UZ 12 2015

Page 23

also kostenintensiv ist –, war es schwierig, Investoren zu finden: «Die Finanzierung ist immer eine Herausforderung für Startups, besonders in der Schweiz.» Meilensteine wie die Partnerschaft mit Audi haben gegen Aussen signalisiert, dass es einen Markt gibt, wodurch erste Konkurrenten auf der Bildfläche erschienen sind. Gunura geht davon aus, dass die Meisten warten, bis Noonee die Zertifizierung für den Chairless Chair erhält: «Dann wissen sie, dass es möglich ist, diese zu bekommen.» Nun gehe es darum, an vorderster Front dabei zu sein und zu bleiben. Der neuen Situation kann Gunura auch Positives abgewinnen: «Wenn du Nachahmer hast, heisst das, du machst etwas richtig.» Um auf dem Markt Fuss zu fassen, dürfen die Preise nicht zu hoch sein. Die Kernelemente des Chairless Chair, die hydraulischen Teile und der Rahmen sollen in der Schweiz, Kleinteile in anderen europäischen Ländern produziert werden. Viele Interessenten kommen aus China, den USA, Deutschland, Japan und Korea. Auch in der Schweiz gäbe es Interessenten, aufgrund der fortschreitenden De-industrialisierung seien es allerdings weniger.

Der Prototyp «Chairless Chair» wurde in den ausgewählten Werken von Audi und VW getestet.

Foto: zVg

ist eine 3.8 Kilogramm leichte Konstruktion aus Carbon, die auf der Rückseite der Beine getragen wird und sich an deren Konturen anpasst. Das Gewicht soll noch weiter reduziert werden. Fixiert wird sie mit Gurten an Hüfte, Beinen und Knöcheln. Dank einem hydraulischen Dämpfer ist die Anpassung an die gewünschte Sitzhöhe möglich. Die Reduktion auf die Grundfunktion, den Träger in sitzenden Positionen zu entlasten, machte den Prototypen auch günstiger in der Herstellung. Im Unterschied zu für Rehabilitationszwecke konstruierten Exoskeletten gibt der Chairless Chair dem Träger keine Kraft, sondern bietet aktivierende Unterstützung: Das Gewicht wird von den Knien zum Boden hin abgeleitet. Die Beine werden zum Ausbalancieren benötigt, was das Verkümmern der Muskeln verhindert.

ersten grossen Partner. In einem Pilotprojekt wurde der Chairless Chair in den Werkhallen am Standort Neckarsulm getestet. Dank zufriedenstellender Ergebnisse arbeiteten der deutsche Autobauer und das Schweizer Startup bei der Weiterentwicklung des Produkts zur Serienreife zusammen. Vor allem der Tragekomfort wurde weiter erhöht: «Eine neue Technologie wird nur dann genutzt, wenn der Mensch diese akzeptiert und sich wohl fühlt damit», so Gunura. Mittlerweile ist die Testphase abgeschlossen und Noonee auf der Suche nach Kapital für die Produktion, welche voraussichtlich im Herbst 2016 anläuft. Die Anfragen an Noonee zeigen, dass der stuhlfreie Stuhl neben grossen Industriebetrieben auch für Chirurgen, Schweisser, Zahnärzte, Jäger und gar Fluggesellschaften von Nutzen sein könnte.

ABGESCHLOSSENE TESTPHASE Bei der Konzeption des Chairless Chair hatte das Noonee-Team vor allem Betriebe mit grossen Montagehallen vor Augen, welche es gezielt anschrieb. Mit Audi fand es einen

EIN NEUER MARKT Mit dem Chairless Chair hat Noonee ein Produkt entwickelt, für das es so noch keinen Markt gab. Aus diesem Grund und weil es sich um ein Hardware-Produkt handelt –

MÜHEN DER REKRUTIERUNG Neben der Herausforderung Investoren zu finden – im Idealfall «smarte» Investoren, die neben Geld etwa ein Netzwerk oder Expertise einbringen –, gestaltete sich auch die Suche nach Teammitgliedern schwierig: «Ich hatte Mühe damit, Schweizer ETH-Studenten für Noonee zu gewinnen. Sie sehen die Notwendigkeit nicht, eine Firma zu gründen, denn bei der ABB bekommen sie problemlos einen Job.» Mitgründerin Olga Motovilova lernte Gunura in einem Salsakurs kennen, was sich als wahrer Glücksfall erwies: Die Wirtschaftswissenschaftlerin kannte sich aus in der Startup-Szene und war gut vernetzt. Mit Daniel Vafi stiess 2015 das dritte Teammitglied zu Noonee. Neue Mitglieder würden vom Team mit offenen Armen empfangen. HOCHGESTECKTE ZIELE Das Ziel von Noonee ist kein Geringeres als die Marktführerschaft im Bereich tragbarer und ergonomisch-mechatronischer Devices. Der Chairless Chair ist der erste Schritt auf dem Weg dorthin. Die Ideen für neue Produkte gehen Gunura so schnell nicht aus, bleiben aber geheim: «Ich habe ein Notizbuch gefüllt mit Ideen. Immer wenn jemand eine davon umsetzt, streiche ich sie.» Sein grosses Vorbild ist der Visionär Nikola Tesla (18561943): «Hätten die Leute auf ihn gehört und ihn finanziert, wäre die Geschichte wahrscheinlich anders verlaufen. Vielleicht wären Mobiltelefone heute schon veraltet.» Nr. 12 2015 | UnternehmerZeitung

23


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.