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NR. 3 l 2016

KMU WHAT DAS ZÜRCHER UNTERNEHMER-MAGAZIN

HE D W I G F IJ E N M A N I F E S TA

PEOPLE DO FOR MONEY THEMA

WASSER WIR TSCHAFT

UNTERNEHMEN

Corine Mauch: Geld und Geist

Der Lauf des Wassers

stories AG: 30 Sekunden



IRNUHBAR LI K T

NEWS 4 Informatiktage 2016: IT-Fest für Jung und Alt 5 Powertage: Für eine sichere Energiezukunft 6–11 THEMA Manifesta 11: Die Arbeit neu erfinden 6 Hedwig Fijen: Zur Zukunft in Europa 10 Corine Mauch: Die Kulturpolitik der Stadt Zürich Die Hauptakteure der Manifesta in Zürich sind für ein­ mal nicht Künstler, Galerien und Museen, ­sondern Berufsleute in Zusammenarbeit mit Künstlern. Im Gespräch: Hedwig Fijen, ­Gründerin der Manifesta und Corine Mauch, ­Zürcher Stadt­ präsidentin.

WASSERWIRTSCHAFT 12 Wasserbau: Der Lauf des Wassers 14 Gewässerschutz: Sorge ums Wasser UNTERNEHMEN 16 Stämpfli Racing Boats AG: Temporeicher Gleiter 18 stories AG: Die 30 Sekunden-Story 22 happyshops Group AG: Im Wachstumsschub

AKTUELL 24 NEAT: Das Schweizer Südtor

WIRTSCHAFT 25 Klimastiftung Schweiz: KMU im Sparmodus

ZÜRCHER PIONIERE

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26 Fritz Fischer: Neues Format

KULTUR 28 Musée Visionnaire: Plattform für Aussenseiter 30 Jolanda Ellenberger: ­Scheuklappen ablegen

BUSINESSLUNCH 33 Cave Valaisanne: Eine Walliser Enklave

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RECHT 34 Markenrecht: «Schweiz» besser geschützt 35 Besteuerung von Startups

NETZWERKE Bilder: Cover und oben: Livio Baumgartner Visualisierung (o.r.): zVg, Manifesta 11, ETH Studio Emerson Stämpfli Racing Boats AG, zVg (r.M.) stories AG, zVg (r.u.)

36 ZHK: Migrationspolitik auf dem Prüfstand 37 VZH: Arbeitsverhältnis gegen jede Regel 38 ZÜRICH IM BILD

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IMPRESSUM ZÜRCHER KMU – Das Zürcher Unternehmer-Magazin erscheint im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Zürcherstrasse 20, 8952 Schlieren, Zürich, Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, print@zürcherkmu.ch  HERAUSGEBER Remo Kuhn, kuhn@unternehmerzeitung.ch  REDAKTION  Dominique Lieb, lieb@swissnews.ch; Anouk Arbenz, arbenz@swissnews.ch; Peter Blattner, blattner@unternehmerzeitung; Delia Bachmann, bachmann@swissnews.ch; Silvan Buholzer, buholzer@swissnews.ch  MARKETING  Felix Keller, keller@unternehmer­zeitung.ch  MITARBEIT AN DIESER AUSGABE  Nicolas Facincani, Julia Gschwend, Christine Kern, Matej Mikusik, Pius Niederhauser, Regine Sauter, Klimastiftung Schweiz, Hans Strittmatter  LAYOUT & PRODUKTION  Bruno Strupler, strupler@swissnews.ch; Silvan Buholzer, buholzer@swissnews.ch  DRUCK  Stämpfli AG, Wölfli­strasse 1, 3001 Bern  NACHDRUCK  Mit ­schriftlicher Genehmigung des Verlags und detaillierter Quellenangabe ©Unternehmer­zeitung /SWISS BUSINESSPRESS SA; Ep: Fr. 6.– , Abo: Fr. 30.–TEXT- UND BILDMATERIAL  Für unverlangt eingesandtes Text- und Bild­material wird keine Haftung übernommen. Im Verlag SWISS BUSINESSPRESS erscheinen ausserdem: UNTERNEHMERZEITUNG – Fachblatt der Firmeninhaber und -Inhaberinnen in der Deutschschweiz

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NEWS

IT-Fest für Jung und Alt I N F O R M AT I K TA G E 2 0 1 6   Die Informatikbranche beschäftigt in der Schweiz rund fünf Prozent aller Arbeit-

nehmenden – Tendenz steigend. Um uns Berufe und Trends in der Informa­tionstechnologie näher zu bringen, öffnen 70 Unternehmen und Institutionen am 3. und 4. Juni ihre Türen.

ÜBER 200 VERANSTALTUNGEN Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist ­kostenlos. Es empfiehlt sich jedoch eine ­frühzeitige Planung des individuellen ­Programms, da einige Veranstaltungen eine Anmeldefrist s­ etzen und die Teilnehmeranzahl teilweise beschränkt ist. Das komplette Programm ist ­online verfügbar unter: www.informatiktage.ch

Premium Partner der Informatiktage 2016: Accenture, Comerge, EB Zürich, Elca I­nformatik, Ergon Informatik, ETH Zürich, ­Digicomp A ­ cademy, Hewlett Packard, IBM, Kanton ­Zürich, Microsoft, Stadt Zürich, ­Swisscom, Tamedia und Zürcher ­Kantonalbank.

Wer arbeitet in der IT-Branche und in welchen Berufen? Welches sind aktuelle Themen und Trends? Antworten dazu gibt es an den Informatiktagen.

TEXT ANOUK ARBENZ

Zum ersten Mal im Kanton Zürich laden Informatikunternehmen und Anwenderfirmen sowie Bil­ d ungsund Forschungsinstitu­tionen Kinder, Jugendliche, Familien, Studenten, Absolventen und interessierte Erwachsene auf eine Entdeckungsreise in die Informatikwelt ein. Das Angebot umfasst mehr als 200 Veranstaltungen, Workshops und weitere Aktivitäten wie Parcours, Referate und Besichtigungen. Förderung des Wirtschaftsstandortes Der Anlass bietet Unternehmen die Chance, einen Draht zu potentiellen Arbeitnehmenden zu spannen, diese wiederum gewinnen einen wertvollen Einblick in die häufig undurchsichtige IT-Welt. Gerade für junge Frauen, die

ÜBER E ZÜRICH Um den ICT-Standort Zürich voranzubringen, wurde die Plattform eZürich lanciert, die aus den eZürich-Aktivitäten der Stadt Zürich in den Jahren 2010 bis 2014 hervorgegangen ist. Seit Mitte 2014 steht die Plattform unter Schirmherrschaft von Stadt und Kanton. Weitere Informationen zum ICT-Kooperationsnetzwerk unter: www.ezuerich.ch

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Informatikberufen tendenziell eher ablehnend gegenüberstehen, ist es eine Möglichkeit herauszufinden, ob ein Beruf in der IT-Welt nicht doch eine spannende Option wäre. Neben der Förderung junger Talente trägt der Austragungsort des Anlasses in Zürich auch zur Standortförderung bei: «Die ICT-Industrie ist ein wichtiger Wachstumstreiber für die Zürcher Wirtschaft und (...) bietet uns die Chance, führender Standort für digitale Innovationen zu werden», kommentiert etwa Carmen Walker Späh, Regierungsrätin und Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich, die anstehenden Informatiktage. Ähnlich sieht dies Stadtrat und Finanzvorsteher Daniel Leupi: «Um als wichtiger IT-Standort am Puls der Innovationen zu bleiben, sind wir auch in Zukunft auf viele gut ausgebildete, motivierte Informatiker angewiesen.» Um dies sicherzustellen, brauche es solche Anlässe wie die Informatiktage, die Lust machen auf eine «faszinierende und kreative Branche». Ameisendressur und Popcorn-­ Programmieren Die Veranstaltungen drehen sich unter ­a nderem um das Thema Sicherheit

im digitalen Zeitalter, Berufsprofile der Zukunft, Datenmanagement, Trends und neue Tech­no­logien, die im Showroom vorgeführt werden. Die angebotenen Workshops und Referate sind vielfältig: Von Kursen wie «Lernen, eine Webseite zu programmieren», «das Innenleben eines Laptops entdecken», über «Mit dem ERZ-Roboter in den Untergrund» zu Internet-of-Things Workshops und ­U sability-Tests ist sicher für jeden etwas dabei. Jugendliche haben zudem die ­Möglichkeit, ein Bewerbungsparcours zu durchlaufen und sich wertvolle Tipps zu holen. Im Programm aufgeführt ist auch ein Referat des CTOs von Doodle, Spryros ­Giannakakis, und ein Kurzreferat zur Frage: «Was passiert beim Aufruf einer Webseite?» Spass werden die Jungen sicherlich auch am wiederbelebten «Furby» von IBM haben, der angeblich sprechen, singen, Gefühle zeigen, Tweets lesen und mit den Besuchern ­interagieren kann. Exotische Veranstaltungen wie die «Ameisendressur», das «Popcorn-Programmieren» und das Spielen von 1980er­-Jahre-Computerspiele machen neugierig und bieten einen guten Mix aus Unterhaltung und Wissens­transfer.


NEWS

Die Impulsgeber

Die gut etablierten Powertage bewegen sich nah am Markt, was sich auch im Angebot der Aussteller widerspiegelt.

sind für innovative Lösungen und eine sichere Energiezukunft unabdingbar. Die Powertage

Bild: zVg

P O W E R TA G E Der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Markt, Politik und Technik

­finden vom Dienstag 31. Mai bis Donnerstag 2. Juni in der Messe Zürich zum siebten Mal statt.

TEXT CHRISTINE KERN

Das erfolgreiche Veranstaltungskonzept wird vom Bundesamt für Energie (BFE) sowie von namhaften Branchenverbänden unterstützt. Dazu zählen der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Electrosuisse (Verband für Elektro-, Energie- und Informationstechnik), die Energietechnische Gesellschaft (ETG), der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband (SWV) sowie der Verein Smart Grid Industrie Schweiz (swissmig), der sich für die Interessen der Schweizer Anbieter von Technologielösungen für intelligente Netze und Systeme einsetzt. Elektrisierendes Forumsprogramm Die Schlüsselthemen wie zentrale und dezentrale Energieerzeugung, erneuerbare Energien und die Konvergenz der Energienetze beeinflussen die Inhalte im Powertage Forum. Jeweils am Vormittag referieren Spezialisten aus der Energiewirtschaft, den Bundesbehörden und der Politik zum aktuellen Programmpunkt: Dezentrale Stromproduktion (31. Mai) Unter dem Patronat der Electro­suisse und der Energietechnischen Gesellschaft steht am Dienstag «die Integration der dezentralen Stromproduktion ins Netz» im Zentrum. Michael Koller, Fachspezialist Energiespeicher der Elektrizitätswerke Kanton Zürich, gibt seine Praxiserfahrung aus dem EKZ Smart Grid Labor weiter. Um Power-to-Gas

durch Elektrolyse geht es im Vortrag von Dirk Schönberger, Vertriebsleiter Hydrogen Solutions bei Siemens. Die Fachspezialisten im Bereich Schutz bei der BKW, Florian Romanens und Matthias Dietrich, präsentieren konkrete Umsetzungsprojekte. Zum Schluss er­klärt Michael Staudinger, Geschäftsführer Marktregion Schweiz bei Landis+Gyr, wie kosteneffizientes Monitoring und Steuern von Verteilnetzen funktionieren kann. Neue Energiewelt (1. Mai)  Der Mittwoch steht unter dem Vorsitz des Ver­bandes Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Die «neue Energiewelt» muss als Gesamtenergiesystem verstan­den und betrachtet werden, findet Michael Frank, Direktor der VSE. Er fokussiert die vier Trends ­Digitalisierung, Dezentralisierung, Konvergenz der Netze sowie Eigen­verbrauch. Wohin die Reise für die Energie­branche geht, weiss Dr. Wal­ ter Steinmann, Direktor Bundesamt für Energie BFE. Er thematisiert die Energiepolitik in Zeiten des Umbruchs, zieht das Fazit der Beratungen zur Energiestrategie 2050 und definiert die nächsten Schritte. Der Umbau des Energiesystems stellt die Schweizer Energieversorgungsunternehmen vor grosse Herausforderungen. Dr. Felix R. Graf, CEO der CKW, beantwortet die wesentlichen Fragen. Marcel Morf, Leiter Geschäftsbereich Grossprojekte & Speziallösungen bei Alpiq InTec Management gibt ­Einblick in dezentrale Energiesysteme, deren Leistungsfähigkeit und zeigt auf, welche

Möglichkeiten und neue Geschäftsfelder sich durch diesen Trend eröffnen. Wasserkraft (2. Mai)  Die Wasserkraft braucht gute, klare und langfristige Rah­­menbedingungen. Christian Dupraz, Leiter Wasserkraft beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Ener­gie und Kommunikation UVEK, beleuchtet am Donnerstag die aktuelle Situation. Die Rolle der Wasserkraft in einem künftigen Energiesystem analysiert Rolf Wüstenhagen, Professor für Management Erneuerbare Energien an der Universität St. Gallen. Mit den Trends im Energiehandel und deren Auswirkungen auf die Wasserkraft beschäftigt sich Dr. Urs Springer, Head of Trading & Origination bei BKW E ­ nergie. Einen Blick in die Zukunft aus Sicht des Netzbetreibers wagt Dr. Jörg Spicker, Leiter Market Operations bei Swissgrid. Nah am Markt Die Neuheiten, Produkte und Dienstleistungen, welche vorgestellt werden, dürften insbesondere Fachpersonen von Energieversorgungsunternehmen sowie Verantwortlichen in der Strombeschaffung von Grossabnehmern und der öffentlichen Hand konkrete Lösungen aufzeigen. Die namhaften Branchenver­ treter, u.a. ABB Schweiz, Alpiq, Axpo, BKW, EKZ, Landis+Gyr und Siemens, freuen sich auf den intensiven Austausch. info@powertage.ch www.powertage.ch

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THEMA

Die Arbeit neu erfinden M A N I F E S TA 1 1 Alle zwei Jahre findet die europäische Wanderausstellung für zeitgenössische Kunst an einem

neuen Standort statt. Dieses Jahr ist sie in Zürich zu Gast. Neben der Biennale in Venedig und der D ­ okumenta in Kassel gehört sie zu den bedeutendsten Kunst-Veranstaltungen in Europa.

INTERVIEW DOMINIQUE LIEB

Mehr als 2.5 Millionen Besucher haben die zehn Manifesta-Ausstellungen in den vergangenen zwanzig Jahren besucht. Die Hauptakteure der Manifesta in Zürich sind für einmal nicht Künstler, Galerien und Museen, sondern Berufsleute in Zusammenarbeit mit Künstlern. Vom 11. Juni bis zum 18. September 2016 zeigen die Künstler und ihre Gastgeber in Zürich ihre Werke. Mit ihrem spartenübergreifenden Konzept macht die Manifesta ein mögliches Arbeitsmodell der Zukunft gleich selber vor. Hedwig Fijen ist geschäftsführende Direktorin

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der Manifesta-Stiftung. Wir haben uns mit ihr über ihre Arbeit unterhalten. Was ist die Idee hinter der Manifesta? Hedwig Fijen  Mit unseren Ausstellungen mobilisieren wir Menschen, um über unsere Zukunft in Europa nachzudenken. Bei der Manifesta in Gent 2012 war das Thema die ökonomische Krise, in St. Petersburg 2014 war das Thema Postkommunismus – das war eine umstrittene Ausstellung.

Wie arbeiten Sie hier in Zürich? In Zürich wird man oft gefragt: Was arbeitest du? Unser Kurator Christian Jakowsky hat das aufgegriffen und das Motto für die Ausstellung geprägt: «What People do for Money – Some Joint-Ventures». Er hat eine lange Liste mit Berufen zusammengestellt, die als Gastgeber in Frage kommen. Aus dieser Liste haben sich die 35 ein­geladenen Künstler ihren Lieblingsberuf ausgewählt und die Arbeitsverhältnisse hier in Zürich ausgekundschaftet. Wir haben auch Kin-


M A N I F E S TA

Der «Pavillon of Reflections» ist eine Badeinsel auf dem See beim ­Bellevue. Er wurde von Ingenieurstudenten der ETH Zürich ­realisiert. Visualisierung: zVg, Manifesta 11, ETH Studio Emerson

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THEMA

der eingeladen, die als Detektive mit der Kamera die Manifesta begleiten und Fragen stellen. Im Auftrag des Künstlers Mike Bouchet sammelt das Klärwerk Werdhölzli «Human Business» für ein Kunstwerk. Welche Erkenntnisse kann man daraus gewinnen? Die Kunst kann uns einen Hinweis darauf geben, was wir in Zukunft zu tun haben. Wir wissen, dass sich unsere Arbeitswelt in der vierten industriellen Revolution befindet, die Roboter, Digitale Kommunikation und Automatisierung mit sich bringt. Wir können nicht sicher sein, ob es in 20 Jahren Arbeit, wie wir sie kennen, überhaupt noch gibt. Gleichzeitig produziert unsere Gesellschaft grosse Mengen Abfall. Mike Bouchet verwendet die Schlacke aus der Kläranlage für eine Skulptur und überlegt sich, wie man unseren Abfall in einen nachhaltigen Kreislauf bringt. Mike Bouchet ist auch Parfumspezialist und experimentiert mit Gerüchen. Wo werden die Arbeiten ausgestellt? Viele Arbeiten werden am Ort ihres Entstehens zu sehen sein: Zusätzlich haben wir vier Ausstellungsplattfomen eigerichtet: Der «Pavillon of Reflections» ist eine Badeinsel auf dem See beim Bellevue, den wir zusammen mit ­Ingenieurstudenten von der ETH Zürich realisiert haben. Dort werden die Filme von Kindern und Studenten gezeigt, die zusammen mit der ZHdK produziert wurden. Das Cabaret Voltaire wird zum Zunfthaus für Künstler, das Innere wird Umgebaut zu einem Bürogebäude mit einer offenen Bühne. Wer der Zunft der Künstler beitreten will, muss eine Performance abliefern. Dann haben wir eine Ausstellung im Helmhaus und im Löwenbräu-Areal, wo gezeigt wird, wie die Arbeit in der Kunst repräsentiert wird. Daran sind auch viele lokale Künstler beteiligt. Wieviel kostet der Eintritt für die Insel? Sechs Franken. Dafür kann man auch schwimmen, etwas essen und sich die Filme anschauen. Wie haben Sie in so kurzer Zeit die ETH Zürich, die Kantonspolizei, die EKZ und viele andere Gastgeber zur Mitarbeit ­bewegen können? Für die Manifesta-Organisation haben wir 1993 in Amsterdam eine Stiftung gegründet. Dort arbeitet eine Kerngruppe von zehn Leuten, die sich einen Researchplan für die betreffende Stadt ausdenkt. Diese Leute haben bereits an Biennalen mitgearbeitet und wissen genau, was in den verschiedenen Departementen passiert: Das Business-, Fundraising-, Produktions- und das Marketingdepartement. Eine Vermittlungsabteilung ist mit den Schulen und Universitäten in Kontakt. Diese Leute kommen nach Zürich und bilden ein Netzwerk mit den Koordinatoren der Gaststadt. Für eine Manifesta planen wir etwa sechs Jahre im Voraus. Die interessierten Städte können eine Offerte machen und wir treffen dann

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eine Auswahl. Wir haben keine Museen und keine Sammlung. Das Wissen haben wir in den Köpfen der Leute aus der internationalen Kunstwelt, die das Projekt organisieren. Wenn wir in eine Stadt kommen, machen wir als erstes Nachforschungen und installieren eine ­Steuergruppe für den Verein. In Zürich arbeiten wir unter anderem mit Peter Haerle von der Präsidialabteilung zusammen. Vier mal pro Jahr hat die Stiftung eine Sitzung mit allen Stiftungsmitgliedern, in der es darum geht, Sponsoren zu finden. Ein wichtiger ­Sponsor in Zürich ist für uns die EKZ, sie war sehr interessiert am Pavillon auf dem See. Julius Bär ist unser Partner und das Kutlurengagement Migros ist Partner der Vermittlungsabteilung. Auch die Pro Helvetia unterstützt uns. Zürich Tourismus sowie der Strassenbau und Transport arbeiten ebenfalls mit uns zusammen. Die Stadt sorgt dafür, dass wir die Bewilligungen für die Arbeiten im ­öffentlichen Raum bekommen.

« W IR KÖNNEN VIEL LERNEN VON DER ­INDUSTRIE UND DER ­W IRTSCHAFT, UND VICE VERSA.» Hedwig Fijen, Gründerin der Manifesta und Leiterin der Manifesta 11

Wie denken Sie über gesponsorte Kunst nach? In den nördlichen Ländern wird die staatliche Unterstützung immer mehr reduziert. In manchen Ländern muss man 15 bis 20 Prozent mehr Sponsoring pro Jahr aufbringen. Deswegen sind Patrons und Freunde für uns sehr wichtig – ohne sie könnten wir unsere Projekte nicht r­ ealisieren. Wir sind nicht kommerziell, aber wir versuchen so viel wie möglich mit wirtschaftlichen Partner zu machen. Das ist ­interessant, nicht allein wegen der Finanzierung sondern auch, weil wir neue Erkenntnisse und Marketingtechniken in Erfahrung bringen können. Wir können viel lernen von der ­Industrie und der Wirtschaft, und vice versa. Was unterscheidet die Manifesta von ­anderen Kunstausstellungen? Das sind die Joint-Ventures, die Kollabora­ tionen. Was passiert, wenn ein Banker und ein Künstler zusammenkommen oder wenn ein Künstler mit der Feuerwehr arbeitet: Die Aufgabe der Künstler ist es, zu zeigen, wie Arbeit aussehen könnte. Die Schweiz ist das erste Land, das über ein bedingungsloses Grund­ einkommen abstimmt. Vielleicht haben wir alle in 20 Jahren ein Basisgehalt und ich entscheide mich, ob ich für dieses Geld für meine Mutter sorge oder bei einer Bank arbeite. Also weg von der Profitökonomie hin zur Sinn­ökonomie. Man muss nicht mehr arbeiten, um sich seine Existenz zu sichern? Man hat festgestellt, dass in England und in den USA der Mittelstand verschwindet. Wenn die Gemeinschaft auseinanderfällt, weil keine Mittelklasse existiert, die die Steuern bezahlt, dann gibt es einen Aufstand. Solche Fragen beschäftigen uns alle und die Wirtschaft muss sich etwas einfallen lassen. Wirtschaft und Kultur bilden eine gute Symbiose, wenn man über den Sinn der Arbeit nachdenken will.

Bild: Livio Baumgartner


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« G ELD UND GEIST – DER WIRTSCHAFTSSTANDORT UND DIE KULTURSTADT SIND IN ZÜRICH ENG VERBANDELT.» Corine Mauch, Zürcher Stadtpräsidentin

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THEMA

Geld und Geist

K U LT U R P O L I T I K   Eine der Kernaufgaben der Stadtpräsidentin ist das kulturpolitische Engagement.

Corine Mauch hat sich für die elfte Ausgabe der internationalen Kunstausstellung Manifesta in Zürich eingesetzt.

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Das bestätigt in Bezug auf Zürich ein Vorurteil. Das Thema Berufswelt fanden wir spannend für das Projekt. Die Kunstschaffenden kommen nach Zürich und arbeiten mit verschiedenen Berufsleuten – auch aus städtischen Einrichtungen – zusammen. Die Künstlerinnen und Künstler halten uns einen Spiegel vor und in diesem Spiegel werden nicht nur schöne Sachen und nicht nur die Postkartenansichten von Zürich zu sehen sein.

Sie haben sich erfolgreich als Gastgeberin für die Manifesta beworben. Haben wir nicht genug eigene Kulturaktivitäten? Die Manifesta ist eine wandernde Biennale, die in Europa immer wieder den Standort wechselt. Dahinter steht eine Stiftung, die den ganzen Prozess abwickelt, zusammen mit den Verant-

Was ist Ihnen wichtiger: Repräsentative oder innovative Kultur? Man kann das Schauspielhaus nicht mit einer freien Theatergruppe vergleichen. Eine lebendige Kulturstadt braucht beides – etablierte Häuser und eine starke freie Szene. Die Unter-

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KULTURAUSGABEN DER STADT ZÜRICH 159,5

161,3

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180 2,0 % 156,4

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150 1,8 %

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96,2

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59,1

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90 1,4 % 60,2

Wozu brauchen wir Kulturförderung? Stellen wir uns Zürich ohne Kultur vor. Das wäre eine ganz andere Stadt. Kultur ist nicht der Schlagrahm auf dem Kuchen, sondern eher die Hefe im Teig. Kultur kann interessante Debatten auslösen und regt zum Nachdenken an. Sie trägt ganz wesentlich zur Lebendigkeit und zur Attraktivität einer Stadt wie Zürich bei. Kulturförderung ist auch eine Staatsaufgabe, die in der Bundesverfassung wie auch in der kommunalen Verfassung mit einem Kulturförderungsartikel verankert ist. Aus den Bevölkerungsbefragungen wissen wir, dass unser Kulturangebot enorm geschätzt wird, es erreicht jeweils fast das Maximum an Punkten – nur der öffentliche Verkehr erhält noch bessere Noten. Das kulturelle Angebot spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Menschen nach Zürich zu locken. Das kulturelle Leben fördert auch das gute gesellschaftliche Zusammenleben. Nicht zuletzt ist Kultur ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft. In einer Studie der Bank Bär wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kulturförderung

Entsprechend der Frage vom Huhn und dem Ei: Was kommt zuerst, die Kultur oder die Wirtschaft? Man kann es nicht trennen. Die Wirtschaft spielt für viele Kulturinstitutionen eine wichtige Rolle als Sponsorin. Umgekehrt fördert die Kultur den Wirtschaftsstandort. Es besteht eine wechselseitige Abhängigkeit: Geld und Geist – der Wirtschaftsstandort und die Kulturstadt sind in Zürich eng verbandelt.

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Frau Mauch, wie würden Sie die ­Eigenheiten der Zürcher Kulturlandschaft beschreiben? Corine Mauch  Die Zürcher Kulturlandschaft ist vielseitig und präsentiert ein qualitativ hochstehendes Angebot. Auf der einen Seite haben wir die grossen Institutionen: Das Schauspielhaus, das Kunsthaus, die Tonhalle oder auch das vom Kanton unterstützte Opernhaus, die eine internationale Ausstrahlung haben und sich mit ihrem Angebot international messen müssen. Auf der anderen Seite haben wir die Kultur-KMU, die OFF-Spaces, kleine Galerien, und eine freie Szene, die sehr lebendig ist. Also bieten wir das ganze Spektrum. Von lokalen bis zu international ausgerichteten Projekten in allen Sparten.

wortlichen des Stadtortes. Die Zürcher Manifesta geht als Kunstausstellung ganz besonders auf unsere lokalen Verhältnisse ein. Uns war es ein Anliegen, dass mit dieser Ausstellung eine breite Bevölkerung angesprochen wird. Der Kurator Christian Jankowsky hat das mit dem Motto: «What People do for Money» auf den Punkt gebracht. Das passt zu einer fleissigen und geschäftigen Stadt wie Zürich.

59,2

Die internationale Kunstbiennale 2016 findet vom Juni bis September im Grossraum Zürich statt. Ein Grund, warum Zürich für den diesjährigen Standort gewählt wurde, ist, dass die Stadt Künstlern und Revolutionären immer wieder Asyl gewährt hat. Stadtpräsidentin Corine Mauch gibt uns Auskunft darüber, warum Kultur und Offenheit wichtig ist für Zürich.

untersucht und mit Zahlen belegt. So beträgt die Bruttowertschöpfung durch die städtisch unterstützten Kultureinrichtungen über 200 Millionen Franken und sie bieten mindestens 1 360 Vollzeitstellen. Auch das lokale Gewerbe und die Restaurants profitieren von den 1.3 Millionen Gästen, die die Stadt jedes Jahr wegen der Kultur besuchen. Der damit verbundene Konsum beträgt über 120 Millionen Franken.

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INTERVIEW DOMINIQUE LIEB

60 1,2 % 30 1,0 %

0 0,8 % Mio.  Fr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Bruttokulturaufwand in Mio. Fr. Einnahmen und Beiträge in Mio. Fr. Nettokulturauwand in Mio. Fr. Nettokulturaufwand in % des städtischen Gesamtaufwandes Grafikquelle: zVg, Stadt Zürich Präsidialdepartement, Kulturleitbild 2016 – 2019


Alle unsere Leser profitieren noch bis Ende Mai ­exklusiv von 30 Prozent Rabatt auf das Ein-Tagesticket und auf das Drei-Tagesticket. Der umfassende Kurzführer zur Ausstellung kann ebenfalls dazu gekauft werden: www. manifesta11.org/ticket Nutzen Sie Ihren Promotionscode: DAFE6176. Mehr Wissenswertes zur europäischen Biennale für ­zeitgenössische Kunst finden Sie auf der Webseite.

Paulina Olowska im Löwenbräukunst. Foto: zVg, Manifesta 11, Paulina Olowska (The Tychy Plant, 2013, Oil and collage on canvas)

Mike Bouchet im Löwenbräukunst und in der Kläranlage Werdhölzli. Foto: zVg, Manifesta11, (Schlacke aus der Kläranlage für eine Skulptur)

Michel Houellebeq im Helmhaus und in der Klinik Hirslanden. Foto: zVg, Manifesta 11

Mark Leckey im Löwenbräukunst. Foto: zVg, Manifesta 11 (Degradations, 2015, Digitalanimation, colour. Courtesy the Artist and Cabinet, London)

stützung der grossen Institutionen ist direkt­ demokratisch legitimiert. Bei den Volksab­ stimmungen zur Kunsthauserweiterung, dem Cabaret Voltaire oder dem Erweiterungsbau beim Landesmuseum, hat die Zürcher Bevöl­ kerung die Kulturpolitik der Stadt gestützt. Die stärkere Unterstützung der freien Szene war ein Schwerpunkt unseres letzten Kulturleitbilds. Bei den freien Gruppen haben wir zusammen mit Pro Helvetia sogenannte Rahmenverein­ barungen festgelegt. Diese wurden für Gruppen erarbeitet, die keine fixe Bühne haben, die aber erfolgreich sind und eine gewisse Kontinuität brauchen. Damit sie mit einem längerfristi­ gen Zeitfenster arbeiten können, haben wir für sie die mehrjährigen Förderungsverträge geschaffen. Zur Unterstützung der freien Szene vergeben wir auch neun Werkjahr-Beiträge im Umfang von jeweils 48 000 Franken für Kunst­ schaffende mit spannenden Projekten, damit Künstlerinnen und Künstler konzentriert über eine gewisse Zeit an einem Werk arbeiten ­können. Fördern Sie auch die Kultur-KMU? Für die Kultur-KMU ist die Zürcher Hoch­

m11.manifesta.org/de www.facebook.com/manifestabiennial Parallel-Events zur Hauptausstellung in Zürich und ­Winter­thur: www.m11parallelevents.ch

Matyáš Chocholas im Löwenbräukunst und im Thaibox Muay Thai Studio, Winterthur. Foto: zVg, Manifesta 11

schule der Künste ZHdK ganz wichtig. Da wer­ den junge Leute ausgebildet, welche auch ein ­Auskommen haben wollen von dem, was sie gelernt haben. Es ist auch der ZHdK bewusst, dass sie Leute ausbilden, die sich später auf dem Markt bewähren müssen. Die Fördermit­ tel sind beschränkt, auch aus finanzpolitischen Gründen. Die ZHdK hat das Thema daher in ihrem Ausbildungsgang aufgenommen. Stu­ dierende, die eine künstlerische Ausbildung machen, sollen auch ein Businessmodell zu ihrer Idee entwickeln können, mit dem sie spä­ ter ihre Existenz sichern können. Die Künstle­ rinnen und Künstler lernen so von Beginn an, auch unternehmerisch zu denken. Auf welche kulturellen Projekte sind Sie besonders stolz? Das sind sicher die beiden Highlights in diesem Jahr: Das Dada-Jubiläum, das rundum sehr gut ankam, und die Manifesta, die ein einmaliges Kunstereignis wird. Dann haben wir mit einem Beschluss des Gemeinderats die Filmförde­ rung aufstocken können. Die Filmstiftung, die wir vor zehn Jahren gegründet haben, hat tat­ sächlich zu einer starken Belebung der Films­

zene und der Filmwirtschaft in Zürich geführt. Die Mittel für die Filmförderung wurden mar­ kant aufgestockt. Die Schweiz hat schon immer viel k ­ ulturelle Anregung von auswärts erhalten, man denke an Dada und jetzt aktuell die ­Manifesta. Ist das ein Besondernheit der Schweizer Kultur? Was für Zürich wichtig ist, gilt auch für die Schweiz: Wir waren sehr oft in unserer Geschichte ein Zufluchtsort für Kreative aus der ganzen Welt. Die Schweiz war ein Ort, wo sie Sicherheit gefunden haben. Viele Dadais­ tinnen und Dadaisten waren Flüchtlinge, auf der Schauspielhausbühne traten politische ­Flüchtlinge auf. Davon haben wir immer pro­ fitiert, weil diese Menschen auch einen Bei­ trag zur Weiterentwickung der Stadt geleistet haben. Denken sie nur an unsere erste Schwei­ zerin, die den deutschen Buchpreis gewonnen hat: Melinda Nadj Abonji ist eine Zugewan­ derte. Es ist eine Eigenart und eine Qualität der Schweizer Kultur, dass sie offen ist für Einflüsse von aussen. Das macht Zürich viel­ fältiger und farbiger.

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M A N I F E S TA

TAGESTICKETS FÜR KMU


WASSER WIR TSCHAFT

Der Lauf des Wassers W A S S E R B A U   Wie der Mensch punktuell in das natürliche Wasserabflusssystem

­eingreift, damit das Wasser möglichst gefahrlos aus den Bergen in die Seen und grossen Flüsse abfliesst.

TEXT DOMINIQUE LIEB

Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, dann sollte man den Kopf nicht hängen lassen. Die Abteilung Wasserbau in Zürich beaufsichtigt Seen, Flüssen und Bäche im Kanton. Abteilungsleiter Gerhard Stutz erklärt, wie Schutzmassnahmen gegen Hochwasser umgesetzt werden, wie Wasser die Lebensräume beeinflusst und das kostbare Gut naturgerecht und haushälterisch genutzt werden kann. Das Zürcher Moor Im unteren Seebecken bei der Quaibrücke, vier bis sechs Meter unter Wasser, liegt ein Unesco-Weltkulturerbe. Hier lebten bereits vor 5000 Jahren die ersten ZürcherInnen in einem Sumpfgebiet und bauten dafür Häuser auf Pfählen. Wasser als Lebensressource zog die Menschen an und schon früh gab es rund um den Zürichsee Pfahlbausiedlungen. Flüsse und Seen boten Nahrung und eigneten sich für den Transport von Gütern. Die Linthkorrektion von 1807 bis 1816 war ein Schlüsselereignis für die Entstehung der modernen Schweiz. Damit wollte man Überschwemmungen vorbeugen und die Sumpfgebiete rund um den Zürichsee austrocknen, um sie für den intensiven Landbau zu erschliessen. Der Wildbach wird gezähmt Die Linth liefert fast zwei Drittel des Wassers, das in den Zürichsee fliesst.

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Der ehemalige Wildfluss aus dem Glar­nerland mündete früher mit seinen unberechenbaren Wassermengen unmittelbar in den Zürichsee. Die Korrektion leitete die Linth vom Glarnerland über den Escherkanal in den Walensee. Dort werden die Wassermengen zurückgehalten und der See wird zu einem Pufferbecken für Hochwasser. Aus dem Walensee fliesst das Wasser durch den Linthkanal weiter in den Zürichsee. Gleichzeitig mit der Linthkorrektion erhielt die Limmat ein Wehr für die Regulierung des Wasserstands des Zürichsees. Bis in die 1940er-Jahre wurde der Abfluss aus dem See beim Platzspitz mit einem Nadelwehr von Hand reguliert. Seither ist das Zürichseewehr mechanisch und hat heute drei separate Wehrfelder, die alle der Wasserzuleitung zum Kraftwerk Letten dienen. Zwei dieser Wehre regulieren zudem den Wasserstand des Zürichsees. Aus den weiteren Wehren flussabwärts wird das Wasser einzig für die Stromgewinnung abgezweigt. Die Energiegewinnung beim Lettenwehr ist also ein praktischer Nebeneffekt der Wasserregulierung, von dem primär die Stadt Zürich profitiert. Wenn bei Trockenheit die Zuflüsse zum Zürichsee weniger Wasser führen, muss auch der Seeausfluss gedrosselt werden. Dabei kann es vorkommen, dass in einem weiteren Schritt die Wassermenge für die Wasserkraftnutzung reduziert wer-

den muss. Mindestens 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde braucht es, damit die Fische in der ­Limmat überleben können. Seit bald 30 Jahren werden die Wehre nach und nach mit Fischtreppen und die Kraftwerke mit speziellen Turbinen a ­ usgestattet, damit die Fische flussaufwärts in ihre Laichgründe und wieder zurück ins Meer schwimmen können. Unterbrochene Lebensader Bei Wasserbau- oder Kraftwerkprojekten sind immer auch der Naturschutz und die Fischerei involviert, denn ein Wasserkraftwerk ist ein massiver Eingriff in die Natur. Fliessgewässer in naturnahmen Zustand bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Hier gedeiht die höchste Ar­tenvielfalt – sie sind eigentliche Le­ bensadern der Landschaft. Ein Staudamm oder ein Wehr ist wie ein Querriegel, der den natürlichen Lauf dieser Lebensader stört. Gerhard Stutz: «Man ist zum Schluss gekommen, zumindest hier im Kanton Zürich, dass keine weiteren grossen Kraftwerke möglich sind – es hat auch fast keinen Patz mehr. Deshalb werden die bestehenden Anlagen nach und nach ausgebaut und ihre Leistung erhöht. Heute gibt es neue Turbinen und Generatoren, die mit weniger Wasser mehr Elektrizität produzieren. Auf diese Karte wird eher gesetzt als auf neue Kraftwerke.» Das Etzelwerk beim Sihlsee wird seit seiner Inbetriebnahme


Die Korrektion ­leitete die Linth vom Glarnerland über den Escherkanal in den Walensee. Dort werden die Wassermengen zurückgehalten und der See wird zu einem Pufferbecken für Hochwasser. Foto: swiss-image.ch, Max Schmid

von der SBB genutzt und deckt einen Grossteil des Strombedarfs der S-Bahnen in Zürich. Ein Katastrophenszenario besteht für einen allfälligen Bruch des Sihldamms. Die ausgelöste Flutwelle würde durch das Sihltal toben und könnte vor allem die Stadtteile links der Limmat, mehrere Meter tief unter Wasser setzen. Einzelne Gebäude könnten durch den Wasserdruck, die Unterspülung der Fundamente oder den Anprall schwimmender Trümmer einstürzen oder zumindest stark beschädigt werden. Den Probealarm für den Ernstfall hört man im Sihltal und in Zürich einmal im Jahr als an- und abschwellenden Heulton von einer Minute Dauer. Herr Stutz versichert aber, dass der Staudamm beim Sihlsee derart tief im Fels verankert ist, dass das Eintreffen dieses Katastrophenszenarios höchst unwahrscheinlich ist. Die Flut kommt mit dem Regen Um zu beurteilen, ob der Pegelstand der Seen reguliert werden muss, arbeitet die Abteilung Wasserbau eng mit dem ­Wetterprognosemodell des Bundes zusammen. Gestützt von Meteo Schweiz, wird anhand von Computersimulationen berechnet, welche Wassermengen zu erwarten sind. Ist starker Regen angesagt, kann der Sihlsee bereits fünf Tage im Voraus bis zu einen Meter abgesenkt werden, damit er die Wassermassen aufnehmen kann, ohne dass es zu Überschwemmungen kommt. Das-

selbe wird mit dem Zürichsee gemacht, um den Abfluss in die Limmat und weiter in die Aare zu regulieren. Gesamthaft hat sich die Niederschlagsmenge pro Jahr in den letzten Jahren nicht gross verändert. Allerdings stellt man zunehmend Schwankungen zwischen starken Niederschlägen und langen Trockenperioden fest, was auf die Klimaerwärmung zurückgeführt werden kann. Aus Aufzeichnungen und historischen Überlieferungen weiss man von sich wiederholenden Jahrhunderthochwasser wie dem Hochwasser von 1910, als die Sihl den Hauptbahnhof bis zum Platzspitz überflutete. Es können aber durchaus noch grössere, sogenannt 300-jährliche Hoch­ wasserereignisse geschehen. Ein grosser Teil der Wassermenge der Sihl wird bereits beim Sihlsee gesteuert. Auch beim Aare-Unterlauf gab es schon grosse Überflutungen, wie beispielsweise 2006, als die Aare bei Brugg über die Ufer trat. Damals konnte man das Wasser beim Zürichsee zurückhalten. Um solche Regulierungen vorzunehmen, werden Konferenzgespräche zwischen den Wasserbaubehörden der betroffenen Regionen geführt. Am Ende entscheidet der Bund, ob das Wehr geschlossen oder geöffnet wird. Um den Wasserstand von Seen und Flüssen zu überprüfen, haben Bund und Kantone landesweit Messstationen eingerichtet. Eine Pegelmessstation befindet sich für alle einsehbar am Zürichhorn.

Schwindende Gletscher Bisher war immer von zu viel Wasser die Rede. Kann es in der Schweiz auch einen Wassermangel geben? «Absolut», sagt Gerhard Stutz. Wie das Szenario im Detail aussieht, kann er aber nicht genau sagen. «Die Schweiz hat keine bedeutenden Rohstoffe, aber sie hat Wasser. Darum ist die Klimaerwärmung für uns ein Thema. Dank der Berge haben wir Gletscher, die das Wasser wie eine Batterie speichern. Dadurch haben wir einen stetigen Wasserzufluss, auch in niederschlagsarmen Perioden. Also wir sind hier noch in einer goldigen Lage. Aber irgendwann ist diese Batterie leer. Wenn die Eisschmelze so stark wird, dass die Gletscher verschwinden, dann bekommen auch wir ein Problem.» Die Gletscher sind auch ein Ausgleich für den Wasserhaushalt, denn starke Regenfälle kommen vor allem in den Bergregionen vor. Die Wolken bleiben oft in den Alpen hängen, wo sie sich dann in kurzer Zeit entleeren können. Im Winter kommt das Wasser in Form von Schnee, und die Gletscher wachsen wieder. Gäbe es keine Gletscher mehr, würde auch der Permafrost im Untergrund der Berge auftauen und damit die Bergflanken höchst anfällig gegen Erosion bei Starkniederschlägen. Grosse Wassermengen würden dann, vermengt mit Kies und Geröll, in die Täler als reissende Flüsse hinabfliessen. Raum für Artenvielfalt Mit der Kanalisierung wurden die Sümpfe entwässert. Die Seuchen sind verschwunden – zu Lasten der Natur. Ein Grossteil der Flüsse ist auch heute noch begradigt. Hier will man wieder etwas Gegensteuer geben. In den ­letzten Jahren wurden die V ­ erbauungen für die Kanalisierung entfernt und die Flüsse renaturiert. Damit bekommt der Wasser­lauf wieder ­unterschiedliche Strömungen und der Fluss bildet sich sein Bachbett mit der Zeit von selbst. Die Renaturierung der Bäche und Fluss­ufer reichern zudem das ­Grundwasser an und in den Flüssen entstehen ­M ikrolebewesen, welche die Schmutzteilchen im Wasser ­«auffressen» und damit den Selbstreinigungeffekt erhöhen. Die Gewässer entwickeln sich wieder zur Lebensader der Landschaft, die eine Artenvielfalt im Wasser und im U ­ ferbereich ermöglicht. ­­Revitalisierungen sind auch Bestandteil eines Hochwasserschutzkonzeptes, denn wenn man dem Wasser in einem breiten Flussbett mehr Raum gibt, erhöht sich dadurch auch die Sicherheit vor Hochwasser.

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WASSER WIR TSCHAFT

Sorge ums Wasser

Die Gewässer in der Region werden regelmässig durch das Gewässerschutzlabor des AWEL oder die Wasserversorgung der Stadt Zürich untersucht. Bild: zVg/AWEL

G E W Ä S S E R S C H U T Z   Bei langjährigen Messreihen für den Walensee, Obersee und Zürichsee werden eine

­einwandfreie Wasserqualität, aber auch höhere Temperaturen festgestellt. Eine besondere Herausforderung ­stellen Mikroverunreinigungen dar.

TEXT PIUS NIEDERHAUSER *

Das Wasser im Walensee, im Obersee und im Zürichsee ist von einwandfreier Qualität. Die Wassertemperaturen in den oberflächennahen Schichten steigen tendenziell. Dies zeigen die koordinierten Auswertungen der Messungen, welche die Wasserversorgung Zürich seit über 40 Jahren im Auftrag der Anliegerkantone Zürich, Schwyz, Glarus und St. Gallen vornimmt. Der Walensee und der Obersee sind die wichtigsten Wasserlieferanten für den Zürichsee, der wiederum für rund eine Million Menschen als Trinkwasserspeicher dient. Zur Qualitätssicherung untersucht die Wasserversorgung der Stadt Zürich (WVZ) deshalb ­regelmässig die Qualität der Seen. Die Anliegerkantone Zürich, Schwyz, Gla-

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rus und St.Gallen und das Elektrizitätswerk Lachen (SZ) beteiligen sich an den Untersuchungen. Ein gemeinsamer Bericht fasst die Ergebnisse der Messungen der vergangenen Jahrzehnte in allen drei Seen zusammen. Stabile Nährstoffverhältnisse Seit Mitte der Neunzigerjahre sind die Nährstoffverhältnisse in allen drei Seen stabil. Von Bedeutung ist dabei vor allem der Phosphorgehalt, der das Algenwachstum steuert. Er betrug in allen Seen anfangs der Siebzigerjahre noch ein Mehrfaches der heutigen Werte. Dank des Ausbaus der Siedlungsentwässerung und der Abwasserreinigung konnten die Phosphorgehalte gesenkt und trotz des erheblichen Bevölkerungswachstums auf tiefem Niveau gehalten werden. Im Walen-

see verringerte sich der Phosphoreintrag vor allem auch durch den Bau der ARA Glarnerland in Bilten Ende der Siebzigerjahre. Er gilt heute als sehr nährstoffarm, was seinem natürlichen Zustand entspricht. Die Einzugsgebiete des Obersees und vor allem des Zürichsees sind stärker genutzt und besiedelt, was sich in den Nährstoffeinträgen wiederspiegelt. In beiden Seen besteht ein mittleres Nährstoffangebot.

VERSCHÄRFTES GEWÄSSERSCHUTZGESETZ Um die Rückstände von Mikroverunreinigungen zu reduzieren, wurde 2014 das Gewässerschutzgesetz verschärft. In den nächsten zwanzig Jahren müssen schweizweit 100 von 700 Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe ergänzt werden. Im Kanton Zürich betrifft dies rund 40 der 90 kommunalen Abwasserreinigungsanlagen (ARA). Die Stadt Dübendorf hat mit einer Ozonierung diese Stufen bereits eingeführt.


AUS DEM AKTUELLEN BERICHT ZUR QUALITÄT DER ZÜRCHER GEWÄSSER Revitalisierung der Fliessgewässer Damit unsere Flüsse und Bäche eine natürliche Vielfalt an Tieren und Pflanzen aufweisen, braucht es nicht nur sauberes Wasser. Die Organismen im und am Wasser benötigen auch natürliche Abfluss- und Temperaturverhältnisse und einen natürlich strukturierten Lebensraum. Umgekehrt unterstützen naturnahe Gewässer die Selbstreinigungskraft des Wassers. Viele Bäche und Flüsse sind eingedolt, begradigt oder stark verbaut – in rund 45 Prozent der Gewässerabschnitte ist die Gewässerstruktur ungenügend. Die Revitalisierung von Gewässern, wie sie im revidierten Gewässerschutzgesetz vorgesehen ist, bleibt eine wichtige Aufgabe für mehrere Generationen. Sauerstoff für die Seen Bei den Seen wurden die Zonen mit ausreichender Sauerstoffversorgung für die Fische vergrössert. Die Qualität von Seewasser wird massgeblich durch Phosphor beeinflusst, welcher bestimmt, wie viele Algen im See wachsen können. Phosphor gelangt über gereinigtes Abwasser, Entlastungen aus

der Kanalisation und die Landwirtschaft in die Flüsse und Seen. In den letzten 15 Jahren sind die Phosphorkonzentrationen trotz besserer Abwasserreinigung und vermehrter biologischer oder integrierter Landwirtschaft nur noch langsam zurückgegangen oder haben stagniert, weil die Bevölkerung in den Einzugsgebieten vieler Seen stark zugenommen hat. Zu viel Phosphor weisen neben dem Greifensee verschiedene Kleinseen auf. Heute ist die Sauerstoffkonzentration in den meisten Seen noch weit von natürlichen Verhältnissen entfernt, und in allen Seen ist das Wasser in der Tiefe während mehrerer Monate sauerstofffrei. Dennoch hat sich die Situation etwas entspannt. Fischen und anderen Organismen stehen heute grössere Zonen mit ausreichender Sauerstoffversorgung zur Verfügung als es Mitte der 70er-Jahre der Fall war. Geschütztes Grundwasser Das Grundwasser weist eine gute Qualität für die Trinkwasserversorgung auf – Stickstoff und Mikroverunreinigungen müssen aber reduziert werden. Mit

Fangertrag im Walensee wie 1930 Die seit vielen Jahren stabile Nährstoffsituation zeigt sich auch beim Plankton und bei den Fischfangerträgen. Die Schwankungen können von Jahr zu Jahr aber gross sein. Im Obersee und im Zürichsee zusammen werden von Berufs- und Nichtberufsfischern pro Jahr zwischen gut 200 und 300 Tonnen Fische gefangen. Ein Abwärtstrend ist nicht ersichtlich. Am wenigsten Fische gibt der Walensee her. Hier sanken die Jahreserträge seit Mitte der Siebzigerjahre von über 60 Tonnen auf rund zehn Tonnen im Jahr 2008 – ein Fang, wie er letztmals in den Dreissigerjahren erzielt wurde. Seit 2008 sind die Fänge im Walensee nochmals deutlich gesunken, allerdings mit nur noch zwei statt drei aktiven Berufsfischern. Steigende Wassertemperaturen In den oberflächennahen Wasserschich­ ten ist ein leichter Aufwärtstrend der mittleren Temperatur feststellbar. Da­ durch ist die Temperaturschichtung stabiler und bleibt im Spätsommer zwei bis drei Wochen länger bestehen. Ausserdem führten vermehrt warme Winter in

rund 60 Prozent trägt das Grundwasser im Kanton Zürich massgeblich zur Trinkwasserversorgung bei. Als Teil des Wasserkreislaufs erfüllt das Grundwasser auch wichtige ökologische Funktionen (Erhalt von Feuchtgebieten, Sicherung der Wasserführung in Bächen bei Trockenheit). Grundwasser ist im Vergleich zu oberirdischen Gewässern besser vor Verunreinigungen geschützt, die durch den Menschen verursacht wurden. Durch die intensive Nutzung des Bodens im Kanton Zürich nimmt die Gefährdung aber zu. Dennoch weist das Grundwasser nach wie vor eine meist gute Qualität auf. Einige unerwünschte Stoffe bereiten allerdings Sorgen. Dazu gehört Nitrat, das aus stickstoffgedüngten Böden ausgewaschen wird. Besonders in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft oder dichter Besiedlung können auch organische Mikroverunreinigungen im Grundwasser nachgewiesen werden. Hier müssen in den kommenden Jahren Massnahmen getroffen werden, damit die gute Qualität des Trinkwassers auch künftig gewährleistet ist.

der jüngeren Vergangenheit jeweils zu einer unvollständigen Durchmischung des Seewassers. Die tiefen Schichten werden dann nicht ausreichend wieder mit Sau­­erstoff aufgefüllt. Dies wäre aber nötig, da der Abbau der absinkenden Algen in der Tiefe viel Sauerstoff ver­ braucht. Zu wenig Sauerstoff in der Tiefe Im Zürichsee bei Stäfa sinken die Sauerstoffwerte im Spätsommer in den tiefen Wasserschichten in der Regel unter den geforderten Wert von vier Milligramm pro Liter, steigen im Winter dann aber wieder an. Dasselbe gilt auch für die tiefste Stelle des Obersees bei Lachen, während an der tiefsten Stelle des Zürichsees bei Thalwil der ­Sauerstoffgehalt über Grund oft das ganze Jahr hindurch unter diesem Wert liegt. Wasserschichten mit schlechtem Sauerstoffgehalt schränken den Lebensraum der Fische ein und verzögern die Abbauprozesse von abgestorbenen Algen. Das viel nährstoffärmere Walenseewasser enthält während des ganzen Jahres und in jeder Tiefe ausreichend Sauerstoff.

Angepasste Aufbereitungsverfahren Aus dem Obersee und in grossem Umfang auch aus dem Zürichsee wird Seewasser zur Trinkwassergewinnung genutzt. Trotz ungünstiger Sauerstoffverhältnisse in der Tiefe, vor allem im Spätsommer, eignet sich das Wasser beider Seen gut zur Trinkwassergewinnung. Um aus Zürichseewasser ausgezeichnetes Trinkwasser herzustellen, muss aufgrund der höheren Belastung ein gewisser Mehraufwand betrieben werden. Mit angepassten Aufbereitungsverfahren lassen sich auch Mikroverunreinigungen praktisch vollständig entfernen. Regelmässige Messungen im Zürichsee zeigen, dass solche Stoffe im See vorkommen. Sie sind generell unerwünscht, ihre Konzentrationen liegen aber in einem für den Menschen und das Ökosystem unkritischen Bereich. Umfassende AWEL-Analyse Eine umfassende Analyse der Gewässer im Kanton Zürich durch das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) zeigt, dass sich die Wasserqualität in den letzten Jahren weiter verbessert hat. Zu viele Nährstoffe (Ammonium, Nitrit, Nitrat, Phosphat) in den Fliessgewässern führten in den 70er- und 80er-Jahren häufig zu Algenwucherungen und Fischsterben. Seither haben die Gewässerschutzmassnahmen die Situation stark verbessert, auch in den vergangenen Jahren. Allerdings weisen rund 35 Prozent aller untersuchten Abschnitte eine mässige bis hohe Belastung mit Nitrat und Phosphat auf. Sie stammen vor allem aus Abwasserreinigungsanlagen (ARA) und der Landwirtschaft. Von zunehmender Bedeutung ist die Belastung durch organische Mikroverunreinigungen aus Pflanzenschutzmitteln, Medikamenten, Kosmetika, Reinigungsmitteln und durch Schwermetalle. Bereits bei sehr tiefen Konzentrationen können Wasserlebewesen geschädigt werden. Um hier Verbesserungen zu erreichen, werden bestimmte ARA künftig mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgestattet und Strassenabwasser vermehrt gereinigt werden. Aber auch der persönliche Beitrag aller Zürcherinnen und Zürcher ist für die Wasserqualität wichtig. Die Menge an Alltagschemikalien wie beispielsweise Pflanzenschutzmittel, die in den Wasserkreislauf gelangen, muss reduziert werden. * Pius Niederhauser ist Sektionsleiter Oberflächengewässerschutz der Baudirektion des Kanton Zürich, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft.

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Temporeicher Gleiter R U D E R S P O R T   J. A. Stämpfli baute in Wollishofen die ersten Sportruderboote für den Zürichsee. Z ­ usammen

mit seinen Söhnen trieb er die technologische Entwicklung voran, experimentierte mit Bootsformen und ­Mate­rialien, bis die einmaligen Stämpfliboote entstanden.

TEXT DOMINIQUE LIEB

Am frühen Morgen wiegt der Zürichsee noch sanft in der Morgensonne. Ein schlankes Ruderboot gleitet elegant und pfeilgerade über das Wasser. Fast geräuschlos bewegen sich zwei Ruderer regelmässig im Takt, die vier Ruderblätter berühren das Wasser alle exakt zur gleichen Zeit und holen aus für den nächsten Zug. Im späteren Verlauf des Tages wird man solche Szenen nicht mehr beobachten können. Kursschiffe im Taktfahrplan und Motorboote bringen die Unruhe der Stadt auf das Wasser. Aus Wollishofen in die Welt Die Werft der Firma Stämpfli liegt beim Hafen Wollishofen am Zürichsee, das Büro ist ausstaffiert wie eine Kommandobrücke. Der ehemalige Ruderweltmeister und Trainer des Nationalen Ruderteams Melchior Bürgin hatte vor drei Jahren das Steuer der traditionsreichen Firma Stämpfli an seinen ehemaligen Bootsbaulehrling Daniel Zlinszky übergeben. Auf einem eher kleinen und hart umkämpften Markt hat sich das Team von Daniel Zinsky spezialisiert auf die Produktion von qualitativ hochwertigen Holz- und Karbonbooten und auf einen

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exzellenten Reparatur- und Regattenservice. Mit den handgefertigten Stämpfli-Booten wird weltweit gerudert, vom Einer-Skiff bis zum 24-plätzigen Stämpfli-Express. Heute baut und verkauft Stämpfli HighTech-Rennboote für Top-Ruder-Athleten, aber auch klassische Trainingsboote für den Breitensport und massgezimmerte Holzboote. Massgezimmerte Boote Beim Holzboot hat Stämpfli die traditionelle Bauweise beibehalten. Besonders schön ist am Kunsthandwerk auch, dass man auf die individuellen Wünsche der Kunden eingehen kann und so hat fast jedes Boot seine eigenen Proportionen. Der Bau eines Holzboots beginnt mit dem Ausmessen des Rahmens, dem Stellen des Kiels und den stabilen Verbindungen aus Spanten und Kielhalter, welche die inneren Verstrebungen bilden. Danach beginnt die Beplankung des Schiffsrumpfs. Die acht Meter langen und zwei Millimeter dünnen Planken der Schale werden mit Hilfe von heissem Wasser gebogen. Rund 120 Stunden Handarbeit und mehrere hundert Einzelteile stecken in nur einem Boot. Verwendet wird besonders leichtes Zedernholz aus Brasilien. Das Tropenholz ist leicht und hat keine

Jahrringe und ist angenehm zu verarbeiten. Ein Holzboot war schon immer ein Prestigeobjekt. Weil das Holz im Gegensatz zum Kunststoff den Klang besonders gut absorbiert, gleitet das Holzboot ruhig und angenehm auf dem Wasser. Rennruderboote werden ganz besonders leicht und mit glatter Aussenhaut ohne Aussenkiel gebaut, um den Wasserwiderstand auf das geringste Mass herunterzusetzen. Es sind reine Rennwerkzeuge, die man mit blosser Körperkraft antreibt.

Das 1896 gegründete Familienunternehmen pflegt den ­traditionellen Bootsbau. Als weltweit letzte Werft stellt Stämpfli noch Holzskiffs her.


Karbonveredelung und Komposit Mit der Kombination von traditionellem Holzbootsbau und modernen Materialien wie Karbon, hat Stämpfli die Boote veredelt und in sein neues Zeitalter überführt. Mit speziellen Zubehörteilen ist es zudem an die heutigen Anforderungen angepasst, sodass nichts an Komfort, Sicherheit oder Technik eingebüsst wird. Stämpfli lässt Vollkarbonboote in Luzern bei einem Spezialisten herstellen, die Werkstatt in Wollishofen gibt den Booten mit einer professionellen Lackierung den letzten Schliff und macht sie seetauglich. Eine neue Serienfertigung mit dem selbst entworfenen Design nennt sich ST1. Ein silbernes S als Firmenlogo zeigt die Herkunft, die anthrazitfarbene Materialstruktur wird mit Klarlack hervorgehoben. Bereits vier Wochen nach der Bestellung kann der glückliche Besitzer sein Boot einwassern. In den 1980er-Jahren hat sich die bis anhin kleine, spezialisierte Branche durch die Einführung von Komposit­ materialen dramatisch verändert. Die Entwicklung ging Richtung Massenware. Kunststoffboote sind zwar nicht so langlebig wie Holzboote, dafür wesentlich kostengünstiger zu produzieren. Ein GFK-Boot ist eine Komposit-­Konstruktion, die aus mehreren Schichten von Verstärkungsfasern und Kernmaterialien besteht, die durch Kunststoff gebunden werden. Das Boot besteht also nicht mehr aus Holz sondern aus nicht erneuerbaren Rohstoffen wie Erdöl. Stämpfli verkauft Kompositboote, die von seinem langjährigen Partner Stämpfli-Jaousek in England gebaut werden. Die Partnerschaft ermöglicht im Gegenzug das Geschäft mit Holzund Karbonboote aus Wollishofen in England.

Verträge für die internationale Spitze Um auf dem internationalen Markt zu bestehen, muss man viel Geld in Innovationen stecken und schnell grosse Mengen produzieren können.. Im Junioren und U23-Bereich ist der Markt noch offen – dort gibt es immer wieder ein Team, welches ein Boot von der Firma Stämpfli rudert. In der Eliteklasse ist der Markt durch die zwei grössten Bootswerften Empacher aus Deutschland und Filippi aus Italien stark umkämpft. Mittels Verträgen mit Nationalmannschaften werden die kleineren Werften aus dem Markt verdrängt. Daniel Zlinszky kann mit den Verträgen nicht mithalten, da sie viel gebundenes Kapital in Form von unbezahlten Booten auf dem Markt mit sich bringen. Bei einem Einerboot rechnet man mit elftausend Franken und das geht bis fünfzigtausend Franken für einen Achter. Stämpfli zieht sich momentan eher zurück aus dem internationalen Markt. Wie jedes andere KMU kämpft die Firma beim Export auch mit dem starken Franken.

Pfeilschnell schiessen sie durchs Wasser – die Rennruderboote aus der Wollishofner Werft. Bilder: zVg

Regattenservice und Ruderschule Daniel Zlinszky konzentriert sich jetzt auf den lokalen Markt. Ausserdem ist die Stämpfli-Werft Pächter des Hafenkrans im Hafen Wollishofen. Das garantiert ein sicheres Einkommen, wenn im Frühling und Herbst die verschiedenen Boote ein- und ausgewassert werden müssen. Neben dem Neu- und Umbau befassen sich die Stämpfli Bootsbauer vor allem mit Unterhalts- und Reparaturarbeiten. Zu den wichtigsten Kunden gehören die Zürcher Ruderclubs. Da KONTAKT Stämpfli Racing Boats AG, Seestrasse 497, 8038 Zürich Telefon: +41 44 482 99 44, Telefax: +41 44 482 05 03 www.staempfli-boats.ch, kontakt@staempfli-boats.ch

muss Daniel Zlinszky Überzeugungsarbeit leisten, denn auch Stämpfli hält Schritt mit den technischen Neuerungen. Zum Kerngeschäft gehört seit bald 50 Jahren der Regattenservice im In- und Ausland. Zurzeit ist Daniel Zlinszky alle zwei Wochen unterwegs an einer Regatta, um vor Ort Reparaturen und einen professionellen Service zu gewährleisten. Er kennt die Trainer und er kennt die meisten Boote über den Bootsnamen – dadurch kann er sehr schnell eine Offerte einschätzen. Ein weiteres Standbein ist die Ru­ derschule, die 1997 von Ursula und Melch Bürgin gegründet wurde. Eine Besonderheit sind die Teambildungskurse mit dem Stämpfli-Express. Ein Stämpfli-8er wurde halbiert und mit vier Vierersegmenten verlängert. Mit seinen 42 Metern und 24 Sitzplätzen ist es das längste Rennruderboot der Welt, von Weitem sieht es aus wie ein Tausenfüssler. Mit dem 24er tourte das Stämpfli-Team 2015 vier Monate entlang der Amerikanischen Ostküste. Auf der Suche nach Sponsoren hatte die ETH Zürich gute Kontakte vermittelt. Rudernde Postboten Irgendwann ist aus der Sklavenarbeit auf den Galeeren ein Elitesport geworden. In England war der Postmann ein Ruderer, der mit dem Boot die Post seines Herrn auslieferte. Die Postmen standen miteinander im Wettbewerb und daraus ist später ein Amateurrudersport entstanden. Die Universitäten in England haben sich diesen Brauch angeeignet. Ruderclubs sind erst viel später entstanden. Hier in Zürich gibt es heutzutage über 12 verschiedene Ruderclubs, zum Beispiel der Polytechnikerclub. Die ETH und die Universität Zürich haben im Herbst ihr traditionelles Unipolyrennen auf der Limmat.

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Anfang April startete die internationale Kampagne «Find the One Again», welche die stories AG für die Unterwäschemarke Triumph realisierte.

Die 30 Sekunden-Story S T O R I E S A G   Immer mehr Unternehmen setzen auf Storytelling, um Kunden für sich zu gewinnen.

Doch wie muss eine Geschichte aufgebaut sein, damit sie ihre Wirkung erzielt? Die stories AG aus Zürich kennt das Geheimnis guter Werbespots und überzeugt mit seinen Produktionen nicht nur Branchenkenner.

TEXT ANOUK ARBENZ

Die Erkenntnis, dass wir uns gerne Geschichten erzählen lassen, ist nicht neu. Schon erste Höhlenmalereien um 6000 v. Chr. oder die Wandmalereien in Grabkapellen der Alten Ägypter erzählen uns lebendige Geschichten. Es ist die Geschichte ihrer Urheber, die in einer Art von Selbstreflexion ihre Erlebnisse und Erfahrungen in den Malereien abbilden. Und das ist genau der Punkt: Wir können gar nicht anders, als in Geschichten zu kommunizieren. Geschichten helfen uns, die eigenen Erlebnisse anschaulich darzustellen, sodass diese auch besser nachempfunden werden können. Die Chronologie gibt dem Erzählten eine Struktur, was es uns einfacher macht, unsere Gedanken zu ordnen. Auch die Werbeindustrie hat längst den Reiz des Storytellings erkannt und

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macht sich die Werbeform zunutze. Doch das scheint gar nicht so einfach zu sein. Damit wir uns für die Geschichte eines anderen interessieren, muss sie uns berühren. Viele Werbemacher verwechseln Betroffenheit mit Rührung. Den Zuschauern auf die Tränendrüsen zu drücken, reicht nicht, um bei potentiellen Kunden anzukommen. Berührt bin ich nur, wenn ich mich in der Geschichte wiederfinde oder mir Erzähltes vertraut vorkommt. Das Trio aus Tobias Fueter, Yves Bollag und Adrian Frutiger erkannte dies und gründete 2010 die stories AG. An ihrem Produktionsstandort in Zürich hilft der Werbeproduzent Unternehmen dabei, deren eigene Geschichte zu finden und zu erzählen. Waschmaschinen leben länger mit Calgon Sowohl in Bezug auf den Inhalt, als

auch die Technik haben Werbespots seit ihren Anfängen Ende der 50er-Jahre einen grossen Wandel vollzogen. Die ersten veröffentlichten Werbespots zeugten von einer aus heutiger Sicht einfallslosen Biederkeit und Plumpheit: Der Protagonist – in den meisten Fällen eine Frau – hält das Produkt bereits in den ersten zwei Sekunden vor die Linse, während sie dessen Vorteile im Eiltempo abspult. Häufig ging es darum, innovative Elemente des Produkts in den Mittelpunkt zu rücken. Das Rad lässt sich aber nur einmal erfinden. Mit der Zeit war man gezwungen, sich etwas mehr einfallen zu lassen, denn das eigene Telefon oder Tischset, das man verkaufen wollte, unterschied sich nicht mehr gross von dem der Konkurrenz. In den 80er-Jahren setzte man auf schnelle Schnitte und versuchte, komplexere Szenen zu produzieren. Ein Beispiel ist die Duracel-Werbung, die noch

Bilder: zVg


Szene aus dem Werbefilm der SUVA «Das Leben braucht Mut», für den die stories AG 2014 den Grand Prix der CMA in Cannes erhielt.

heute auf den ausdauernden, pinken Hasen setzt. Um die Jahrtausendwende werden die Werbespots etwas länger und binden immer häufiger auch eine Geschichte mit ein, man spielt mit Perspektiven und Kameraeinstellungen. Als Beispiel dafür gilt die Axe-Werbung von 2003 oder die xbox-Werbung: «Das Leben ist zu kurz» von 2002. Heute führt kein Weg daran vorbei, Werbung neben dem TV auch im Internet und auf verschiedenen Social Media-Kanälen zu schalten. Das Ziel heutiger Kampagnen ist, möglichst oft gesehen und geteilt zu werden. Storytelling ist dazu ein wichtiges Element, das – richtig eingesetzt – viel Wirkung erzielt. Alles unter einem Dach Adrian Frutiger, Yves Bollag und Co-Regisseur von «Grounding» Tobias Fueter, sorgen dafür, dass genau dieser Effekt eintritt. Zusammen bildeten sie vor fünf Jahren die stories AG, die aus der Fusion der beiden Produktionsfirmen peek und Ping Pong entstand. «Die Idee war, uns gemeinsam zu ergänzen und Kreation und Produktion in der Geschäftsleitung zu vereinen. Für eine herausragende Qualität der Filme braucht es diesen Mix», begründet Fueter den Entscheid. Yves Bollag ergänzt: «Wir profitieren gegenseitig von unserem Knowhow.» Zusätzlich kam mit Adrian Frutiger auch ein Experte aus der Musikecke, womit sogleich ein Tonstudio im eigenen Haus untergebracht werden konnte.

Die Ausgangspunkte der Projekte, mit denen die stories AG beauftragt wird, unterscheiden sich stark: «Oft ist eine konkrete Idee schon da, die man dann gemeinsam weiterentwickelt», beschreibt Fueter den Start eines Projekts. Manchmal sei aber auch nur ein Bedürfnis vorhanden und das Team starte vor einem weissen Blatt Papier. Nochmal anders ist es, wenn das Projekt über eine Agentur an stories herangetragen wird: «In diesem Fall hat die Agentur schon die ganze Vorarbeit gemacht, es besteht bereits eine packende Idee, ein ausgeführtes Storyboard und vielleicht bereits eine Vorstellung, wer die Regie machen könnte.» Steht der Projektplan, wird für jeden Film eigens ein Team aus Freelancern und eigenen Mitarbeitenden zusammengestellt. Aufgrund der unterschiedlichen Hintergründe der drei Gründer und der Zusammenlegung ihrer Beziehungen ist ein grosses Netzwerk entstanden, auf das die Firma zurückgreifen kann. «Diese Beziehungen pflegen wir gut, denn je besser wir uns kennen, desto effizienter arbeiten wir zusammen und desto besser wird auch der Film», so Fueter. Dasselbe gelte auch für die Mitarbeitenden: Einmal eingestellt, blieben diese auch: «Wir sind eine kleine Family», sagt Fueter nicht ohne Stolz. Anders als bei «gewöhnlichen» Filmund Werbestudios, arbeitet die stories AG denn auch oft mit internen Regisseuren zusammen. Yves Bollag: «Der

Regisseur fühlt sich sicherer bei uns, weil er keine Show machen muss, um wieder gebucht zu werden. Der Umgang ist viel lockerer, der Output kreativer.» Die beiden sind überzeugt, dass sie so die fähigsten Regisseure ins Haus holen konnten. Den Zuschauer hinters Licht führen Der Erfolg gibt der stories AG Recht: Dutzende Filmpreise des Schweizer Art Directors Club, des EDI und vielen weiteren konnte das Jungunternehmen in den fünf Jahren ihres Bestehens bereits verbuchen. Unter den Kunden der stories AG befinden sich viele Traditionsfirmen mit grossen Namen wie beispielsweise die SUVA, für deren Imagefilm «Das Leben braucht Mut» sich die stories AG 2014 den Grand Prix der Corporate Media & TV Awards in Cannes holte. Dort schaffte es das Jungunternehmen auch als einziger Schweizer Beitrag in jenem Jahr auf die Shortlist für einen Lion, die bekannteste Auszeichnung in der Werbebranche. Für Furore sorgte auch ihr Online-Film mit Didier Cuche für die Mobiliar unter der Führung der Werbeagentur Wirz (Cuche macht Bus kaputt :-)), der sich als Amateurvideo tarnte und sich erst später als Teil einer viralen Werbekampagne entpuppte. Zu sehen ist, wie Didier Cuche seinen berühmten Skitrick aufführt, wobei der Ski davonfliegt und in der Scheibe eines parkenden ÖSV-Cars landet. Daraufhin rastet der österreichische Fahrer des

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Tobias Fueter, Yves Bollag und Adrian Frutiger: Seit 2010 führen sie die stories AG in gemeinsamer Regie.

Cars aus und beschimpft Cuche. Erst ein TV-Spot der Mobiliar zwei Wochen nach Veröffentlichung des Filmchens brachte die Auflösung. Das Beispiel Cuche zeigt, dass es sich für Unternehmen lohnen kann, neue Wege zu gehen und den Mut zu haben, das Produkt etwas in den Hintergrund zu rücken und dafür auf die Intelligenz der Zuschauer zu setzen. Fueter und Bollag sind sich einig: Ein guter Werbespot erzählt eine Geschichte, die eine gewisse Authentizität ausstrahlt. «Wenn du eine Welt präsentierst, die zu schön und zu perfekt ist, um wahr zu sein, nimmt dir das niemand mehr ab», so Executive Producer Yves Bollag. Eine besondere Schwierigkeit bei OnlinePrerolls sei, die Geschichte bereits in wenigen Sekunden zu erzählen. «Die Kunden wollen verständlicherweise, dass in den sieben Sekunden, bevor es dem Nutzer auf Youtube möglich ist, die Werbung zu überspringen, bereits ihr Logo gezeigt wird», erklärt Fueter, «für das Storytelling ist das eine Herausforderung.» Roger Federer kann mehr Einen Lieblingswerbespot aus der eigenen Produktion haben die beiden nicht: «Das ist, wie wenn man sagen würde, dass man ein Lieblingskind hat. Das gibt es nicht. Oder dann sollte man es zumindest nicht sagen», sagt Fueter und lacht. Grosse Freude hätten sie immer an dem Werbespot, der gerade

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DIE STORIES AG

Gegründet 2010 Gründer: Die drei Partner Tobias Fueter (Regisseur), Yves Bollag (Produktionsleitung) und Adrian Frutiger (Komponist). Branche: Film- und Werbebranche Fokus: Branded Entertainment und Storytelling Produktionen: TV-Spots, Internet-Viral, Corporate Movie Kunden: Swisscom, Die Mobiliar, Swiss Life, Swisscom, SUVA, Vaudoise Versicherungen, CSS, BKW, Migros, Schweiz Tourismus, insieme, Haus Konstruktiv, Züri Tourismus und viele mehr Mitarbeitende: 10 Festangestellte sowie etliche freischaffende Mitarbeitende auf regelmässiger Basis

frisch rauskommt. So kreierte stories im jüngsten Beispiel für Triumph einen Animationsfilm, der unverkennbar vom Disney-Kassenschlager «Frozen» inspiriert ist. Regie geführt hat Fueter dabei gleich selbst. Der Spot flimmert derzeit in diversen Ländern über die Mattscheiben und hat innert vier Wochen schon knapp zwei Millionen Youtube-Views gesammelt. Unternehmen, für die Bollag und Fueter gerne einmal einen Werbespot drehen würden, sind vor allem traditionelle Schweizer Marken wie beispielsweise Ricola, Lindt oder IWC. Besonders in der Uhrenindustrie sehen die beiden viel Potential. Tobias Fueter: «Das ist ein riesiges Luxussegment, das sich kaum mehr differenziert.» Gerne einmal vor der Linse hätten sie Roger Federer, der ihrer Meinung nach in vielen Werbespots zu wenig ernst genom-

men werde: «Sein Potential wird nicht ausgeschöpft.» Als Vorbild nennen die beiden den Werbespot von Nike mit den Tennislegenden Pete Sampras und Andre Agassi («NY City Street Tennis»), in dem die beiden auf einer New Yorker Strassenkreuzung ein Tennis-Netz aufstellen und beginnen, zu spielen. «Sie sind sich in diesem Spot treu geblieben. Sie spielen nicht etwas vor, das sie nicht sind.» Ziele für die nächsten fünf Jahre hat das Jungunternehmen verschiedene: In erster Linie soll die Effizienzsteigerung weiter vorangetrieben werden, Knowhow und Expertise ausgebaut und Prozesse sowie die Kommunikation verbessert werden. Ein interessantes Thema für die Zukunft werde auch Virtual Reality als Werbeplattform sein. Fueter: «Das ist eine Riesen-Chance für alle Storyteller. Traditionelles Story­ teling können wir nun mit persönlichen, interaktiven Elementen verknüpfen, wodurch ein noch emotionaleres Erlebnis für den Konsumenten und eine noch brand-spezifischere Kommunikation für unsere Kunden möglich wird.» Mit der Digitalisierung und den technologischen Innovationen werde auch ihr Filmhandwerk einem Wandel unter­zogen. Last but not least sei es ihnen wichtig, ihre Mitarbeitenden «zu pflegen». Gemeinsame Kochtage und intensive Diskussionen und Meetings würden das Team noch enger zusammenschmiegen.


wertage entreff Po h c n a r B uns am h Treffen Sie bei der Messe Züric 6 1 0 1. Juni 2

Gerold Häring Teamleiter Vertrieb Aussendienst +41 61 415 42 70 g.haering@ebm.ch

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UNTERNEHMEN

Im Wachstumsschub

D I G I TA L Z Ü R I C H   Es tut sich etwas im E-Commerce. Bestes Beispiel dafür ist die happyshops Group AG.

Sie hat einen rasanten Aufstieg vom Monoshop zum Multi-Store-Anbieter im Web hingelegt. Wie das machbar ist, hat uns Mitgründer und VR-Präsident Marc Görtz im Gespräch verraten.

INTERVIEW MATEJ MIKUSIK

Die Stadt Zürich etabliert sich immer stärker als der Web-Hub der Schweiz. Viele innovative Startups und IT-Unternehmen bevorzugen die Lage an der Limmat gegenüber den steuertechnisch etwas attraktiveren Standorten. Das ist von der Stadt auch so gewollt. Neue Sharing-Modelle – sei es am Arbeitsplatz oder beim Wohnen – tauchen wie aus dem Nichts auf und neue Player setzen in bewährten Märkten neue Standards. Disruption ist das Modewort dafür. Die noch junge happyshops Group AG mit zwanzig Mitarbeitenden ist im Retail ein kleiner Disruptor. Wir haben nachgefragt, warum ein solcher Multishop-Anbieter im Web den Grossen der Szene gefährlich werden könnte, auch real. Und warum die Karriere vom Praktikanten zum CEO in der digitalen Branche noch immer möglich ist – und zwar schneller als gedacht. Man munkelt, dass Ihre Wachstumsraten zu den besten der E-Commerce-Szene gehören. Marc Görtz  Wir sind jetzt seit 2010 am Markt und wachsen jährlich um mindestens 30 Prozent bei einer für E-Commerce-Unternehmen sehr anständigen Marge. Wir können uns nicht beklagen. Hat Ihnen dabei geholfen, dass ­Amazon den Schweizer Markt noch links liegen lässt? Fragen Sie mal den Buchhandel, die sehen das wohl etwas anders... Aber es ist schon so: Wären wir wie Österreich in der EU, wäre E-Commerce in der Schweiz ein ganz anderer Markt. Natürlich spüren auch wir den Preisdruck, insbesondere bei Artikeln im kleinpreisigeren Bereich, welche von Amazon in die Schweiz geliefert werden. Aber das bereitet uns keine Kopfschmerzen. Und wie reagiert man als E-Commerce-Unternehmen darauf? Ich denke, wir haben das mit einer

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Wenn man Marktplätze als Händler nutzt, gibt man nicht nur Marge ab, sondern auch ein Stück seiner Identität auf. Die Marge, die ich dem Marktplatz zahlen müsste, investiere ich lieber bei Google und Facebook und hole die Kunden direkt in meinen Shop. Dem Kun­ den ist es egal, wo er einkauft. Er klickt sich dorthin, wo er sich das beste Angebot zum besten Service erhofft.

durchdachten Sortiments- und Einkaufsstrategie bestmöglichst gelöst und setzen in gewissen Bereichen auf Eigenmarken. Zudem verfügen wir mit unserer Erlebiswelt über eine wichtige Ertragsstütze, die lokale Präsenz voraussetzt und aus dem Ausland nicht steuerbar ist. Gestartet ist geschenkparadies.ch nur mit Erlebnisgeschenken. Warum diese Einschränkung zu Beginn? Wir wollten zuerst mit möglichst geringem Risiko herausfinden, ob ein Onlineshop für Geschenke am Markt bestehen kann. Erlebnisgeschenke sind Gutscheine. Zum Start benötigten wir also lediglich einen Drucker und möglichst viele Erlebnisangebote. Ein attraktives Angebot zusammenzustellen war aufwändig und zeitintensiv. Aber wir brauchten kein Lager und mussten so kein Kapital binden. Bereits nach einem Jahr haben wir gemerkt: Das funktioniert prima. Am Anfang war geschenkparadies.ch ein reiner Monoshop. Jetzt ist das ja nicht mehr so. Welche Strategie steckt da dahinter? Der Wechsel von einer Mono- zu einer Multishop-Strategie lag auf der Hand, weil wir festgestellt haben, dass unsere Kunden nicht nur Geschenke sondern vor allem auch für sich selber einkaufen. Gut laufende Themen haben wir herausgelöst und als eigenständige Verticals mit einem tiefen Sortiment gelauncht. Kidsahoi.ch und schmuckmania.ch sind zwei erfolgreiche Beispiele dafür. Dieser Strategiewechsel bringen wir nach aussen auch mit der Umfirmierung zur happyshops Group AG zum Ausdruck, unter der wir alle Verticals zusammenfassen. Marktplätze und Online-Warenhäuser dominieren im Moment die E-Commerce-Diskussion im Detailhandel. Ihr Multishop-Konzept geht einen etwas anderen Weg. Warum?

Alles unter einer Adresse verfügbar macht doch aus Kundensicht Sinn? Shoppen im Internet ist einfach, man bleibt ja auf seinem Stuhl sitzen. Alle Shops können an der Bahnhofstrasse ­stehen, und der nächste Shop ist immer nur einen Klick entfernt. Internet-Shopping entscheidet sich beim Marketing. Der Themenshop hat – wenn er gut ge­ macht und preislich attraktiv ist – in der Regel eine grössere Anziehungskraft, weil sich der Kunde sofort zurecht findet.

Bilder: zVg

Ihre Shops werden auf einer selbst entwickelten Plattform betrieben. Wäre es nicht einfacher, als Basis eine der vielen am Markt er­­

HAPPYSHOPS GROUP AG Was 2010 als Geschenkshop für Erlebnisse begann – mit der Plattform geschenkparadies.ch – hat sich zu einer der innovativsten E-Commerce-Ideen der Schweiz entwickelt. Die erfolgreiche Multishop-Strategie der happyshops Group AG mit Hauptsitz in Zürich setzt auf Nischen mit grossem Ertragspotenzial. Immer im Fokus: Über 200 000 Kunden, denen die Gruppe mit einem originellen Angebot zu fairen Preisen und einem Top-Service ein unvergessliches Shopping-Erlebnis bereiten möchte. Oder wie es Sébastien Turpain, der CEO, formuliert: «Online-Shopper kaufen dort ein, wo sie die grösste Themenkompetenz erwartet. Der nächste Shop

ist immer nur einen Klick entfernt. Das ist die Grundlage unserer Multishop-Strategie.» Die happyshops Group AG ist inzwischen auf eine E-Commerce-Gruppe mit sechs Onlineshops und 20 Mitarbeitenden gewachsen. Die Onlineshops sind: «Bambuu», «geschenkparadies.ch», «kidsAhoi», «7deals.ch», «schmuckmania» und «personalisiert.ch» – neue Shops sind schon in der Pipeline. Der Gründungspartner Marc Görtz war früher verantwortlich für das Radio- und TV-Geschäft von Ringier sowie Mitglied der Geschäftsleitung. Er ist heute VR-Präsident der happyshops Group AG. www.happyshopsgroup.ch


«TRIAL AND ERROR IST IN DER EXTREM SCHNELLLEBIGEN E-COMMERCE-WELT ÜBERLEBENSWICHTIG.» hältlichen Shop-Lösungen zu nutzen? Zum Start hatten wir viele Optionen geprüft und mussten feststellen, dass es keine guten Lösungen für Gutschein­ portale gab. Heute sind wir froh um diesen Entscheid. Mit unserem eigens ­entwickelten Shopsystem Plug&Play E-Commerce sind wir heute in der Lage, flexibel und massgeschneidert unsere Shops zu betreiben. Das System, für das wir soeben Silber in der Kategorie Business beim prestigeträchtigen Best of Swiss Web Award 2016 gewonnen haben, macht es uns möglich, innert kürzester Zeit kosteneffizient vertikal ­integrierte Themenshops zu lancieren. Plug und Play, einfach und schnell. Das wäre mit keiner anderen Lösung ­möglich. Besteht nicht die Gefahr der Verzettelung, wenn Ihr immer wieder neue Shops im Schnellzugtempo launcht? Nein. Wir haben im Bereich Ressour­ cen und Marketing klare quantitative und zeitliche Parameter definiert, die ein neuer Shop erfüllen muss. Werden diese nicht erreicht, haben wir kein Problem, den Shop wieder zu schlies­ sen. Trial and Error ist in der extrem schnelllebigen E-Commerce-Welt ­überlebenswichtig. Aufgrund unserer sehr positiven wirtschaftlichen Ent­ wicklung können wir es uns erlauben, Sachen rasch auszuprobieren. Bislang sind wir mit diesem Konzept sehr gut gefahren.

Wie finden Sie immer wieder neue ertragsträchtige Nischenthemen? Wir scouten sehr viel, sind mehrmals jährlich in Asien unterwegs und ­pro­­­bie­ren immer wieder neue Themen aus. Bambuu.ch, unser Shop für Uhren, ­B rillen und Gadgets aus Holz und ­Bambus ist beispielsweise so entstan­ den. Wir haben mal mit fünf Bam­ busbrillen auf geschenkparadies.ch begonnen, testeten verschiedene Ver­ marktungskonzepte und plötzlich ging die Post ab. Heute ist bambuu.ch neben geschenk­ p aradies.ch unser erfolg­ reichster ­Channel. Stimmt es, dass einer Ihrer e ­ he­maligen Praktikanten jetzt der CEO des Unternehmens ist – wie lief das ab? Er hat den besten Kafi gekocht . . . Im Ernst: Mein Partner und ich haben von Anfang an geplant, dass wir die Firma aufbauen und sehr rasch eine Führungsstruktur etablieren möch­ ten, die u ­ n­abhängig von den Gründern ­funk­tioniert. Sébastien Turpain hat schon als Prak­tikant der ersten Stunde gezeigt, was in ihm steckt. Wir haben gespürt, dass er für den CEO-Posten prä­ destiniert ist. Nach zwei Jahren Einar­ beitung hat er im Sommer das Ruder über­nommen. Man sagt immer, wenn die Gründer weg sind, geht auch die Seele von Bord. Ist das bei Euch nicht so?

Definitiv nicht. Wir haben neben dem CEO eine junge und hungrige Füh­ rungscrew zusammengebracht, die einen super Job macht. Was ist Ihr Lieblingsprodukt aus Ihrem Shop? Uh, das ist schwierig. Top finde ich unsere Bambuu Sonnenbrillen, die ein tolles Preis-/Leistungsverhältnis haben. Und was könnte noch dazu kommen? Wir werden bis im Sommer zwei neue Verticals launchen: casami.ch für Home&Living sowie lovu.ch für ­Erotik-Toys. Besonders freue ich mich auf lovu.ch, weil der Channel marke­ tingseitig eine echte Herausforderung darstellt. Last but not Least: Was hat Sie 2009 dazu bewegt, die happyshops Group AG aufzubauen – woher kam der Mut und die Idee? Ich hatte keine Lust mehr, die Hälfte meiner Zeit in Sitzungen zu ver­bringen. Zur Gründung brauchte es etwas Mut, vor allem aber eine grosse P ­ or­tion ­N aivität. Ohne diese Naivität, den ­Glauben, dass alles gut kommt, r­ echnet man sich jedes Projekt sehr schnell tot. Worst Case-Rechnungen sind in der Startphase absolut tabu. Die Idee mit Erlebnisgeschenken lag in der Luft, weil es damals in der Schweiz noch keinen Singleplayer in diesem Bereich gab.

Die Geschäftsleitung der happyshops Group AG (v.l.): Roger Camiu, CEO Sébastien Turpain und Sven Filli. Rechts: Gründer und VRP Marc Görtz.

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AKTUELL

Das Schweizer Südtor

B A H N B R E C H E N D   Am 1. Juni wird der neue NEAT-Tunnel eröffnet. Noch bis am 23. Oktober widmet das

­Verkehrshaus Luzern dem grössten Eisenbahntunnel der Welt eine Ausstellung.

tunnels im Massstab 1:1000, lässt einen bewusst werden, was in 17 Jahren alles geleistet wurde. Veranschaulicht werden dabei die 50 verschiedenen Gesteinsschichten, die zu durchbohren waren. Handmuster, Bohrkerne und ein Klopfstein laden zum Berühren und Meisseln ein. Anhand des Modells lernt man die Stationen des Tunnelbaus und das komplexe Tunnelröhrensystem genau kennen. Die umfassende Infrastruktur und Technik wird von der SBB am Modell präsentiert. Eine Film- und Fotogalerie lässt den Besucher in die Geschichte des Transeuropäischen Eisenbahnverkehrs durch die Schweizer Alpen eintauchen. In der Arena der Ausstellung befindet sich ein begehbarer 15 Meter langer Tunnelabschnitt in Originalgrösse. Er beinhaltet die gesamte Bahntechnik. Mit einer Installation wird dem Besucher der Tunnelblick vorgetäuscht. Im Innern der Installation befinden sich statische und interaktive Informationselemente.

TEXT SILVAN BUHOLZER

Die Eröffnung des Gotthard-Eisenbahntunnels im Jahr 1882 leitete für den Transitverkehr eine neue Ära ein. Am 1. Juni 2016 – 134 Jahre später – folgt der nächste Meilenstein der Schweizer Bahngeschichte: Der Gotthard-Basistunnel wird betriebsbereit sein! Das Jahrhundertbauwerk bedeutet für den Nord-Süd-Verkehr einen erheblichen Leistungsschub. Ob das einen Rückgang bei den Staumeldungen bewirken wird, bleibt offen. Die Sonderausstellung «NEAT – Tor zum Süden» im Verkehrshaus Luzern zeigt den Wandel in der Mobilität anhand Originalfahrzeugen, gibt Einblicke in die Geschichte des längsten Eisenbahntunnels der Welt und lässt den Besucher die Zugkraft der NEAT, der neuen Eisenbahn-Alpentransversale, spüren. Mobilität im Wandel Die legendäre Gotthard-Postkutsche, die älteste noch erhaltene und fahr­fähige Dampflokomotive Genf Ec 2/5, die Schweizerische Centralbahn von 1858 und das SBB-Krokodil Be 6/8 ­zeigen den stetigen Wandel der ­Mobilität. Den Besucher erwartet die Landilok Ae 8/14, welche mit über 11 000 PS die stärkste Lokomotive der Welt war. Auch die Universallok für Reise- und G ­ üterzüge Ae 6/6 ist ausgestellt. Bei dieser ­Lokomotive wurde damals ein Brauch aus England übernommen, indem man sie mit Kantonsund Gemeinde­wappen schmückte. So erhielt jeder Kanton und jede Gemeinde eine eigene Ae 6/6. Zudem kann man die bisher grösste für die Schweiz gebaute Dampflokomo­tive C5/6, Elefant genannt, bestaunen. Diese war in der Lage im Flachland einen 1000-Tonnen Zug mit 22 km/h zu ziehen. Zu all diesen Zugpferden gesellt sich auch die Dampfschneeschleuder mit dem eindrücklichen Urner Wappen auf der Frontseite. In der Ausstellungsarena steht ein BSL-Autoverladezug für den kombinierten Verkehr Strasse/Schiene und für die Lötschberg-Simplon-Achse durch die schweizerischen Alpen.

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In der Arena steht ein 15 Meter langer Tunnelabschnitt in ­Originalgrösse mit der gesamten Bahntechnik. VERKEHRSHAUS LUZERN Lidostrasse 5, 6006 Luzern, 041 370 44 44, mail@verkehrshaus.ch www.verkehrshaus.ch

Der längste und tiefste ­Eisenbahntunnel Zwei 57 Kilometer lange Einspurröhren, Verbindungs- und Zugangsstollen sowie Schächte, die zusammen über 100 Kilometer messen – der Gotthard-Basistunnel. Er ist 3.15 Kilometer länger als der Seikan-Tunnel in Japan und somit der längste Eisenbahntunnel der Welt. Durch ihn gelangt man von Erstfeld im Norden nach Bodio im Süden. Mit 2300 Metern Gestein darüber ist er nicht nur der längste, sondern auch der tiefste Eisenbahntunnel der Welt. Ein 57 Meter langes, animiertes Modell des Basis-

Ab in den Süden Das Informationszentrum Ticino Turismo sorgt auf der Arena für südliche Stimmung und nimmt die Besucher auf eine Reise durch Foto:zVg den Gotthardtunnel ins Tessin mit. Mithilfe der Virtual-Reality-Brille, welche eine 360°-Sicht animiert, können in der Schienenhalle Eindrücke über die beiden Gotthard-Eisenbahntunnels gewonnen werden. Bei dieser Rundschau kann man auch die Sehenswürdigkeiten des Tessins entdecken. Oldtimer-Tretboote auf dem Wasserbecken lassen die Herzen der älteren Besucher höher schlagen. Die Jüngeren kommen durch moderne Fahrzeugdesigns auf ihre Kosten. Es gibt eine Gastausstellung des bekannten Clowns Dimitri zu sehen. Rund um das Wasserbecken können Zitate von Tessiner Persönlichkeiten aus Kunst, Wirtschaft, Gesellschaft und Unterhaltung gelesen werden. Leckere südliche Spezialitäten bietet das Grotto in der Arena.


WIRTSCHAFT

KMU im Sparmodus F Ö R D E R G E L D E R   Im Jahr 2015 hat die

­Klimastiftung Schweiz 236 kleine und ­mittlere Unternehmen unterstützt. Bedingt durch das ­rauere wirtschaftliche Umfeld konnten jedoch einige KMU ihre Projekte nicht weiterführen. Die Stiftung konnte ihre Reserven ­wieder aufbauen.

TEXT KLIMASTIFTUNG SCHWEIZ

Die Klimastiftung hat im vergangenen Jahr 1.5 Millionen Franken an KMU in der Schweiz und Liechtenstein verteilt. Rund eine halbe Million hat die Stiftung weniger ausgegeben als im Vorjahr. Ein Grund dafür: Die Frankenstärke, die 2015 viele KMU finanziell herausforderte. Vincent Eckert, Geschäftsführer der Klimastiftung Schweiz, sagt: «Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist das Energiesparen für viele KMU schwierig.» KMU in der Hotelbranche zum Beispiel mussten deshalb die geplanten Sparmassnahmen aufschieben. «Der Grundtenor war, dass die Investition in der Energieeffizienz momentan nicht möglich sei, selbst mit Unterstützung der Klimastiftung Schweiz», erklärt Eckert. Eine Million Reserven Die Einnahmen der Stiftung betrugen 2.9 Millionen Franken im letzten Jahr – rund eine halbe Million höher als 2014. Das übrig gebliebene Geld, 1 Million Franken, konnte die Stiftung als Reserve anlegen. «Diese Reserve ist wichtig, weil unsere Einnahmen von Jahr zu Jahr schwanken», betont Vin-

cent Eckert. Die Ursache: Die Einnahmen der Stiftung sind direkt verknüpft mit der CO2-Abgabe und deren Rückvergütung an die Wirtschaft. Zu den Partnerfirmen der Klimastiftung Schweiz zählen Dienstleister wie Banken und Versicherungen. Im Vergleich zu Industriebetrieben stossen sie wenig CO2 aus. Dadurch erhalten sie vom Bund mit der Rückvegütung der CO2-Abgabe mehr Geld, als sie bezahlt haben. Der Klimastiftung Schweiz spenden sie dann den Überschuss. Dieses Jahr rechnet die Stiftung mit weniger Einnahmen. Denn

KLIMASTIFTUNG SCHWEIZ Die 2008 gegründete Stiftung unterstützt kleine und mittlere Unternehmen, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Klima schützen. KMU stärken. Nach diesem Motto unterstützt die Klimastiftung Schweiz Projekte kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Stiftung hat seit ihrer Gründung 2008 rund 1200 KMU in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein mit 14 Millionen Franken unterstützt. Die Klimastiftung Schweiz wurde als gemeinnützige, unabhängige Stiftung gegründet. Sie ist unter Bundesaufsicht und steht interessierten Firmen offen, die durch einen effizienten und gezielten Einsatz der Rückverteilung aus der CO2-Lenkungsabgabe den Klimaschutz verstärken wollen.

die Rückvergütung der CO2-Abgabe fällt tiefer als im vorherigen Jahr aus und das obwohl die Abgabe von 60 auf 84 Franken pro Tonne CO2 erhöht wird.

DIE PARTNER Die Schweizer und Liechtensteiner Dienstleister Allianz Suisse, Alternative Bank Schweiz, AXA Winterthur, Bank J. Safra Sarasin, Bank Vontobel, ECA, Gebäudeversicherung Bern, Gebäudeversicherung Kanton Zürich, Glarner Kantonalbank, Julius Bär, LGT, Liechtensteini-sche Landesbank, Man Investments AG, New Re, PartnerRe, Pictet & Cie, PwC, Raiffeisen Schweiz, RobecoSAM, Sanitas Krankenversicherung, SAP (Schweiz) AG, SCOR Services Switzerland AG, Swisscanto Asset Management AG, Swiss Life, Swiss Re, Vaudoise As-surances, VP Bank und XL Group sind Partner der Klimastiftung Schweiz.

Bildquelle: Depositphotos.com, Kaspri

Zusätzliche Geldgeber Eine Zunahme gab es für die Stiftung bei den Geldgebern: Dank zwei neuen Partnerfirmen sitzen nun 28 Dienst­ leistungsfirmen mit im Boot der Klimastiftung. Die Partnerfirmen engagieren sich freiwillig und verstärken die positive Wirkung der CO2-Lenkungsabgabe. Zudem stellen sie Fachpersonen zur Verfügung, welche in Zusammenarbeit mit der Stiftung die Projekte der KMU unterstützen.

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ZÜRCHER PIONIERE

Neues Format P I O N I E R D E S M O N AT S   Der Elektroingenieur Fritz

­Fischer erfand den Vorläufer der heutigen ­Videoprojektoren, das Eidophor. Ein Gerät, das erstmals erlaubte, Fernsehbilder in ­Kino­leinwandgrösse zu übertragen.

TEXT SILVAN BUHOLZER

Wenn das Wohnzimmer zum Kino umfunktioniert wird, ein Lehrer oder Professor sein Wissen vermitteln möchte oder ein Unternehmer mit einer Präsentation einen Kunden zu gewinnen versucht, kommt meist ein Beamer zum Einsatz. In den 1930er-Jahren träumten viele davon, zuhause mit Kino-Feeling fernsehen zu können. Der Schweizer Elektroingenieur Fritz Fischer war kein Träumer, sondern ein Macher. Dank seiner Erfindung, dem Eidophor, konnten die NASA-Ingenieure 1969 auf einer Grossleinwand «den grossen Schritt für die Menschheit» live mit­v erfolgen. Insgesamt 34 Eidophor-Geräte waren Ende der 1960er-Jahre in den NASA-Raumfahrtzentren installiert. Der Name «Eidophor» stammt aus dem Griechischen und bedeutet«Bildträger». Der Technologie verfallen Fritz Fischer wurde am 9. Februar 1898 in Signau im Emmental geboren. Er interessierte sich früh für Technik und baute zuhause im Keller ein kleines Kraftwerk. In einer Biographie steht geschrieben: «Ein Wasserrad mit schön gelöteten Löffeln trieb einen Stromerzeuger an, der daheim Keller und Waschküche beleuchtete.» Fischer absolvierte von 1917 bis 1924 ein Studium zum Elektroingenieur an der ETH Zürich, das er mit einer Dissertation abschloss. Danach arbeitete er bei den Telefon­werken in Albisrieden und feierte einen ersten grossen Erfolg, worauf ihn die Mutterfirma Siemens & Halske zu sich ins Zentrallabor nach Berlin holte. Dort befasste er sich unter anderem mit der Fern­lenkung von Fahrzeugen. Später entwickelte Fischer auch Fernlenkungssysteme für Schiffe und Flugzeuge.

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«Heil Minger!» Fischer stieg bei Siemens bis zum stellvertretenden Labordirektor auf. Doch als Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, kehrte der Schweizer an die ETH Zürich zurück. Als er später einen ehemaligen Mitarbeiter in Berlin besuchte, begrüsste dieser ihn mit den Worten: «Heil Hitler!». Fischer entgegnete: «Heil Minger!» dem Namen des damaligen Berner Bundesrats. Während der Zeit bei Siemens hatte Fischer ein Gerät entwickelt, mit dem man Tonfilme aufnehmen und wiedergeben konnte. Ausserdem wurde er mit dem Neubau der Filmstudios in Babelsberg beauftragt und studierte währenddessen die physikalischen Grundlagen des Farbfilms. An der ETH Zürich befasste er sich mit der Fernsehtechnik für die Fliegerabwehrprojekte. 1939 skizzierte Fischer während einer Zugfahrt von Bern nach Zürich auf einer Zigarettenschachtel seine Idee von einer Fernsehgrossprojektion: Ein Elektrostrahl, der mithilfe eines Magneten gesteuert wird, zeichnet das Fernsehbild Zeile für Zeile als elektrische Entladungen auf einen dünnen Ölfilm, welcher auf einen Hohlspiegel aufgebracht ist – den Bildträger Eidophor. Während dieses Prozesses entstehen auf dem Öl kleine Hügel, die den einzelnen Bildpunkten entsprechen. Beleuchtet eine starke Bogenlampe das Relief, wird das Licht unterschiedlich stark an den Ölhügelchen gebrochen. Das vom Hohlspiegel reflektierte, abgelenkte Licht wird dabei durch eine Linse auf die Leinwand projiziert. Die Bildpunkte auf dem Hohlspiegel erscheinen dadurch als helle Stellen auf der Leinwand. Eidophor in Bedrängnis An Silvester 1943 präsentierten Fischer und seine Ingenieure erstmals ein Fernseh-Grossbild. Da dieser jedoch

Der Eidophor-­ noch einige Mängel aufwies, bauten Projektor war gut sie einen zweiten Prototypen. Kurz 1.50 Meter hoch vor dessen Premiere starb Fischer an und wog um die den Folgen eines Herzinfarkts, mit nur 360 Kilogramm. 49 Jahren. Ein Freund Fischers, Edgar Das projizierte Gretener, entwickelte später den EidoBild mass 4 mal 5 Meter. phor-Prototypen zur Produktionsreife weiter. Nach dem Tod Gretener 1958 übernahm die Chemiefirma Ciba die Dr. Edgar Gretener AG und taufte diese in Gretag AG um. Die Chemiefirma lancierte den Fernseh-Grossprojektor in einer Schwarz-Weiss- und Farbversion. Das Kinofernsehen setzte sich jedoch nicht so durch, wie es sich Fritz Fischer gewünscht hatte. Die Kinobesitzer zeigten kaum Interesse an dem Eidophor. Die NASA und die Universitäten hingegen kauften das Projektionsgerät, um wissenschaftliche Experimente in Hörsäle zu übertragen. Auch war die Erfindung für Sportübertragungen Fritz Fischer, ETH Zürich, auf Grossleinwände wie ­Gründer AfiF und Firma die Fussball-Weltmeister­Contraves in Zürich, Aufnahme etwa 1946. schaft 1966 oder Boxkämpfen von Muhammed Ali genutzt. Das teure Gerät konnte zudem auch für Kongresse und Tagungen gemietet werden. Der eigentliche Durchbruch kam mit der Montage des Geräts in etlichen Fussballstadien. Bis 1989 waren weltweit über 600 dieser Projektoren in Betrieb. Gegen Ende der 1990er-Jahre wurde die Produktion jedoch eingestellt. Geräte, die auf neueren Technologien wie zum Beispiel der Flüssigkristallanzeige, LCD, basierten, Bilder: zVg, Zürcher ersetzten den Eidophor – doch ohne Pioniergeist/Lehrmittelverlag Fischers Erfindung, hätten diese wahr(o.) Angela Blattner, Archiv Rheinmetall Air Defense AG, scheinlich nicht so schnell entwickelt Zurich, image H_CZ575-2 / wikimedia (u.) werden ­können.


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K U LT U R

Bei der Ausstellung «einfach tierisch» wurden im Garten Skulpturen der französischen Künstlerin Nicole Brecq gezeigt.

Plattform für Aussenseiter A R T B R U T U N D O U T S I D E R - A R T   Das Musée Visionnaire zeigt Kunstwerke, die sich noch nicht zur etablier-

ten Kunstszene zählen können – ein spannendes Schaufenster in die Welt der Aussenseiter.

TEXT SILVAN BUHOLZER

Das Musée Visionnaire öffnete seine Pforten im November 2013. Die Galeristin und Art Brut- Sammlerin Susi Brunner stellte dem Museum ihr Archiv zur Verfügung, welches in 40 Jahren entstanden ist. Darunter sind Künstler wie Gregory Blackstock aus dem US-Bundesstaat Texas, Paul Amar aus Frankreich, Ilija BOSILJ aus Serbien, der Schweizer Kurt Josef Haas und viele andere vertreten. Rea Furrer, die Initiantin des Mu­ seums, gelangte durch den Hausbe­ sitzer, ein Bekannter von ihr, zu den ­Räumlichkeiten. Diese wurden 1968 von dem Schweizer Architektenpaar Trix und Robert Hausmann für die ­Galerie Maeght erbaut. Der SchwarzWeiss-Stil des berühmten Architekten-Duos ist nicht zu übersehen – erkennbar an den weissen Wänden und schwarz ­gehaltenen Fensterrahmen – nicht ­selten kommen deshalb auch ­Architekturinteressierte vorbei. Bevor das Museum in die Räume zog, wurden diese von der Galerie Lelong und zuletzt von der Werbeagentur GGK genutzt.

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Die Aussenseiter im Niederdorf An die Eröffnung des Museums kamen rund 500 Leute. «Die Resonanz war riesig», erinnert sich Rea Furrer, «die Besucherzahlen steigen jedes Jahr.» Dennoch stellt die Finanzierung eine Herausforderung dar. Denn das kleine, feine Museum ist wie die grossen kulturellen Institutionen auf Sponsoren angewiesen. Derzeit wird es von Gönnern und Mitgliedern des Musée Visionnaire Trägervereins unterstützt. Neben den Ausstellungen ist die Vermietung der Räumlichkeiten eine wichtige Einnahmequelle, die Nachfrage ist gross. Furrer sieht darin viel Potential, denn der Bau mit dem kleinen Innenhof ist einzigartig. Sie ist überzeugt, dass sich ihr Mu­ seum positiv auf die lokale Wirtschaft auswirkt: «Die Betriebe in unserer Umgebung profitieren von uns. Die Ge­ schäfte, Restaurants und Bars im Niederdorf werden von unseren Besuchern aufgesucht. Es gibt diverse Studien, die belegen, dass kulturelle Institutionen einen Mehrwert für die Wirtschaft schaffen. Auch sind wir ein starker Tourismus-Magnet. So wie die Umgebung von uns profitiert, profitieren wir von

INFOS Musée Visionnaire, Predigerplatz 10, 8001 Zürich Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 14:00-18:00 Uhr info@museevisionnaire.ch, museevisionnaire.ch

ihr. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Die Lage im Zürcher Niederdorf ist dafür perfekt.» Die rohe Kunst Furrer ist mit Art Brut und Outsider Art gross geworden. Der Begriff «Art Brut» und die damit verbundene Kunsttheorie stammt vom französischen Künstler Jean Dubuffet, dem Anfang 2016 im Beyeler Museum in Riehen eine grosse Retrospektive gewidmet war. Der Künstler machte sich in den 40er-Jahren auf die Suche nach neuer Inspiration. Geprägt von der Repression und Zensur der Kriegsjahre, empfand er die sogenannte etablierte Kunst als viel zu langweilig, kopiert und unauthentisch. Am Rande gesellschaftlicher Strukturen, aber auch in Gefängnissen und Psychiatrien fand er Kunstwerke von Autodidakten, die sich grundlegend von den Werken gängiger Künstler unterschieden. Sie waren frei von jeglichem


Auswahlverfahren Die zwei wichtigsten Kriterien, nach welchen Rea Furrer und ihr Team die

Rea Furrer, die Leiterin des Musée Visionnaire.

Unterschiede auf. Beispielsweise haben wir letztes Jahr bei der Ausstellung iMachination Werke von Outsidern und Skizzen von Jean Tinguely gezeigt. Tinguely war ein grosser Bewunderer und Sammler der Art Brut.»

Werke für eine Ausstellung aussuchen, sind: Es müssen interessante Werke und Künstler sein, die zum Ausstellungsthema passen, und die Positionen müssen der Art Brut und Outsider Art zugeordnet werden können. Furrer erklärt weiter: «Das Musée Visionnaire ist ein gemeinnütziger Verein, der zum Zweck hat, dem Publikum die Kunst der Aussenseiter zugänglich zu machen. Der Kurator macht immer eine Selektion, eine Auswahl aus unendlich vielen Möglichkeiten. Wir arbeiten mit Kunstschaffenden, Sammlern und Institu­ tionen zusammen. Es gibt viele grosse Sammlungen und Projektideen. Je nach Konzept stellen wir diese Positionen auch etablierten Künstlern und anderen Kunstformen gegenüber und zeigen Verbindungen, Gemeinsamkeiten und

Für jeden zugänglich Das Publikum des Musée Visionnaire ist gemischt. Zusätzlich zu öffentlichen Führungen werden Workshops für Kinder, Jugendliche und Studierende angeboten. Und Eltern können in Ruhe die Ausstellung besichtigen, während ihre Kleinen im Postkartenatelier beschäftigt sind, wo sie die Möglichkeit haben, leere Museumspostkarten selber zu gestalten und zu versenden. Besucherinnen und Besucher können Bildkommentare zu den Werken schreiben, welche später in die Ausstellung integriert werden. «Besonders interessant sind die Beiträge von Kindern und Jugendlichen, denn sie betrachten die Kunstwerke unvoreingenommen und sehen Dinge, die erwachsenen Augen teilweise verborgen bleiben», stellt die Museumsdirektorin fest.

Fotos: Silvan Buholzer

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Einfluss von aussen, wild und ungezähmt. Entstanden aus dem Inneren des Kunstschaffenden, ohne sich um Konventionen zu kümmern oder andere künstlerische Vorbilder zu haben. Auch Kinderzeichnungen interessierten ihn. Bald wurden für diese Kunstform auch die Begriffe Outsider Art oder Kunst der Aussenseiter verwendet. Wenn man sich die Werke der Ausstellung «einfach tierisch» ansieht, spürt man dahinter die Leidenschaft der Künstler. Der Algerier Paul AMAR, zum Beispiel, arbeitet mit Muscheln und Krustentieren, welche er zu riesigen Objekten zusammenbaut, mit Nagellack bemalt und mit Glimmer bestäubt. Seine Skulpturen besitzen viele kleine Details. Angefangen hat er mit kleinen Figuren. Einige davon stehen beim Eingangsbereich des Museums zum Verkauf; eine kleine Eule, glitzernd und schön wie ein Swarovski-Setzkasten-Tierchen, fällt sofort auf.

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Peter Lehmann, Mitinhaber Josef Lehmann Holzbau AG

«Weil ich Verantwortung für die Zukunft unserer Mitarbeiter trage.»


K U LT U R

Scheuklappen ablegen P F E R D E D O K U M E N TAT I O N   Der Schweizer Tierschutz STS lud zu einer Pressekonferenz um über die

­Haltung von Reit- und Arbeitspferden in der Schweiz zu informieren. Die Autorin und Filmemacherin ­Jolanda Ellen­berger, selbst passionierte Pferdefrau, führte einen Ausschnitt ihres Films «­ The Freedom of the Heart ­–The Foal Story» vor, der eindrücklich auf die Situation der Fohlen eingeht.

TEXT PETER BLATTNER

Tausende von jungen Pferden weltweit werden getötet, bevor sie ihr fünftes Lebensjahr erreichen. Beim einzigen Schweizer Originalzuchtpferd, dem Freiberger, waren es im Jahre 2014 bei einer jährlichen Geburtenzahl von 2000 Fohlen, ca 37 Prozent, d.h. 740 der sechs Monate jungen Freiberger Fohlen, die nicht über ihren sechsten Lebensmonat hinaus leben durften. Nicht einbezogen sind andere in der Schweiz lebende betroffene Pferderassen, die ebenso in jungen Jahren im Schlachthof enden. Eine verringerte Geburtenzahl der Frei­ berger Zuchtlinie würde jedoch das Pro­ blem der Inzucht kreieren. Der Film von Regisseurin Jolanda Ellenberger, «The Freedom of the Heart – The Foal Story», zeigt eindrücklich die Lebenslinie eines Freiberger Pferdes von Geburt bis zum sechsten Lebensmonat auf. Anders wie bei den Schweizer Spitzensportpferden, die durch ihren sportlichen Einsatz teurer verkauft werden können, weil sie danach im Sport zu Mitverdienern werden, ist das Kulturgut Freiberger in den wenigsten Fällen im Spitzensport vertreten. Die Aufzuchtskosten sind jedoch gleich hoch. Dafür nimmt das Freiberger Pferd nebst Freizeitreiten einen hohen Stellenwert im menschli­ chen Gesundheitssektor – körperlich wie auch psychisch – ein. Ihr zuverlässiger Charakter und idealer Körperbau die­ nen u.a. in Programmen für Jugendliche hervorragend präventiv, holt sie von den Strassen, oder der virtuellen technischen Welt ab, und lernt ihnen Verantwortung für ein wertvolles Lebewesen in der reellen Welt zu tragen. Deshalb sollte zur Erhaltung unseres Kulturgutes, dem Freiberger Pferd, mehr Subventionsun­ terstützung in Richtung Aufzucht und Ausbildung gewährleistet werden. Dies führte u.a. automatisch zu einem bes­ seren Stellenwert im Markt und somit einer grösseren Überlebenschance des Freibergers. Fallen die Subventionen

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weg, wird es für die Züchter schwierig, ihre Zucht weiter zu führen. Und verlo­ rene Züchter kann man kaum wieder zurückgewinnen. Überdies würden artgerechtere Stallhaltungen und bes­ sere Einreitausbildungen gleichzeitig als Unfallsprävention kosteneinsparend rückwirkend für den Bund sein. Frau Ellenberger, welche Beziehung haben Sie zu Pferden? Jolanda Ellenberger  Pferde sind für mich die Delfine auf dem Land. Sie sind i­ntelligent, vielseitig, verspielt, sind Heiler und stets ehrlich. Sie sind wunderbare Lehrer, weil sie immer «im Moment» leben. Nicht in der ­Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Natürlich erinnern sie sich an vergangene Situationen, Trainingsmo­ mente, Traumen, die sie sehr schnell in ihrem Hirn einprägen. Sie sind jedoch sofort wieder im Hier und Jetzt, um als Fluchttier zu überleben. Es kann sein, dass ich selbst auch eine Art Fluchttier bin. Inspirierend ist, dass Pferde nicht nachtragend sind. In diesem Sinne unterscheiden sich die Pferde – leider – von mir. Sie haben schon verschiedene Filme gedreht, bei denen Sie das Drehbuch schrieben, den Film produzierten und Regie führten. Wie kamen Sie in diese Branche? Von Kind an liebte ich es, zu schreiben. Als ich dann in Kalifornien Journa­ listik studierte, berührten wir kurz die ­Technik vom Drehbuchschreiben. Ich wusste sofort, dass dies eines Tages einer meiner Wege sein wird und nahm dann in Zürich Drehbuchunterricht. Als ich dann meinen ersten Kurzfilm in San Francisco mit Schauspielern drehte, spürte ich mich überraschen­ derweise in der Regie auch sofort zu Hause. Wo werden Ihre Filme gezeigt? Bis zum jetzigen Zeitpunkt vorwiegend

Jolanda Ellen­ berger gewinnt beim WorldFest Houston Inter­ national Film ­Festival in Texas den «the special jury remy award».

Bild: zVg

in Film Festivals (Monaco, Kalifornien, Montana, New York) auf Grosslein­ wand. Manche Filme gingen direkt in den DVD-Verkauf. Und bei kritischen Themen, wo ich Gäste zu Podienge­ sprächen einlud um die Thematik in der reellen Welt zu bearbeiten, organi­ sierte ich diese Events in der Schweiz und Deutschland gleich selber. Sie leben abwechselnd im Jura und in den USA. Ist dies berufsbedingt? Das Leben in den USA ist berufsbedingt und weil mein Herz dort vor vielen Jah­ ren tiefe Wurzeln geschlagen hat. Und so geht es mir auch im schweizerischen Jura. Ich liebe die grosse Weite dieses Pferdeparadieses und habe deshalb meine zwei Freiberger Pferde hier in ihrer Geburtsheimat, wo sie ihr Her­ denleben auch als erwachsene Pferde 365 Tage im Jahr geniessen können.


Was war Ihr bisher grösstes Erfolgserlebnis? Als ich bei einem Filmdreh für meinen 90-minütigen Pferde-Dokumentarfilm den portraitierten Herren derart be­­rühr­te, dass er mich danach nach Kalifornien zu einem Filmdreh über sein Schaffen engagierte. Wie werden Ihre Filmprojekte ­finanziert? Sehr unterschiedlich. Dieses Thema ist das Schwierigste. In erster Linie mit eigenem Geld und etwas durch Kulturfonds. Doch bis anhin erhielt ich mehr Gelder aus dem Ausland als aus der Schweiz. Selbst für den Fohlenfilm, welcher ja ein Schweizer Kulturgut ist. Es wäre schön, auch Schweizer Investoren und Sponsoren für meine weiteren Projekte zu gewinnen. Sie setzen sich filmisch für die Pferde ein und betreuen selber zwei junge Freiberger. Wie kamen Sie zu diesem persönlichen Engagement für die Freiberger Pferde? Als ich für meinen 90-minütigen Doku-

mentarfilm die Geburt eines Freiberger Fohlens filmte, um die Perfektion der Sinne des Pferdes gleich nach der Geburt darzustellen, fand das gefilmte Fohlen als sechs Monate junges Lebewesen kein neues Zuhause und wäre somit getötet worden. Dadurch kam ich auf das Thema «Freiberger Schlachtfohlen». Weil wir kein Zuhause für das Fohlen finden konnten, nahm ich das Fohlen schliesslich zu meinem ersten Pferd hinzu und machte einen Dokumentarfilm über die viel zu lange hängige Situation «Schlachtfohlen». Es ist mir persönlich ein Anliegen, dass alle beteiligten Berufsorganisationen, die zum Wohle der Freibergerzucht arbeiten, mehr gemeinsame Kommunikation finden und auch einmal gemeinsam zu Taten zu greifen. Als ich meinen Freibergerfohlen-Dokumentarfilm der Öffentlichkeit vorstellte, beauftragte der Bund eine Expertenarbeitsgruppe, um Lösungen zur Erhaltung des Freibergers in Erfahrung zu bringen. Mein Kurzdokumentarfilm veranlasste den Schweizer Tierschutzverein und den Schweizerischen Freiberger Verband im Dezember 2015 zu einem gemeinsamen Treffen.

Wenn Sie einen Weltstar verpflichten könnten, wer wäre Ihr Wunschkandidat oder -kandidatin? Es kommt jeweils sehr auf die von mir geschriebene Drehbuchrolle an. Jodie Foster finde ich eine hervorragende Charakterdarstellerin. Und natürlich unseren Schweizer Schauspieler Bruno Ganz. Es gibt so viele wunderbare Schau­spieler. Diese beiden wirken einfach in jeder gegebenen Rolle mit jeder Zelle ihres Körpers authentisch. Was sind Ihre nächsten Projekte? Ich arbeite an einem Drehbuch für einen Pferde-Thriller. Und dann bin ich auch an der Postproduktionvorbereitung eines 90-minütigen Pferdedokumentarfilms, The Freedom of the Heart – The «whole» Story, dran. Ich möchte mit emotional starken Bildern Menschen berühren, zeige einmalige Erkenntnisse die wissenschaftlich unterstützt sind und die Welt noch nicht kennt, die hoffentlich zum Verständnis für die königlichen Tiere beitragen. Anzeige


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BUSINESSLUNCH

Eine Walliser Enklave C AV E VA L A I S A N N E   In Küsnacht am

­Zürichsee ­befindet sich das kleine Restaurant Chez Crettol, d ­ essen Wein- und Käse­ spezialitäten weltweit ­geschätzt werden. An den Wänden ­entdeckt man neben viel Kunst auch Unterschriften von Roger Federer, Pelé oder Sebastien Vettel – sie bezeugen die weitherum geschätzte Gastfreundschaft der Familie Crettol.

Die Raclette-Zubereitung am offenen Feuer lässt den Gast vergessen, dass er sich in Zürich und nicht im Wallis aufhält. Bilder: zVg

TEXT PETER BLATTNER

Im Rahmen unserer Serie begeben wir uns nach Küsnacht. Mit der S-Bahn ab Stadelhofen sind es nur wenige Gehminuten. Oberhalb des Bahnhofs steht das Restaurant Crettol, das in der zweiten Generation von der Walliserin Denise Crettol geführt wird. Das Lokal ist nur abends geöffnet, der Wirtesonntag ist wie vielerorts der Montag. In den Monaten Juni, Juli und August ist der Betrieb ebenfalls geschlossen. Im Restaurant hat es Platz für 45 Gäste. Ein grosses Cheminée sorgt nicht nur für Atmosphäre, sondern mildert auch den Käsegeruch, der den Käseschnitten, den Fondues und den Raclettes entströmt. Eine gute Lüftung sorgt dafür, dass die Gäste auch ihre Fleischgericht geniessen können. Der Gast staunt, wie viele Kunstwerke, Bilder und Skulpturen hier ausgestellt sind. Im kleinen Stübli auf der anderen Seite des Lokals nehmen bis zu 20 Gäste Platz. Ein Abend mit Raclette vom Cheminée Dieser beginnt am besten mit einem Walliser Trockenfleisch, Rohschinken oder der Saaser Wurschgi. Für die Freunde von guten Salaten sei darauf hingewiesen, dass diese wunderbar frisch und auch optisch sehr schön arrangiert sind. Die Sauce ist vorzüglich. Gäste kommen mit Mineralflaschen vorbei, um sich einen Vorrat zu sichern. Fondues gibt es in verschiedenen Varianten: Maison, Tomaten, Moi-

tié-Moitié, au Roquefort, aux Fines Herbes und das teuerste au Champagne. Das Raclette wird am Cheminée zubereitet. Man legt einen halben Käselaib ans offene Feuer, wenn er schmilzt, wird er abgestrichen. Ein herrlicher Genuss im Freundes- oder Familienkreis.

von bekannten Winzern wie Stéphane Reynard, Romain Papilloud oder Nicolas Zufferey, um nur einige zu nennen. Es folgen Spezialitäten wie Petite Arvine, Johannisberg, Heida, Humagne Blanc und viele andere bis hin zu Muscat oder Assemblages blancs. Das Angebot an Rotweinen ist wesentlich kleiner, denn 98 Suggestion du Soir Prozent des Umsatzes wird Auf dieser kleinen aber feinen mit Käsegerichten erzielt. Die Karte finden sich unter andePreise für Dôle umd Gamay rem Ravioli, Kalbskoteletten können als günstig bezeichnet oder ein knuspriges Mistwerden. Den teureren Pinot kratzerli von imponierendem Keine Show, keine Effekthascherei. Noir liefern teilweise die gleiUmfang. Gross ist die Auswahl Bei Gastgeberin Denise Crettol gibts an Desserts. Neben diversen bodenständige Gastlichkeit. chen Winzer wie beim WeisSorbets gibt es Köstlichkeiten sen. Wer tiefer in die Tasche wie ChriesoRooscht, geröstegreifen will, der wendet sich RESTAURANT CRETTOL dem Syrah zu. Hier stehen tes Mehl mit Kirschen, VanilFlorastr. 22, 8700 Küsnacht, auch Magnum und noch grösleeis und Schlagrahm. Auch Telefon 044 910 03 15 eine Mousse au Chocolat lässt sere Formate zur Verfügung. Geöffnet Dienstag bis Sonntag ab 18 Uhr sich der Geniesser schmecken. Zu einem grösseren Teil sind Für den Coup au Milieu oder die Weine auch im Offenausden Verdauungsschnaps stehen viele schank zu haben. Die Gäste setzen sich bewährte Walliser Spirituosen bereit, aus Anwohnern, Geschäftsleuten und wie der Pomme, der Marc, natürlich Gästen aus Hotels zusammen, die das der Bon Père William, Abricotine, Crettol für einen Besuch empfahlen. Lie-Weindrusen, (nach Meinung der Redaktion bestens zum Fondue geeigFreude daran, Freude zu bereiten Die charmante Gastgeberin geht sichtnet, da geruchsneutral) und unter anderem auch Quittenschnaps. lich in ihrem Beruf auf. Sie serviert nur Die Weine stammen natürlich ausTopqualitäten und steht für Natürlichschliesslich aus dem Wallis und werkeit und Menschlichkeit. Hier wird keine Show abgezogen, keine Effekthaden von Denise Crettol persönlich ausgesucht. Bei den Weissen domischerei, dafür bodenständige Gastlichniert der Fendant mit edlen Tropfen keit geboten.

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RECHT

«Schweiz» besser geschützt M A R K E N R E C H T   Am 1. Januar 2017 tritt die neue Schweizer «Swissness»-Gesetzgebung in Kraft.

Die vorgesehenen Änderungen im Marken- und Wappenschutzgesetz finden Anwendung auf Unternehmen aus dem In- und Ausland, die ihre Dienstleistungen und Produkte hier in der Schweiz anbieten.

Herkunft des Produktes als Ganzes und nicht nur als Hinweis auf einen einzelnen Produktionsschritt verstanden wird.

TEXT JULIA GSCHWEND

Schweizer Waren und Dienstleistungen werden von Konsumentinnen und Konsumenten besonders geschätzt und geniessen auch im Ausland einen guten Ruf. Dadurch resultiert für Schweizer Produkte ein wirtschaftlicher Mehrwert, der insbesondere bei Luxusgütern bis 50 Prozent des Verkaufspreises ausmacht. Als Folge davon hat die missbräuchliche Verwendung des Labels «Schweiz», respektive des Schweizerkreuzes, zugenommen. Mit der neuen «Swissness»-Gesetzgebung soll die Marke «Schweiz» besser geschützt werden. Schweizer Herkunftsangaben Damit Waren und Dienstleistungen die neuen «Swissness»-Regeln erfüllen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Bei Naturprodukten wie beispielsweise Früchte, Gemüse, Fleisch oder Mineralwasser, welche ohne Verarbeitung verwendet werden können, ist die Art des Produkts massgebend. Für Gemüse und andere pflanzliche Produkte ist es der Ort der Ernte, für Fleisch der Ort, an dem das geschlachtete Tier den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, und bei mineralischen Erzeugnissen wie Mineralwasser der Ort der Gewinnung (Art. 48a des revidierten Markenschutzgesetzes, nachfolgend «nMSchG»). Bei Lebensmitteln müssen mindestens 80 Prozent des Gewichts der verwendeten Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Es gelten gewisse Ausnahmen für Rohstoffe, welche in der Schweiz nicht vorkommen, wie beispielsweise Kakao. Für Milch und Milchprodukte gelten hingegen noch strengere Voraussetzungen; hier müssen 100 Prozent aus der Schweiz stammen (Art. 48b nMSchG). Bei industriellen Produkten müssen mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten (inkl. Forschungs- und Entwicklungskosten) in der Schweiz

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ZHKMU l Nr. 3 l 2016 l

Bei Lebensmitteln müssen mindestens 80 Prozent des Gewichts der verwendeten Rohstoffe aus der Schweiz stammen, um die «Swissness»-Regeln zu erfüllen – ausgenommen Milch und Milchprodukte, bei diesen sind es 100 Prozent. Bild: Depositphotos.com, lsantilli

anfallen und die Tätigkeit, die dem Produkt die wesentlichen Eigenschaften verleiht, muss in der Schweiz stattfinden. Dies gilt neu auch für Uhren (bisher wurde einzig auf das Uhrwerk abgestellt; Art. 48c nMSchG). Neu geregelt wurden in Art. 49 nMSchG auch die Voraussetzungen für Dienstleistungen. Damit diese als schweizerisch bezeichnet werden dürfen, muss sich der Sitz und die tatsächliche Verwaltung des Unternehmens in der Schweiz befinden. Auslobung einzelner Produktionsschritte Erfüllt ein Produkt die «Swissness»-Regeln nicht, können einzelne Produktionsschritte mit dem Begriff «Schweiz» beworben werden, wenn die Tätigkeit vollständig in der Schweiz vorgenommen wurde, zum Beispiel für Wurst oder Lachs «geräuchert in der Schweiz», für Möbel oder Kleider «designed in Switzerland». Das Schweizerkreuz darf in diesem Fall jedoch nicht verwendet werden, da dieses als Hinweis auf die

Verwendung des Schweizerkreuzes Nach den neuen Bestimmungen des Schweizer Wappenschutzgesetzes darf das Schweizerkreuz nicht nur wie bis anhin für Schweizer Dienstleistungen, sondern auch für Schweizer Produkte verwendet werden, sofern diese aus der Schweiz stammen und die Voraussetzungen für die Herkunftsangaben erfüllen.

Übergangsbestimmungen Die neue «Swissness»-Gesetzgebung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Es gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Lebensmittel und Industrieprodukte, welche vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen hergestellt wurden, dürfen noch während maximal zwei Jahren ab Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung in Verkehr gebracht werden. Im Hinblick auf die neue Gesetzgebung empfiehlt sich eine Analyse der einzelnen Produktionsschritte, um festzustellen, ob das Label «Schweiz» auch nach den neuen Bestimmungen noch verwendet werden darf. Bei gewerbsmässigem Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben sieht Art. 64 Abs. 2 nMSchG eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor.

DIE AUTORIN Julia Gschwend, lic. iur, LL.M. ist Mitarbeiterin der Anwaltskanzlei Reber. Die Rechtsanwältin ist unter anderem spezialisiert auf Arbeits- und Mietrecht sowie auf Vertragsrecht. Kontakt: julia.gschwend@reberlaw.ch


RECHT

Besteuerung von Startups P R A X I S Ä N D E R U N G Die Steuersituation für Startup-Inhaber war im Kanton Zürich seit einiger Zeit

­unangenehm. Am 1. März 2016 passte das kantonale Steueramt deshalb seine Praxis bei der Bewertung von ­Unternehmen teilweise an, was zu einer erheblichen Erleichterung bei der Vermögenssteuer führte.

TEXT NICOLAS FACINCANI

Im Kanton Zürich gibt es überdurchschnittlich viele Firmengründungen: 39 der als Top 100 bezeichneten Jung­ unternehmen der Schweiz stammen aus dem Kanton Zürich. Veräussern die Aktionäre ihre im Privatvermögen gehaltenen Aktien an den Startups, so hat dies grundsätzlich keine Einkommenssteuerfolgen, dürfte es sich doch in der Regel um einen steuerfreien Kapitalgewinn handeln. Anders sieht die Situation in Bezug auf die Vermögenssteuer aus. Hier war die Situation besonders unbefriedigend. Bisherige Regelung Nach der Gründung eines Startups stellen die Steuerbehörden für die Veranlagung der Vermögenssteuer auf den Substanzwert des Unternehmens ab. Anders lautet die bisherige Praxis, wenn ein Startup eine Finanzierungsrunde durchführt, um Geld für den Ausbau oder den Aufbau des Unternehmens zu beschaffen: Hier stellten die Steuerbehörden auf den Verkehrswert der Aktien aufgrund der letzten Finanzierungsrunde ab. Diese Argumentation erfolgte mit Verweis auf eine landesweit gültige Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz, gemäss welcher zwar Unternehmen in der Aufbauphase nach dem Substanzwert besteuert werden, diese aber endet, sobald Investoren einsteigen. Die für die Steuerbehörden relevante Bewertung eines neu gegründeten Unternehmens schoss dabei in die Höhe, sobald die Gesellschaft eine Finanzie-

rungsrunde mit externen Investoren abgeschlossen hatte. Dies konnte die Gründer in Schwierigkeiten bringen, da sich die meisten innovativen Gründer in den ersten Jahren nur ein bescheidenes Einkommen auszahlen. Anpassung der Praxis des kantonalen Steueramts Das Abstellen auf den Verkehrswert wurde in der Branche verschiedentlich als Hemmnis für Innovation kritisiert. Offenbar führten diverse Proteste gegen diese Praxis sowie Gespräche des Steueramtes mit Vertretern der Wirtschaft zu einem Teilerfolg. Am 1. März 2016 teilte das Steueramt des Kantons Zürich in einer Medienmitteilung mit, dass es seine Praxis bei der Bewertung von Unternehmen in den Anfangsjahren anpasse, um den Innovationsstandort Zürich zu stärken. Mit besonderer Rücksicht auf die Werthaltigkeit von Startups in der Aufbauphase wurde versucht, den geltenden rechtlichen Rahmen einzuhalten. Die Regelung gilt derzeit nur im Kanton Zürich, es ist aber nicht auszuschliessen, dass sich in Zukunft auch andere Kantone danach richten werden. Die neue Regelung Die neue Lösung sieht nun vor, dass die Investorenpreise in den ersten drei Geschäftsjahren nicht berücksichtigt werden; während dieser Zeit wird der Vermögenssteuerwert aufgrund des Substanzwertes bestimmt. In den beiden Folgejahren wird dann der Vermögenssteuerwert aufgrund des Durchschnittes der Investorenpreise und des Subs-

tanzwertes ermittelt, wobei im vierten Jahr die Investorenpreise einfach und der Substanzwert doppelt und im fünften Jahr die Investorenpreise doppelt und der Substanzwert einfach berücksichtigt werden. Ab dem sechsten Jahr wird dann voll auf die Investorenpreise abgestellt. Eine spezielle Regelung gilt sodann für die Biotech- und Medtech-Startups, welche im Kanton Zürich vor allem im Limmattal stark vertreten sind. Im Durchschnitt brauchen diese Firmen viel länger, um ihre Ideen in marktfähige Produkte zu verwandeln. Aus diesem Grund wurde bei diesen Gesellschaften die drei Jahre auf fünf Jahre erweitert.

Die Vermögenssteuer lastete schwer auf den Schultern der Startups – die jüngste Praxisänderung soll nun Erleichterung bringen. Bildquelle: Depositphotos.com, olly18

Würdigung der Regelung Die Interventionen der Wirtschafts­ vertreter haben einen Teilerfolg ge­­ bracht und dürften die Situation der Firmengründer etwas entschärfen. Die Richtung stimmt grundsätzlich. Allerdings dürfte diese neue Regelung nicht in jeder Situation die erhoffte Entlastung mit sich bringen, da sich die Frist von drei Jahren in vielen Fällen immer noch als viel zu kurz erweisen wird. Pragmatische Lösungsansätze sind also gefragt.

DER AUTOR Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private in wirtschaftsrechtlichen Belangen. Kontakt: facincani@vfs-partner.ch

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NETZWERKE

Das revidierte Asylgesetz ermöglicht den Behörden, die hohe Zahl an Asylanträgen bewältigen zu können.

Bild: Depositphotos.com, Csakisti

Auf dem Prüfstand M I G R AT I O N S P O L I T I K   Am 5. Juni stimmen wir über das revidierte Asylgesetz ab. Es ermöglicht raschere und

dennoch rechtsstaatlich korrekte Verfahren. Erste Erfahrungen im Testbetrieb zeigen dies. Gegen die Gesetze­ sänderung wurde das Referendum ergriffen.

TEXT REGINE SAUTER

Dank einer konsequenteren Rechtsver­ tretung der Asylsuchenden gewähr­ leistet die Gesetzesrevision, dass die Verfahren fair und rechtsstaatlich kor­ rekt ablaufen. Durch die Zentralisie­ rung der Verfahren in Bundeszentren wird es zudem möglich, substanzielle Einsparungen zu erzielen. Ein Testbe­ trieb in Zürich, wo während der letzten rund zwei Jahren Erfahrungen gesam­ melt werden konnten, zeigt, dass diese Ziele mit der neuen Organisationsform erreicht werden können. Die Abstimmung über die Asylge­ setzrevision ist von Bedeutung. Dich­ testress, Angst um den Arbeitsplatz, allgemeines Unbehagen vor «zu vielen Ausländern» sind Gründe, die vor rund zwei Jahren zur Annahme der Masse­ neinwanderungsinitiative geführt hat­ ten. Seither ist – angesichts der beklem­ menden Bilder von Flüchtlingsströmen in ganz Europa – in der Bevölkerung noch die Befürchtung hinzugekom­ men, dass auch die Schweiz einen grossen Zustrom von Asylsuchenden bewältigen müsse. Es ist unbestritten:

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ZHKMU l Nr. 3 l 2016 l

die Schweizer Migrationspolitik steht auf dem Prüfstand. Glaubwürdige Migrationspolitik entscheidend Für die Wirtschaft steht in diesem Umfeld viel auf dem Spiel. Sie ist auf den guten Zugang zu ausländischen Märkten angewiesen, insbesondere den europäischen Binnenmarkt, und ohne qualifizierte Fachkräfte kann sie ihre innovativen Spitzenleistungen nicht erbringen. Und diese Arbeitskräfte fin­ den sich nicht in genügender Anzahl in der Schweiz. Diffuse Ängste in der Bevölkerung, angeheizt durch ideologische Debatten, die mit Blick auf die schwierigen Verhält­ nisse in unseren Nachbarländern geführt werden, können jedoch zur Folge haben, dass die Rahmenbedingungen, die für unsere Wirtschaft so wichtig sind, ernst­ haft in Frage gestellt werden. Gelingt es nicht, deutlich aufzuzeigen, dass die Schweiz eine wirksame und kohärente Migrationspolitik umsetzt, wird man die Stimmbevölkerung auch nicht dafür gewinnen können, zu einem geregelten Verhältnis mit der EU Ja zu sagen.

Asylgesetz auch für die Wirtschaft wichtig Genau aus diesem Grund ist auch die Abstimmung vom 5. Juni über das revi­ dierte Asylgesetz für die Wirtschaft von Bedeutung. Das neue Gesetz ermöglicht raschere und dennoch rechtsstaatlich korrekte Verfahren: Menschen mit ei­­ nem ausgewiesenen Anspruch auf Asyl werden bei uns weiterhin Schutz fin­ den. Andere können rascher in ihr Hei­ matland zurückgewiesen werden. Den Behörden wird damit ermöglicht, die hohe Zahl an Asylanträgen bewältigen zu können. Es beweist auch, dass die Schweiz sehr wohl in der Lage ist, die Frage der Ausländerinnen und Ausländer in ihrem Land verantwortungsvoll und im Sinne der Bevölkerung zu regeln. Eine glaubwürdige Migrationspolitik ist im Interesse der Schweiz und der Wirt­ schaft. Das Asylgesetz ist Teil davon und muss deutlich angenommen werden. DIE AUTORIN Dr. Regine Sauter ist Direktorin der Zürcher Handelskammer und Nationalrätin.


NETZWERKE

Gegen jede Regel A R B E I T S V E R H Ä LT N I S   Ein Unternehmensjurist muss die betriebsinternen Kommunikations­

regeln kennen und befolgen, sonst braucht er nicht lange auf das Kündigungsschreiben zu warten. VERBAND ZÜRCHER HANDELSFIRMEN

044 267 40 30 www.vzh.ch

Der Verband Zürcher Handelsfirmen (VZH) ist mit seinen rund 2 300 Mitgliedsfirmen eine starke Stimme der Arbeitgeber im Wirtschaftsraum Zürich. Die Mitgliedsfirmen profitieren u.a. von der kostenlosen Rechtsberatung im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht und den regelmässig erscheinenden Mitteilungsblättern mit aktuellen personalrechtlichen und -politischen Informationen wie Gerichtsurteilen, Checklisten, Gesetzesneuerungen, Veranstaltungshinweisen u.v.m.

Die Missachtung geltender betrieblicher Richtlinien kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

TEXT HANS STRITTMATTER

Der Beschwerdeführer war als Unter­ nehmensjurist und zugleich Arbeit­ nehmervertreter bei der SBB angestellt. Trotz mehrmaliger Abmahnung hielt er sich nicht an die internen Kommu­ nikationsregeln, indem er sich mehr­ fach unangemessen und diffamierend äusserte. Die SBB haben daraufhin das Arbeitsverhältnis infolge wiederholter Verhaltensmängel aufgelöst. Wer nicht hören will Das Bundesgericht: «Angesichts der verschiedenen E-Mails des Beschwer­ deführers ist erstellt, dass seine Art der Kommunikation nicht den Regeln der betriebsinternen Richtlinie entsprach, welche ihm als Unternehmensjurist

aber bekannt sein mussten. Insbeson­ dere nach der zweiten Mahnung wegen unangemessener Äusserungen und ausgesprochener Drohungen musste ihm die Bedeutung der Einhaltung der internen Kommunikationsregeln klar sein. Weiter ist die fehlende Bereit­ schaft eines Legal Counsel, sich an die geltenden Reglemente zu halten, sehr wohl geeignet, das Vertrauens­ verhältnis zwischen dem Arbeitneh­ mer und der Arbeitgeberin erheblich zu erschüttern.» In seinen E-Mails habe der Beschwerdeführer Wünsche geäussert und gedroht, er werde im Falle der Nichtbefolgung nach aussen an «politische Instanzen» respektive an «Volksvertreter im schweizerischen Parlament» gelangen. Für das Bundes­ gericht war der Fall eindeutig. Es erach­

Bild: Depositphotos.com, amickman

tete die Kündigung als sachlich gerecht­ fertigt und wies die Beschwerde unter Kostenfolge ab (Urteil vom 19. Januar 2016, 8C_541/2015). Keine missbräuchliche Kündigung Auch wenn auf den vorliegenden Fall grundsätzlich das Bundespersonal­ recht Anwendung fand, lassen sich die Umstände ohne weiteres ins private Arbeitsrecht übertragen, das ohnehin weniger formalistisch ist. Eine Kün­ digung aufgrund wiederholter Verlet­ zungen der Treuepflicht ist nicht miss­ bräuchlich. Dies gilt erst recht, wenn korrekt abgemahnt wurde und den Arbeitnehmer wie im vorliegenden Fall aufgrund seiner Funktion als Angehöri­ ger des Fachkaders eine erhöhte Treue­ pflicht trifft.

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ZÜRICH IM BILD

Kein Zutritt für Männer! Keine Sorge, das Verbot gilt nur tagsüber. Am Abend wird aus dem Frauenbad die Barfussbar – und diese hat für alle geöffnet. Ursprünglich war das 1837 gegründete Bad nicht zum Schwimmen gedacht, sondern wurde als Ort für die Körperpflege konzipiert. Damals gab es noch kein fliessendes Wasser in den Haushalten. Damit sich auch jede von Schmutz und Keimen befreien konnte, war die Badezeit pro Besucherin auf dreissig Minuten beschränkt. Erst 1888 fand der Umbau zum Schwimmbad im Jugendstil statt. Der schwimmende Gebäudekomplex auf der Limmat wird auch als «Kastenbad», ein abgeschlossener rechteckiger Holzbau, bezeichnet. Er ist am Stadthausquai, auf der linken Limmatseite, festgemacht. Bild: Silvan Buholzer 38 l

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