Bündnerwald Vogelbeere - im Wert unterschätzt

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Bündner

Wald

Jahrgang 71 | Februar 2018

Vogelbeere – im Wert unterschätzt

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Gemeinde Vals Als Nachfolge für den bisherigen Stelleninhaber suchen wir eine(n)

Revierförster/in (100 %)

für das Forstrevier Vals per 1. Oktober 2018. Als Förster/in betreuen Sie das Forstrevier Vals mit dem Gemeinde- und wenig Privatwald selbständig. Sie sind zuständig für die Überwachung und den Unterhalt unserer zahlreichen Lawinenverbauungen und Schutzbauten. Zudem unterstützen Sie die Behörde in allen Belangen forstlicher Projekte. Wir bieten Ihnen: – Eine selbständige und interessante Vollzeitstelle in einem Gebirgsforstrevier mit ausgedehnten Verbauungswerken und einem vielfältigen Gebirgs- und Schutzwald – unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten – zeitgemässe Anstellungsbedingen Sie bringen mit: – eidg. Försterdiplom oder eine höhere forstliche Ausbildung – selbständige zuverlässige Arbeitsweise, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, BAR – Flair für den Gebirgswaldbau und im Umgang mit Naturgefahren – Bereitschaft, zusätzliche Aufgaben wie die landwirtschaftliche Strukturdatenerhebung zu übernehmen – gute EDV-Anwenderkenntnisse (MS-Office, Branchenlösungen) Fühlen Sie sich angesprochen? Gerne erwarten wir Ihre Bewerbungsunterlagen bis 20. März 2018 an die Gemeinde Vals, z. Hd. Herrn Daniel Berni, Departementschef, Postfach 35, 7132 Vals. Für weitere Auskünfte steht Ihnen der bisherige Stelleninhaber Siegfried Berni (E-Mail: valserwald@bluewin.ch, Tel. 081 920 77 08) zur Verfügung.

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Inhalt

Vogelbeere – im Wert unterschätzt Editorial.................................................. 4 Die Vogelbeere in der Schweiz................. 5 Ökologischer Notstand, dargestellt am Vogelbeerbaum............................... 10 28 Jahre danach ... wo stehen wir heute (Reflexion)............................. 18 Die Bedeutung der Vogelbeere beginnt am Boden................................. 20 Die Erzieherin der Fichtenverjüngung im Gebirgswald..................................... 24 Die Vogelbeere Teil unserer Gebirgswälder..................... 29 Vogelbeere und Vögel........................... 33

Effekte des Wolfrudels am Calanda auf die lokale Baumverjüngung............. 37 Waldknigge Wald und Wild................... 45 Die Vogelbeere – wald- und landschaftsprägend............................... 46 Drechseln mit Vogelbeerholz................. 50 Die Vogelbeere steht für pralle Lebens- und Weiberkraft....................... 54 Vogelbeerbrand, ein Försterschnaps................................. 59 35. Skipostenlauf fürs Bündner Forstpersonal........................................ 62 Vorschau «Bündner Wald» April 2018............................................. 63

Titelbild:

Bild Inhaltsverzeichnis:

Der Vogelbeerbaum: Verbreitet in ganz

Behaftet mit verschiedenen Vorurteilen, doch

Graubünden, aber unterschiedlich geschätzt.

richtig zubereitet, geniessbar für den Menschen.

(Bild: Sandro Krättli)

(Bild: Sandro Krättli) Bündner Wald 3

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Editorial

Der Testdurchgang der jährlichen Beurteilung des Wildeinflusses hat die Bedeutung mancher Baumart auf den Bürotisch gebracht. Schon anhand ihres Verbreitungsspektrums liesse sich beispielsweise mit der Tanne eine verlässliche Karte des Wildeinflusses zeichnen. Ein Berufskollege meinte, dies sei nebensächlich, weil die Bedeutung der Tanne am Stammtisch nicht erklärbar sei. Richard Stocker sagte mir mal anlässlich einer waldbaulichen Weiterbildung: «Schau auf die Vogelbeere und du kannst den Wildeinfluss einschätzen.» Bei der Wildschadenbeurteilung der Region 1 im Jahr 2009 wurde neben der Tanne gezielt mit der Vogelbeere als stark betroffene Baumart argumentiert. Postwendend wurde von einem gestandenen Förster belehrt, dass wir mit dieser verbissempfindlichen Nebenbaumart unsere Glaubwürdigkeit verlieren. Damals rechtfertigte ich mich damit, dass die Vogelbeere vielleicht nicht eine wichtige Art sei, aber ein sehr wertvoller Indikator für die Wildfrage – ja, mit dieser Argumentation wankte ich am Bürotisch und wäre wohl am Stammtisch komplett gescheitert. Wir setzen uns nämlich selbst schachmatt, weil der verstaubte Vorwurf, «die Vogelbeere sei für uns Förster nur ein Baum, weil sie verbissen werde», so von uns selbst unterschrieben wird. Heute bedaure ich meine Argumentation schwer. Die Vogelbeere ist eine wunderbare und äusserst bedeutende heimische Baumart! Doch sie wurde vom Mittelalter bis heute im wahrsten Sinne kleingemacht, verteufelt und gebrandmarkt. Meine erste Frage des Jahres stellte ich deswegen der unvoreingenommenen achtjährigen Lotta Meier aus Bremgarten AG: «Was fällt dir spontan zur Vogelbeere ein?» Wie aus der Pistole geschossen: «Giftig! … wobei ich glaube, das stimmt gar nicht.» Gefreut hat

mich der zweifelnde Nachsatz. In der Tat ist die Vogelbeere nur im ungeniessbaren rohen Zustand giftig – und dann auch nur in rauen Mengen. Gekonnt zubereitet, wird sie gar zur Delikatesse. Meine Suche nach ihrer Verwendung war eine spannende Reise durch Graubünden. Der Drechsler, die Hexe und der Schnapsbrenner haben mir die veredelte Form dieses Baums vor Augen geführt. Im Wesentlichen sollte uns die Vogelbeere aber im Waldökosystem interessieren. Auf der Suche nach dieser Frage stösst man mit wenig Recherche auf einen viel beachteten – oder wie es Peter Bebi vom SLF bezeichnet – «legendären» Artikel von Jürg Walcher, welcher bereits 1990 in dieser Zeitschrift erschien. Ursprünglich war es ein Vortrag eines besorgten Forstmanns an seine Kollegen, doch Ernst Zeller motivierte den Referierenden, das Gesagte für die Nachwelt niederzuschreiben. Wir drucken diesen Artikel nochmals ab. Viele Fachleute liessen sich zu weiteren Beiträgen motivieren. So liegt uns eine Ausgabe vor, welche stellvertretend für weitere Baumarten steht. Den Wert einer heimischen Baumart sollten wir gar nie infrage stellen – nicht im forstlichen Tun und nicht am Stammtisch. Für diese Verantwortung steht die Vogelbeere stellvertretend. Zu Schnaps veredelt, kann man sie situativ zur persönlichen Besinnung oder der gemeinsamen Erheiterung einnehmen – die Argumente sprudeln einfacher oder zumindest ein Wanken in der Runde wäre so verzeihbarer. Sandro Krättli, Redaktor Bündner Wald Bahnhofplatz 3B, CH-7302 Landquart sandro.kraettli @  awn.gr.ch

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Die Vogelbeere in der Schweiz Gemäss Landesforstinventar LFI stehen im Schweizer Wald 2,7 Mio. Vogelbeerbäume ab 12 cm Durchmesser (BHD). Damit liegt die Vogelbeere auf Rang 16 unter den heimischen Baumarten und ist in den Alpen die sechsthäufigste Laubbaumart. In der Verjüngung hat ihr Bestand in den letzten 20 Jahren zugenommen. Geografische Verbreitung Die Vogelbeere (Sorbus aucuparia L.) ist na­ hezu in ganz Europa verbreitet. Ihr grosses Areal erstreckt sich tief nach Sibirien und erreicht in Skandinavien die nördliche Wald­ grenze (Steiger 1994). Ihre auch bezüglich Höhenlage weite Verbreitung ist auf die ausserordentlich grosse Standorttoleranz zurückzuführen. Nach Leibundgut (1984) fehlt diese oft strauchförmige Baumart ein­ zig in Sumpfgebieten, auf Schwarzerlen­ standorten und auf Rohböden. Die Vogelbeere ist in der ganzen Schweiz verbreitet, was sich auch in den vielfältigen schweizerdeutschen Bezeichnungen wider­ spiegelt (Tab. 1). In den niederschlagsarmen Gebieten der Regionen Jura und Mittelland ist sie allerdings selten anzutreffen oder fehlt kleinräumig, etwa bei Basel oder in Tieflagen des westlichen Mittellandes (Abb. 1). Die Hauptverbreitung liegt in den westlichen und zentralen Gebieten der

nördlichen Randalpen und des Juras sowie im Unterwallis. Am grössten ist der Anteil der dickeren Vogelbeeren (BHD ≥ 12 cm) in den westlichen Alpen mit 1, 8 %. In Grau­ bünden ist ihr Anteil mit 0,4 % (Abb.  2) oder nicht ganz zwei Exemplaren pro Hektare Wald vergleichsweise gering. Dabei findet man am meisten Vogelbeerbäume in der Region Herrschaft / Prättigau / Davos, fünf pro Hektare, in der Region Südbünden da­ gegen weniger als einen pro Hektare. Standörtliche Vorkommen Vogelbeerbäume wachsen zu 90 % in der oberen Montan- und der unteren Subalpin­ stufe (Brändli 1996), die Hälfte der Bäume oberhalb von 1300 m ü. M. (Abb. 3). Die höchstgelegene LFI-Probefläche mit Vogel­ beere liegt aktuell auf 2167 m ü. M. ob SaasBalen im Wallis. Zusammen mit der Alpen­ erle (Grünerle) soll die Vogelbeere bis maximal 2300 Meter steigen (ETHZ 1993). Unter den Laubbäumen zeigt sie die grösste Höhenverbreitung, knapp vor Birke und Weisserle (Abb. 3). Das Vorkommen dieser lichtbedürftigen Pio­ nierart ist weitgehend durch die Konkurrenz bedingt (Leibundgut 1984). Überdurch­ schnittlich häufig ist sie im aufgelösten Ge­ birgswald, im plenterartigen und ungleichför­ migen Hochwald, im Jungwuchs und im

Deutsch

Vogelbeere, Vogelbeerbaum, Eberesche

Schweizerdeutsch

Vogelbeeri, Vogeleschli, Eberesche, Äbarescha, Schwiiesche, Stinkösche, Wielesche, Wüelesche, Wildesche, Welesche, Wielerche, Büelesche, Nielesche, Gürmsch, Girmsch, Gürgetsch, Göretsch, Gürratsch, Girigitsch, Girrätsch, Gürütsch, Bärwid, Eschvogelbeerbom, Gaisseleiterli, Güggelhödis, Lischme, Mooseisch, Moosesch, Wiissmehlbomm

Rumantsch

culaischen, culeschem

ltaliano

sorbo degli uccellatori, tamarindo, sorbo selvatico

Français

sorbier des oiseleurs

Tab. 1: Bezeichnung der Vogelbeere in der Schweiz. (Brändli 1996, Bosshard 1978) Bündner Wald 5

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lückigen, gleichförmigen Hochwald (Brändli 1996). Die Vogelbeere gedeiht meist in Hanglagen (Seitenlicht) ab 10 ° Neigung (Abb. 4). In tieferen Lagen bevorzugt sie das frische und feuchte Klima der Nordwest- bis Nordosthänge, ganz im Gegensatz zur Mehlbeere. Wie die Fichte bevorzugt die Vogelbeere einen sauren Untergrund, ist aber auch auf basischen Böden vertreten (Brändli 1996).

Sie ist in zahlreichen Gesellschaften beigemischt und nur im sehr seltenen GrünerlenVogelbeerwald dominierend (Steiger 1994). Hauptsächlich und mehr als jede andere Laubbaumart ist die Vogelbeere im Nadelwald verbreitet (Brändli 1996). Zwei Drittel der Vogelbeeren besiedeln Fichtenbestände, die restlichen stehen in Tannen-, Lärchen-, Buchen- und Ahornwäldern. Zusammen mit

Abb. 1: Verbreitung der Vogelbeere auf Probeflächen des Landesforstinventars LFI in der Schweiz und im Kanton Graubünden.

0,0 - 0,1 % 0,2 - 0,5 % 0,6 - 0,9 % 1,0 - 1,3 % über 1,3 %

*

0,1 *

0,1

0,6

0,5 0,0 0,3

0,7 0,8

0,4

0,4

***

1,0

1,8 0,4

Abb. 2: Stammzahlanteil der

***

1,1

**

**

Vogelbeere in den Wirtschafts­ regionen (in % aller Bäume ab 12 cm BHD) gemäss LFI4 2009/17.

*/**/*** gleiche Wirtschaftsregion

6

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m ü.M. 2500

2000

1500

1000

Arve

Lärche

Bergföhre

Fichte

Vogelbeere

Weisserle

Aspe

Hängebirke

Tanne

Bergahorn

Weiden

Mehlbeere

Bergulme

Waldföhre

Eibe

Buche

Sommerlinde

Blumenesche

Esche

Spitzahorn

Kastanie

Kirschbaum

Feldahorn

Hopfenbuche

Stieleiche

Traubeneiche

Winterlinde

Schwarzerle

Robinie

0

Hagebuche

500

Abb. 3: Stammzahlverteilung (ab 12 cm BHD) der häufigsten Baumarten nach Höhenlage. Anteilsbereiche: weiss 100%, hellgrau 90%, dunkelgrau 50%. Zentralwert (Median): schwarzer Querstrich (Brändli 1996).

der Alpenerle wurde sie insbesondere im Sopraceneri beobachtet (Brändli 1996). Häufigkeit Mit einer Stammzahl (BHD ≥ 12 cm) von 2,7 Mio. und einem Anteil von 0,5 % wirkt die Vogelbeere eher unbedeutend. Werden aber auch die Pflanzen ab 10 cm Höhe in Betracht gezogen, so ist sie auf 31 % der LFI-Flächen vertreten. Diese weitverbreitete, aber kurzlebige Baumart erreicht ein Alter von höchstens 80 bis 100, maximal 150 Jahren. Baumhöhen von mehr als 15 bis 20 Meter (LFI1: max. 24 Meter) und Durchmesser von mehr als 25 bis 30 cm (LFI1: max. 37 cm) sind bei der Vogelbeere selten. Als Gefahr für eine nachhaltige Population wird oft der Wildverbiss hervorgehoben (Walcher 1990). Dieser (Vorjahresverbiss) hat in den letzten 20 Jahren gemäss LFI an Vogelbeeren von 10 bis 129 cm Höhe im Kanton Graubünden von 56 % auf 42 % und gesamtschweizerisch von 44 % auf 35 % abgenommen. Trotz dieser hohen Verbissbelastung hat gleichzeitig die Anzahl junger Vogelbeeren in dieser Höhenklasse deutlich

zugenommen, im Bündnerland wie auch gesamtschweizerisch. Auch in der gesicherten Verjüngung (Klassen 0,1 – 3,9 cm und 4,0 – 7,9 cm BHD) hat sie gesamtschweizerisch deutlich zugenommen, nicht aber im Kanton Graubünden (Abb. 5). Diese überwiegend positiven Durchschnittswerte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verbissschäden lokal oft erheblich höher sind und die Population gefährdet sein kann. Bedeutung Aus dem vierten LFI 2009 / 17 resultieren für die Vogelbeere ein Vorratsanteil von 0,08 % und ein mittlerer Stamminhalt von 0,1 m3. Damit ist sie, wie etwa auch die Mehlbeere, der Feldahorn, die Traubenkirsche oder die Weisserle, eine typische Nebenbaumart mit geringem holzwirtschaftlichem Stellenwert. Nach einem raschen Jugendwachstum sinkt der Zuwachs nach zwanzig Jahren (Leibundgut 1984). Das Holz erlangt einzig im Norden Eurasiens, etwa als Möbelholz, eine wirtschaftliche Bedeutung. Dünne Stämmchen ergeben Bündner Wald 7

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N

NW

NE

0 2° 5° 10° 20° 30° 40°>40° E

W

0% 0,1–0,9% SW

1,0–4,9%

SE

5,0–10,0% über 10%

S

Abb. 4: Stammzahlverteilung der Vogelbeere nach Exposition und Neigung (Brändli 1996).

gute Spazierstöcke und Werkzeugstiele, dickere Exemplare sind als Drechsler- und Schnitzerholz geschätzt. Früher fand das zähe Holz auch für Zahnräder, Dübel oder Achsen Verwendung. Heute wird es allenfalls noch als Brennholz verkauft (Sachsse 1984; Schafflützel 1982). Waldbaulich spielt die Vogelbeere eine wichtige Rolle als natürliche Vorwaldbaum­ art bei der Verjüngung subalpiner Fichtenwälder oder in der natürlichen Sukzession

60

CH 1993/95

des Hochstauden-Tannenwaldes. Sie ist widerstandsfähig gegen Frost oder Schneelast und bietet als Erstbesiedler auf Windwurf- oder Kahlflächen den Schlusswaldarten den notwendigen Schutz. Für die Aufforstung von Bergstürzen sowie als Schutzwaldbaumart bei der biologischen Wildbach- und Lawinenverbauung ist sie in der Subalpinstufe unentbehrlich: Einerseits ist sie in der Jugend sehr elastisch und anderseits kann sie sich nicht nur durch Samenbildung, sondern auch durch Wurzelbrut, Ableger und Stockausschläge vermehren. Der ökologische Wert der Vogelbeere im Gebirgswald ist sehr hoch. Unter den Gehölzpflanzen steht sie zuoberst auf der Beliebtheitsskala der Vögel. Sie dient als Schlaf- und Futterstelle für seltene Raufusshühner und gilt als Futterpflanze für über 60 Vogelarten (Walcher 1990). Wertvoll ist sie auch als Bienenweide, Lebensraum für Insekten und Äsungspflanze für das Wild. Die leicht abbaubare Streu des oft einzigen Laubbaums der Subalpinstufe fördert die Humusbildung.

CH 2009/17

GR 1993/95

GR 2009/17

50

Stammzahl/ha

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Abb. 5: Stammzahl der Vogel­-

30

20

beere nach Durchmesserklassen in der Schweiz (CH) und

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im Kanton Graubünden (GR) gemäss Landesforstinventar (1993/95 und 2009/17).

0

BHD 0,1-3,9cm

BHD 4,0-7,9cm

BHD ≥ 8,0 cm

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In Graubünden hat die Stammzahl der Vogelbeere pro ha seit 1993 eher abgenommen. (Bild: Christian Rüsch)

Die Vogelbeere, eine landschaftliche Zierde des Bergwaldes, eignet sich auch als Alleebaum in montanen Lagen, nicht zuletzt wegen ihrer Resistenz gegen Luftverschmutzung. Zudem hat die Vogelbeere in der Naturheilkunde und Volksmedizin ihren festen Platz. Die frischen Früchte sind reich an Vitamin C und wirken abführend, in gekochter Form dagegen stopfend. Sie werden bei mangelhafter Nierentätigkeit, Gicht, Rheumatismus, Husten und Heiserkeit sowie zur Blutreinigung verwendet (Walcher 1990). Literatur Bosshard, H.H., 1978: Mundartnamen von Baumen und Sträuchern in der deutschsprachigen Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Beih. Z. Schweiz. Forstver. Nr. 59. Brändli, U.-B., 1996: Die häufigsten Waldbäume der Schweiz. Ergebnisse aus dem Landesforstinventar 1983-85. Verbreitung, Standort und Häufigkeit von 30 Baumarten. Ber. Eidg. Forsch.anst. Wald Schnee Landsch. 342. 278 S. ETHZ (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich), 1993: Mitteleuropäische Waldbaumarten. Artbeschreibung und Ökologie unter besonderer Berücksichtigung der

Schweiz. Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz und Dendrologie, ETH Zürich, unveröffentlichte Polykopien. Leibundgut, H., 1984: Unsere Waldbäume. Frauenfeld, Huber. 168 S. Sachsse, H., 1984: Heimische Nutzhölzer und ihre Bestimmung nach makroskopischen Merkmalen. Institut für Forstnutzung, Universität Göttingen. Hamburg/Berlin, Parey. 160 S. Schafflützel, H., 1982: Nutzhölzer. Herkunft, Merkmale, Eigenschaften, Verwendung. Zürich, Verlag Verband schweizeri­scher Schreinermeister und Möbelfabrikanten. 158 S. Steiger, P., 1994: Wälder der Schweiz. Von Lindengrün zu Lärchengold. Vielfalt der Waldbilder und Waldgesellschaften in der Schweiz. Thun, Ott. 359 S. Walcher, J., 1990: Ökologischer Notstand im Gebirgswald, dargestellt am Beispiel des Vogelbeerbaums. Bündner Wald 43, 5: 14 – 20.

Urs-Beat Brändli Landesforstinventar LFI Eidg. Forschungsanstalt WSL CH-8903 Birmensdorf urs-beat.braendli@wsl.ch

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Ökologischer Notstand, dargestellt am Vogelbeerbaum Vor 28 Jahren nach dem Sturm Vivian erschien im «Bündner Wald» ein viel beachteter Artikel von Jürg Walcher. Noch heute bringt dieser aufwühlende Text vieles auf den Punkt, was auch Anstoss und Motivation für die aktuelle Ausgabe zur Vogelbeere war. Nach Vivian sind mit Lothar und Burglind zwei weitere starke Stürme durch den Schweizer Wald gezogen, ohne dass sich an der beschriebenen Situation viel verändert hätte. Grund genug für einen Originalabdruck des Artikels «Ökologischer Notstand im Gebirgswald, dargestellt am Beispiel des Vogelbeerbaums». Ursprünglich war dies ein Vortrag, gehalten an der Jahresversammlung der Schweizer Förster (VSF) 1990 in Elm. Etwa einen Monat nach Vivian titelte die «Weltwoche» zum Thema Wald: «Die wah­ re Katastrophe kommt erst nach dem Sturm.» Diese wohl etwas tendenziöse, gegen uns Forstleute gerichtete Schlagzeile beinhaltet meiner Meinung nach im Kern eine Aussa­ ge, die der forstlichen Realität sehr nahe kommt: Der Sturm war und ist längst nicht die einzige und wahre Katastrophe, die im Wald stattfindet. Wenn ich in meinen Aus­

Vogelbeere im Frost. (Bild: Jürg Walcher)

führungen nicht näher auf die Sturmschä­ den eintrete und den Notstand – vorab im Gebirgswald – anders gewichte, möge man mir das verzeihen. Gürmsch, Wieleschä, Güggelhödis, Schwieschä, Eberschä, Lischmä, Stingge­ schä und Girrätsch: Dies sind nur ein paar der gut 30 in der Schweiz bekannten Mund­ artnamen (1) für den Vogelbeerbaum. Al­ lein diese Namensvielfalt weist darauf hin, welch wichtigen Platz die Vogelbeere einst in der schweizerischen Kulturlandschaft in­ negehabt haben muss. Wer sich für linguis­ tische Spielereien interessiert, wird auch anhand dieser Ausdrücke erkennen können, welch vielgestaltige Bedeutung diese Baum­ art für die vorab bäuerliche Bevölkerung vor langer Zeit gehabt haben muss. Aber vielleicht interessieren mehr die My­ thologie, die Sagen und Bräuche unserer Urahnen. Hier wird man beim Stichwort Vo­ gelbeere oder Eberesche (das «Ebern» wird auch im Zusammenhang mit Aber, Aber­ glaube gesehen) auf eine Flut von interes­ santen Brauchtümern und von absonderli­ chen Geschichten stossen, welche sich über das ganze riesige Verbreitungsgebiet dieser erstaunlichen Baumart erstrecken. Sollte sich das Interesse jedoch mehr auf die Naturheilkunde und Volksmedizin richten, wird man ebenfalls nicht am Vogelbeer­ baum vorbeikommen: Als Stopfmittel ver­ wendete gekochte Beeren oder diese frisch als Abführmittel gebraucht, als Mittel bei mangelhafter Nierentätigkeit, Gicht, Rheu­ matismus, gegen Husten und Heiserkeit, als Blutreiniger und Vitamin-C-«Bombe» (2). Auch der Ornithologe kommt beim Vogel­ beerbaum voll auf seine Rechnung. Nicht nur als Schlaf- und Futterstelle für seltene Raufusshühner macht sich diese Baumart beliebt, sondern ganz allgemein als Futter­ pflanze für mehr als 60 Vogelarten. Damit

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Vogelbeere am oberen Waldrand. (Bild: Jürg Hassler)

steht, wie eine Untersuchung über den bio­ logischen Wert von Gehölzpflanzen (3) feststellt, unser Vogelbeerbaum zuoberst auf der Beliebtheitsskala der Vögel. Aber wer, wenn nicht der Förster, könnte über diese Baumart der Superlative Bücher erzählen? Eine Baumart, welche vom süd­ lichsten Europa bis über die Polarkreise hin­ aus und nach Sibirien und von Meeres­ höhen bis auf über 2300 Meter hinauf – auf allen nur erdenkbaren Standorten – ihr Vor­ kommen hat. Eine Baumart, der man nota­ bene Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Schneelast, aber auch Resistenz gegen Luft­ verschmutzung nachsagt. Waldbaulich-ökologische Eigenschaften des Vogelbeerbaums Auch wenn der Vogelbeere in holzwirt­ schaftlicher Hinsicht bekanntlich nicht die besten Eigenschaften zugesprochen werden können, erkennen wir doch bereits anhand der einleitenden Beispiele, dass der Wert dieser Baumart vorab ökologischer und

waldbaulicher Natur ist, und dieser Wert mit der Höhenlage kontinuierlich zunimmt. In der Literatur findet man denn auch mehr­ heitlich Angaben, welche die Vogelbeere als typische Vorbauart charakterisieren, so bei­ spielsweise folgende Zitate: – «Als Vorwald- und Pionierbaumart ist der Vogelbeerbaum für Frostlagen, Kahl­ schläge (gibt es bei uns ja nicht?!), Berg­ stürze, Schutthalden und Moorränder bestens geeignet. Im subalpinen Bereich (ab ca. 1300 Meter) ist sie oft der einzige Laubbaum und wegen ihrer ökologi­ schen Eigenschaften unersetzlich» (4). – «Die fast jährliche und meist reichliche Fruktifikation und das rasche Jugend­ wachstum befähigen sie zur Erstbesied­ lung nach Katastrophen und auf Freiflä­ chen in vielen Waldtypen» (5). – «Der ungestörte Lebenszyklus des Hoch­ stauden-Tannenwalds kann noch heute, beispielsweise im Urwald von Derbo­ rence (Wallis), verfolgt werden. Der Nachwuchs ist nicht im Überfluss vor­ handen. Die Baumarten verjüngen sich einzeln oder in kleinen Gruppen, vorwie­ gend unter Schirm und oft angelehnt an die Altholzschäfte. Auch der natürliche Vorbau von Vogelbeere usw. wird ausge­ nutzt. Wenn diese Baum- und Strauch­ arten auch nur in spärlicher Zahl vor­ handen sind, so kommen sie regelmässig überall vor und spielen eine bedeutende Rolle im Lebenshaushalt und Lebens­ rhythmus der Gesellschaft; es kommt ih­ nen waldbauliche Bedeutung zu.» – «Die Streu zersetzt sich rasch und gut. Die Vogelbeere kann deshalb dazu bei­ tragen, das Bodenleben und den Hu­ musstand zu verbessern. Sie gilt allge­ mein als Rohhumuszehrer, was vor allem im Gebirgswald von etwelcher Bedeu­ tung ist» (4). Bündner Wald 11

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Förstern und Jägern begrüsst werden. Durch das vermehrte Auftreten dieser auch als Verbisspflanzen bekannten Arten, wird das Äsungsangebot im Gebirgswald entscheidend verbessert und dem Wild innerhalb der stufigeren und lockerschlüssigen Bestände mehr Zirkulationsraum zur Verfügung gestellt.

Von der Vogelbeere besiedelte VivianSturmfläche Gluggeri in Obersaxen 1400 m. ü. M (Bild: Christian Rüsch)

Auch Nicolin BISCHOFF, einer der besten Gebirgswaldkenner unserer Zeit, sieht die Vogelbeere in kühlen, feuchten Standorten als wichtige Vorbauart, welche ein zeitlich gestaffeltes und somit stufiges Aufwachsen neuer Bestände ermöglicht, beispielsweise nach grossen Schadenereignissen. Diese Erkenntnis hat in forstlichen Kreisen in den letzten Jahren sehr stark an Bedeutung gewonnen und wird heute unter der Rubrik «Stabilitätspflege im Gebirgswald» in die Waldbaulehre aufgenommen. Ähnlich wie die Rottenpflanzung der Hochlagenaufforstung ermöglicht der Vorbau durch Vogelbeere und andere geeignete Baum- und Straucharten in der oberen montanen und subalpinen Stufe die für die Waldstabilität dringend notwendige Stufigkeit der Bestände. Die dadurch erreichte kleinflächige Altersklassendifferenzierung verschont den Förster in Zukunft vor heiklen und risikoreichen stabilitätsfördernden Eingriffen in uns wohlbekannte geschlossene und gleichförmige Fichtenreinbestände. Dass diese Massnahmen der Stabilitätspflege mittels Vorbauarten beiläufig auch der Biotophege entgegenkommen, muss von

Der Vogelbeerbaum im Gebirgswald ist gefährdet Trotz dieser tiefgreifenden Erkenntnisse ist der Vogelbeerbaum heute im Gebirgswald an manchen Orten in seinem Bestand gefährdet, steht sozusagen auf der «roten Liste». Wenn wir nach den Ursachen suchen, werden wir auch sehr schnell fündig. LEIB­ UNDGUT beschreibt die Gefährdung der Vogelbeere mit folgenden Worten (6): «Ausser dem intensiven Wildverbiss ist sie wenigen Gefahren ausgesetzt.» Andere Autoren bestätigen diese Aussage, wobei höchstens noch darauf verwiesen wird, dass der Vogelbeere ja eigentlich die Funktion der Verbisspflanze zukomme. Was aber, wenn der Verbiss so weit geht, dass die jungen Bäume gar nicht mehr in der Lage sind, über die verbissgefährdete Pflanzenhöhe, den Äser, hinauszuwachsen? Wie sollen sich in Zukunft unsere subalpinen Fichtenwälder unter Vorbauarten verjüngen, wenn die heute fruktifizierenden Vogelbeerbäume tot sind und kein Nachwuchs bereitsteht? Vielleicht mag diese Vision übertrieben erscheinen, unzutreffend für einzelne Reviere, Gemeinden. Aber sind wir sicher, dass wir die Verbissbelastung auch an den «fehlenden» Weisstannenund Bergahornsämlingen und den zurückgestutzten Vogelbeerbesen beurteilen und nicht nur an der Fichtenverjüngung? Selbst Ernst OTT, Dozent für Gebirgswaldbau an der ETH, musste nach Untersuchungen in

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«seinem» Gebirgswald bei Sedrun (7) fest­ stellen, dass er sich in Bezug auf die Verbiss­ belastung in diesem Gebiet massiv ge­ täuscht hatte. Obschon er den Eindruck hatte, die Verbissbelastung an der Fichte sei noch erträglich, konnte gezeigt werden, dass sogar die Fichtenverjüngung ohne Schutzmassnahmen nicht sichergestellt werden kann. Für die Vogelbeere konnte gar der nahezu vollständige Mortalitäts­ verbiss nachgewiesen werden. Ausserdem wurden im gesamten grossen Untersu­ chungsgebiet keine Vogelbeeren mehr ge­ funden, welche weniger als 30 Jahre alt und über zwei Meter hoch, d. h. über dem Äser, sind. Die letzten ausgewachsenen Exempla­ re stammen dort aus einer Zeit, als die Wild­ belastung im Gebiet noch gering war. Auch in den Bergmischwäldern Bayerns ha­ ben grossangelegte Untersuchungen (8) bereits vor mehr als zehn Jahren ähnliche Resultate hervorgebracht: Ein ursprünglich stark gemischtes Pflanzenkollektiv mit Fichte, Vogelbeere, Tanne, Bergahorn und Buche entmischt sich mit zunehmender Sprosslänge der Pflanzen hauptsächlich auf­ grund des Wildverbisses vollständig. Vogelbeeren, Tannen, Bergahorne, aber auch Buchen vermögen dem Äser nicht zu

entwachsen. Das Resultat ist eine Fichten­ verjüngung geringer Dichte, ohne jegliche Mischungsanteile der anderen Baumarten. Aber man braucht nicht nach Bayern, nicht einmal ins Bündner Oberland zu reisen, um diese Zustände anzutreffen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit wird man vielerorts im Gebirgswald eine ähnliche Situation vorfin­ den. Verzweifeln wir aber nicht weiter an der vermeintlichen Verjüngungsungunst unse­ rer hochstaudenreichen subalpinen Fichten­ wälder! Stehlen wir uns wieder einmal die Zeit zusammen für eine zwar schon fast ver­ gessene, aber noch immer äusserst wichtige Försteraufgabe: die Beobachtung der natür­ lichen Lebensabläufe im Wald. Beobachten wir unsere Problemgebiete während der schneefreien Saison in allen Stadien. Beob­ achten wir den Wachstumsverlauf von Hochstauden, das Keimen der Vogelbeeren, Fichten usw. und die Verbisstätigkeit des Schalenwildes. Wir werden bald zur Einsicht gelangen, dass diese vermeintliche Verjün­ gungsungunst des Standorts einzig auf übersetzte Schalenwildbestände zurückzu­ führen ist. Falls wir weiter skeptisch bleiben, machen wir Kontrollzäune. Einige kleine Einzäunungen von wenigen Aren genügen,

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uns und unsere Jägerfreunde davon zu überzeugen, dass das ökologische Gleich­ gewicht im Gebirgswald schon längst aus den Fugen geraten ist: Wir werden sehen, wie Hunderte von kleinen, 10 cm hohen, 15 bis 20 Jahre alten Vogelbeerpflänzchen in unserer Verjüngungsfläche in die Höhe schiessen. Schon nach drei Jahren werden diese Bäumchen mit rund 80 cm Höhe die Hochstauden überwachsen haben (9) und in ihrer Funktion als Vorbauart die Standort­ bedingungen für die Hauptbaumarten, vor­ ab die Fichte, verbessern. Dieser ökologi­ sche Notstand im Gebirgswald wird dadurch verstärkt, dass der Wald in diesen Hoch­ lagen auf eine Unterbrechung der Verjün­ gungsphase wesentlich empfindlicher re­ agiert als in Tieflagen. Wiederum Ernst OTT schrieb dazu in einem Aufsatz (10): «Im Vergleich zu den günstigeren und aus­ geglicheren Umweltverhältnissen in den tie­ feren Lagen sind die Gebirgswälder ungleich härteren und extremeren Umweltbedingun­ gen ausgesetzt. In den subalpinen, obersten Höhenlagen muss die Gebirgswaldbesto­ ckung im Grenzbereich ihrer Existenzfähig­ keit um ihr Überleben kämpfen. Hauptsäch­ lich durch die Klima-Ungunst wird der Lebensspielraum der Gebirgswaldbesto­ ckung mit steigender Seehöhe zunehmend stärker eingeengt, bis zur endgültig wald­ ausschliessenden Klima-Ungunst oberhalb der potenziellen Waldgrenze. In diesen Grenzbereichen der Existenzfähigkeit ist ganz speziell die Verjüngungsphase der hei­ kelste und risikoreichste Lebensabschnitt im Fortgang der Gebirgswaldbestockung. Wär­ memangel, extreme Witterungs- und Schnee-Einwirkungen sowie eine zumeist stark verdämmende Vegetationsentwick­ lung können das Aufkommen der Waldver­ jüngung extrem erschweren und begrenzen. Ein grosser Flächenanteil des hier ausge­

prägt differenzierten Kleinstandortmosaiks ist verjüngungsfeindlich, die Verjüngungs­ gunst örtlich und zeitlich begrenzt. Für gute Verjüngungserfolge sind aussergewöhnlich günstige Faktorenkonstellationen notwen­ dig, gleichsam Sternstunden der Natur … Zu dieser besonders hohen Verletzlichkeit und Störungsanfälligkeit der Gebirgswald­ verjüngung kommt deren extrem lang­sames Höhenwachstum in den ersten Lebensjahr­ zehnten. Dank dieser langsamen Jugend­ entwicklung ist der Nachwuchs in den Hochlagen wohl ausgezeichnet an die ho­ hen Baumalter und die extremen schnee­ mechanischen Einwirkungen angepasst, umso weniger dagegen an die Wildscha­ denrisiken. Ein vollständiger Totverbiss der vor Jahren eingeleiteten Verjüngung kann die Walderneuerung im Gebirge um Jahr­ zehnte zurückwerfen oder durch zuneh­ mende Verunkrautung für Generationen verunmöglichen … Derart gravierende Bio­ top- und Artenvielfalt-Verarmungen wirken sich langfristig noch katastrophaler aus als die jetzigen schockierenden Orkanschäden, nicht schlagartig offensichtlich, sondern lei­ der häufig genug unmerklich und schlei­ chend» (11). Auch der Förster steht heute in einer Art Notsituation Nachstehende Begebenheit hat sich vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich ereignet. Dabei sind allfällige Ähnlichkeiten mit be­ kannten Personen und Waldungen rein zu­ fällig, aber nicht ungewollt. Im Anmarsch zum grossflächigen Sturm­ schaden habe ich meinem jungen Förster­ kollegen einige Fragen gestellt, die meiner Meinung nach für die Problemansprache im Schadengebiet allergrösste Bedeutung be­ sitzen. Wir wollten uns an Ort und Stelle über die zu treffenden Massnahmen be­

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sprechen, wollten diskutieren über das Auf­ rüsten und den Abtransport des Holzes, aber auch über die verschiedenen Möglich­ keiten des Holzliegenlassens. Dabei galt mein Interesse vor allem den Verjüngungs­ möglichkeiten in diesem Wald, denn diese entscheiden bekanntlich allein über die Zu­ kunft des Waldes. Auf die erste Frage, ob und welche Baum­ arten geblüht haben und ob eventuell mit einer Mast zu rechnen sei, wusste er keine Antwort. Die zweite Frage nach übermäs­ sigen Wildschäden verneinte er kurzent­ schlossen. Tatsächlich konnten wir feststellen, dass die Weisstanne ziemlich stark geblüht haben muss und wir diesbezüglich mindestens mit einer Sprengmast rechnen dürfen. Und wie es mit den Wildschäden effektiv steht, konnten wir nach etwa einer Stunde Wald­ umgang resümieren: Die Verjüngungsansätze waren äusserst spärlich bis gar nicht vorhanden. Es konnten keine Sämlinge ausgemacht werden. Die Vogelbeere hatte nur gerade in einem Ex­ emplar den Äser überwachsen, ansonsten fanden wir sie zurückgestutzt in der Kraut­ schicht; einige alte, bereits faule Exemplare zeugten von besseren Zeiten. Die Weisstan­ ne fehlte gänzlich. Bergahorn-Nachwuchs wurde ebenso wenig ausgemacht. Kommt dazu, dass diese Waldungen noch beweidet werden: eine wahre Katastrophe. Mein Försterkollege war über das Resultat unserer Bestandesaufnahme mehr erstaunt als ich. Ich hätte mich gewundert, wenn sie anders herausgekommen wäre. Ich möchte damit keine Anklage gegen irgendjemanden erheben. Was ich damit will, ist, auf einen weiteren Notstand auf­ merksam machen: Der Förster wird, vorab im Gebirge, je länger je mehr zum Betriebs­ manager, zum Verwalter, zum Büroange­

Wildverbiss an der Vogelbeere. (Bild: Jürg Hassler)

stellten. Der Schreibtisch, auch der Compu­ ter wird zum Hauptarbeitsplatz. Die Wege in den Wald werden immer länger: Er leidet an Zeitmangel. Das Phänomen, das zuerst uns Forstingenieure gepackt hat, hat nun seuchenähnlich auch die Förster erfasst. Und dieser Zustand besteht nicht erst seit dem Februarsturm Vivian, obschon damit die angesprochenen Probleme noch akzen­ tuiert wurden. Bereits seit Jahren bilden die alljährlich steigenden Zahlen von neuen Aufgaben, neuen Projekt- und Subventions­ kategorien mit den damit verbundenen Umfragen und Abrechnungen eine kaum Bündner Wald 15

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mehr tolerierbare Mehrbelastung. Dass da­ bei für die wichtigen Beobachtungen über die Lebensabläufe im Wald und die ebenso wichtige Weiterbildung der Förster immer weniger Zeit bleibt, darf nicht erstaunen. Ich gelange deshalb mit folgendem Aufruf an unsere Försterkollegen: Falls Sie diese Entwicklung begrüssen, haben Sie den fal­ schen Beruf erlernt. Falls Sie, was ich eher vermute, dieser Entwicklung einfach ohn­ mächtig gegenüberstehen, wehren Sie sich! Besinnen Sie sich aller Aufgaben Ihres ei­ gentlich schönen Berufs. Arbeiten Sie wie­ der mehr in der Natur, mehr mit der Natur. Denken Sie daran: Der aufgeräumte, aufge­ putzte Wald gehört der Vergangenheit an, und das Käfernest in Sichtweite des Dorfs ist längst keine Försterschande mehr. Ihre Aufgaben liegen in der Zukunftssicherung des Waldes und das dabei anfallende Holz ist bloss ein willkommenes Nebenprodukt. Ihre breit gefächerte Ausbildung erlaubt Ihnen eine Waldpflege auf ökologischer Basis. Trauern Sie keinen flöten gegangenen Zwangsnutzungssubventionen nach, wenn Sie sich stattdessen an zukünftigen Specht­ bäumen oder kostenlosen Verjüngungs­ hilfen (in Form von Totholz) freuen dürfen. Benützen Sie die gewonnene Zeit dazu, Ihre Behörde und die Bevölkerung über die komplexen Zusammenhänge im Wald auf­ zuklären und geben Sie diese Tätigkeit nie­ mals auf. Und sollte es Ihnen dabei einmal die Spra­ che verschlagen, so weiss Kräuterpfarrer Künzle Rat. Er schreibt in seinem Kräuter­ buch:«  …  Die Vogelbeeren besitzen eine unvergleichliche Heilkraft bei Heiserkeit und gänzlichem Fehlen der Stimme, da sie den zähen, klebrigen Schleim von den Stimm­ bändern loslösen … Die Anwendung ist sehr einfach: Man siedet etwa zwei Handvoll fri­ scher und gedörrter Beeren in einem Liter

Wasser eine Stunde lang; dann gurgelt man mit dem Absud täglich dreimal. Wenn der bittere Geschmack unerträglich scheint, kann man ihn durch Beigabe von Wachol­ derbeeren lindern» (12). Literatur (1) H. H. Bosshard, 1978: Mundartnamen der Bäume und Sträucher (2) Dr. med. M. Furlenmeier: Kraft der Heilpflanzen (3) Clouston & Stanfield, 1979: After the elm (4) Reinhold Erlbeck, 1979: Unser Wald, Heft 5 (5) AFZ 36 / 1985 (6) Hans Leibundgut, 1984: Unsere Waldbäume (7) Martin Bissegger, 1989: Diplomarbeit ETHZ (8) Christian Mettin, 1977: Zustand und Dynamik der Verjüngung der Hochla­ genwälder im Werdenfelser Land (9) Ernst Ott, 1987: Waldbauliche Möglichkeiten zur Wildschadenverhü­ tung, Bündner Wald, 4 (10) Ernst Ott, 1987: Zustand und Pflege des Gebirgswaldes im Zusammenhang mit den Schalenwild-Einwirkungen, Bündner Wald, 4 (11) Ernst Ott, 1990: SBN-Pressekonferenz (12) Joh. Künzle, 1948: Das grosse Kräuterheilbuch, 5. Aufl.

Jürg Walcher dipl. Forsting. ETH Abteilung Wald und Naturgefahren CH-8750 Glarus

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28 Jahre danach ... wo stehen wir heute (Reflexion) Viele Punkte, auf die Jürg Walcher bereits vor 28 Jahren im Artikel «Ökologischer Notstand im Gebirgswald am Beispiel der Vogelbeere» hingewiesen hatte, wurden in der Zwischenzeit bestätigt oder haben so­ gar an Aktualität gewonnen. Einiges haben wir in der Zwischenzeit auch neu dazu­ gelernt. Geblieben ist die verpflichtende Erkenntnis, dass die Vogelbeere eine aus­ gesprochene Schlüsselart in unseren Ge­ birgswäldern ist, zu der wir mehr denn je Sorge tragen müssen. Der Aufsatz von Jürg Walcher wurde in ei­ ner Zeit grosser Veränderungen und Un­ sicherheiten geschrieben. Der Sturm Vivian hatte eben gerade eine Kostprobe abgege­ ben von dem, was grössere Störungen in Schutzwäldern anrichten können. Der Erlös aus der Holzproduktion reichte schon seit ein paar Jahren nicht mehr zur Deckung an­ derer Waldleistungen. Probleme bezüglich des Verjüngungszustands von immer dich­ ter werdenden Wäldern waren aktueller denn je zuvor seit den Berichten von Kast­

hofer und Landolt aus dem 19. Jahrhundert. Und die Schalenwildbestände waren auf einem Stand, der bereits damals nicht ver­ einbar schien mit einer nachhaltigen Schutz­ funktion unserer Gebirgswälder. Der Auf­ satz widerspiegelt diese Sorgen in aller Deutlichkeit und enthält rückblickend be­ trachtet durchaus visionäre Elemente. Dazu gehört der Aufruf zu mehr Naturnähe im Wald («der aufgeräumte, aufgeputzte Wald gehört der Vergangenheit an, und das Käfernest in der Nähe des Dorfs ist längst keine Försterschande mehr ...»). Dazu ge­ hört vor allem auch die Einsicht, dass die Vogelbeere eine in vielerlei Hinsicht sehr wertvolle Baumart ist, welche insbesondere auch für die Verjüngung anderer Baumarten von herausragender Bedeutung ist. In der Zwischenzeit hat sich vieles bestätigt und zum Teil noch verschärft. Die Hirsch­ bestände haben sich seit 1990 in der Schweiz nochmals drastisch erhöht. Natürli­ che Störungen wie Windwurf, Käferkalami­ täten oder Waldbrand haben gesamteuro­

Wiederbewaldung mit Vogelbeere auf der Windwurffläche Disentis/Cavorgia. (Bild: Ueli Wasem/WSL) 18

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päisch stark zugenommen, wofür nebst der ungünstigen demografischen Situation vieler Gebirgswälder auch dem Klimawandel ein zunehmender Einfluss zugesprochen wird. Auch sind die Ansprüche an den Gebirgswald bezüglich Multifunktionalität und bezüglich Resilienz gegenüber Umweltveränderungen nochmals deutlich gestiegen. Und die Vogelbeere? Auch wenn sie sich nach Vivian zuerst nur zögerlich und lange nicht überall etablieren konnte, trug die Vogelbeere doch auf mancher Vivian-Fläche zu recht erfreulichen Entwicklungen bei. Auch gemäss LFI-Daten hat die Stammzahl der Vogelbeere gesamtschweizerisch seit 1990 zugenommen (vgl.  Artikel von UrsBeat Brändli in diesem Heft). Solche Beobachtungen und Zahlen über die Entwicklung der Vogelbeere lassen sich auch durch neuere Studien zur Vogelbeere besser verstehen. Untersuchungen in ost­ europäischen Fichtenurwäldern bestätigten, dass die Samen der Vogelbeere sehr lange im Boden überdauern können. Profitieren kann sie von solch langlebigen Samenbanken vor allem unter Altbäumen, die sich am Rand kleinerer Öffnungen befinden, also dort, wo sich Vögel als Samenverbreiter bevorzugt aufhalten und wo doch genügend Licht vorhanden ist (Holeksa et al 2017). In grösseren Freiflächen und homogenen Fichtenreinbeständen ohne Vogelbeertradition dürfen wir von ihr hingegen keine allzu grossen Wunder erwarten. Die Vogelbeere ist zwar eine Pionierin, aber eine mit Schollentreue, die nicht weit durch den Wind verbreitet wird. Damit belohnt sie eine Waldbewirtschaftung, welche sich langfristig an Naturnähe und kleinflächigen Strukturen orientiert! Heute geben uns neue Fragen und Unsicherheiten zusätzlich zu denken. Dazu gehören Sorgen um die Anpassung an den

Klimawandel. Dass die Vogelbeere vom Aussterben bedroht sein könnte, ist aus heutiger Sicht wenig wahrscheinlich. Gerade im Hinblick auf eine grösstmögliche Re­silienz gegenüber klimatischen Änderungen und natürlichen Störungen wird es aber noch wichtiger, dass wir ein Wald- und Wildmanagement haben, welches der Vogelbeere eine Chance gibt und die Diversität in fichtendominierten Gebirgswäldern erhöht. Und dann gibt es noch etwas, auf das Jürg Walcher in weiser Vorahnung bereits hingewiesen hatte, bevor es richtig anfing: Ich meine damit die elektronische Ablenkung, welche uns oft daran hindert, ökologische Prozesse besser zu verstehen. So einfach heute vieles digital verfügbar ist und so nützlich das eine oder andere Modell auch sein mag: Kein Computer und kein Modell kann für fehlende Beobachtungen in der Natur kompensieren. Darum folgen wir dem 28-jährigen Ratschlag von Jürg Walcher und lassen uns wieder mehr Zeit im Wald verbringen! Literatur Holeksa, J.; Jaloviar, P.; Kucbel, S.; Saniga, M.; Svoboda, M.; Szewczyk, J.; Szwagrzyk, J.; Zielonka, T.; Žywiec, M., 2017. Models of disturbance driven dynamics in the West Carpathian spruce forests. Forest Ecology and Management. 388, 79 – 89. Walcher, J., 1990. Ökologischer Notstand im Gebirgswald am Beispiel des Vogelbeerbaums (1990) – 28 Jahre danach. «Bündner Wald», 43/5: 14 – 20. Peter Bebi Gruppe Gebirgsökosysteme WSL-Institut für Schnee und Lawinenforschung, SLF CH-7260 Davos, bebi@slf.ch

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Die Bedeutung der Vogelbeere beginnt am Boden In der «Bündner Wald»-Ausgabe Nr. 5 von 1990 hat Jürg Walcher die Vogelbeere ausführlich vorgestellt. Es macht also keinen Sinn, hier diese Aussagen zu wiederholen. Es soll nachfolgend mehr auf die Bedeutung der Vogelbeere als Stellvertreter der sogenannten «Nebenbaumarten» sowie der Sträucher und Krautpflanzen eingegangen werden. Naturnah – zu oft nicht wirklich In den Anfängen der 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts hatte bei uns die Pflanzung von Fichten auf Buchen- und Tannenwald­ standorten einer ihrer Hochzeiten. Es lag im Zeitgeist der 68er, vielleicht ausgelöst durch den frischen Wind der Ära Kennedy, dass die Ökologiebewegung eine starke Verbreitung fand. Diese Veränderungen in der Weltsicht wurden lautstark und augenfällig in der Anti-AKW-Bewegung offenbar. In den 80ern kam dann noch die Waldsterbedebatte dazu. Diese Vorgänge sind nicht spurlos an den Förstern vorbeigegangen. Naturnahe Waldwirtschaft wurde zwar schon über ein halbes Jahrhundert an den

Höchst gefährdetes Kraftpaket. (Bild: Richard Stocker)

Forstschulen, namentlich an der ETH, gelehrt. Die Professoren Leibundgut, Fischer, Kurt und andere hatten diesbezüglich eine klare Haltung gezeigt. Ausgehend von der Bodenreinertragstheorie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, ist das Beharrungsvermögen nachfolgender Professoren sowie von grossen Teilen der forstlichen Praxis bis zum heutigen Tag nur schwer nachvollziehbar. Die landwirtschaftlichen Anbaumethoden und die holzverarbeitende Industrie tragen je noch immer ihr Schärfchen zu einer mechanistischen, naturfernen Denkweise bei. So ist es nicht verwunderlich, dass viele heimische Baumarten bedeutungslos blieben, als störende Begleiterscheinungen, als «Nebenbaumarten» ihr Leben fristen, wenn sie überhaupt je die Gelegenheit erhalten, in ihrer Bedeutung erkannt zu werden; von der Strauch- und Krautschicht gar nicht zu reden. Bodenleben – ein Thema? Wo liegt das Problem? Der Boden – ge­ nauer: die Fruchtbarkeit des Bodens – hat über die toten Buchstaben hinaus im forstlichen Fühlen, Denken und Handeln nie die Bedeutung erlangt, die ihr gebühren würde. Im Gegensatz zur Landwirtschaft darf im Wald (immerhin!) nicht gedüngt werden. Dünger, vorab die «reinen» chemischen Dünger, verursachen im Bodenökosystem Ungleichgewichte, was zu Veränderungen im Nährstoffhaushalt der Pflanzen und letztlich zu Problemen mit Schädlingen führt. Die Landwirtschaft bietet dazu ein anschauliches Beispiel, wo gewisse Spritzmittel wie beispielsweise Glyphosat ein Politikum und kaum mehr wegzudenken sind! Im Wald hat eine unnatürliche, einseitige Bestockung eine ähnliche, wenn auch weit weniger schädliche Wirkung. Der Wald ernährt sich selbst, wenn er entsprechend

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aufgebaut ist und die Nährstoffe nicht durch die Vollbaumernte dem Boden ent­ zogen werden. Letztere Methode beweist doch den diesbezüglichen Unverstand hin­ sichtlich Ökologie im Metier bis zum heuti­ gen Tag. Es ist naheliegend, dass eine viel­ fältige Baumartengarnitur aus standortskundlichen Gründen nicht durchwegs zu haben ist. Es sind jene Baumarten von be­ sonderer Bedeutung, welche einerseits den Boden möglichst tiefgründig erschliessen und aufschliessen und andererseits Baum­ arten, welche möglichst viele Nährstoffe über das Blattwerk zeitnah umsetzen. Mit Ausnahme der Tanne gehören die einheimi­ schen Nadelbäume nicht dazu. Sehr wert­ voll sind also vor allem Laubbäume mit leicht abbaubarer Streu – was den Nadel­ bäumen durchwegs abgeht. Bestockung optimieren Auf den nährstoffreichen, gut mit Wasser versorgten Böden wird die Laubstreu z. B. der Esche, der Ulmen, der Vogelkirsche, der Erlen, der Weiden etc. noch im Herbst des Laubfalls durch das Bodenleben verarbeitet. Was über den Winter zurückbleibt, sind die Blattrippen und Kothäufchen der Würmer. Andere Blätter, z. B. jene der Ahorne, der Buchen und Eichen, brauchen zur Verrot­ tung bis zu einem Jahr. Zu den für die Hu­ musbildung wertvollen Bäumen gehört auch die Vogelbeere. Sie ist, was sie gerade eben auszeichnet, im Wesentlichen mehr auf den nährstoffärmeren und höher gele­ genen Standorten zu Hause. Dies ist natur­ gemäss auch eine Konkurrenzfrage, denn die Vogelbeere ist zwar in ihrer frühen Ju­ gend schattenertragend, braucht aber mit zunehmender Grösse sehr viel mehr Licht, was man ihr in aller Regel nicht gönnt. Aus­ serdem ist sie ein Flachwurzler, was sie mit zunehmender Baumhöhe labil macht.

Widersacher – letztendlich der Mensch Der grösste Widersacher für die Vogelbeere aber ist in erster Näherung das Wild durch Verbiss und Fegen. Je langsamer sie wächst, je länger sie im Verbiss verbleibt, desto ge­ ringer ist ihre Chance zum Durchkommen. Deshalb kann sie in den Voralpen nach flä­ chigen Hieben oder nach Windwürfen dank des hohen Lichtgenusses in grosser Üppig­ keit dem Verbiss entwachsen. Im geschlos­ senen Wald hat die Vogelbeere nur wenige Chancen, «erwachsen» zu werden. Kann sie sich aber frei entfalten, hat sie – wie allge­ mein die sogenannten «Unkräuter», diese nicht gewollten Kinder – eine wichtige Auf­ gabe: Sie wirkt einer einseitigen Ausnut­ zung des Bodens entgegen und bringt mit ANZEIGE

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Wird kaum ein Baum. (Bild: Sandro Krättli)

ihrer Streu bodenverbessernde Nährstoffe und Kohlenstoff zur Humusbildung auf die Fläche. Dies gilt selbstverständlich für alle heimischen Kräuter und Sträucher, welche sich spontan ansiedeln und verbreiten. Böden in den künstlichen Fichtenwüsten ohne jegliche Bodenvegetation, oder in überbevorrateten Laub- oder Mischbeständen, wie wir sie im Tiefland oft antreffen, sind deshalb aus dem Gleichgewicht. Der menschgemachte Eintrag von Stickstoff aus der Luft tut ein Übriges. Eine «Verunkrautung» mit Brombeeren, Brennnesseln, Springkräutern etc. ist ein augenfälliges Indiz dafür. Was also tun? Die Gesundheit und die Widerstandskraft von Pflanzen und Tieren hängen von deren optimaler Ernährung ab. Es leiden erst die Wurzelpilze und in der Folge die Pflanzen. Eine ausgewogene Ernährung der Waldpflanzen setzt ein intaktes Bodenökosystem voraus. Dies kann im Wald einzig und allein durch bodenpflegende Massnahmen mittels einer standortsgemässen, vielfältigen Bestockung geschehen. Auf saurem bzw. nährstoffarmem Boden können dies die Vogelbeere, die Salweide, der Faulbaum, die Schwarze Heckenkirsche etc. sein. Auf reicheren Standorten kann es eine entsprechend vielfältigere Artengarnitur sein. Im-

mer ist deren Präsenz und Gedeihen aber auch an hinreichend Licht und Wärme gebunden – und selbstverständlich an ein erträgliches Mass an beissendem und fegendem Wild. Inwieweit die Wildfrage gelöst ist, lässt sich hervorragend an der Präsenz der Vogelbeere erkennen. Das Problem ist aus oben skizzierten Gründen zum Teil hausgemacht, zum anderen ist sie jagdpolitisch begründet. Da eigentümlicherweise in der bürgerlich regierten Schweiz die Jagd nicht ans Eigentum gebunden ist, werden diese für den Wald unglücklichen Umstände vonseiten der Jagd auch keine entscheidende Verbesserung erfahren. Nebulöser Ausblick Mit dem Klimawandel werden die ganzen ökologischen Fragen auch nicht einfacher. Vielleicht wird es in 20 Jahren kälter statt wärmer! Vielleicht verlieren wir über die Esche hinaus weitere Baumarten. Dann wird die ökonomische Frage ohnehin zweitrangig, dann dürfte möglicherweise ein pfleglicher Umgang mit dem Wald, nicht nur mit den Wirtschaftsbaumarten, sondern auch mit den anderen Lebewesen, insbesondere mit dem Bodenleben, stärker in den Fokus rücken. Aus dieser Sicht ist die Douglasie als Retter in der Not ein völlig absurder Ansatz. Voraussetzung zum Erhalt unserer Wälder ist, dass auch die Wildfrage ernsthaft und zeitnah angegangen und einer waldverträglichen Lösung zugeführt wird. Das obere Forstpersonal steht in der Verantwortung!

Richard Stocker Forstingenieur ETH Zopf 27, CH - 5708 Birwill richard.stocker @ waldwesen.ch

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Die Erzieherin der Fichtenverjüngung im Gebirgswald Die Vogelbeere kann sich unter Schirm in einem Altbestand ansamen und unter dunklen Verhältnissen Jahre überleben, wenn sie nicht vom Wild stark verbissen wird. Sobald sie in einer Lücke genügend Licht erhält, wächst sie schnell in die Höhe. Sie bildet eine lockere Beschirmung, die einerseits dichte, verjüngungshemmende Vegetationsbedeckungen von Reitgras und Heidelbeere verhindert, aber für das Aufwachsen der Fichtenverjüngung dennoch genügend Licht durchlässt. Dadurch bildet sich ein differenzierter Jungwald, der nicht gepflegt werden muss. Sie hat somit eine wichtige erzieherische Rolle auf die Verjüngung der Fichte in der hochmontanen und wahrscheinlich auch in der subalpinen Stufe. Die Vogelbeere (Sorbus aucuparia) ist ein Generalist, der in allen Höhenstufen (von kollin bis subalpin) und auf sauren und basischen Standorten vorkommt. Sie ist im subalpinen Fichtenwald neben der Grünerle an feuchten Stellen der einzig vorkommende

Abbildung 1: Zusammenhänge des Einflusses der Vogelbeere auf die Fichtenverjüngung (ergänzt und vereinfacht nach Thormann, 2000).

Laubbaum, was insbesondere wegen der rasch abbaubaren Laubstreu auf sauren Standorten von Bedeutung auf die Bodenentwicklung ist. Wegen den Früchten ist die Vogelbeere eine bedeutende Nahrungsquelle für viele Vogelarten und darum auch für die Biodiversität im Gebirgswald sehr wichtig (vgl. Artikel von Zürcher und Frehner (2018) in dieser «Bündner Wald»-Ausgabe. Die Rolle als unersetzbare Vorwaldbaum­ art und der günstige erzieherische Einfluss der Vogelbeere auf die Fichte im Gebirge ist im Grunde genommen schon lange ­bekannt. Dies beschreibt schon Fankhauser (1910): «Unter dem Schirm des Vogelbeerbaums entwickelt sich die Fichte vortrefflich. Ihr Höhenwachstum wird durch dichtesten Schluss des Schutzbestands nirgends in wahrnehmbarem Masse beeinträchtigt. Der Gipfel streckt sich Jahr für Jahr und schiebt sich schliesslich zwischen den Kronen der Eberesche (deutscher Name für Vogelbeere) hervor». Auch Kasthofer (1850 ) hat das in seinen Beobachtungen über die Wiederbewaldung des Urserentals in der ersten Ausgabe der «Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen» bereits beschrieben. In der geregelten, intensiven Forstwirtschaft und mit zunehmendem Einfluss des Wildverbisses im 20. Jahrhundert, gelangten diese Einflüsse vermehrt in Vergessenheit, respektive man konnte sie gar nicht mehr beobachten. Die Vogelbeere ist eine der ersten Baum­ arten, die vom Wild angegangen wird – nebst der Tanne also quasi das «Filet» im Wald für die Äsung von Gämse, Hirsch und Reh. In den 90er-Jahren versuchte ich im Rahmen meiner Tätigkeit an der Professur für Waldbau der ETH Zürich auf Anraten von Ernst Ott die Zusammenhänge des Einflus-

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ses des Vogelbeer-Vorwalds auf die Fichtenverjüngung zu untersuchen. Vor dem Sturm Lothar war es in der Schweiz schwierig, grössere Vorwaldflächen zu finden, die nicht zu stark vom Wild beeinflusst waren. Darum bin ich teilweise nach Frankreich, in die Savoyen, ausgewichen und habe die Arbeiten dann auch nicht zu Ende geführt. «Lothar» und vermutlich der Einfluss des Luchses haben die Situation der Vogelbeere vor allem in den Freiburger Voralpen, dem Berner Oberland sowie in Teilen des Unterwallis seither stark verbessert. Die folgenden Zusammenhänge und Resultate stammen aus meinen unveröffentlichten Arbeiten aus dem Unterwallis und den Savoyen Ende der 90er-Jahre (Thormann, 2000) und zwei Studierendenarbeiten an der HAFL (Hediger, 2016 und Stolp, 2017). Zusammenhänge des Einflusses der Vogelbeere auf die Fichtenverjüngung Die Vogelbeere hat einerseits einen Pioniercharakter (rasches Jugendwachstum bei genügend Licht, frühe und grosse Samen­ produktion). Sie kann aber auch Jahre im Schatten des Altbestands überdauern, reagiert, sobald genügend Licht vorhanden ist, mit einem raschen Höhenwachstum und Bildung eines vielfach mehrstämmigen Vorwaldes. Darunter kann die Fichte bei genügend Licht mehr oder weniger gleichzeitig oder auch zu einem späteren Zeitpunkt ansamen und langsam aufwachsen (Abb. 1 und 2). Der Vogelbeerschirm beeinflusst die direkte und indirekte Lichteinstrahlung auf den Boden und dadurch die Vegetationsdichte unter der Beschirmung, was zu einer weniger grossen Vegetationskonkurrenz bei der Ansamung der Fichte führt. Dieser Einfluss konnte für das Wollige Reitgras (Calama­ grostis villosa) und die Heidelbeere (Vacci­ nium myrtillus) von der Tendenz her im Un-

1992 Der Fichtenbestand vor dem Seilschlag; einzelne Vogelbeeren im Altbestand sind ersichtlich.

2007 15 Jahre nach dem Seilschlag hat sich ein schöner Vogelbeer-Vorwald entwickelt; die Fichten sind unter dessen Schirm bereits zahlreich vorhanden.

2013 Einzelne Fichten sind schon fast so hoch wie die Vogelbeeren.

Abbildung 2: Entwicklung der Verjüngung nach einem Seilschlag im Zigerhubelwald auf dem Gurnigel auf ca. 1600 m ü. M. (Fotoreihe: Ph. Mösch, KAWA Bern).

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terwallis (Mayens de Riddes und Val d’Illiez) nachgewiesen werden (Abb. 3). Der Nachweis des Einflusses bei Hochstauden steht noch aus. In der Arbeit von Stolp (2017) im Lothar-Reservat «Gägger» im Gurnigelgebiet BE wurden die obigen Resultate bestätigt. Der Einfluss auf Hochstauden – in diesem Fall in erster Linie auf den Alpenwaldfarn – ergab auch hier keinen Zusammenhang. Die Datenbasis ist allerdings dünn. Der Eintrag der gut abbaubaren Laubstreu hat auf die Humusanhäufung einen mindernden Einfluss. Da die Vogelbeere meist der einzige Laubbaum im subalpinen Fichtenwald ist, ist dieser Einfluss sicher von Bedeutung. Der Einfluss des lokalen Bestandsklimas unter dem Vogelbeerschirm ist ebenfalls von Bedeutung. Einerseits führt dies dazu, dass unter der Belaubung ein ausgeglicheneres Klima herrscht und die noch nicht verholzten Fichten- oder Tannentriebe von einem Frost geschützt sind. Das könnte insbesondere bei der spätfrostgefährdeten Tanne von Bedeutung sein. Andererseits werden die Vogelbeerstämmchen im Frühjahr von der Sonne erwärmt, was zu einer rascheren Aus-

Abbildung 3: Vegetationsdeckungsgrade in den drei Vegetationstypen (Wolliges Reitgras, Hochstauden, Heidelbeere) unter Vogelbeerschirm in Abhängigkeit des indirekten, diffusen Lichts in den Untersuchungsflächen im Unterwallis (Mayen de Riddes, Barme und Draversaz im Val d’Illiez).

Abbildung 4: Ausaperung des Schnees unter einem Vogelbeerwald im Unterwallis (Barme, Val d’Illiez) aufgenommen am 11. Mai 1999. (Bilder: Jean-Jaques Thormann)

aperung des Schnees rund um die Stämme führt (Abb. 4). Dadurch wird die Vegetationszeit in diesem Bereich verlängert und eine allfällige Fichte ist weniger oder gar nicht dem schwarzen Schneeschimmel (Herpotrichia nigra) ausgesetzt. Das bestätigt die Beobachtung, dass eine kleine Fichte meist um die Vogelbeerstämme aufkommt und nicht dazwischen in einer Mulde (Abb. 5). Der Einfluss der Vogelbeerbeschirmung auf das Wachstum der Fichte im Vergleich zum Wachstum von nicht überschirmten Fichten ergab in allen Untersuchungen bisher keinen wirklich signifikanten Zusammenhang (Abb. 6). Das Wachstum ist tendenziell unter Schirm etwas kleiner als ohne Schirm, die Streuungen innerhalb der gleichen verglichenen Höhenklassen sind jedoch gross. Bei Stolp (2017) war das Wachstum unter Schirm sogar grösser als unbeschirmt. Das hat vermutlich mit der Altersverteilung der Fichten auf der Fläche zu tun. Dieses Resultat ist wahrscheinlich eher zufällig und nicht zu verallgemeinern, da der Datenumfang zu klein ist. Folgerungen Obschon noch einige Fragen über die Wirkung der Vogelbeere auf die Verjüngung der Fichte offen sind, kann klar gesagt werden, dass sie eine wichtige, verjüngungs-

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Abbildung 6: Vergleich des fünfjährlichen, mittleren Wachstums des Fichtenaufwuchses unter und ohne Vogelbeerbeschirmung in Ro­gnaix, Savoie, Frankreich.

ökologische Funktion im Gebirgswald inne­ hat. Einerseits beeinflusst sie das Keimbeet für die Fichte positiv, indem die Vegeta­ tionskonkurrenz teilweise zurückgeht und andererseits wirkt sie erzieherisch auf den Fichtenaufwuchs, indem sie den Aufwuchs mit ihrem lockeren Blätterdach – das nie flä­ chendeckend gleich dicht ist – unterschied­ lich stark beschattet und dadurch das Wachstum mehr oder weniger beeinflusst. Sobald die Fichten durch den Vogelbeer­ schirm wachsen, der je nach Standort bis zu 15 oder mehr Meter hoch werden kann, nimmt der Einfluss der Vogelbeere rasch ab. Seitlich bedrängt, verliert sie die Konkur­ renzfähigkeit gegenüber der Fichte und geht rasch ein (Abb. 7). Dies führt zu einem strukturierteren Jung­ waldbestand, der bereits in einem früheren Zustand die wichtigsten Waldfunktionen (Schutz- und Nutzfunktion, sowie Biodiver­ sität) übernehmen kann. Im Sinne der biolo­ gischen Rationalisierung braucht es also si­ cher bis ins starke Stangenholz oder auch

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länger keine Pflegemassnahmen, was auch ökonomische Auswirkungen hat. Die Jung­ waldpflege kann auch auf grossen Sturmflä­ chen minimiert werden. Dies hat ja eigent­ lich – wie in der Einleitung zitiert, schon Fankhauser (1910) erkannt. Leider wird die Vogelbeere – unter der Begründung, sie sein ein grosser Konkurrent gegenüber der Fichte – in der traditionellen Jungwaldpfle­ ge dennoch vielfach weggeschnitten. Dies führt einerseits zu grossen Pflegeaufwen­ dungen und Kosten und andererseits wer­ den dadurch wiederum gleichschichtige Be­ stände gebildet, die sturmanfälliger sind. Hier braucht es ein Umdenken ! Wir werden an der HAFL an den offenen Fragen weiterarbeiten: – Der Einfluss der Vogelbeere auf die Ver­ jüngung auf Hochstaudenstandorten ist bis jetzt nicht wirklich bewiesen. Es ist vermutlich schon ein Einfluss vorhanden, für eine erfolgreiche Verjüngung braucht es aber sicher zusätzlich noch Moderholz. – Der Einfluss auf die Vegetationskonkur­ renz soll mit mehr Aufnahmen und Da­ Abbildung 5: Fichtenaufwuchs in dichter Vogelbeergruppe im Gebiet Draversaz VS.

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ten auf verschiedenen Höhenstufen und Standorten noch besser objektiviert und verstanden werden. – Die Frage der Konkurrenz der Vogelbeere auf unterschiedlichen Standorten sollte ebenfalls noch genauer angeschaut werden. Es scheint, dass sie auf sauren Standorten konkurrenzkräftiger als auf basischen ist.

In diesem Jahr werden Folgeaufnahmen auf meinen Flächen aus den 90er-Jahren im Unterwallis im Rahmen einer Bachelorarbeit durchgeführt. So können wir die Entwicklung dieser Flächen ohne Pflegeeingriffe genauer weiterverfolgen. Wer weitere, möglichst unbeeinflusste Flächen kennt oder sonstige Fragen bezüglich des Umgangs mit der Vogelbeere hat, darf sich gerne bei mir melden. Ich bin an einer konstruktiven Diskussion sehr interessiert. Literatur Fankhauser, F. (1910): Zur Kenntnis des Vogelbeerbaums. SZF 61: 1– 6, 42 –  52,116  – 120. Hediger, T. (2016): Analyse der Lichtverhältnisse für Fichtenverjüngung unter der Beschirmung der Vogelbeere an einem Beispiel im Kanton Schwyz. Semesterarbeit an der Berner Fachhochschule; HAFL, S. 26. (unveröffentlicht). Kasthofer, K. (1850): Memorial über die Wiederbewaldung des Urserenthales. SZF 1: 33 – 44. Stolp, K.-M. (2017): Einfluss der Vogelbeere auf die Klimaxvegetation. Untersuchungen auf einer Lothar-Sturmfläche im «Gägger» Gurnigel, Kanton Bern. Semesterarbeit an 39 der Berner Fachhochschule; HAFL, S.  (unveröffentlicht). Thormann, J.-J. (2000): Einfluss der Vogelbeere (Sorbus aucuparia L.) auf die Ver­ jüngung der Fichte in subalpinen Fich­ tenwäldern. Referat im Rahmen eines Montagskolloquiums an der ETH Zürich.

Jean-Jaques Thormann Abbildung 7: Ungepflegter Jungwaldbestand mit Vogelbeer-Vorwald, Draversaz VS (oben Zustand im Frühling 1998; unten Zustand im Sommer 2015.

Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL Länggasse 85, 3052 Zollikofen jean-jacques.thormann@bfh.ch

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Die Vogelbeere Teil unserer Gebirgswälder Die Vogelbeere wird in den Naturwaldbeschreibungen nach NaiS Anhang A 2009 in 11 von 13 subalpinen Standorttypen der Schweiz und in 19 von 21 hochmontanen Standorttypen als Baumart aufgeführt. Auf den sauren und mittleren FichtenwaldStandorttypen der subalpinen Stufe ist die Vogelbeere oft als einzige Laubbaumart aufgeführt. Verschreibt man sich dem naturnahen Waldbau – wie dies z. B. der Kanton Graubünden in seinem neuen Leitbild WEP tut – gehört somit die Vogelbeere unabhängig von einer konkreten Rolle oder einem direkten Nutzen mit einem zumindest marginalen Stammzahlanteil in das Ökosystem Gebirgswald. Damit erübrigt sich auch die Frage «Brauchen wir die Vogelbeere im Gebirgswald oder nicht»: Es geht nicht darum, ob wir sie «brauchen» oder ob sie etwas «nützt», sondern sie ist einfach auf vielen Gebirgswaldstandorten Teil eines natürlich aufgebauten Waldbestands. Trotzdem soll in der Folge darauf eingegangen werden, welche waldbau­ lichen Effekte der Vogelbeere wir auf ­verschiedenen Gebirgswaldstandorten be­ obachten. Dabei handelt es sich um unsystematische Beobachtungen, welche wir am Rande anderer waldbaulichen Arbeiten mehr oder weniger zufällig gemacht haben – die folgenden Aussagen sind somit als Fallbeispiele und nicht als wissenschaftlich erhärtete Daten zu interpretieren, mit Ausnahme der Erkenntnisse aus den Untersuchungen in den Westkarpaten. Häufig erwähnt wird die Vorwaldfunktion der Vogelbeere. Wir beobachten, dass vor allem in der hochmontanen Stufe kleinere und grössere Lücken von der Vogelbeere besiedelt werden und sich in deren Schutz anschliessend die Fichte oder die Tanne etablieren kann. Schöne Beispiele dafür sind im Hornwald (Obersaxen, Heidelbeer-Tan-

Abb. 1: Dichter Vogelbeerbewuchs vor allem im Randbereich der Lücke im Hornwald, Obersaxen. (Foto: N. Zürcher, 2014)

Abb. 2: Vogelbeerwald im Uaul Surrein, Sedrun. (Foto: L. Götz, 2016)

nen-Fichtenwald mit Torfmoss 46*, vgl. Abb. 1), im Uaul Surrein (Sedrun, Ehrenpreis-Fichtenwald 55, vgl. Abb. 2), in Derborence (typischer Hochstauden-Tannen-Fich3) oder am Grot tenwald 50, vgl. Abb.  (Wangs, Labkraut-Tannen-Fichtenwald 51, vgl. Abb.  4) zu finden. Subalpin ist die Vorwaldfunktion der Vogelbeere weniger auffällig zu beobachten als hochmontan. In neueren Untersuchungen Bündner Wald 29

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Abb. 3: Tannenverjüngung unter Vogelbeervorbau

Abb. 4: Vogelbeertrupp mit Fichtenverjüngung am

in Derborence. (Foto: M. Frehner, 2009)

Grot, Wangs (obere Grenze hochmontan). (Foto: R. Schwitter, 2013)

in der subalpinen Stufe der Westkarpaten (z. B. Holeska et al. 2017) wurde festgestellt, dass sich die Vogelbeeren im Schatten ansamen und jahrzehntelang im Schatten überleben können. Sobald Licht vorhanden ist, wachsen sie schnell auf. Am meisten Verjüngung gibt es bis 40 m entfernt von einem Samenbaum. In den Öffnungen gibt es nur selten neue Vogelbeeransamung, eventuell weil die Vögel, die die Vogelbeersamen verbreiten, sich nur wenig in den Lücken aufhalten, da es dort nur wenig Sitzplätze und nur wenig Schutz vor Feinden gibt. Das heisst, die Anwesenheit der Vogelbeere in der Vorverjüngung ist entscheidend, damit sich die Vogelbeere in Lücken entwickeln kann. Nach einigen Jahrzehnten wird sie von der Fichte verdrängt. Nur an Stellen, wo Boden oder Topografie für die Fichte nicht geeignet sind, kann sich die Vogelbeere über lange Zeit halten. Auch bei uns gibt es verschiedene Beispiele in der subalpinen Stufe, in denen die Vogelbeere Lücken deutlich schneller besiedelt als die Fichte. Damit wird z. B. zwischen lie-

gendem Totholz allfällige Konkurrenzvegetation «in Schach gehalten» und die Ansamung der Fichte erleichtert – wenn denn nicht die Vogelbeere selbst durch den Wildverbiss «in Schach gehalten» wird (Abb. 5 Wangs-Burst, Alpenlattich-Fichtenwald mit Heidelbeere 57V). Dank der Verjüngungsökologie (Vorverjüngung im Bestand) kann die Vogelbeere auf Standorten aufwachsen, die von anderen Gebirgswaldbaumarten wie der Fichte, Tanne oder Lärche kaum besiedelt werden können. So beobachten wir auf Hochstaudenstandorten (sowohl hochmontan wie auch subalpin), dass die Vogelbeere nebst der Grünerle und dem Bergahorn die einzige Baumart ist, welche in verkrauteten Flächen aufwachsen kann. Dank der dadurch entstehenden Beschattung werden die Hochstauden zurückgedrängt – in der Folge kann sich die Fichte ansamen. Damit kann die (Wieder-)Bestockung von verkrauteten Flächen z. B. nach Störungsereignissen vereinfacht und beschleunigt werden. Beispiele dafür sind auf der Vivian-Fläche im Uaul

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Abb. 5: Junge Vogelbeeren zwischen liegendem

Abb. 6: Ca. 25-jährige Vogelbeeren mit ca. 10- bis

Totholz im Burst, Wangs. (Foto: R. Schwitter, 2010)

15-jähriger Fichtenverjüngung. Uaul Puzzastg, Surrein. (Foto: N. Zürcher, 2015.)

Puzzastg, Surrein (vgl. Abb.  6, typischer Hochstauden-Tannen-Fichtenwald 50) oder im Lusiwald (Davos, typischer Hochstauden-Fichtenwald 60, vgl. Abb. 7) zu finden. Dasselbe ist auf zu Vergrasung neigenden Standorten zu beobachten. Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Vogelbeere vor allem in der subalpinen Stufe heute die Nebenbaumart, die in den meisten Standorttypen vertreten und auf den sauren und mittleren Standorten nebst Lärche, Bergföhre und Grünerle die einzige Nebenbaumart ist. Gemäss Modellen werden sich in der subalpinen Stufe aufgrund des Kli­ mawandels in den nächsten 80 Jahren die Verhältnisse soweit ändern, dass weitere Neben- und auch Hauptbaumarten möglich werden. Damit sich diese Baumarten tatsächlich einstellen können, müssen in zweckmässiger Distanz Samenbäume vorhanden sein oder Jungpflanzen durch kostspielige Pflanzungen eingebracht werden. Ob z. B. Schutzleistungen ohne allzu grosse Unterbrüche trotz des Klimawandels erbracht werden können, wird entscheidend

davon abhängen, ob in einem Gebiet genügend Samenbäume zukunftsfähiger Baum­ arten vorhanden sind. Bei lokalen Ausfällen der Fichte kann die Vogelbeere einen wertvollen Beitrag zur Überbrückung respektive zur Erhaltung eines verjüngungsfreundlichen Waldklimas leisten. Angesichts der massiven Veränderungen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel erwartet werden müssen, ist jeder Beitrag an eine Waldbestockung zu begrüssen. Insofern sollte der Wert der Vogelbeere keinesfalls unterschätzt werden und es sollte dafür gesorgt werden, dass von allen bereits heute standortgerechten Baumarten genügend Samenbäume vorhanden sind! Literatur Jan Holeksa, Peter Jaloviar, Stanislav Kucbel, Milan Saniga, Miroslav Svoboda, Janusz Szewczyk, Jerzy Szwagrzyk, Tomasz Zielonka, Magdalena Zywiec, 2017: Models of disturbance driven dynamics in the West Carpathian spruce forests. Forest and Ecology Management 388 (2017), 79 – 89. Bündner Wald 31

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Nora Zürcher Umweltwissenschaftlerin MSc ETH Via Caltgadira 2, CH-7166 Trun GR zuercher.gasser@gadola-ag.ch

Monika Frehner Abb. 7: Die Vogelbeere überragt als einzige Baumart die Hochstauden deutlich in dieser ca. 20-jährigen Öffnung. (Foto: SLF Davos)

Dr. sc. nat. ETH, Forstingenieurin ETH/SVU Sixerstrasse 9, CH-7320 Sargans monika.frehner@bluewin.ch

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Vogelbeere und Vögel Wie schon der Name Vogelbeere verrät, hat die Eberesche, wie die Vogelbeere auch bezeichnet wird, für eine ganze Reihe von Vogelarten eine grosse Bedeutung. Die starke Anziehungskraft der Pflanze für Vögel wurde früher auch vom Menschen ausgenutzt. Nicht nur der deutsche, sondern auch der französische Name «Sorbier des oiseleurs» wie auch der italienische «Sorbo degli uccellatori» (Sorbus der Vogeljäger/-fänger) weisen darauf hin, dass bei einem Beeren tragenden Vogelbeerbaum reiche Beute an schmackhaften Vögeln für die Küche zu machen war. Es gibt eine ganze Reihe von Vogelarten, die speziell wegen der Aussicht auf eine reiche Ernte bei der Vogelbeere im Herbst/ Winter z. T. lange Wanderungen unternehmen. Seidenschwänze der Taiga Nordeuropas überwintern in Jahren mit einem reichlichen Angebot an Beeren im Brutgebiet oder wenig südlich davon. Bei grossräumigem

Fehlen von Beeren erscheint die Art vielfach in grossen Gruppen bis nach Westeuropa (Glutz von Blotzheim & Bauer 1985). Gimpel Nordeuropas überwintern in Jahren mit reichlicher Fruktifikation der Vogelbeere im Brutgebiet. In Jahren mit geringem Beerenangebot in den normalen Überwinterungsgebieten werden Gimpel dagegen in grosser Zahl an Beobachtungsstationen in Dänemark und Südschweden auf ihrem Weg in südlichere Gebiete festgestellt (Fox et al. 2009). Wacholderdrosseln verbleiben in Jahren mit gutem Angebot an Vogelbeeren weit in den Winter hinein nahe ihrer nordeuropäischen Brutgebiete (Tyrväinen 1975). Wenn die Nahrung dort knapp wird, ziehen die Wacholderdrosseln Richtung Süden und können in einem Mastjahr der Vogelbeere auch südlich des Alpenkamms in grossen Scharen beobachtet werden. Die Vogelbeere hat ein riesiges Verbreitungsgebiet, das sich von Grossbritannien

Als Ruheplatz hat sich dieser Haselhahn eine sonnige Ecke am Waldrand ausgesucht. (Bilder: N. Zbinden). Bündner Wald 33

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bis nach Sibirien erstreckt. In der Schweiz ist sie im aufgelösten Gebirgswald, im plenterartigen und ungleichförmigen Hochwald, im Jungwuchs und im lückigen gleichförmigen Hochwald häufig. Mehr als jede andere Laubbaumart ist die Vogelbeere im Nadelwald anzutreffen (Brändli 1996). Diese kurze Charakterisierung der Lebensräume der Vogelbeere könnte auch aus einem Text zu den Lebensraumansprüchen des Haselhuhns stammen. Die kleinste unserer Raufusshuhn-Arten braucht horizontal und vertikal reich strukturierte Waldpartien. Im gleichförmigen und dichten Wirtschaftswald ohne gut entwickelte Bodenvegeta­ tion fehlen die wichtigsten Eigenschaften eines guten Haselhuhn-Lebensraums: Deckung und Nahrungspflanzen. Störflächen (z. B. Windwurfflächen) können in solchen Wäldern eine Zeit lang gute Lebensräume bieten. Sich selbst überlassen entwickeln sich auf diesen Flächen Laubholzdickungen, die dem kleinen Huhn eine wichtige Nahrungsgrundlage für den Winter liefern. Das Vorkommen des Haselhuhns ist nicht auf bestimmte Betriebsformen oder bestimmte Höhenstufen beschränkt. Entscheidend sind immer die untersten 2 Meter und die anschliessenden etwa 15 Meter des Waldbestands. Innerhalb dieser Schicht müssen Nahrung und Deckung räumlich möglichst eng verzahnt sein. Deckung muss auch nach dem Laubfall vorhanden sein. Nicht aufgesucht werden «durchsichtige» Waldflächen (z. B. einschichtige Baumhölzer oder Stangenhölzer nach starken Pflegeeingriffen oder baumbestandene Weiden ohne Strauchschicht (Blattner & Perrenoud 2001). Das Haselhuhn ist ein Standvogel und muss alle seine unterschiedlichen Bedürfnisse im Jahresverlauf im gleichen Waldgebiet befriedigen können. Im Sommer besteht die Nahrung aus Blättern und Samen von Kräu-

tern. Beeren verschiedenster Arten werden mit fortschreitendem Herbst wichtiger und werden, solange sie verfügbar sind, gerne gefressen. Eine besondere Bedeutung können Beeren von Vogelbeere und Mehlbeere erlangen, weil ihre Früchte auch dann noch erreichbar sind, wenn Schnee liegt. Ist das Angebot an Beeren aufgebraucht, bilden Kätzchen, Knospen und Triebspitzen von Haselstrauch, Birken, Erlen, Vogelbeere, Mehlbeere, Weissdorn und anderer Weichholzarten bis in den Frühling die Hauptnahrung. In höheren Lagen des Juras, wo Birke und Erlen fehlen und der Haselstrauch selten ist, sind im Winter Knospen und Triebe von Mehl- und Vogelbeere die wichtigste Nahrung. Die geschlossenen winterlichen Knospen der viel häufigeren Buche werden nur ungern gefressen, denn sie sind nährstoffarm und liefern nur wenig Energie. Das ändert sich schlagartig, wenn im Frühjahr die Knospen der Laubbäume und Sträucher anschwellen und sich erste Blätter zeigen. Jetzt profitiert das Haselhuhn gerne vom unerschöpflichen Angebot an proteinreicher und leicht verdaulicher Nahrung (Zbinden 1979). Während die ausgewachsenen Haselhühner fast reine Vegetarier sind, sind die Küken in ihren ersten Wochen auf Insekten angewiesen. Die Henne führt sie deshalb gerne an sonnige Bestandsränder mit gut ausgebildeter Kraut- und Zwergstrauch­ vegetation. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Haselhuhn in der Schweiz nicht nur in den Alpen und im Jura verbreitet, sondern es besiedelte auch die höher gelegenen grossflächigen Wälder des Mittellands. Heute beschränkt sich das besiedelte Gebiet auf den westlichen Jura und den Alpenraum. Der Rückgang im Mittelland und Jura ist auf die vollständige Umstellung der Waldbewirtschaftung auf Hochwaldbetrieb

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Im Frühsommer sind die Blüten der Vogelbeere eine begehrte Bienenweide.

im 20. Jahrhundert zurückzuführen (Blatt­ ner & Perrenoud 2001). Auf der Roten Liste der Brutvögel der Schweiz figuriert das Haselhuhn als «potenziell gefährdet», und es ist zudem eine Prioritäts­ art Artenförderung (Keller et al. 2010a, Keller et al. 2010b). Um seine Situation zu verbes­ sern, sollen Massnahmen zur Lebensraum­ aufwertung vorgenommen werden. Es geht nicht darum, die gesamte Waldfläche mit ei­ ner maximalen Lebensraumqualität aus­ zustatten. Das Haselhuhn kann auch im wirtschaftlich produktiven Wald seine jahres­ zeitlich unterschiedlichen Ansprüche auf ver­ streuten kleinen Flächen decken. Dazu ge­ hört insbesondere, dass die für das Haselhuhn so bedeutenden Weichhölzer nur dort ent­ fernt werden, wo es absolut notwendig ist. Diese unentbehrlichen Nahrungspflanzen kommen vielfach nur noch an Bestandsrän­ dern vor. Sie können auch bei einem forstli­ chen Eingriff an Wegrändern und in Rücke­ gassen belassen werden. Sie stellen für die Bestandsnutzung keine grössere Behinderung dar und können nach Holzschlägen, auch wenn sie dabei beschädigt wurden, rasch wieder zu einer wichtigen Ressource für das Haselhuhn und andere Tierarten werden. Auch auf der intensiv genutzten Fläche sollen

Weichhölzer stehen gelassen und Freiflächen mit Zwergsträuchern offen gehalten werden. Insbesondere die Heidelbeere ist nicht nur für das Haselhuhn eine begehrte Nahrungspflan­ ze. Teilflächen einer Dickung sollen nicht ge­ pflegt werden. Sie bieten nicht nur Nahrung, sondern auch Deckung. Weitere Vorgehens­ vorschläge für Lebensraum-Verbesserungs­ massnahmen zugunsten des Haselhuhns ma­ chen Blattner & Perrenoud (2001). Da die Vogelbeere und andere Weichhölzer auch von Rothirsch, Reh und Gämse gerne gefres­ sen werden, sollten bei Aufwertungsmass­ nahmen zugunsten des Haselhuhns Jagdkrei­ se einbezogen werden (Walcher 1990). Literatur Blattner, M. & A. Perrenoud (2001): Hasel­ huhn und Waldbewirtschaftung. Vollzug Umwelt. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern. Brändli, U.– B. (1996): Die häufigsten Wald­ bäume der Schweiz. Ergebnisse aus dem Landesforstinventar 1983 –  85: Verbreitung, Standort und Häufigkeit von 30 Baumarten. Berichte der Eidgenössischen Forschungs­ anstalt für Wald, Schnee und Landschaft 342. Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Birmensdorf. Bündner Wald 35

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Beeren der Vogelbeere sind weit bis in den Winter hinein eine beliebte Nahrung für viele Vogelarten.

Fox, A. D., S. Kobro, A. Lehikoinen, P. Lyngs & R. A. Väisänen (2009): Northern Bullfinch Pyrrhula p. pyrrhula irruptive behaviour linked to rowanberry Sorbus aucuparia abundance. Ornis Fenn. 86: 51– 60. Glutz von Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 10, Passeriformes (1. Teil). Aula, Wiesbaden. Keller, H., H.– R. Pauli & U. N. Glutz von Blotzheim (1979): Zur Winternahrung des Birkhuhns Tetrao tetrix im subalpinen Fichtenwald der Nordalpenzone. Ornithol. Beob. 76: 9 – 32. Keller, V., R. Ayé, W. Müller, R. Spaar & N. Zbinden (2010a): Die prioritären Vogelarten der Schweiz: Revision 2010. Ornithol. Beob. 107: 265 – 285. Keller, V., A. Gerber, H. Schmid, B. Volet & N. Zbinden (2010b): Rote Liste Brutvögel. Gefährdete Arten der Schweiz, Stand 2010.

Umwelt-Vollzug Nr. 1019. Bundesamt für Umwelt, Bern, und Schweizerische Vogelwarte, Sempach. Tyrväinen, H. (1975): The winter irruption of the Fieldfare Turdus pilaris and the supply of rowan-berries. Ornis Fenn. 52: 23 –  31. Walcher, J. (1990): Ökologischer Notstand im Gebirgswald, dargestellt am Beispiel des Vogelbeerbaums. Bündner Wald 43: 14 – 20. Zbinden, N. (1979): Zur Ökologie des Haselhuhns Bonasa bonasia in den Buchenwäldern des Chasseral, Faltenjura. Ornithol. Beob. 76: 169 – 214.

Dr. Niklaus Zbinden Surenweidpark 10 CH-6208 Oberkirch niklaus.zbinden.ch@bluewin.ch

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Effekte des Wolfrudels am Calanda auf die lokale Baumverjüngung Der Einfluss des Wolfs auf wildlebende Huftierarten und damit auf die Baumverjüngung ist vielfältig. Im für die Wölfe gut zugänglichen Teil ihres Sommerkerngebiets dürfte lokal ein direkter numerischer Effekt wirken. Der Wolf dürfte aber besonders die räumlich-zeitliche Nutzung des Lebensraums durch die Beutetiere kleinräumig beeinflussen. Damit variiert lokal der Verbiss an beim Reh, Rothirsch und Gämse beliebten Baumarten wie Weiss­ tanne, Bergahorn und Vogelbeere. Der Wolf wandert seit 1995 selbstständig von Italien in die Schweiz ein. Im Jahre 2012 hat sich in der Region um den Calanda (Kantone Graubünden und St. Gallen) das erste Wolfspaar der Schweiz in der Neuzeit niedergelassen und pflanzt sich seither jedes Jahr erfolgreich fort. Es ist in den nächsten Jahren damit zu rechnen, dass die Wölfe immer häufiger Rudel bilden und ihr Einfluss auf die wildlebenden Huftiere in der Schweiz entsprechend zunimmt. Wölfe fressen in Europa hauptsächlich wildlebende Huftiere wie Wildschweine, Gämsen, Rehe, Rothirsche und Steinböcke, was den Bestand dieser Huftiere senkt. Je weniger Gämsen, Rehe und Rothirsche in einem Gebiet vorhanden sind, desto geringer fällt in der Regel der Verbiss an der Baumverjüngung aus (Abb. 1). Ist dieser direkte Effekt auf den Bestand der wildlebenden Huftiere im Ökosystem dominant, wird von einer Kaskadenwirkung von Wölfen über Huftiere auf die Waldverjüngung gesprochen (Ripple & Beschta 2012). Dieser direkte Einfluss des Wolfs hängt besonders von seinem Bestand und von den bevorzugt erbeuteten Huftierarten ab (Kupferschmid & Bollmann 2016). Da unsere Waldökosysteme in Mitteleuropa aber sehr stark von der menschlichen Jagd beeinflusst werden, dürfte ein Kaskadeneffekt von Wölfen auf die Baum-

Beispiel Müllers Los 2016, wie entwickelt sich die Verbisssituation am Calanda? (Bild: Sandro Krättli)

verjüngung begrenzt sein (Ratikainen et al. 2007). Dies bedeutet, dass der Bestand an wildlebenden Huftieren bei Anwesenheit des Wolfs (und dasselbe gilt für den Luchs) nicht zwingend kleiner wird, weil z. B. die menschliche Jagd durch Anpassungen in der Abschussplanung gedrosselt wird oder weniger erfolgreich ist (Abb. 1). Neben dem direkten Effekt der Wölfe auf die Bestandesgrösse der wildlebenden Huftiere, können Wölfe die räumlich-zeitliche Nutzung des Lebensraums der Huftiere beeinflussen, da die Huftiere versuchen, dem Prädator Wolf auszuweichen (Kuijper et al. 2013). Dies wiederum beeinflusst die Baumverjüngung indirekt (Gärtner & Noack 2009). Durch die Anwesenheit der Wölfe kann sich auch die Nahrungswahl der wildlebenden Huftiere verändern (Christianson & Creel 2008), wodurch der Verbiss lokal zu- oder abnimmt. Wölfe beeinflussen auch den Stress- und Ernährungszustand der wildlebenden Huftiere, was die Nachwuchs- und Überlebensrate der Huftiere beeinflusst (Abb. 1). Da besonders die räumlich-zeitliche Lebensraumnutzung von Beutetierarten nicht nur durch das Vorkommen und die Häufigkeit grosser Raubtiere, sondern z. B. auch durch Jagd­ praktiken, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Raumplanung, Tourismus, Wildschutzgebiete und die Topografie beBündner Wald 37

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Jagd

Effekte von Wölfen auf die Baumverjüngung: direkter, numerischer Effekt indirekte Effekte

Dichte der Huftiere

Wolf

Verbiss an der Baumverjüngung

Verhalten der Huftiere

Abbildung 1: Direkte, indirekte und kombinierte Effekte von Wölfen auf die Dichte und das Verhalten wildlebender Huftiere und die damit verbundene Änderung des Verbisses an der Baumverjüngung. Bei den indirekten Wirkungen (orange Pfeile) kann einerseits unterschieden werden zwischen Ände­rungen im Raum-Zeit-Verhalten und im Äsungsverhalten des Huftiers und andererseits Änderungen im Stressund Ernährungszustand des Huftiers, welche die Nachwuchs- und Überlebensrate beeinflussen. In vom Menschen bejagten Wildtier­populationen (dunkelblaue Pfeile) ist das Potenzial der Wölfe begrenzt, einen erwünschten direkten (hellblaue Pfeile) und indirekten Kaskadeneffekt auszuüben. Verändert nach Kupferschmid & Bollmann (2016).

einflusst wird, kann bei Wolfspräsenz nicht generell von einer Abnahme des Verbisses im Gesamtgebiet ausgegangen werden. In dieser Pilotstudie wiederholten wir Baumverjüngungsinventuren, die bereits vor der Wolfsetablierung in der Region Calanda angelegt wurden mit dem Ziel, die Baumverjüngungsdichte und die Verbissintensität im Laufe der Zeit aufzuzeigen und damit abzuschätzen, ob in der Region Calanda ein Einfluss der Wolfspräsenz auf die Baumverjüngung messbar ist.

Methode Zur Erfassung des Jungwaldes und der von wildlebenden Huftieren verursachten Schäden an der Baumverjüngung, hat der Kanton Graubünden Erhebungen in Stichproben erstellt und das Stichprobenzentrum jeweils dauerhaft markiert (Bühler 2005). Total sieben solche Verjüngungsflächen mit je 14 bis 25 kreisförmigen Stichproben (Radius 2 bis 9 Meter) in einem Abstand von jeweils 100 Meter haben wir für unsere Studie in verschiedenen Regio-

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Wir wiederholten diese Feldaufnahmen im Frühjahr 2016 (4 Calanda-Flächen) resp. 2017 (3

Prättigau-Flächen). Wir wiederholten diese Feldaufnahmen im Frühjahr 2016 (4 Calanda-Flächen) resp. 2017 (3 Prättigau-Flächen). Region Gemeinde Region Jagdrevier Gemeinde Name Stichproben Jagdrevier Meereshöhe Name [m ü. M.] Stichproben Waldtyp Meereshöhe pH [mA-Horizont ü. M.]

Waldtyp Aufnahmejahr pH A-Horizont Wölfe

RothirschAufnahmejahr

einstand Wölfe Wolf-HirschRothirschRegion

Calanda Tamins Mastrils Calanda Felsberg Untervaz Tamins Muellers Los Hinteralpwald PlanderleinaMastrils Salawald 14 15 Felsberg 22 Untervaz25

Muellers Los 1320-1370 14

Hinteralpwald 1360-1560 22

Ta-Fi Ta-Fi 1320-1370 1360-1560 6.4 6.8 1996,2008, 2013, Ta-Fi Ta-Fi 2016 2016 6.4 6.8 Sommerkernzone

1996,2008, 2013, 2016 Sommer 2016 Sommerkernzone Sommer-Sommer

Prättigau Seewis Fanas Herrschaft-Seewis Prättigau Vorderprättigau Seewis Fanas Pudenal Bausch Geisseggen 24 Herrschaft-Seewis 25 24 Vorderprättigau

Planderleina Salawald 1280-1480 Pudenal 1060-1340 Bausch 1180-1400 Geisseggen 870-970 1140-1260 15 25 24 25 24

Buchen Ta-Bu Ta-Fi (Ta-Bu) Ta-Bu Bu-Ta (Ta-Fi) 870-970 1140-1260 1280-1480 1060-1340 5.3 5.8 5.7 6.0 5.91180-1400 1996, 2013, Buchen Ta-Bu Ta-Fi (Ta-Bu)2007,2015, Ta-Bu Bu-Ta (Ta-Fi) 2016 2016 2017 5.3 5.8 5.7 6.0 5.9 oft im Winter selten / vereinzelt

1996, 2013, Winter 2016 2016 oft im Winter Winter-Winter

Sommer Selten-

2007,2015, Winter 2017 selten / vereinzelt

Selten-Winter

Sommer Sommer Winter Sommer Winter einstand Tabelle 1: Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften der sieben Untersuchungsflächen. Wolf-HirschSeltenSommer-Sommer Winter-Winter Selten-Winter Tabelle 7 Untersuchungsflächen. Region 1: Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften der Sommer

Ta-Fi = Tannen-Fichtenwald, Ta-BuTa-Bu = Tannen-Buchenwald. Ta-Fi = Tannen-Fichtenwald, = Tannen-Buchenwald.

Tabelle 1: Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften der 7 Untersuchungsflächen. nen (Tab. 1). Die kantonalen Bäumchen zwischen 10 und 130 ZentimeTa-Fiausgewählt = Tannen-Fichtenwald, Ta-Bu = Tannen-Buchenwald. Behörden erhoben in diesen Flächen Daten für alle Flächen Abschussdaten zusammen resp. Zum Vergleich der Wilddichten wurde aus den ter) jährlichen kantonalen von für zur Baumverjüngung und zum jedeindex der vier Wolf-Hirsch-Regionen einzeln Reh, Rothirsch und Gämsen ein Verbiss Ungulateam density (UDI) = 1/5 Reh + 1/4 Gämse + Rothirsch (nach Motta 1996) je Waldfläche und Rothirsch) .3.1 Fläche [2016],(Gämse) Funktion Vorjahresendtrieb in verschiedenen Jahren (Reh durchgeführt (R 3resp. Zum Vergleich der Wilddichten wurde aus den jährlichen kantonalen Abschussdaten von berechnet. ). Wir wiederholten Feldauf- density 4»). «lm» index des Pakets (Tab.  Reh, 1Rothirsch und Gämsendiese ein Ungulate (UDI) «lme = 1/5 Reh + 1/4 Gämse + 2016 ( 4 Calanda-Flänahmen im Frühjahr Auf allen Stichproben notierten wir Rothirsch (nach Motta 1996) je Waldfläche (Reh und Rothirsch) resp. Fläche (Gämse) Lineare Regressionsmodelle wurden für jede Baumart für die Verjüngungsdichte und zusätzdas berechnet. Verbissprozent Bäume mit verbissenem in Prozent (3 Prättigau-Flächen). 2016/aller 17 dieBäumchen Stärke und chen) resp. 2017(Anzahl lich Endtrieb in den Jahren zwischen 10 und 130 cm) für alle Flächen zusammen resp. für jede der 4 Wolf-HirschZum Vergleich der Wilddichten wurde aus die Saison des Verbisses am letztjährigen Regionen einzeln durchgeführt wurden (R 3.3.1 für (2016), ‘lm’für desdie Paketes ‘lme4’). Lineare Regressionsmodelle jedeFunktion Baumart Verjüngungsdichte und das ) und zwar an den zwei den jährlichen kantonalen Abschussdaten Endtrieb (vgl. Abb.  Verbissprozent (Anzahl Bäume mit verbissenem Endtrieb in 2Prozent aller Bäumchen Auf allen Stichproben notierten wir zusätzlich in den Jahren 2016/17 die Stärke und die dem Stichprobenzentrum nächst gelegenen von Reh, Rothirsch und Gämsen ein Unguzwischen 10 und 130 cm) für alle Flächen zusammen resp. für jede der 4 Wolf-HirschSaison des Verbisses am letztjährigen Endtrieb (vgl. Abb.‘lm’ 2) des zwar an ‘lme4’). den zwei dem 1 Regionen einzeln durchgeführt 3.3.1+ (2016), Funktion Paketes ⁄5 Reh ⁄4 Bäumchen je und Höhenklasse und Baumart. late density index (UDI) = 1(R Stichprobenzentrum nächst gelegenen Bäumchen je Höhenklasse und Baumart. Die 1996 ) je 10 Meter Gämse + Rothirsch (nach Motta Die maximale Suchdistanz lag maximale Suchdistanz lag bei 10 m für Weisstanne und Fichte und bei 5 m für diebei restlichen Auf allen Stichproben notierten wir zusätzlich in den Jahren 2016/17 die Stärke und die Baumarten. (Reh und Rothirsch) resp. Flä- für Weisstanne und Fichte und bei 5 Meter Waldfläche Saison des Verbisses am letztjährigen Endtrieb (vgl. Abb. 2) und zwar an den zwei dem für die restlichen Baumarten. che (Gämse) berechnet. Stichprobenzentrum nächst gelegenen Bäumchen je Höhenklasse und Baumart. Die Lineare wurden für maximaleRegressionsmodelle Suchdistanz lag bei 10 m für Weisstanne und Fichte und bei 5 m für die restlichen Baumarten. jede Baumart für die Verjüngungsdichte Resultate: stark im Winter war in und das Verbissprozent (Anzahl Bäume mit Die Dichte der Baumverjüngung allen sieben Flächen relativ tief; je nach verbissenem Endtrieb in Prozent leicht aller im leicht im Sommer

leicht im Sommer

leicht im Winter

leicht im Winter

Sommer

stark im Winter

leicht im Sommer leicht im Winter (siehe Stücke)

leicht im Winter (siehe Stücke)

Abbildung 2: Stärke und Saison des Endtriebverbisses an Vogelbeeren. Leichter Verbiss bedeutet, dass nur die Terminalknospe und einige Blätter am Endtrieb abgefressen wurden, aber der grösste Teil des Endtriebs noch «intakt» vorhanden ist. (Foto: links Mitte von J. Hassler, rechts Mitte von O. Odermatt). Bündner Wald 39

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Abbildung 3: Verjüngungsdichte von Weisstanne, Ahorn und Vogelbeere in Gebieten mit Wolf im Sommer, Winter oder nur vereinzelt. «vor» = Erhebungen vor der Wolfsrudelbildung in den Jahren 1996, 2007 oder 2008, «2013» = Erhebungen im 2013, also ein Jahr nach der Wolfsrudelbildung und «nach» = Erhebungen nach der Wolfsrudelbildung in den Jahren 2015 bis 2017 (gemäss Tabelle 1). Dargestellt sind Quartile (Boxbegrenzung), Median (fetter Strich), 10 bis 90 % Quantil-Range (gestrichelte Linien) und einige Ausreisser (Kreise). Die Dichte variierte zwischen den Stichproben aber stark und die grössten Ausreisser (max. 6 Ahorne pro m2) sind nicht dargestellt. Je breiter die Boxen desto mehr Stichproben hatten in diesen Gebieten zur gegebenen Zeit Verjüngung der entsprechenden Baumart.

Baumart fanden wir nur auf 29 bis 102 Stichproben Bäumchen (der total 149 untersuchten Stichproben). Deshalb waren die Regressionsmodelle für die Baumdichten wenig aussagend. Die Dichte der bei den wildlebenden Huftieren beliebten Baumarten Weisstanne, Bergahorn und Vogelbeere war nach der Wolfsrudelbildung (2015 bis 2017) signifikant höher als vor der Wolfs­ rudelbildung (1996, 2007 und

2008, vgl. Abb. 3). Bei Vogelbeeren unterschieden sich allerdings die Flächen stark voneinander, da in Müllers Los, Planderleina und Pudenal praktisch keine Vogelbeeren in den Stichproben vorhanden waren. Das Verbissprozent an Bergahorn und Fichte nahm mit zunehmender Dichte dieser Bäumchen ab. Da der UDI in der Region mit Wölfen und Rothirschen im Sommer über die Zeit sank, in der Region mit Wöl-

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fen und Rothirschen im Winter ungefähr stabil blieb, jedoch im Prättigau klar zunahm, zeigten sich in der Regression für die Verbissprozente Interaktionen zwischen dem UDI und der Wolf-Hirsch-Region. Wir führten deshalb separate Analysen zum Verbissprozent für die 4 Wolf-HirschRegionen durch. Mit Ausnahme der Buche sanken die Verbissprozente signifikant für alle häufigen Baumarten in der Region mit Wölfen und

Rothirschen im Sommer nahe dem Kunkels­ pass (Abb. 4). Im Gegensatz dazu stieg das Verbissprozent mindestens ansatzweise (positive Regressionskoeffizienten) für alle Baumarten oberhalb Mastrils (Kupferschmid 2017). Die Zunahme war aber nur für Buche und Fichte in den Regressionsmodellen signifikant. Im Prättigau stieg der Verbiss an Bergahorn, sonst konnten keine klaren Tendenzen festgestellt werden (Abb. 4).

Abbildung 4: Verbissprozent in Gebieten mit Wolf im Sommer, Winter oder nur vereinzelt. «vor» = Erhebungen vor der Wolfsrudelbildung in den Jahren 1996, 2007 oder 2008, «2013» = Erhe­bungen im 2013 also ein Jahr nach der Wolfsrudelbildung und «nach» = Erhebungen nach der Wolfsrudelbildung in den Jahren 2015 bis 2017 (gemäss Tabelle 1). Dargestellt sind Quartile (Boxbegrenzung), Median (fetter Strich), 10 bis 90 % Quantil-Range (gestrichelte Linien) und alle Ausreisser (Kreise). Je breiter die Boxen desto mehr Stichproben hatten in diesen Gebieten zur gegebenen Zeit Verjüngung der entsprechenden Baumart und damit kann das Verbissprozent zuverlässiger berechnet werden. Bündner Wald 41

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Abbildung  5: Anteil der nächsten Bäumchen gruppiert nach der Stärke des Endtrieb­verbisses (kein, leicht und stark) und Saison (Sommer und/oder Winter) pro Unter­suchungsfläche. Die ersten drei Flächen waren Sommereinstände, die anderen vier Wintereinstände des Rothirschs (vgl. Tabelle 1). Je breiter die Balken, desto mehr nächste Bäumchen zum Stichprobenzentrum wurden je Höhenklasse beobachtet (schwarzer Strich = 0 Bäume; Baumart kommt auf dieser Fläche nicht vor).

Die baumartenspezifische Verbissintensität hing auch von der Jahreszeit ab. Im Jahre 2016/17 fand der Verbiss an den verholzten Trieben der Bäumchen zum grösseren Teil im Winterhalbjahr statt. Besonders in den Wintereinstandsflächen des Rothirschs oberhalb Mastrils konnte aber ähnlich viel Verbiss im Sommer wie im Winter an Weisstanne und Esche festgestellt werden. Ähnliches gilt für Fichte in Geisseggen (Abb. 5). Die Buche wurde im Prättigauer Sommereinstand des Rothirschs (Pudenal) auch im Sommer verbissen. Bei Vogelbeeren gab es unabhängig von der Jahreszeit des Rothirscheinstands zwei Flächen mit

nur Winterverbiss und vier Flächen mit gleichviel bis mehr Sommer- als Winterverbiss (Abb. 5). Diskussion In der Sommerkernzone des Wolfsrudels spricht einiges für einen direkten Effekt von Wölfen auf die Baumverjüngung. Die Dichte der wildlebenden Huftiere sank, der Verbiss an bevorzugt gefressener Baumver­ jüngung sank und die Dichte der Baumverjüngung nahm zu (Tab. 2). Die vorliegende Untersuchung ist aber nur eine Pilotstudie und keinesfalls ein Beweis dafür. Denn der Abschuss an Rehen (nicht jedoch an Rot-

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Calanda

Wölfe

Prättigau

Felsberg

Untervaz

Sommerkernzone

Wölfe oft im Winter

Hinweis auf direkten Kaskadeneffekt

Hinweise auf indirekte Kaskadeneffekte

Seewis

Vorderprättigau

Wölfe vereinzelt beobachtet

UDI = Ungulate density Index Verbissprozent Dichte der Baumverjüngung Möglicher Kaskadeneffekt

Tabelle 2: Zusammenfassung der wichtigsten Faktoren in Bezug auf einen möglichen Kaskadeneffekt von Wölfen über die wildlebenden Huftiere auf die Baumverjüngung.

hirschen) stieg im Jagdrevier Felsberg in den letzten zwei bis drei Jahren leicht an und mindestens im Jahre 2016 wurde die Baumverjüngung in diesem Rothirschsommereinstand mehrheitlich im Winter verbissen (Abb. 5). In der Region oberhalb von Mastrils hingegen stiegen die Verbissprozente an und besonders der Sommerverbiss an Weisstanne und Esche war grösser als in den anderen Flächen. Da der Rehabschuss und die UDIWerte stagnierten, deutet der höhere Verbiss in diesem Rothirschwintereinstand entweder auf mehr wildlebende Huftiere vor allem im Sommer durch räumliches Ausweichen und/oder auf verändertes Äsungsverhalten infolge des erhöhten Stresses durch die Wolfspräsenz. Also könnte es sich um indirekte Kaskadeneffekte handeln (Tab. 2). Die vorliegende Pilotstudie zeigt, dass die Gleichung «Wolf = weniger Wild = weniger Verbiss = mehr Baumverjüngung» sicher zu einfach ist und in der kleinräumig strukturierten Calanda-Region – sowie für die gesamte Schweiz (Kupferschmid & Bollmann 2016) –

nicht generell gelten dürfte. Vielmehr existieren komplizierte Wechselwirkungen zwischen Raubtieren und wildlebenden Huftieren. Dadurch variiert der Verbiss an der Baumverjüngung kleinräumig, an manchen Orten (z. B. steile, felsige Hänge) mehr, an anderen weniger (gut für den Wolf zugängliche Gebiete in der Sommerkernzone des Wolfs). Wo diese Orte in der topografisch vielfältig gegliederten Schweiz genau liegen werden, ist schwierig zu prognostizieren. Literatur Bühler U. (2005) Jungwaldentwicklung als Eingangsgrösse in die Jagdplanung: Erfahrungen aus dem Kanton Graubünden. In: Forum für Wissen 2005: Wald und Huf­ tiere – eine Lebensgemeinschaft im Wandel, pp. 59 bis 65. Eidg. Forschungsanstalt WSL. Christianson D. & Creel S. (2008) Risk effects in elk: sex-specific responses in grazing and browsing due to predation risk from wolves. Behav. Ecol. 19, 1258 bis 66. Gärtner S. & Noack R. (2009) Populationsentwicklung und Schälschäden des RothirBündner Wald 43

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sches in den nordostsächsischen Wolfsge­ bieten. Artenschutzreport Heft 23, 27 bis 32. Kuijper D. P. J., De Kleine C., Churski M., Van Hooft P., Bubnicki J. & Jedrzejewska B. (2013) Landscape of fear in Europe: Wolves affect spatial patterns of ungulate browsing in Białowieza Primeval Forest, Poland. Eco­ graphy 36, 1 bis 13. Kupferschmid A. D. (2017) Local trophic cascading impact of wolves on tree regene­ ration in summer and winter areas of ungu­ lates. In: 6th symposium for research in protected areas, Salzburg. Kupferschmid A. D. & Bollmann K. (2016) Direkte, indirekte und kombinierte Effekte von Wölfen auf die Waldverjüngung. Schweizersiche Zeitschrift für das Forstwe­ sen 167, 3 bis 12. Motta R. (1996) Impact of wild ungulates on forest regeneration and tree composition of mountain forests in Western Italian Alps. For. Ecol. Manage. 88, 93 bis 8. Ratikainen I. I., Panzacchi M., Mysterud A., Odden J., Linnell J. & Andersen R. (2007) Use of winter habitat by roe deer at a nort­ hern latitude where Eurasian lynx are pre­ sent. J. Zool. 273, 192 bis 9.

Ripple W. J. & Beschta R. L. (2012) Large predators limit herbivore densities in nort­ hern forest ecosystems. Europ. J. Wildl. Res. 58, 733 bis 42.

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Als Waldbesucher respektieren wir die Natur! Der Wald mit all seinen Pflanzen und Tieren bietet eine Riesenpalette an verschiedenen Lebensformen, die alle etwas dazu beitragen, das ganze Ökosystem Wald am Laufen zu halten. Damit der Wald neben den natürlichen Herausforderungen nicht auch noch gegen den Menschen kämpfen muss, sollte darauf geachtet werden, dass unser Besuch im Wald keine negativen Spuren hinterlässt. Besucher/-innen sind aufgefordert, – die Natur und andere Waldbesucher zu respektieren und Rücksicht zu nehmen;

– zu beachten, dass der Wald kein Streichelzoo ist. Wildtiere, auch wenn noch so herzig, dürfen nicht angefasst oder gefüttert werden. Im Winter und Frühjahr muss man besonders achtgeben, dass man die Tiere nicht stört und auf keinen Fall füttert. Man kann ihnen so beträchtlichen Schaden zufügen, da die Tiere im Winter auf Sparflamme leben und absolute Ruhe brauchen; – Störungen und unnötige Gefahrensituationen zu vermeiden. Wenn möglich ist es sinnvoll, die Wege nicht zu verlassen.

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Die Vogelbeere – wald- und landschaftsprägend Zur landläufigen Geringschätzung der Vogelbeere passt das bekannte Zitat des österreichischen Expressionisten Oskar Kokoschka: «Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner.» Die Vogelbeere, die heute oft als Verbissgehölz abgewertete Nebenbaumart, tritt dem funktionalen Blick des Försters entgegen, wie das Unkraut dem ordnenden Gärtner. Allerhöchste Zeit also, dass sich diese Ansicht über die Vogelbeere, Gemeine Eberesche, Girrätsch oder Wiissmehlboom ändert. Die strauchförmige Baumart ist wohl deshalb unterschätzt, weil sie weder eine forstwirtschaftliche Bedeutung hat noch eine besondere Rarität darstellt. Zudem gelten die «Beeren» (botanisch Äpfel) als giftig, obwohl dies nur auf den übermässigen Verzehr roher Früchte zutrifft. Eigentlich tritt die Vogelbeere nur vereinzelt auf und ist mit Ausnahme mooriger Gebiete in der ganzen Schweiz verbreitet. Auch stellt sie wenig Ansprüche an die Böden und steigt bis über 2000 m ü. M. hinauf. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt allerdings in den westlichen und zentralen Gebieten der nördlichen Randalpen und des Juras sowie im Unter-

wallis (Brändli, U.-B. 1998: Die häufigsten Waldbäume der Schweiz, Birmensdorf). Gehäufte Vorkommen baumförmiger Vogelbeeren sind beispielsweise am Oberbauenstock (NW/UR), um Grindelwald (BE), Ormont (VD) oder Fleurier (NE) zu beobachten. Die Vogelbeere fühlt sich in der oberen Montanstufe und unteren Subalpinstufe, und dort vor allem in Hanglagen, besonders wohl. So gilt das Val Müstair als ausgesprochene Vogelbeer-Kulturlandschaft. Geschunden und verschwunden? Ihren schlechten Ruf hat die Vogelbeere aufgrund ihrer Verbissanfälligkeit erhalten. Vielzitiert sind die Untersuchungen von Eiberle & Bucher (Eiberle K. & Bucher, H. 1989: Interdependenzen zwischen dem Verbiss verschiedener Baumarten in einem 35, Plenterwaldgebiet, Z. Jagdwiss. 235 – 244), wonach Bergahorn und Vogelbeere (nebst Esche) die höchsten Verbiss­ intensitäten aufwiesen. Beide Baumarten stehen in den heutigen Wäldern und Kulturlandschaften unter Druck. Der Verbiss auf den entsprechenden Äsungsflächen erfolgt im Winter wie auch im Sommer und führt

Vogelbeere als prägendes Landschaftselement im Val Müstair. (Bild: Luzian Ruinatscha)

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Die Vogelbeere ist auch ein Baum der Waldränder. (Bilder: Sandro Krättli)

bei sämtlichen anderen Baumarten zu einer Verminderung der Verbissbelastung. Neue­ re Studien (Kupferschmid et al. 2015: Ein­ fluss wild lebender Huftiere auf die Wald­ verjüngung: ein Überblick für die Schweiz, Schweiz Z Forstwes 166 (2015) 6: 420  –  431) erkennen in der Vogelbeere ein willkom­ menes Verbissgehölz, wodurch andere arten geschont würden. Der hohe Baum­ Verbissdruck, der durch ihre Präsenz in Schutzwäldern entsteht, ist jedoch hinsicht­ lich der Aufrechterhaltung der Schutzwir­ kung nicht tragbar. Ähnlich wie beim Bergahorn (Kiebacher, T., Bergamini, A., Scheidegger, C. Bürgi, M. 2018: Bergahorn­ weiden im Alpenraum, Bristol-Schriftenrei­ he 54, Bern) droht somit eine weitere Cha­ rakterart des Gebirgswalds, aber auch der halboffenen Kulturlandschaft zu verschwin­ den. Kommt hinzu, dass der Vogelbeere in ihren dynamischen Lebensräumen wie Waldlichtung oder Waldsaum kaum je die Musse bleibt, auszuwachsen. Am ehesten können Vogelbeeren daher als Alleebäume oder in Hecken in die Höhe wachsen. Verkannter Natur- und Kulturwert Obwohl die Vogelbeere zu den 30 häufigs­ ten Waldbäumen der Schweiz gehört

(Brändli 1989), steht sie eindeutig im Schat­ ten ihrer stammmächtigeren Baumver­ wandten. So ist beispielsweise in der Fest­ schrift zum Binding Waldpreis 1991 für Ardez kein Wort über die Vogelbeere zu ­lesen. Bereits Brändli (1989) hievte aber die Vogelbeere an die oberste Stelle der Beliebt­ heitsskala für Vögel. Sie dient als Schlafund Futterstelle für seltene Raufusshühner, insbesondere auch des Auerhuhns (s. auch Gerstberger, P. 2009: Einleitung und Aus­ blick: Symposium «Grenzüberschreitender Biotopverbund für Raufusshühner in der Euregio Egrensis», Ornithol. Anz., 48: 3 –  6). Die Vogelbeere erweist ihrem Namen Ehre, ist sie doch Futterpflanze für über 60 Vogel­ arten, was für die Gehölze Rekord darstellt (Walcher, J. 1990: Ökologischer Notstand im Gebirgswald, dargestellt am Beispiel des Vogelbeerbaums, Bündner Wald 43, 14 – 20). Auch als Bienenweide und generell für zahlreiche Insekten ist diese Baumart wert­ voll. Dank guter Durchwurzelung und eines raschen Abbaus des Laubstreus wird die Re­ generation des Waldbodens gefördert. Ihren Kulturwert verdankt die Vogelbeere auch ihrem biegsamen, im Alter schweren Holz, das sich zur Drechslerei, Wagnerei und Schnitzerei eignet. In der Naturheilkun­ Bündner Wald 47

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de ist die harntreibende und Husten- und Heiserkeit-lindernde Wirkung der Beeren bekannt, wie dies zum Beispiel Alfred Vogel in «Der kleine Doktor» 1952 beschrieb. Bei den Kelten galt der frühaustreibende Baum als kraftvoller Frühlingsbote, der vor bösem Zauber schützt und Fruchtbarkeit verspricht (Steiger, P. 1994: Wälder der Schweiz, Thun). Heilige Stätten wie Orakel und Richtplätze wurden mit diesem Baum bepflanzt. Ihre Attraktivität für die Vögel machte man sich früher in der Vogelfängerei zunutze, indem man die Vogelbeeren in einer gezielten pflanzlichen Architektur zum Vogelfängerturm (roccolo) anordnete Crivelli, P. 2017: Roccoli: geometrie nel paesaggio, in: Museo etnografico della Valle di Muggio 2017 [Hrsg.], Valle di Muggio allo specchio Paesaggio incantevole, paesaggio mutevole, Bellinzona, S. 402 –  411). Korallenrotes Schauspiel Die Vogelbeere ist als lichtbedürftige Pionierart überall dort zu Hause, wo Dynamik herrscht. Schaffen Natur oder Mensch Lücken im gleichförmigen Hochwald, so tritt die Vogelbeere auf. Ihre Bühne ist die offene Fläche, ihr Scheinwerferlicht ist die Sonne. Ihr Schauspiel vollzieht sie im Herbst, wenn die Bäume von den roten Äpfelchen, die in schweren hängenden Büscheln die elastischen Zweige biegen, wie im impressionistischen Pointillismus-Stil gemalt erscheinen. Die ästhetische Wirkung wird noch ausgeprägter, wenn die im Winde flirrenden, anfangs noch grünen Fiederblätter sich langsam orange und rot verfärben und mit den Beeren zu konkurrenzieren beginnen. Neben dem seltenen schneeballblättrigen Ahorn und dem Spitzahorn weist die Vogelbeere das einzige Herbstrot der heimischen Laubbäume auf. Die Schaffhauser Förster Rolf Fehr und Martin Schweizer ha-

ben im Buch «Unsere Bäume – unsere Wälder. Der Artenreichtum in der Region Schaffhausen» von 1987 die leuchtende Farbe der Vogelbeerfrüchte mit einem Korallenrot verglichen. Val Müstair – eine Vogelbeer-Kulturlandschaft Selten ist dem Autor eine grössere Dominanz der Vogelbeere begegnet als im Val Müstair. Vom Spätsommer bis Herbst treten aus den südlagigen Waldrändern und in den zahlreichen Hecken und Gebüschwaldungen die rotpunktierten Sträucher hervor und ziehen eine Schar von Vögeln, insbesondere Drosseln, an. Dieses von den Fiederblättern nachfolgend orange untermalte Herbstrot mischt sich unter die grünen Wiesen, bevor die Lärchennadeln es ihnen gleichtun. Die Kulturlandschaft wird somit zu einer impressionistischen Farbsymphonie, die sich dank der angelockten Vögel akustisch zu einem synästhetischen Erlebnis steigert. Schutz und Förderung Die Vogelbeere benötigt unseren Schutz. Eine Massnahme hierfür ist eine gezielte Förderung durch Pflanzung in Hecken und als Einzelsträucher zum Beispiel an Tränken oder Stallbauten in der Flur, aber auch als Alleen entlang von Strassen. Auch in Privatgärten sollte die Vogelbeere ihren Platz finden. Schliesslich sollte man auch einzelne Exemplare an Waldrändern freistellen, sodass die Lichtbaumart auswachsen und ihren Baumhabitus entfalten kann. Im Zusammenhang mit der Verbissproblematik sollte ein integrales Schalenwildmanagement erarbeitet werden, welches nebst der wichtigen Basisregulation auch Massnahmen zur Verringerung der Wildtierstörungen (Tourismus) und zugunsten eines wildtiergerechteren Offenlandes vorsieht. So ist zu erinnern,

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dass Rehe Offenlandtiere sind, die ihre Äsungsplätze dort aber längst verloren haben. Die Pflanzung von Hecken, Einzelbäumen und kleinen Waldungen sowie die Schaffung von Wildtierkorridoren und die Erhöhung der Vielfalt unterschiedlich intensiver Wiesen im Wechsel mit Brachen und Ackerkulturen schaffen wichtige Äsungsangebote ausserhalb der Schutzwälder.

Dr. phil. Biol., Dr. h.c. iur. Raimund Rodewald Stiftung Landschaftsschutz Schweiz Schwarzenburgstrasse 11 CH-3007 Bern r.rodewald@sl-fp.ch

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Drechseln mit Vogelbeerholz

Aufbereitung Wenige Vogelbeerstämme haben die Di­ mension, dass man sie in einer der aus­ nahmsweise verbliebenen Kleinsägereien aufschneiden lassen kann. Das Aufschnei­ den muss möglichst rasch nach dem Fällen passieren, damit sich das helle Holz mit we­ nig dunklem Kernholz nicht durch Pilze ver­ färbt.

Der Wassergehalt ist recht hoch, das Schwindvermögen stark, die Zähheit be­ achtlich. Dicken über 55 mm zum Einschnitt sind empfohlen. Der Geruch von frischem Vogelbeerholz ist erdig. Die Bretter sollten sofort von der Rinde be­ freit und aufgehölzelt werden. Ich säge die Rinde jeweils mit der Bandsäge am fer­ tigen Brett ab. Null Rindenreste sind für eine sichere Lagerung Voraussetzung, weil Sorbusarten aufgrund ihres relativ hohen Zuckergehalts im Holz sehr anfällig für Wurmbefall sind. In meinem Holzlager be­ handle ich nicht vorbeugend gegen Wurm­ befall. Das geht zwar ab und zu ins gute Tuch, aber beim Drechseln atme ich den kontaminierten Staub dafür nicht ein. Kleinere Dimensionen von seltenen Holz­ arten wie Zwetschgenbaum, Buchsbaum, Stechpalme usw. verarbeite ich seit Jahren – mit Erfolg – nach folgender Methode: Den Ast bzw. Stamm auf die vorgesehene Länge abschneiden. Bei mir sind das etwa

Vogelbeerstämmchen auf Maschinenlänge

Der Leistenschnitt auf der Bandsäge spart

einkürzen.

wertvolles Holz.

Bevor man mit Vogelbeerholz drechseln kann, muss man welches haben. Bei sonntäglichen Spaziergängen graut es mir jeweilen, wenn ich an Hackholzhaufen vorbeigehe. Sie wollen gar nicht wissen, was da so alles an Ressourcen «vermüllert» wird: vom 40 cm Holderstamm über den Lebensbaum, den Goldregen, die Braunkernesche mit Wimmerwuchs, bis zur Pappelmaser, zu den Mehlbeerbäumen und zur Vogelbeere usw. Ja, ich weiss, die heutige Waldwirtschaft lässt es nicht zu, dass … Sie haben recht. – Haben Sie recht?

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55 cm; das ist die maximale Einspannlänge auf der Kanteldrehbank (s. u.).

Zuschnitt Mit der Bandsäge (bei grossen Stücken auch mit dem 1, 2-Meter-Schwert der Motorsäge): Längsschnitt durch die Mitte des Rundlings. Dann die Hälblinge nochmals zu Vierteln aufschneiden. Mit der Kreissäge: Die Viertel auf das Kantelmass mit der Kreissäge zuschneiden. Eine kleine Waldkante, die in der Vorstellung eines achteckigen Querschnitts eine «achte Ecke» darstellt, kann man stehen lassen. Die Rinde muss aber auch weggesägt werden. Wachsen: Zwei bis vier Tage nach dem Einschnitt, wenn das Holz oberflächlich angetrocknet ist, wird es gewachst. Das heisst: Stirnseiten werden kurz in heissen Wachs (Kerzenreste) eingetaucht. Allenfalls wird noch im wechselnden Abstand von 10 cm mit dem Pinsel und dem heissen Wachs eine So kleine Teile bohren, braucht Fingerspitzengefühl im Sinne vom Wort.

Mit heissem Wachs Dampfbremse an den Stirnseiten und in Abständen ringförmig um die frisch gesägten Kanteln legen. So ist eine schnelle Trocknung ohne Risse möglich.

ringförmige Dampfbremse um die Kanteln gelegt. Trocknen: Je nach Querschnitt kann eine solche Kantel nach einem Jahr weiterverarbeitet werden. Pressiert es sehr, dauert die Trocknung auf einem luftigen Kreuzstapel in der Heizung wenige Wochen. Der Holzverlust durch Reissen hält sich in Grenzen, da die Hauptspannung aus dem Holz genommen worden ist und das Stück nicht über die Stirnfläche diffundiert. Weitere Vorteile: Man lagert nur das Holz, das wirklich nutzbar ist. Der Rest wandert ins Brennholz und versperrt nicht unnötig Platz. Das so ver­ arbeitete Holz ist wenig anfällig auf Wurmbefall. Zweite Möglichkeit: Vordrechseln Für Längsholz, z. B. Pfeffermühlen: Den Ast auf die benötigte Länge mit Zumass ablängen. Auf der Drechselbank rund mit Zumass Bündner Wald 51

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Das Fassonmesser (links) greift in den rotieren-

Ruhige Finger sind auch für die Fertigstellung

den Rundstab ein. Der Abstechstahl rechts wird

des Armbands gefragt.

das fertige Drehteil ganz vom Kantel trennen.

vordrehen, den Kern auf etwa 30 mm Durchmesser längs ausbohren. Die Enden mit Wachs versiegeln. (Das fehlende Zen­ trum kann später mit einem passenden Stück ausgebüchst werden.) In der Heizung trocknen lassen. Gewährleis­ ten, dass durch das Loch Luft zirkulieren kann. So vom Mark befreit, kann ein Stück innert eines Monats rissfrei auf der ganzen Länge getrocknet werden. Verwendung: Vogelbeere wurde früher in den Bergregionen gerne für Hobel, Zähne für Mühlengetriebe, Gewindespindeln für Hobelbänke und Spinnräder wie auch zu Kleiderknöpfen verarbeitet.

Ein Stück Luisoni-Drechselkunst nach Hause holen Zur Person Peter Luisoni, geboren 1960. Er drechselt seit 1974, ab 1984 in Schiers. Er ist Reallehrer und dipl. Drechsler­ meister. Armbänder aus Vogelbeere sind per E-Mail bestellbar: p.luisoni@bluewin.ch. Die Armbänder lassen sich mit ein wenig Geschick selber kürzen. Grössen/Preise S 29 Teile, Armumfang ca. 17 cm Fr. 58.– M 31 Teile, Armumfang ca. 19 cm Fr. 62.– L 33 Teile, Armumfang ca. 21 cm Fr. 66.–

Das Projekt Aktuell verarbeite ich das Vogelbeerholz zu einem Armreif. Je nach Weltanschauung werden Hölzern kosmische Kräfte zugeord­ net. Es macht Sinn, die Hölzer so aufzuar­

XL 35 Teile, Armumfang ca. 23 cm Fr. 70.– Porto und Verpackung pro Lieferung Fr. 12.–, Lieferung solange Vorrat.

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beiten, dass man sie immer bei sich tragen kann. Statt klein zu hacken, kann man seltenes Holz edel verarbeiten. Ich muss dazu nicht über Wertschöpfung referieren. So habe ich ein Armband entwickelt, das aus kleinen Holzdimensionen die Gestaltung eines grösseren Schmuckstücks zulässt.

Peter Luisoni Lehrer/ dipl. Drechslermeister Tersierstrasse 88, CH-7220 Schiers werkschule@drechslerei.ch Mobile: 078 870 10 32

Verschiedene Armbänder aus der Werkstatt Luisoni.

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Die Vogelbeere steht für pralle Lebens- und Weiberkraft Gisula Tscharner fing schon früh Feuer für die Vogelbeere. Die Anfrage zu einem Artikel für den «Bündner Wald» mündete schnell in einem Interview, statt in einem selbst geschriebenen Text. «Es ist doch toll, wenn sich junge Männer wie du für eine solch spannende Baumart interessieren – es ist besser, wenn du den Text schreibst.» Der Besuch in Feldis beginnt herzlich und grad mit einem passenden Drink zur Begrüssung – «Hexengalle» – eine Kreation von Gisula. Gisula, warum warst du derart angetan, als ich die Anfrage zur Vogelbeere tätigte? Ich fand es sehr schön, dass sich jemand für eine so spannende und auch falsch behandelte Baumart interessiert. Die Vogelbeere ist sensationell, und sie sagt so viel über uns Menschen aus. Du fragtest ja, ob ich ein Rezept für Vogelbeerkonfitüre habe. Aber mit

Gisula Tscharner serviert zur Begrüssung ein Glas Hexengalle. (Bilder: Sandro Krättli)

der Vogelbeere kann man doch so viel mehr machen (lacht). Hat die Vogelbeere eine besondere Bedeutung für dich? Ja schon. Vielleicht kommt es daher, dass ich einst selbst aus der Kirche ausgetreten bin und als Theologin eine eigene Bude aufgetan habe. Damals hiess es unter Kollegen, also reformierten Pfarrern, geht nicht zu dieser Hexe. Was ich auch verstehe, dies war ja damals einzigartig. Vieles wurde schon aus der Kirche herausgetragen – die Seelsorge oder das Armenwesen. Bis dahin aber nicht der Gottesdienst und genau das habe ich getan. Dies löste Ängste oder Skepsis aus bei den Kollegen. Ich wurde also skeptisch beäugt und auch falsch verstanden – wie die Vogelbeere. Du sagtest mir ja schon am Telefon, die Vogelbeere habe zu Unrecht einen schlechten Ruf. Woher kommt das überhaupt? Von der Kirche aus dem Mittelalter! Als die katholische Kirche zur Staatsreligion erklärt wurde, galt alles Alternative und nicht Christliche als Teufelszeug. Der Buchdruck revolutionierte die Verbreitung solcher Thesen. Nach der Bibel war der Hexenhammer eines der weitverbreitetsten Bücher. Gerade der Wald mit der Baumspiritualität hatte von nun an einen schweren Stand. Dies, obwohl es gerade in der Bibel viele Geschichten mit heiligen Bäumen gibt. Die Vogelbeere oder die heilende Linde wurden als Hexenwerk und Teufelszeug aus dem Alltag der Menschen verbannt. Die Vogelbeere kam besonders unter den kirchlichen Hammer. Wohl, weil vorwiegend Frauen mit ihr Naturheilkunde betrieben. Frauen durften zu dieser Zeit weder lesen noch schreiben – das Lesen war den Männern und Jungen

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vorbehalten. Noch heute glauben Men­ schen, die Vogelbeere sei schädlich im Kon­ sum. So ein Unfug. Im Gegenteil: Die Bee­ ren haben Nährstoffe, Vitamine und Säuren, welche in kleinster Dosis andere Früchte ersetzen könnten. Du sagst also, diese Verbannung aus dem Mittelalter wirkt bis in die heutige Zeit? Ja, ganz klar. Auch du wirst feststellen, dass die Vogelbeere bei vielen als sehr giftig gilt. Sie ist die absolut dekreditierteste Baumart. Anlässlich eines Apéros an der Kantons­ schule, wo ich mit den Schülern auch Vogel­ beerdelikatessen vorbereitete, prüfte der Kantonschemiker die Lebensmittel akribisch. Die zuständigen Leute gestanden mir, dass sie mit der Prüfung bei null starteten, also ohne Vorwissen. Ihre Abklärungen bestätig­ ten, was wir wissen – die Vogelbeere ist ab­ solut unproblematisch und richtig zubereitet äusserst schmackhaft. Ja, ein Geschmacks­ erlebnis. Die Hexengalle schmeckt doch?

Nun erleben wir aber schon Trends oder vielleicht auch mehr als das – eine Rückkehr zu solch ursprünglichen und nahen Lebensmitteln und Rohstoffen vor unserer Haustüre. Ist dies auch dein Eindruck? Ich denke auch, die Menschen interessieren sich vermehrt für solche Zusammenhänge. Ich staune aber immer noch, woran sich sol­ che Trends orientieren. Als ich so alt war wie du, konnte man das schon feststellen. Da­ mals wie heute orientiert man sich aber viel mehr an indianischen Schamanen oder fernöstlichem Wissen. Dies ist doch absurd. Wir haben Naturschätze vor unserer Haus­ türe und das Wissen ebenfalls. Pflanzen, die

DRUIDENPERLEN (Rezept Matthias Küchler) Die einfachste Art, damit Vogelbeeren munden – ohne Säure und ohne Bitterkeit. 1 Litermass

Auf jeden Fall! Diese Hexengalle ist äusserst lecker; eine natürliche Bitterkeit mit angenehmer Fruchtigkeit. Das Rezept lohnt sich zum Nachahmen (in dieser Ausgabe). Du hast hier auch noch weitere Spezialitäten aus Vogelbeeren vorbereitet. Was befindet sich in diesen Gläsern? Dies ist die von dir bereits angedeutete Konfitüre. Vogelbeeren mit Birnel. Im ande­ ren Glas hat es eingemachte Vogelbeeren, welche eine Kollegin von mir zubereitet hat. In meinem Buch findest du weitere Rezepte. Toll sind Vogelbeerperlen als Häppchen. Sehr beliebt sind Apérohäppchen, beispiels­ weise mit Vogelbeerbutter. Apéros eignen sich ohnehin bestens, um die Skepsis der Menschen zu überbrücken oder – im Fall der Vogelbeere – Vergessenes neu kennen­ zulernen.

voll Vogelbeeren, abgestielt

300 – 400 g Birnendicksaft (Birnel) oder, falls kein Birnel erhältlich ist, Rohzucker und Honig zu gleichen Teilen Die Vogelbeeren mit dem Birnendicksaft erhitzen und etwa fünf Minuten unter Rühren kochen. Im Topf auskühlen lassen und erst dann den zähflüssigen Birnendicksaft abgiessen. Die glasierten Beeren halten sich ohne Vakuumieren drei bis vier Monate im Kühlschrank; auch mehrmaliges Einfrieren und Auftauen ist möglich. Passt zu Raclette, Käsegerichten, Fleisch – ebenso als Zutat für Süsses wie Glacé, Brot, Gebäck. Tipp Den abgegossenen Birnendicksaft mit dem Pfiff der Vogelbeere, mit etwas Gelierpulver zu einem pikanten Gelee kochen oder für einen winterlichen Fruchtsalat verwenden.

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HEXENGALLE

HEXENAUGEN

Bitter und süss – eine Art Alpen-Campari –

Die etwas frecheren Apérohäppchen.

nur geheimnisvoller. Kleine Scheibchen von Pumper­ 100 ml

Vogelbeersirup, nach Grundrezept (s. u.)

100 ml kalt angesetzter Sirup aus wilder Minze

nickelbrot streichfähiger Nature-Frischkäse Vogelbeersalz (Rezept s. u.)

100 ml Himbeersirup, fertig gekauft

Druidenperlen (Rezept s. o.)

oder selbst gemacht 50 ml 1 –1½ l

Wermutschnaps oder Schafgarbenschnaps

Die Brotscheiben mit Frischkäse

Mineralwasser mit Kohlensäure

bestreichen und mit etwas rotem Salz bestreuen.

Die vier Konzentrate gut mischen und mit dem

Auf jedes Brot in der Mitte noch drei bis

Mineralwasser aufgiessen. Kühl servieren. Der minimale

vier Druidenperlen drücken.

Alkoholgehalt erlaubt auch Autofahrenden unbesorgten Genuss!

VOGELBEERSIRUP («Basis»-Saft)

VOGELBEERSALZ

Vor allem im Frühling zur Reinigung des Körpers eine

Rotes Salz ist selten. Dieses schmeckt

wahre «Wunderdroge», zur Anregung des Stoffwech-

weder bitter noch sauer – sondern

sels, der Gallen- und Lebertätigkeit.

wunderbar rund.

1 kg Vogelbeeren 500 g Birnendicksaft

1 l Wasser ½ TL Zimt, gemahlen

Getrocknete Vogelbeeren (im Herbst gedörrt) Meersalz nature

Die Vogelbeeren zerquetschen und mit dem Wasser in

wenig süsses Paprikapulver

einen Topf geben. Bei mittlerer Hitze 30 Minuten sanft kochen lassen. Pürieren und durch ein Tuch passieren.

Vogelbeeren und Salz zu gleichen Teilen

Den Birnendicksaft und den Zimt beigeben und noch-

zusammen mixen; dabei ein- bis

mals 30 Minuten kochen lassen. Heiss in zuvor sauber

zweimal pausieren, damit der Mixer

ausgespülte Flaschen füllen. Haltbarkeit: ein Jahr

nicht überhitzt … Das dunkelrosa Salz mit etwas Paprika abschmecken.

Vogelbeeren enthalten sehr viel Vitamin C; daneben Sorbit, Sorbinsäuren und Zitronensäure. Sorbit wirkt vor

Tipp

allem als Schutz für die Leber, indem es den Frucht­

Dieses Rezept eignet sich zum Auf­

zucker sehr schnell umwandelt und damit leicht von der

brauchen nach dem Winter übrig

Leber aufgenommen wird. Die Galle wird angeregt

gebliebener und dann etwas verbliche-

und die Leber entlastet.

ner, getrockneter Beeren.

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Vogelbeerkonfitüre und Druidenperlen.

aus unserer Erde wachsen, bieten uns genau gleich viel. Dafür müssen wir nicht auf der ganzen Welt rumpilgern und fremdes Wissen in unseren Alltag integrieren. Daher bleibe ich hier. Wenn ich das Wissen hier nicht finde, dann bringt es nichts. Wir brauchen doch keine Orangenbäume, wir haben die Vogelbeere! Ich möchte nochmals zurückkommen auf diesen mystischen Teil der Vogelbeere. Ich habe gelesen, dass die Vogelbeere vor allem bei den Druiden und den Wikingern eine besondere Rolle spielte. Genau, bei den Wikingern bestätigen Ausgrabungen den hohen Stellenwert. Besondere Grabbeigaben waren von der Vogelbeere. Zudem waren Sargnägel oft aus geschmeidigem Vogelbeerholz. Wohl weil es für ewiges Leben stand. Und wie du es ja bereits an mir merkst, hatten und haben Hexen und Druiden schon immer Freude an dieser kräftigen Pflanze. Sie hatte einst in Europa eine ganz andere und zentrale Bedeutung für die Menschen. Ihre Lebenskraft wurde vor allem für Beisetzungen oder ge-

nerell für die letzte Reise wichtig. Dieses knallige und intensive Rot! Für Menschen seit jeher der Ausdruck von Weiblichkeit und Erotik. Das ist spannend! Feministische Themen sind gerade jetzt wieder hochaktuell. Könnte die Vogelbeere gar so etwas sein wie ein Symbol für die Emanzipation? Persönlich distanziere ich mich klar vom fundamentalen Feminismus. Dafür habe ich die Männer viel zu gerne (lacht). Aber ja, vielleicht hat dies schon was. Gerade mit der bereits geschilderten Geschichte der Vogelbeere würde sie als Symbol taugen. Bei der Thematik zur Gleichstellung der Geschlechter denke ich, wäre es sinnvoller, wenn sich Frauen aufbäumen statt nur auf Konfrontation zu setzen. Aufbäumen wäre daher der Schlüssel, um die Verbindung zur Vogelbeere als Symbol zu nutzen. Aufbäumen heisst, auf die eigene Stärke und Schaffenskraft zu setzen – das Licht zu suchen und gleichzeitig schon verwurzelt zu sein. Man überzeugt durch die eigene Erscheinung und nicht durch einen verbisseBündner Wald 57

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vielseitig und birgt viele Geheimnisse. Aber auch viele unterschiedliche Ansprüche werden an den Wald gestellt. Dies zu koordinieren, ist eine grosse Herausforderung, kann ich mir vorstellen. Daher wünsche ich dir und deinen Berufskollegen vor allem viel Freude und Motivation für diese wichtige Aufgabe.

Gisula Tscharner ist Autorin zweier Bücher, die vielseitige Rezepte mit heimischen Natur­ produkten umfassen.

nen Kampf, der ja nur zu Sieg oder Niederlage führt. Wenn wir schon so tiefgründig werden, möchtest du speziell den Bündner Förstern etwas mit auf den Weg geben? Oh, dies ist aber eine nette Frage. Darauf … (überlegt bin ich gar nicht vorbereitet  kurz): Ich bin ja Priesterin und somit so etwas wie eine Verwalterin des Geistlichen. So ähnlich sehe ich die Rolle von euch Förstern für den Wald. Ihr habt eine wunderbare Aufgabe. Ihr dürft Verwalter und Hüter einer grossen Landesfläche sein. Ich denke, es braucht immer mehr solche Anwälte. Ich hatte ja als Gemeindepolitikerin und Waldfachchefin auch Kontakt mit Förstern. Die Ansichten und Prioritäten des Forstdienstes haben mich immer sehr beeindruckt. Für mich war es eine positive Erfahrung, diese Fachsicht auf den Wald zu erhalten. Es war aber auch immer möglich, meine Sicht auf den Wald einzubringen. Der Wald ist sehr

Anstoss für unser Treffen war ja die Vogelbeere. Möchtest du bezogen auf sie etwas Abschliessendes an die Förster richten? Wie ich erfahren habe, ist es nicht selbstverständlich, dass die Vogelbeere im Wald aufwachsen kann. Dies ist äusserst bedauerlich. Ich wünschte mir, die Baumart hätte mit allen anderen Baumarten eine gleichwertige Stellung für die Förster. Sie als Neben- oder Verbissbaum zu betiteln, drückt eine gewisse Abwertung aus, die für mich bis heute neu war. Daher wünsche ich mir schon, dass die Vogelbeere in ihrem vollen Wert und ihrer vollen Pracht gesehen und wenn nötig auch gefördert wird. Der Wald, die Tiere und vor allem wir Menschen profitieren mehr von ihr als uns bewusst ist. Eine alte Bauernregel sagt sinngemäss: «Die Beeren des Vogelbeerbaums, die wir greifen können, gehören uns – die restlichen den Vögeln.» Vielen Dank, Gisula, für das interessante und sehr offene Gespräch. Ich danke dir und zum Schluss möchte ich dir noch einen Föhrenschnaps spendieren.

Sandro Krättli, Redaktor Bündner Wald Bahnhofplatz 3B, CH-7302 Landquart sandro.kraettli @  awn.gr.ch

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Vogelbeerbrand, ein Försterschnaps Ein guter Schnaps im richtigen Moment ist immer eine gelungene Sache. Doch gibt es für Waldleute so etwas wie einen idealen Brand? Eine Frage, die man beispielsweise im Tirol oder im Elsass nicht stellen sollte. Neben dem Arvenschnaps gilt der Vogelbeerschnaps als Delikatesse aus dem Wald. Doch wie wird dieses edle Destillat hergestellt? Einige Forstleute haben das Sammeln von Vogelbeeren für diese Verwendung schon auf sich genommen. Ein Besuch beim Brennmeister gibt Einblicke in ein spannendes Handwerk mit hochwertigen Produkten. Luzi Boner aus Malans ist Brennmeister und führt sein Handwerk mit über hundertjähriger Familientradition. Wichtig sind ihm nicht kurzfristige Trends, sondern solide und ehrliche Arbeit. Dies spürt man innert weniger Minuten. Der Kunde ist zwar König, doch der Stempel der Brennerei soll bei jedem Destillat spürbar sein. «Ich habe einen guten Stundenlohn, das ist mir bewusst. Ich möchte meinen Kunden jedoch durch hochwertige Arbeit binden und nicht durch schnelle günstige.» Wenn man den Brennprozess über eine längere Zeit begleiten darf, merkt man, was hinter dieser Philosophie steckt. Die Temperatur wird am Anfang beim Aufheizen unter Kontrolle gehalten. Proben des Brandes werden vor allem dann regelmässig genommen, wenn man mit der vorhandenen Maischenart nicht oft arbeitet. Im Verlauf des Brennprozesses verändert sich der Geschmack dauernd. Bei Brennstart und Brennende ist es wesentlich, den richtigen Moment für den Brand zu eruieren. Sprich, was gehört zum nicht verwendeten Vorund Nachlauf. Auf Kosten der Quantität wird auf die Qualität gesetzt. Zusammen mit dem Kunden wird der Moment der Freigabe und des Abschlusses diskutiert. Es wird degustiert, beraten und auch philosophiert.

Kontrolle der Maische. (Bilder: Sandro Krättli)

Sammeln und gären der Beeren Bei der Vogelbeere sagt man, dass einmal ein Frost über die Früchte ziehen sollte. Somit erntet sie der ambitionierte Schnapsbrenner nach dem ersten Frost. Dabei ist es wichtig, nur die Früchte zu verwenden, die Stiele dürfen auf keinen Fall in das Gärfass. Die Beeren sollten leicht verletzt werden, damit sich das Fruchtfleisch optimal entfalten kann und die Alkoholproduktion anläuft. Das Gärfass sollte bei mindestens 20 Grad Aussentemperatur in der Wärme stehen. Der Deckel darf nur aufgelegt sein, ansonsten muss mit einem Gärzapfen gearbeitet werden. Der Gärprozess dauert verhältnismässig lange, je nach Reife der Früchte reduziert sich dieser aber. Mit der Zugabe von Gärhefe kann verhindert werden, dass andere Hefen zu arbeiten beginnen, was einen negativen Einfluss auf den Geschmack haben kann. Um einen guten Brand produzieren zu können, sollte eine gute Fruchtmenge vorhanden sein. Je grösser die Beerenmenge, desto höher die Chancen für einen guten Schnaps. Die praktische Überlegung dahinter leuchtet ein: «Je mehr Menge man hat, desto Bündner Wald 59

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einfacher wird das Handwerk. Es ist schliesslich auch einfacher mit grossen Mengen an Teig gute Butterzöpfe zu backen, statt mit geringer Menge einen ¼-Kilo-Zopf», erklärt Luzi Boner. Die Brennhäfen sind in der Regel recht gross, d. h. mindestens 30 Kilo Maische sind empfehlenswert; ideal für Boners Brenner wären rund 100 Kilo. Die Vogelbeere ist keine süsse Frucht. Dementsprechend fällt der Ertrag geringer aus als bei süssen Früchten mit viel Fruchtfleisch. In der Regel spricht man von 10 % des Ursprungsgewichts. Bei der Vogelbeere ist es bedeutend weniger. Aufwand und Ertrag stehen hier somit in einem schlechteren Verhältnis, was den Preis für einen Vogelbeerschnaps letztlich erhöht. Der Zeitpunkt für den Abschluss muss gut gewählt sein.

Das Brennen des Vogelbeerschnapses Tiroler Schnapsbrenner lobten das Produkt aus der Malanser Brennerei. Dies will etwas heissen, gilt doch das Tirol als eines der Mekkas für edle Schnäpse. Grund genug herauszufinden, wie es ein Bündner schaffte, dieses Lob einzuholen. «Bei der Vogelbeere ist es reizvoll, die Bittermandelaromen optimal herauszuholen. Darin liegt die eigentliche Kunst», erklärt Luzi Boner. Der restliche Ablauf ähnelt der herkömmlichen Schnapsproduktion. Für den Brennvorgang wird die Maische eingefüllt. Sollte die Maische nicht genügend Flüssigkeit aufweisen, sollte Wasser zugefüllt werden. Nun kann der Ofen eingeheizt werden. Der eigentliche Destilliervorgang beginnt. Die Maische wird zum Kochen gebracht bei rund 70 bis 80 Grad. Zuerst fliesst der Vorlauf hinaus. Dieser soll nicht in den trinkbaren Schnaps laufen und kann daher höchstens zum Einreiben verwendet werden. Der Kühler wird auf 40 bis 50 Grad abgekühlt, damit der Dampf kondensiert und der Alkohol abfliessen kann. Daraus fliesst der Mittellauf: Der eigentliche Schnaps, der getrunken werden kann. Die Feinsistierung am Temperaturregler macht nun für den optimalen Schnaps mit den gewünschten Aromen die eigentliche Brennkunst aus. Zum Schluss läuft der Nachlauf aus, welcher weggeleert wird. Was die Vogelbeere ausmacht Bisher konnte Luzi Boner Vogelbeerbrände vorwiegend für Waldfreunde produzieren. Forstleute und Menschen, denen der Wald und speziell die Vogelbeere etwas bedeuten. Im Vergleich zu anderen Schnäpsen ist der Vogelbeerschnaps aufwendig zu produzieren, wobei der Mehraufwand wie geschildert beim Bereitstellen und Sammeln

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der Beeren liegt – bei verhältnismässig wenig Ertrag in der Flasche. Doch letztlich lohnt sich der Aufwand sicher. Die Veredelung der Vogelbeere zu einem hochwertigen Schnaps ist – mit etwas Idealismus und Freude zu einer einheimischen Waldpflanze – eine lohnende Sache.

Sandro Krättli, Redaktor Bündner Wald Vogelbeerschnaps in der Flasche – als Massen­ produkt, Edelbrand oder Selbstproduktion.

Bahnhofplatz 3B, CH-7302 Landquart sandro.kraettli @  awn.gr.ch

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35. Skipostenlauf fürs Bündner Forstpersonal Datum und Ort  Samstag, 24. März 2018, Skigebiet SplügenTambo Veranstaltung  Riesenslalom und Postenarbeit Zeit 8.15 bis 9.45 Uhr : Startnummernausgabe Talstation Splügen-Tambo 9.30 bis 10 Uhr : Besichtigung RS 10.15 Uhr : Start Riesenslalom Ab ungefähr 14.30 Uhr : Rangverkündigung

Kategorie Damen, Herren, Lernende, Kinder Anmeldung Mit Anmeldetalon bis 10. März 2018 Amt für Wald und Naturgefahren Veia Dalmeras 13, 7450 Tiefencastel Telefon 081 257 50 20 E-Mail: tiefencastel@awn.gr.ch

Zugelassene Sportgeräte Alle Arten von Schneesportgeräten – alles, was einem Ski ähnlich sieht.

Startgeld Damen und Herren 15 Franken Lernende 8 Franken, Kinder gratis Bezahlung des Startgelds sowie spezielle Tageskarten bei der Startnummernausgabe Nachanmeldung an der Tageskasse mit 5 Franken Zuschlag.

Wettkampfbedingungen Teilnahmeberechtigt sind alle im Bündner Forstdienst oder bei Forstunternehmen tätigen Personen und deren Frauen, Männer, Freunde, Freundinnen und Kinder sowie Mitglieder von Graubünden Wald.

Preis für spezielle Tageskarte Erwachsene 35 Franken, Jugendliche 13 bis 17 Jahre und Lernende 25 Franken (Lernendentarif nur bei Vorweisen des Lernendenausweises), Kinder bis 12 Jahre gratis (ID wegen Kon­trollen mitnehmen).

Allgemeine Infos – Startnummernausgabe, Postenarbeit, Verpflegungsstand und Rangverkündigung finden bei der Talstation (alter Skilift) statt. – Der Pistenplan ist auf der Homepage von Graubünden Wald www.graubuendenwald.ch zu finden. – Auf http://spluegen.ch/ wird am Vorabend ab 17 Uhr informiert, ob der Anlass durchgeführt wird oder nicht.

Anmeldetalon : 35. Skipostenlauf fürs Bündner Forstpersonal Name :

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Vorschau «Bündner Wald» April 2018 Schloss Tarasp – forstlicher Treffpunkt 2018 Etwa ein Jahr nachdem Nik Hartmann und sein «SRF bi de Lüt»-Team vom Schweizer Fernsehen gemeinsam mit unserem Präsidenten Mario Riatsch und dem Schlossherrn Not Vital das Schloss Tarasp erkunden durfte, sind wir dort zur Generalversammlung unseres Vereins Graubünden Wald eingeladen. Ob wir dann auch die Energie der Schlossgeister zu spüren bekommen und von Not Vital persönlich begrüsst werden, wird sich noch weisen. Gewiss sind jedoch vielfältige Eindrücke in eines der landschaftsprägendsten Bauwerke der Region. Interessant ist nicht nur die Geschichte des

Schlosses, sondern auch Details im Schloss­ inneren und seit zwei Jahren einige Kunstwerke von Not Vital. Redaktion: Jörg Clavadetscher Vorschau auf die nächsten Nummern: Juli 2018: Coaz, Pionier seiner Zeit (1822 – 1918) Redaktion: Sandro Krättli August 2018: Elektronische Technologien im Wald Redaktion: Jörg Clavadetscher

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Urs Rutishauser, ­Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clava­detscher, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, sandro.kraettli @ awn.gr.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. ­Herstellung: Somedia Production, CH-7007 Chur. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1700 Exemplare Inserate: Somedia Promotion, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis@somedia.ch Abonnements­ preise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände­ rungen: Telefon + 41 (0) 81 255 54 54, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu obenstehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

Bündner Wald 63

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