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360° WALD
Viertes Landesforstinventar
Wie geht es dem Schweizer Wald? Das vierte Landesforstinventar zeigt, wo der Wald in Bezug auf die Ziele der Waldpolitik des Bundes steht. Trotz grossen Herausforderungen auf lokaler Ebene ist der Schweizer Wald generell in einem guten Zustand. Seine Klimatauglichkeit nimmt zu, und die Schutzwirkung genügt in der Regel den Anforderungen. Doch es bleibt regional noch einiges zu tun. Text: Oliver Graf «Der Bund möchte mit dem Landesforstinventar (LFI) herausfinden, ob seine Waldpolitik Wirkung zeigt und ob die Schweizer Wälder sich in die beabsichtigte Richtung entwickeln», erklärt Michael Reinhard, Chef der Abteilung Wald beim BAFU. Zwischen 2009 und 2017 hat bereits die vierte solche Erhebung stattgefunden, die nun 2020 mit einem zusammenfassenden Hauptbericht zum LFI4 ihren Abschluss gefunden hat. Es handelt sich dabei um ein Gemeinschaftsprojekt des BAFU und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Angesprochen auf wichtige Themen der Waldpolitik, bei denen sich Michael Reinhard vom LFI die aufschlussreichsten Antworten verspricht, erwähnt er die Waldgesundheit (insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel), die Waldverjüngung (speziell in Schutzwäldern) sowie die Ausschöpfung des Potenzials zur Holznutzung.
Wissenschaft in Zukunft häufiger auftreten. «Für viele Wälder bedeuten solche Szenarien Stress», erklärt Michael Reinhard und erinnert an das schon im Juli braun verfärbte Buchenlaub im aussergewöhnlich trockenen Sommer 2018. Im Folgejahr waren dann zahlreiche Bäume abgestorben.
Trockenperioden bedeuten Stress
Doch Forstleute und Waldeigentümer können den Wald auf das künftige Klima vorbereiten, indem sie resistente Baumarten wie etwa die Eiche fördern und empfindliche wie die Fichte im Mittelland zurückhaltender einsetzen. Wie das LFI4 zeigt, geht die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten bereits in die richtige Richtung. So hat die Baumartenvielfalt generell zugenommen: Bestände mit
Seit den Erhebungen des ersten LFI zwischen 1983 und 1985 ist die jährliche Durchschnittstemperatur in der Schweiz bereits um rund ein Grad gestiegen, und die Erwärmung wird sich aller Voraussicht nach noch einige Jahrzehnte fortsetzen. Ausgeprägte Trockenperioden, wie sie unser Land in den letzten Jahren erlebt hat, dürften nach Auskunft der
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«Die Entwicklung bei der Anpassung an den Klimawandel geht in die richtige Richtung. Gleichzeitig nehmen aber auch die Herausforderungen zu.» Michael Reinhard | BAFU
einer einzigen Baumart gingen seit der letzten Erhebung von 19 auf 16 Prozent zurück. Eine Mischung verschiedener Baumarten reduziert das Risiko flächiger Schäden bei grossem Stress und erhöht zudem die Artenvielfalt. Zudem hat im Laubwaldgebiet die Fläche standortfremder Fichtenbestände deutlich abgenommen. Gründe für den Rückgang standortfremder Bäume sind zum einen Eingriffe der Förster und zum anderen die natürliche Verjüngung: Die jungen Bäume wachsen ohne Pflanzung aus Samen heran, wobei die natürliche Selektion die Nachkommen standortgerechter Samenbäume aus der Nachbarschaft begünstigt. Gemäss LFI4 verjüngen sich 92 Prozent der Waldbestände natürlich.
Gefährliche Kombination Die Wälder leiden nicht nur direkt unter den Folgen des Klimawandels. «Besonders gravierend ist die Kombination mehrerer Ereignisse und Belastungen», erklärt Therese Plüss, Sektionschefin Waldschutz und Waldgesundheit beim BAFU. So kann sich beispielsweise der Borkenkäfer massiv vermehren, wenn zuvor Bäume der Trockenheit oder einem Sturm zum Opfer gefallen sind. Weitere Beispiele für Kombinationseffekte sind die Anreicherung dürrer Biomasse, sodass es leichter zu Waldbränden kommt, oder übermässige Stickstoffeinträge, die zusammen mit Trockenheit