNIGSWEG Momentan können wir uns mit dem dualen Berufsbildungssystem als stark einschätzen. Doch wir müssen wissen, dass die Berufslehre allein in manchen Berufen nicht mehr genügt. Die Schicksalsfrage des Berufsbildungssystems liegt in der Höheren Berufsbildung. Das sind alle die berufsbegleitenden Weiterbildungsstufen mit heute 500 Abschlüssen mit der Berufsprüfung, der Höheren Fachprüfung (der früheren Meisterprüfung) und den Höheren Fachschulen. Ohne diese mittleren Kader, Ist die Bildung gut, geht es auch mit der Wirtschaft aufwärts. Techniker, Teamchefs, die «ProBild: Depositphotos.com/xload fessional Bachelors», die sich auch mit 30, 35 oder 40 Jahren die innert anderthalb Jahrzehnten mindestens neuesten Technologien aneignen, würde die 26 Millionen Arbeitsplätze in Traditionsinschweizerische KMU-Wirtschaft zusammendustrien mit ausgereiften Technologien in brechen. Sie sind die wichtigsten TechnoloEuropa verdrängt hat. giediffusionsagenten. Man muss heute, angeUnd Frankreich? Ehemals war Franksichts der technologischen Entwicklung, reich die stolze Industrienation neben davon ausgehen, dass Bildungspolitik auch Deutschland, technologisch modern, exportWirtschaftspolitik bedeutet. Und umgekehrt, orientiert, selbstbewusst. Frankreich befindass für die Wirtschaftspolitik heute die Bildet sich in einem dramatischen Deindustriadungs-, Berufsbildungs- und Weiterbillisierungsprozess. Heute ist seine industrielle dungspolitik matchentscheidend ist. Wertschöpfung gemessen am BIP nur noch halb so gross wie in Deutschland oder der DER AUTOR Schweiz. Frankreich hat mehr universitäre Rudolf Strahm, ÖkoIngenieure als wir. Aber es hat keine genom und Chemiker, nügend qualifizierte Facharbeiterschaft, die amtete von 2004 bis innovationsfähig und technologisch versiert 2008 als Eidgenössiist. Die französische Bildungselite, ausgebilscher Preisüberwacher. det an Renommieruniversitäten, pflegt ihren Zuvor war er während Bildungsdünkel und ist zunehmend unfähig, 13 Jahren von 1991 bis 2004 Mitglied des der internationalen Konkurrenz standzuSchweizerischen Natiohalten. Ihre akademische Jugend ist auf der nalrats. Parallel zu seiStrasse und ruft nach Jobs und Privilegien. nen wechselnden beruflichen Tätigkeiten hat Jede Berufsbildung hat in Frankreich ein der Bildungsexperte mehrere Bücher verfasst. soziales Stigma. Die «formation professioSein letztes Buch «Die Akademisierungsfalle. nelle» ist etwas «pour les plus défavorisés», Warum nicht alle an die Uni müssen» ist 2014 also für die schwächsten Arbeitslosen in den beim hep-Bildungsverlag erschienen. Banlieues.


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THEMA

Bewährtes sorgsam umbauen VON S T E F F E N K L A T T

DAS DUALE MODELL Bild: zVg, libs.ch

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in solcher Satz fehlt in kaum einer Sonntagsrede über die Trümpfe der Schweizer Wirtschaft: Die duale Berufsbildung ist ein Erfolgsmodell. Und wie so viele Standardsätze aus Sonntagsreden ist auch dieser richtig. Die Schweizer Berufsbildung stellt den Unternehmen die nötigen Berufsleute zur Verfügung, erleichtert den jungen Leuten den Einstieg in das Berufsleben und hält die Jugendarbeitslosigkeit tief. Das ändert aber nichts daran, dass die Berufsausbildung vor grossen Herausforderungen steht. Da ist zum einen die Verlagerung der Produktion ins Ausland, aus Kostengründen oder wegen der Kundennähe. Damit sinkt die Zahl der einfacheren Arbeiten in der Schweiz. Was hier bleibt, wird anspruchsvoller und verändert sich ständig. Die Anforderungen an die Lehrlinge wachsen. Digitale Fähigkeiten sind das eine und angesichts der Technikaffinität vieler Jugendlicher noch die kleinste Zusatzanforderung. Hinzu kommen Sprachen: Englisch ist ein Muss auch für immer mehr Berufsleute, und zwar gutes Englisch. Weitere Sprachen kommen je nach Beruf hinzu. Die Politik hat schon viel dafür getan. So hat die Bildung von Fachhochschulen seit den 1990er-Jahren die Durchlässigkeit des Systems und die Möglichkeiten für Weiterbildungen nochmals massiv verbessert. Mit der Verlagerung der Produktion ins Ausland kommt auf Schweizer Unternehmen das Problem zu,

auch im Ausland die Qualität sichern zu müssen. Die Qualität muss auch dann stimmen, wenn «Made in China» oder «Made in Slovakia» das «Made in Switzerland» ersetzen. Die gute Berufsbildung in der Schweiz hilft dann nicht mehr. Deshalb versuchen immer mehr Firmen, Elemente der Schweizer Berufsbildung auch im Ausland einzusetzen. Dazu gehören etwa der Austausch von Lehrlingen zwischen Tochterfirmen oder die Berufsbildung im eigenen ausländischen Tochterunternehmen. Der Export der Schweizer Berufsbildung liegt also im ureigenen Interesse der Unternehmen. Zuhause kommt ein demographisches Problem hinzu: Es gibt immer weniger Jugendliche, die überhaupt eine Lehre aufnehmen können. Der einstige Lehrstellenmangel macht dem Lehrlingsmangel Platz. Ein «Import» von Lehrlingen wie bei den älteren Fachkräften dürfte nur in den Regionen ganz nahe an der Grenze in Frage kommen – und auch Süddeutschland und Vorarlberg leiden nicht an einem Überschuss von Jugendlichen. Das erhöht den Druck, auch Flüchtlinge auszubilden. Aber eine dauerhafte Lösung ist das nicht. Vermutlich werden einige Betriebe mangels Nachwuchs irgendwann verschwinden. Die Schweizer Berufsbildung wird umgebaut. Sie wird komplexer und globaler, aber damit auch zukunftsfähig. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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THEMA

Die Lehre führt jeden ans Ziel SCHWEIZER BERUFSBILDUNG Mit der Basisausbildung ist noch nichts verbaut, Wegkorrekturen in alle Richtungen sind immer möglich: Das Schweizer System ist äusserst durchlässig und passt sich flexibel an Änderungen in der Wirtschaft an. Genau das macht es auch jenseits der Landesgrenzen attraktiv. INTERVIEW Y V O N N E V O N H U N N I U S

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as Schweizer Berufsbildungssystem garantiert Flexibilität und Stabilität. Der zweite internationale Berufsbildungskongress zeigte seinen Modellcharakter. Der Aufbau eines solchen Systems benötige viele Jahrzehnte und das freiwillige Engagement der Wirtschaft, sagt Bundespräsident Johann Schneider-Ammann. Die Welt dreht sich immer schneller – ist da komplexe Berufsbildung noch zeitgemäss? JOHANN SCHNEIDER-AMMANN Berufsbildung ist immer zeitgemäss. Je schneller sich die Welt bewegt – und sie bewegt sich in Richtung Industrie 4.0 und Digitalisierung –, desto besser ist es, wenn es ein paar eingeschlagene Pflöcke gibt, an denen man sich festmachen kann. Und in diesem Zusammenhang spreche ich vom sogenannten goldenen Dreieck: Dieses besteht aus einem offenen Arbeitsmarkt, aus gelebter Sozialpartnerschaft, unterlegt mit dem dualen Bildungssystem. Dennoch kann das System den grossen Bedarf an Ingenieuren nicht bedienen . . . Wir haben tatsächlich einen Nachholbedarf im Bereich Ingenieurwesen und Naturwissenschaften. Es muss uns gelingen, unseren Nachwuchs selber auszubilden. Hierbei ist ein wichtiger Punkt, dass wir auch die jungen Mädchen erreichen. Wir müssen ihnen zeigen, dass Naturwissenschaften etwas Spannendes sind und eine Tätigkeit in diesem Umfeld sehr inspirierend sein kann. Die Branchenorganisationen haben in den letzten Jahren viel dazu beigetragen. Es wurden 10

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gute Fortschritte gemacht, doch die Anstrengungen müssen aufrechterhalten werden. Ist dabei das System durchlässig genug, um nach einer Basisausbildung den Weg zum Ingenieur zu weisen? Ja, wir haben ein wirklich durchlässiges System. Jugendliche können beim Einstieg gar keine Fehler machen. Wenn sie die erste Ausbildung nicht dorthin führt, wo sie sich wohl fühlen oder Jobangebote bekommen, können sie den Weg korrigieren. Sie müssen etwas mehr Zeit investieren, aber sie können sich im System nach links, rechts und vorwärts bewegen, um ihr Ziel zu erreichen. Warum ist dann eine Lehre nicht attraktiv? Auch 2016 werden viele Lehrstellen nicht besetzt. Man darf das nicht so interpretieren. Es ist zunächst eine gute Ansage, dass Lehrstellen in hoher Zahl und sogar mit steigender Tendenz angeboten werden. Das bedeutet: Das Land und die Wirtschaft haben Perspektiven, suchen Kontinuität und Nachwuchs. Und die Jugendlichen haben eine grössere Chance, eine Lehrstelle in ihrem Wunschberuf zu bekommen Dass es die Betriebe schwerer haben, Lehrplätze zu besetzen, ist zum einen durch die Demographie bedingt. Zum anderen ist das sogenannte Matching, das heisst, der Abgleich von Angebot und Nachfrage, eine grosse Herausforderung. Sind Lehrabsolventen auch gerüstet für die Herausforderungen der Exportwirtschaft? Das duale Bildungssystem ist grundsätzlich flexibel und orientiert sich an den Bedürf-

DAS DUALE MODELL Falls es ihr nicht mehr schmeckt, kann sie wechseln. Bundespräsident Schneider-Ammann schaut Kochlernenden im Rahmen der Fachkräfteinitiative im gewerblich-industriellen Bildungszentrum in Zug im April 2016 über die Schulter. Bild: Keystone, Alexandra Wey

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THEMA

nissen des Arbeitsmarktes. In unserer globalisierten Arbeitswelt müssen Auszubildende jedoch lernen, sich in verschiedenen Sprachen zu verständigen. Da müssen wir in den kommenden Jahren einen zusätzlichen Effort leisten. Auch müssen wir stets die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen im Blick haben. Nach der Ausbildung besitzen sie fundierte fachliche Fertigkeiten – doch der Anspruch nach eigenständigem und eigenverantwortlichem Verhalten erfüllt sich nicht automatisch. Fördern kann man die Selbstständigkeit etwa durch diverse Projektaufgaben während der Berufslehre. Das Schweizer System gilt international als Erfolgsmodell – wie profitiert davon die Schweiz? Es ist nicht so, dass wir Know-how abgeben und missionieren – das wäre der falsche Ansatz. Der Austausch mit Experten beispielsweise aus Afrika oder Osteuropa ist immer auch ein Check, ob das Schweizer System auf dem richtigen Weg ist oder selbst Defizite hat. Es ist ein Geben und Nehmen.

Gut verzahnt, aber getrennt BERUFSBILDUNG Dank Status Quo an der Spitze: Die Trennung der Berufsbildung von der akademischen Bildung erwies sich als Erfolgsmodell – und soll weder aufgehoben noch verwässert werden. Die grösste Innovation der dualen Berufsausbildung in den letzten zwei Jahrzehnten ist deren Durchlässigkeit.

DAS DUALE MODELL Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt: «Wir müssen die Kanten des Bildungssystems nicht abschleifen, sondern schärfen.» Bild: zVg, libs.ch

INTERVIEW Y V O N N E V O N H U N N I U S

Welche Erfahrung geben Sie besonders häufig weiter? Von vielen höre ich eine gewisse Enttäuschung darüber, dass der Aufbau eines Systems nicht schnell genug geht. Doch Berufsbildung kann man nicht aus dem Boden stampfen. Bis sie funktioniert wie gewünscht vergehen Jahrzehnte. Es braucht mehrere Generationen, die das System aufbauen und durchlaufen. Wie kann die Schweiz bei diesen langfristigen Entwicklungen Staaten wie den USA oder Indien helfen, die dortige Berufsbildung zu fördern? Es ist grundsätzlich nicht der richtige Weg, nach dem Staat zu rufen und diesen zu verpflichten. Ich bin überzeugt, dass sich Erfolge dadurch einstellen, dass beispielsweise US-Tochterfirmen von Schweizer Firmen Know-how zur Berufsbildung effizient ins Land transportieren. Auch in Indien ist man auf gutem Weg, indem über Projekte private Partner für die Berufsbildung animiert werden. Dank diesen Mechanismen kann man kontinuierlich Know-how aufbauen.

ZUR PERSON Johann Schneider-Ammann ist 2016 Schweizer Bundespräsident und seit 2010 Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF. Als Unternehmer leitete er in verschiedenen Funktionen über 20 Jahre die Geschicke des Maschinenbauunternehmens Ammann.

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ie Schweizer Berufsbildung ist ein wesentlicher Faktor, die Schweiz für den Strukturwandel fit zu halten. Davon ist Valentin Vogt überzeugt. Der Verwaltungsratspräsident von Burckhardt Compression in Winterthur und Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands plädiert für eine grössere Anerkennung der Lehre.

Inwieweit trägt das Schweizer Berufsbildungssystem zum Schweizer Wohlstand bei? VALENTIN VOGT Dazu muss man verstehen, worauf der Wohlstand in der Schweiz beruht. Er basiert nicht primär auf der hohen Produktivität. Das Erfolgsgeheimnis ist unsere hohe Erwerbsquote. Wir sind bei der Erwerbsquote Weltspitze und integrieren 82 Prozent der Bevölkerung im Erwerbsalter in den Arbeitsprozess. In EU-Ländern liegt die Quote um 10 bis 20 Prozent tiefer. Zudem absolvieren 95 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz nach der obligatorischen Schule eine berufliche Ausbildung oder eine Matura. Das duale Berufsbildungssystem hat hieran einen entscheidenden Anteil. Funktioniert das System, weil es der Wirtschaft gut geht – oder ist es umgekehrt? Die Berufsbildung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass die Schweiz heute erfolgreich ist und dies auch bleibt. Sie hilft, die Herausforderungen des Struk-

turwandels zu meistern. Die Schweiz befindet sich seit 1860 in einem permanenten Strukturwandel. Damals arbeiteten bei einer Bevölkerung von vier Millionen Menschen insgesamt 400 000 in der Textilindustrie – heute sind es nur noch rund 20 000. Derlei ist nur durch grosse Anpassungsfähigkeit möglich. Wenn sich Berufsbilder ändern, werden die Lehrinhalte von den Verbänden beziehungsweise deren Mitgliedsunternehmen weiterentwickelt. Somit sind die Berufsbilder auf den Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften abgestimmt. Zudem haben die Lehrabsolventen alle ein grundlegendes Prozessverständnis – das fördert das für Schweizer Unternehmen so wichtige Effizienzdenken. Bei 22 Ausbildungsberufen und 243 Profilen ist das System aber auch recht komplex... Das stimmt, wir haben sehr spezifische Berufsbilder. Doch auch das passt zur Schweizer Wirtschaft. Die Schweiz ist nicht Weltmeister in den Nischen-, sondern Weltmeister in Ritzenmärkten. Nehmen wir Burckhardt Compression: Wir sind mit 500 Millionen Franken Umsatz Weltmarktführer in einem Markt, der global gerade mal vier Milliarden Franken gross ist. In der Schweiz sind viele solcher Unternehmen beheimatet. Und eine starke Spezialisierung zieht nach sich, dass man neben solider Grundbildung auch berufliche Weiterbildung braucht.


Welche Kernelemente sind besonders wichtig für das Ausbildungssystem? Die Kernelemente sind die Dualität zwischen praktischer Arbeit und Schulbildung, die soziale Durchlässigkeit, das Engagement der Firmen und natürlich das Prinzip einer privat-öffentlichen Partnerschaft zwischen Staat, Verbänden und Unternehmen. Das ist häufig kritisch, wenn es um eine Adaption des Systems im Ausland geht: Während es überall Wirtschaftsverbände gibt, sind die Berufsverbände nach Schweizer Art im Ausland selten vorzufinden.

Konsequenzen das hätte. Damit senken wir letztlich das Niveau der Matura. Gleichzeitig fehlen gut qualifizierte Jugendliche in anspruchsvollen Ausbildungsberufen. Es gibt den Trend der Akademisierung und den sehe ich mit Besorgnis. Die Lehre ist eine sehr gute Alternative mit kleinem Risiko. Was macht ein Maturand, der beim Vordiplom im Studium durchfällt? Hätte er statt Matura eine Lehre gemacht, könnte er in seinem gelernten Beruf arbeiten und sich später weiterbilden. Zudem erachte ich die Vermischung der beiden Systeme als gefährlich.

Sie erwähnen Durchlässigkeit – bildet die Schweiz nicht zu wenige Akademiker aus? Die grösste Innovation im dualen Bildungswesen der letzten zwanzig Jahre ist die Durchlässigkeit und sie funktioniert. In unserem Land können Sie, wenn Sie eine Maurerlehre gemacht haben, auch noch ETH-Professor für Bauwissenschaften werden. Das ist genial. Viele Führungskräfte wie zum Beispiel UBS-CEO Sergio Ermotti haben den dualen Bildungsweg absolviert. Doch es braucht noch grösseres Verständnis für das System bei den Eltern wie auch bei internationalen Firmen.

Was meinen Sie damit genau? Wir müssen die Kanten des Bildungssystems nicht abschleifen, sondern schärfen. Hiermit können wir Jugendliche ihren Fähigkeiten entsprechend in den Arbeitsprozess bringen. Und wir gewähren Durchlässigkeit. Beispielsweise sind wir bei Burckhardt Compression sehr froh um Jugendliche, die eine Lehre absolviert haben und bereits früh gelernt haben, mit Erwachsenen pragmatisch Projekte zu bearbeiten. Und: Wichtige Positionen in der Wirtschaft werden durch die höhere Berufsbildung abgedeckt. Nehmen Sie zum Beispiel die anspruchsvolle und gut vergütete Position eines Bauführers. Wenn wir akademische Fähigkeiten suchen, wollen wir diese in ausgeprägter Form bei einem Uni-Absolventen finden. Unser Schweizer Ziel muss sein, in allem, was wir

Also sollte die Maturanden- oder Akademikerrate nicht angehoben werden? Auf keinen Fall. Man muss das Gesamtsystem im Blick haben und sich fragen, welche

ZUR PERSON Valentin Vogt ist Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands wie auch Verwaltungsratspräsident und Miteigentümer der Burckhardt Compression Holding AG in Winterthur. Er studierte an der Universität St. Gallen mit Vertiefungsrichtung Finanz- und Rechnungswesen und hat zwei Kinder, die beide ursprünglich den dualen Berufsbildungsweg eingeschlagen haben.

tun, Spitze zu sein: in der Berufsbildung und in der akademischen Bildung. Die Voraussetzungen haben wir geschaffen, indem die beiden Systeme sehr gut miteinander verzahnt, aber grundlegend getrennt sind. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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THEMA

Exportschlager Berufslehre BILDUNGSEXPORT Die duale Berufsbildung der Schweiz ist ein Erfolgsmodell. Viele Staaten haben Interesse daran, es bei sich zu etablieren. Dabei scheint ein Export wie etwa von Schokolade unmöglich. Dennoch wird das System durch Schweizer Firmen in die Welt getragen. Davon profitieren alle Seiten. TEXT Y V O N N E V O N H U N N I U S

M

it einer Lehre einsteigen und ganz nach oben kommen – sogar bis an die Spitze eines der grössten Bankhäuser der Welt. Das Beispiel von UBS-CEO Sergio Ermotti ist bekannt. Er hat eine Banklehre bei der Cornèr Bank in Lugano absolviert und sich nach dem Schweizer Prinzip «Kein Abschluss ohne Anschluss» kontinuierlich weitergebildet. In der Schweiz ist das keine Ausnahme. Dabei baut das hiesige duale Berufsbildungssystem darauf, dass die Wirtschaft eng in die Berufsbildung miteinbezogen wird – zum Vorteil aller Seiten. Es steht für Flexibilität, Durchlässigkeit, hohe Qualität und niedrige Arbeitslosigkeit. Viele Länder wollen ein vergleichbares System bei sich einführen, denn es scheint einen Ausweg zu bieten aus der Sackgasse eines Fachkräftemangels bei gleichzeitig hoher Arbeitslosigkeit. KARRIERE OHNE SCHULDEN Mittlerweile sehen in diesem Punkt selbst diejenigen die Schweiz als Vorbild, die auf der ganzen Welt kopiert werden: «Die Schweiz zeigt, eine Karriere muss nicht mit hohen Schulden anfangen», sagte Suzan LeVine, US-Botschafterin für die Schweiz und Liechtenstein, im Juni. Im Rahmen des zweiten internationalen Berufsbildungskongresses in Winterthur ist sie einmal mehr als grosser Fan der Schweizer Berufsbildung aufgetreten. Ihrer Meinung nach sind in den USA noch zu viele davon überzeugt, dass einzig ein teurer Universitätsabschluss den Weg zum Erfolg öffnet. 400 000 Lehrlinge kamen in den USA 2015 auf 21 Millionen Studenten – somit hatten weniger als 0.5 Prozent der Arbeitnehmer eine Berufsausbildung absol-

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

viert. In der Schweiz entscheiden sich zwei Drittel der Schulabsolventen für diesen Weg. DIE USA MACHEN ERNST Wie stark sich das Denken dabei auch zwischen Unternehmen in den USA und der Schweiz unterscheidet, betont der stellvertretende US-Arbeitsminister Christopher Lu: «Als ich mit Schweizer Unternehmern zusammenkam, sprachen diese von Berufsbildung nicht als Kostenpunkt, sondern als Investition.» Genau darauf will man in den USA nun setzen und einen Mentalitätswandel einleiten. Präsident Obama will die Anzahl der Lehrlinge in den nächsten Jahren verdoppeln. Mit der Schweiz und auch Deutschland haben die USA Vereinbarungen zu enger Kooperation in der Berufsbildung geschlossen. Knapp fünfzig Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren wurden schon initiiert. Schweizer Unternehmen sind vorne dabei: Die nordamerikanische Niederlassung von Zurich Insurance startet gerade eine Ausbildungsinitiative mit dem britischen Versicherer Aon und dem US-Arbeitsministerium. Ziel ist, die duale Ausbildung in den Bereichen Finanzdienstleistungen und Versicherung in Chicago zu fördern. Dabei hat Zurich als erstes Unternehmen in den USA eine Zulassung des Ministeriums erhalten, diese Art von Berufsbildung anzubieten. Bis 2020 will man rund hundert Lehrlinge ausgebildet haben – eine Ausweitung ist in Planung. MASSGESCHNEIDERTE SYSTEME Aber könnte man nicht einfach das Schweizer System einführen? Nein, sagt Valentin Vogt, der Präsident des Schweizer Arbeitgeberverbands: «Berufsbildung kann man

DAS DUALE MODELL Mehr Zeit am Arbeitsplatz als im Schulzimmer: Investitionen in die Berufsbildung lohnen sich – für Unternehmer und die Gesellschaft als Ganzes. Allmählich setzt sich diese Erkenntnis auch im Ausland durch. Bild: zVg, libs.ch

nicht in ein Paket stecken und beispielsweise nach Übersee schicken. Das funktioniert so nicht.» Schweizer Bildungsvertreter sind seiner Meinung. Dennoch können die Prinzipien, auf denen die Berufsbildung beruht, auch für andere Länder wertvoll sein. «Dazu braucht es Experten, die sowohl das Schweizer System als auch die ausländischen Gegebenheiten bestens kennen. Sie können dann Elemente lokal adaptieren», sagt Vogt. Vogt spricht aus eigener Erfahrung. Er ist auch Verwaltungsratspräsident des Industrieunternehmens Burckhard Com-


bildungssysteme sind gute und intensive Kooperationsformen zwischen Akteuren des Bildungs- und Beschäftigungssystems», sagt Ursula Renold, Leiterin des Forschungsbereichs vergleichende Bildungssysteme an der ETH Zürich. Durch ihre Forschung und durch die Summer School an der ETH Zürich zeigt sie Vertretern aller Länder, an welchen Schrauben zu drehen ist. Renold ist eine der angesehensten Expertinnen des Bereichs. Denn sie ist nicht nur Wissenschaftlerin, sie hat das Schweizer System auch selbst geprägt. Als ehemalige Direktorin des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT) war sie unter anderem verantwortlich für den gesamten Schweizer Berufsbildungsbereich. An der ETH sucht sie heute mit Kollegen Antworten auf die Frage, welche Staaten eine besonders starke Verbindung zwischen dem Bildungsund Beschäftigungssystem etablieren konnten und welche Faktoren das begünstigen. Neben der Schweiz sind es gerade Deutschland und Österreich sowie Dänemark, die durch ein eng verzahntes System auffallen. In diesen Ländern sind die Arbeitgeber involviert, wenn es um Qualifikationsstandards oder die Aktualisierung von Inhalten geht. Zudem verbringen die Lehrlinge mehr Zeit am Arbeitsplatz als im Klassenzimmer.

pression. Der Winterthurer Pumpenhersteller ist auch in Indien aktiv und dort an Bildungsinitiativen beteiligt. Beispielsweise am Projekt Swiss Vocational Education and Training Initiative India (SVETII), das duale Ausbildungskurse in Indien entwickelt und anbietet. Heute sind daran viele Akteure wie der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem und zehn Unternehmen beteiligt: neben Burckhard Compression auch ABB, Bühler oder Rieter. Das ist aber nicht alles: Im Augenblick baut Burckhard Compression mit Indust-

rieunternehmen wie Sulzer und Rieter das Indo-Swiss Centre of Excellence auf. «Auch Hilti, Geberit, Syngenta, SFS und Schindler zeigen Interesse. Letztlich wollen wir eine Speerspitze von Lehrlingen und Ausbildern ausbilden: Jährlich sollen rund hundert Lehrlinge der beteiligten Firmen das Zentrum mit fundiertem Wissen verlassen.» WISSEN WEITERGEBEN In diesen Beispielen zeigt sie sich deutlich: Die Wirtschaft muss miteinbezogen sein. «Denn ein Erfolgsrezept starker Berufs-

DER AUFWAND LOHNT SICH Duale Berufsbildung bedeutet Aufwand für Unternehmer – das muss sich lohnen. Eine Kosten-Nutzen-Studie von Stefan Wolter von der Universität Bern belegt: Die Ausbildung eines Lehrlings bringt in der Regel einen positiven Nettoertrag. Wen das nicht vom System überzeugt, dem gibt Renold zwei Fragen mit auf den Weg: «Wollen Sie als Unternehmen nur ein Konsument von Berufsbildung und darauf beschränkt sein, sich von aussen zu beschweren? Oder wollen Sie zu einem Produzenten werden und Ihre Bedürfnisse aktiv einbringen?» Dabei verliert ein Unternehmen kein Knowhow, wenn es mit anderen kooperiert oder das System ins Ausland trägt – das sagt auch Bundesrat Josef Schneider-Ammann deutlich. Wenn es die Möglichkeit gibt, sich in diesem Kontext gut zu positionieren, kann Berufsbildung zu einem Imagegewinn für Unternehmen und Staat führen. Dabei legt die Schweiz keinerlei missionarischen Eifer an den Tag – das mag zusammenhängen mit dem Schweizer Staatsverständnis. Schneider-Ammann sagt: «Es ist grundsätzlich nicht der richtige Weg, nach dem Staat zu rufen und diesen zu verpflichten.» Letztlich ist es gerade dieses Denken, welches das Schweizer System der dualen Berufsbildung so erfolgreich und gleichzeitig schwer zu exportieren macht. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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WIRTSCHAFT

Vereinigte Verunsicherung KONJUNKTURUMFRAGE 2/2016 Die Experten sind sich einig: Der Brexit ist derzeit Unsicherheitsfaktor Nummer eins, vergleichsweise gut gehts der Binnenwirtschaft.

Yngve Abrahamsen, Prognoseleiter KOF Swiss Economic Institute

Dr. Michael Grampp, Chefökonom & Leiter Research

Dr. Felix Brill, Chefökonom

Martin Eichler, Chefökonom, BAK Basel Economics

Daniel Kalt, UBS AG

Dr. Thomas Gitzel, Chefökonom, VP Bank AG

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

Wie schätzen Sie die Wachstumschancen für die Schweizer Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten ein?

Welche Risiken sehen Sie für die Schweizer Wirtschaft?

Die Aussichten sind relativ gut. Wir erwarten ein jährliches Wachstum von annähernd zwei Prozent. Auswirkungen wird der Beschluss der Briten, aus der EU auszutreten, für die schweizerische Wirtschaft erst mittelfristig haben, sofern der Franken nicht übermässig aufwertet.

Das Risiko, dass der Wechselkurs gegenüber unseren wichtigsten Handelspartnern erneut ansteigt, ist gestiegen. Die Gefahr einer negativen Entwicklung in den Schwellenländern ist ebenfalls nicht gebannt. Stärkere Auswirkungen der Brexit-Abstimmung auf Rest-Europa können kurzfristig nicht ausgeschlossen werden, wir erachten dies derzeit aber als unwahrscheinlich. Zudem haben politische Entscheidungen einen grossen Einfluss.

Zurzeit spricht viel für ein moderates oder leicht rückgängiges Wachstum. Vor 2017 sind Wachstumsraten Richtung zwei Prozent nicht zu erwarten. Die wirtschaftliche Erholung in Europa und den USA stützte die Schweizer Wirtschaft, nun generiert der Brexit-Entscheid grosse Unsicherheiten. Gelingt es der SNB, den Franken vor einer zu grossen Aufwertung zu schützen, dürften seine Auswirkungen kurz- bis mittelfristig nur gering sein.

Die Frankenstärke wird von Schweizer Unternehmen nach wie vor als hohes Risiko betrachtet, dies hat die Brexit-Entscheidung nochmals verstärkt. Sorgen bereiten nach wie vor diverse (geo-)politische Risiken und die Gefahr einer stärkeren (Über-)Regulierung in der Schweiz. Zu hoffen ist, dass die bisher stützend wirkende Inlandsnachfrage für den Rest des Jahres stabil bleibt.

Der Konjunkturausblick für die Schweizer Wirtschaft bleibt verhalten. Der sich gerade erholenden Exportwirtschaft droht nach dem Brexit-Votum der nächste Rückschlag. Zudem verliert auch die Binnenkonjunktur immer mehr an Dynamik.

Kurzfristig stellt mit dem Brexit-Votum eine erneute, kräftige Aufwertung des Schweizer Frankens ein erhebliches Konjunkturrisiko dar. Die Erfolgsaussichten für die Gespräche mit der EU bezüglich der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative sind nun geringer denn je. Damit droht wie nie zuvor ein Scheitern des bilateralen Wegs mit der EU.

Die Folgen des Frankenschocks sind noch nicht verdaut: Bei den Investitionen halten sich die Unternehmen noch zurück. Das restliche 2016 verheisst jedoch eine allmähliche Besserung. Für 2017 wird ein gedämpftes Wachstum nahe des Potentialwachstums erwartet. Ob diese Prognose nach dem Brexit-Entscheid noch gültig ist, hängt von einer zügigen und konsensorientierten Lösung ab.

Das derzeit grösste Risiko sind Konsequenzen aus dem Brexit-Entscheid – etwa eine generelle Konjunkturverschlechterung in Europa, die auch die Schweiz betreffen könnte. Die Unsicherheit führt dazu, dass Unternehmen langfristige Investitionen aufschieben. Die Stärke des Frankens einerseits und das politisch heikle Dossier der Masseneinwanderungsinitiative andererseits sind für die Schweiz zwei weitere Risikofaktoren, die mit dem Brexit nicht kleiner geworden sind.

Der Aussenhandel ist wiedererwacht, die Wirtschaft erfährt einen fragilen Aufschwung. Die Unsicherheit wegen des Brexit dürfte in den nächsten Monaten zu einem stärkeren Franken und einer Eintrübung der konjunkturellen Lage in Europa führen. Negative Auswirkungen auf die Exportwirtschaft und ein Aufschub von Investitionen sind zu erwarten. Massgebend sind aber die tatsächlichen Entwicklungen in Europa.

Sollte es der EU und Grossbritannien nicht gelingen, ihre Handelsbeziehungen neu zu ordnen, drohen auf beiden Seiten Exportverluste, die zu einer Konjunkturabkühlung führen könnten. Grösser ist das politische Risiko: Der Abgang Grossbritanniens könnte weitere Austrittsdiskussionen in einem Kernland der Eurozone in Gang setzen. Das könnte das verletzliche Bankensystem der Eurozone erneut unter Druck setzen.

Das Brexit-Votum wird zunächst nichts an einer Wachstumsbeschleunigung ändern – die Auswirkungen werden sich erst mittelfristig zeigen. Entscheidend ist, wie Grossbritannien aus der EU ausscheidet. Bleibt die Inselökonomie Teil des EU-Binnenmarktes und kommt es innerhalb der EU zu keinen weiteren Ausstiegsbestrebungen, werden die realwirtschaftlichen Risiken berechenbar bleiben.

Der Brexit-Entscheid hat gezeigt, dass die mittelfristigen Risiken auf globaler Ebene liegen. Wenn es zu Verunsicherung kommt, werden Investitionen zurückgestellt, das wiederum lastet auf der Exportdynamik. Eine geringere Ausfuhr drückt auf die Beschäftigung und schliesslich auf den privaten Konsum. Kurzum: Während sich die Schweizer Binnenwirtschaft solide präsentiert, könnten externe Störfaktoren grösser werden.


Abwarten und Tee trinken: Die politische und wirtschaftliche Tragweite des britischen Austrittsentscheids ist ungewiss – seine Kosten noch nicht kalkulierbar.

Foto: zVg

Für welche Branchen erwarten Sie einen Aufwärtstrend, für welche einen Abwärtstrend?

Wie wird sich der Franken in den nächsten sechs Monaten zu den wichtigen anderen Währungen entwickeln

Wie wird sich der Binnenmarkt im gleichen Zeitraum entwickeln?

Weniger konjunkturreagible Branchen wie die pharmazeutische Industrie oder der Gesundheitssektor werden stärker zulegen. Für den Finanzsektor sehen wir die Lage wieder positiver. Die Uhrenindustrie ist weiter mit einer schrumpfenden Nachfrage konfrontiert, die Metallindustrie hat den Tiefpunkt noch nicht erreicht. Da Einnahmeausfälle erwartet werden, wird die öffentliche Hand weniger ausgeben können.

Der Franken kann wieder als Fluchtwährung an Wert gewinnen, zum Nachteil der exportierenden Wirtschaft. Wir erwarten aber eher eine kleine Aufwertung, die für einen grossen Teil der Exportwirtschaft verkraftbar sein wird.

Der Binnenmarkt hat sich seit längerem gut gehalten, da erwarten wir keine grosse Änderung. Die Verschiebung im Detailhandel zugunsten des grenznahen Auslands dürfte mittlerweile beendet sein. Der Bausektor wird mittelfristig eher schrumpfen, kurzfristig kann er sich aber gut behaupten. Am besten läuft es in jenen Teilen des Dienstleistungssektors ohne nennenswerte ausländische Konkurrenz.

Industrieunternehmen stehen nach wie vor unter grossem Kostendruck. Der Tourismus dürfte weiterhin unter dem starken Franken leiden – aus Grossbritannien werden deutlich weniger Touristen kommen. Hingegen dürften besonders Hightech-Exportunternehmen von den schon geschehenen Anpassungen profitieren. Die Pharmabranche dürfte vor allem dank des positiven Exporttrends an Dynamik gewinnen.

Die Wirtschaft in der Eurozone erholt sich, die Wachstumszahlen bleiben aber niedrig. Die Zinsen im Euroraum werden auf rekordtiefem Niveau bleiben; der Franken wird weiterhin unter einem latenten Aufwertungsdruck stehen. Nach dem Brexit deutet wenig auf eine dauerhafte Stärkung des Frankens gegenüber dem Euro hin – solange der Austritt Grossbritanniens aus der EU ohne grössere Schwierigkeiten stattfindet.

Auf dem Binnenmarkt bleibt der private Konsum trotz der derzeit eher verhaltenen Konsumentenstimmung ein wichtiger Wachstumstreiber. Zurückhaltende Investitionen und weniger stark wachsende öffentliche Ausgaben dürften sich hingegen bremsend auf das Wachstum auswirken.

Die Bauwirtschaft hat Mühe, ihr hohes Aktivitätsniveau aufrecht zu halten, eine Abkühlung in den nächsten Monaten ist zu befürchten. Der Detailhandel kämpft weiterhin mit strukturellen Herausforderungen und mit dem vom starken Franken angekurbelten Einkaufstourismus. Dank der konsequenten Ausrichtung auf kapitalintensive Innovationsprozesse sind die Aussichten für die Pharmaindustrie deutlich positiver.

Der Schweizer Franken hat nach dem Brexit-Referendum auf breiter Basis an Wert zugelegt. Mit Devisenmarktinterventionen hat die SNB erneut versucht, eine zu starke Aufwertung des Frankens zu verhindern. Die Chancen stehen gut, dass sich der Schweizer Franken mittelfristig abwerten wird.

Die Binnenwirtschaft dürfte weiterhin wachsen, wenn auch weniger dynamisch als in den letzten Jahren. Ein Grund: die nachlassende Aktivität im Bausektor. Die hohe Schweizer Kaufkraft stützt dagegen weiterhin den Privatkonsum. Dennoch bleiben die Vorzeichen für die Investitionstätigkeit am Standort Schweiz alles andere als vorteilhaft.

Weiterhin positiv dürften sich binnenorientierte Branchen wie etwa das Gesundheitswesen entwickeln. Nach längerer Expansionsphase konsolidiert die Baubranche 2016 mit einer schwachen Entwicklung. Die Lage von Exportunternehmen dürfte sich – dank allmählicher Verdauung des Frankenschocks und einer global leicht anziehenden Nachfrage – verbessern. Gutes Potenzial haben die Pharmaindustrie sowie der Finanzsektor. Die MEM-Industrie sowie die Tourismusbranche verbessern sich nur zögerlich.

Der Frankenkurs zeigt sich zum Euro weitgehend stabil, was gegenüber dem Korb wichtiger Handelswährungen einer leichten Abwertung des Frankes in der zweiten Jahreshälfte entspricht. Diese Prognose ist jedoch angesichts des Brexits und der noch nicht kalkulierbaren Konsequenzen aktuell sehr unsicher.

Der Binnenmarkt der Schweiz wird sich weiterhin solide entwickeln. Gestützt wird er durch die Entwicklung des Reallohns, einer weiterhin leicht rückläufigen Preisentwicklung sowie durch eine nicht weiter steigende Arbeitslosigkeit.

Klassische Exportbranchen wie die MEM-Industrie oder der Tourismus werden auch in den nächsten Monaten unter dem nach wie vor starken Schweizer Franken leiden. Auch die Uhrenindustrie spürt die wirtschaftliche Verlangsamung in Asien immer stärker. Einen Aufwärtstrend erwarten wir weiterhin bei der Pharmaindustrie sowie im Gesundheitswesen.

Auch nach dem Austritt von Grossbritannien aus der EU behalten wir unsere Prognose für EUR/CHF unverändert auf 1.08 in drei und 1.10 in sechs Monaten bei. Gegenüber dem US-Dollar dürfte der Schweizer Franken bei Parität zu liegen kommen. Aufgrund der hohen politischen Unsicherheit, dürfte die Volatilität auf den Währungsmärkten in den kommenden Monaten ausserordentlich gross sein.

Der private Konsum entwickelt sich solide für das laufende Jahr, obwohl die Zahlen vom ersten Quartal 2016 sowie von 2014/2015 nicht mehr ganz erreicht werden. Bei der Bauwirtschaft rechnen wir damit, dass der Zenit bei den Investitionen überschritten worden ist und gehen daher von einer leicht abnehmenden Dynamik aus.

Für den Tourismus dürfte es aufgrund des nach wie vor starken Frankens schwierig bleiben. Positiv ist der Trend im Maschinenbau und in der Elektronikindustrie. In der Chemiebranche wird mit einer eher moderaten Entwicklung gerechnet. An der starken Stellung der Schweizerischen Pharma- und Chemiebranche ändert sich grundlegend nichts.

Nach dem Brexit-Entscheid nahm die Nachfrage nach dem Schweizer Franken zuletzt wieder zu. Interventionen der SNB verhinderten eine stärkere Aufwertung. Wir gehen davon aus, dass die SNB weiterhin erfolgreich in den Devisenmarkt eingreift. Eine Seitwärtsbewegung gegenüber den Hauptwährungen bleibt das wahrscheinlichste Szenario.

Der Binnenmarkt dürfte robust bleiben. Der private Konsum sollte reale Zuwächse im laufenden Jahr von rund 1.6 Prozent verbuchen können. Auch die Investitionen versprachen bislang ein ordentliches Plus von knapp zwei Prozent in realer Betrachtung. Beim Investitionswachstum muss angesichts des Brexit-Entscheids möglicherweise noch nach unten korrigiert werden.

Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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EUROPA

Irland aus dem Lot BREXIT Nach dem britischen Volksentscheid zum Austritt aus der EU wird in Irland ein starker Einbruch der Wirtschaft erwartet. In Nordirland, das mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt hat, werden Fragen über die künftige Grenze zu Irland aufgeworfen. TEXT P E T E R S T Ä U B E R , L O N D O N

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n keinem EU-Land wird der Brexit stärker zu spüren sein als in Irland. Vor allem birgt der Austritt der Briten grosse Risiken für die dortige Wirtschaft. Grossbritannien ist der wichtigste Wirtschaftspartner Irlands: Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern beläuft sich auf rund 1.3 Milliarden Franken – pro Woche. Sollten nach dem britischen Ausstieg aus der EU Zölle und andere Handelsbarrieren eingeführt werden, würde Irland davon empfindlich getroffen.

SCHWACHES PFUND SCHADET IRLAND Die Folgen des Votums könnten schon bald zu spüren sein: Eine schwächelnde britische Wirtschaft und ein Erstarken des Euro gegenüber dem Pfund hätten negative Folgen für die irischen Exporte. Als das irische Kabinett nach Bekanntgabe des Abstimmungsresultats zusammentrat, warnte Finanzminister Michael Noonan, dass die Erwartungen über die ökonomischen Aussichten gedämpft werden müssten und die Regierung vorerst keine neuen Staatsausgaben versprechen sollte.

BANKEN SUCHEN ERSATZ FÜR LONDON Da hilft es vorerst nicht, dass Irland in gewisser Hinsicht auch zu den Profiteuren des Brexits gehören könnte. Wenn Grossbritannien eines Tages nicht mehr der EU angehört, könnte Irland einen Teil der Unternehmen aufnehmen, die London und England verlassen. Dabei kann es sowohl mit der englischen Sprache als auch mit den tiefen Unternehmenssteuern von 12.5 Prozent und der freien Verfügbarkeit europäischer Arbeitskräfte punkten. Schon jetzt hat sich in Dublin

Auf Partnersuche BREXIT Seit dem Zweiten Weltkrieg ist London für Washington der wichtigste Ansprechpartner in Europa. Über den Partner in der «speziellen Beziehung» konnten die USA auch auf die EU Einfluss nehmen. Ersatz ist keiner in Sicht, auch nicht in Berlin. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N

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rossbritanniens Entscheidung, sich von der Union auf dem «Kontinent» zu trennen, wie Europa auf der Insel gerne genannt wird, bereitet den Diplomaten in Washington Kopfzerbrechen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist zwischen den Regierungen dort

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und London eine Verbindung entstanden, die «special relationship» oder die ganz «besonderen Beziehungen». Diese leiden doppelt: Zum einen, weil ein wirtschaftlich isoliertes Grossbritannien nicht nur in Europa, sondern in der Welt weniger wichtig wird. Und zum anderen,

weil den Amerikanern jetzt ihr Statthalter in der Europäischen Union verloren geht. WENIGER US-EINFLUSS IN EUROPA «In Zukunft werden wir nicht so viel Einfluss in Europa haben, wenn auf Putins Übergriffe, Irans Atomambitionen oder die Aussen- und Sicherheitspolitik der EU reagiert werden muss. Und wir werden weniger in der Lage sein, diese USA-freundlich zu gestalten», sagt Peter Westmacott, ehemaliger US-Botschafter in London. Aussenminister John Kerry machte am Sonntag in Rom, vor der Weiterreise nach Brüssel und London, klar, dass er nach Europa reise, um die Verbindungen mit den EU-Vertretern zu festigen. «Ich will hier hervorheben, wie wichtig die Beziehungen zu Europa, zur EU für die USA und die Welt


ein starker Finanzplatz entwickelt; er könnte noch wachsen. So hatte die amerikanische Bank Morgan Stanley vor der Abstimmung erklärt, im Falle eines Brexit bis zu 1000 Mitarbeiter aus Grossbritannien abzuziehen, JP Morgan will mindestens 1000 Mitarbeiter abziehen. Auch bei anderen amerikanischen Banken geht es um hunderte, wenn nicht tausende Stellen. Dublin wäre ein naheliegender Ersatz. GEFAHR FÜR FRIEDEN IN NORDIRLAND In Nordirland hat der Brexit nicht nur fundamentale Fragen über das künftige Verhältnis zum britischen Festland und zur Irischen Republik aufgeworfen, er könnte auch den labilen Frieden gefährden. Insgesamt stimmte mit 56 Prozent eine klare Mehrheit der Nordiren für einen Verbleib in der EU. Genau wie in Schottland sind bereits Rufe nach einer Abspaltung von Grossbritannien laut geworden. Seit dem Karfreitagsabkommen von 1998, mit dem der jahrzehntelange Nordirlandkonflikt offiziell endete, wird der westlichste Teil des Vereinigten Königreichs gemeinsam von Unionisten und Nationalisten regiert – also von den ehemaligen Bürger-

kriegsparteien. Stärkste Partei in der Regionalregierung ist die probritische Democratic Unionist Party (DUP), die auch die Erste Ministerin stellt, Arlene Foster. Die Anhänger der DUP sind mehrheitlich Protestanten. Zweitstärkste Partei ist die republikanische Sinn Féin, die sich für ein vereinigtes Irland einsetzt und katholisch geprägt ist. WIEDERERWÄGTE WIEDERVEREINIGUNG In der Europafrage nehmen die beiden Parteien entgegengesetzte Positionen ein: Die DUP will raus, Sinn Féin hingegen bleiben. Bereits am Freitag sagte Martin McGuinness, Sinn-Féin-Abgeordneter und Deputy First Minister, dass Nordirland von den englischen Wählern aus der EU gezerrt worden sei und deshalb eine Volksbefragung über den Status der Landesgrenze «der nächste logische Schritt» sei. Damit ist plötzlich eine Wiedervereinigung Irlands auf dem Tisch, wenn auch Arlene Foster solche Forderungen als «Opportunismus» abkanzelte. Die Grenze zwischen Irland und Nordirland besteht zwar noch immer, hat aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Bedeutung verloren. Die Rückkehr zu einer soge-

nannten «harten Grenze» mit Fahrzeugkontrollen wäre höchst umstritten. Am Tag nach der britischen Abstimmung sagte der irische Premierminister Enda Kenny, dass sich seine Regierung für eine Weiterführung der gemeinsamen Reisezone zwischen Irland und Grossbritannien einsetzen würde. Allerdings könnte die EU dem widersprechen und permanente Kontrollen an der irischen «Aussengrenze» fordern. BEISPIEL SCHOTTLAND Die Frage der irischen Wiedervereinigung wird auch von den Entwicklungen in Schottland abhängen, wo das Votum für einen Verbleib in der EU noch deutlicher ausfiel als in Nordirland. Ein neues schottisches Referendum über die Unabhängigkeit scheint immer wahrscheinlicher: Nicola Sturgeon, die Erste Ministerin, sagte nach der Abstimmung, dass sie Gespräche mit den EU-Institutionen aufnehmen würde, um «Schottlands Platz in der EU zu sichern». Sollte es zu einem unabhängigen Schottland kommen, würde auch die Hand der Republikaner in Belfast gestärkt, die ein vereinigtes Irland fordern.

Bildquelle: Depositphotos.com, Creisinger

Auf der Suche nach einem neuen besten Freund in der EU: Wer wird Londons Platz einnehmen? Bild: Depositphotos.com, claudiodivizia

sind», sagte Kerry. «Ein Land hat eine Entscheidung getroffen. Offensichtlich ist es eine, die sich die Vereinigten Staaten anders herum gewünscht hätten.» BEZIEHUNGEN NICHT MEHR SO SPEZIELL Die USA und das Vereinigte Königreich haben so enge Verflechtungen wie keine anderen Länder. Die USA stellen Grossbritannien wichtigen Nachschub und technische Hilfe zum Erhalt seiner Nuklearwaffen zur Verfügung. Gemeinsam mit Kanada,

Australien und Neuseeland bilden diese englischsprachigen Länder das «Five Eyes» genannte Netzwerk für Spionage und Austausch von Geheiminformationen. Es beinhaltet das Versprechen, sich gegenseitig nicht zu bespitzeln. Diese Beziehungen werden sich nun verändern. Bei seinem Besuch in London im April, wo er offen für den Verbleib der Briten in der EU warb, sagte Präsident Barack Obama, bei einem Brexit wäre das Land beim Freihandelsabkommen TTIP mit der EU aussen vor. Das könnte die «speziell» mit den USA verbundenen Briten in eine schlechtere Handelsposition bringen, als die EU-Mitglieder Deutschland und Frankreich. BERLIN – EIN SPERRIGER PARTNER Manche Aussenpolitiker erwarten nach dem Brexit eine Annäherung zwischen Washington und Berlin sowie Paris. Für Nicolas Burns, der früher im US-Aussenministerium tätig war, steht das fest. Heute sei die berühmte Frage von Henry Kissinger, wen er denn anrufen solle, wenn er «mit Europa» sprechen wolle, längst geklärt. Burns: «Wir rufen im deutschen Bundes-

kanzleramt an.» Die USA und Deutschland sind zwar Verbündete, doch es gibt Differenzen. Und das nicht nur, weil die USA in Deutschland alle Welt abgehört und sogar das Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel angezapft haben. Berlin ist nicht bereit, ähnlich wie bisher London, seine Truppen auf US-Bitte weltweit einzusetzen. Und Deutschland setzt langfristig auf Zusammenarbeit mit Russland, seinem Haupt-Energielieferanten. PRÜFUNG IN DER NATO Auch Frankreich zögert, die USA in militärische Abenteuer zu begleiten. Manchmal laufen Einsätze parallel, aber nicht koordiniert. Zudem ist die französische Wirtschaft nicht stark genug, um sich für Amerikas Interessen einzusetzen. Dasselbe gilt für Italien, die Niederlande, Polen oder Spanien. Eine wichtige Rolle können die Briten aus US-Sicht nur noch in der Nato spielen. Ex-Nato-Kommandeur James Stavridis schrieb im Fachmagazin «Foreign Policy», London müsse in der Nato beweisen, dass es die «besonderen Beziehungen» noch wert sei. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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EUROPA

Kykladen kennen keine Krise TOURISMUS Die Steuerlast ist erdrückend, die schwierige Flüchtlingssituation eine Herausforderung für den Tourismus. Saubere Strände und klares Wasser, Sonne, Berge und Wind locken Individualtouristen aus aller Welt, aber auch Griechen an. TEXT A N O U K A R B E N Z

Noch sind die Strände leer: Im Bild der Strand Logaras in Piso Livadi, Paros.

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ie Staatsschuldenkrise und die Flüchtlingskrise haben Griechenland zugesetzt. Folgen von Ersterem sind steigende Steuern und Rentenkürzungen – der Sondersatz wurde letzten Herbst auf 23 Prozent erhöht. Obwohl die Zahl der Einreisenden nach dem Flüchtlingspakt mit der Türkei abgenommen hat, ist auch die Flüchtlingssituation in Griechenland noch immer schwierig. Insgesamt sollen knapp 54000 Menschen in Griechenland gestrandet sein. Um das Asylverfahren zu beschleunigen, hat das griechische Migrationsministerium kürzlich damit begonnen, die Flüchtlinge und Migranten umfassend zu registrieren. Die Auswirkungen der Flüchtlingskrise in Griechenland auf den Tourismus, der einen Viertel der Wirtschaftsleistung Griechenlands ausmacht, sind spürbar. Selbst jene Gebiete, die davon verschont blieben, werden von Reisenden mit der Problematik in Verbindung gebracht und deshalb gemieden. So beispielsweise auch die beiden Kykladeninseln Naxos und Paros. Hinzu kommt, dass die Griechen selbst, welche den Grossteil der Feriengäste auf den Kykladen ausmachen, aufgrund des wirtschaftlichen Einbruchs zunehmend auf Urlaub verzichten. Umso erstaunlicher ist deshalb, dass die Tourismus- und Reisebüros Rekordwerte für das Jahr 2015 verzeichnen. Die Kykladen trotzen der Krise und punkten mit typisch griechischer Gastfreundschaft, schönen Stränden und guten Winden. NAXOS: BERGLANDSCHAFT UND SANDSTRÄNDE Naxos ist die grösste Kykladeninsel, und auch eine der grünsten. 20 Prozent der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig, insbesondere in der Feld- und Milchwirt-

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

Bilder: Anouk Arbenz

schaft. Seit der Antike beschäftigt sich Naxos zudem intensiv mit dem Abbau von Marmor und Schmirgel. Beliebt ist die Insel aufgrund seiner bergigen Landschaft, den langen Sandstränden und den starken Winden insbesondere bei Kitesurfern und Mountainbikern. Beeindruckend ist das kulturelle Erbe der Insel: Römer, Byzantiner, Venezianer und Osmanen haben hier ihre Spuren hinterlassen. Ruinen der venezianischen Festung, Tempel aus der Antike, Windmühlen als Denkmäler der Volkskunst, antike Steinbrüche und Höhlen, marmorne Glockentürme oder die kubische aber auch taktische Bauweise der Naxos-Häuser zum Schutz vor Piraten sind die stummen Zeugen der bewegten Geschichte der Kykladen. Die hohe Steuerlast zehrt an der Bevölkerung: «Es ist praktisch unmöglich, hier ein Geschäft zu führen. Alles was wir einnehmen, müssen wir wieder abgeben», beschreibt der Bürgermeister von Apiranthos auf Naxos die aktuell schwierige wirtschaftliche Situation. In seinem Dorf müssten viele Freiwilligenarbeit leisten, er eingeschlossen. Die Mitarbeitenden des archäologischen Museums auf Apiranthos würden schon lange nichts mehr verdienen. «Die Politiker schauen, dass ihre Leute und die Beamten gut verdienen, aber das Wohl der Leute haben sie nicht im Auge», bemängelt er. PAROS SETZT AUF NEUEN FLUGHAFEN Auf Paros spielt die Weinproduktion eine wichtige Rolle. Die Weine der Insel werden im Trockenfeldbau und auf Terrassen an verschiedenen Berghängen kultiviert, deren Weinberge bis in die Kykladenkultur zurückgehen. Die Fischerei, die früher einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellte,

Agrarunternehmer Arsenis führt auf Paros mehrere Delikatessengeschäfte für organische Produkte.

beschäftigt heute nur noch einige wenige hauptberufliche Fischer. Der Fremdenverkehr ist mit Abstand der wichtigste Wirtschaftszweig: Paros ist eine der schönsten Inseln der Kykladen und hat auch kulturell viel zu bieten. Einige der ältesten Funde sind bis zu 5000 Jahre alt. Luxuriöse Villen sichtet man auf Antiparos, der gegenüberliegenden Schwesterinsel. Prominente Urlauber auf der Insel wie beispielsweise die Filmstars Brad Pitt, Tom Hanks und Monica Belluci sind hier regelmässig zu Gast. Optimistisch blickt die Bevölkerung von Paros dem neuen internationalen Flughafen entgegen, der diesen Herbst eröffnet werden soll. Mit ihm werden viele neue Touristen den direkten Weg auf ihre Insel finden, so hoffen sie.


CLEANTECH

Bild: Nasa

Abheben ohne Abgase E-FLUGZEUG Die US-Weltraumbehörde NASA entwickelt ein Flugzeug, das allein mit Strom fliegen kann. Davon würden das Klima und die Fluglinien profitieren. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N

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as Schweizer Solarflugzeug Solar Impulse 2 ist dabei, seine Weltumrundung abzuschliessen. Erstmals ist damit ein rein solarbetriebenes Flugzeug einmal um die Welt geflogen. Gleichzeitig arbeitet die US-Raumfahrtbehörde NASA an einem neuartigen Stromflugzeug, mit dem die Emissionen im Flugverkehr drastisch reduziert werden könnten. EMISSIONEN UND TREIBSTOFF SPAREN Schon im Vorfeld der Ankündigung von NASA-Chef Charles Bolden Mitte Juni war über die neuesten Pläne spekuliert worden. Diese gehören zur Reihe der X-Flugzeuge, die ihren Anfang 1947 mit der Bell X-1 hatte, dem ersten Flugzeug, das die Schallmauer durchbrochen hat. Die nun geplante X-57 wäre das erste Flugzeug der Serie nach zehn Jahren. «Wir sind wieder im Wilden Westen der Luftfahrt», sagt NASA-Forscher Mark Moore. Durch die kommerzielle Luftfahrt werden drei Prozent der Treibhausgasemissionen in den USA und elf Prozent der Emissionen des Transportwesens verursacht, heisst es von der US-Umweltbehörde EPA. Die im kanadischen Montreal sitzende Internationale Zivilluftfahrtorganisation hat kürzlich erstmals Vorschriften für Treibstoffeffizienz

So sieht sie aus, die X-57: Ihr kommerzieller Einsatz könnte in fünf bis zehn Jahren möglich sein.

verabschiedet. Die Organisation befürwortet zudem ein Emissionshandelssystem für die weltweite Luftfahrt. Auch die Fluglinien selbst sind an Lösungen interessiert. Sie verbrauchen 70 Prozent weniger Treibstoff als noch vor 40 Jahren. Trotzdem erreicht ihr jährlicher Bedarf mehr als 300 Milliarden Liter, was 127 Milliarden Dollar – 122 Milliarden Franken – kostet. Der Einsatz von Stromflugzeugen könnte die Kosten um bis zu 30 Prozent reduzieren, meint Moore. BRANCHE ZEIGT GROSSES INTERESSE Auch der deutsche Chef von Airbus, Tom Enders, sieht die Entwicklung positiv: «Der elektrische und hybrid-elektrische Flug sowie das Ziel eines emissionsfreien Luftverkehrs zählen zu den grössten industriellen Herausforderungen unserer Zeit», sagte er im April. Der Flugzeugbauer hatte dabei eine Zusammenarbeit mit Siemens angekündigt, um einen Hybridantrieb für Flugzeuge zu entwickeln. «In wenigen Jahren haben wir

in Kooperation mit Partnern und Regierungen atemraubende Fortschritte gemacht.» Er hält einen Hybridantrieb für ein Flugzeug mit weniger als 100 Sitzplätzen bis 2030 für möglich. Bereits im vergangenen Jahr hat Airbus das zweisitzige Stromflugzeug E-Fan vorgestellt, um mehr Aufmerksamkeit auf die Technologie zu lenken. Bei seinem 36-minütigen Flug über den Ärmelkanal wurden Lithiumbatterien verwendet. US-Konkurrent Boeing arbeitet an einem System, wo bei Start und Landung zwar ein herkömmlicher Antrieb, während des Fluges jedoch ein Stromantrieb genutzt wird. Die britische Fluggesellschaft EasyJet nutzt zur Fortbewegung auf dem Flughafen bereits Strom und spart für einen Gesamtflug dadurch vier Prozent Treibstoff ein. BATTERIETECHNOLOGIE IST ENTSCHEIDEND Das NASA-Projekt X-57 ist noch weit davon entfernt, eine Lösung für die kommerzielle Luftfahrt zu bieten. Wie auch bei Bertrand Piccards Solarflieger Solar Impulse 2 bietet das NASA-Flugzeug lediglich Platz für den Piloten, heisst es in Berichten. Auf den extrem langen und dünnen Tragflächen ist Platz für 14 Propeller, die bei Start und Landung auch alle genutzt werden würden. Beim Flug selbst sollen zwei ausreichen, um Energie zu sparen. Der aktuelle Entwurf würde für eine Reichweite von 160 Kilometern ausreichen. Doch die NASA arbeitet bereits an grösseren Varianten, die auch Platz für Passagiere und Fracht bieten sollen. Die sich schnell entwickelnde Batterietechnologie soll in den Gestaltungsprozess integriert werden. Wenn bei den Batterien weiterhin ähnliche Fortschritte wie in den vergangenen zehn Jahren gemacht würden, sei eine Nutzung von X-57 für die kommerzielle Luftfahrt in fünf bis zehn Jahren denkbar, meint NASA-Ingenieur Matt Redifer, der für das Projekt verantwortlich ist.

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EXPORT

Das Tor ist zu ASIEN-EUROPA Die aufstrebenden Schwellenländer Asiens haben in Grossbritannien lange ein wichtiges Tor zum europäischen Markt gesehen. Sie fürchten nun, mit dem britischen Austritt aus der EU Kunden zu verlieren. Einige asiatische Firmen dürften aus London abwandern. TEXT M A T H I A S P E E R U N D F R E D E R I C S P O H R , B A N G K O K

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er Mann, der Indiens grössten Autohersteller in Grossbritannien vertritt, hat sich vor der Abstimmung eindeutig positioniert: Der deutsche Manager Ralf Speth leitet in der englischen Industriestadt Coventry Jaguar Land Rover, eine Tochterfirma des Automobilkonzerns Tata Motors aus Mumbai. Er ist einer von 200 Wirtschaftsführern, die sich in einem offenen Brief für den Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen haben. Das Unternehmen fürchtet Probleme beim Zugang zu Kunden und Lieferanten: «Jede Veränderung könnte sich auf unsere Verkäufe und unsere Kosten auswirken», teilt der Autobauer mit.

TOR ZU EUROPAS MARKT Viele Grossunternehmen aus Asiens aufstrebenden Volkswirtschaften sind über den Ausgang der Brexit-Abstimmung beunruhigt. Sie erwarten spürbare Konsequenzen für ihre immer wichtiger werdenden Europaaktivitäten. «Indische Unternehmen nutzen Grossbritannien als ein Tor zum europäischen Markt», sagt Alwyn Didar Singh, der Generalsekretär der indischen Handelskammer FICCI. «Wenn sich dieses Tor schliesst, hat das natürlich Auswirkungen auf das Geschäft.» Ähnlich klingen die Stellungnahmen aus Peking. Die Regierung hatte wiederholt ein starkes und vereintes Europa angemahnt. Staatliche Medien warnen vor den Folgen des britischen EU-Austritts. «Wer Grossbritannien nutzt, um Zugang zum restlichen Europa zu bekommen, muss sich auf Einschränkungen vorbereiten.» Experten zufolge lohnt sich der Sitz in Grossbritannien für viele Unternehmen nach einem EU-Austritt unter Umständen nicht mehr. «Gut möglich, dass Firmen abwandern», sagt FICCI-Repräsentant Singh. ZOLLBARRIEREN BEFÜRCHTET Welche Herausforderungen entstehen dürften, zeigt das Beispiel von Tata Motors:

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Die britische Tochter ist für sie der grösste Umsatz- und Gewinnbringer. Allein schon die Abwertung des britischen Pfunds nach der Abstimmung wird sich spürbar auf die Bilanz von Tata Motors auswirken, meint Aktienanalyst Ashwin Patil. Experten sehen die lokalen Werke des indischen Konzerns, der mit einer lokalen Produktion von fast 490 000 Fahrzeugen im vergangenen Jahr zum grössten Autobauer Grossbritanniens aufstieg, in Gefahr. «Aktuell können die Autos ohne Zoll in der ganzen EU verkauft werden», sagt Peter King, Indienfachmann und Partner bei der Kanzlei Weil, mit Blick auf Tata Motors. «Nach dem Brexit wird es wohl mehr Sinn ergeben, ein Werk in einem der verbleibenden EU-Länder anstatt in Grossbritannien zu betreiben.» Indische Investoren sind inzwischen nach Frankreich und den USA die drittgrösste Quelle ausländischer Direktinvestitionen in Grossbritannien und haben dort laut dem indischen Industrieverband CII fast 110 000 Arbeitsplätze geschaffen. Zuletzt investierten Indiens Unternehmen in Grossbritannien noch mehr als im ganzen Rest der EU zusammen. «Wie attraktiv das Vereinigte Königreich im Licht eines Brexits für diese Unternehmen bleiben wird, muss sich noch zeigen», hiess es in einem Bericht des Verbandes, der im April veröffentlicht wurde. WARNUNG AUS MALAYSIA Auch in Malaysia beobachtet man genau, wie sich die Lage nach der Abstimmung vom 23. Juni entwickelt. Regierungschef Najib Razik hatte bereits im Mai bei einem Besuch in London klare Worte an die Briten gerichtet: «Wenn Grossbritannien austritt, wird es an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.» Dabei dürfte sich Najib nicht nur um das Wohl der Briten sorgen, sondern auch um die üppigen malaysischen Immobilieninvestitionen auf der Insel, teilweise mit staatlicher Beteiligung. Erst bei seinem jüngsten Besuch auf der

Insel weihte der Regierungschef ein Projekt im Wert von mehr als 1.1 Milliarden Franken mit malaysischer Beteiligung ein. Schon am Tag nach der Abstimmung brach das Pfund um zehn Prozent ein. Einstweilen ist abwarten angesagt: Der Austritt dürfte mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen. Wer schon auf der Insel ist, wird wohl erst sehen wollen, wie die Scheidung zwischen Grossbritannien und der EU tatsächlich gestaltet wird. Wer aber noch nicht auf der Insel ist, wird sich eine Investition im einstigen Mutterland eines Weltreiches zwei Mal überlegen.


Trump predigt Abschirmung PROTEKTIONISMUS Donald Trump läuft Sturm gegen den Freihandel. Er wirft den Clintons, Bill und Hillary, vor, mit dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA Millionen Arbeitsplätze zerstört zu haben. Trump lehnt auch den Freihandel mit Asien und Europa ab. TEXT J O H N D Y E R , B O S T O N

Hafenstadt und Handelsdrehscheibe: Die Londoner Docklands erinnern an die Blütezeiten einer ehemaligen Weltmacht. Heute zeugen Bürokomplexe wie Canary-Wharf von der neuen Ära. Bild: depositphotos.com, Baloncici

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onald Trump macht sich Sorgen um die amerikanische Mittelklasse, zu der er die Arbeiterschaft zählt. In einer Schrottmühle in West-Pennsylvania forderte der angehende Präsidentschaftskandidat der Republikaner Ende Juni eine neue Ära des amerikanischen Protektionismus. Er werde alle Freihandelsabkommen neu verhandeln, sollte er es ins Weisse Haus schaffen, versprach Trump. «Diese Welle der Globalisierung hat unsere Mittelklasse völlig, völlig ausradiert», rief der New Yorker Bau-Milliardär in Pennsylvania, wo die Stahlindustrie in den frühen 1980er-Jahren durch die Billigkonkurrenz aus Asien zusammengebrochen ist. «Das muss nicht so sein. Wir können das umdrehen, und wir können es schnell umdrehen.» TRUMP DROHT MIT NAFTA-KÜNDIGUNG Trump sprach im Vorfeld eines Treffens der Präsidenten der drei NAFTA-Staaten USA, Kanada und Mexiko in Ottawa, um über die Zukunft dieser nordamerikanischen Freihandelszone nach dem Brexit zu sprechen. Trump lobte die britischen Wähler für ihre Entscheidung, die EU zu verlassen. Und er versprach eine «Wirtschaftspolitik des Amerikanismus». Er werde NAFTA verändern oder ganz kündigen. «Ich werde unseren NAFTA-Partnern sagen, dass ich beabsichtige, die Bedingungen sofort neu zu verhandeln, um ein besseres Abkommen für unsere Arbeiter zu bekommen», sagte Trump. «Und ich meine nicht nur ein bisschen besser, ich meine viel besser.» HILLARY SCHULD AM AUFSCHWUNG CHINAS Das NAFTA-Abkommen war unter der Präsidentschaft von Bill Clinton 1994 abgeschlossen worden. Für Trump Anlass genug, auf dessen Ehefrau Hillary Clinton loszugehen, die Kandidatin der Demokraten. «Ihre ganze Karriere über – ihre ganze Karriere – hat sie den amerikanischen Arbeiter betrogen», rief Trump. «Vergesst das nie. Die Globalisierung

hat die Finanzelite, die den Politikern Spenden gibt, sehr, sehr reich gemacht. Sie hat Millionen unserer Arbeiter nichts als Armut und Herzschmerzen hinterlassen.» Zugleich machte Trump Hillary Clinton für den Aufstieg der Wirtschaftsmacht China verantwortlich, der aus seiner Sicht viele der Probleme der US-Wirtschaft verursacht hat. «Damals, als Aussenministerin Hillary Clinton tatenlos zusah, hat China seinen Währungsbetrug begangen, hat eine weitere Billion unserem Handelsdefizit hinzugefügt und hat hunderte von Milliarden Dollar unseres geistigen Eigentums gestohlen.» TRUMP-GEGNER FORMIEREN SICH Die Reaktionen seiner Zuhörer waren gemischt. «Wir brauchen so einen Kämpfer», sagte der Anwalt Sean Logue. Der Gewerkschaftsführer Rocky DeStefano meinte: «Ich habe Angst, dass der seinen Finger auf dem Atomknopf haben könnte.» Allerdings seien einige seiner Gewerkschaftskollegen auf der Seite Trumps. Der Dachverband AFL-CIO allerdings kritisierte ihn. Präsident Richard Trumka: «Donald Trump redet viel über den Handel, aber seine erste Loyalität gilt ihm selber.» Die US-Handelskammer, traditionell mit den Republikanern verbunden, äusserte kritisch: «Unter Trumps Plänen hätten wir höhere Preise, weniger Arbeitsplätze und eine schwächere Wirtschaft.» STILLSTAND IM KONGRESS Trumps Rede passt zur Lage im US-Kongress. Dort gilt es als nicht mehr sicher, dass das von Obama unterzeichnete pazifische Freihandelsabkommen TPP zwischen den USA und elf anderen Staaten ratifiziert wird. Obama will auch das TTIP-Abkommen mit der EU noch 2016 abschliessen. Aber das ist, auch durch den Brexit, auf der Tagesordnung nach hinten gerutscht. Die ehemalige Handelsbeauftragte Susan Schwab meinte, ein früher Abschluss sei immer schwer vorstellbar gewesen. «Jetzt ist das undenkbar.» Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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INNOVATION

Die beiden Gründer mit ihrem Detektionsgerät CellStream: Hans-Anton Keserue und Daniel Schaffhauser.

Prüfung im Schnelldurchlauf RQMICRO Die Schweiz ist Sinnbild für frische Luft und sauberes Wasser. Tatsächlich lauern in unserem Leitungswasser aber gefährliche Legionellen, die zu schweren Lungenentzündungen führen können. Ein Spin-Off der ETH Zürich hat nun ein Gerät entwickelt, das diese schnell aufspüren und analysieren kann. TEXT A N O U K A R B E N Z

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eht es um Krankheitserreger, ist Zeit essenziell. Schlagzeilen machten im Jahr 2013 Bakterien der Gattung Legionella, von denen bei einem schweizweiten Test 25 von 40 Hotels betroffen gewesen sein sollen. Die sogenannte «Legionärskrankheit» trat zum ersten Mal im Jahr 1976 bei amerikanischen Legionären auf, die sich in einem Hotel in Philadelphia angesteckt hatten. Sie ist eine durch Tröpfcheninfektion verursachte, schwere Lungenentzündung und kann im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen führen. Die Erreger kommen in fast allen wässerigen und feuchten Umgebungen vor und können sich besonders gut in stehen-

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dem Wasser vermehren – Kühltürme sind daher ein häufiges Angriffsziel. Das wärmeliebende Bakterium fühlt sich bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius pudelwohl, weshalb Legionellen auch in Wasserleitungen, Wasserhähnen, Duschköpfen, Whirlpools oder lüftungstechnischen Anlagen anzutreffen sind. Auffällig ist, dass sich die Zahl der Fälle jedes Jahr erhöht hat: 2015 waren rund 100 Personen mehr betroffen als 2014, für 2016 wird ein weiterer Anstieg erwartet. Damit sind aktuell 4.68 von 100 000 Personen in der Schweiz von Legionellose betroffen. Ein Grund für den Anstieg ist der Trend zum Energiesparen und das Energieprogramm

Schweiz zur Förderung von MinergieBauten. Dadurch, dass die Temperatur in den Boilern von 80 Grad auf bis zu 40 Grad Celsius gesenkt wird, finden Legionellen eine ideale Wachstumsgrundlage vor. MANGELHAFTE STANDARDMETHODE Will ein Hotel, das von Legionellen befallen wurde, wissen, ob es alle Erreger abgetötet hat oder herausfinden, wo die Ausbruchsstelle liegt, wird in einem Mikrobiologielabor ein Test zur Legionellendetektion durchgeführt. Die Laboranten geben die Wasserproben auf Petrischalen mit einem Nährmedium und warten schliesslich zehn Tage. Stellen sie


RQMICRO WIRKSAME DESINFEKTIONS- UND SANIERUNGSSTRATEGIEN Das innovative Verfahren von rqmicro erlaubt es, neue, verbesserte und nachhaltige Desinfektions- und Sanierungsmassnahmen für Gebäude zu entwickeln und Produkteigenschaften in der Gebäudetechnik zu optimieren. Zusammen mit der Georg Fischer JRG AG arbeitet rqmicro deshalb an neuen Desinfektions- und Sanierungsstrategien. Dafür werden Hausinstallationsmodelle mit den Legionellen oder anderen Bakterien kontaminiert und anschliessend wieder desinfiziert, um Erfolg und Nachhaltigkeit der angewandten Strategie zu überprüfen. Untersucht wird dabei auch das Vorkommen von Legionellen in Biofilmen an Grenzflächen. Die kurze Analysezeit, die rqmicro dafür benötigt, ermöglicht eine rasche und effiziente Durchführung der Experimente. Bildquelle: zVg

fest, dass etwas gewachsen ist, überprüfen sie in einem zweiten Schritt, ob es sich dabei auch wirklich um Legionellen handelt. Die Durchführung des gesamten Tests nimmt damit 12 bis 14 Tage in Anspruch. Zwei Wochen, in denen das betroffene Hotel oder Unternehmen nicht reagieren kann, weil es auf die Antwort aus dem Labor warten muss. In der Zwischenzeit können die Schäden bereits enorm sein. Industriestandorte, Hotels und andere Gebäude müssen geschlossen respektive lahmgelegt werden. Dabei leidet nicht nur das Image des Hauses, es droht auch ein wirtschaftlicher Schaden. Ein weiterer Schwachpunkt der Standardmethode ist seine Ungenauigkeit: Der Test kann zwar sagen, ob es sich bei den Zellen um Legionellen handelt, gezählt werden aber nur jene, welche auf der Petrischale auch wachsen. Doch selbst wenn kein Wachstum auf der Platte festzustellen ist, können noch lebende Zellen vorhanden sein, die einige Wochen später erneut zu einer Infektion führen können. DIE NADEL IM HEUHAUFEN FINDEN rqmicro, ein dreijähriges Spin-Off der ETH Zürich, hat sich des Problems angenommen und präsentiert eine Lösung, die nicht nur sehr viel schneller ist, sondern auch präziser. Mittels durchflusszytometrischer Detektion wird jede einzelne Zelle gezählt und auf ihren Zustand hin analysiert. Ihre Methode basiert auf der immunomagnetischen Separation der Zellen. Magnetische Nanopartikel, welche mit eigens dafür hergestellten Antikörpern überzogen sind, binden sich an die gesuchten Zellen. Diese können dann per Magnetfeld aus der Masse herausgezogen

werden. Zusätzlich werden die Zellen mit verschiedenen Farbstoffen versehen, sodass diese per Laserstrahl sofort erkannt werden können. So kann unterschieden werden, ob es sich bei der Zelle um eine lebende oder eine tote Zelle handelt. rqmicro hat dazu ein tragfähiges Gerät entwickelt, das in der Lage ist, vier Tests auf ein Mal durchzuführen und das auch von Laien bedient werden kann. Hans-Anton Keserue, CEO von rqmicro: «In spezialisierten Labors geht es heute vielfach darum, dass etwas einfach anzuwenden ist. Dieser Aspekt ist uns sehr wichtig, weshalb wir ein intuitiv bedienbares Gerät entwickelt haben.» CellStream, die erste Geräteserie, ermöglicht es Laboren, welche schon über eine Detektionslösung verfügen, die Probenaufbereitung für verschiedenste Anwendungen um ein Vielfaches zu beschleunigen. Eine weitere Geräteserie wird dann die Detektion integrieren, um damit auch die vielen Labore zu erreichen, welche kein eigenes Durchflusszytometer betreiben. SCHLUSS MIT RÜCKRUFAKTIONEN Dasselbe Prinzip funktioniert auch bei Lebensmitteln. Tobias Schaad, COO: «Hier sind wir dabei, verschiedene Tests zu entwickeln. Im Prinzip werden aber alle Lebensmittel homogenisiert, das heisst, auch ein Hamburger kann flüssig gemacht und ähnlich gehandhabt werden wie eine Wasserprobe.» Mithilfe ihrer schnellen Detektionsmethode könnten sich viele Hersteller imageschadende Rückrufe von bestimmten Produkten ersparen. Standardtests im Lebensmittelbereich dauern bis zu fünf Tage: «Kostbare Zeit, während der das Produkt in der Quarantäne wartet oder doch

schon ausgeliefert wird», erklärt Schaad. Ein sofortiges Ergebnis nach der Produktion senke sowohl logistische Kosten und wirke negativer PR für den Hersteller entgegen. DEUTSCHLAND UND CHINA AM HAKEN Lebensmittel- und Wasserqualität ist in China ein prominentes Thema. Auch Privatpersonen sind an Messmethoden wie der von rqmicro interessiert. «Sie wollten mich schon fast nicht mehr gehen lassen», sagt Keserue über seinen Chinabesuch. «Das Vertrauen gegenüber der Qualität von Wasser oder Lebensmitteln ist dort gering, während man in der Schweiz davon ausgeht, dass das Wasser sauber ist.» Ein interessanter Absatzmarkt für das Jungunternehmen ist auch Deutschland: Vermieter, deren zentraler Warmwasserspeicher oder Durchlauferhitzer mehr als 400 Liter fasst, müssen dort seit 2013 einmal jährlich einen Legionellentest durchführen. Das Gesetz wurde eingeführt, als 2013 eine Legionellen-Epidemie in Warstein ausbrach, die 160 Infizierte und drei Todesfälle zur Folge hatte. Keserue: «Seither ist der Markt im Legionellen-Bereich in Deutschland explodiert.» HOHE DUNKELZIFFER VERMUTET Keserue vermutet, dass viele Leute, die an einer durch Legionellen verursachten Lungenentzündung erkrankten oder sogar starben, in der Statistik nicht aufgeführt sind. Besonders in Altersheimen frage man nicht nach, wenn eine ältere Person an einer Lungenentzündung gestorben sei. Dies müsse sich ändern, findet Hans-Anton Keserue: «Heute kann man nachweisen, woran jemand gestorben ist.» Auch Tobias Schaad ist der Meinung, dass wir solche Wissenslücken schliessen müssen: «Wir wollen immer mehr erfahren über unsere Umwelt, sammeln immer mehr Daten. Wir können genau messen, wie viel Energie wir verbrauchen, wir zählen unsere Schritte, messen unseren Blutwert. Aber das Wasser, das wir täglich brauchen, das wir trinken und mit dem wir uns waschen, ist vergleichsweise wenig erforscht.» Die grösste Herausforderung bestehe für das Startup nun darin, bei der Markteinführung die Äquivalenz zur Standardmethode aufzuzeigen und auch den Gesetzgebern klarzumachen, dass die Richtlinien, welche sich auf die Standardmethode beziehen, angepasst werden müssten. Keserue: «Viele Kunden richten sich bei ihren Messungen nach den Richtlinien zur Standardmethode. Obwohl unsere Methode viel sensitiver und genauer ist, muss sie also erst Eingang ins Gesetz finden, um sich etablieren zu können.» Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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GELD

Der Bär tritt von der Bühne ab BÖRSENZYKLEN Endlos seitwärts: An den Aktienmärkten herrscht seit Monaten Stillstand. So frustrierend dieser Umstand auch ist, der gefürchtete Börsenbär, der noch im Frühjahr an jeder Ecke gesichtet wurde, ist still und leise verschwunden. Brexit hin oder her. Doch für wie lange? TEXT F R E D Y G I L G E N

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ieder nichts oder fast nichts. Im abgelaufenen Jahr resultierten am Schweizer Aktienmarkt Kursgewinne von nicht einmal zweieinhalb Prozent. Im ersten Semester dieses Jahres blieb unter dem Strich gar deutlich weniger übrig. Zweistellige Kurgewinne gab es nur mit einzelnen Rohstoff-, Industrie- und Versorgungswerten wie beispielsweise Bachem, Arbonia und Looser, derweil Finanz- und Gesundheitswerte wie CS Group, UBS und Novartis tief ins Minus abrutschten. Viel besser, da sind sich die Auguren einig, wird es im zweiten Semester kaum werden: Im besten Fall rechnen sie mit einer weiteren Nullrunde für die Aktienindizes. So weit, so schlecht. Doch wer sich

an die Börsenschlagzeilen vor vier Monaten erinnert, dem wird rasch klar, dass es noch schlechter hätte kommen können. Weit schlechter. Als Folge der Wachstumsprobleme in China, der globalen Konjunkturschwäche und des Zerfalls der Rohstoffund Ölpreise war der SMI, das wichtigste Schweizer Börsenbarometer, von Mitte 2015 bis Mitte Februar 2016 um zeitweise über 20 Prozent eingebrochen. Damit war allen Beobachtern klar: «Nun befindet sich die Börse in einem so genannten Bärenmarkt.» Von einem solchem Markt oder einer Baisse sprechen Börsenprofis dann, wenn die Kurse während mindestens eines Quartals kontinuierlich abwärts tendieren und dabei 15 Prozent und mehr einbüssen (siehe Tabelle Bärenmärkte).

BÄRENMÄRKTE Dauer und Ausmass der helvetischen Bären-Märkte seit 1928 Zeitperiode Sept. 1928 – Mai 1932 Febr. 1934 – Dez. 1935 Juli 1938 – Juni 1940 Jan. 1948 – März 1949 Jan. 1957 – Okt. 1957 März 1962 – Nov 1966 Sept. 1972 – Dez. 1974 Okt. 1979 – Juli 1982 Okt 1987 – Dez. 1990 Februar1994 – März 1995 Juli 1998 – Okt. 1998 Aug 2000 – März 2003 Juni 2007 – März 2009 Aug. 2015 – Feb. 2016

Dauer der Baissen in Quartalen 15 7 8 5 3 19 9 11 13 5 1 10 7 2

Durchschnitt der abgeschlossenen 13 Bärenmärkte Letzte grössere Kurskorrekturen Mai 2011 – Aug 2011 Aug 2015 – Feb 2016 (bisher)

Kursrückgang in Prozent 40 20 25 14 13 50 52 24 29 21 39 57 56 21

8.8

35.5

1 2

23 21 Quellen: Bank Pictet, Bank Bär, SIX

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DIE PROPHEZEIUNGEN BLEIBEN DÜSTER Erfahrungsgemäss halten Trends an den Börsen immer etwas länger als erwartet. Bärenmärkte etwa dauerten in unserem Land im Durchschnitt fast neun Quartale. Nicht wenige Auguren befürchteten im Frühjahr deshalb einen noch deutlich tieferen Absturz der Aktienmärkte. Darunter nicht nur Crashpropheten wie der Investmentstratege Marc Faber oder Felix Zulauf von der Zuger Zulauf Asset Management. Nach Faber ist die fast siebenjährige Börsenhausse im Frühjahr 2016 endgültig zu Ende gegangen. Zulauf rechnete und rechnet heuer gar mit


einer ausgeprägten Baisse: «Ein typischer Bärenmarkt in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg brachte Einbussen von rund 23 Prozent.» Diesmal werde es aber rassiger talwärts gehen. Den S&P 500 sieht Zulauf von aktuell 2060 Punkten auf rund 1200 bis 1400 Punkten abstürzen. Gegenüber dem Allzeithoch wäre das fast eine Halbierung. Der Dax werde rund einen Viertel einbüssen und sich Richtung der 7000er-Marke bewegen: «Der SMI wird ähnlich viel einbüssen und erst bei 6000 Punkten Boden finden», orakelt Zulauf. Auch weniger einseitig orientierte Marktstimmen wie jene der französische Bank Société Générale (Socgen), des US-Investmentstrategen Fred Hickey und des Amundi-Chefökonomen Didier Borowski sagten im Frühjahr ein sehr schwieriges Börsenjahr voraus. Sogcen beispielsweise schätzte das Verlustpotenzial für die USA und Europa auf fast 40 Prozent ein. DIE BÖRSE DREHT IM LEERLAUF Der brutale Absturz ist bisher ausgeblieben. Allerdings auch das Gegenteil, der von den Börsianern sehnlichst herbeigesehnte Wiederaufschwung. Es herrscht einfach Stillstand. Die wichtigsten Börsenindizes der Welt kommen seit Monaten nicht vom Fleck.

Der Bär scheint sich frühzeitig in den Winterschlaf verabschiedet zu haben – und auch vom Bullen keine Spur auf weiter Flur. Stattdessen bewegen sich die Märkte seitwärts, auf die Nullrunde im ersten Semester soll im zweiten die Nächste folgen. Bild: Depositphotos.com/mathes

Vor allem politische Faktoren wie der Brexit oder der ungewisse Ausgang der US-Wahlen führen zwar zu heftigen täglichen oder wöchentlichen Schwankungen an den Aktienmärkten, seit Februar bewegen sie sich trendmässig aber mehrheitlich seitwärts. Das hat bei vielen Marktteilnehmern Spuren hinterlassen – der Anteil der unentschlossenen Anleger ist so hoch wie selten zuvor. Markttechniker Alfons Cortés von der Liechtensteiner Unifinanz bezeichnet die aktuelle Stillstandsphase als Transitionsphase. Sie sei gekennzeichnet von einem Seitwärtsverlauf der Indizes, resultierend aus divergierenden Trends einzelner Aktien. So wie dies seit bald einem Jahr im S&P 500 zu beobachten sei. «Die Reaktionen auf gute und schlechte Nachrichten sind in einer solchen Phase unvorhersehbar.» DER HOFFNUNGSSCHIMMER AM HORIZONT Doch allen Unsicherheiten zum Trotz: Es gibt wieder mehr Argumente für eine nachhaltige Kurserholung an den Aktienmärkten als noch vor vier Monaten. So stehen die konjunkturellen Vorlaufindikatoren in der Schweiz und in Europa seit Monaten auf Expansion. Auch weltweit setze sich die moderate Erholung fort, stellt die Schweizerische Nationalbank in ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung fest. Und in den USA kommt der Konsum wieder in Schwung. «Das sollte sich sowohl auf die Konjunktur als auch auf die Aktienmärkte positiv auswirken», sagt Dominic Rossi, Anlagestratege bei Fidelity International. Von diesem Wiederaufschwung werden besonders zyklische Industriewerte profitieren. Helvetische Finanzanalysten setzen darum für die zweite Jahreshälfte auf Unternehmen mit grossem Umsatzanteil in Europa, wie etwa auf den Sanitärtechniker Geberit und den Schliesstechnikkonzern Dorma+Kaba. Aber auch für kleine und mittelgrosse Unternehmen sind die Aussichten günstig. Sie dürften wie bereits im ersten Semester besser abschneiden als die Grossen. Über den ganzen Schweizer Markt gesehen wird hingegen nur ein verhaltenes Gewinnwachstum erwartet. Es fehlt schlicht das Potenzial für Umsatz- und Margenwachstum: «Die Halbjahreszahlen werden keine grossen Überraschungen liefern», sagt Panagiotis Spiliopoulos, Leiter Research der Bank Vontobel. Christian Gattiker, Anlagestratege von Julius Bär, rechnet für die zweite Jahreshälfte mit einer Verbesserung der Gewinnentwicklung. Für das Gesamtjahr prognostiziert er ein Gewinnwachstum von drei Prozent gegenüber 2015. «Unternehmen mit kleiner und mittlerer Kapitalisierung werden auch im zweiten Halbjahr

besser abschneiden», sagt Spiliopoulos. Hauptgrund: Die unstabilen Schwellenländer sind für kleinere Unternehmen in den meisten Fällen nicht so relevant. WO IST DER DREIZEHNTE BÖRSENBÄR? Zuversichtlich stimmen ebenfalls verschiedene markttechnische Faktoren, insbesondere die zunehmende Marktbreite und die Anzahl Aktien und Indizes, die über dem 200-Tage-Durchschnitt notieren. Auch die sehr gedämpfte Stimmung der Anleger gilt als positives Zeichen. Möglich, ja wahrscheinlich also, dass sich der dreizehnte Börsenbär in unserem Land seit 1928 ebenso so still und leise von der Bildfläche verabschiedet hat, wie er gekommen ist. Zu beachten allerdings: Die regelmässig turbulenten Herbstmonate an den Aktienbörsen stehen noch bevor. Erst bei Winteranfang wird man also wissen, ob sich der Bär vorzeitig in den Winterschlaf begeben hat. MIT TIPPS UND TRICKS DURCH TURBULENZEN Für den Privatanleger ändert sich wegen dieser zunehmenden Ungewissheit nichts. Der am besten bewährte Rat bei Unsicherheit: Man sollte gar nicht erst versuchen, den Zeitpunkt von Trendwenden zu bestimmen und hektisch zu kaufen oder verkaufen. Besser ist es, relativ starr an einer massgeschneiderten Anlagestrategie festzuhalten: In dieser wird langfristig fixiert, wie sich die Investitionen auf die verschiedenen Anlageinstrumente aufteilen, wie hoch also etwa die Aktienquote sein sollte. Anleger, bei denen diese Quote nach der über sechsjährigen Hausse überschritten wurde, hätten somit konsequenterweise umschichten müssen. Wer so handelt, ist am besten gegen Prognoseirrtümer abgesichert, die sich auch mit ausgetüftelten Frühindikatoren nie vermeiden lassen. Ein weiterer Schutz gegen Prognoserisiken sind regelmässige, zeitlich gestaffelte Käufe. Wer Aktien über mehrere Jahre verteilt stetig kauft und diese Titel einige Jahre hält, erreicht generell sehr gute Resultate. Man kauft viele Aktien, wenn sie billig sind und wenige, wenn sie teuer sind. Bewährt hat es sich zudem, nicht auf einseitig zusammengesetzte und kapitalisierungsgewichtete Marktindizes zu setzen wie etwa den SMI, sondern breiter diversifizierte Performanceindizes wie den SPI zu bevorzugen. Damit wird vermieden, dass man gerade in den jeweils hochgejubelten Titeln oder Branchen überinvestiert. Zudem: Performanceindizes schliessen im Gegensatz zu den Marktindizes auch die Dividenden ein. Und die Ausschüttungen an die Aktionäre machen häufig die Hälfte bis drei Viertel der Aktienkursperformance aus. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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GELD

Hirn gewinnt, Bauch verliert BÖRSENWAHNSINN Von wegen Zahlenmenschen: Die Finanzwelt ist geprägt von Emotionen, Herdentrieb und Irrationalität. In Anbetracht dieser Ausgangslage lautet die Devise: Mehr Disziplin und weniger Bauchentscheide. Ein Plädoyer für nüchterne Sachlichkeit und objektive Analysen in der Vermögensverwaltung. TEXT D A N I E L G S C H W E N D

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ZEITGEMÄSSE VERMÖGENSVERWALTUNG Die Digitalisierung der letzten Jahre hat nicht nur zu Smartphones und unzähligen Apps, sondern auch zu weitreichenden Veränderungen in der Geschäftswelt geführt. Es gibt kaum einen Prozess, der nicht optimiert und effizienter gestaltet wurde. Die Verknüpfung von Informationstechnologie (IT) mit Geschäftsprozessen und dem täglichen Leben hält ungebremst Einzug. Als Unternehmer ist es zwingend, dass man hier nicht passiv zuwartet, sondern sich aktiv den Veränderungen stellt. Andernfalls läuft man Gefahr, den Anschluss zu verpassen. Im Bereich der Vermögensverwaltung hält die Informationstechnologie erstaunlicherweise erst schleppend Einzug. Die Verknüpfung von Finanzmarktwissen mit dem technologischen Fortschritt ist rar, die Nutzung dieser symbiotischen Wirkung findet noch immer nur am Rande statt. Natürlich haben alle Banken gut aussehende Websites sowie Apps und ihre Abwicklungsprozesse automatisiert. Abwicklung und Auswertung sind aber nur die nachgelagerten «Fleiss-Prozesse». Wichtiger wäre die Entscheidungsfindung davor. Um es kurz und knapp zu sagen: 28

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Der Konstruktionsplan eines guten Produktes ist bedeutender als die nachfolgende Verpackung. Aus diesem Grund haben wir unsere Entscheidungsfindung in den letzten Jahren mit IT-Hilfe konsequent diszipliniert und systematisiert. DIE HERDE HANDELT SELTEN RATIONAL Die Börse verhält sich nicht anders als ein manisch, depressiver Patient, der aufgrund

von Emotionen, Irrationalität und Herdentrieb immer wieder die gleichen Fehler begeht. Der hier abgedruckte Cartoon illustriert dies eindrücklich. Die heutige «Finanzwelt» ist mehr und mehr geprägt von Komplexität, Datenflut und Emotionen. Die zunehmende Komplexität hat zur Folge, dass der Anleger die Vielschichtigkeit der Einflussfaktoren nicht mehr greifen kann und sich im Finanzlabyrinth verliert. Zwei-

Bild: zVg, Cartoonists & Writers Syndicate/CartoonWeb.com

chon der chinesische Philosoph Konfuzius sagte: «Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen.» So halten wir es auch mit unserer Anlagephilosophie. Die Zeiten haben sich verändert, und bewährte Modelle werden durch Null- und Negativzinsen sowie politische Interventionen ausgehebelt. Nur wer Bestehendes regelmässig und kritisch hinterfragt, kann in einer sich stetig verändernden Welt bestehen.

Auf den Punkt gebracht: die kurzsichtige Börsenmentalität und ihre panischen Vertreter.


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tens ist der Mensch nicht mehr in der Lage, die wachsende Datenflut in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Und drittens führen abrupte und starke Kursbewegungen dazu, dass die Emotionen hochkochen. Sprich: Menschen handeln nicht länger rational, sondern lassen sich durch ihre aktuelle Gemütslage leiten. Diese Prozyklizität zeigt sich wiederum im Herdentrieb der Anleger. Schaut man mit kritischem Blick auf seine vergangenen Handlungen, erkennt man, wie oft man selber Opfer seiner Emotionen wurde und sich von psychologischen Wellen hat anstecken lassen, die sich später als Sturm im Wasserglas entpuppten. Wir von ENISO Partners haben Irrationalität und allzu menschliches Verhalten aus unserem Anlageprozess verbannt, indem wir uns an klar definierte Regeln halten, welche in der Vergangenheit ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. KLARE REGELN BREMSEN DEN IMPULS Um die Herausforderungen der Datenflut und Komplexität bewältigen zu können, muss man die richtigen, IT-unterstützten Werkzeuge zur Hand haben. Wie aber lässt sich vermeiden, dass man in ein irrationales, emotionales Verhalten verfällt? Wir tun dies, indem wir uns klare, eindeutig definierte Regeln geben, an die wir uns ohne Wenn und Aber halten. Als Bankkunde sollte man sich auch die Frage stellen, ob es nicht ratsam ist, einen unabhängigen Vermögensverwalter zur Hand zu haben, welcher sich vom Gros der Masse unterscheidet und so die eigene Diversifikation verbessert. Unser disziplinierter Ansatz hat uns Recht gegeben. So stehen wir im Bilanz Vermögensverwalter-Ranking seit mehreren Jahren regelmässig auf dem Podest und wurden vor kurzem von Citywire London zum besten Aktienfonds Manager (Aktien Euroland) der letzten 12 Monate gekürt.

DER AUTOR Daniel Gschwend ist Head Institutional & Private Clients bei ENISO Partners AG in Zürich und betreut Privatkunden und institutionelle Kunden wie Banken, Pensionskassen und Firmen. Er schreibt regelmässig Kolumnen in verschiedenen Finanzpublikationen. ENISO Partners AG, Claridenstrasse 34, 8002 Zürich, Tel. 044 286 17 05, daniel.gschwend@eniso-partners.com, www.eniso-partners.com


DIGITAL

Denken wie ein Düsentrieb DESIGN THINKING Mit dem Auswählen aus alten Alternativen ist die Digitale Transformation nicht zu meistern. Die Devise lautet daher: Neues schaffen. Mit Design Thinking, einem Ansatz aus der Architektur, können Ideen auf dem Reissbrett entwickelt werden. Die neue Denkweise schärft den Blick über den Tellerrand. TEXT S T E L L A G A T Z I U G R I V A S , H A N S P E T E R K N E C H T L I U N D C L A U D I O M I R T I

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ie stetige Verbesserung ist durchaus eine legitime Form des unternehmerischen Handelns. Prozessoptimierungen beschleunigen Arbeitsabläufe und machen diese weniger fehleranfällig sowie kostengünstiger. Dienstleistungen und Produkte werden durch Anreicherung mit zusätzlichen Funktionalitäten optimiert. Wenn Unternehmen jedoch ihre Ressourcen nur auf die Optimierung des Status quo beschränken, bleibt zu wenig Raum für die vertiefte Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken der technologisch induzierten Veränderung. Diese ist in Anbetracht der immensen Reichweite der Digitalisierung jedoch dringend notwendig. Konkurrenten mit neuartigen, digital ausgerichteten Geschäftsmodellen, smarten Produkten und integrierten Dienstleistungen verändern bestehende Marktstrukturen. Etablierte Unternehmen klassischer Wirtschaftszweige, die in Zukunft konkurrenzfähig bleiben wollen, müssen den digitalen Wandel durch eigene Transformationsanstrengungen selbst aktiv gestalten. DAS FUNDAMENT IM UMBRUCH Die Digitalisierung ermöglicht es, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ein Bestandteil solcher neuartiger Geschäftsmodelle könnte die veränderte Interaktion mit den Kunden sein. Denn ein digitales Angebot und Onlineservice sind

heutzutage für viele eine Selbstverständlichkeit. Für den Konsumenten verschwimmen Online- und Offlinewelten zusehends, was dazu führt, dass Unternehmen diese Welten sinnvoll verknüpfen und ihr Angebot vermehrt an die digitalen Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen müssen, um langfristig auf dem Markt bestehen zu können. Dasselbe gilt bei den Geschäftsprozessen: Durch den Einsatz von digitalen Technologien können die Prozesse vereinheitlicht, vereinfacht und wo möglich automatisiert werden. So wird das Unternehmen als Ganzes agiler und dynamischer, was wiederum die Implementation von neuen Geschäftsmodellen vereinfachen kann; diese können zu neuen Organisationsstrukturen und zu veränderten Rollen für die Angestellten einer Unternehmung führen. DAS BEWÄHRTE BESTE IST NICHT GUT GENUG Solche Veränderungen im Unternehmen, die über rein technologische Aspekte hinausgehen, werden unter dem Begriff «Digitale Transformation» zusammengefasst. Als Folge davon stehen die heutigen Führungskräfte vor der Herausforderung, in einem höchst dynamischen Geschäftsumfeld Entscheidungen zu treffen, die von grösster Wichtigkeit für das Überleben des Unternehmens sind. Einen Transformationsprozess, bei dem Führungskräfte die Möglichkeiten eingrenzen und unter den bestehenden Alternativen die Beste auswäh-

DER FÜNFSTUFIGE DESIGN THINKING-PROZESS Empathie Das menschliche Element im Zentrum

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Definieren Leitbild. Wen oder was sprechen Sie an?

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Ideenfindung Brainstorming, kreatives Denken, viele Ideen und innovative, unkonventionelle Lösungen

Prototyp Simmt die Funktionalität? Ist die Idee realisierbar und mit welchem Aufwand?

Test Wie reagieren die Kunden?

len können, gibt es nicht mehr. Liegt der Fokus auf den heutigen Unternehmensprozessen, schränkt dies die Kreativität und das Betrachten von neuen Möglichkeiten – um beispielsweise den Kunden zu begegnen oder neue Produkte zu platzieren – ein. Die Optimierung des Geschäftes im gewohnten Rahmen wird einige finanzielle und personelle Ressourcen verbrauchen, ohne dass die angestrebte digitale Transformation geschafft würde. Als Folge davon kann sich eine unüberwindbare Trägheit gegenüber Veränderungen und ein Abnehmen der Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens einstellen. Die technologischen Innovationen sind da, können jedoch nicht ohne Weiteres aktiv zur Transformation des Unternehmens beitragen. ZUERST MUSS SICH DAS DENKEN ÄNDERN Ein neuer, der Welt der Architektur entliehener Ansatz soll Abhilfe schaffen: Design Thinking. Er hat das Potential, den Kern der digitalen Transformation zu bilden und die Überwindung solcher Schwierigkeiten zu unterstützen. Design Thinking ist eine Technik, die die Schaffung von Alternativen fördert und neue Möglichkeiten in der Problemlösung eröffnet. Der Prozess ist dafür bekannt, erfolgreiche und zielgerichtete Produkte zu schaffen, wie sie die Nutzer wollen und brauchen. Anstatt die erste Idee zu verfeinern, ermöglicht es Design Thinking, mehrere Prototypen zum Testen und Lernen zu generieren. Der fünfstufige Design-Thinking-Prozess baut kreatives Vertrauen auf, indem er der Philosophie folgt, die besagt, dass man oft und früh scheitern muss, um am Ende des Weges Gold zu erreichen. Design Thinking fördert ein Klima von Innovation, in dem es Menschen tatsächlich wagen, etwas zu versuchen und die so zum Austesten von Ideen ermutigt werden. Es fördert auch den Ideenaustausch unter den Mitarbeitenden, um vertiefte Einblicke zu gewin-


CERTIFICATE OF ADVANCED STUDIES

erlaubt die Verbesserung von Situationen und fördert die Gewinnung von Wissen. Es ist eine Denkweise, die sich auf die Lösung statt auf das Problem konzentriert. Ein primäres Element von Design Thinking ist, mittels Denken und Ideen Lösungen für ein Problem zu finden oder Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen. In erschreckender und überwältigender Weise wird es oft verpasst, den richtigen Zeitpunkt festzulegen, um die Arbeit wirklich zu durchdenken und ihren Verdienst als tragfähige Lösung zu bemessen.

DIGITAL BUSINESS DEVELOPMENT Die Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW bietet mit Startdatum November 2016 das neue CAS Digital Business Development an. Das CAS zielt darauf ab, den Teilnehmenden ein fortgeschrittenes konzeptionelles Verständnis und fundiertes Wissen aus der Praxis über Digital Business und Digitale Transformation sowie spezifische technische Skills zu vermitteln. Die Teilnehmenden werden darauf vorbereitet, ihr Unternehmen im digitalen Zeitalter zu begleiten. Ein besonderes Highlight des Kurses ist der einwöchige Aufenthalt in New York. Die Teilnehmenden absolvieren das Modul «Design Thinking on Innovation» an der New York University. Zudem besichtigen sie Start-up-Unternehmen und US-Firmen, die ihnen einen Einblick in die Welt des Digital-Business geben.

AUFGESCHLOSSENE ANGESTELLTE Nicht zu vergessen: Design Thinking allein genügt nicht. Um die digitale Transformation nachhaltig zu gestalten, ist eine entsprechende Unternehmenskultur erforderlich. Dabei sollten die Angestellten des Unternehmens aufgeschlossen gegenüber digitalen Technologien und Veränderungen sein. Da sich digitale Unternehmen in einem sehr dynamischen Umfeld bewegen, ist es wichtig, dass die Unternehmenskultur die Risikobereitschaft fördert und einen offenen Umgang mit Fehlern erlaubt. Denn für einen maximalen Effekt, kann es notwendig sein, bestehende Produkte oder Vorgehensweisen abzustossen und neue Wege zu beschreiten. Fazit: Design Thinking sollte das Herzstück der Strategieentwicklung und der organisatorischen Veränderungen sein, um eine Kultur zu schaffen, die sich auf diesem Weg auf die Problemlösung konzentriert. Ob Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse – die Denkweise kann auf alles angewendet werden, was verbessert werden muss. Es gibt viele Beispiele von grossen Unternehmen, die Design Thinking in ihrem Tagesgeschäft einsetzen, so etwa Apple, Microsoft oder Google. Der Ansatz funktioniert für alle Unternehmen, ob gross oder klein.

Infos und Anmeldung unter www.fhnw.ch/wirtschaft/weiterbildung/ cas-digital-business-development

DIE AUTOREN

Bildquelle: Depositphotos.com, urtaev

nen und durch Zusammenarbeit gemeinsam bessere Lösungen zu entwickeln. DIE ANWENDERSICHT IST ENTSCHEIDEND Design Thinking ist eine bewährte und vor allem auch branchenunabhängige Methode

zur Lösung von Problemen, die jedes Geschäft anwenden kann, um eine grosse Wirkung zu erzielen. Sie verbindet kreatives mit kritischem Denken, ermöglicht die Organisation von Informationen und Ideen, vereinfacht das Treffen von Entscheidungen,

Prof. Dr. Stella Gatziu Grivas ist Leiterin des Kompetenzschwerpunktes Cloud Computing an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Hanspeter Knechtli ist Leiter Weiterbildung am IWI der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Claudio Mirti ist Principal Solution Specialist Data Platforms bei Microsoft Schweiz.

Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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PROMOTION

Autonomes Fahren und Drohnen Prominente Referenten boten am 9. Mobility Solutions «Forum» in Bern dem zahlreich erschienenen Publikum spannende Vorträge zum Thema Zukunftsmobilität. Das Mobilitätsverhalten unserer Gesellschaft verändert sich rasant und neue intelligente Lösungen sind gefragt. Was sind die Herausforderungen?

DER SMARTSHUTTLE – EIN PIONIERPROJEKT «Der Wandel vom traditionellen Transportanbieter zum Technologie- und Mobilitätsdienstleister». Jürg Michels Vortrag vermittelte einen spannenden Einblick in die über hundertjährige Erfolgsgeschichte und die Mobilitäts-Zukunft von PostAuto. Der andauernde Erfolg von PostAuto beruht auf Wettbewerbsfähigkeit, Pioniergeist und Innovationen. Die Welt verändert sich rasant und damit auch die Mobilität. In enger Zusammenarbeit mit innovativen Partnern aus Technologie, Wissenschaft und Mobilität entwickelt PostAuto zukunftsweisende und umweltfreundliche Lösungen – so auch mit dem Test der autonomen SmartShuttles in Sitten. Jürg Michel beleuchtete eindrücklich die Herausforderungen und die Auswirkungen autonomer Fahrzeuge für die Gesellschaft und den öffentlichen Verkehr.

«-TOS – AUTONOMES AUTO MIT DROHNE» Ein mit grosser Spannung erwarteter Referent war auch Frank M. Rinderknecht, der weit über die Grenzen hinaus bekannte Visionär und Querdenker der Automobilbranche. F. Rinderknecht beeindruckte mit seinem profunden Wissen und gab Ausblicke in die Mobilitäts-Zukunft. Für ihn ist klar: Autonome Fahrzeuge nehmen Fahrt auf. Das Steuerrad jedoch wird so schnell nicht wegzudenken sein. Der Mensch soll immer noch entscheiden können, ob er selber fahren oder das Steuer aus der Hand geben will. Die Nutzung von autonomen Autos könnte den Insassen erlauben, die Fahrtzeit produktiv zu nutzen – ein Buch zu lesen, Mails zu schreiben, und das auf Fahrstrecken, die monoton und eher langweilig sind. Das mitgebrachte Konzept-Auto -tos aus der Ideenschmiede des Erfinders zeigt vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven.

Fans vom SmartShuttle in der PostFinance Arena.

Konzeptauto -tos mit Drohne, von Rinspeed

Der autonome Kleintraktor von der bfh.

DER TRAKTOR, DER SELBER FÄHRT Entwickelt wurde der autonome Kleintraktor von der Berner Fachhochschule für Technik und Informatik. Auch in der Landwirtschaft haben autonome Maschinen eine grosse Zukunft – diese können Felder präziser als bisher bewirtschaften und so Gifte und Dünger einsparen. Die Bodenverdichtung ist ein grosses Thema, und für eine effizientere und ökologischere Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Nutzflächen könnten leichtere, aber durch die Automatisierung, nicht minder leistungsfähige Maschinen eingesetzt werden.

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

9. MOBILITY SOLUTIONS «FORUM» Mit welchen Themen setzt sich eine Flottenmanagerin wie die Mobility Solutions AG auseinander? Um dies ihren Kunden näher zu bringen, führt Mobility Solutions eine jährlich stattfindende Informations- und DiskussionsVeranstaltung durch: Das Mobility Solutions «Forum» soll mit Fachbeiträgen von namhaften Referenten über aktuelle Trends und Entwicklungen rund um Fahrzeug und Mobilität informieren.

DROHNEN – DER FLIEGENDE PÖSTLER Einen mitreissenden und mit viel Power geladenen Auftritt boten die beiden «Drohnen-Pioniere» Janick Mischler und Andrea Marrazzo, beide Projektleiter bei Post Innovation. Das Publikum erfuhr interessante Informationen und Details über die ersten Testflüge der Postdrohne und die Drohnentechnologie als Erweiterung der Transportpalette. Wo ist es sinnvoll, Drohnen einzusetzen? – Für eilige Medikamentenlieferungen in abgeschiedene Wohngebiete – Für hochprioritäre Kuriersendungen (Medizin, Wirtschaft etc.) – Für weitere Sondereinsätze in aussergewöhnlichen Situationen, wie Unwetter, Erdbeben, Überschwemmungen etc. Die regulatorischen Herausforderungen sind vielschichtig, einige davon sind die Prüfung und Bewilligung vom BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt) und die Luftverkehrskontrolle, um Kollisionen zwischen Flugobjekten zu verhindern. Eine «Sperrzone» für Drohnen im Gebiet von Flughäfen, im Umkreis von fünf Kilometern (Spezialbewilligung notwendig). Auch die Akzeptanz von Drohnen in der Bevölkerung ist wichtig.


DIGITAL

Mobil im Ausland VON V I C K A M A L O C A

Ich habe ein Mobilabonnement für Geschäftskunden. Für die Internetnutzung im Ausland sind drei GB inklusive. Wie kann ich diese möglichst sinnvoll nutzen und was ist, wenn das Volumen aufgebraucht ist?

G

rundsätzlich kommt es darauf an, wie häufig Sie verreisen und für was Sie das Internet benötigen. Wenig Datenvolumen bedarf beispielsweise das Lesen von E-Mails ohne Anhang oder einer mobilen Website. Google Maps laden und den Standort bestim-

men benötigt da schon mehr. Vergleichsweise viel Datenvolumen konsumieren hingegen Anwendungen, die das Streaming von Musik oder Videos ermöglichen: Eine Minute YouTube-Video schauen, verbraucht rund zwei bis drei MB. Auch das Aktualisieren oder Herunterladen von Apps verbraucht viel Datenvolumen. Es empfiehlt sich folglich, diese Dienste nach Möglichkeit über eine WLAN-Verbindung zu nutzen, um das vorhandene Datenvolumen nicht unnötig zu

strapazieren. Unter den Einstellungen im Smartphone oder im App Store können Sie automatische Updates über die mobile Datenverbindung deaktivieren. DATENPAKETE In der Regel erhalten Sie eine SMS, sobald sich das inkludierte Datenvolumen – in Ihrem Fall drei GB – dem Ende zuneigt. Entweder Sie nutzen das mobile Internet anschliessend zum Standardtarif oder Sie lösen ein zusätzliches Datenpaket in der gewünschten Grösse. In

der Regel steht Ihnen dafür eine spezielle App zur Verfügung, etwa das Swisscom Cockpit. Mit dieser App können Sie bereits vor der Reise oder direkt vor Ort zusätzliches Volumen beziehen. Dementsprechend eignen sich Datenpakete auch ideal für kurzfristige Geschäftsreisen. In der App können Sie darüber hinaus jederzeit einsehen, wie viel Volumen noch übrig ist und ein Kostenlimit festlegen. Sofern Sie häufig verreisen und vor allem internetbasierte Dienste nutzen, lohnt es sich jedoch, ein Angebot mit reichlich Inklusiv-Volumen zu wählen. Mittlerweile gibt es Mobileabonnemente, mit denen Ihnen bis zu 24 GB für

die mobile Internetnutzung im Ausland zur Verfügung stehen. VICKA MALOCA

Die Autorin ist KMUBeraterin bei Swisscom und beantwortet Fragen zur Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie haben eine Frage? Schreiben Sie unserer KMU-Beraterin unter www.swisscom.ch/kmuratgeber

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MOBIL

Leuchten für schlaue Städte

Foto: zVg

INTELLIGENTE STRASSENLATERNE WLAN-Hotspot, Messstation für verschiedenste Daten, Ladestation und Notrufsäule – der Energieversorger Energiedienst AG vertreibt mit Smight ein System, das die Strassenlaterne neu erfindet. TEX T D E L I A B A C H M A N N

S

ie säumen unsere Strassen, spenden das Jahr durch Licht und in der Adventszeit tragen sie ortstypischen Weihnachtsschmuck. Man möchte meinen, Strassenlaternen seien im Jahr 2016 eine Selbstverständlichkeit. Dass dem nicht so ist, zeigt ein Blick nach Surrein in der Surselva. Im März hat das 270-Seelen-Dorf zum vierten Mal über die Beleuchtung seiner Strassen abgestimmt – und zum ersten Mal «Ja» gesagt. Damit gehen auch in der letzten Gemeinde nachts die Lichter an. Nun steht bereits die nächste Generation Strassenlaternen vor der Tür, und die hat es in sich: «smart.city.light», kurz «smight», heisst das modulare System, welches in der Schweiz von der Energiedienst AG (ED) vertrieben wird. Der Kunde kann wählen, mit welchen Modulen – WLAN, E-Ladestation, Umweltsensorik, SOS-Funktion – er seine Lampe ausgerüstet haben will. Der Kauf neuer Strassenlaternen ist nicht zwingend: Bestehende Masten können mit der Basislösung Smight Air, einer Art Aufsatz mit integrierter WLAN-Antenne, aufgerüstet werden. Entwickelt und hergestellt werden die Smight-Systeme von der baden-württembergischen EnBW, dem Mutterkonzern der Energiedienst AG. 34

UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

VISION – DIE INTELLIGENT VERNETZTE STADT Jochen Debus ist Leiter Kommunalbetreuung bei Energiedienst. Sein Ziel: «Gemeinden auf ihrem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft unterstützen.» Diese fordert, dass der Energiebedarf die 2000 Watt pro Kopf und Jahr nicht übersteigt. 2014 betrug er das 2.5fache davon. Mit kleinen Schritten allein ist eine schnelle Senkung nicht zu schaffen. Es ist Zeit, die Siebenmeilenstiefel und die grossen Entwürfe aus dem Schrank zu holen. Ein solcher ist die Smart City – eine mit Sensoren gespickte Stadt: Durch die Vernetzung von intelligenten Systemen können Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen und Feinstaubausstoss reduziert sowie der Verkehr verflüssigt werden. Jochen Debus: «Eine intelligente Beleuchtung bildet die Basis, in dem sie Informationsflüsse bündelt, steuert und optimiert und so die Raumentwicklung fördert.» Die Smight ist ein echter Datenfänger. Unter anderem sammelt sie Umweltdaten wie Luftfeuchtigkeit, Lautstärke, Feinstaub, Helligkeit, Luftdruck und Temperatur. Übermittelt wird per Funk in die Büros der Verwaltungen. Die Daten können für die Verkehrsplanung, Ampelsteuerung oder die Beleuchtungsregulierung genutzt werden, wodurch bis zu 70 Prozent Energie gespart werden könne.

BEDARFSANALYSE – IST DIE ZEIT SCHON REIF? Anders als in Deutschland konnten in der Schweiz bislang noch keine Gemeinden als Kunden gewonnen werden. In die Pionierrolle sind Private geschlüpft, der schweizweit einzige exklusive Aston Martin-Händler in Niederwil (SG) etwa, der die Smight als Ladestation für E-Autos nutzt. Dass die smarte Laterne erst vereinzelt zum Einsatz kommt, beunruhigt Debus nicht – schliesslich wurde sie erst Anfang Jahr lanciert: «Der Markt für SM!GHT entsteht gerade. Die Technologie ist bislang in kleineren Orten im Einsatz. Wir stehen aber auch mit grösseren Städten in Kontakt und planen erste Einsatzgebiete.» Debus könnte mit seiner Einschätzung recht behalten: Noch immer ziehen mehr Menschen vom Land in die Stadt als umgekehrt. Das Bedürfnis überall und ständig online zu sein, nimmt ebenso zu wie das Bewusstsein für die Umwelt. Gut möglich, dass sich das in einer höheren Zahlungsbereitschaft niederschlägt. Diese braucht es auch, denn die Multifunktionsmasten sind nicht günstig zu haben. Preislich bewegen sie sich zwischen 9200 und 10300 Franken. Zum Vergleich: Der Preis einer herkömmlichen Strassenlaterne liegt zwischen 160 und 5400 Franken.


MARKETING

Flieg, Patrouille, flieg!

MARKE DES MONATS

Im Juli/August 2016:

VON S T E F A N V O G L E R

V

or 52 Jahren begründet, am 21. Oktober 1998 ins Markenregister eingetragen, hat die Marke Patrouille Suisse am 9. Juni 2016 zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Schaden erlitten: Während eines Trainingsflugs in den Niederlanden haben sich zwei Flugzeuge leicht touchiert. Ein Pilot konnte sich leichtverletzt mit dem Schleudersitz retten. Die zweite betroffene Maschine konnte landen. So ein Ereignis führt in der Regel für jede Marke zu einem Reputationsscha-

den. Bisher hat die weltweit angesehene Marke keinen Imageschaden davon getragen. Dieser – notabene erste! – Unfall in der Markengeschichte hat die Sinn-Diskussion im Heimatland der Patrouille Suisse angeheizt. Ich gehe mit dem Ex-Kommandanten der Patrouille Suisse, Daniel Hösli v/o «Tiger Zero», einig. Diese Staffel kostet null und gar nichts. Die Piloten müssen ihre Flüge ohnehin absolvieren, um fit zu bleiben für die Luftraumüberwachung und notfalls Ver-

teidigung. In Zeiten der Terrorbekämpfung und bei grossen Anlässen wie dem WEF ist sie schlicht Pflicht. Zurück zur Marke Patrouille Suisse. Sie ist eine perfekte Visitenkarte für die Marke Schweiz. Wie wichtig solche Marken für unser Land sind, zeigt die Studie «Swissness-Tester». Thomas Harder und Lino Helbling liessen in der Fachzeitschrift Marketing & Kommunikation unter dem Titel «Marke Schweiz – ein Wunder in Gefahr» verlauten, die Spitzenposition sei in Gefahr «... deutliche

den Himmel. Diese sind für uns zentral, denn unsere Innovationskraft bringt Ansehen, wirtschaftlichen Erfolg und gehört zum begehrenswerten Quality Label «Suisse». Flieg Patrouille Suisse, flieg!

www.patrouille-suisse.ch

STEFAN VOGLER

Zunahme der Kompromisse bei Leistung und Qualität, Zurückfallen gegenüber der Konkurrenz ». Wachsamkeit ist angesagt, um das Markenansehen und damit den hohen Markenwert «Schweiz» zu sichern. Die Patrouille Suisse zeichnet typische Schweizer Tugenden wie Zuverlässigkeit, Präzision und Wagemut emotional packend in

Der Autor berichtet über die aktuelle Markenführung einer grossen oder kleinen, globalen, nationalen oder lokalen, altbewährten, aufgefrischten oder neuen Marke. www.markenexperte.ch

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MANAGEMENT

Kämpferin mit Urvertrauen FRAUEN IM MANAGEMENT Für Esther Bischofberger stehen Menschen und Möglichkeiten im Mittelpunkt. Mit Kreativität und viel Engagement hilft die selbständige Unternehmensberaterin ihren Klienten, Brücken zu bauen und neue Wege zu beschreiten. TEXT I N È S D E B O E L

E

sther Bischofberger lässt sich nicht in ein starres Schema pressen. Mit der Unterscheidung «Männer und Frauen» im Beruf kann sie ebenso wenig anfangen wie mit der Frage des Alters. Da sei sie schon ganz früh eine Querulantin gewesen. Der Wunsch, an der ETH Zürich zu studieren, wurde vom Rektor ihrer Schule mit den Worten «Mädchen gehören nicht an die ETH» quittiert, was in ihr erst recht eine Trotzreaktion hervorgerufen habe. Das Studium der Mathematik und Biologie an der ETH Zürich hat sie dann später abgebrochen und an der Universität Zürich weitergeführt, obwohl sie die akademischen Lehrmethoden nicht interessierten. Dafür war sie eine sehr gute Lehrerin, bis sie schliesslich durch Zufall ins Personalwesen kam und seit dreizehn Jahren ihr eigenes Beratungsunternehmen führt. Ihre langjährige Erfahrung im Personalmanagement stellt sie in den Dienst von Jung und Alt. Dabei gilt ihr Interesse dem Menschen als ganzheitliches Wesen. Ihrem Firmenmotto «Menschen & Möglichkeiten» getreu, will sie ihre Klienten individuell begleiten und scheut sich auch nicht vor «schwierigen Fällen». DER MENSCH IM MITTELPUNKT Esther Bischofberger lacht, als sie über den ersten wirklich einschneidenden Bruch in ihrer Karriere erzählt, der privat von der ersten Scheidung begleitet war. Sie färbte sich nicht nur die Haare rot, sondern beschloss, in eine total andere Richtung zu gehen. Als Ihr zweiter Mann ihr eines Tages ein Inserat «Der Mensch im Mittelpunkt» brachte und sagte: «Schau, das bist doch du. Human Resources heisst das», waren die Würfel gefallen. Als junge Lehrerin mit einem «völlig falschen» Lebenslauf bewarb sich Esther Bischofberger bei der Kosmetikfirma Estée Lauder. Doris Hefti, damals Brand Manager, verschaffte ihr einen engagierten Einstieg in die Branche. Vor die Wahl gestellt, ob sie selbst Manager werden oder eine neue Vorgesetzte wolle, übernahm sie bereits ein 36

UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

Jahr nach Stellenantritt Verantwortung als Personnel Supervisor. Die Freude am Personalmanagement komplettierte sie dann mit einem Nachdiplomstudium bei der Treuhandfirma BDO, wo sie auch ihren ersten Mentor Ruedi Häfeli fand. Neue Möglichkeiten eröffneten sich für Esther Bischofberger vor allem mit Peter Müri, den sie als ihr kleines Vorbild bezeichnet. Seine dreidimensionale Philosophie für Personalmanagement «Kopf, Herz, Bauch» teilt sie noch heute. Was ihr an ihrer Arbeit nach wie vor am besten gefällt, ist, die Menschen – wie mit dem Mikroskop – anschauen zu dürfen und mit ihren Klienten Ziele zu formulieren. Es bedeutet ihr viel, eine Vertrauensperson sein zu dürfen. «Das ist schön, dieses Vertrauen haben zu dürfen, einen Menschen oder eine Familie begleiten zu dürfen.» Mittlerweile gibt es viele Klienten, die regelmässig ihre Beratung suchen. DIE GUTEN DINGE FLIESSEN LASSEN Dabei sei der Weg in die eigene Selbständigkeit schon ein «wahnsinniger Schritt», ja geradezu ein Existenzentscheid gewesen, beschreibt Esther Bischofberger rückblickend. Die Gründung ihrer Firma 2003 war gleichzeitig auch die grösste Herausforderung für sie. Drei Dinge kamen zusammen: Kündigung, Scheidung und die Diagnose Krebs. Die bisherige Komfortzone zu verlassen, bekanntes Fühlen und Denken zu überwinden und in «dieser Worst-Case-Situation eine Firma zu gründen» und dabei das Vertrauen nicht zu verlieren, verdanke sie auch ihrem Sohn, der sie bestärkte: «Du kannst nur noch gewinnen.» Einen Businessplan hatte sie für sich selbst nicht: «Ich wollte nie im Leben selbständig werden. Alles, nur nicht selbständig.» Dennoch packte sie an und merkte schnell, dass es von der ersten Sekunde an gut kam, weil die «guten Dinge von Anfang an fliessen». So scheut sie auch keine «schweren Fälle» und nutzt ihre Begabung der schnellen Analyse immer als Grundlage für eine individuelle Begleitung. Feste Programme

lehnt Esther Bischofberger ab. Wichtig sei ihr in erster Linie, Brücken zu bauen, eben neue Möglichkeiten zu schaffen. So blieb sie mit einer Klientin nicht im Büro, sondern ging hinaus zum Joggen. Ungewöhnlich kreative Lösungsansätze bietet sie in einem Netzwerk mit Mal- und Tiertherapeuten an. Mitunter holt sie schon mal die ganze Familie an den Tisch, so etwa, wenn dem Mann gekündigt worden sei und dieser dennoch monatelang mit dem Koffer hinaus gehe, weil er sich nicht traue seiner Frau die Entlassung mittzuteilen. Sie versuche, sofort eine gute Situation sowie Vertrauen zu schaffen und hat den Anspruch an sich selbst: «Ein guter Coach manipuliert nie. Ein guter Coach geht immer mit.» Am Ende müsse der Klient zwingend das Gefühl haben, es aus eigenem Antrieb geschafft zu haben. MUT MACHEN UND LOSLASSEN Die Erfahrungen, immer wieder neue Möglichkeiten auszuprobieren, gibt sie in ihrer Beratung vielen Studenten und speziell deren Eltern weiter. Sie plädiert offen für mehr Gelassenheit und Urvertrauen: «Ich mache ihnen Mut, dass man wechseln darf.» Man müsse nicht unbedingt an die Uni oder die ETH, nur um zu studieren. Dabei liegt ihr vor allem die Bitte an die Eltern am Herzen, die jungen Menschen loszulassen in die Richtung, in die sie ihre Begabungen führen und sie ihren eigenen Weg gehen zu lassen. Vertrauen, dass sie etwas selbst hinbekommen, sei das höchste Gut, das man den Jungen mitgeben könnte. Besonders junge Frauen setzten sich heute extrem unter Druck. Im Hinterkopf schlummere beharrlich das Caveman-Prinzip: «Du sammeln, ich jagen». Hinzu komme die Erwartung, alles bis zum dreissigsten Geburtstag erreicht haben zu müssen: einen Topjob, den richtigen Mann, vier Kinder und drei Ferienhäuser. Esther Bischofberger würde es daher begrüssen, wenn Frauen sich auf eine Sache fokussierten. Es gehe darum, authentisch zu sein, auch mehr Mut zur Weiblichkeit zu haben – und das dann auch mit Stolz zu zeigen.


VOM NORDPOL ZUM SÜDPOL Esther Bischofberger ist im Laufe Ihrer selbständigen Tätigkeit als Beraterin schon vom «Nordpol zum Südpol» gegangen. Sie hatte eigentlich immer gemeint, sie sei der Pfadfinder-Leadertyp, dem alle hinterherrannten, heute beschreibt sie ihren Führungsstil eher als euphorisches Führen. Sie nennt es Helikopter-Führen: «Ich lande, und dann mache ich Wirbel.» Sie bereut den Weg in die Selbständigkeit nicht und denkt dabei an ihre eigene Rekrutierungszeit zurück: «Ich habe nie eine Philosophie gefunden, eine Unternehmenskultur, die mir gefallen hätte, wo ich mich hätte einordnen können und darum bin ich eine Einzelgängerin geworden.» Deshalb kann sie auch ihrer damaligen Kündigung im Nachhinein nur Positives abgewinnen und erzählt, dass es natürlich einfacher sei, zu managen als Unternehmerin zu sein. Ihre Büros damals in Zollikon am See habe sie mit teuren Möbeln und edlen Corbusier-Sesseln ausgestattet – mit dem Geld vom Chef. Sie habe gelernt, dass nicht mehr alles gestylt sein müsse, sondern dass es darauf ankomme, wirklich zu handeln, und nicht nur im Kopf zu wollen: «Man muss etwas unternehmen.» Heute ist es ihr wichtig, nur noch sich selbst und Ihr Unternehmen zu führen. Mitarbeiter möchte sie keine mehr haben. Auf Hochglanzprospekte verzichtet sie ebenso wie auf allzu schicke Büros mit teurem Mobiliar. Denn heute weiss sie, dass die Menschen ihrer Person wegen kommen, nicht wegen des Büros: «Aber der Name gefällt mir immer noch» lacht sie.

Bild: Ursula Trivisano-Mundwiler

Dieses Urvertrauen und die Gelassenheit lebt sie jeden Tag selbst: Existenzängste habe sie keine – trotz Krankheit im Hintergrund. Gemäss ihrem Firmenmotto «Menschen & Möglichkeiten» eröffnet sie nicht nur ihren Klienten, sondern auch sich selbst immer wieder neue Möglichkeiten. Die Liebe zur Biologie und zur Bücherwelt hat sie von Kindesbeinen an begleitet. Ihre grosse Leidenschaft für die Pflanzenheilkunde und die Astromedizin veranlasste sie daher im Alter von 55 Jahren, nochmals ein Studium der Naturheilkunde zu beginnen. Hier sei sie regelrecht aufgeblüht, weil sie mit allen Altersgruppen eine ganz andere Methodik und Didaktik erlernt habe als an der ETH früher: «Damals war alles schwarz/weiss und lateinisch und jetzt ist einfach alles farbig, aber auch lateinisch.» Sie brauche das Lebendige, dieses interaktive Lernen, in den Wald gehen mit der Gruppe, Pflanzen pressen – kurz: die Dinge auseinandernehmen. Diesen Bogen, den sie mache, gibt sie auch den Jungen in der Beratung weiter: «Schaut, Ihr habt ein ganzes Leben lang Zeit.»


UNTERNEHMEN

Ein Startup rechnet ab SERVICEHUNTER AG In Zeiten der von Zeitmangel geplagten Doppelverdiener stehen Haushaltshilfen hoch im Kurs. Ihre Anstellung aber ist mit hohen administrativen Hürden verbunden. Ein Zürcher Startup schafft Abhilfe und sagt Schwarzarbeit den Kampf an. Seine Internet-Plattform quitt.ch macht reinen Tisch zwischen privaten Arbeitgebern und Arbeitnehmern. TEXT D E L I A B A C H M A N N

«W

ir wollen die führende Plattform und Partner für alle Behörden sein, wenn es um die private Anstellung und deren effiziente Abwicklung geht.» Philipp Dick, seit Anfang 2014 CEO der ServiceHunter AG, blickt zuversichtlich in die Zukunft. 2015 schrieb das Startup zum ersten Mal schwarze Zahlen. Der verpasste Sieg im Finale um den SEF.Award in der Kategorie Dienstleistung tut dieser Zuversicht keinen Abbruch. Dick spricht von einem riesigen Potential im Bereich privates Anstellen: «Der Markt ist gross, man geht von einer halben Million Arbeitsverhältnissen aus.» Rechne man den Sonderfall Spitex und die Reinigungsinstitute raus, bleiben immer noch gut eine Viertelmillion Direktangestellte. Auf diese legt das Zürcher Startup den Fokus. Mit ihrer Plattform quitt.ch konnte die junge Firma erfolgreich eine Marktlücke besetzen. Bemerkenswert auch das «Womit», denn: Klagen über das enge Korsett der Bürokratie gehören in Wirtschaftskreisen fast schon zum guten Ton. Die Gründer der ServiceHunter AG, Daniel Moser und David Christen, haben bewiesen, dass aus Fluch auch Segen werden kann: Die Bürokratie ist für viele eine schwere Bürde, deren Bewältigung ein dementsprechend grosses Bedürfnis. Letztlich gehe es auch um die Sicherheit: «Unsere Umfragen zeigen immer wieder, dass die meisten Kunden bei uns sind, weil sie einfach sicher sein wollen, dass alles korrekt abgerechnet ist», erzählt Philipp Dick. Der Service des Startups ist somit auch ein Stück Sorglosigkeit.

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

QUITT PRO QUO – DER SERVICE IM ÜBERBLICK Das Anbieten des «ganzen Pakets» sei eine der grossen Stärken des Services, erzählt Philipp Dick stolz. Nehmen muss man das ganze Paket allerdings nicht, denn: ServiceHunter arbeitet mit einem dreistufigen Abo-Modell. Das Grundabonnement «Basic» biete sich für Leute an, die selber mit den Ausgleichskassen und den Steuerämtern abrechnen und dennoch nicht auf eine günstige Unfallversicherung verzichten wollen. Die Unfallversicherung ist in der Grundgebühr von 45 Franken enthalten, dazu kommen 0.6 Prozent der jährlichen Bruttolohnsumme für die Berufsunfallversicherung. Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit der Haushaltshilfe mehr als acht Stunden, werden nochmals 1.53 Prozent als Prämie für die Nichtberufsunfallversicherung abgezogen. Der resultierende Gesamtpreis unterschreitet die marktübliche Mindestprämie von 100 Franken im Jahr in der Regel deutlich. Mit Abstand am meisten Nutzer zählt das «Comfort»-Abo, die Grundgebühr beträgt 120 Franken. Dazu kommen fünf Prozent des jährlichen Bruttolohns. Es garantiert die gesetzeskonforme Anstellung und deckt alle administrativen Arbeiten, die beim Abschluss eines Arbeitsverhältnisses anfallen, ab: Neben der Unfallversicherung übernimmt quitt.ch die Anmeldung und Abrechnung der Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV), Arbeitsvertrag, monatliche Lohnabrechnung, Lohnausweis sowie das Abrechnen von Quellensteuern. Das «Premium»-Abo richtet sich an

DIE SERVICEHUNTER AG

– Geschäftsführer: Philipp Dick – Gründer: Daniel Moser und David Christen – Branche: Dienstleistung – Mitarbeitende: 14 – Gegründet: 2010 – Website: www.quitt.ch

Arbeitnehmer mit einer Bruttolohnsumme von mehr als 17 400 Franken im Jahr, für pensionskassenpflichtige Arbeitsverhältnisse ist es Pflicht. 990 Franken kostet das Abo jährlich, einen variablen Anteil gibt es nicht. Freiwillige Versicherungen wie Krankentaggeld, Wohnungs-Kasko oder Arbeitgeberrechtsschutz können bei Bedarf bei jedem Abo zusätzlich gewählt werden. Die grösste Lohnsumme, die über quitt abgerechnet werde, betrage rund 100 000 Franken pro Jahr – Philipp Dick vermutet, dass es sich um das Salär eines Privatkochs handelt.


Beim Geben und Nehmen ist vor allem das Verhältnis entscheidend: ServiceHunter sorgt mit seinen Services für faire Bedingungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bildquelle: depositphotos.com, Salamzadeh,ahasoft

FAIRER ALS FEHR – GEGEN SCHWARZARBEIT Das Abo-System ist ausgeklügelt – doch, braucht es das alles überhaupt? Schliesslich wurde mit dem Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit (BGSA) aus dem Jahr 2008 das vereinfachte Abrechnungsverfahren eingeführt. Ist dieses nach wie vor zu kompliziert? Philipp Dick verneint, der Grund sei ein anderer: «Einen ganzen Salatkopf rüsten, waschen und schneiden ist auch nicht schwierig, trotzdem wird im Laden fixfertig gewaschener und geschnittener Salat verkauft – und gekauft.» So sei das auch bei den Services von quitt. ch: bequem. Im Jahr 2015 wickelte die ServiceHunter AG ein Lohnvolumen von 35 Millionen Franken über seine Systeme ab. Das kommt auch dem Staat zugute: Das Unternehmen führte ihm 2015 rund sieben Millionen Franken an Sozialversicherungsbeiträgen und Quellensteuern zu. Das Service-Startup erhielt seinerseits Unterstützung von unerwarteter Seite: «Nachdem der Fall Fehr Ende 2013 publik wurde, haben so Einige angerufen, um von der Möglichkeit, die Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend abzurechnen, Gebrauch zu machen», erzählt Philipp Dick. Der Putzfrauen-Skandal um das SVP-Ehepaar Fehr – er: SVP-Nationalrat, sie: SVP-Ge-

meinderätin in Eglisau und Bezirksrichterin – rückte das Thema Schwarzarbeit ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. quitt.ch nutzte die erhöhte Sichtbarkeit und machte mit der Kampagne «Fairer als Fehr» in den sozialen Medien Werbung in eigener Sache. Die Folgen des Fall Fehr: Der Vorwurf des Verstosses gegen das Ausländergesetz – bei der Putzfrau handelte es sich um eine serbische Asylbewerberin – und gegen das Sozialversicherungsgesetz wurde fallengelassen, das Verfahren mit Verweis auf das Unwissen der Beteiligten eingestellt. So zweifelhaft dieses Unwissen im konkreten Fall sein mag; generell sei es weit verbreitet: «Vielen ist gar nicht bewusst, dass sie in einem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis sind», erzählt Philipp Dick. Die Freigrenzen für Firmen – bis 2 300 Franken Bruttojahreslohn – gelten für Private nicht: «Jeder Franken, den man auszahlt, muss abgerechnet werden.» Insgesamt stellt Dick eine sinkende Akzeptanz für Schwarzarbeit fest. DEN KINDERSCHUHEN ENTWACHSEN Mittlerweile zählt quitt.ch über 4 000 Nutzer. Die kritische 3 500er-Marke, ab der quitt.ch rentiert und funktioniert, konnte die Plattform im Jahr 2015 knacken.

Hinzu kommen nochmals 6 000 Kunden aus dem Kanton Waadt, welche über die ServiceHunter-Systeme abgerechnet werden. In der Waadt hat ein Evangelisches Hilfswerk vor rund zehn Jahren einen Dienst lanciert, um Schwarzarbeit einzudämmen. Vom Prinzip her ähnelt er jenem von quitt.ch, nur wurden Arbeitsstunden und Stundenlohn in ein Papierbüchlein mit dreifachem Durchschlag und nicht online eingetragen, was mühsames Abtippen erforderlich machte. Hintergrund der Partnerschaft mit quitt.ch sind demnach Effizienzüberlegungen. Alles in allem wickelt das Startup so über 10 000 Arbeitsverhältnisse ab. Das Wachstum macht eine Optimierung der internen Zusammenarbeit und Prozesse notwendig: «Wir müssen den Startup-Modus, wo jeder alles macht, verlassen und eine strukturierte Firma werden», fasst Philipp Dick die grobe Stossrichtung zusammen. Zudem will er den Fokus erweitern: Putzkräfte würden zwar nach wie vor am meisten gesucht, doch auch in anderen Bereichen gebe es starkes Wachstum – etwa bei den Nannys im Zusammenhang mit Expats in den Räumen Zürich, Genf, Basel oder Zug. Bedingt durch die demographische Entwicklung werde auch Betreuung und Pflege mehr und mehr zu einem Thema: «Dort sind wir mit einer Kampagne am Start.» Je nach Art der Anstellung müsse dabei die Plattform angepasst werden, um eine saubere digitale Abbildung zu ermöglichen: «Viele Private stellen Pflegepersonal aus Polen oder Ungarn ein. Diese sind jeweils für drei Monate da, unsere Plattform ist aber auf ein Jahr ausgelegt.» Obwohl es immer wieder Anfragen gäbe, rechnet die ServiceHunter AG nicht für Klein- und Kleinstfirmen, die ein anderes Verfahren haben, ab. Trotzdem komme das Thema regelmässig auf den Tisch, ganz nach dem Motto: «Sag niemals nie.» Eine weitere Baustelle sei die Zusammenarbeit mit den Behörden. Hier hofft Philipp Dick gemeinsam Lösungen für optimierte Schnittstellen zu finden, wobei optimieren in diesem Zusammenhang stets digitalisieren heisst. Je mehr Kunden bei einer Ausgleichsstelle abgerechnet werden, desto besser scheint es zu funktionieren: «Die Ausgleichskasse Zürich ist sehr gewillt, mit uns Lösungen zu finden – auch weil wir über 1 000 Kunden in Zürich und sie Ende Jahr über 1 000 Dokumente zu verarbeiten haben.» Philipp Dicks Idealvorstellung ist erreicht, wenn der Papierverbrauch auf Null zu liegen kommt. Ein Wunsch der wohl noch etwas länger auf seine Erfüllung warten muss – die Mühlen der Verwaltungsbürokratie mahlen bekanntlich langsam.

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PIONIERE

Doktor Rohkost MAXIMILIAN BIRCHER-BENNER In Zeiten schwerer gutbürgerlicher Küche propagierte er fleischlose Kost. Auch Alkohol verbannte er. Von seinen Patienten angehimmelt, begegnete ihm die Ärzteschaft seiner Zeit mit wenig Verständnis. Doch mit der Erfindung einer simplen Apfeldiätspeise machte der Arzt und Visionär Maximilian Bircher-Benner rund um den Globus Furore: dem «Birchermüesli». TEXT I N È S D E B O E L

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b klassisch oder variantenreich: Das Birchermüesli ist fest in der westeuropäischen Frühstückskultur verankert. Es schmeckt zum Zmorge, zum Znüni, zum Zmittag, zum Zvieri oder zum Znacht. Ob einfach als guter Start in den Morgen, als Zwischen- oder Abendmahlzeit. Die weltbekannte Schweizer Spezialität ist ein echter «Exportschlager» und gilt als Dauerbrenner einer vollwertigen Ernährung. Zunächst als rein pflanzliche Rohkostdiät für magenkranke Patienten vorgesehen, trat das Birchermüesli rasch seinen Siegeszug an. Was heute zum ernährungswissenschaftlichen Allgemeingut gehört, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als sich Mediziner noch kaum mit den Zusammenhängen von Gesundheit und Ernährung beschäftigten, ausgesprochen revolutionär. Wie bei vielen Pionieren oder Erfindern, verhielt es sich auch bei Max Bircher-Benner so, dass er aufgrund persönlicher Lebensumstände und seiner eigenen Krankheit auf die Aufgabe seines Lebens gestossen war. Diese beflügelte ihn regelrecht in seinem missionarischen Eifer. Den Zeitgenossen war Bircher-Benner mit seinen bahnbrechenden Ideen jedenfalls weit voraus: Obwohl ihm zunächst fast nur Spott und Ablehnung entgegenschlugen, konnte er seinen Ruf als Ernährungsreformer festigen. DAS «DÖKTERLI» Schon bei seiner Geburt hatte er es eilig: Maximilian Oskar Bircher-Benner kam am 22. August 1867 in Aarau zwei Monate zu früh zur Welt. Ursache war ein Grossbrand in der nahegelegenen Glockengiesserei, den seine Mutter, die schwangere Berta Bircher-Krüsi, 40

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DAS ORIGINAL-BIRCHERMÜESLI ES GIBT NUR EINS: EIN GENUSS Maximilian Bircher-Benner empfahl sein Müesli als Frühstück, Abendbrot oder als ersten Gang beim Mittagsmahl, niemals jedoch als Nachtisch oder gar als Mahlzeit. Das A und O der «Spys» war der Apfel, nicht das Getreide, deshalb die bewusst kleine Menge Haferflocken. Im Gegensatz zu anderen traditionellen Getreidespeisen wird das Müesli – zur Freude der Küchenchefs – kalt genossen. Bilder: Deposiphotos: valery121283, Alisa Keystone/Photopress Archiv

so sehr in Angst versetzte, dass sie zu früh gebar. Das Kind mit angeborenem Herzfehler interessierte sich stets rege für alle Krankheiten in der Familie, was ihm den Spitznamen «das Dökterli» einbrachte. Nomen est omen: Medizin wollte er studieren, das wusste der kleine Maximilian bereits in der Schule. Der Weg dahin war steinig, denn sein Vater, ein Notar, verlor wegen einer Bürgschaft über Nacht sein ganzes Vermögen. Freunde ermöglichten ihm dennoch das Medizinstudium in Zürich und Berlin, nach welchem er sich 1891 als Arzt im Industriequartier von Zürich niederliess. 1893 heiratete er Elisabeth Benner, eine aus dem Elsass stammende wohlhabende Apothekertochter, mit der er sieben Kinder hatte. Als junger Arzt, der voller Ideale war, behandelte Bircher-Benner viele notleidende und unterernährte Arbeiterfamilien und sah aus nächster

Nähe, wie der Missbrauch von Alkohol nicht nur Menschenleben kostete, sondern auch ganze Familien zerstörte. Hinzu kam, dass Mangelernährung um die Jahrhundertwende bei Arbeitern weit verbreitet war und er die meisten Krankheiten nicht hinreichend behandeln konnte. Da sich Arbeiter kaum Fleisch leisten konnten, ernährten sie sich sehr einseitig. Bircher-Benner stellte jedoch ein paar Jahre später in seinem Sanatorium fest, dass es dem gutsituierten Bürgertum trotz Überfluss auch nicht besser ging. KRAFT AUS ÄPFELN Die Essgewohnheiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts sahen wenig Früchte und Gemüse vor, dafür umso mehr Fleisch, das als wichtigstes Nahrungsmittel und somit als Energielieferant galt. Bircher-Benner bemängelte die damals gängige Schulme-


Patientin eine pflanzliche Rohkost-Diät, die den Heilungsverlauf ebenso begünstigte. Damit war die Basis für die spätere ganzheitsmedizinische Ordnungstherapie gelegt. Ausschlaggebend für die Erfindung des Original-Bircher-Müeslis war jedoch eine Begegnung, die Bircher-Benner auf einer seiner Wanderungen in den Alpen erlebte: Bei der Rast in einer Berghütte, brachte ihm die Sennerin eine Rohkostmahlzeit, wie sie Alphirten schon seit über hundert Jahren zu sich nahmen. Sie bestand aus Haferflocken, Äpfeln, Nüssen, Zitronensaft und gezuckerter Kondensmilch. Max Bircher-Benner verfeinerte seine «Apfeldiätspeise» und nannte sie ganz einfach «d’Spys». Stolz erklärte er, sie habe fast denselben Eiweiss-, Fett- und Kohlenhydratgehalt wie Muttermilch. Deshalb sei sie von Natur aus eine harmonische, ausgewogene Nahrung. Wiederholt verwies er auf die Bedeutung der Ernährung für Gesundheit und Krankheit.

Sein Glaube an die Kraft aus Äpfeln blieb – trotz heftiger Kritik von Kollegen – unerschütterlich: Birchermüesli-Erfinder Maximilian Bircher-Benner.

dizin als reine Symptombekämpfung. Er suchte nach einer Methode, die Ursachen und seelische Prozesse von Krankheiten mitbehandeln sollte. Bircher-Benner war sicher, dass die Menschen sich falsch ernährten und dass die tägliche Nahrung einen massgeblichen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden von Körper und Seele hatte. Es waren speziell zwei einschneidende Erlebnisse, die seine Vermutung untermauerten. Im dritten Jahr seiner Praxistätigkeit erkrankte Bircher-Benner an einer schweren Gelbsucht, bei der er unter Müdigkeit und Appetitlosigkeit litt. Nachdem er nach dem Verzehr frisch geschnittener Äpfel rasch gesundete, war er bereits von der positiven Wirkung dieser einfachen Apfeldiät überzeugt. Durch diesen Erfolg bestärkt, verordnete er – entgegen der damals üblichen Therapien – einer schwer magenkranken

ARZT AUS LEIDENSCHAFT Um die Wirkung seiner Rohkostmethode weiter zu erforschen, gab Bircher-Benner 1897 seine Praxis in Zürich-Aussersihl auf und gründete in Zürich-Hottingen eine Privatklinik. Mit seiner für die damalige Zeit revolutionär anmutenden Ernährungsreform stiess Bircher-Benner bei seinen Fachkollegen auf heftige Ablehnung. Auf den Vorwurf hin, die Grenzen der Wissenschaft verlassen zu haben, wurde Bircher-Benner im Januar 1900 aus der Ärzteschaft ausgeschlossen. Der visionäre Mediziner liess sich aber nicht beirren. Bereits im Jahr 1904 eröffnete er am Zürichberg – mit dem Geld seiner Frau Elisabeth – das Sanatorium «Lebendige Kraft» und traf damit den Nerv der Lebensreformer der Jahrhundertwende. Der Name war Programm: Da frische Pflanzen besonders hochwertiges Sonnenlicht speicherten, hätten diese eine bessere Energiequalität, so wie eben sein Müesli, aus der der Körper «Lebenskraft» gewinnen könne. Zusätzlich zur Rohkost verordnete er seinen Patienten eine umfassende «Ordnungstherapie»: Bewegung in der Natur, Sonnen- und Luftkuren, Bäder und Massagen. Ziel war es, die unnatürliche Lebensweise zu beenden und zu einem harmonischen Leben im Einklang mit der Natur zurückzufinden. ERNÄHRUNGSUMSTELLUNG UND MENSCHLICHE ZUWENDUNG Obwohl die Thesen seiner «Sonnenlichtnahrung» den wissenschaftlichen Kriterien nicht standhielten, hatte Bircher-Benners Sanatorium beachtlichen Erfolg und wurde schnell über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt. Bei seinen Patienten genoss

Bircher-Benner einen hervorragenden Ruf. Illustre Gäste wie Thomas Mann, Hermann Hesse oder der König von Siam rissen sich darum, vom Rohkost-Meister umsorgt zu werden. Sein Birchermüesli galt bereits damals als Kultspeise. Viele Kurgäste lobten die Qualität der Betreuung: Jeder Patient bekam während seines Aufenthalts im Sanatorium eine Krankenschwester für sich allein. Zentral für die Mehrheit der Patienten war aber die liebevolle Zuwendung und das aufrichtige Interesse, das ihnen dort entgegengebracht wurden. Der Pionier revolutionierte nicht nur die Essgewohnheiten, sondern propagierte immer wieder den entscheidenden Einfluss der Ernährung und Lebensweise auf die Gesundheit von Körper, Seele und Geist. So zeigen seine Aufsätze in der von ihm 1924 gegründeten Monatszeitschrift «Der Wendepunkt im Leben und Leiden», dass er ausgesprochen sensibel auf die Sorgen und Nöte seiner Patienten einging. «Die Wunder der Seele bleiben jenen verschlossen, die dauernd die Ernährungsgesetze missachten.» Späte Genugtuung dürfte Bircher-Benner durch wissenschaftliche Arbeiten in anderen Ländern erfahren haben, die seine Erkenntnisse einer vitalstoffreichen Vollwertkost stützten. In den 1930er-Jahren bestätigten die Universitätskliniken den therapeutischen Wert der «Rohkost nach Bircher-Benner». Zwar gewann das Birchermüesli bereits in den 1940er-Jahren an Popularität, aber noch in den späten 1960er-Jahren galt das Birchermüsli als Kultspeise der Ökobewegung und etablierte sich bei der breiten Masse erst im Zuge eines wachsendes Gesundheitsbewusstseins. Bircher-Benner, der seine sieben Kinder fleischlos erzog und selbst erst mit 56 Jahren zum Vegetarier wurde, starb am 24. Januar 1939 im Alter von 71 Jahren in Zürich. EIN MANN MIT IDEEN Erwähnt sei noch zum Schluss, dass Bircher-Benner quasi nebenbei noch ein Produkt erfand, dass eng mit seiner Rohkosterfindung zusammenhing und bis heute in Tausenden Schweizer Haushalten zu finden ist. Zum raffeln seiner Rohkost-Produkte brauchte er eine unverwüstliche Küchenreibe. Bereits Mitte der 1920er-Jahre entwickelte Bircher-Benner zusammen mit der Aargauer Firma Egloff & Co eine passende Raffel. Die im Jahr 1926 erstmals ausgelieferte Edelstahl-Reibe wird bis heute produziert. Und auch wenn die Klinik heute nicht mehr besteht: Das Birchermüesli ist ein internationaler Klassiker der vollwertigen Ernährung und heute wortwörtlich in aller Munde. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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Führen an der Schnittstelle KAREN HUEBSCHER Als CEO der Solvias AG bringt sie die Welt der Wissenschaft und jene der Wirtschaft zusammen. Bereits in ihren Jugendjahren erwachte in Karen Huebscher der Wille, diese Brücke zu schlagen. INTERVIEW C H R I S T O P H H I L B E R U N D A N O U K A R B E N Z

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aren Huebscher, CEO der Solvias AG, ist überzeugt: Schweizer sollten mehr Risikofreude zeigen und etwas weniger perfektionistisch sein. Die Schweiz stehe sich vielfach selbst im Weg. Zudem machen hohe Auflagen, Kosten und Regularien Börsen für KMU zunehmend unattraktiv, findet sie. Als nicht-kotiertes Dienstleistungsunternehmen für die Pharma-, Biotech-, MedTech- und Kosmetikindustrien gehört die Solvias praktisch ihren Mitarbeitenden. Wir haben die Geschäftsführerin zu den Eigenheiten eines solchen «Familienbetriebs» befragt, ihren Weg von der Wissenschaft in die Wirtschaft zurückverfolgt und sprachen mit ihr über die Schweiz als Werkplatz und Innovationsstandort.

Sie haben an der ETH Zürich Nutztierwissenschaften studiert, forschten anschliessend bei der Novartis im Bereich der Molekularbiologie. Was hat Sie daran fasziniert und woher kommt dieses Faible für die Naturwissenschaften? KAREN HUEBSCHER Das geht zurück bis ins Teenageralter. Meine Eltern führten ein Handelsunternehmen für Futtermittel und Getreide, wodurch wir immer wieder Wissenschaftler bei uns hatten. Mich packte der Ehrgeiz, das Handelsunternehmen eines Tages zu übernehmen. Ich wollte jedoch nicht direkt BWL studieren, sondern zuerst mittels der Naturwissenschaften das Geheimnis des Lebens verstehen versuchen, um danach den Bogen in die Betriebswirtschaft zu machen. Mir war es schon immer ein Anliegen, eine Brücke zu schlagen zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft. Bereits als Teenager hatte ich den Eindruck, dass es sich bei beiden Seiten um intelligente Personengruppen handeln muss, die aber aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten haben, sich zu finden, um wichtige Innovationen schnell an den Markt zu bringen. Gelingt es Ihnen bei der Solvias, Wissenschaft und Industrie einander näher zu bringen? Das stellt schon eine Herausforderung dar, denn betriebswirtschaftliches Denken ist nicht etwas, das man als Wissenschaftler 42

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im Blut hat. Viele haben das Gefühl; wenn ich jetzt studiert habe, eine Dissertation geschrieben und ein Postdoc gemacht habe, ist es einfach, Betriebswirtschaft zu verstehen. Sprich: Für Management braucht man kein Doktorat. Das kann man einfach. Irgendwann muss man sich jedoch einen Spiegel vorhalten und zugeben, dass es gar nicht so einfach ist, diese Spannungsfelder zu überbrücken. Sie wechselten von einer 6000-Personen-Division bei Novartis zu einer Firma mit damals um die 200 Mitarbeitenden. Was war dabei die Herausforderung? Natürlich hat man gewisse Ansprüche oder Erwartungen, wenn man aus einem solchen Unternehmen kommt. Während meiner Zeit als Selbständige, als ich ein Startup im Medtech-Bereich gründete und im Consulting tätig war, hatte ich die Möglichkeit, Einblick in verschiedene Pharma-Unternehmen zu gewinnen – das hat vieles relativiert. Man muss pragmatischer werden und einsehen, dass andere Vorgehensweisen nicht nur legitim, sondern wesentlich erfolgreicher sein können. Welchen Eindruck hatten Sie zu Beginn von der Solvias? Nach einer ersten Runde im Unternehmen schrieb ich eine Zusammenfassung für den Verwaltungsrat, in der ich mit Begeisterung von der Motivation und Qualität der Mitarbeitenden sprach. Was Unternehmen im Service-Bereich voneinander unterscheidet, sind die Menschen. Es kann sich jeder Massenspektrometer-Geräte zulegen und versuchen, einen Service anzubieten. Aber die Passion dahinter, der Wille, einen guten Job zu machen und dem Kunden die bestmögliche Lösung zu präsentieren – das ist nicht selbstverständlich und das habe ich bei Solvias gespürt. Sie lebten und arbeiteten über drei Jahre in den USA im Pharmabereich, sind nun über zwei Jahre CEO der Solvias AG, die Forschungsdienstleistungen für die Pharmabranche anbietet. Welche Unterschiede sehen Sie zwischen den USA und der Schweiz?

Es gibt gewisse Klischees, die ihre Berechtigung haben. Beispielsweise jenes, dass man in Amerika gerne und schnell einmal etwas ausprobiert – mit dem Risiko, dabei auf die Nase zu fallen. Dort ist es auch in Ordnung, fehl zu schlagen. Statt dafür verurteilt zu werden, wird man beglückwünscht, weil man den Mut hatte, es zu versuchen. In der Schweiz ist das umgekehrt: Wenig Risikobereitschaft und keine Fehlerkultur. Zudem wird einem der Erfolg hier oftmals missgönnt oder hinterfragt. Das ist schade, denn das führt am Schluss nur zu Mittelmass. Wo sehen Sie Unterschiede in Punkto Produktivität? Ich sehe gewisse Trends, die aber nicht nur Amerika betreffen. Ich hatte bereits frü-


her viele Europäer in meinem Team. Mein Eindruck ist: Die Arbeitsbereitschaft ist oft wesentlich höher als bei uns Schweizern. Diese Beobachtung machte ich über die letzten 20 Jahre hinweg. Ich bin mir nicht sicher, ob Schweizer noch den nötigen Biss und die Leistungsbereitschaft haben. Immerhin: Die Flexibilität in der Schweiz hat zugenommen, beispielsweise sind die Leute heute eher bereit, für ihre Arbeit weite Strecken zu fahren oder umzuziehen. Ein weiteres Klischee, das sich bestätigt hat: Schweizer sind perfektionistisch. Die Schweiz hat viele Expertenunternehmen, viele Spezialisten. Die hohe Qualität – die berechtigterweise ihren Preis hat – ist ein grosses Plus. Es besteht aber die Gefahr, dass die Verbindung mit der schnelllebigen Businesswelt nicht immer gelingt. Der Anspruch an Perfektion geht dann vielleicht so weit, dass man am Markt vorbei oder kostenmässig daneben entwickelt.

Karen Huebscher: «Was Unternehmen im Service-Bereich voneinander unterscheidet, sind die Menschen. Bei der Solvias spürt man die Leidenschaft und der Wille der Mitarbeitenden, bestmögliche Lösungen anzubieten.» Foto: zVg

Man muss keinen Platinnagel nehmen, um schnell etwas an die Wand zu hauen, da reicht auch ein rostiger Nagel – auch wenn das dem Schweizer Herz weh tut. Da müssen wir pragmatischer werden. Müssen Sie die Experten manchmal bremsen? Ja, diese Diskussion führen wir permanent im Unternehmen. Es hilft, sich immer wieder zu fragen: Bringt das dem Kunden einen Mehrwert, was ich da mache, oder verschwende ich nur Zeit? Ein guter Verkäufer muss zuhören können und verstehen, was der Kunde wirklich will, besonders dann, wenn dieser es selbst nicht so ganz weiss. Als Experte hat man noch eher die Tendenz, zu sagen: Ich weiss es besser. Ich sage dem Kunden, was richtig ist. Wie beurteilen Sie den Werkplatz Schweiz? Gerade in Ihrem Bereich hört man oft von der Verschiebung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Ja, es wird vieles auch an andere Standorte übergeben. Sei dies Nordamerika – noch immer der wichtigste Standort in der Forschung und Entwicklung im Pharmabereich –, zunehmend auch im Innovationsbereich nach China oder Indien, wo es extrem gut ausgebildete Leute im Pharma- und Medizinbereich hat. Was man gesehen hat, ist

dass zuerst die Produktion nach China und Indien ausgelagert wurde, mit allen Vorund Nachteilen. Da müssen wir gar nicht darauf eingehen – die Kopierfähigkeit der Chinesen ist schon zu Genüge beschrieben worden. Nun stellt man aber fest, dass die Lohnkosten besonders für Experten sowohl in China als auch in Indien enorm gestiegen sind. Was man auch sieht: Gewisse Teile der Produktion kommen wieder zurück nach Europa oder Nordamerika. Und zwar überall dort, wo Automation oder Spezialisierung ins Spiel kommen, was wiederum mit Innovation zusammenhängt. Da hat die Schweiz auch wieder eine Chance. Die Solvias AG gehört praktisch den Mitarbeitenden. Wie führt man einen «Familienbetrieb» mit 400 Mitarbeitenden und was sind die Vorteile? Der Vorteil ist, dass sich jeder mit dem Unternehmen identifiziert und mit Leidenschaft dahinter steht. Die Mitarbeitenden fühlen sich als Teil von Solvias. Manchmal hat man als CEO aber auch das Gefühl, mindestens 400 CEOs unter sich zu haben. Wie äussert sich dies? Zwischendurch gibt es lange Diskussionen und ein Hadern mit Entscheidungen. Pflegen Sie demnach eine Konfliktkultur? Nicht wirklich, fast zu wenig. Ich hätte gerne eine ausgeprägtere Debattierkultur. Ich finde das wichtig. Es ist gerade die Stärke von Expertenunternehmen, dass sie Theorien und Konzepte herausbilden können. Auf der anderen Seite analysieren sie zu lange, bis sie «zu 120 Prozent sicher» sind und glauben dann, den einzig richtigen Lösungsansatz gefunden zu haben. Wie managen Sie die Kommunikation mit Ihren Aktionären? Ich glaube, Kommunikation kann nie perfekt sein (lacht). In einem kleinen Unternehmen kommt hinzu, dass sich Informationen sehr schnell verbreiten – noch bevor man irgendetwas offiziell kommuniziert hat. Wir machen sogenannte CEO-Meetings mit 10 bis 15 Personen, in denen ich alle 400 Mitarbeitenden mindestens einmal pro Jahr im kleinen Rahmen zu Gesicht bekomme. Da hat jeder Mitarbeitende die Möglichkeit, Fragen zu stellen und einen Dialog zu führen. Da können sie auch kritische Kommentare äussern. Was wir mehr unterscheiden sollten, ist: Wann spricht man als Mitarbeitender und wann als Aktionär? Sahra Wagenknecht, eine bekannte deutsche Politikerin, vertritt die Meinung, dass Firmen in Besitz der Mitarbeitenden die bessere Art des Ka-

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pitalismus darstellen als Firmen ZUR PERSON in Besitz von anonymen AktionäKaren Huebscher ist alth der Novartis Vacren und Investoren. Was halten seit März 2014 CEO cines & Diagnostics Sie von dieser Aussage? der Solvias AG, ein AG Switzerland im BeIch habe Mühe mit dieser weltweit führendes reich Marketing tätig. Aussage. Zum Kapitalismus Unternehmen in der Nach ihrer Zeit bei gehören möglichst vielfältige Auftragsforschung der Novartis gründete für die Pharma-, Karen Huebscher mit Unternehmens- und FinanBiotech-, MedTechFibula Medical ihr eizierungsformen. Man sucht und Kosmetikindusgenes Consulting und sich diejenigen aus, die zur trie. Huebscher hat MedTech-Startup, Strategie passen. Ist man ein an der ETH Zürich das PharmaunterUnternehmen, das eher mit Nutztierwissenschafnehmen auch in den Dividenden funktioniert, dann ten studiert und im Bereichen Investor Bereich MolekularRelations, Marketing, verlangt dies auch einen ganz genetik dissertiert. Business Developbestimmten Typ Aktionär oder Anschliessend folgte ment, MarktdurchInvestor. Wenn man mehr auf ein Forschungsaufenthalt an dringung und in der Strategie Aktienkurse und Wachstum der University of Cambridge berät. Im Jahr 2013 wurde aus ist, dann hat man wieder und ein MBA-Abschluss am sie in den Verwaltungsrat einen anderen Typ Aktionär. IMD in Lausanne. Beruflich der Solvias gewählt, ein Jahr Ein weiteres Spannungsfeld ist startete sie als Wissenschaftspäter machte sie mit dem lerin in der Molekular- und damaligen CEO, Jörg Walther, der Zeithorizont; das kurzfrisZellbiologie bei Novartis Phareinen Rollentausch. Danetige und langfristige Denken. maceuticals. 2000 übernahm ben ist Huebscher seit 2012 Früher blieb ein «langfristiger Huebscher die Leitung der respektive seit 2014 Mitglied Investor» zwei bis drei Jahre. Abteilung Investor Relations im Verwaltungsrat der Tecan Heute ist er schon langfrisbei der Novartis, 2006 trat sie AG sowie der Confarma AG. tig da, wenn er zwei bis drei in die Geschäftsleitung der Karen Huebscher besitzt einen Division Vaccines & DiagnoPilotenschein und fliegt in ihrer Monate bleibt. Da hat es im stics mit Sitz in den USA ein. Freizeit gerne eine Beechcraft Aktienmarkt einen Wandel 2009 kehrte sie in die Schweiz Bonanza. Seit ihrer Jugend gegeben. Ich bin der Meinung, zurück und war bis 2011 als tanzt Karen Huebscher und es ist grundsätzlich probleHead of European Public Hefrüher ruderte sie auch. matisch, wenn die Geschäftsleitung nicht sieht, dass sie sucht zu sehen, wo es einen Plan B braucht. letztendlich für die Aktionäre oder Investoren Mit der Zeit lernt man auch, besser zuzuhöarbeitet. Es kann sein, dass die Interessen der ren und zu realisieren, dass man gar nicht Aktionäre und jene der Geschäftsleitung nicht alles selber wissen muss und kann. deckungsgleich sind. Es gehört zur Aufgabe der Geschäftsleitung, Unternehmensziele gut Die Pharma- und Medizinbranche kennt nicht zu übermitteln und die Investoren davon zu viele Frauen in leitenden Positionen. Müssen Sie überzeugen, dass die Firma strategisch auf sich speziell beweisen? dem richtigen Weg ist. Um ehrlich zu sein: Ich habe mich von dem Gedanken gelöst. Der behindert und engt Lohnt es sich für KMU überhaupt noch, an die bloss ein. Ich glaube, jeder der ehrgeizig Börse zu gehen? ist, muss sich irgendwie beweisen. Hatte Das frage ich mich auch. Im Prinzip machen ich das Gefühl, dass ich mich manchmal sich die Börsen mit ihren hohen Auflagen, mehr beweisen musste als andere? Ja. Gibt Kosten und Regularien höchst unattraktiv für es Situationen, in denen ich feststellte, dass KMU. Diese müssen andere Formen finden, in einem männerdominierten Umfeld Entum an Geld zu kommen. Da ist Kreativität scheidungen anders getroffen werden als gefragt. ich annahm: Ja. Das habe ich auch schon mit anderen Frauen besprochen. Ich habe immer Hat sich Ihr persönlicher Führungsstil verändert gedacht, wenn man in ein Meeting geht, dass mit der Zeit? alle mit offenen Karten in ein Meeting komEs mag erstaunlich sein für einige, aber ich men, es wird diskutiert und dann eine Entbin – trotz allem – gelassener geworden. scheidung getroffen. Natürlich haben aber Obwohl ich immer noch kein gelassener alle bereits Allianzen gebildet und sich in Mensch bin. Ich bin jemand, der immer ver-

der Diskussion zurückgehalten. Dass man jemanden dann offen attackiert, und erst noch als Frau, das ist natürlich ein No-Go. Diese unausgesprochenen Gesetze musste ich erst lernen. Ich habe Herausforderungen immer gesucht und gemocht, und konnte viele erfolgreich angehen. Und da, wo ich nicht erfolgreich war, habe ich hoffentlich etwas gelernt. Was ist Ihre Meinung zur Quotenregelung? Katastrophal. Aus dem Grund, den ich in den Medien viel zu wenig sehe: Für Frauen wird es damit noch schwerer. Da hat man es geschafft, hat jahrelang gekrampft und nun die Qualifikationen bekommen, und dann muss man zusätzlich gegen dieses Vorurteil ankämpfen, nur über eine Quote hereingekommen zu sein. Damit sind Jahre zunichte gemacht. Ich bin gegen jegliche Diskriminierung, ob positiv oder negativ. Man muss einfach die richtigen Leute reinholen. Was ist das Rezept Ihrer Karriere, welches Sie anderen Frauen (und Männern) weitergeben möchten? Das wichtigste ist, offen für Veränderungen und für Opportunitäten zu sein. Vorerst muss man sich Gedanken darüber machen, wo man hin möchte, was einem Spass macht und wofür man sich begeistern kann. Man hat immer wieder die Chance, auf den Zug aufzuspringen – wenn auch nicht unbegrenzt. Man muss einfach vorbereit sein und dann auch springen, wenn er vorbeikommt – der Rest ist Glück. Der Sprung in den Zug war für mich immer eine Kombination von Kopf und Bauch. Wenn das gestimmt hat, habe ich die richtige Entscheidung getroffen. Es braucht natürlich auch die richtigen Leute, die auf dich setzen und dir eine Chance geben. Zu guter Letzt: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Schweiz wünschen? Wie politisch korrekt soll ich sein? (lacht) Ich wünsche der Schweiz eine gewisse Offenheit für unkonventionelles Denken, mehr Kreativität und Innovation. Dieses Einknicken, das wir immer wieder gesehen haben über die letzten Jahre, das ist der Schweiz nicht würdig. Ein anderer Wunsch wäre, dass die Politik das Unternehmertum mehr fördert. Sie vernetzt sich zu stark nur mit Grossunternehmen und macht es für KMU in der Schweiz nur immer schwerer statt leichter.

«IN DER SCHWEIZ IST DAS UMGEKEHRT WIE IN DEN USA: WENIG RISIKOBEREITSCHAFT UND KEINE FEHLERKULTUR. DAS IST SCHADE, DENN DAS FÜHRT AM SCHLUSS NUR ZU MITTELMASS.» 44

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Von Spitzensportlern lernen KARRIEREWEGE Mit der Fussball-EM, den Olympischen und Paralympischen Spielen ist 2016 ein Sportjahr der Extraklasse. Schaut man sich die Werdegänge von Spitzensportlern genauer an, wird deutlich: Erfolgreiche Karrieren im Sport haben oftmals Parallelen zu jenen in der Wirtschaft. Was es braucht, um in beiden Welten zu bestehen, zeigt das Beispiel des Schweizer Elite-Triathleten Sven Riederer. TEXT F L O R I A N W A G N E R

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s ist allgemein bekannt, dass in der Sportwelt wie auch im Unternehmenskontext neben genetischen Prädispositionen harte Arbeit über eine lange Zeit vonnöten ist, um in die Liga der Besten aufzusteigen. Ein Blick in die Managementetagen von führenden globalen Unternehmen zeigt, dass niemand zum Best-in-Class CEO geboren wird. Die angewandte Forschung und Praxiserfahrungen weisen auf sieben relevante Faktoren hin, welche es in der Karrierediskussion als «Wegweiser» zu beachten gilt (s. Box). MIT LANGEM ATEM AN DIE SPITZE Die beschriebenen sieben Faktoren sind auch in der Athletenwelt keineswegs unbekannte Grössen. Am Beispiel von Sven Riederer, dem erfolgreichsten Schweizer Olympischen Triathleten aller Zeiten, können die obigen Faktoren sowie deren Relevanz für den Spitzensport erläutert werden. Klare Vorstellung zum Karriereziel und sorgfältige Planung: Seit 2002 gehört Sven Riederer als Profitriathlet zur Weltspitze. 46

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DER ATHLET Sven Riederer erreichte den dritten Rang an den Olympischen Spielen in Athen 2014, ist mehrfacher Welt-, Europa-, und Schweizermeisterschafts-Medaillengewinner und konnte sich über mehrere Jahre in den Top Ten der ITU Weltrangliste positionieren. Aktuell bereitet sich Sven Riederer auf seine vierten Olympischen Spiele in Rio de Janeiro in diesem Sommer vor. Neben dem Sport hat sich Sven Riederer einen Namen gemacht als Organisator des Internationalen Wallisellen- und Uster-Triathlons und ist Mitinhaber des Online-Sportmarktplatzes moovemee.ch. Mehr unter: www.svenriederer.ch und www.moovemee.ch

Sven Riederer erklärt, dass für seinen langanhaltenden Erfolg seine glasklare Karrierezielvorstellung sowie seine Langfristplanung elementar waren. So setzte er sich vor über 14 Jahren zum Karriereziel, einer der besten Triathleten der Welt zu werden. Nicht nur «Profitriathlet», sondern «Best-in-Class»! Gepaart mit einem überdurchschnittlichen

Ehrgeiz, der Hingabe und dem Fokus auf die «Spezialisten-Karriere» Triathlet, war dies ein Schlüsselfaktor für seinen anhaltenden Erfolg. «Ich war nie auf den schnellen Erfolg und nur kurzfristiges Dasein als Sportler aus», sagt einer, der auf Kosten eines Sieges an einem lokalen Wettkampf lieber eine weitere Trainingseinheit einschob, um sich für etwas Grösseres gezielt vorzubereiten. DURCH SPORTLICHE HAUSSEN UND BAISSEN Riederer war sich stets auch bewusst, dass seine grössten Erfolge wohl nicht im ersten Profijahr kommen würden, sondern dass er durch mehr Erfahrung in kritischen Wettkampfsituationen zu einer reiferen und deshalb erfolgreicheren Athletenpersönlichkeit heranwachsen wird. In diesen Bereich fällt das Wachsen an Krisen: «2009 blieben die grossen internationalen Podestplätze aus», konstatiert Riederer, der heute neben dem Sport als erfolgreicher Unternehmer sein zweites Standbein auf- und ausbaut. «Ein erfolgreicher Sportler zeichnet sich dadurch aus, dass er nach Misserfolg Gründe für das


SIEBEN FAKTOREN FÜR DEN KARRIEREERFOLG – Karrieremotivation und -planung Der Drive und Ehrgeiz voranzukommen, eine gezielte Karriereplanung mit einem klar definierten, langfristigen Ziel sowie Rollenpräferenzen für entweder breite Rollen oder spezialisierte Funktionen. – Erfahrungen Vorweisen eines Erfahrungsschatzes in die Breite als Generalist oder funktionsspezifisches Wissen in die Tiefe als Spezialist, die für eine erfolgreiche Laufbahn notwendig sind. Hierbei sind auch ganz spezifische Aspekte wichtig, wie zum Beispiel Erfahrungen in Bezug auf Krisenmanagement oder Turnaround-Prozesse. – Self-Awareness und situationsbezogene Awareness Das Kennen der eigenen Stärken und Schwächen sowie das aktive Einholen von Feedback, um eine möglichst objektivierte Sichtweise auf die eigene Person zu erhalten. Das adäquate Erfassen des Umfelds und das Erkennen des eigenen Impacts auf dieses – und umgekehrt – werden ebenfalls unter diesem Faktor subsummiert. – Problemlösungsfertigkeiten Kognitive Kapazität, um Muster und Trends rasch zu erkennen, damit

komplexe Aufgaben effektiv bewältigt werden können. – Lernagilität Der Wille und die Fähigkeit, aus Erfahrungen im praktischen Umfeld zu lernen und diese «lessons learned» erfolgreich in neuartigen Situationen anzuwenden. – Persönlichkeitsdimensionen Fokus, Beharrlichkeit, Toleranz für Zweideutigkeit, Selbstbehauptung und Optimismus sind im Geschäftsalltag, insbesondere für Führungskräfte, unabdingbare Dimensionen in der heutigen VUCA-Welt. VUCA ist eine englische Abkürzung und bedeutet: volatile (volatil), uncertain (unsicher), complex (komplex), ambiguous (zweideutig). VUCA beschreibt verworrene Gegebenheiten, wie sie in hoch komplexen Business-Situationen der heutigen Zeit auftreten. – Karriere-Hemmer, die es zu vermeiden gilt Mikro-Management, ungenügendes Erfassen der eigenen Emotionen, Kontrollverlust über den eigenen Gefühlshaushalt, limitierte Offenheit für neue Inputs und fehlende Flexibilität für alternative Herangehensweisen.

Bild: zVg

Scheitern eruiert, Verbesserungen angeht und durchsetzt, dass er aufsteht und stärker zurückkommt», reflektiert Riederer. Mit einem Augenzwinkern beschreibt er das Jahr 2009 als «Baisse im persönlichen Aktienkurs», der gewisse «Restrukturierungs- und Optimierungsmassnahmen» des «Unternehmens Riederer» nach sich zog. SELBSTREFLEXION UND LERNAGILITÄT Riederers Offenheit für Feedback von Trainern, Trainingspartnern und seiner Familie legt die Basis für sein Weiterkommen im Sport. Um im Triathlon erfolgreich zu sein, bedarf es neben der kritischen Selbstreflexion auch einer kognitiven Meisterleistung. Es gilt, die Komplexität des Triathlons effektiv und effizient zu managen: Drei Sportarten, mehrere Trainer, Betreuer, Verbands-, Sponsoren- und Medienmanagement müssen unter einen Hut gebracht werden, was Riederer schon früh auf beeindruckende Art und Weise gelang. Es ist kein Zufall, dass der gelernte Metallbauer heute eine breit gefächerte Lauf-

bahn vorzuweisen hat: Vom erfolgreichen Profitriathleten zum Unternehmer, der einen Online-Marktplatz aufgebaut hat und heute bedeutende Sportwettkämpfe veranstaltet. Seine Lernagilität erlaubt ihm nicht nur, sich rasch in neue Tätigkeitsgebiete einzuarbeiten, sondern hilft ihm auch als Sportler neue Wege zu beschreiten. So hat er zum Beispiel schon früh mit Spezialisten – Radprofis, Leichtathleten und Spitzenschwimmern – trainiert, um von diesen zu lernen. MATCHENTSCHEIDEND IST DER KOPF Auch die potentiellen Karriere-Hemmer hat Riederer gut unter Kontrolle: Seine Emotionen hat er im Griff und gelernt, diese nutzbringend einzusetzen, beispielsweise in Form von Verneigungen beim Zieleinlauf als Dank ans Publikum. Offen für Veränderungen suchte er immer wieder neue, alternative Inputs, was Anpassungen in seinem Trainingsumfeld zur Folge hatte. Einige trainingsfreie Tage auf einer Alp mitten in der Saison, um seine Batterien wieder aufzuladen, sind für ihn selbstverständlich und

zeugen von einer Flexibilität, die so für Ausdauersportler nicht typisch ist. Neben den oben beschriebenen Aspekten sind gerade im Olympischen Triathlon Persönlichkeitsdimensionen wie Beharrlichkeit, positives Denken und Selbstbehauptung in einem Feld von hoch talentierten und hart trainierenden Athleten matchentscheidende Elemente, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Physisch sind die Top-Athleten der Welt auf einem sehr ähnlichen Niveau. Am Schluss machen der Kopf beziehungsweise die erwähnten Persönlichkeitsdimensionen den Unterschied. «Den Glauben an den ganz grossen Sieg verliert ein Spitzensportler nie», sagt Sven Riederer, der an Olympia 2016 das letzte Mal um olympische Medaillen im Triathlon kämpfen wird. SCHLUSSFOLGERUNGEN Am Beispiel von Sven Riederer ist unschwer zu erkennen, dass Gemeinsamkeiten zwischen erfolgreichen Karrieren im Sport und in der Wirtschaft bestehen, insbesondere im Spitzentriathlon. Es können folgende drei Punkte festgehalten werden: Erstens können die sieben beleuchteten Kernfaktoren, welche Erklärungsansätze für erfolgreiche Laufbahnen sind, eins zu eins vom einen Feld ins andere übertragen werden. Ein ausgewogenes Vorhandensein aller Faktoren ist der stärkeren Gewichtung eines einzelnen Faktors vorzuziehen. Zweitens erklärt die detaillierte Betrachtung der sieben Faktoren den Erfolg von Sven Riederer neben dem Wettkampfplatz. Und drittens verspricht dies auch vieles für die Zeit nach seiner aktiven Spitzensportlerlaufbahn. Konsequenterweise wäre die Empfehlung für Anteilsscheine der Unternehmen und Vorhaben von Sven Riederer ein «strong buy», um im Finanzjargon zu bleiben.

DER AUTOR Florian Wagner ist Principal bei Korn Ferry Schweiz und berät Unternehmen weltweit im Bereich Leadership Development und Talent-Management. Florian Wagner ist ehemaliger WeltklasseLangdistanzduathlet und vertrat die Schweiz an der Duathlon-Langdistanz-Weltmeisterschaft 2004. Er verfügt über ein Lizenziat in Organisationspsychologie der Universität Zürich und einen Master in Business Administration (MBA) der HULT International Business School in London, Dubai und Shanghai. Mehr unter: www.kornferry.com/consultants/florianwagner

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VRPRAXIS

Der VR von morgen TRENDS Gesellschaft, Technologie und Politik entwickeln sich in rasantem Tempo. Verwaltungsräte müssen neue Herausforderungen immer schneller bewältigen. Doch auch das oberste Führungsgremium entwickelt sich weiter: Der Verwaltungsrat von morgen ist professionell, agil und engagiert. TEXT S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

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er bereits seit einigen Jahren zu beobachtende Trend der Professionalisierung des Verwaltungsrats wird weiter anhalten und sich sogar verstärken. Themen wie VR-(Selbst-)Verständnis, VR-Zusammensetzung, VR-Arbeit, VR-Organisation, VR-Entschädigung sowie VR-Weiterentwicklung gewinnen an Bedeutung und werden vermehrt diskutiert. EIN VR-MANDAT IST KEIN EHRENAMT Die externe Einflussnahme auf Verwaltungsräte seitens Gesellschaft, Politik, Öffentlichkeit und Medien nimmt zu. Immer zahlreicher werden die – vermeintlich – mitspracheberechtigten Stakeholder, die ihren Fokus verstärkt auf die VR-Tätigkeit richten. Ihre Ansprüche verändern das externe und interne Verständnis des Verwaltungsrats und erhöhen den Kommunikations- und Reputationsdruck auf die einzelnen Verwaltungsräte. Neben Personen mit Führungserfahrung in vergleichbaren Unternehmen werden vermehrt auch Spezialisten Einsitz

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

Bildquelle: Depositphotos, AndreyPopov

in die Gremien nehmen – aktuelles Stichwort: Digitalisierung. Die Zusammensetzung und Organisation des Verwaltungsrats wird in Zukunft häufiger überprüft und wenn nötig angepasst werden müssen. Austritte werden vermehrt nicht nur altershalber, sondern auch aufgrund geänderter Anforderungen erfolgen. Schliesslich wird den sozialen Kompetenzen der einzelnen VR-Mitglieder ein höherer Stellenwert beigemessen. Ein Ehrenamt ist die VR-Tätigkeit längst nicht mehr. Ihre Professionalisierung wirft deshalb auch Fragen nach dem erforderlichen Zeitaufwand, der möglichen Anzahl weiterer Mandate, der Zweckdienlichkeit zusätzlicher paralleler Tätigkeiten sowie der angemessenen Entschädigung auf. Der professionelle Verwaltungsrat muss sich ständig weiterentwickeln und auf dem neuesten Stand bleiben – jeder Einzelne für sich und als Team. Professionalität heisst auch hinterfragen und Überholtes verändern. AGIL UND DYNAMISCH Der in Wirtschaftskreisen aktuell wohl am häufigsten diskutierte Megatrend ist die Digitalisierung und deren exponentielle Wachstumsgeschwindigkeit. Als Sinnbild steht sie auch für die allgemein zunehmende Dynamik und Komplexität. Mehr denn je wird vom Verwaltungsrat die Fähigkeit und Bereitschaft verlangt, vernetzt zu denken, den Einfluss von Veränderungen und Entwicklungen auf das eigene Unternehmen zu antizipieren und abzuschätzen, Neues zu lernen und zu integrieren – agil zu sein. Der Trend geht von rückwärtsgewandten Berichten zu vorausschauenden, eingebetteten Analysen, vom produktebasierten Planen zum Generieren von Zusatznutzen für Kunden und Mitarbeiter, von strukturierten Informationen zu kollaborativem Wissenstransfer. Der agile Verwaltungsrat

ist in der Lage und willens vernetzt, proaktiv, integrativ und interaktiv zu arbeiten und das Unternehmen dynamisch weiterzuentwickeln und vorausschauend in die Zukunft zu führen. ENGAGIERTE VR SIND VERFÜGBAR Die VR-Tätigkeit ist in allen Branchen und Unternehmensgrössen anspruchsvoller und zeitintensiver geworden. Damit steigen die Ansprüche an das professionelle, persönliche und zeitliche Engagement des Verwaltungsrats. Im Zentrum steht insbesondere die zeitliche Verfügbarkeit jedes einzelnen VR-Mitglieds, welche über die reine Präsenz an VR-Sitzungen hinausgehen muss. Erstens erschöpft sich die VR-Tätigkeit bei weitem nicht in der Sitzungsteilnahme – die im Übrigen grundsätzlich verpflichtend ist. Zweitens muss die Agenda eines Verwaltungsrats auch dringende kurzfristige Termine zulassen. Darüber hinaus muss jedes VR-Mitglied im Gremium seinen Beitrag leisten und sich für das Unternehmen einsetzen. Dazu bedarf es nicht nur eines Verständnisses des Unternehmens selber, sondern auch der Branche, ihrer Herausforderungen und Entwicklungspotentiale sowie ihrer Stakeholder – und zu guter Letzt den Blick über den Tellerrand hinaus.

DIE AUTORIN

Stefanie Meier-Gubser ist Geschäftsführerin des Schweizerischen Instituts für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder (sivg).


VRPRAXIS

Ins Netz gegangen PRIVATE INTERNETNUTZUNG Alle zwei Jahre stellt sich die gleiche Frage: Dürfen EMrespektive WM-Spiele am Arbeitsplatz im Internet mitverfolgt werden? In regelmässigen Abständen wird so eine latent vorhandene Problematik sichtbar: Die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz. Was geht – und was nicht? Und: Wie viel Kontrolle darf sein? TEXT I S A B E L H Ö H E N E R

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ie missbräuchliche Nutzung des Internets am Arbeitsplatz kann sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer negative Konsequenzen nach sich ziehen. Für den Arbeitnehmer können die exzessive Nutzung des Internets für private Zwecke oder durch ihn verfasste rufschädigende Posts auf Social Media Websites in leichten Fällen zu Verwarnungen führen, in schwereren bis extremen Fällen zu einer Lohnkürzung, Kündigung oder zu Schadenersatzansprüchen. Der Arbeitgeber hat in solchen Fällen mit beeinträchtigten Leistungen des Arbeitnehmers, Sicherheitsrisiken durch Herunterladen von Schadsoftware und je nach Inhalt von Mitteilungen auf Social Media Plattformen mit einem Reputationsschaden zu rechnen. Im schlimmsten Fall sieht er sich selbst mit Schadenersatzforderungen seiner Kunden konfrontiert, welche einen Schaden durch die Handlungen des Arbeitnehmers im Internet erleiden könnten. VERHALTEN DES ARBEITGEBERS Fehlt eine spezifische Anweisung des Arbeitgebers, ist die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz grundsätzlich in dem Umfang zulässig, als es die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt und es nicht über ein vernünftiges Mass hinausgeht. Der Arbeitgeber kann nicht jegliche private Verrichtung am Arbeitsplatz verbieten. Auch darf er dem Arbeitnehmer nicht bei jeder Nutzung, welche über das übliche Mass hinausgeht gleich kündigen. In der Regel ist dem Betroffenen zunächst eine Verwarnung zu erteilen. Kündigen kann er in sehr schweren Fällen oder im Wiederholungsfall trotz Abmahnung. Grundsätzlich zulässig ist es, präventiv Massnahmen zu ergreifen, die vor unerwünschten Verwendungen des Internets schützen können, wie z.B. Datenmengen zu kontrollieren, einen Filter oder eine Sperrung von gewissen Websites am Arbeitsplatz zu installieren.

miert hat, anonymisierte Protokollierungen des Internet- und E-Mail-Verkehrs, letzteres ohne Inhaltswiedergabe, zur Kontrolle vornehmen und auswerten. Nur bei einem konkreten Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung eines bestimmten Mitarbeiters ist es zulässig, Protokolliertes auch personenbezogen auszuwerten, sofern keine weniger einschneidenden Massnahmen erfolgsversprechend sind. MÖGLICHE MASSNAHMEN Zu empfehlen ist, schon vorgängig Nutzungsreglemente zu erlassen, in welchen sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer von Vertragsbeginn an geregelt wird, wie das Internet am Arbeitsplatz genutzt werden soll und wie der Arbeitgeber unzulässige Handlungsweisen eingrenzt beziehungsweise pauschal kontrolliert und in welchen auch klar auf die allfälligen Sanktionen bei Nichtbefolgung dieser Weisungen hingewiesen wird. Auch soll so auf Sicherheitsrisiken aufmerksam gemacht werden. Dies schafft Transparenz auf beiden Seiten und vermeidet Konflikte. So ist für den Arbeitnehmer klar, wie er das Internet nutzen und zum Beispiel die Fussballspiele verfolgen darf.

DIE AUTORIN Bild: Depositphotos.com, Tawng

Rechtlich verboten ist jedoch, das Verhalten des Arbeitnehmers direkt zu überwachen, es sei denn der Arbeitgeber muss gewisse Compliance-Anforderungen erfüllen wie z.B. eine Bank. Der Arbeitgeber darf aber in einem vernünftigen Mass, solange er die Arbeitnehmer vorgängig darüber infor-

Isabel Höhener,MLaw, ist als Substitutin bei Stiffler & Partner Rechtsanwälte tätig.

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WEITERBILDUNG

Rekrutierung à la Parship JIT-PERSONALPLANUNG Die aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt erschweren die Rekrutierung. Gleichzeitig werden die Planungshorizonte in vielen Branchen immer kurzfristiger. Einen innovativen Lösungsansatz für diese Herausforderungen bietet die Just-in-timePersonalplanung. TEXT V I K T O R C A L A B R Ò

Bild: Depositphotos.com, alphaspirit

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ntwicklungen und Ereignisse wie der demografische Wandel, die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative oder die Verknappung von Fachkräften bereiten HR-Experten Kopfzerbrechen. Zwar existieren Ideen, wie man diesen Problemen entgegenwirken könnte, von der praktischen Umsetzung sind sie allerdings noch meilenweit entfernt. So besteht etwa ein breiter Konsens darüber, dass Frauen besser in die Wirtschaft integriert werden könnten. Doch wie bewerkstelligt man dies konkret? Zusätzliche Probleme fordern Branchen, die einem volatilen Umfeld ausgesetzt sind und schnell auf unvorhersehbare Gegebenheiten reagieren müssen. Dies können saisonale Schwankungen sein, ungünstige Wetteraussichten oder personalintensive Unterfangen wie etwa die boomenden Open Airs, die auch in strukturell schwächeren Gegenden einen kurzfristigen Bedarf an Arbeitskräften erforderlich machen. Die beschriebenen Szenarien betreffen insbesondere Branchen wie Gastronomie und Hotellerie, Logistik und Detailhandel sowie Promotion und Event. Vermehrt werden aber 50

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auch kaufmännische Berufe mit kurzfristigeren Aufträgen, längeren Arbeitszeiten und Arbeitsverdichtung konfrontiert und müssen mit den Folgen davon – insbesondere der hohen Belastung der Mitarbeitenden – bewusst umgehen. EXTREME SCHWANKUNGEN AUFFANGEN Gastronomie und Hotellerie sind klassischerweise von saisonalen und wetterabhängigen Schwankungen betroffen. Für Wirte und Hoteliers stellt sich die Frage, wie viel Personal zu Beginn einer Saison eingestellt werden soll. Dabei muss mit vorhersehbaren und unvorhersehbaren Situationen umgegangen und der Umsatz dann generiert werden, wenn die Nachfrage da ist. Die Planung so zu perfektionieren, dass jeweils genügend Mitarbeitende zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, erscheint dabei fast unmöglich. Personal auf Vorrat einzustellen, ist aus Kostengründen keine Option. Ein zusätzlicher Personalbedarf kann aber jederzeit entstehen: Ein Wetterumschwung sorgt im Gartenrestaurant plötzlich für Hochbetrieb, der Koch schneidet sich aus Versehen in den Finger oder ein grosses Bankett

erfordert die kurzzeitige Verdopplung der Manpower. Auch Logistik und Detailhandel sind von extremen Hochs und Tiefs geprägt. So werden beispielsweise in der Migros im Glattzentrum laut Konzernangaben in einer Woche mit gutem Grillwetter 3.8 mal mehr marinierte Pouletbrüstchen und 3.6 mal mehr Kalbsbratwürste verkauft als in einer verregneten Woche. Dieses Beispiel macht deutlich, dass bei schönem Wetter nicht bloss an der Theke Hochbetrieb herrscht, sondern auch im Hintergrund in der Logistik. Im Kleidergeschäft hingegen ist es genau umgekehrt: Hier kurbelt ein regnerischer Samstag den Umsatz an und nach einer Lieferung hat keiner Zeit, die Ware einzuräumen, weil das Geschäft schon weiterlaufen sollte. Aufgrund solcher Engpässe liegt es auf der Hand, Justin-time-Lösungen, die ursprünglich für die Abwicklung der Warenflüsse entwickelt wurden, auch im Personalmanagement zu etablieren. TEMPORÄRE ENTLASTUNG Die Tendenz zu kürzeren Planungshorizonten zeigt sich zunehmend auch jenseits der Gastronomie und des Detailhandels. In vie-


len Büros gibt es Aufgaben, die sich nicht aufschieben lassen und den Workload kurzfristig anschwellen lassen. Um Deadlines einhalten zu können, ist es daher oft nötig, schnell und flexibel auf Zusatz- oder Ersatzkräfte zurückgreifen zu können. Bei der Zurich Versicherung ist man bereits dazu übergegangen, Personalausfälle nicht nur monetär zu entschädigen, sondern auch eine schnelle Lösung für eine übergangsmässige und qualifizierte Arbeitskraft anzubieten. Bei all diesen Szenarien macht es Sinn, ein Kernteam um temporäre Mitarbeitende zu ergänzen und dies gezielt als Strategie zu fahren. HR-Manager sollten dabei darauf achten, dass jede Arbeitskraft optimal im Einsatz steht und ihre Kompetenzen voll entfalten kann. Aufgaben, die nicht in den Kompetenzbereich eines Mitarbeitenden fallen und ihn deshalb von den zentralen Arbeiten abhalten, können als Stunden- oder Tagesjob an eine Aushilfskraft delegiert werden. Dazu gehören auch Tätigkeiten wie eine Inventur durchzuführen, Botengänge zu machen oder Möbel aufzubauen. Diese Aufgaben sind gut delegierbar, weil sie kein spezielles Wissen voraussetzen, das Kernteam jedoch zusätzlich belasten würden. Kompetenzen werden dort eingesetzt, wo sie am meisten Ertrag bringen. Die Erfahrung zeigt, dass mit einer optimalen Personalauslastung das Verhältnis von Personalaufwand zu Umsatz um bis zu 35 Prozent verbessert werden kann. DIE OPTIMALE PEAK-MANAGEMENT-STRATEGIE Eine Lösung für die genannten Probleme bietet die nachhaltige Pflege von Mitarbeitenden-Pools. Dabei werden potenzielle Arbeitskräfte erfasst, die im Notfall kontaktiert

werden können. Je umfangreicher der Pool, desto grösser die Chance, jemanden zu finden, der kurzfristig einspringen kann. Doch die Pflege von eigenen Mitarbeiter-Pools für unregelmässige und relativ kurzfristige Einsätze gestaltet sich für Unternehmen schwierig. Zwar können Kontakte gesammelt werden, doch ist die effektive Kontaktaufnahme mit Schwierigkeiten verbunden. Ist gerade Not am Mann, weil beispielsweise ein Mitarbeiter mit Fieber im Bett liegt, muss erst mühsam ein Kontakt nach dem anderen angegangen werden – und was, wenn inzwischen schon die Adresse nicht mehr stimmt? Solche Pools so zu pflegen, dass sie stets topaktuell sind und im Notfall nicht versagen, ist eine Aufgabe, die sehr zeitintensiv und mit hohem administrativem Aufwand verbunden ist. Des Weiteren können den arbeitswilligen temporären Arbeitskräften kaum Angaben dazu gemacht werden, wie hoch ihre Erfolgschancen auf einen Einsatz in nächster Zeit sind. Es macht wenig Sinn, dass sich HR-Abteilungen mit solchen Aufgaben herumschlagen. Zudem erweist sich diese Vorgehensweise als veraltet. Denn in der heutigen Zeit stehen moderne Technologien zur Verfügung, die es ermöglichen, in Echtzeit mit potenziellen Arbeitnehmern zu kommunizieren. Gefragt sind also «selbstreinigende» Systeme, die von den Arbeitnehmenden selber aktualisiert werden, weil sie sich für flexible Tätigkeiten interessieren. Wie in vielen anderen Bereichen liegt auch im Personalmanagement der Schlüssel zur Umsetzung der optimalen Peak-Management-Strategie in der Technologie. Intelligente Algorithmen sind die Zauberformel und vereinen die Bedürfnisse von Arbeit-

gebern und Arbeitnehmern. Es kann auf diverse Variablen – wie etwa Ort und Dauer eines Einsatzes – Rücksicht genommen werden. Wie dies in der Praxis funktionieren kann, zeigt etwa die vollautomatische Personalverleihplattform Staff Finder. Da Übereinstimmungen automatisch abgeglichen werden und dem Interessenten potenzielle Kandidaten vorgeschlagen werden, gleicht die Just-in-time-Rekrutierung der Partnersuche im Internet. Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommunizieren dabei in Echtzeit: In der Regel ist der benötigte Mitarbeitende innert vier Stunden via Web-, SMSDienst und Mobile-App rekrutiert, die Bedingungen unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und allfälliger GAVs sind vereinbart und der Mitarbeitende steht einsatzbereit vor Ort. Da sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach jedem Einsatz gegenseitig beurteilen müssen, haben schwarze Schafe auf beiden Seiten keine Chance.

DER AUTOR Viktor Calabrò gründete mit Staff Finder 2011 die erste vollautomatisierte Personalverleihplattform der Welt. Pro Monat werden weit über 5000 Arbeitseinsätze über die Plattform abgewickelt, 98 Prozent davon innert vier Stunden vermittelt. Viktor Calabrò ist EY Entrepreneur Of The Year 2014 und schaffte es aus über 300 Jungunternehmern ins Finale des Swiss Economic Award 2015.

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NETZWERKE

Wer unterschreibt? UNTERSCHRIFTENREGELUNG Wer Arbeitsverträge, Kündigungen oder Arbeitszeugnisse unterzeichnet, richtet sich nach den Regeln der Zeichnungsberechtigung, der Stellvertretung und des Persönlichkeitsschutzes. VON S T E F A N I E M E I E R - G U B S E R

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okumente, für die das Gesetz oder die Parteien die Schriftform vorsehen, müssen von der Person, die sich verpflichtet, eigenhändig unterschrieben oder qualifiziert elektronisch signiert sein. So müssen zum Beispiel schriftliche Arbeitsverträge von Arbeitgeberin und Arbeitnehmer unterzeichnet werden, Kündigungen von der kündigenden Partei und

Arbeitszeugnisse von der Arbeitgeberin. Ist die Arbeitgeberin eine natürliche Person, muss sie selber unterschreiben. Bei juristischen Personen erfolgt die Unterzeichnung durch eine vertretungsberechtigte Person. ZEICHNUNGSBERECHTIGUNG Die Arbeitgeberin legt fest, wer für sie in welchem Umfang zeich-

nungs- und vertretungsberechtigt ist. Gegen aussen gelten dabei die Grundsätze der Organvertretung, der Prokura und der Handlungsvollmacht. Vertretungen ab Prokura werden im Handelsregister eingetragen. Gesellschaftsorgane wie Verwaltungsräte oder Geschäftsführer können die Gesellschaft für jedes Rechtsgeschäft verpflichten, Prokuristen für alles, was der

Geschäftszweck mit sich bringen kann und Handlungsbevollmächtigte für alles, was er gewöhnlich mit sich bringt. Unternehmensintern können diese Berechtigungen eingeschränkt und zusätzliche Vollmachten erteilt werden. Alle Vollmachten können jederzeit per sofort widerrufen werden. Im Weiteren kann die Arbeitgeberin Rechtsgeschäfte, die ohne Ermächtigung abgeschlossen wurden, nachträglich genehmigen. ARBEITSZEUGNIS Aufgrund des arbeitsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes müssen Arbeitszeugnisse von mindestens einer hierarchisch und funktionell übergeordneten

Person unterschrieben sein. Die Unterzeichnung eines Zeugnisses durch eine gleich- oder gar untergeordnete Person wird von Lehre und Rechtsprechung als persönlichkeitsverletzend erachtet.

STEFANIE MEIER-GUBSER Die Autorin ist lic. iur. und Fürsprecherin bei Centre Patronal, Kapellenstrasse 13, Postfach 3001 Bern, +41 58 796 99 09, +41 58 796 99 03, smeier@centrepatronal.ch, www.centrepatronal.ch

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NETZWERKE

Alles unter Kontrolle INTERNES KONTROLLSYSTEM In grossen Unternehmen wurden die formalen Anforderungen an die Internen Kontrollsysteme (IKS) schon vor Jahren verschärft. Doch auch für kleine und mittlere Unternehmen ist der Nutzen eines solchen Kontrollinstruments nicht zu unterschätzen. TEXT C H R I S T I A N F E L L E R

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n Klein- und Mittelunternehmen (KMU) werden Prozesse meist nicht schriftlich dokumentiert. Das ist auch nicht notwendig; eine gesetzliche Pflicht besteht nicht. Die Oberleitung der Gesellschaft (OR 716a) hingegen ist Pflicht für jeden Verwaltungsrat – unabhängig von der Unternehmensgrösse. Ob der VR dabei auf eine schriftliche Prozessdokumentation setzt oder nicht, lässt ihm der Gesetzgeber frei. Die Praxis zeigt aber, dass das Festhal-

TAGUNG RECHNUNGSWESEN Das Jahrestreffen der Fachleute aus Buchführung und Rechnungslegung. Ausgewiesene Fachspezialisten erarbeiten mit Ihnen zusammen Lösungswege zu schwierigen Buchhaltungsfragen. Zudem werden Sie über die wichtigsten Neuerungen sowie den aktuellen Stand in der Gesetzgebung Rechnungslegung informiert. 7. September 2016 im Lake Side Zürich TAGUNG RECHTSFRAGEN IM TREUHANDWESEN Verträge zwischen Eigentümern eines Unternehmens und dem Unternehmen können viele Risiken verbergen. Dazu gehören auch Aktionärsbindungs-/Mandatsverträge und Organisationsreglemente. Ebenso prägt das Arbeitsrecht den Unternehmeralltag. In einem Tag erfahren Sie Wichtiges und Wissenswertes inkl. den Hinweisen auf neue Gerichtsentscheide. Die Themen Immobilien und Steuern runden die praxisbezogene Weiterbildung ab. 8. September 2016 im Lake Side Zürich FORUM TREUHAND DIGITAL Die digitale Revolution wird die Treuhandbranche fundamental verändern. Gehören Sie zu den Gewinnern – unsere Referierenden zeigen Ihnen auf wie. 6. Oktober 2016 im Lake Side Zürich Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.unternehmerforum.ch

ten von Prozessen und Arbeitsschritten Vorteile mit sich bringt: Das neue Rechnungslegungsrecht stattet Minderheiten mit mehr Rechten aus. Wenden sie diese an, kann unter Umständen eine Rechnungslegung wie bei grösseren Unternehmen erforderlich werden. Für KMU bedeutet dies neben der Dokumentationspflicht des IKS auch eine entsprechende Prüfung durch die Revisionsstelle. DIE ÜBERSICHTLICHKEIT Werden Prozesse systematisch dokumentiert, können in aller Regel Effizienzsteigerungen erzielt werden. Das Erstellen einer solchen Dokumentation setzt die Analyse einzelner Arbeitsschritte voraus. Optimierte Arbeitsabläufe sind das Ergebnis. Trotz des hohen Einführungsaufwands überwiegt der Nutzen: Fällt beispielsweise ein Mitarbeiter aus, können sich die anderen auf eine exakt geführte Prozessdokumentation verlassen. Für KMU ist es aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen nicht möglich, eine eigene Stabstelle für dieses Aufgabengebiet zu führen. Weiter schlimm ist das nicht. Viel wichtiger ist es für die Unternehmen, dass sie ihre in der Prozessaufnahme eruierten Stärken zur Beseitigung allfälliger Schwachstellen nutzen können. Zudem stellt die periodische Kontrolle einzelner Arbeitsschritte ein sinnvolles Prüfinstrument gegenüber den Mitarbeitenden dar. Die einfache Methode macht die Stärken und Schwächen einer Gesellschaft schnell sichtbar – der Unternehmer kann entsprechend reagieren. Zudem wird erkennbar, bei welchen Arbeitsschritten beispielsweise automatisierte Kontrollen etwa von Zugriffsrechten oder Freigaben sinnvoll wären. SYSTEMATISCH KONTROLLIEREN Besonders deutlich wird der Nutzen eines IKS bei den Forderungen aus Lieferung und Leistung. Die Problematik: Bei vielen Unternehmen wird das Mahnwesen nicht periodisch überprüft, was zu einem ersten

Fehler im Prozessablauf führt. Verschiedene Interessensgruppen verschärfen die Problematik: Während sich der Buchhalter um den Geldeingang kümmert, veräus- sert der Verkäufer bereits weitere Güter. Dies wirft die Frage nach der Verteilung und Regelung von Kompetenzen auf. Die Entscheidungskompetenz soll beim Buchhalter liegen. Bei Unklarheiten, kann ein Mahnstopp so lange unbemerkt bleibt, bis es zu spät ist. Denn: Oft wird der Mahnstopp erst bemerkt, wenn sich der Kunde im Konkurs befindet. Für den Unternehmer sind es jedoch nur die bezahlten Umsätze, die von Interesse und für die Geschäftstätigkeit wichtig sind. Häufig haben Klein- und Mittelunternehmen hinsichtlich eines eigenen Internen Kontrollsystems Angst vor einem zu grossen administrativen Aufwand. Doch die messbare Effizienz- und Qualitätssteigerung und der zu erzielende Nutzen sollten im Vordergrund stehen. Viele Unternehmer, die einem IKS ablehnend gegenüberstanden, liessen sich im Nachhinein durch die positiven Resultate überzeugen. Der Initialaufwand lässt sich meist innerhalb kürzester Zeit egalisieren. Überprüfen Sie in Ihrem Unternehmen die Schlüsselprozesse. Das sind diejenigen, welche bei einem Ausfall die grössten Auswirkungen auf Ihren Betrieb haben. Auch hier gilt: Weniger ist manchmal mehr. Starten Sie mit wenigen Prozessen und überzeugen Sie sich vom Nutzen eines Internen Kontrollsystems.

DER AUTOR Der diplomierte Wirtschaftsprüfer und IAS/ IFRS Accountant Christian Feller ist Partner bei Merkli & Partner AG in Baden. Weiter ist er Gründungsmitglied des Schweizerischen Instituts für eingeschränkte Revision (SIFER).

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EVENTS

Energie findet Heim BAUEN & MODERNISIEREN Mit konstant 600 Ausstellern geht die grösste Schweizer Baumesse dieses Jahr vom 8. bis 11. September mit dem Motto «Energiewende für Hausbesitzer» an den Start. TEXT I N È S D E B O E L

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it der 47. Ausgabe zeigt sich die traditionsreiche Messe einmal mehr als ideale Plattform für den direkten Kontakt zwischen Bauherren, Immobilienbesitzern und Baufachleuten. Besucher können sich in einem persönlichen Beratungsgespräch von innovativen Ideen und aktuellem Fachwissen den Weg zum Haus der Zukunft zeigen lassen. Umrahmt wird die attraktive Baumesse in

Zürich wieder mit den Bereichen Bad, Boden, Küche und der beliebten Eigenheim-Messe. Die Besucher erwartet ausserdem eine Vortragsreihe zur Gebäudeerneuerung sowie das Forum Architektur. HAUS DER ZUKUNFT Wie sieht das Haus der Zukunft aus – und wie wird es gebaut? An diversen Sonderschauen erleben Hausbesitzer, Architekten und Planer

Heizen, nachhaltiges Bauen von Plusenergiehäuser und die aktuelle Technik eines Wohnraumfeuers. Kompetente Fachleute geben Auskunft über Sonnenenergienutzung oder Photovoltaik.

ENERGETISCH UND MODERN INFOS So nutzen Verbände wie 600 Aussteller in 7 Hallen die IG Passivhaus, ener8. bis 11. September 2016 gie-cluster.ch, HolzenerDonnerstag bis Sonntag gie und Swissolar unter von 10-18 Uhr mit Eigendem Patronat von Enerheim-Messe Schweiz, gieSchweiz als auch die Halle 6, Messe Zürich, Zürich-Oerlikon drei Programmpartner Wallisellenstr. 49, 8050 der Kampagne «starte! Zürich jetzt energetisch moderwww.bauen-modernisieren.ch nisieren» – die Baudirektion des Kantons Zürich, Elektrizitätswerke des die Trends und Neuheiten Kantons Zürich und die 2016. So erfährt der Besu- Zürcher Kantonalbank cher alles über modernes – ihren Auftritt für Inforund energieeffizientes mationsveranstaltungen.

Mekka der Marketeers SUISSEEMEX Am 30. und 31. August lockt die grösste Marketingund Eventmesse der Schweiz mit 500 Ausstellern, 50 Referenten und rund 15 000 Fachbesuchern aus dem In- und Ausland. Das Jubiläumsprogramm zur 10. Ausgabe kann sich sehen lassen. TEXT D E L I A B A C H M A N N

SUISSEEMEX 30. und 31. August 2016 Messe Zürich, Wallisellenstrasse 49, 8050 Oerlikon, Preise: Tagesticket: 25 Fr., VIP-Wissens-Ticket: 50 Fr. EMEX Night: 110 Fr. Partnermesse: Topsoft www.suisse-emex.ch/tickets

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in in die Zukunft gerichteter Blick, ein guter Riecher für die neusten Trends und ein siebter Sinn für das nächste grosse Ding – dies sind Eigenschaften, die man bei keinem Marketingspezialisten missen möchte. Denn die Beschäftigung mit der Zukunft ist keineswegs nur Beigemüse, sondern bedeutsamer Bestandteil des Arbeitsalltags. Folgerichtig lautet das Motto der diesjährigen Messeausgabe «Meet the Future». Zukunft, damit

ist auch im Marketingbereich vor allem eines gemeint: der digitale Wandel. Passenderweise spannt die SuisseEMEX zum zweiten Mal mit der IT-Messe Topsoft zusammen. Der gemeinsame Auftritt als Messeduo zeigt, wie eng verwoben Marketing und IT heute schon sind. FÜR WELTENBUMMLER Vier Themenwelten in vier Hallen verschaffen dem Messebesucher einen 360 Grad-Überblick über die Marke-

tingthemen von morgen: So spiegelt die «World of Communication» die Schweizer Kommunikationslandschaft, von kreativen Werbeideen bis hin zu kompletten, crossmedialen Kampagnen ist alles vertreten. In der «World of Promotion» wird es greifbarer: Von exklusiven Kundengeschenken bis hin zu nachhaltigen give-aways werden die neuesten Trends präsentiert. Lebhaft zu und her geht es in der «World

of Event & LiveCom». Hier wird gezeigt, was die erlebbare Kommunikation alles zu bieten hat – vom Messebau bis zur Seminarplanung. Schliesslich verlässt der Messebesucher die analoge Welt, sobald er über die Schwelle der «World of Digital Business» tritt. Die Themen: E-Commerce, Social Media, Mobile Payment und viele mehr. Jede Welt wartet zudem mit einem Special auf: Querdenker-Arena, Bau eines eigenen

KÜCHEN- UND BÄDERTRAUM Zahlreiche Hersteller namhafter Markenküchen und für schönes Handwerk bekannte Schweizer Küchenbauer zählen zu den angesagtesten Ausstellern in Halle 3 und 4. Das Verwöhnprogramm rund um Wasser und Erholung wird in den Bereichen Création Bad und Badewelten in Halle 7 erlebbar. Alles in allem wird die «Bauen & Modernisieren» mit zwei attraktiven Showgärten – Stichwort «Modern Garden Design» – und den Themen Bugholzmöbel, Digitalisierung, gesund und altersgerecht Bauen einen spannenden Messeherbst einläuten.

Swiss Army Knife, Business-Speed-Networking sowie Short Learning Sessions. MEHR ALS EINE MESSE Mit den vier Marketingwelten hat der Besucher das Messeuniversum noch nicht gesehen: Spannende Keynotes und angeregte Diskussionsrunden mit hochkarätigen Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bilden wichtige Programmpunkte – informativ, inspirierend und nahe am Puls der Branche. Neben dem Wissenstransfer kommt auch das Networking nicht zu kurz: Das «Who is Who» der Branche pilgert ins Zürcher Messezentrum, rund 1200 Gäste fachsimpeln und feiern am Afterwork-Event «EMEX Night».

Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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« » BÜCHER

Er sagt es einfach

REDUKTIONISMUS Die Welt ist komplex, der Ruf nach Einfachheit lauter denn je. Leicht zu haben ist diese allerdings nicht. In «Simplicity» geht Benedikt Weibel der Komplexität an den Kragen und extrahiert die Essenz des Einfachen. TEXT D E L I A B A C H M A N N

A

ufstehen oder Weiterschlafen – die Qual der Wahl beginnt bereits früh am Morgen. Die Entscheidung für das eine und gegen das andere ist die erste von rund 20 000 Entscheidungen, die wir täglich treffen. Die meisten davon unbewusst und blitzschnell. Ohne die Fähigkeit, in solchen Routinesituationen intuitiv zu entscheiden, wäre der Alltag nicht zu bewältigen. Denn dieser hält weitaus «komplexere» Situationen und Probleme für uns bereit, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordern. Heute kann sich der Mensch den Luxus, seine volle Aufmerksamkeit einer einzigen Sache zu widmen, aber kaum mehr leisten. Er leidet unter notorischem Zeitmangel und droht von der wachsenden Informationsflut überrollt zu werden. Die Komplexität seiner Umgebung überfordert ihn. Hier setzt Benedikt Weibels «Simplicity» an: Damit ihm nicht alles über den Kopf wächst, braucht der moderne Mensch Methoden, um die Komplexität zu reduzieren. Die Methoden selbst sind nicht zwingend modern, Weibel nicht der Erste, der sich mit dem Phänomen der Einfachheit auseinandersetzt. Sein Zugang ist das Geschichtenerzählen, häufig mit anekdotischem Charakter. Seine Geschichten erstrecken sich über einen Zeitraum von über 2 000 Jahren, erzählen von den Alten Griechen wie auch von den Grössen der Gegenwart. Manchmal schöpft der diplomierte Bergführer und ehemalige Vorsitzende der SBB-Geschäftsleitung auch aus der eigenen Biographie. Weibel trägt Material aus Jahrtausenden und den unterschiedlichsten Disziplinen zusammen. Er sichtet, sortiert, streicht und spitzt zu. Darin besteht seine besondere Leistung. 56

UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016

Filmen – in «Per Anhalter Wie ein Destillateur wirft durch die Galaxis» ist es die er seine Ingredienzen in Zahl 42. Die Formel E=mc2 einen Kolben, trennt das mag einfach sein, die TheWesentliche vom Überorie dahinter ist es nicht. flüssigen, extrahiert die In der Tat sind der VereinEssenz des Einfachen und fachung Grenzen gesetzt. gibt ihr einen Namen: Einstein, Vater der berühmMustererkennung. Sie ten Formel, definiert diese beschreibt die Fähigkeit, sogleich selbst: «Mache die aus einer grossen Menge Dinge so einfach wie mögvon Informationen die lich – aber nicht einfacher.» wesentlichen Elemente Noch deutlicher brachte herauszufiltern. Steve Jobs die Problematik Hinter jedem komauf den Punkt: «Einfachheit plexen Problem steht heisst, sich durch die Tiefen ein Muster. Dieses zu der Komplexität hindurcherkennen, ist der UniBenedikt Weibel, Simplicity,5. Auflage, zuarbeiten.» versalschlüssel zu allen 2015, Verlag Neue Zürcher Zeitung, Dasselbe gilt fürs SchreiDisziplinen: Ein Karika176 Seiten, 34 Franken, ben: Kompliziert schreiben turist etwa arbeitet mit ISBN 978-3-03810-128-4 ist einfach. Einfach schreiwenigen charakteristiben ist mit Aufwand verschen Merkmalen, die bunden. Die Anforderungen mittels Überzeichnung an einen, der ein Buch über Einfachheit noch verstärkt werden. Ein Betriebswirtschreibt, sind entsprechend hoch. Bei Beneschaftler spricht von der Konzentration auf dikt Weibel kommt hinzu, dass er als HonoKernkompetenzen, eine ärztliche Diagnose rarprofessor der Universität Bern seine Stuist im Grunde nichts anderes als ein Musterdenten mit ungenügenden Noten abstraft, abgleich. Künstler suchen nach dem Protowenn sie zu umständlich und pseudoakadetypischen, Wissenschaftler nach Gesetzmäsmisch formulieren. Dafür prüft er die Texte sigkeiten. Die Liste könnte endlos fortgesetzt auf der Website blablameter.de: Alles unter werden. Nirgends aber wird die Mustersueinem Wert von 0.4 – der «Bullshitindex» che in so reiner Form wie in der Mathemareicht von 0 (gut) bis 1 (schlecht) – liegt im tik praktiziert. Die vielleicht eleganteste und grünen Bereich. Da mir «Simplicity» nur als einfachste Formel E=mc2 ist so populär, dass man sie auch ausserhalb der Klassenzimmer gedruckte Ausgabe vorliegt, kann ich Weiauf T-Shirts, Kaffeetassen und dergleichen bels Wert nicht in Erfahrung bringen. Doch wiederfindet. Nur eine Weltformel, eine Antnach der Lektüre bin ich überzeugt, dass das wort auf alle Fragen, eine Theorie von Allem, Buch sogar seinen eigenen Ansprüchen käme dem Einfachheitsideal noch näher. Die gerecht wird: Benedikt Weibel sagt es einexistiert bislang aber nur in Büchern und fach, die Leser danken.


1996 – 2016

20 Jahre Europa Forum Luzern

Herbst 2016 14. November KKL Luzern

HERAUSFORDERUNG Spannungsfeld

Arbeitsmarkt & Zuwanderung Anton Affentranger CEO Implenia

Remo Lütolf CEO ABB Schweiz

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Moneycab Die Volkswirtschaft Persönlich UnternehmerZeitung

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Erleben, begegnen, lernen, staunen – herzlich willkommen in der kreativen Welt des digitalen Business. Als Plattform für digitale Transformation finden Sie auf der topsoft 2016 alles, was das Business von morgen verlangt.

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SuisseEMEX – der grösste Schweizer Messe-Event mit zukunftsweisenden Marketingwelten für das Who is Who der Branche und die Leaders von morgen. 500 Aussteller, 15’000 Besucher, internationale Keynotes, Spezialbereiche, Networking-Sessions und EMEX Night.

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Nicht verpassen: EMEX Night am 30. August 2016 ab 19.00 Uhr

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10 FRAGEN AN

Büro ist da, wo du arbeitest MATHIS HASLER Mitgründer und CEO PopupOffice AG Warum sind Sie Unternehmer geworden? Die Digitale Revolution hat bei mir das Gefühl ausgelöst, dass jede erdenkliche Idee umsetzbar ist. Keine Idee ist zu wahnsinnig, keine Vision zu futuristisch. Wir leben in der Zukunft – das Potential übersteigt unsere Vorstellungskraft. Dieser Sog hat mich reingezogen und ich wollte aktiv teilhaben. Wenn nichts unmöglich wäre, was wäre Ihr Traumjob? Für mich wäre es eine Ansammlung verschiedener Aufgaben, die mir die Gesellschaft aufgibt. Diese Aufgaben müssten perfekt auf meine Fähigkeiten abgestimmt sein, so dass ich das tue, was ich als sinnvoll erachte und wo ich einen entscheidenden Unterschied machen kann. Was mögen Sie nicht an Ihrer Branche? Das Internet ist eine einfache Technologie, trotzdem ist es für Startups schwierig, effizient und schnell neue Tools zu bauen. Die Protokolle und der Code sind komplex und wenig nutzerfreundlich. Wir leben nicht in Neos Matrix – Software-Entwicklung und die Sprache müssen einfacher werden, damit mehr Menschen ihre guten Ideen schnell umsetzen können. An welches Ereignis an Ihrer Karriere erinnern Sie sich am liebsten? Wir hatten unser Startup eben erst gegründet, als wir einen unerwarteten Erfolg erzielten: Wir konnten Grossfirmen dazu bewegen, unser Coworking-Abo zu testen. Anfangs klang das verrückt: Grossfirmen lassen die Wände ihrer Büros fallen und fördern somit den realen Austausch mit der Aussenwelt. Das inspiriert mich, scheinbar unmögliche Projekte weiter zu verfolgen. Was war Ihr grösster Fehlentscheid? Mit Freunden hatten wir bereits vor vielen Jahren eine super Geschäftsidee. Wir haben uns auch an die Umsetzung gemacht. Leider hatten wir keinen Biss und zu früh entschieden, nicht weiter zu machen. Welche Persönlichkeit hätten Sie schon immer gerne einmal getroffen? Jack Ma, den Gründer von Alibaba. Er sagt: «Wenn du eine Milliarde Dollar hast, dann ist das nicht dein Geld, sondern das Vertrauen,

ZUR PERSON Unternehmen: Die im März gegründete 2015 PopupOffice AG vermittelt über ihre Internet-Plattform mobile Arbeitsplätze. Das Angebot richtet sich an Büronomaden jedweder Couleur – vom Freelancer bis zum Mitarbeiter einer Grossfirma. Der mobile Bürolist findet auf www.popupoffice.ch verfügbare und mit der gewünschten Infrastruktur – Wifi, Stromanschluss, Gastronomie – ausgestattete Arbeitsplätze für den Zeitraum seiner Wahl. Mathis Hasler und sein Team arbeiten mit Hochdruck daran, das bestehende Netz von mobilen Arbeitsplätzen über die ganze Schweiz hinweg auszubauen. Position: CEO und Mitgründer Werdegang: Bevor Mathis Hasler im März 2015 die Popupoffice AG mitbegründete und die Geschäftsführung übernahm, war er unter anderem für Thomson Reuters, das World Economic Forum und Western Union tätig. Ausbildung: Studium der Internationalen Beziehung an der Universität Genf. Hobbies: Sport und Natur

Bild: zVg

Wie erholen Sie sich vom Stress? Beim Sport und in der Natur. Als Startuper sind mir Pausen und Abstand enorm wichtig, damit ich die gesteckten Ziele immer wieder neutral betrachten kann.

welches die Gesellschaft in dich hat.» Die Harvard Universität hat seine Bewerbung zehn Mal abgewiesen.

Was zeichnet die Schweizer Wirtschaft aus? Unsere staatsnahen, privaten Unternehmen haben ein starkes Bewusstsein für die Gesellschaft und können gemeinsam einzigartige Gebilde entstehen lassen – wie zum Beispiel die Work-Smart-Initiative zur Förderung mobiler und flexibler Arbeitsformen in Grossfirmen. Diese gesellschaftliche Offenheit und Demokratisierung privater Unternehmer ist ein Katalysator für nachhaltige Grassroot-Innovation.

Worüber können Sie sich ärgern? Über intolerante Menschen. Vielfalt, Unterschiede und verschiedene Ansichten sollte man zulassen und gedeihen lassen. Weiter über Bürokratie-Romantik und belanglose Regeln.

Was wünschen Sie sich für die Schweiz? Dass wir unser Sicherheits-Mantra ablegen – etwas weniger überlegen und einfach mal machen. Die Unternehmerkultur fördern und Scheitern belohnen. Im Tram und Zug etwas mehr lachen. Nr. 7/8 2016 | UnternehmerZeitung

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KAPITALMARKT

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ANGEBOTE BETEILIGUNG / PARTNER EINES M&A UNTERNEHMENS (4043) Das Unternehmen im M&A-Geschäft ist auf Nachfolgelösungen für KMU spezialisiert. Seit vielen Jahren vermittelt es zwischen Verkäufer und Käufer und realisiert so Nachfolgelösungen für KMU. Die Arbeit basiert auf reiner Erfolgsbasis, die Kunden sind KMU-Inhaber. Das Unternehmen beschäftigt fünf selbstständige Partner. Der Hauptsitz liegt in der Deutschschweiz. Gesucht wird ein aktiver Partner, der die Regionen Bern (1/2), Fribourg (1/2), Jura, Neuchâtel, Valais, Vaud und Genève betreut, aufbaut und entwickelt. Sie haben Erfahrung als Unternehmensmakler/in (M&A), sind ein/e Spezialist/in für Akquisitionen von M&A-Mandaten oder in einem ähnlichen Geschäft tätig, z.B. Versicherungen oder Immobilien. Sie bringen folgende Voraussetzungen mit: Eigener Wohnort und aktives Beziehungsnetz in der Region Fribourg/Westschweiz, einwandfreier Leumund, Erfahrung im Verkauf / Vermittlung von Unternehmen oder ähnlichen Dienstleistungen, finanzielle Unabhängigkeit, da die Provisionen unregelmässig eintreffen können, Durchhaltewillen und Bereitschaft Investitionen für den Aufbau der Romandie zu tätigen.

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INNENAUSBAU / SCHREINEREI ZU VERKAUFEN (3377) Die zum Verkauf stehende Firma in der Region Luzern ist im Bereich Innenausbau, Küchen und Möbel tätig. Sie verfügt über einen guten Ruf und mit über 600 Kunden über einen sehr grossen Kundenstamm. Die Suche nach einer Nachfolgelösung erfolgt altershalber. Der Produktionsbetrieb ist zweckmässig eingerichtet mit teils neuwertigen Maschinen und Einrichtungen. Der Betrieb ist eingemietet und verfügt über rund 1000 m2 Gesamtfläche; Wachstumsmöglichkeiten sind vorhanden. Der Betrieb erwirtschaftet einen Umsatz von rund 1.5 Millionen und beschäftigt rund acht Mitarbeitende. Der Verkaufspreis beträgt 450000 Franken. BODENLEGERFIRMA IN ZWEITER GENERATION (4173) Bodenlegerfirma mit langjähriger, treuer Kundschaft im Berner Oberland sucht eine/n Nachfolger/in. Der grosse Kundenstamm und die zentrale Lage der Firma bieten eine ideale Ausgangslage für Aufträge aus dieser Grossregion. Die Firma ist eine feste Grösse im heimischen Markt. Das Schwergewicht liegt auf Bodenbelagsarbeiten für grössere Objekte aber auch für Privataufträge. Der Geschäftsführer steht dem Käufer auf Wunsch

auch nach der Übernahme beratend zur Seite. So können Knowhow und Kundenstamm optimal auf den neuen Eigner übertragen werden. Die Investitionssumme beträgt 260 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: CU10085 EXKLUSIVER MARKENSCHUH-VERTRIEB (4172) Der Inhaber sucht aus Altersgründen einen Nachfolger. Als Start-Up sicherte er sich die exklusiven Vertriebsrechte einer bekannten und hochwertigen Schuhmarke für die Schweiz. Er konnte bereits einige Händler gewinnen und das Entwicklungspotenzial steigt steil nach oben. Ideale Basis, um in einem ersten Schritt mit einem erfahrenen Unternehmer gemeinsam das Unternehmen zu leiten, um es später erfolgreich übernehmen zu können. Investitionssumme: 300 000 Franken. Jetzt online Kurzexposée anfordern: KB21036 SPORT- UND FREIZEITZENTRUM IM WALLIS (4171) Die Firma ist seit Jahrzehnten erfolgreich im Elektroinstallationsbereich sowie im Schaltschrankbau tätig. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf komplexen Installationen in Industrie und Gewerbegebäuden. Zahlreiche realisierte Grossprojekte zeugen von Erfahrung und Fachkompetenz.

PRODUKTIONSFIRMA AUS DER KUNSTSTOFFINDUSTRIE (4169) Für ein exzellent geführtes und erfolgreiches Ostschweizer Produktionsunternehmen aus der kunststoffverarbeitenden Industrie suchen wir auf den nächstmöglichen Zeitpunkt einen geeigneten Nachfolger der den Betrieb erwirbt und weiterführt. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren eindrücklich gezeigt, dass sich durch Qualität und starke Kundenorientierung sehr gute Geschäfte machen lassen. Das Unternehmen bedient zahlreiche renommierte Kunden aus der Automobil-, Elektro- und Medizinbranche. Neben der Auftragsfertigung produziert das Unternehmen auch zahlreiche Eigenprodukte, welche durch Partner vermarktet werden. Im vergangenen Jahr wurde mit rund 25 Mitarbeitern ein Umsatz von 6.1 Millionen Franken erwirtschaftet. Im Preis inkludiert ist eine moderne, rein betrieblich genutzte Liegenschaft an Toplage. GESUCHE INGENIEURBÜRO IN DER DEUTSCHSCHWEIZ GESUCHT (1177) Unser Mandant sucht zur Ergänzung der bisherigen Unternehmensstruktur ein im Hoch- und Tiefbausegment tätiges Ingenieurbüro. Das Unternehmen sollte in der Deutschschweiz tätig sein und drei bis 15 Mitarbeitende beschäftigen. Der Käufer möchte ein gut etabliertes Unternehmen mit der dazugehörenden

Marktstellung erwerben und durch aktives Marktverhalten vorhandenes Potenzial ausbauen. Das Ingenieurbüro sollte einige Jahre am Markt etabliert sein, über einen guten Bekanntheitsgrad verfügen und einen treuen Kundenstamm besitzen. Der Verkäufer soll ausserdem dem Käufer für eine längere Einführung und Übergabe zur Verfügung stehen sowie rund ein Jahr unterstützend mitarbeiten. Ernsthafte Interessenten melden sich bitte schriftlich. Bitte Anfragen an OBT mit Kontaktdaten versenden. Companymarket.ch erlaubt sich andernfalls diese nachzureichen. INVESTOR ONLINE-UHRENMARKTPLATZ (4098) Partizipieren Sie am Wachstum eines neuen Immobilienunternehmens. Die Watchedelics. com strebt den Aufbau eines Sozialen Netzwerks an, welches es Uhrenliebhabern weltweit ermöglicht sich miteinander zu vernetzen und das zugleich als Marktplatz für eigene Kollektionen verwaltet und vermarktet werden kann. Seit einigen Jahren zeichnet sich ein neuer Trend bei den Sozialen Netzwerken ab, welcher insbesondere auf die individuellen Interessen der einzelnen Nutzer zurückzuführen ist. So entstehen immer mehr themenspezifische Netzwerke im Sinne von Communities. Zugleich weisen Onlineshops sowie Onlinemarktplätze ein starkes Wachstum auf. Dies ist besonders auch in der Uhrenbranche festzustellen. Das Transaktionsvolumen der

IMPRESSUM UNTERNEHMERZEITUNG 22. Jahrgang, Die UnternehmerZeitung erscheint zehnmal jährlich im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Zürcherstrasse 20, CH-8952 Schlieren, Zürich; Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, info@unternehmerzeitung.ch HERAUSGEBER Remo Kuhn, kuhn@unternehmerzeitung.ch REDAKTION Steffen Klatt, klatt@unternehmerzeitung.ch; Delia Bachmann, bachmann@unternehmerzeitung.ch; Inès De Boel, deboel@unternehmerzeitung.ch; Anouk Arbenz, arbenz@unternehmerzeitung.ch LAYOUT UND PRODUKTION Bruno Strupler, strupler@unternehmerzeitung.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE Rudolf Strahm, Yvonne von Hunnius, Peter Stäuber, John Dyer, Mathias Peer, Frederic Spohr, Fredy Gilgen, Daniel Gschwend, Stella Gatziu Grivas, Hanspeter Knechtli, Claudio Mirti, Vicka Maloca, Stefan Vogler, Christoph Hilber, Florian Wagner, Stefanie Meier-Gubser, Isabel Höhener, Viktor Calabrò, Christian Feller, Ruedi Stricker ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, keller@unternehmerzeitung.ch, Telefon 044 306 47 00 DRUCKUNTERLAGEN www.swissbusinesspress.ch/kundendaten ABONNEMENTS UnternehmerZeitung, Postfach, 8952 Schlieren Zürich, abo @unternehmerzeitung.ch, Einzelverkaufspreis: Fr. 8.– JAHRES-ABONNEMENT Fr. 64.– Inland; WEMF-beglaubigte Auflage 2015: 27647 Exemplare, davon verkauft: 7012 DRUCK Swissprinters AG Brühlstrasse 5, CH-4800 Zofingen NACHDRUCK Nur mit Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe © UnternehmerZeitung gestattet. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. DIE UNTERNEHMER ZEITUNG IST MEDIENPARTNER VON Swiss Venture Club/SVC Unternehmerpreis, Schweizer Unternehmerverband, sivg Schweiz. Institut für Verwaltungsräte, SVSM Schweiz. Vereinigung für Standort-Management, SwissCleantech.ch, UnternehmerForum Schweiz, Schweizer KMU-Tag, KMUSwissEvent, Switzerland Global Enterprise, EnAW Energie-Agentur der Wirtschaft, ICT Berufsbildung Schweiz, Suisse EMEX, Award Corporate Communications®, Fachhochschulen Nordwestschweiz FHNW IM VERLAG SWISS BUSINESSPRESS ERSCHEINT AUSSERDEM ZÜRCHER KMU, das Zürcher Unternehmer-Magazin

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UnternehmerZeitung | Nr. 7/8 2016


KMU SWISS VERANSTALTUNGEN

bestehenden Onlinemarktplätze für Luxusuhren beträgt heute ca. 1.5 Milliarden Franken – Tendenz steigend. Ein globales Netzwerk verbunden mit einem entsprechenden Marktplatz verspricht deshalb ein grosses Erfolgspotenzial. Für die Programmierung der Plattform und die Markteinführung benötigt Watchedelics.com Startkapital in der

Höhe von 0.45 Millionen Franken. Neben einer Beteiligung an der geplanten Kapitalgesellschaft ist auch ein Mitwirken auf strategischer Ebene möglich. Informationen erhalten Interessenten nach Unterzeichnung der Vertraulichkeitserklärung. Eine kurze Videobeschreibung finden Sie hier: www.watchedelics.com/video.html

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reduzieren

Netzwerk und Horizont erweitern mit KMU SWISS 5.08.2016 KMU SWISS Infotable; «Moderne Kommunikation für die Gross Garage», im März hat sich die Gross Garage für eine Kommunikationslösung von ARKTIS für Ihre Standorte entschieden. Die Anlage wir im Mai installiert und in Betrieb genommen. Wir wollen zeigen, welche Ziele mit der neuen Lösung erreicht werden sollen, und welche Systemeigenschaften zur Erreichung der Ziele eingesetzt werden. Haben sich die Erwartungen erfüllt? Ein Rundgang durch den Betrieb mit nachfolgender Apéro rundet den Event ab. 06.09.2016 KMU SWISS Spezial-Infotable; «Swissness - was ändert sich?», Schweizer Produkte und Dienstleistungen geniessen einen hervorragenden Ruf im In- und Ausland. Schweizer Herkunftsangaben werden deshalb gerne und häufig verwendet, leider aber auch zunehmend von Trittbrettfahrern. Der Mehrwert der «Marke Schweiz» kann bei einzelnen Konsumgütern einen beträchtlichen Teil des Verkaufspreises ausmachen. Am 1. Januar 2017 tritt die neue Swissness-Gesetzgebung in Kraft. Ziel ist es, die Bezeichnung «Schweiz» und die Verwendung des Schweizerkreuzes besser zu schützen und deren Missbrauch zu verhindern, damit der Wert der «Marke Schweiz» langfristig erhalten bleibt. Die Teilnehmenden erfahren, welche Vorteile das Gesetz den Unternehmen bietet, wann ein Produkt «Swiss made» ist und wie das ganze berechnet wird. Eine gemeinsame Veranstaltung von KMU SWISS AG, dem Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), dem Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) und dem Hightech Zentrum Aargau.

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Unsere Auftraggeberin ist ein etabliertes, schweizweit tätiges Unternehmen mit zahlreichen Filialen. Für den Standort Weinfelden suchen wir per sofort oder nach Vereinbarung mehrere

Schalterbeamte Ihre Aufgabe besteht in der kompetenten Beratung der Kundschaft auf folgenden Gebieten: – Gummibärchen: Das vielfältige Angebot in allen Farben verlangt ernährungstechnische und psychologische Fachkenntnisse. Da gemäss einer repräsentativen Kundenumfrage über 82 Prozent der Gummibärchen mobil konsumiert werden, erwartet unsere Auftraggeberin Geschick im Verkauf von Zusatzprodukten wie Zahnbürsten und Reinigungstüchlein. – Duschbrausen: Eine gute Duschbrause erfüllt nicht nur hygienische Anforderungen. Vielmehr trägt sie durch sparsamen Umgang mit dem kostbaren Gut Wasser zu einer nachhaltigen Zukunft bei. Neue Modelle mit programmierbarem Farbenspiel und erotischen Features beleben den Reinigungsvorgang in der Kleingruppe. – Lottoscheine: Kein Mensch würde freiwillig eine Viertelstunde Schlange stehen, um eine Zehnernote zu wechseln. Um die üblichen langen Wartezeiten durch Spannung zu bereichern und den Menschen berechtigte Hoffnungen auf plötzlichen Reichtum zu machen, führt unsere Auftraggeberin auch Lottoscheine im Angebot. – Sonnenbrillen: Sie helfen ihrer Kundschaft bei der Auswahl der zu ihrem Typ passenden Brille und geben modische und psychologische Tipps ab. Zum Service gehören auch die Instruktion über das richtige Aufsetzen und die sachgerechte Pflege. – Gruppenreisen: Das Buchen einer Reise in entfernte Länder ist Vertrauenssache. Erfahrungen aus der Reisebranche oder einem Impfzentrum kommen Ihnen bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe entgegen und werden bei der Entlöhnung berücksichtigt. – Verkauf von Briefmarken in verschiedenen Preislagen. Wir wenden uns in erster Linie an Sanitärinstallateure, Pflegefachfrauen und Mathematiker (Schwerpunkt Wahrscheinlichkeitsrechnung und Glücksspiele), sind jedoch ebenfalls offen für Schwimmlehrer und Zahnärzte. Weitere Details zu Ihrem nächsten Karriereschritt erfahren Sie auf der nächstgelegenen Poststelle oder in einem Gespräch mit unserem Zuständigen. Wir freuen uns auf Ihre Unterlagen oder Ihren Anruf.

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