BOXPOST! Literaturmagazin aus Berlin 1/2024

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BOXPOST

Das Magazin deiner BUCHBOX!

Iris Wolff

Mit:Franziska Gänsler, Caroline Wahl, Mark-Uwe Kling, Evan Tepest, Regina Feldmann, Maro Verlag

Nr. 1/2024
© Maximilian Gödecke

Wir sind die redaktion

Liebe:r Leser:in,

David Mesche

für uns begann das Jahr direkt mit einem Buch, von dem wir gleich wussten, dass es zu einem unserer Lieblinge 2024 wird: “Lichtungen” von Iris Wolff. Kurz entschlossen und ohne lange Überlegungen fiel auch die Entscheidung, wer auf unser Cover kommt, einstimmig und ohne Umschweife. Und so war auch die Freude groß, als feststand, dass die Buchpremiere zu “Lichtungen” unser Start ins neue Lesungsjahr wird und wir Iris Wolff zu einem Interview treffen dürfen.

Ein kalter Januartag mit hellblauem Himmel und knallender Sonne und wir wussten gleichdieser Tag wird toll! Und so war es auch: Iris beantwortete uns so viele Fragen, sowohl zu ihrem Roman, aber auch übers Schreiben, und nahm uns mit in ihre Welt in Siebenbürgen. Abends ging es auch schon weiter mit der Buchpremiere, die genauso rund verlief, wie gehofft. Denn sind wir mal ehrlich - auch wenn wir inzwischen einige Lesungen gemacht haben, ist es immer wieder aufs Neue spannend und aufregend. Wir wissen nie genau, wie der Abend verlaufen wird, auf welche Personen wir treffen und ob alles so funktionieren wird, wie geplant - oder ganz anders. Schön wird es zwar immer, nur eben ganz unterschiedlich und nicht alles ist planbar und vorhersehbar. Aber das gehört wohl einfach mit dazu.

Wir freuen uns jedenfalls riesig, dass wir ein so schönes Lesungsprogramm in diesem Jahr auf die Beine gestellt haben (und immer noch dabei sind) und sind gespannt auf alles, was uns die nächsten Monate so erwartet. Und Spoiler Alert: es kommen einige Highlights! Die Buchpremiere von Caroline Wahls neuem Buch im Mai, unsere Lesung mit Miranda July in unserem neuen Veranstaltungsort Colosseum im Juni, unsere kommenden Open-Air-Lesungen im Sommer und natürlich findet auch unser buntes Bilderbuchfest wieder auf dem Helmholtzplatz statt! Das Datum steht: am 14. Juli wird es wieder bunt, trubelig, verrückt, laut und hoffentlich genauso gut besucht wie im letzten Jahr! Merkt euch den Termin auf alle Fälle vor.

Für diese frühlingshafte Ausgabe haben wir wieder ganz besondere Titel für euch ausgesucht, die euch den Start in die sonnigen Tage erleichtern und begeistern werden. Außerdem stellen wir euch den MaroVerlag vor, haben mit Franziska Gänsler und Caroline Wahl über ihre Schreibmacken gesprochen und geben euch tiefe Einblicke in unsere Filialen. Denn jede ist für sich etwas ganz Besonderes.

Wir hoffen euch bald in einer unseren Filialen begrüßen zu dürfen und wünschen einen schönen Start in die lang erwarteten Sonnentage.

Eure

Elsa & Franzi

Inhalt I

Dieses Magazin wäre nicht möglich ohne die unerschöpfliche Leselust der vielen engagierten BUCHBOX!-Mitarbeiter:innen, die sich jedes Frühjahr und jeden Herbst quer durch die weite Welt der Neuerscheinungen lesen und mit Begeisterung ihre Entdeckungen, Tipps und Meinungen mit euch teilen.

Ihre Texte sind das Herzstück der BOXPOST und verdienen ein riesiges

Dankeschön!

Sprich uns gerne bei deinem nächsten Besuch in einem unserer Läden an, komm zu unseren Veranstaltungen, abonniere unsere Newsletter oder schreib uns eine Mail an presse@buchboxberlin.de.

Wir freuen uns darauf, von dir zu hören!

Inhalt II

10 Interview

Mit "Lichtungen" hat Iris Wolff ihren dritten Roman bei Klett Cotta veröffentlicht. Die große Besonderheit: Die Geschichte beginnt mit dem letzten Kapitel und endet mit dem ersten. Mit uns hat sie über die besondere Erzählweise, Siebenbürgen, ihr liebsten Schreibräume gesprochen.

18 Verlagsvorstellung: MaroVerlag

Die MaroHefte haben es uns angetan! Und auch die Bücher lassen sich sehen: ein ausgewähltes Programm aus Prosa, Lyrik und Kurzgeschichten mit besonderem Blick für die Gestaltung! Verlegerin Sarah Käsmayr stellt den Verlag vor, den sie mit ihrem Vater Benno führt.

30 Fünf Fragen an Caroline Wahl und Franziska Gänsler

Unsere altbewährte Rubrik "5 Fragen" ist wieder am Start, diesmal in zweifacher Ausführung! Franziska Gänsler hat sich unseren Fragen direkt vor Ort gestellt und noch einen Buchtipp dagelassen. Auch Caroline Wahl durften wir unsere Fragen zuschicken und sie verrät euch einiges über ihr neues Buch und ihr frisch gebackenes Schriftstellerinnen-Dasein.

34 Rezepte & Nonbooks

Chinesische Küche oder vegane Kohlrouladen - was darfs heute bei dir auf dem Teller sein? Wir haben dir zwei unwiderstehliche Rezepte rausgesucht. Außerdem: Die Fußball-EM steht vor der Tür und bei uns findest du alles was du für die perfekte Gartenparty brauchst.

40 Unsere Filialen stellen sich vor

Wusstest du, dass es nicht nur "deine" BUCHBOX! gibt, sondern insgesamt fünf Läden zu uns gehören? Unsere Buchhändler:innen verraten dir, was ihre BUCHBOX! auszeichnet und du kannst dich bei einem kleinen Samstagsspaziergang auch gleich selbst davon überzeugen, welche Buchbox am besten zu dir passt.

44 Unser Freund:innenbuch: mit Evan Tepest

Kennst du sie noch? Ganz unten im Karton versteckt: die Freund:innenbücher. Voller Träume, Traumberufe und den Namen deiner nie vergessenen Katzen und Hamster? Bei uns gibt's die BUCHBOX!-Edition, in der wir all unsere Lieblingsautor:innen das beantworten lassen, was wir schon immer über sie wissen wollten.

48 Kinderseiten

Diesmal dabei: Kinderbuchautorin Regina Feldmann stellt sich vor und Marc-Uwe Kling beantwortet fünf Fragen. Außerdem haben wir natürlich wieder tolle Buchtipps und ein paar Seiten zum Mitmachen und Rätseln für dich zusammengestellt.

60 Bitter sweet-Books

Unsere Buchhändlerin Charlotte packt aus und klärt dich über die größten Irrtümer rund um Young Adult/New Adult auf. Außerdem stellen Franzi und Jasmin dir ihre liebsten Mangas vor - denn die haben auch ihren Weg in unsere Läden gefunden.

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Unsere Bestseller aus 2023

JAHRESR

Caroline Wahl: 22 Bahnen. Dumont Verlag, 208 Seiten, 22 €

Fatma Aydemir: Dschinns. dtv Verlag, 268 Seiten, 13 €

Robert Seethaler: Das Café ohne Namen. Claassen Verlag, 288 Seiten, 24 €

Benjamin von Stuckrad-Barre: Noch wach?

Kiepenheuer & Witsch Verlag, 384 Seiten, 25 €

Anne Rabe: Die Möglichkeit von Glück.

Klett-Cotta Verlag, 384 Seiten, 24 €

T.C. Boyle: Blue Skies. Hanser Verlag, 400 Seiten, 28 €

Mariana Leky: Kummer aller Art. Dumont Verlag, 176 Seiten, 22 €

Martin Suter Melody.

Diogenes Verlag, 366 Seiten, 26 €

Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt.

S. Fischer Verlag, 192 Seiten, 23 €

Ferdinand von Schirach: Regen.

Luchterhand Verlag, 112 SEiten, 20 €

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ÜCKBLICK

unsere Lieblinge aus 2023

Caroline Wahl: 22 Bahnen. Dumont Verlag, 208 Seiten, 22 €

Eva Reisinger: Männer Töten. Leykam Verlag, 208 Seiten, 24,50 €

R. F. Kuang: Babel. Eichborn Verlag, 736 Seiten, 26 €

Necati Öziri: Vatermal. Ullstein Verlag, 304 Seiten, 25 €

Gabrielle Zevin: Morgen, morgen und wieder morgen. Eichborn Verlag, 560 Seiten, 25 €

Ruth-Maria Thomas: wie ich frau bin. Sukultur, 3 €

Nele Pollatschek: Kleine Probleme. Kiepenheuer & Witsch Verlag, 208 Seiten, 23 €

Wlada Kolosowa: Der Hausmann. Leykam Verlag, 320 Seiten, 16,50 €

Saba Sams: Send Nudes. Piper Verlag, 208 Seiten, 22 €

Mieko Kawakami: All die Liebenden der Nacht. Dumont Verlag, 260 Seiten, 24 €

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Wenn der Krieg langsam in einen hineinkriecht

Revolution, Krieg, Bürgerkrieg, Ereignisse, Aras erlebt es von Deutschland aus, aber er lebt es auch in seiner Vorstellung. Immer wieder wandert sein Blick ab, ins Leere und er wird transportiert an Orte der Gewalt, in Situationen, die er real nie erleben muss, denn er lebt schon vor Beginn der Revolution in Deutschland. Chronologisch begleiten wir ihn von 2011 an durch seine äußere Innenansicht des Konflikts, durch sein Jurastudium, seine politische Arbeit, seine Talkshow-Besuche und bei den Beziehungen, die er pflegt. Luna Ali hat einen sprachgewaltigen, ungewöhnlichen Ro- man geschrieben. Oft werden die Objekte in Sätzen vorangestellt und an gewissen Punkten begeben wir uns in einen eher experimentellen lyrischen Schriftsatz. In einer Zeit sich überlagernder Konflikte, die einen die Ereignisse des Arabischen Frühlings fast wieder haben vergessen lassen, ist ihr damit ein feiner, tiefer Blick gelungen in eine Gefühlswelt, die sich einer Mehrheitsgesellschaft sonst nicht ohne Weiteres erschließt. Wobei dieser Kontrast selbst ein Thema ist. Ich habe es auch als Kritik an der Menschenfeindlichkeit deutscher (und europäischer) Institutionen gelesen. Egal wie man es betrachtet, "Da waren Tage" ist ein unglaublich erhellendes, melancholisches und poetisches Buch.

Luna Ali: Das waren tage. S. Fischer Verlag, 304 Seiten, 24 €

Wann waren wir das letzte mal so offen?

Nach "Open Water" ein weiterer wundervoller Roman von Caleb Azumah Nelson, dessen Schreibstil ebenso großartig wie herzzerreißend ist. "Den Sommer im Ohr" erzählt von Stephen und drei einschneidende Jahre in denen er von London nach Ghana reist und wieder zurück: durch aufblühende und sich wieder auflösende Beziehungen, durch Glauben, Trauma, Trauer und Rhythmus, seine Entfremdung von einem missbilligenden Vater und seine Suche nach den unausgesprochenen Teilen der Liebesgeschichte seiner Eltern. Ebenso hat mich begeister, dass Musik sich durch den ganzen Roman zieht und es unmöglich ist, die Geschichte zu lesen, ohne die Künstler:innen und Alben nachzuschlagen und im Hintergrund abzuspielen. Musik ist in allem, was Stephen und seine Freund:innen tun, und Tanz ist die Lösung für alle ihre Probleme. Während sich "Open Water" eher roh und improvisiert gelesen hat, hat Nelson diese Geschichte mehr strukturiert und Themen und Variationen miteinander verflochten. Wie viel von der Geschichte seiner Eltern gehört zu Stephen? Kann er sich etwas aufbauen, das ihm allein gehört? Caleb Azumah Nelson erzählt von den Welten, die wir uns selbst erschaffen, den Welten, in denen wir leben, tanzen und lieben. Ganz große Leseempfehlung. Franzis T

Danke, Mareike Fallwickl!

Ach Mareike Fallwickl, you did it again! Man könnte denken es ist ein gewöhnlicher Sonntag – bis auf die zahlreichen Frauen, die reglos auf den Straßen liegen, in stiller Verweigerung. Mitten in den Geschehnissen treffen 3 Menschen unerwartet aufeinander. Elin, eine erfolgreiche Influencerin, die mit den Schattenseiten der digitalen Welt und patriarchaler Gewalt konfrontiert ist. Nuri, der mit unendlich vielen Jobs und einer dysfunktionalen Familie mehr überlebt als lebt. Und Ruth, eine Pflegefachkraft im Krankenhaus, die versucht die Scherben eines kaputten Gesundheitssystems zu retten. Sie alle stehen vor dem Beginn einer Revolte - Was passiert, wenn Frauen einfach aufhören zu funktionieren, ihre gesellschaftlich zugeschriebenen Rollen ablegen und sich dem System verweigern? „Und Alle So Still“ ist ein feministischer Roman, der alles thematisiert, vor dem im Patriarchat die Augen verschlossen wird. Das letzte Mal so verstanden gefühlt, habe ich mich bei Fallwickls letztem Roman „Die Wut, die bleibt“. Und auch hier haben wir weibliche Wut, aber vor allem endlich grenzenlose Solidarität zwischen Frauen. Frauen, die eine letzte Möglichkeit ergreifen Sichtbarkeit zu erlangen und sich gegenseitig die Hände zu reichen. Geweint, gejubelt und geschrien habe ich alles zugleich, aber am liebsten will ich dieses Buch in Massen den Leuten auf den Straßen in die Hände werfen.

i pp
Caleb Azumah Nelson: Den Sommer im Ohr. Kampa Verlag, 304 Seiten, 24 €
Rafas T i p p
Mareike Fallwickl: Und alle so still. Rowohlt Verlag, 368 Seiten, 23 €
Cassand r a s tipp

Diese Kurzgeschichtensammlung ist eine literarische Entdeckung! Fast 60 Jahre nach dem Tod der jungen Autorin, welche bereits im Alter von 22 Jahren verstarb, fesseln Diane Olivers Worte noch immer und erneut Leser*innen im 21. Jahrhundert. Von unterschiedlicher Länge vermögen es alle Geschichten ihre Charaktere zum Leben zu erwecken und über nur wenige Seiten Leser*innen in ihren Bann zu ziehen. Die Erzählungen zeigen ein tiefes Verständnis für die Vielfalt schwarzen Lebens im Süden der Vereinigten Staaten während der aufgewühlten 60er Jahre. Die erste und titelgebende Geschichte „Nachbarn“ begleitet ein junges Mädchen, dessen kleiner Bruder als erstes schwarzes Kind in eine Grundschule eigeschult werden soll. Doch in der Nacht vor dem Einschulungstag wird die Familie zur Zielscheibe von Hass und Gewalt. Das Thema wird auch in der zweiten Geschichte aufgegriffen, in der eine ausgegrenzte Studentin sich in ihre eigene Welt zurückzieht und schließlich den Weg zur Realität nur schwer zurückfindet. Die anderen Geschichten erzählen unter anderen von müden, wütenden Hausfrauen, die für reiche weiße Frauen arbeiten und in Gedanken stets bei ihren eigenen Kindern oder Eltern zuhause bleiben, in Sorge über Essen und Gesundheit; oder von einem Ehepaar, das als Ausweg aus alltäglichem Rassismus die Abgeschiedenheit im Wald sucht und diese mörderisch verteidigt. Diane Olivers Geschichten bieten Leser*innen ein Fenster in die Vergangenheit, doch mit Worten, die auch noch heute kraftvoll und inspirierend sind.

In meine Venen Rein!

Muss man Haruki Murakami noch groß bewerben? Ich weiß, du weißt. Im Grunde wissen wir alle bescheid. Es geht doch eigentlich nur um die Frage: In einer Welt mit so viel Literatur und so vielen Klassikern und Newcomer*innen, die man mal auschecken könnte, wollen wir wirklich den zehnten Murakami lesen?

Meine Antwort darauf ist: Ja. Ich werde für immer alles von meinem schrulligen japanischen Jazz-Onkel lesen. "Die Stadt und ihre Ungewisse Mauer" ist eine Neuerzählung von Hard-Boiled Wonderland und ich bin mir nicht einmal sicher, ob es sich in den kanonischen Murakami-Pantheon einreihen wird. Aber der hier ist auf die Habit. Auch das fünftbeste moderne Murakamibuch ist eine der besten Leseerfahrungen meines Jahres. Mach die cozy-sureralen Geschichten in meine Venen, JazzOnkel! Nur mit dir fühlt sich lesen wieder so an wie Stephen King mit sechzehn!

Haruki Murakami: Die Stadt und ihre ungewisse Mauer. Dumont Verlag, 640 Seiten, 34 €

Drei unterschiedliche Perspektiven - Ein Fall

Ein renommierter Küchenchef wird wegen eines sexuellem Übergriffs auf eine Kellnerin angeklagt. Sein perfektes Leben wird auf den Kopf gestellt, seine Existenz ist in Gefahr, er ist sich keiner Schuld bewusst - als ob er es nötig hätte, Frauen zum Sex zu überreden, unzählig waren die Anzüglichkeiten und Angebote, die er während seiner beruflichen Laufbahn erlebt hat! Daniel gibt die Hoffnung nicht auf: er wird der Welt zeigen, wie absurd die Vorwürfe sind und schon in einigen Wochen sein Restaurant wieder neu eröffnen können. Lesen wir von Daniels Wahrnehmung der Geschehnisse von vor über zehn Jahren, könnte man erst denken, er sei Opfer falscher Anschuldigungen geworden, so felsenfest redet er sich seine Unschuld ein. Doch die Geschichte wird auch aus der Perspektive einer der Kellnerinnen von damals, Hannah, erzählt. Und die hat ganz andere Erinnerungen an ihre Zeit im Restaurant. Nicht nur schlechte, nein, es war eine besondere Zeit und Atmosphäre in dem Sterne-Restaurant. Bis zu einem Ereignis. Außerdem gibt es eine dritte Perspektive, aus der erzählt wird: Julie, Daniels Frau. Umlagert von Paparazzi muss sie der Frage nachgehen, welcher Mann Daniel nun eigentlich ist - genau wie die Leser:innenschaft. Die Atmosphäre des Roman ist unheimlich und verführerisch, man taucht völlig ein in die hippe Restaurant-Szene mit teurem Essen, Partys und Drogen. Hochbrisant und fesselnd bis zur letzten Seite! Das Buch besitzt großes Diskussionspotenzial, weist auf Missstände im irischen Justiz-System hin und ist eine absolute Empfehlung! Elsas T i p p

Yanniks t i pp Sarah

Moiras T i p p eine literarische Entdeckung
Diane Oliver: Nachbarn (Storys). Aufbau, 304 Seiten, 24 €
Gilmartin: Service. Kein & Aber Verlag, 320 Seiten, 24 €

Fangspiele führt uns tief in die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen. Die Geschichte von Ines und Lenni, einem Paar, das scheinbar in einer stabilen und liebevollen Beziehung lebt, wird durch das Eindringen einer dritten Person, Edda, auf die Probe gestellt. Eddas Einfluss führt zu einer Reihe von Ereignissen, die Ines dazu bringen, ihr bisheriges Leben komplett in Frage zu stellen und letztendlich zu verlassen. Die Thematik des Romans, die sich mit Kunst, Selbstverwirklichung und den damit verbundenen Opfern auseinandersetzt, ist besonders relevant in unserer heutigen Gesellschaft, in der die Suche nach persönlicher Erfüllung oft im Widerspruch zu familiären und beru- flichen Verpflichtungen steht. Frickers Schreibstil, der reich an Metaphern und Symbolik ist, wie das wiederkehrende Motiv des "fehlenden Puzzleteils", verleiht der Erzählung eine poetische Qualität und lädt zum Reflektieren über das eigene Leben ein. Ein perfektes Buch für Leser:innen, die sich für Geschichten interessieren, die die Grenzen zwischen Liebe, Obsession und Kunst verwischen und dabei auch die dunkleren Aspekte der menschlichen Natur beleuchten wollen. Es ist ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt und einläd zu einer Diskussion über die Prioritäten im Leben und die Bedeutung von Kunst und Kreativität.

Ursula Fricker: Fangspiele. Atlantis, 224 Seiten, 22 €

Gibt es etwas Wichtigeres auf der Welt als Hunde und Freundinnen?

Judiths

T i pp

Wenn ich in letzter Zeit Bücher von Frauen über Frauen gelesen habe, gab es meistens nur zwei Genres: den berühmtem "Coming of Age" Roman und das Thema "Mutter werden / Mutter sein". Einen Roman für gewollt kinderlose Frauen Mitte 40? Fehlanzeige! Bis jetzt. Vorhang auf für Kessie, Grit und Charly, die drei Protagonistinnen aus „Das Gras auf unserer Seite“. Alle drei wohnen in Berlin, sind kinderlos und haben keine nennenswerte Karriere. Da ist Kessie, Lehrerin, Single, ein Hund. Sie wird konfrontiert mit der Frage, was wir machen, wenn unsere Eltern zu Pflegefällen werden. Kessie, die nicht mehr in derselben Stadt wohnt wie ihre verwitwete Mutter, muss sich kümmern. Um einen Platz im Pflegeheim und die richtige medizinische Versorgung. Aber sind kinderlose Singlefrauen automatisch verpflichtet, sich um das verbleibende Elternteil zu kümmern? Die nächste im Bunde ist Grit, halbwegs erfolgreiche Schriftstellerin, in einer halbwegs ernsten Beziehung. Sie stellt sich die Frage, ob sie endlich mit ihrem Freund zusammen ziehen soll. Grit möchte eigentlich autonom bleiben. Und Charly? Sie ist Schauspielerin ohne nennenswerte Rollen, drei Liebhaber, ein Hund. Mit diesem wohnt sie in einer WG, ist chronisch pleite und hat jeglichen Ehrgeiz für ihre Karriere aufgegeben. Doch dann wird sie unerwartet schwanger und muss sich überlegen, ob das eine Chance oder ein Unglück ist. In "Das Gras auf unserer Seite" verfolgen wir das Freundinnentrio durch diese turbulente Zeit. Es ist alles sehr nachvollziehbar und wirkt so realistisch und ehrlich, dass man sich natürlich sofort fragt, wie viel Thematik aus dem eigenen Freundeskreis da übernommen wurde."Das Gras auf unserer Seite" ist jedenfalls genau das Buch, was mir seit Langem gefehlt hat.

Leben, Alter und Sterben

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Nachdem ich vor einigen Jahren "Rückkehr nach Reims" verschlungen habe, freute ich mich besodners auf Eribons 14 Jahre später erscheinendes Buch "Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben", in welchem er über seine Mutter, sein Verhältnis zu dieser und der gesellschaftspolitischen Relevanz dieses Lebens und dieser Beziehung schreibt. Wie bereits zuvor schafft er es auch in seinem neuen Werk hervorragend drei Dinge zu vereinen: die Beschreibung des Milieus, der persönlichen Geschichte und seiner daran geknüpften Gesellschaftskritik. Er erzählt von familiären Prozessen im Umgang mit Alter und Bedürftigkeit, welche gleichsam für gesellschaftliche Funktionen stehen, durch diese geschaffen sind und sie ebenso reproduzieren und stützen. Etwas zu stark auf seine eigene Wahnehmung fokkusiert mag die Beschreibung seiner Mutter als Person wirken, was sich gleichsam innerhalb des Textes selbst erklärt: er hatte als männlich sozialisierter Mensch keinen genauen Einblick in ihre Lebenswelt. Diese Erkenntnis mag nichts neues sein, doch sie motiviert in Anbetracht seiner scharfen Analysen, sich über unsere gesellschaftlichen Muster Gedanken zu machen mit dem Ziel sie im Sinne einer voranschreitenden Gleichberechtigung der Geschlechter zu verändern.

Stephanie de Velasco: Das Gras auf unserer Seite. Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 23 €
Davids T i p p Didier Eribon: Eine Arbeiterin. Suhrkamp, 272 Seiten, 25 €
der menschlichen Psyche
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Eine tiefgründige Erkundung

Wenn Männer frauen töten interessieren sich alle für die Männer

Der Einband diese bei Blumenbar erschienen Romans über einen Serienmörder ließ mich auf den ersten Blick vermuten, dass es hier etwas anders sein könnte. Sehr schnell wird klar, warum Ansel, der Mörder, in Haft auf seine Todesstrafe wartet und dass er schuldig ist. Seine eigenen Gedanken kreisen hauptsächlich darum, wie er „Die Theorie“ unter die Leute bringen kann. Sie enthält seine bahnbrechenden Erkenntnisse über das Menschsein und soll der Welt zeigen, dass er ganz anders ist, als er in den Medien dargestellt wird und seine Taten nur eine Folge seiner Lebensumstände. Im Laufe der Zeit wird aber immer klarer, dass nicht viel hinter seinen großen Gedanken und Plänen steckt und der Selbstwahrnehmung eines Mannes, der brutale Gewalt an mehreren Frauen ausgeübt hat, wird glücklicherweise etwas entgegengesetzt. Die Kapitel aus Anselms Perspektive wechseln ab mit denen dreier Frauen: Seine Mutter Lavender erzählt, in welcher verzweifelten Lebenssituation sie sich befunden hat, als ihr Sohn zur Welt gekommen ist und was dazu führte, dass er von ihr getrennt wurde. Die Polizistin Saffy hat Ansel als Kind im Heim kennengelernt und ist deshalb die Erste, die bei der Aufklärung der Morde auf seine Fährte gekommen ist. Die letzte Perspektive ist die von Hazel, mit deren Schwester Ansel zusammen ist. Dadurch werden auch allgemeine Fragen zu unserem Umgang mit Mordfällen aufgeworfen. Warum üben brutale Morde so eine Faszination aus und wieso fasziniert das Denken und die Beweggründe der Mörder so viele Menschen? Wieso stehen sie oft auch dann noch in der medialen Aufmerksamkeit, wenn über die Opfer schon längst nicht mehr berichtet wird?

Danya Kukafka: Notizen zu einer Hinrichtung. Blumenbar, 348 Seiten, 22 €

Absoluter Pageturner

„Yellowface“ von Rebecca F. Kuang ist eine fesselnde Mischung aus Krimi, Gesellschaftskritik und Satire. Die Geschichte beginnt damit, dass die Autorin June Hayward zusieht wie ihre Freundin Athena Liu, eine weitaus erfolgreichere Autorin und damit auch verhasste Konkurrentin, an einem Pancake erstickt. June stiehlt Athenas letztes Manuskript, um das Werk als ihres zu veröffentlichen. Was als ein Plagiat startet, endet damit, dass die Protagonistin in die Rolle der Verstorbenen rutscht, was die Namensgebung „Yellowface“ eklärt. Nach und nach kommen ihr neidische und missgünstige Kolleg:innen auf die Schliche. Junes Leben entwickelt sich zum Drahtseilakt. Von da an gewinnt das Buch mehr und mehr an Spannung. Ein ständiges Auf und Ab von positivem und negativem Feedback in den sozialen Medien und der Verlagswelt lassen den Verlauf der Geschichte unangenehm werden. Persönlich fiel es mir schwer die egoistische und realitätsblinde Protagonistin zu mögen, konnte ihr dennoch Verständnis entgegen bringen. Eine junge Frau mit großer Leidenschaft zum Schreiben versucht sich den Traum zu erfüllen, in dieser Branche erfolgreich zu sein und Fuß zu fassen. Ganz klar wird nah gebracht wie masochistisch und selbstzerstörerisch die Neugier nach dem Feedback im Netz sein kann. Die Darstellung von Themen wie Cybermobbing, Rassismus und dem Druck, in der Arbeitswelt erfolgreich zu sein, macht das Buch aktuell und relevant. Der humorvolle und scharfe Schreibstil macht das Buch zu einem Pageturner. Ein fantastisches Buch!

Rebecca F. Kuang: Yellowface. Eichborn, 383 Seiten, 24 €

Eine junge Frau mit einem unbeugsamen Willen

Hannes T i p p

Beatrice Salvionis Debütroman “Malnata” ist die Geschichte einer aufrichtigen, tief empfundenen Verbundenheit zweier junger Frauen in einer Zeit, in der es fast noch eine Sünde ist, Frau zu sein - und ihrer Rebellion gegen die unantastbaren Regeln der patriarchalen Gesellschaft. Es ist das Jahr 1936 in Monza, im faschistischen Italien des Duce Mussolini. Durch die Augen von Francesca rekonstruieren wir die Geschichte von Maddalena, die von allen nur “Malnata” (Die Unheilvolle) genannt wird. Die beiden Zwölfjährigen stammen aus verschiedenen Klassen und damit fernen Welten, doch am Ufer des Lambro finden sie im wilden Spiel zueinander, schenken sich Vertrauen, Zuneigung und vor allem Loyalität. Malnata wird für Francesca zum entscheidenden Anstoß persönlicher Weiterentwicklung, ihrer Furchtlosigkeit eifert sie nach, erwacht aus jeglicher Verträumtheit und ermächtigt sich selbst. Dass dies auch dazu führt, die Leiche eines jungen Faschisten verschwinden lassen zu müssen, wird hier zum Rahmen und Höhepunkt einer Geschichte, die Sexismus und Gewalt “männlichster” Männlichkeit anprangert und somit einen Bogen in die heutige Zeit schlägt, in der es nicht nur gilt, sich mutig allen faschistischen Tendenzen entgegenzustellen, sondern auch sich endlich aller Reste des Patriarchats zu entledigen.

Beatrice Salvioni: Malnata. Penguin Random House, 272 Seiten, 24 €

Johanna s Tipp
t i p p
Erikas
»Du hättest zurücksehen müssen, dachte er, allein um zu wissen, ob sie sich nach dir umgewandt hat.«

Interview

Iris Wolff

Spätestens seit “Die Unschärfe der Welt”, erschienen 2020 im Klett Cotta Verlag, ist die Schriftstellerin Iris Wolff den meisten Literaturliebhaber:innen bekannt. Nun ist Anfang des Jahres ihr nächster Roman “Lichtungen” erschienen, welcher ein ganz besonderer ist. Uns hat die Geschichte sofort gefesselt und wir wollten mehr über die Autorin aus Siebenbürgen erfahren. Die Vorfreude war groß, als wir erfuhren, dass wir die Buchpremiere zu “Lichtungen” in der Backfabrik veranstalten dürfen. Und noch größer darüber, dass wir Iris zuvor treffen und mit Fragen löchern durften. Die Autorin sprach von ihren Schreibroutinen und Schreibwerkstätten, ihrer Liebe zur Natur und natürlich über die “Lichtungen”. Am Ende haben wir uns noch gemeinsam auf die Suche nach der Katze des Hotels gemacht (und sie gefunden und gestreichelt), von der uns Iris schon zu Anfang vorgeschwärmt hatte und die wir natürlich unbedingt kennenlernen wollten. Ein rundum gelungener Tag, der mit einer tollen Buchpremiere, vielen Gästen und schönen Gesprächen endete.

Kannst du für uns nochmal kurz zusammenfassen, worum es in deinem neuen Roman “Lichtungen” geht?

“Lichtungen” erzählt die Geschichte von Lev und Kato. Die beiden wachsen im kommunistischen Rumänien auf. Nachdem die Grenzen geöffnet wurden, verlässt Kato Rumänien und reist als Straßenkünstlerin durch Europa. Eines Tages schreibt sie Lev, dass er kommen soll. Der Clou der Geschichte ist, dass sie rückwärts erzählt wird. Man begegnet den beiden, als sie Ende Dreißig sind, erfährt nach und nach, was sie zusammengebracht hat, wieder getrennt und was sie erlebt haben – das alles angelegt als eine

Reise in die Vergangenheit.

War es von Anfang an geplant, dass du die Geschichte rückwärts erzählst?

Ja. Ich warte beim Schreiben immer darauf, bis ich eine Idee habe, die mit einem bestimmten Bauchgefühl verknüpft ist. Erst ein Jahr nach Erscheinen von “Die Unschärfe der Welt”, hat sie sich eingefunden. Plötzlich war dieses Bild von Lev da, wie er im Bett liegt und seine Beine nicht bewegen kann, und damit verknüpft die Frage: Ist es möglich, die Vergangenheit hinter sich zu lassen? Die Idee, rückwärts zu erzählen, habe ich nicht groß hinterfragt, erst als ich mitten im Schreiben war, kamen Zweifel.

„Ergibt das Sinn, was du da tust?” Die Fragen, die mich begleitet haben, waren: Welche Erfahrungen und Erlebnisse machen einen Menschen zu der Person, die er heute ist?

Kann man sich wirklich verändern? Welche Selbstbilder und Glaubenssätze kann bzw. muss man eines Tages loslassen, wenn man sich verändern möchte? Diese Fragen hängen ganz eng mit der Erzählstruktur zusammen.

Beim Lesen haben wir uns gefragt, wo die Geschichte eigentlich für dich angefangen hat. Kannst du uns darüber was erzählen?

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© Max Gödecke

Alle meine bisherigen Romane haben mit dem ersten Satz und der ersten Szene angefangen. Der Anfang war für mich immer der Eingang in die Handlung: Als sei die Welt irgendwo vorhanden, und ich brauche ein offenes Fenster oder eine Tür, durch die ich hineinschlüpfen kann. Das war bisher immer der erste Satz, das erste Bild. Deswegen war ich irritiert, weil ich dieses Mal das Gefühl hatte, nicht am Anfang, sondern mitten in der Geschichte zu sein. Ich wusste nicht, was jenem kleinen Jungen passiert ist, den ich kennengelernt habe, während er über Monate das Bett hüten muss. Aber ich war ihm nah, und diese Nähe zeigt mir, dass dies wirklich die Geschichte ist, die ich erzählen will. Die eine von all den möglichen Geschichten.

Die Idee mit den verschiedenen Kapitelüberschriften in verschiedenen Sprachen war auch schon zu Anfang da? Nicht direkt am Anfang. Aber ich arbeite immer gerne mit Zitaten; sie begleiten den Schreibprozess, genauso wie Gedichte. Ich lese fast jeden Tag ein Gedicht, weil mich Poesie ins Schreiben bringt, ich brauche Bilder, Musik, kleine Versatzstücke oder Splitter, die ich sammle und immer wieder anschaue. Irgendwann habe ich ausprobiert, wie es wäre, wenn jedes Kapitel von einem Zitat eingeleitet wird, das in dem jeweiligen Kapitel von Bedeutung ist. Da „Zugehörigkeiten” ein wichtiges Thema des Romans ist, stand früh fest, dass jedes Zitat in einer anderen Sprache sein wird. In Rumänien wird die Lesefibel in 14 Sprachen gedruckt, sechs davon finden sich als Zitate vor den Kapiteln. Eine Leserin schrieb mir, dass es schön gewesen wäre, wenn die Übersetzungen unter den Zitaten aufgeführt werden. Aber ich wollte, dass das Fremde zunächst einmal fremd bleibt und das Unbekannte unbekannt. Nicht alles in unserer Welt ist immer sofort erklärbar und wir müssen das aushalten lernen und auch Vertrauen entwickeln, dass es uns zu gegebener Zeit offenbart wird. Eigentlich gilt das für alles, was im Buch passiert – hoffe ich zumindest – dass man irgendwann weiß: Es gibt Lücken, vieles bleibt Andeutung, aber alles fällt am Schluss zusammen. Und es gilt, dieses Vertrauen in die Erzählstimme, die erzählte Welt zu entwickeln. Letztlich ist alles verbunden, wird durchscheinend, aber eben nicht sofort.

Ich möchte eine einfache Geschichte schreiben, ganz schlicht.

Viele deiner Texte spielen in Rumänien. Hast du vor, weiter über diese Thematik und Siebenbürgen zu schreiben? Möchtest du dort bleiben oder werden deine Texte irgendwann in einer anderen Welt spielen?

Aber ich wollte auch, dass das Fremde fremd ist und das Unbekannte unbekannt. Nicht alles in unserer Welt ist immer sofort erklärbar und wir müssen teilweise diese Fremde aushalten.

Ich glaube, es ist beides. Zum einen die Notwendigkeit, immer wieder dahin zurückzukehren, so, als ob es diese Verortung braucht. Es ist ja zunächst nur ein: “Von hier aus gehe ich los!”, alle Romane führen über den Kulturraum hinaus. “So tun als ob es regnet” endet auf La Gomera auf den Kanaren, “Die Unschärfe der Welt” führt nach Berlin und Stuttgart. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich finde dort immer spannende Geschichten und Charaktere, über die ich schreiben möchte. Alle meine Figuren besitzen eine Offenheit, keine fest umrissene Identität, so dass sie wenigstens eine räumliche, vertraute Verankerung brauchen, damit ich sie sehen kann. Vielleicht geht es mir dabei ein wenig wie Lev: ein Bewusstsein der Zugehörigkeit und gleichzeitig der Wunsch, sich daraus zu befreien. Möglicherweise, wenn das entsprechende Bauchgefühl da ist, wird eine Geschichte eines Tages woanders spielen. Doch ich würde es niemals willentlich entscheiden wollen. Außerdem ist es mir ein Anliegen, von dieser Welt zu erzählen, weil es eine verlorene Welt ist. Meiner Generation und die meiner Eltern, wir können uns noch erinnern, weil es für uns gelebtes Leben war, irgendwann wird sich das verlieren. Jetzt kann man sich an diese Zeit noch erinnern und darüber schreiben. Ich will sie so beschreiben, dass sie auch für Menschen lebendig wird, die Siebenbürgen oder das Banat nicht kennen, vielleicht das erste Mal davon hören, dass es dort eine deutsche Minderheit gab (und zu Teilen noch gibt), die seit über 850 Jahren dort lebt – das ist ja schon eine Hausnummer!

Jeder deiner Texte hat eine Struktur, man weiß nie genau, was einen erwartet. Das ist wirklich etwas Besonderes! Ja, wobei ich mir vorgenommen habe, es mir beim nächsten Mal ganz leicht zu machen.

Du nimmst quasi das Happy End vorweg: Lev hat sich gefunden und für sich erkannt: Er möchte sich nicht einordnen lassen als Deutscher oder Rumäne. Möchtest du damit etwas bestimmtes bei deinen Leser:innen erzielen und bewirken? Für mich war es ein besonderes Leseerlebnis, zu Anfang direkt zu wissen, dass sich am Ende alles fügt. Ich vernachlässige die Haltung der Leser:innen dahingehend sträflich, weil ich mir darüber überhaupt keine Gedanken mache. Ich muss sie mir jetzt machen, wo das Buch fertig ist, aber währenddessen war es eine Notwendigkeit, es so zu versuchen, obwohl ich nicht wusste, ob es funktionieren wird. Du hast natürlich recht: Ein Buch lebt von der Spannung, zu

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erfahren, wie sich Dinge entwickeln und wenn ich das umkehre, was ist dann der Erkenntnisgewinn? Die Spannung muss trotzdem funktionieren, nur andersherum. Wie geht das überhaupt? Wie kann ich das erzählen und bauen? Als Lev und Kato mit achtzehn Jahren zum ersten Mal das Wirtshaus von Milena und Camil entdecken – das ist in der Geschichte ziemlich weit in der Vergangenheit – dann muss ich das so beschreiben, als würden Lev und Kato es zum ersten Mal sehen, was sie ja auch tun, aber die Leser:innen nicht. Sie begegnen dem Wirtshaus viel früher. Und bei dieser Begegnung muss ich den Raum auch so erzählen, als wäre es das erste Mal, ohne jedoch allzu

Ist es eine Freundschaftsgeschichte oder eine Liebesgeschichte? Es war eine bewusste Entscheidung, dass das in der Schwebe bleibt.

sehr zu wiederholen, was später kommen wird. So gibt es viele erste Male in zwei Richtungen hin. Für mich funktioniert diese Leserichtung. Am Anfang des Romans lernt man Lev und Kato als Erwachsene kennen und wenn man im letzten Viertel des Romans erfährt, wie sie sich kennengelernt haben, dann ist das ja auch etwas Besonderes. Wenn man ihre Nähe am Anfang auf der Fähre spürt und merkt, die zwei haben eine Geschichte miteinander, entsteht auch Neugierde und man will erfahren: Ist es eine Freundschaftsgeschichte oder eine Liebesgeschichte? Es war eine bewusste Entscheidung, dass das in der Schwebe bleibt.

Arbeitest du mit genauen Plänen, um diese komplexe Struktur schaffen zu können?

Im Laufe der Arbeit wollte ich das Ganze visualisieren. Ich hatte ein dreimonatiges Stipendium in einem Künstler:innen-Haus und habe eine Wand für Post-its, Zettel und Bilder genutzt. Zum Beispiel gibt es ein Vorbild für Katos Landrover mit allen technischen Daten; auch für Pax, den Hund in der Geschichte. Ich habe auf dieser Wand alle Daten und Entwicklungen und Fotomaterialien befestigt, um den Überblick zu behalten. Obwohl es eine solch komplexe Erzählstruktur gibt, möchte ich nicht, dass meine Leser:innen das Gefühl bekommen, sie müssen zu Sherlock Holmes werden und sich selbst alles mühevoll zusammensuchen. Die Geschichte muss einen Sog haben, Plausibilität besitzen und Einfachheit. Es sollte nicht zu komplex oder verkopft werden. Literatur ist Begegnung und hat viel mit Mitgefühl und Empathie zu tun; das Gefühl muss stimmen – und das ermöglichen Einfachheit und Wahrhaftigkeit. Auch Gegenstände, Räume, Motive – wann dürfen sie nochmal auftauchen, in Erinnerung gerufen werden, damit es der:die Leser:in nicht aus dem Blick ver-

liert? Ich bewege mich während des Schreibens in einer für mich vertrauten Welt und habe alles im Blick, aber die Leser:innen ja nicht. Die gehen in ein, zwei Tagen oder Wochen durch diese Welt, was eine völlig andere Zeitspanne und Proportion hat.

Wie sieht dein Schreibraum aus?

Ich arbeite am liebsten von Zuhause. An einem großen Schreibtisch meines Arbeitszimmers. Ich dulde nicht viele Gegenstände um mich herum, denn alles, was im Blickfeld ist, verlangt Aufmerksamkeit. Stipendien sind insofern gut, weil man sich aufs Schreiben konzentrieren kann und nicht abgelenkt wird, von den Sachen, die es Zuhause zu tun gibt. Letztes Jahr war ich zum Beispiel vier Monate nicht Zuhause, was dem Text gut getan hat. Wenn ich durch ein Stipendium an einem anderen Ort bin, kenne ich dort niemanden, man ist für sich alleine und das tut erstmal gut. Wenn es schwierig wird, hilft es mir, spazieren zu gehen und weiterhin über den Roman nachzudenken. Ich versuche über den Zeitraum von zwei, drei Jahren eine Kontinuität für die Geschichte herzustellen. Das ist oft schwer, weil man natürlich immer andere Schreibaufgaben hat. Wenn man dann wieder vor der eigenen Erzählwelt steht, fragt man sich manchmal: Wo ist jetzt mein Eingang? Wie geht es weiter? Wo nehme ich den Faden wieder auf? Wenn lange Pausen zwischen dem Schreiben liegen, ist es für mich schwer, wieder einzusteigen und einen Zugang zu finden.

Sind Natur und Bewegung hilfreich für dich beim Schreiben?

Sehr. Ich bin überhaupt ein Fan der Stille. Wir leben meines Erachtens in einer lauten Welt. Mir ist es wichtig, Zeiten zu definieren, in der keine Nachrichten, Mails, Handynachrichten zu mir durchdringen. Andere Menschen gehen uns etwas an, genauso der Zustand dieser Welt und es ist schwer, sich manchmal davon loszumachen und jene Ruhe und Konzentration herzustellen, die es fürs Erzählen braucht. Beides ist wichtig: Sich involvieren und gleichzeitig Abstand nehmen. Ich liebe die Natur, das merkt man auch in meinen Büchern: Landschaft ist immer eine Erweiterung der Figuren. Die Menschen in meinen Büchern identifizieren sich mit der Landschaft, die sie umgibt. Als Lev als Kind mit seinem Großvater in einem Thermalbad ist, macht er die Erfahrung, dass die Grenzen seines Körpers nicht mit der Haut enden – der ihn umgebende Raum ist Teil seines Körpers. Auch als Schriftstellerin geht es mir darum, meine Grenzen zu erweitern. Landschaft, die Natur, gehören zu mir. Vielleicht übertrage ich das auf die Figuren. Oder die Figuren auf mich. Das lässt sich nicht so genau bestimmen.

Was würdest du sagen, welche Autor:innen dich inspiriert haben oder welche Texte

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für dich prägend waren? Das wechselt immer wieder. In den letzten Jahren habe ich einen großartigen Autor entdeckt: Adam Zagajewski. Ein polnischer Lyriker, der auch im Buch zitiert wird, weil Kato ihn liest. In seinen Gedichten gibt es oft ein lyrisches Ich, das durch die Gegend flaniert; alles, was es sieht und bemerkt, denkt und erinnert, fließt in das Gedicht ein. Das hat eine Beiläufigkeit, die unglaublich schön ist. Ebenfalls eine große Entdeckung ist der Schweizer Autor Gerhard Meyer. Er hat Romane geschrieben, in denen fast gar nichts passiert, das mag ich sehr: wenn Menschen einfach nur denken und erinnern und schauen und gar nicht so viel Wert gelegt wird auf eine Entwicklung des Plots oder irgendwelche komplizierten Zusammenhänge, sondern die Schönheit der Geschichte in der Sprache liegt. Geprägt haben mich auch die Philosophinnen Simone Weil oder María Zambrano. Ihre Bücher sind bildhaft, suchende Bewegungen in der Sprache.

Ich glaube, eine Art Aufmerksamkeit und eine Liebe zu den kleinen Dingen findet sich auch in meinen Büchern. Es fängt bei Gegenständen an: Ich finde, dass jede Form und jede Oberfläche etwas erzählt und sie Aussagen und Wirkungen besitzen.

schreibt: “Sie wachte auf und war traurig”, gebe ich den Ratschlag: Sag uns nicht, wie sich die Person fühlt, sondern lass es die Leser:innen selbst herausfinden. Gebt ihnen genug Hinweise an die Hand, damit sie die Figur selbst deuten können.

Gibt es einen Ratschlag, den du anderen schreibenden Menschen mit auf den Weg geben möchtest? In einer Rede von dir haben wir gelesen, dass man seiner eigenen Stimme vertrauen sollte – wie schafft man das?

Ich bin immer noch auf dem Weg. In den Rückzug gehen, geschieht auch in dem Wunsch, die eigene Stimme zu hören und ihr mehr zu vertrauen. Es gibt natürlich viele Momente, in denen ich denke: Das taugt nicht, oder: Das ist nicht richtig so. Und wenn mich jemand kritisiert, kann mich das nur treffen, wenn es etwas berührt, das ich als Unsicherheit in mir selbst trage. Ich glaube, es ist ein lebenslanger Prozess, Frieden zu schließen mit seinen Unvollkommenheiten. Die hat ja jeder irgendwie. Ich gebe gerade eine Schreibwerkstatt in Freiburg für Jugendliche und mir ist bewusst, dass Ratschläge immer nur die eigene Position zeigen und die bleibt subjektiv. Was für mich taugt, muss für einen anderen nicht hilfreich sein. Aber worauf ich großen Wert lege, ist z.B. dass wir unsere Wahrnehmungsfähigkeit schulen und unseren Sinnen trauen. Man tendiert meistens dazu, ausschließlich im Kopf stattzufinden und Dinge analytisch-rational zu betrachten. Das ist eine wichtige Kraft, aber es gibt auch unsere Sinne und je mehr wir wahrnehmen, desto besser können wir Entscheidungen treffen. Ist es nicht spannender, Figuren von Innen heraus zu erzählen, statt sie von Außen zu beschreiben? Gerade am Anfang tendiert man dazu, Dinge direkt zu benennen, zu interpretieren. Wenn jemand

Du bezeichnest dich bei Instagram als “Fan der kleinen Dinge” – was ist damit gemeint? Ich glaube, eine Art Aufmerksamkeit und eine Liebe zu den kleinen Dingen findet sich auch in meinen Büchern. Es fängt bei Gegenständen an: Jede Form und jede Oberfläche erzählt etwas, hat eine Aussage und Wirkung. Kleine Dinge gibt es aber auch am Wegesrand, man entdeckt sie zum Beispiel beim Spazierengehen. Der gefrorene Fluss, ein Blatt, das halb in den Acker eingesaugt ist, Tiere, die nochmal eine ganz andere Gegenwärtigkeit haben als Menschen. Kleine Dinge sind aber auch Beobachtungen, wenn ich in der Bahn sitze, Gesten, Unterhaltungen, der Blick eines Menschen im Vorübergehen. Von Hermann Lenz gibt es einen tollen Satz, den ich an den Anfang meines Romans „So tun, als ob es regnet“ gesetzt habe: „Du musst dich umschauen, sieh um dich; was du bemerkst, das gehört dir.“ Es sind die ganz kleinen Wahrnehmungen, denen ich eine gewisse Aufmerksamkeit und Wertschätzung gegenüber bringe. Die Erfahrung der letzten Jahre, der Weg, auf dem ich mich befinde, zeigt mir, dass die Dinge, die mich berühren, eigentlich immer kleiner werden. Ich warte nicht mehr so sehr auf große Ereignisse, wie ich es früher gemacht habe.

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Hast du eine Vorstellung von deiner TraumBuchhandlung?

In “Die Unschärfe der Welt” gibt es Bene, den Buchhändler. Es hat mir viel Freude gemacht, ausgewählte Buchhändler:innen zu besuchen und nach ihren Erfahrungen zu fragen. Da habe ich mir in meinem Kopf schon meine Traum-Buchhandlung gebaut. Essen und Trinken gehört unbedingt dazu!

Ich habe eine

Lieblingsbuchhandlung in Freiburg, die “Buchhandlung Schwarz”; ein Ort, in den man möglicherweise betritt, um ein bestimmtes Buch zu kaufen und mit zwei weiteren rausgeht. Der Buchhändler kennt mich und weiß, was er mir empfehlen kann. Es ist ein Ort des Austauschs, in dem mich jemand auf Sachen hinweist, die ich noch nicht auf dem Schirm hatte. Die schönsten Buch-Entdeckungen sind Empfehlungen von anderen Menschen. Wenn ich nur nach Rezensionen gehe, werde ich manchmal enttäuscht. Ein guter Buchhändler kennt die Lesebiografie seiner Kund:innen und weiß eher, was vielleicht etwas für einen wäre. Und bei Michael gibt es manchmal auch etwas Süßes oder, wenn die Welt in Schieflage ist, bietet er mir einen Schnaps an – das finde ich großartig. Buchhändler:innen sind oft besondere Menschen, weil sie zwar Bücher verkaufen – etwas Materielles, aber vor allem bringen sie Ideen und immaterielle Welten und Werte unter die Menschen. Ein guter Buchhändler, eine gute Buchhändlerin, baut eigentlich immer an der Erweiterung deiner Welt, verleitet dich dazu, deine Lesevorlieben etwas zu erweitern. Ich finde es bewundernswert, wie es Buchhändler:innen schaffen, so viel zu lesen; diese Zeit kommt ja noch auf die Arbeitszeit oben drauf. Es gibt so viele Bücher und so viele dringen vielleicht gar nicht zu uns durch, obwohl es vielleicht genau “unsere” Bücher wären.

Gibt es ein Thema, über das zu viel gesprochen wird? Und eins, worüber mehr gesprochen werden sollte?

In Bezug auf Literatur finde ich, dass es in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur so unterschiedliche Stimmen gibt, dass eine Menge abgedeckt wird. Das ist großartig. Ich

kenne nur den Vergleich zu Rumänien, aber das deutsche Publikum ist interessiert an so vielen Themen, anderen Ländern und Zeiten. Da würde ich gar nicht sagen, dass ein Thema überpräsent ist. Man hat ja immer die Wahl. Man kann in der Zeit zurückgehen, 10, 20, 30, 100 Jahre. Das ist ja das Tolle: Bücher haben, wenn sie lieferbar sind oder antiquarisch zu finden, ein unendliches Haltbarkeitsdatum. Im Leben habe ich manchmal das Gefühl, dass jede:r zu viel über sich selbst spricht. Die letzten Jahre waren anstrengend für uns alle. Pandemie, Kriege, etc. – da hat es mir gut getan, die Zeit mit Lev zu verbringen, weil er ein Hörender ist. Zuhören ist eine wichtige Qualität. Oftmals wichtiger als selbst zu sprechen.

Arbeitest du schon an etwas Neuem?

Ich habe mir vorgenommen, das Unterwegs-Sein mit den Lichtungen zu genießen. Ehrlicherweise habe ich schon eine Idee, es arbeitet in mir, aber ich dränge diese Idee zurück und sage: “Nicht jetzt!, lass mir noch ein wenig Zeit”. Ich will erst unterwegs sein, über Lev und Kato sprechen und deren Welt gut auf den Weg bringen. Wenn ich anfange an etwas Neuem zu arbeiten, beansprucht die zu erzählende Welt so viel Zeit. Dann kommt alles andere zu kurz, muss mit dem neuen Stoff konkurrieren. Wenn ich schreibe, dann hat es höchste Priorität und alles andere gerät in den Hintergrund und das will ich erstmal vermeiden.

Kannst du gut lesen, wenn du gerade an etwas schreibst?

Ich lese Ausgewähltes und Entlegenes, damit ich nicht in eine Vergleichsfalle tappe. Manchmal muss ich mich vor bestimmter Literatur auch hüten, vor Literatur, die mir sehr gut gefällt, weil ich dann dazu neige, das zu imitieren. Etwa W. G. Sebald, Leute, die eine ganz eigene Sprachmelodie haben. Deswegen ist es immer gut, bestimmte Sachen, die man zu sehr mag, also seine ganz großen Held:innen, in Zeiten intensiver Schreibarbeit besser nicht zu lesen. Ich schreibe aber keine Lyrik, deswegen lese ich in jener Zeit Gedichte. Anja Kampmann habe ich wieder entdeckt oder Eva Strittmatter. Mit einem Gedichtband kann man ewig Zeit verbringen. Bei T. S. Elliot habe den wunderbaren Terminus “Sprachgestimmtheit” gefunden. Um schreiben zu können, benötige ich (neben einer Idee und meinen Themen und Figuren) eine grundsätzliche Lust an der Arbeit mit Sprache. Lyrik ist perfekt – in ihrer Dichte, Bildlichkeit, in ihrer Reduktion – um in jene Sprachgestimmtheit hineinzukommen; jenes Kribbeln, wenn einen etwas berührt, und man sofort Lust hat, sich hinzusetzen und zu schreiben.

Interview: Elsa Stappenbeck, Franziska Schwarz

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"Aus jedem Land, durch das Kato mit Tom gefahren war, hatte sie ihm Postkarten geschrieben, ihre schräge Schrift füllte die Rückseiten aus; wenn sie unten angelangt war, schrieb sie an den Rändern weiter, so dass er die Karten im Uhrzeigersinn drehte, einmal, zweimal, bis er bei ihrer Unterschrift ankam.

Manchmal erreichten ihn Karten ohne Text: Straßenschluchten, Brunnenfiguren, Blumen, Bäume, immer wieder Porträt-Studien. Vor vier Wochen dann die Karte mit dem Satz: »Wann kommst du?«"

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Iris Wolff: Lichtungen, Klett-Cotta Verlag, 256 Seiten, 24 €

Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg

K. lebt in Kiew, D. in St. Petersburg. Zunächst, denn K. flieht mit ihren Kindern vor der erneuten russischen Invasion nach Dänemark. Und auch D. wird nach Lettland und Frankreich ziehen, Hauptsache, er lebt nicht mehr in dem Land, das diesen Krieg führt. Ihre Tagebucheinträge, die Nora Krug auf 52 Doppelseiten und in vier Jahreszeitenkapiteln einander gegenüberstellt, erzählen von diesen Umbrüchen, davon wie sie ihre Partner:innen, Familie und Freunde vermissen, wie sie mit dem Verlust ihrer beider Länder umgehen, wie sie als Journalistin und Künstler weiterarbeiten. Aber auch von alltäglichen Details, den Computerspielen, die sich die Kinder wünschen, dem Wetter oder dem Bellen des Hundes. Krug ergänzt diese beiden Perspektiven durch ihre Illustrationen, die Details der Schilderungen aufgreifen, ohne ihnen – so mein Eindruck – eine Interpretation aufzudrücken. Vielmehr schaffen sie für mich einen Raum, in denen das Gelesene wirken kann. Und auch das Format hat einen solchen Effekt auf mein Lesen. Mit den Maßen eines Bilderbuchs konnte ich während des Lesen nicht frühstücken und wollte es auch nicht in die Bahn mitnehmen. Deshalb habe ich mich für jedes der Kapitel ablenkungsfrei aufs Sofa gesetzt, um mit Zeit zu blättern, zwischendurch pausieren und nachdenken zu können. Nora Krug gibt den Tagebucheinträgen eine künstlerische Form, die eine „andere“ Auseinandersetzung mit dem Kriegsgeschehen ermöglicht, eine die vielleicht besser „durchzuhalten“ ist, als dies auf 120 Zeitungsseiten möglich wäre – eine Art Zeitdokument der nach wie vor aktuellen Geschehnisse und eines, das sich auch (aber nicht nur) für junge Leser:innen eignet.

Nora Krug: Im Krieg. Penguin Random House, 128 Seiten, 28 €

Geschichte über Wut und Obsession

Franzis

T i pp

TW: psychische und phsyische Gewalt, Alkoholsucht, Femizid. Philipp und Faina sind seit der Grundschule befreundet. Beide hatten es nicht einfach, Philipp nicht, wegen seiner alkoholkranken Mutter und Faina nicht, weil sie als jüdisch-ukrainische Immigrantin eine Außenseiterin war. Philipp nähert sich ihr an, bringt ihr "richtiges" Deutsch bei und beide scheinen sich Halt zu geben. Doch es wird immer deutlicher, dass Philipp Faina zu "seiner" Faina machen will, denn immerhin ist er ihr einziger und bester Freund. Die Freundschaft geht jedoch in die Brüche und erst Jahre später steht Faina plötzlich schwanger und verschuldet vor seiner Haustür. Philipp biete seine Hilfe an, doch schnell rutscht das Verhältnis der beiden wieder in eine toxische Abhängigkeit. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Philipp und Faina erzählt, wobei ich die Seite von Philipp kaum ertragen konnte. Lux erschafft zwei sehr komplexe und vielschichtige Figuren, die sich in einem schleichenden Prozess entwickeln und beeinflussen. Es ist ein unbequemes und sehr aufwühlendes Leseerlebnis gewesen. Eines, an das ich noch lange denken werde.

Judiths t i pp

Lust auf absurden Humor gepaart mit tiefem Mitgefühl?

"Nach der Party” von Anthony Veasna So ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die das Leben kambodschanischamerikanischer Charaktere in Stockton, Kalifornien, beleuchten. Die Geschichten erforschen Themen der Identität, des Erbes und der Gemeinschaft. So wird uns Stockton als Stadt vorgestellt, die weder ganz zu Amerika noch zu Asien gehört, ein Ort der Heimsuchungen und Wiedergeburten. Besonders gut gefällt mir, wie sich die Charaktere stets Wege der Erneuerung suchen. Neue Wege im Umgang mit Körper, Identität, Freundschaft und Familie, um ihrer Vergangenheit zu entkommen. Bleibenden Eindruck hinterließ bei mir zum Beispiel die Kurzgeschichte “Die drei Frauen von Chuck’s Donuts”: Berührende Zeilen, die das Leben von Kayley und Tevy zeigen, zwei Schwestern, die in der DonutBäckerei ihrer Mutter arbeiten und mit den Schatten ihrer Familiengeschichte konfrontiert sind. "Nach der Party" ist ein eindrucksvolles Werk, das die Leser:innen dazu einlädt, die vielschichtigen Erfahrungen einer oft übersehenen Gemeinschaft zu erkunden.

Anthony Veasna So: Nach der Party. Luchterhand Verlag, 288 Seiten, 20 €

Lana Lux: Geordnete Verhältnisse. Hanser Verlag, 288 Seiten, 23 €
T i p p
Maries

"ruh" startet als eine Art Momentaufnahme. Cemal ist Ende 30 und unterrichtet Deutsch an einer Grundschule. Die Liebe zu seiner Tochter Ekin, seinem Löwenkind, ist groß. Und dann ist da noch Georg, mit dem Cemal Sonntage verbringt, die fast schon zu schön scheinen. Das erste Mal, seitdem Cemal und Gül sich getrennt haben, fühlt er sich einer Person so nah. Doch noch bevor diese zarte, wohltuende Liebe so richtig aufblühen kann, verweigert sich Cemal der wachsenden Intimität. Sein Alltag verdunkelt sich zunehmend, auch durch die Schwierigkeiten seines Jobs und den täglichen Rassismus, den er erfährt und den auch Ekin erfährt. Cemal ärgert sich, er ist traurig, er schläft nicht mehr. Und wenn er schläft, dann träumt er. Er träumt von seiner Urgroßmutter, er träumt ihre Träume und ihr Leben und so wird die Momentaufnahme immer mehr zu einem Panorama, das Cemals Familiengeschichte und sein eigenes Leben erzählt, von der Kindheit in der Türkei, von der Kindheit in Deutschland, von seinen Schwestern, der Liebe zu Gül, ihrer Ehe und deren Ende. Vom Verlassen und Verlassenwerden, von anstrengender Sehnsucht, großer Distanz und gleichzeitiger starker Verbundenheit. Als roter Faden dient Cemals Schweigen, das bis zu Georg reicht und gar nicht so leicht zu verlernen sein scheint. Ein Generationenroman auf nicht mal 300 Seiten, leichtfüßig und eindringlich erzählt und mit eigenem Soundtrack, der hinten im Buch gelistet wird.

Şehnaz Dost: Ruh. Ecco Verlag, 272 Seiten, 24 €

t i p p

Ein schwindelerregendes Kammerspiel

Estela spült Geschirr, füllt den Kühlschrank und kratzt den Schimmel vom Badewannenrand. Sie bügelt die Blusen der Señora und die Hemden des Señors. Sie kümmert sich um „das Mädchen des Hauses“. Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán, aus dem chilenischen Spanisch übersetzt von Bejamin Loy ist ein Roman von reduziertem Personal und reduziertem Radius. Die dreiköpfige Familie, aber auch Estela, ihre Angestellte, das heißt alle vier Figuren wirken, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß unsympathisch und gefangen, in diesem Haus und seinem Schein, den es um jeden Preis aufrecht zu halten gilt. Und Estela lebt für diese Familie – ein vorläufiges Leben, ein provisorisches Leben, auf dessen Ende sie wartet, um dann ihr Leben zu leben, um wieder in den Süden von Chile und zu ihrer Mutter zurückzukehren, die selbst ihr Leben lang für eine andere Familie gearbeitet hat. Sie wartet vergeblich. Mit Ausnahmen des regelmäßigen Gangs zum Supermarkt, verlässt Estela dieses Haus nicht. Erst, als sich eine Katastrophe zuträgt, wegen der Estela nun in Haft sitzt. Und ihre Geschichte zu erzählen beginnt. Sie erzählt sie einem „ihr“, also uns, den Leser:innen, die „versteckt“ hinter einer verspiegelten Scheibe auf die Angeklagte und ihre Geschichte blicken können. Eine Erzählsituation von bloß vermeintlicher Distanz: Estela thematisiert und durchbricht die „vierte Wand“, hinter der ich es mir lesend bequem machen wollte, zieht mich in das Verhör und ihren Bann.

Alia Trabucco Zerán: Mein Name ist Estela. Hanser Verlag, 240 Seiten, 24 €

Das wahre Gesicht einer Kleinstadt

Els a s Tipp

Ann Petry, geboren 1908 in Old Saybrook, Connecticut, USA, war Journalistin, Pharmazeutin, Lehrerin und Gemeindeaktivistin. Ihre drei Romane, zahlreichen Kurzgeschichten, journalistischen Texte und Kinderbücher beschäftigen sich mit der Frage, was es bedeutet, Afroamerikaner:in zu sein, sowie mit Rassismus in all seinen Facetten. "The Street" war der erste Roman einer afroamerikanischen Frau, der sich über 1,5 Millionen Mal verkaufte. Mit „Country Place“ ist nun eines ihrer Bücher in deutscher Sprache im Taschenbuch erschienen - und dieses hat es in sich. Erzählt wird die Geschichte rund um Johnnie, der nach vier Jahren Abwesenheit, aus dem Zweiten Weltkrieg in seine kleine Heimatstadt zu seiner Ehefrau Gloria zurückkehrt und dort nicht das Idyll vorfindet, nachdem er sich gesehnt hatte. Hier ist nichts, wie es scheint. Das Städtchen Lennox ist klatschsüchtig, böswillig, dünkelhaft und gegen alles Fremde. Überall wird gelästert und Intrigen werden gesponnen - gegen die Langeweile. Ein Gesellschaftspanorama, dass die kleinen Alltagsdramen im Leben der Figuren erzählt, Fassaden bröckeln und das wahre Gesicht der Kleinstadt zum Vorschein kommen lässt. Rassismus, Antisemitismus, ethnische Intoleranz und Verlogenheit der provinziellen Nachkriegsgesellschaft werden enthüllt. Eine sehr gut zugängliche, erschreckende Lektüre, entlarvend und bereichernd, die ein wichtiges Zeugnis der damaligen Verhältnisse in Connecticut ablegt.

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T i p p Eine Seelenwanderung
Maries
Ann Petry: Country Place. Nagel & Kimche, 336 Seiten, 14 €
Maries

1970 gründete Benno Käsmayr den Augsburger MaroVerlag. Seitdem erscheinen dort literarische Stimmen abseits des Mainstreams. Prosa und Lyrik reichen sich bei Maro die Hand – neben Romanen bilden Kurzgeschichten- und Gedichtbände den verlegerischen Schwerpunkt. Berühmte Namen wie Charles Bukowski und Jack Kerouac hat der mittlerweile auch in Berlin ansässige Verlag im Programm – und viele Entdeckungen, zum Beispiel Bücher von Susanne Neuffer, Verónica Gerber Bicecci und Pia Klemp. Wir sind große Fans des MaroVerlags und durften Sarah Käsmayr, die seit einigen Jahren für das Verlagsprogramm zuständig ist, ein paar Fragen stellen. Im Interview erzählt sie vom Büchermachen – in Augsburg, Berlin und im ICE.

Aus wem besteht euer Verlags-Team und wie sind die Zuständigkeiten aufgeteilt?

Das Kernteam besteht aus meinem Vater Benno Käsmayr und mir. Benno ist Geschäftsführer und kümmert sich um alle Belange des Vertriebs und die Herstellung. Da wir selbst ausliefern, geht jede Büchersendung und jedes Päckchen über seinen Schreibtisch. Ein Buchbinder und eine Lektorin unterstützen uns nebenberuflich in der Buchwerkstatt in Augsburg, denn einige Arbeitsschritte, manchmal auch eine kleine Nachauflage, fertigen wir selbst an.

Maro war 36 Jahre auch eine Druckerei und einen Teil der Maschinen haben wir noch. Ich mache das Programm und Lektorat und kümmere mich um Presse und Veranstaltungen, deswegen bin ich auch viel unterwegs. Einige Bücher entstehen in Kooperation mit freien Mitarbeiter:innen. Lukas Dubro brachte die »Kapsel« zu Maro – ein Magazin zu chinesischer Science-Fiction, zu dem sich noch weitere Veröffentlichungen rund um »Zukunftsaussichten« gesellen. Und mit Kolja Burmester gebe ich gemeinsam die Reihe »MaroHefte« heraus. Wir kennen uns schon seit dem Studium an der Hochschule für Künste in Bremen. Pro Jahr erscheinen in der Regel vier Ausgaben – wir arbeiten also intensiv zusammen.

Wie kam es zur Entstehung der MaroHefte? Die Reihe knüpft an die »Tollen Hefte« an, eine Erfindung des leider bereits verstorbenen Buchliebhabers Armin Abmeier. Er war lange Verlagsvertreter für Maro und hatte in der 1990er Jahren die Idee, Lieblingstexte illustrieren zu lassen und in schöner Aufmachung zu veröffentlichen. Die ersten 15 Ausgaben der »Tollen Hefte« erschienen bei Maro, Nummer 16 bis 50 dann in der Büchergilde Gutenberg; dort wurde die Reihe 2018 eingestellt. Visuell knüpfen die »MaroHefte« an die »Tollen Hefte« an: Sie werden ebenfalls in Sonderfarben gedruckt, fadengeheftet und mit einem Schutzumschlag versehen. Außerdem liegen meistens Plakate bei. Inhaltlich ist das Konzept der 2020 von Kolja und mir ins Leben gerufenen Reihe aber

Verlagsvorstellung
© Christian Jooß-Bernau Benno und Sarah Käsmayr

neu: In den »MaroHeften« treffen Essays auf Illustrationen – zu Politischem, Feministischem und Tabubehaftetem. Die bislang erfolgreichste Ausgabe ist »Das Jungfernhäutchen gibt es nicht« von Oliwia Hälterlein und Aisha Franz. Im März 2024 erschienen bereits die Nummer 13 und 14, u.a. »Die Blutfabrik«, ein investigatives Heft, in dem Mira Landwehr beschreibt, in welchen Produkten Blut drinsteckt – und warum. Die Bilder dazu sind von der Künstlerin Jill Senft. Wichtig ist für uns immer das Zusammenspiel von Bild und Text und die Gestaltung insgesamt. Die Publikationen sind jedes Mal eine Überraschung – visuell und inhaltlich – auch für uns. Es freut uns sehr, dass das Konzept auch im Buchhandel gut ankommt.

Auf welche Neuerscheinung aus dem Programm freut ihr euch in diesem Jahr am meisten?

Auf alle! Da wir nur ca. acht Bücher im Jahr machen, ist für uns jede Neuerscheinung wichtig. Ich freue mich besonders, dass wir dieses Jahr zum ersten Mal Romane aus dem Niederländischen und dem Französischen im Programm haben. »Die Concierge ist auf See« von Magali Desclozeaux (Ü: Merle Struve) ist ein urkomischer Briefroman, der sozusagen nebenbei unser absurdes Finanzsystem aufs Korn nimmt. Und »Birkenschwester« von Caro Van Thuyne (Ü: Lisa Mensing) ist ein poetisch-literarischer Prozess der Trauerverarbeitung, der mich sehr berührt, besonders weil trotz seiner Sprachkunst verbale Kommunikation kritisiert wird – und die Kraft des körperlichen Erlebens wunderbar beschrieben ist.

bleiben: Wenn Verlage, die Nischen wie Lyrik etc. bedienen, für ihr kulturelles Engagement finanziell unterstützt werden – so wie Theater, Orchester etcetera auch. Dazu kommt, dass nicht nur Verlage, sondern alle am Buch beteiligten Menschen oft schlecht bezahlt werden. Um darüber aufzuklären, haben wir mit der Stiftung das Plakat »Wer bekommt was vom Buch« erstellt. Es zeigt, wie sich ein Buchpreis zusammensetzt und warum in den meisten Fällen niemand genug Geld damit verdienen kann.

Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag im MaroVerlag vorstellen?

Den gibt es – glücklicherweise – nicht. Die Aufgaben sind einfach so unterschiedlich. Bestimmte Tätigkeiten stehen dennoch täglich an. In Augsburg ist es all das, was zum Vertrieb gehört, für mich ist es heute Lektorat, morgen Buchsatz und übermorgen ein Pressetext, dazwischen viele E-Mails und Telefonate. In Berlin habe ich eine kleine MaroDependance. Ich bin also viel im ICE, zum Beispiel auch, um in einer Buchhandlung Maro vorzustellen oder bei einer Lesung unserer Titel dabei zu sein.

Wie schwierig ist es, sich als kleiner Verlag innerhalb des riesigen Literaturbetriebs zu halten?

Sehr schwierig! Wir hatten das große Glück, inzwischen vier Mal mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet worden zu sein. Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, wo wir ohne diese finanzielle Unterstützung mit dem Verlag heute wären. Denn es ist kaum möglich, über den Verkauf von Büchern all die Kosten einzuspielen, die bei der Entstehung und für die Herstellung anfallen. Ich bin im Vorstand der Kurt Wolff Stiftung, die sich für eine vielfältige Verlags- und Literaturszene einsetzt, und arbeite mit meinen Kolleg:innen daran, die Politik dazu zu bringen, eine strukturelle Verlagsförderung zu etablieren. Denn nur so kann die Bibliodiversität erhalten

Wenn es den MaroVerlag nicht gäbe, welchen Berufsweg hättest du eingeschlagen?

Ich bin Graphikdesignerin. Mein Geld verdiene ich auch damit, für andere Verlage Bücher zu gestalten, für Mikrotext oder den Verbrecher-Verlag zum Beispiel. Würde ich nicht auch meine eigenen Titel verlegen, wäre Design für andere Verlage höchstwahrscheinlich mein alleiniger Broterwerb. Ansonsten fände ich es phantastisch, Schneiderin, Bäckerin oder Gärtnerin zu sein.

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MaroHeft #12 © Julia Sabsch

Gorgonen sind die Schwestern der Medusa und werden in der griechischen Mythologie als drei geflügelte Schreckensgestalten genannt, die jeden, der sie anblickt zu Stein erstarren lassen. Die Hauptfigur in Pia Klemps "Die Schrecklichen" wird von ihren Freund:innen scherzhaft Gorgo genannt und trägt viel Wut und Selbstzweifel in sich. Sie ist eine Schriftstellerin, die selbst im Club bei wummernden Bässen, das politische, soziale und wirtschaftliche System kritisiert. Zusammen mit ihren Freundinnen betreibt sie ein inoffizielles Frauenhaus, streitet sich über alte und neue Rollenbilder, über Massentierhaltung und Fleischverzehr und debattiert über den Niedergang des Patriarchats. Sie ist provozierend und aggressiv und schert sich herzlich wenig darum, was über sie gedacht wird. Pia Klemp zeichnet in ihrem Roman ein Poträt einer starken und gleichzeitig orientierungslosen Frau, deren Unsicherheit und Unausgeglichenheit auf jeder weiteren Seite immer deutlicher zu Tage kommt. Unbequem, anstrengend und voller Zweifel schreibt Pia Klemp einen authentischen Ausschnitt einer Frau, die weiß wofür sie kämpft und sich dabei eindrucksvoll und unerbittlich für einen drastischen Wandel einsetzt.

Pia Klemp: Die Schrecklichen. MaroVerlag, 208 Seiten, 22 €

Verónica kehrt nach der Trennung von Tordo in die Wohnung ihrer Mutter zurück. Diese ist vor Jahren verschwunden, hat alles zurückgelassen und ist während der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) ins Exil geflüchtet. Wie viele andere Menschen zu dieser Zeit ist sie wahrscheinlich nach Mexiko gegangen. Was sie zurückgelassen hat? Vor allem Leere. Es ist ein Loch entstanden, dessen fehlender Teil sich an einem unbekannten Ort befindet. Verónica unternimmt den Versuch, den Verlust, ihre zwischenmenschlichen Beziehungen und Verhältnisse sowie erlebte Situation geometrisch anhand von Zeichnungen und Diagrammen darzustellen, um sich ihre Welt zu erschließen, sich neu zu sortieren und strukturieren und Erklärungen dafür zu finden, was geschehen ist. Sie erkundet die Einsamkeit und Ungewissheit. Eine hoch ungewöhnliche Herangehensweise - schließlich versucht die Protagonistin, Verlust anhand der Relativitätstheorie und Mengenlehre zu erklären - von der ich zuvor niemals erwartet hättet, dass sie so berühren kann. Empfohlen von der 59. Litprom-Bestenliste »Weltempfänger«, auf der Empfehlungsliste »Bayerns beste Independent Bücher 2023«, Shortlist des Internationaler Literaturpreis 2023, ausgezeichnet mit dem Preis der Hotlist 2023.

Verónica Gerber Bicecci: Leere Menge. MaroVerlag, 224 Seiten, 24 €

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Elsas t i p p Franzis T i pp

Ein fesselndes Gedankenspiel

"Die Vorhersage" von Nikki Erlick ist ein fesselnder Roman, der mit einer interessanten Sci-Fi Idee beginnt und sich dann zu einem tiefgründigen Gesellschaftsroman entwickelt. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und ihre einzigartigen Persönlichkeiten machen sie greifbar und authentisch. Ich konnte mich mit einigen von ihnen identifizieren und ihre Entscheidungen nachvollziehen. Die Autorin versteht es, Spannung aufzubauen und unvorhersehbare Wendungen einzubauen, die mich zum Weiterlesen anregten. Ihr Schreibstil ist einfach und angenehm zu lesen. Obwohl ich mir durch den Klappentext und den Anfang der Geschichte etwas anderes vorgestellt hatte, war ich dennoch positiv überrascht von der Entwicklung der Handlung. Der Wechsel vom "Übernatürlichen" zu Konflikten in einer Klassengesellschaft mag zwar flach erscheinen, aber insgesamt ist die Geschichte gut abgerundet. Insgesamt kann ich "Die Vorhersage" empfehlen, wenn man Lust auf eine einfache Leselektüre hat.

Nikki Erlick: Die Vorhersage, Heyne Verlag, 480 Seiten, 22 €

Oh, Odile! In welche Richtung soll es gehen?

Janinas T i pp

Berge, Tal, See und Steppe, eine Einheit. Berge, Tal, See, Steppe, Berge, Tal, See… - Eine Geografie, die sich immer wiederholt, kompakt sind die vier Bestandteile ein Abschnitt von 20 Jahren. Das Tal auf der einen Seite ist 20 Jahre in der Vergangenheit, das Tal auf der anderen 20 Jahre in der Zukunft. Zwischen den Tälern eine nur mit Genehmigung überwindbare, schwerbewachte Grenze. Die Wiederholung der Geografie scheint die Möglichkeit der Veränderung ihrer Bewohner_innen auszuschließen. So scheint sich auch die 16 jährige Odile in ihren Lebensweg einzufügen, ohne große Gegenwehr. Selbst als sie vom bevorstehenden Verlust ihrer erst erblühenden Jugendliebe erfährt, begehrt sie nicht gegen den Lauf der Dinge auf. Beim Begleiten der Protagonistin durch die verschiedenen Täler und Zeiten, bin ich mir nicht sicher, ob sie bestimmte Entscheidungen aus Trauer und Selbstbestrafung trifft oder ob ihre Passivität Selbstschutz ist. Ich weiß nicht, ob ich die Protagonistin des Buches mögen möchte oder ihr sagen, dass sie sich diesem immerwährenden Kreislauf widersetzen kann und soll. Und doch sprechen mich in Odiles Verhalten spürbare Querverweise auf andere philosophische Konzepte, wie zum Beispiel die beobachtende Ruhe, die sich in der Herstellung eines Holzschnittes finden lässt, jene mich auch an japanische Poesie erinnert, immer wieder an. Und so erwische ich mich lange nach Lesen dieses wunderbaren Debüts, wie ich über den Umgang mit Trauer, das Konzept Zeitreisen und die Möglichkeit einer selbstbestimmten Gestaltung unseres Lebensweges nachdenke. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Buch von Alexander Scott Howard.

Eine Neubeschreibung der Geschichte des weiblichen Körpers Jans t i p p

Warum menstruieren Frauen? Warum leben sie länger? Warum erkranken sie eher an Alzheimer als Männer? - Die Wissenschaft hat sich so viele Jahre fast ausschließlich auf männliche Körper konzentriert und den weiblichen außen vorgelassen. So viele Fragen sind noch ungeklärt und offen. Erst in den letzten 15 Jahren hat sich dazu einiges in der Forschung verändert. Das erste Buch der Autorin, Journalistin und Forscherin Cat Bahannon, die mit diesem Werk eine Neubeschreibung der Geschichte des weiblichen Körpers wagt. Sie erklärt, wie sich der weibliche Körper in den letzten 200 Millionen Jahren entwickelt hat, wie er funktioniert und was es bedeutet, biologisch eine Frau zu sein. Eines sei verraten: wir sehen die Entwicklung des Homo sapiens nach der Lektüre nochmal in einem ganz anderen Licht und finden ganz neue Erklärungen dafür, warum der Mensch eine so dominante und erfolgreiche Spezies werden konnte. Lasst euch von dem Umfang dieses Buches nicht abschrecken, die Lektüre lohnt sich. Ein wahnsinnig gut recherchierte Neuerscheinung, die lebendig und spannend geschrieben ist und einen neuen Blick auf den weiblichen Körper schafft!

Cat Bohannon: Eva. C. Bertelsmann Verlag, 800 Seiten, 30 €

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Scott Alexander Howard: Das andere Tal. Diogenes, 464 Seiten, 25 €
Erikas T i p p

Gegen das Vergessen

Ronya Othmanns „Vierundsiebzig“ bezeugt das Sprechen und Schweigen der Überlebenden des Genozids – des 74. Ferman – an den Êzîd:innen in Shingal 2014, verübt von Kämpfern des sogenannten Islamischen Staats (IS). Sie findet eine Form, wo sie selbst keine Sprache findet, und vernäht ihre Notizen, Reiseberichte und familiären Bezüge, ihre journalistischen Arbeiten und Recherchen und Gedanken mit Prozessberichten und Abkommen und Dokumentationen, mit Reportagen und Zeugnissen und Erzählungen, mit Nachrichten und Beschreibungen und Aufzählungen, mit Leerstellen und Wiederholungen und –

„Vierundsiebzig“ ist ein dokumentarischer Roman, Ronya Othmann als Journalistin, Autorin, Verwandte ist seine Protagonistin. Und sie führt uns von Leipzig nach Erbil nach Shingal. Sie ist die Betrachterin der Videoaufzeichnungen, die uns erspart bleiben, Protokollantin der Gerichtsprozesse, die wir nicht besucht haben. Sie beschreibt den ockerfarbenen Boden, der zu häufig blutgetränkt oder verbrannt oder aufgewühlt ist und die heiße Luft, die ihr ein Zuhause bedeutet. Sie wälzt die Bücher in den Bibliotheken, die aus zweiter Hand über êzîdisches Leben erzählen, aber auch die, deren Titel „Terror“, „IS“ und „Genozid“ beinhalten. Sie führt die Interviews mit der êzîdischen Politikerin und mit der êzîdischen Kämpferin und erinnert sich, der Vater erinnert sich, die Nachbar:innen erinnern sich.

Dokumentarisch ist er, weil das, was er bezeugt, nicht ausgedacht wurde. Weil der Genozid verübt wurde und wird. Weil die Reise unternommen wurde. Weil die Videos und Akten echt sind, die Überlebenden und die Getöteten wahrhaftig. Weil sich Ronya Othmann die Sprache der Gerichte und der Reportage leiht, die Zahlen und die juristischen Begriffe.

Ein Roman bleibt "Vierundsiebzig", weil die Fiktion in der Montage liegt. Von Zitat, Dokument und Erinnerung. Dabei seziert die Autorin ihr Schreiben - das Schreiben über die Grausamkeit im Besonderen. Sie übt sich gnadenlos in der (Selbst)Betrachtung und korrigiert sich, wo ihre Aufzeichnungen sie in die Irre führen. Sie präzisiert, wo sie montiert, setzt immer wieder neu an, ordnet neu, holt wieder hervor, endet irgendwo, wo es eigentlich kein Ende gibt, schreibt gegen ihre Sprachlosigkeit und unser Vergessen an.

Ronya Othmann: Vierundsiebzig. Rowohlt Verlag, 512 Seiten, 26 €

»Der aufregendste Schriftsteller Amerikas!«

ISBN 978-3-455-01706-9, 480 Seiten, € 25,– [D] Auch als E-Book erhältlich. HOFFMANN UND

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Lauras T i p p
CAMPE
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auf diese Neuerscheinungen freuen wir uns besonders:

Must-Read

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Finally a new Book from one of my favorite authors (known for Ninth House, Hell Bent, and creator of the Grishaverse series). And I know, you will not gonna be disappointed! Set during the Spanish Golden Age, The Familiar is very much grounded in a particular historical time and its attendant politics, laws etc, but feels also very timeless. It's a novel about people who want what they can't have, want too much, want the wrong things or the wrong person. The main character Luzia, has lived her whole life told to hide her mgaic an her jewish heritage. Luzia uses scraps of magic to get through her days of endless toil as a scullion. But when her scheming mistress discovers the lump of a servant cowering in the kitchen is actually hiding a talent for little miracles, she demands Luzia use those gifts to better the family's social position. What begins as simple amusement for the bored nobility takes a perilous turn when Luzia garners the notice of Antonio Pérez, the disgraced secretary to Spain's king. Still reeling from the defeat of his armada, the king is desperate for any advantage in the war against England's heretic queen—and Pérez will stop at nothing to regain the king's favor. Determined to seize this one chance to better her fortunes, Luzia plunges into a world of seers and alchemists, holy men and hucksters, where the line between magic, science, and fraud is never certain. A plot full of dark twists and spiderweb connections.

Leigh Bardugo: The Familiar. Macmillian USA, 476 Seiten, 20 €

baek sehee: i want to die but I still want to eat tteokbokki. Bloomsbury Publishing Plc, 19 €

Miranda July: All fours.

Penguin Books US, 22 €

Coco Mellors: Blue Sisters. Harper Collins Publishers UK, 304 Seiten, 22 €

REIMAGINE THIS CLASSIC THROUGH THE WORDS OF Percival Everett

A brilliant, action-packed retelling of The Adventures of Huckleberry Finn, both harrowing and ferociously funny, told from the enslaved Jim’s point of view. 978-0-385-55088-8

Franzis T i pp
MARCH 2024
Int’l PB | Knopf Doubleday Publishing Group
English Books
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unterwegs in Kreuzberg

Ende der 80er doch noch Karriere beim NDR in Kiel machen - also als allerletzte Chance eine Rassehundeschau covern und einen Radiobeitrag schneiden. Dafür fährt Susanne nach Berlin - am 1. Mai 1987. Völlig klar, dass daraus nichts wird. Die Wohnung, die sie sich organisiert hat, liegt in Kreuzberg. Alles versinkt in Chaos und Susanne wird magnetisch angezogen von der anarchischen Atmosphäre und Revolte. Berlin hui, NDR pfui. Mit diesen Erinnerungen beginnt der neue Roman „Lass uns nochmal los“ von Susanne Matthiessen. Man meint dem Buch die journalistischen Wurzeln der Autorin anzumerken, wenn es sich in eine Tradition von Romanen einreiht, die das Thema Berlin und dessen Verlockungen in der Nachwendezeit behandeln. Dabei schafft er es trotzdem, einen singulären Blick zu bieten und auch Sozialkitsch zu umschiffen. In der Gegenwart ist Susanne, nie mehr aus Kreuzberg weggekommen und gerade 60 geworden – ja! es geht um Boomerden Job verloren. Zu den anhaltenden alten Problemen, die der feministische Befreiungskampf immer noch mit sich bringt, gesellen sich also auch mal Neue dazu. Angenehm mitreißend, teilweise bemerkenswert witzig und ein bisschen kriminell!

Susanne Matthiessen: Lass uns noch mal los. Ullstein, 336 Seiten, 23,99 €

Mehr echte Gefühle und mehr Authentizität in Beziehungen

Dieses Buch schreit nach mehr echten Gefühlen und mehr Authentizität in Beziehungen "Weil da irgendwas fehlt" heißt das neue Buch von Michael Nast, das tiefgreifende Fragen unserer modernen Existenz berührt. Der Autor reflektiert in seinem siebten Werkt kritisch über das Gefühl der Verlorenheit in einem durchorganisierten Leben und die Last der Wahlmöglichkeiten. Er regt zum Nachdenken an und ermutigt, eigene Prioritäten zu setzen, um ein erfüllteres Leben zu führen. Besonders gefallen hat mir die authentische und persönliche Note des Buches, das zum Schmunzeln bringt und gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Es ist ein Buch, das inspiriert und die Augen öffnet. Es ist eine Einladung, das eigene Glück zu suchen und mehr Zeit mit Menschen statt mit Technik zu verbringen. Ein Buch, das den Finger in die Wunde legt und Mut zur Wahrheit zeigt. Ein Muss für alle, die sich nach Verständnis und persönlichem Wachstum sehnen. "Ich glaube," so Nast, "die Menschen, die länger auf dem Single-Markt unterwegs sind, haben teilweise so viele schlechte Erfahrungen gemacht, dass sie anderen Menschen kaum noch vertrauen können." Dieses Buch hilft dabei, besseren Begegnungen wieder eine Chance zu geben.

Michael Nast: Weil da irgendetwas fehlt. Piper Verlag, 288 Seiten, 18 €

Eine Entdeckungsreise Charlottes t ipp

Kaum etwas macht mich so glücklich, wie ein gut lesbares, intelligentes Sachbuch mit kurzen, knappen Kapiteln. Für geübte Sachbuchleser:innen sind diese kurzen Kapitel wie kleine süße Snacks, die man genüsslich zu sich nehmen kann, während man die dicken Wälzer, die sich auf, unter, neben dem Nachttisch türmen mit ruhigem Gewissen ignorieren kann – man liest ja immerhin trotzdem noch ein Sachbuch (*klopft sich auf die Schulter*). Und für ungeübte Sachbuchleser:innen sind diese Bücher der beste Weg, den ersten Zeh in die wilden Gewässer der Non-Fiction zu stippen. Pia Volk hatte letztes Jahr mit "Deutschlands verschwundene Orte" einen solches Buch geschrieben, welches uns kurz und knapp, aber doch unterhaltsam durch die Gesamtheit der deutschen Geschichte geführt hat. In diesem Jahr ermöglicht uns der Beck Verlag mit Karin Bojs "Mütter Europas" einen guten ersten Einblick in die aktuelle prähistorische Forschung. Sie räumt mit Vorurteilen auf – über die Geschichte und über die Gegenwart. Dem Titel zu wider schreibt sie hier aber keine Herstory – also keine Geschichte, die nur die Frauen* oder die weibliche Sphären in der Prähistorie betrachtet. Stattdessen nutzt sie neueste Erkenntnisse, um unsere Vorstellungen über vorzeitliches Leben zu korrigieren (vereinfacht: Männer = Jäger, Frauen = Sammler) und uns somit auch über Geschlechterrollen in unserer Gegenwart nachdenken lässt. Ein erhellender Perspektivwechsel!

Karin Bojs: Mütter Europas. Die letzten 43.000 Jahre. C.H. Beck, 252 Seiten, 26 €

Davids T i p p
Steffen s Tipp
Sachbücher

Der Magnetismus von Hannah Arendt

Hannah Arendt ist die Denkerin, die man sich als Zitat auf die erste Seite des Buchs druckt, wenn man besonders sophisticated und humanitär wirken will. Hier, Dings, Menschenrechte, Denken, Demokratie. Ich glaube, viele Leute kennen sie auf einer recht oberflächlichen "kluger Mensch der gute Dinge sagt"-Ebene. Aber wir wissen alle, dass das noch tiefer gehen könnte.

Lyndsey Stonebridge geht den Weg des devoten Nerds zur Philosophin. Ein bisschen ist das Buch der Bericht einer Pilgerreise, Stonebridge fährt an Orte, an denen Arendt war, nicht nur die Prominenten, sondern auch an Museen in Athen, von denen sie ein paar Briefe verfasst hat, in Bibliotheken, zu ihrer Doktorarbeit. Nebenbei bekommen wir Gelegenheit, diesem Nerd quasi im Vorbeigehen Leben und Denken von Arendt abzufragen. Das ist keine Handelsübliche Biographie. Das ist eine schlaue Frau, die mit dem Einfluss dieser gigantischen schlauen Frau in ihrem Leben ringt. Weil dieser Einfluss spürbar unausweichlich ist.

Lyndsey Stonebridge: Wir sind frei, die Welt zu verändern. C. H. Beck, 351 Seiten, 26 €

Es schmeckt mir ausgezeichnet!

„Oishii!“ - das bedeutet so viel wie „köstlich“ auf japanisch. Und ich bin mir fast sicher: So köstlich wie in Japan werde ich wahrscheinlich nie wieder irgendwo essen! Aber es ist nicht nur der Geschmack, der so begeistert: Bei den Snack- und Verkaufsautomaten angefangen, bis hin zur großen Haute Cuisine - japanisches Essen besitzt eine ganze besondere Ästhetik, die in diesem Buch eingefangen und groß gefeiert wird. Diese Neuerscheinung in englischer Sprache erkundet die visuelle Wahrnehmung der Küche des einzigartigen Landes, enthält Interviews mit weltberühmten Köch:innen, Wissenschaftler:innen, Designer:innen, beliebten Hobbyköch:innen, Patisserie-Bäcker:innen, Künstler:innen und mehr. Japanisches Essen wird unter dem Aspekt der Jahreszeiten unter die Lupe genommen, Trends wie Bento-Boxen und Cafés mit Kawaii-Charakteren werden untersucht, das Shin-Yokohama Ramen Museum wird besucht und es werden kulturspezifische Phänomene beleuchtet. Eine kaleidoskopische Untersuchung vieler Aspekte der japanischen Küche für alle Japan-Fans!

Manami Okazaki: Oishii! Japanese Food Style. Prestel Verlag, 176 Seiten, 22 €

Die Komplexität von Freundschaften und sexuellen Beziehungen neu denken

Davids

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In "FREUNDE LIEBEN" taucht Ole Liebl tief in die Geschichte der Freundschaft Plus (F+) ein und zeigt, wie sich die Einstellungen zu Freundschaft und Sexualität über die Jahrzehnte gewandelt haben. Nach der historischen Einordnung kommt Liebl zu den gesellschaftlichen Normen der Thematik: Der Autor stellt die Frage, ob Freundschaft und Sex wirklich unvereinbar sind und fordert uns heraus, unsere eigenen Vorstellungen von Intimität zu überdenken. Und schließlich beleuchtet Liebl die Rolle der Medien und wie sie unsere Ansichten über F+ und andere nicht-traditionelle Beziehungsformen beeinflussen. Ich finde, das Buch regt dazu an, über die eigenen Beziehungen nachzudenken und Mut zur Offenheit und Ehrlichkeit in Freundschaften zu haben. Ein großer Tipp für alle, die sich für die Evolution menschlicher Beziehungen interessieren und bereit sind, traditionelle Bindungen zu hinterfragen. Es ermutigt, den eigenen Weg zu finden und dabei authentisch zu bleiben.

Ole Liebl: Freunde lieben. Die Revolte in unseren engsten Beziehungen. Harper Collins, 256 Seiten, 18 €

Yanniks T i pp
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Elsas
Jubiläum im Doppelpack
Franz Kafka und James Baldwin

100 JAHRE SEIT JAMES BALDWIN

JAHRE NACH FRANZ KAFKA

Franz Kafka: Man kennt ihn. Man schätzt ihn. Für viele krasse Leute der Literaturgeschichte war er die Erweckungserfahrung, was das Schreiben an sich leisten kann. Der große Absurdist, bücherweise kann man über ihn schreiben. Das Kafkaeske ist sein eigenes Genre geworden. Literaturwissenschaftler:innen könnten wohl durch ein ganzes Studium kommen und sich nur mit ihm beschäftigen.

Für Andere wiederum ist er eine Figur aus einem Kabinett von Deutschabi-Schauerbrüdern. Trockene Texte, aufdiktierte Wertigkeit. Und natürlich gibt es noch ein Spektrum für alle zwischen diesen beiden Polen. Denn selbst, wer den Mann und seine Urteile und Prozesse und Schlösser wertzuschätzen weiß, der würde sie vermutlich nicht als Gute-Stimmungs-Lektüre an den Strand mitnehmen.

Grund dafür ist, dass wir seine Texte vermutlich entweder im Abi-Taschenbuch-Format oder im Klassikerregal der Großeltern kennengelernt haben. Zum Ankdenken an seinen 100. Todestag erscheinen nun neue Ausgaben, die sein Schaffen ein bisschen neu rahmen. Dieser neue Rahmen mag am Kern nix ändern, könnte aber doch eine Einladung sein, seine Arbeit mal wieder mit frischen Augen zu sehen. Weg mit all dem Klassiker-Status, weg mit all der Heldenverehrung. Da ist ein neues Buch vor dir, vielleicht kennst du es nicht. Lies es mit frischen Augen, stell dir vor, es wäre ein:e unbekannt:e Autor:in und lass dich noch einmal ganz neu davon verzaubern, wie gut dieser Text ohne allen Ballast der Geschichte funktioniert.

Machen wir hier doch gleich ein großzügiges Angebot und geben noch einen Super-Geheimtipp gratis mit heraus: Der Roman "Lote" von Shola von Reinhold hat 2021 den James Tait Black Memorial Preis gewonnen, hat es generell in sich und handelt von einer queeren, schwarzen Person mit vielen Namen, die sich mit der verloren gegangenen, archivierten Vergangenheit der schwarzen Literaturgeschichte beschäftigt.

Spricht die Hauptfigur von all den Funden, taucht ein Name immer wieder auf: James Baldwin. Baldwin war nicht nur ein historisches Ausrufezeichen als einer der ersten schwarzen, queeren Schriftsteller, die sich quasi mit der Machete voran den weg in den Kanon durchgeschlagen hat. Spricht Reinholds Hauptfigur von eben dieser Geschichte, fühlt sich Baldwin wie ein Fixstern an. Das ist älter als Baldwin, jenes genauer, jenes verrückter.

100 Jahre jährt sich indes die Geburt des Mannes, dessen Romane gegen widrigste Umstände durchstrahlen. "Giovannis Zimmer", "Von Dieser Welt" oder "Beale Street Blues" (das wurde vor ein paar Jahren ziemlich toll von Barry Jenkins verfilmt!) - wenn dieser Mann für irgendjemanden noch eine Wissenslücke darstellen sollte, dann ist es wirklich allerhöchste Eisenbahn, ihn nachzuholen. Auch hier gibt es essentielle Neuausgaben, die im DTV Verlag erscheinen und in einer Neuübersetzung von Miriam Mandelkow auf für die deutschen Leser:innen wieder zugänglich und erfahbar gemacht werden.

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5 Fragen an Caroline Wahl

Caroline Wahl ist im letzten Jahr richtig durch die Decke gegangen. Ihr Debütroman "22 Bahnen" ist das lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen und auch bei uns ist der Titel auf der Bestseller Liste gelandet. Daher freuen wir uns riesig auf den zweiten Roman und durften Caroline ein paar Fragen stellen:

Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ich denke, übers exzessive Lesen und über die Liebe zur Literatur. Ich habe eigentlich immer Freude gefunden am Schreiben. Tagebuch, Kurzgeschichten, Briefe, Hausarbeiten. Aber ich wusste nie, dass ich es so drauf hatte(Haha)und habe mich auch nie getraut, noch nicht mal in mir drin, den Traum auszusprechen, dass ich Autorin werden möchte. Für mich war klar, dass ich im Studium und beruflich was mit Literatur machen und später am liebsten im Verlag arbeiten wollte und als ich dann im Verlag gearbeitet habe, wurde der Wunsch und auch das Selbstvertrauen stärker, es mal zu versuchen, bzw. durchzuziehen und einen Roman zu schreiben. Und jetzt will ich nie wieder etwas anderes machen.

Gibt es ein Thema, das dich umtreibt und über das du noch schreiben möchtest? Ja das gibt es. Gerade arbeite ich mich an einem Thema ab, das mich schon länger umtreibt. Und ich freue mich auch schon voll auf die ganzen Schreibprojekte, in die ich mich in Zukunft reinschmeißen werde. Ein Fantasyroman wird auf jeden

Fall auch kommen.

Dein Debüt ist direkt durch die Decke gegangen und du bist auch der Liebling der unabhängigen Buchhandlungen. Wie war dieses Jahr für dich?

Das Jahr war krass. Und der Moment, als der Satz aus dem Gewinnerbuch vorgelesen und damit verkündet wurde, dass 22 Bahnen das Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhandlungen ist, war auf jeden Fall einer der schönsten des Jahres. Ich musste Lachen vor Glück und konnte nicht aufhören, das hatte ich lange nicht mehr. 2023 war auch anstrengend mit den ganzen Lesungen und abends im Hotelzimmer oder frierend auf den Zug wartend, der nicht kam, habe ich mich manchmal einsam gefühlt. Trotzdem bin ich am Ende einfach nur krass dankbar für das Jahr und dass ich jetzt hauptberuflich Autorin bin und zurzeit gut vom Schreiben leben kann, ist das Schönste was mir je passiert ist. Aber habs auch verdient.

In 22 Bahnen schreibst du, dass Tilda ihrer Schwester Filme zum Abhärten zeigt. Gibt es da auch eine Bücherliste, die Ida gelesen haben muss? Sie hat ihr zwar keine Bücherliste geschrieben, aber ein paar Bücher ausgeliehen. Wenn es eine Liste dazu geben würde, dann stände darauf Angelika Klüssendorfs „Das Mädchen“, Alina Bronskys „Scherbenpark“ und vielleicht Angela Lehners „Vater unser“.

Warum geht Ida an die Ostsee? Verbindest du persönlich etwas mit Rügen?

Eigentlich ist es mehr oder weniger Zufall, aber irgendwie auch nicht. Ida hat ein Zugticket nach Hamburg, wohin sie aber nicht will und sie bleibt sitzen. Als sie bei der Endstation Stralsund aussteigt, scheint immer noch nicht genug Abstand zur toten Mutter zu sein und Ida bringt noch die Ostsee dazwischen. Es muss eine Insel sein. Ich hatte davor keinen Bezug zu Rügen, war dann aber im fortgeschrittenen Schreib-Stadium dort, habe mich sofort in den Ort verliebt und kann mir nun keinen besseren Handlungsort bzw. Wahlheimat für Ida vorstellen.

Caroline Wahl: Windstärke 17, Dumont Verlag,

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24 €
256 Seiten,
© Frederike Wetzels

"Trotzdem bin ich am Ende einfach nur krass dankbar für das Jahr und dass ich jetzt hauptberuflich Autorin bin und zurzeit gut vom Schreiben leben kann, ist das Schönste was mir je passiert ist."

© Frederike Wetzels

Interview mit Franziska Gänsler

Franziska Gänsler hat in Berlin, Wien und Augsburg Kunst und Anglistik studiert. 2020 war sie Finalistin des 28. open mike. Ihr Debütroman "Ewig Sommer" erschien 2022 und ist eines unserer absoluten Lieblingsbücher. Für ihren neuen und von uns heiß ersehnten Roman kam Franziska extra in der Buchbox vobei und hat uns ein paar Fragen beantwortet. Außerdem hat sie euch auch gleich noch einen Buchtipp dagelassen ;)

Beide Romane spielen im Sommer. Warum die heißeste Jahreszeit? Was spielt die Jahreszeit bei dir für eine Rolle in der Romanhandlung?

Ich liebe den Sommer, aber eigentlich spielen beide Bücher nicht in der heißesten Zeit. "Ewig Sommer" spielt im Oktober, "Wie Inseln im Licht" in der Nebensaison. Ich denke, es sind einfach die Farben, in denen ich oft einen Text denke. Das blaue Licht der Atlantikküste um diese Jahreszeit. Außerdem hat das Ende des Sommers, wenn es so langsam in den Herbst hineingeht, etwas Melancholisches für mich, einfach weil ich den Sommer so sehr mag und mich dann beim Schreiben im Sommer befinde.

Du beschäftigst dich in beiden Büchern mit Mutter-Kind-Beziehungen. Was genau interessiert dich an der Dynamik?

Ich denke, man kann keinen Menschen wirklich verstehen, ohne sich zu überlegen, wie dessen Kindheit war und wie dessen Lebensgeschichte aussieht. Und da ich selbst ein Kind habe und Eltern habe, beschäftige ich mich selbst viel mit dem, was man weiter gibt. Elternschaft spielt in meinem Leben eine große Rolle und Fragen wie: Wie viel mutet man dem Kind zu? Wie viel muss man über sich selbst wissen, um sein Kind gut erziehen zu können? Warum die Mutter-Tochter-Bezie-

hung so eine große Rolle für mich spielt, ist ein Rätsel für mich, weil meine Mutter der unkomplizierteste Mensch ist, den ich kenne und wir eine sehr entspannte Beziehung zueinander haben. Ich weiß nicht, warum in meinen Romanen dann eine komplizierte Mutter auftaucht. Darum habe ich meiner Mutter auch das Buch gewidmet, mit einem Gefühl von “Danke, dass du so easy bist! Und so gut zu uns! Und so stabil.” In dem Buch geht es ja viel um die Vorstellung, was passiert, wenn ein Kind die Elternrolle übernehmen muss. Ich glaube, mich interessiert der Aspekt, wenn sich das Ganze umkehrt und es nicht so ist, wie es sein sollte.

"Es gibt für mich zwei Zugänge zu meinem Text: Auf der einen Seite weiß ich: “Das ist meins und die von mir erschaffene Welt”, auf der anderen Seite gibt es sowas wie eine Spielwelt, ein Puppenhaus, was ich mir aufbaue, worin ich spiele. Und dann gibt es die Situation, dass ich Leute zu mir einlade, mit mir in meinem Puppenhaus zu spielen."

Via Instagram und Zoom erklärst du anderen schreibenden Menschen, wie sie den Weg in den Literaturbetrieb finden können und welche Möglichkeiten sie haben, um ihre Texte zu veröffentlichen. Mit den Veranstaltungen sammelst du Geld für humanitäre Organisationen und spendest dieses im Anschluss. Als wie wichtig empfindest du es, dass sich Schreibende gegenseitig unterstützen? Ich glaube, das ist extrem wichtig. Mich hat der Literaturbetrieb zu Anfang an eine riesige Burg erinnert, bei der ich

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keine Tür hinein entdecken konnte. Ich war in keiner Schreibschule und habe mich immer einfach beworben. Ich habe es immer wieder versucht, auch bei Zeitschriften oder in Wien bei der Schreibkunst, bei der Edith, bei der Bella - nie habe ich eine Rückmeldung bekommen. Entweder habe ich Absagen bekommen, vor allem aber einfach gar nichts - nur Leere. Es war, als würde alles verpuffen und ich wusste einfach nicht “Wie?”. Und dann hatte ich irgendwann das Gefühl, dass ich mir über die Jahre hinweg ein Verständnis darüber aufgebaut habe, wie der Betrieb funktioniert. Nachdem ich hier meinen Bachelor gemacht hatte, habe ich in Wien an der Angewandten studiert und die Sprachkunst mitbelegt und bin quasi so reingesneakt. Dort hatte ich ein sehr gutes Gespräch mit Rafaela Edelbauer, die dort zu der Zeit unterrichtet hat. Das war die erste Person aus dem Betrieb, die mir richtig Feedback gegeben hat. Sie hat mir bestätigt, dass es sehr schwer ist, reinzukommen, wenn man niemanden kennt. Dann kamen für mich aber der Blockbuster Literaturwettbewerb und das Open Mike und ab diesem Zeitpunkt wurde es leichter. Wenn man nicht die Kapazität hat, weil man z.B. Kinder hat, Geld verdienen muss, etc., um diese ganzen Wettbewerbe auf dem Schirm zu haben und daran zu arbeiten, ist es einfach schwer. Dann war es eine spontane Idee, ein Zoom-Meeting zu machen, weil ich sowieso Spenden sammeln wollte und es haben direkt viele Leute darauf reagiert.

Deine wichtigste Inspiration? / Lieblingsautor:in?

Als Lieblingsautorin würde ich an erster Stelle immer Lucia Berlin nennen. Ich liebe sie einfach. Sie hat zwei Romane geschrieben, einer wurde gestohlen, der andere verbrannt. Es gibt ihre Kurzgeschichten, die sich z.B. in "A Manuel for Cleaning Women" fast wie ein fragmentierter Roman lesen. Ansonsten Deborah Levy. Ich glaube, das merkt man auch, wenn man meine Texte liest. Ich lese sehr viele Gedichte, vor allem Sophie Robinson und Louise Glück. Die kann ich gut lesen, wenn ich selber schreibe, weil es mir dann oft schwerfällt, Romane zu lesen. Emma Cline fand ich zuletzt sehr gut. Ich würde aber nicht sagen, dass ich besonders viel lese. Da gibt es andere, die viel mehr lesen. Wenn ich eine Zeit lang gar nicht schreibe, ist vor allem Video- und Performance-Kunst etwas, was mich inspiriert, weil dort Emotionen einfach anders transportiert werden. In meinem neuen Roman kommen ja auch viele Videoarbeiten vor, zb Tracey Emin oder Anne Imhof. Diese waren für den Roman sehr wichtig. Körperlicher Ausdruck, Musik, Klang und Bewegung, Farben, das sind Sachen, die ich gut in Sprache

und Narrative übersetzen kann. Wie kamst du zu deinen Figuren? Gibt es da auch wieder autobiographische Bezüge?

Ich habe das Gefühl, meine Figuren sind schon da und ich muss sie nur kennenlernen. Ich habe mal bei einer Lesung gesagt, dass ich mich wie eine Therapeutin fühle: Mir sitzt jemand gegenüber und den lerne ich kennen. Ich taste mich an die Personen heran, ich merke, wenn etwas falsch ist und nicht richtig sitzt. Ich probiere aus und irgendwann fühlt es sich richtig an. Learning by doing, try and error. Zoey war zum Beispiel eine ganze Weile selbst Tänzerin und der Kunstbezug war für mich wichtig, aber ich musste herausfinden, wie sie dazu in Bezug steht, nicht ich. Irgendwann sitzt es dann, und dann kann ich damit etwas machen. Der Roman hatte viele Anfänge und Versuche.

Franziska Gänsler: Wie Inseln im Licht. Kein & Aber, 208 Seiten, 23 €

Franziskas Buchtipp: Lucia Berlin: A Manual for Cleaning Women. Picador Verlag, 432 Seiten.

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© Claudia Gödke

Mapo Tofu

Mian

Wer Mapo Tofu liebt und die klassische Version über Reis kennt, wird von dieser leicht abgewandelten Version als Soße für Nudeln ebenfalls begeistert sein. Ich esse unglaublich gerne Nudeln, finde aber die Stücke im klassischen Mapo-TofuRezept dafür zu grob. Für diese Soße verwende ich weicheren Tofu und etwas mehr Wasser, aber der Grundgeschmack bleibt der gleiche. Seidentofu hat eine weiche und cremige Konsistenz und eignet sich sehr gut für diese Variante und Soßen im Allgemeinen.

2 Personen

200 getrocknete Weizennudeln

3 Knoblauchzehen

2 EL neutrales Öl

1 EL Doubanjiang

1 TL gemahlener SichuanPfeffer

1/4 Salz

1/2 Zucker

1 EL Sojasoße

1 Pck. Seidentofu (ca. 300 g)

1 EL Maisstärke

Zum Garnieren (optional)

1 Pak Choi

1 Frühlingszwiebel

2 EL Chiliöl

Bratengarn

Sissi Chen: Einfach Chinesisch. Dumont Verlag, 192 Seiten, 30 €

1. Die Nudeln nach Packungsangabe kochen. Optional gegen Ende der Kochzeit einen Pak Choi zum Garnieren ca. 1 Minute mitkochen.

2. Den Knoblauch schälen und hacken. In einer Pfanne das Öl erhitzen und das Doubanjiang unter Rühren 1–2 Minuten darin anbraten, bis es aromatisch duftet. Den Knoblauch zugeben, außerdem Sichuan-Pfeffer, Salz und Zucker. Weiterrühren und ca. 1 Minute anbraten. Dann mit 250 Millilitern Wasser ablöschen und die Sojasoße zufügen. Den Seidentofu direkt aus der Packung in die Pfanne geben und zerdrücken, weitere 5 Minuten bei mittlerer Hitze köcheln lassen.

3. Die Maisstärke mit 2 Esslöffeln Wasser verrühren und in die Pfanne geben, gut durchmischen und den Herd ausschalten.

4. Die Nudeln und – falls verwendet – den Pak Choi in ein Sieb abgießen, abtropfen lassen und auf zwei Schalen verteilen. Die Frühlingszwiebel putzen, waschen und nur den grünen Teil in Ringe schneiden. Die Soße über die Nudeln geben und optional mit Pak Choi, Frühlingszwiebeln und Chiliöl toppen.

Du kannst die Soße auch vorkochen und vor dem Servieren kurz erhitzen, sodass in 5 Minuten eine leckere Mahlzeit auf dem Tisch steht.

35 Rezepte

SOJA-ROULADEN IN ROTWEINSOSSE

Ich gebe zu, ich habe so meine Schwierigkeiten damit, aus pflanzlichen Produkten Lookalike-Fleischprodukte nachzuempfinden. Doch bei dieser Roulade mache ich eine Ausnahme. Früher habe ich meiner Mutter hin und wieder am Sonntag geholfen, die Rouladen und die Soße zu binden. Das war immer ein wenig feierlich, weil es die restliche Woche kaum Fleisch gab. Und wohin soll ich sonst mit diesem alten Wissen?

4 Personen

4 Steaks aus Soja

2 l Gemüsebrühe

2 kleine rote Zwiebeln

12 Cornichons

60 g Räuchertofu

3 EL Kokosöl

Salz

frisch gemahlener Pfeffer

2 TL mittelscharfer Senf

2 TL Paprikapulver edelsüß

2 EL Tomatenmark

200 ml trockener Rotwein

3 EL Sojasoße

100 ml Hafersahne

2 TL Dinkelmehl

Außerdem: Bratengarn Bratengarn

Alexa Hennig von Lange: Relaxt vegan. Dumont Verlag, 192 Seiten, 30 €

Die Soja-Steaks in eine große Schüssel geben und mit 1,5 ml kochender Gemüsebrühe übergießen. 15 Minuten ziehen lassen. Sie müssen gut mit der Brühe bedeckt sein. Die Zwiebeln schälen und mit den Cornichons in Streifen schneiden. Die Hälfte der Zwiebelstreifen beiseitelegen. Den Räuchertofu in Scheiben schneiden. In einer Pfanne 1 EL Kokosöl erhitzen und den Tofu kross anbraten. Die Pfanne schräg zur Seite stellen, sodass sich das Öl sammeln und der Tofu abtropfen kann. Den Tofu herausnehmen und in noch schmalere Streifen schneiden.

Die Soja-Steaks nebeneinander auf einen Teller oder eine Platte legen, salzen, pfeffern und mit Senf bestreichen. Zwiebel- und Tofustreifen und die klein geschnittenen Cornichons darauf verteilen. Die Rouladen vorsichtig zusammenrollen und mit Bratengarn verschnüren. Den Backofen auf 180 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen.

In einem feuerfesten Topf 2 EL Kokosöl erhitzen, die Rouladen von allen Seiten scharf anbraten und herausnehmen. Die übrig gebliebene, in Streifen geschnittene Zwiebel in das Öl geben und kurz braten. Das Paprikapulver in die Pfanne geben und anrösten. Das Tomatenmark ebenfalls kurz mitbraten. Mit der restlichen Brühe langsam aufgießen, alles ein paar Minuten köcheln lassen, dann den Rotwein und die Sojasoße langsam dazugießen, einige Minuten weiterköcheln und reduzieren lassen.

Die Rouladen wieder in die Soße legen und den Topf mit geschlossenem Deckel in den heißen Ofen stellen. Die SojaRouladen 30 Minuten auf der mittleren Schiene garen.

Den Topf herausnehmen und die Hafersahne unter die Soße rühren. Das Mehl mit etwas Wasser glatt rühren und zum Andicken in die Soße einrühren. Kurz aufkochen lassen, dabei das Mehlgemisch sorgfältig unterrühren, bis es andickt. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Rouladen mit den gewünschten Beilagen servieren.

36 Rezepte
© Marina Jerkovic © Marina Jerkovic

Kleine Inspirationen, tolle Spiele, die leckersten Rezepte & mehr

Kleines Warm-Up für die EM:

Der hochwertige Tischkicker ist schnell montiert und verwandelt jedes Wohnzimmer und jeden Garten im Handumdrehen in ein bebendes Stadion. Wer kein FußballFan ist kann sich zusammenschließen und gemeinsam an einer klimaneutralen Stadt arbeiten oder sich mit Piraten auf Hohe See begeben, wo ein großes Abenteuer auf alle Spieler:innen wartet.

Die Fußball-Europa-Meisterschaft steht an! Und das Wetter wird besser, die Laune steigt und wir können es kaum erwarten, dass es endlich warm genug ist und die Gartenparty- und Grillsaison wieder beginnt. Passend für eure Festlichkeit im Freien haben wir euch hier einige nonbooks rausgesucht, mit denen deine Party noch schöner wird, das Essen noch besser schmeckt und bei Groß und Klein garantiert keine Langeweile aufkommt.

wir feiern eine Garten party!

Die CO2-freie Stadt. NOOBS über Bord. Lawrence King Verlag, Kosmos Verlag, ab 8 Jahren, ab 10 Jahren, 30 € 14,99 €

Tisch-Fußball. Moses Verlag, 34,95 €

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Seidenpapier Spirale

Rico Design, 5 €

Wabenpapier Bälle

Rico Design, 9 €

Picker Schirmchen Holz

Rico Design, 3,50 €

Radischen

Jellycat, 17 €

Stainless Steel Straws

Legami, 7,50 €

Risotto al Tarufo Greenomic Delikatessen, 11,50 €

Diese wunderschönen bunten Girlanden passen in jeden Garten, Balkon oder an deine Wohnzimmerlampe. Noch mehr Bastel- und Dekoideen findest du natürlich auch in unseren Läden. Unser Motto: Es kann nie genug Deko geben!

Bastelset Stiefmütterchen

Fontäne. Rico Design. 29,99 €

Garnpompon-Girlande.

Rico Design, 12 €

Quasten Girlande.

Rico Design, 12 €

Wabenpapier blumen.

Rico Design, 10 €

Mini Wabenbälle

Rico Design, 5 €

Sam & Sam Clark: SOL. 120 Rezepte aus der Sonnenküche. DK Verlag, 320 Seiten, 29,95 €

Katy Beskow: Vegan vom Grill. Ars Vivdendi Verlag, 160 Seiten, 24 €

Zu einer Party gehört natürlich auch gutes Essen und wir haben euch zwei besondere Kochbücher rausgesucht, mit denen ihr all eure Gäste mit der Sonnenküche oder Leckerbissen vom Grill begeistern könnt.

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Willkommen in der

Jede:r hat ja so seine Lieblings-Buchbox. Aber kennst du denn auch wirklich alle? Denn jede Filiale hat ihre ganz eigenen Besonderheiten, Geschichte und natürlich literarischen Lieblinge, die wir euch hier kurz vorstellen. Angefangen hat alles im Oktober 2005 mit der Filiale in der Grünbergerstraße. Seitdem zählt die Buchbox jetzt insgesamt 5 Filialen. Auch wenn du deine Lieblingsbuchbox schon gefunden hast, lohnt es sich, mal bei den anderen vorbeizuschauen und garantiert Neues zu entdecken. Wie wärs denn mit einem BUCHBOX!-Spaziergang?

BUCHBOX am Boxi

Im Oktober 2005 öffnete die BUCHBOX am Boxi das erste Mal ihre Türen und war lange Zeit mit nur 35 qm der Kleinste der vier Kiezläden. Dank mehrerer Durchbrüche konnte der Raum um ein ordentliches Stück vergrößert und der Laden somit um eine tolle Krimiecke und ein ansehnliches Kinderbuchsortiment erweitert werden. Sein Vorgänger war übrigens ein Buchstand auf dem Flohmarkt am Boxi und die Resonanz damals so groß, dass wir den Mut fassten, einen Bücherladen nach unseren eigenen Vorstellungen aufzumachen. Hier ist oft ziemlich viel Betrieb. Wir haben unser Team am Boxi gefragt, was sie denn eigentlich so großartig macht und welche skurillen Dinge da so abgelegen in Friedrichshain passieren.

Was macht eure Buchbox besonders?

Wir sind die Ersten und somit das Original! Wir sind die Einzigen außerhalb von Prenzlauer Berg, aber vor allem machen die "Blackbox", unsere vielen Ecken im Laden, dass wir

schon mehrere buchboxinterne Preise gewonnen und für eine seit 2019 immer weiterlaufende "Wunderbox" schon 79 Bücher ausgesucht haben uns besonders. Achja und natürlich wir! Wir machen die Boxikiez-Buchbox besonders.

Auf welche drei Titel freut ihr euch besonders dieses Jahr?

Stanisics Witwenbuch, Karen Köhler "Himmelwärts" und Kukafka "Notizen einer Hinrichtung".

Das Lustigste, was in eurer Buchbox passiert ist?

Vermutlich der Schnickschnack-Klebeball, den wir ausprobiert haben und der dann tagelang nicht mehr von der Decke kam.

Wenn die Buchbox ein Haustier hätte, welches wäre es?

Unser ganz persönlicher Buchboxhund heißt Eddie und existiert wirklich!

Welche Titel empfehlt ihr schon seit Ewigkeiten und immer wieder gern?

Leky: "Was man von hier aus sehen kann", "Die Riesenbirne", Stokowski: "Untenrum frei", Kolosowa: "Der Hausmann", "Dachs und Rakete", Garry Disher: "Stunde der Flut".

Wie hoch ist der höchste KiezkartenpunktePunktestand in eurem Laden derzeit?

Er liegt bei 8125 Punkten, oder 13,5 Herr-Nilsson-Tüten.

Was fällt Kindern als erstes in eurem Laden auf?

Im Sommer der Ventilator und im Winter die Raupe Nimmersatt.

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BUCHBOX am Helmi

Die BUCHBOX! im Helmikiez liegt seit 2012 direkt am schönen, grünen Helmholtzplatz im Herzen von Prenzlauer Berg. Zur Kulturbrauerei und zum Kollwitzplatz sind es nur fünf Minuten. Der lichtdurchflutete Laden überrascht mit einer großen Kinderabteilung sowie einer gigantischen Auswahl an Young und New Adult Büchern. Was die Buchhandlung jedoch vor allem ausmacht verrät dir Charlotte und ihr Team:

Was macht eure Buchbox besonders? Unser Team – aber das sagen wahrscheinlich alle… Anyway ich finde unser Team prima. Wir passen alle sehr gut zusammen und sind trotzdem alle völlig unterschiedlich mit unterschiedlichen Lebensläufen, Vorlieben und Besonderheiten. Somit sind wir für alles gewappnet und finden immer jemanden, der was empfehlen kann, auch wenn wir dadurch manchmal zu dritt eine Beratung vornehmen müssen. (Außerdem sind wir flächenmäßig die größte Filiale und können mit einer eigenen großen YA-Abteilung, Bittersweet Books, und einer eigenen großen englischsprachigen Abteilung glänzen, in der man alles von Pappbilderbüchern, über aktuelle Fiction und non-ficiton finden kann).

Auf welche zwei Titel freust du dich besonders dieses Jahr?

Caroline Wahl „Windstärke 17“. Die neuen Bücher von TJ Klune – „The Extraordinaries“, endlich in der deutschen Übersetzung! Und der zweite Teil zu "House in the Cerulean Sea", “Somewhere Beyond the Sea”, und der 2. Teil von Ilko-Sascha Kowalczuks Walter UlbrichtBiographie „Der Kommunistische Diktator“.

Das Lustigste, was dir an deinem Arbeitsplatz passiert ist?

Einen Sommer lang kam alle paar Tage ein wirklich dicker roter Kater in den Laden gelaufen und hat sich zum Sonnenbaden mitten in den Gang im Kinderbuch gelegt. Dabei hat er sich nicht mal von Kinderwägen vertreiben lassen und keiner wollte ihn raustragen, weil wir alle Angst hatten, wir würden uns einen Bruch heben… (Natürlich ist es auch immer wieder lustig, wenn sich eine der Kolleginnen aus dem Laden ausschließt oder ihren Schlüssel daheim

vergisst. Ein Dank an dieser Stelle nochmal an die Kundin, die der Judith beim letzten verkaufsoffenen Sonntag geholfen hat, wieder in den Laden einzubrechen, um ihre Sachen und unseren Sonntagsumsatz zu retten).

Wenn die Buchbox ein Haustier hätte, welches wäre es?

So. Mit dieser Frage kann man unter den richtigen Umständen einen echten Rosenkrieg unter uns auslösen. Ein(ig)e von uns sind echte Hunde-Menschen, die anderen mögen alle Tiere gleich gern, würden sich aber wahrscheinlich eher in ganz romantischer Manier eine Buchladen-Katze wünschen. Zum Glück wird uns die Wahl abgenommen, sobald unsere Kollegin aus dem Marketing-Büro hinten ihre Hündin, Alva, mitbringt, die wir alle gleichviel lieben. Daher gibt für brave Hunde bei uns hinterm Tresen auch immer Leckerlies.

Welchen Autor:in würdest du gerne mal beraten? Das möchten wir nicht sagen. Je nachdem welche:r Autor:in es wäre, hätten wir entweder viel zu viel Angst diejenige zu enttäuschen oder wir würden uns mit ihnen anlegen, weil wir ihnen gerne etwas empfehlen würden, was ihre Weltsicht radikal erweitert. (Außerdem haben wir bereit mindestens einen Autor unter unseren Stammkunden, den wir sehr lieben).

Wie viele Bücher nimmst du mit in den Sommerurlaub?

Je nachdem wen man am Helmi fragt, kommt man da auf eine Zahl zwischen 1 (Charlotte, die Realistin) und 47823497 (alle anderen, die Wahnsinnigen!).

Wie viele Bücher möchtest du bis zum Ende des Jahres gelesen haben? Mehr als realistisch ist.

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BUCHBOX im Bötzowkiez

Der leuchtend-helle 150 qm große Eckladen ist mit seinen grünen Farbtupfern ein großer Kontrast zur dunklen Kneipe mit schwarzen Wänden, die dort vorher war. 2010 öffnete unsere vierte BUCHBOX! im Bötzowkiez ihre Türen. Neben guter Literatur, den schönsten Kinderbüchern, Kunst-, Architektur- und Fotografiebildbänden, finden sich hier zusätzlich spirituelle Werke, viele Kochbücher und ein riesen Regal mit einer wundervoll kuratierten Auswahl aller Lieblinge der Buchhändler:innen im Bötzowkiez.

Was macht eure Buchbox besonders?

Wir haben den flachsten Humor von allen :P

Auf welche zwei Titel freust du dich besonders dieses Jahr?

Der Stich der Biene Phytopia Plus

Das lustigste, was dir an deinem Arbeitsplatz passiert ist?

Eine ältere Kundin wollte Bücher von Greta Unzer, die so viel schreibt (gemeint war der Verlag Gräfe und Unzer) oder die die Frage nach "Schweiß-verpackten" Büchern (immer wieder eklig ;)

Wenn die Buchbox ein Haustier hätte, welches wäre es?

Oktopus oder Erdmännchen

Welche:n Autor:in würdest du gerne mal beraten?

Sasha Marianna Salzmann, Lukas Bärfuss

Wie viele Bücher nimmst du mit in den Sommerurlaub?

3 (1 Kinder-/Jugendbuch, 1 Roman, 1 Sachbuch)

Wie viele Bücher möchtest du bis zum Ende des Jahres gelesen haben?

30-40

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Buchbox in der Kastanienallee

Die Kastanienallee ist bekannt für ihre riesigen Hallen und natürlich den vorzüglichen Kaffee. Aber natürlich kommt man hier zum Stöbern vorbei, denn in der Kastanienallee findet sich immer das perfekte Buch. Hier treffen Kiezfamilien auf die kreativen Berufler:innen aus den Agenturen, flankiert von Touris und ab und an auch ein paar bekannteren Gesichtern. Außerdem hat sich der schöne Laden mit der kleinen Theke zu unserem liebsten Veranstaltungsort gemausert. Unsere Buchhändlerin Johanna hat für euch die dringesten Fragen rund um die Buchhandlung und ihre Leseziele beantwortet.

Was macht eure Buchbox besonders?

Mir macht das viele Tageslicht und der leckere Kaffee regelmäßig gute Laune. Außerdem finden bei uns regelmäßig Lesungen statt, die durch die intime Atmosphäre und die Bar einfach inmmer ganz besonders sind und einmal im Monat trifft sich bei uns Rafas Buchclub, die Lesekugel.

Auf welche zwei Titel freust du dich besonders dieses Jahr?

In letzter Zeit sind schon so viele tolle Bücher erschienen, die bei mir zu Hause liegen und auf die ich mich freue. Z.B. "Das Gras auf unserer Seite" von Stefanie De Velasco oder "Weiße Wolken" von Yandé Seck. "Das Licht ist hier viel heller" von Mareike Fallwickl erwarte ich auch noch sehr freudig!

Das lustigste, was dir an deinem Arbeitsplatz passiert ist?

Manchmal fühle ich mich wie in einer Prenzlauer Berg-Satire Show. Aber das ist eher so eine Situationskomik, die ich schlecht wiedergeben kann.

Wenn die Buchbox ein Haustier hätte, welches wäre es?

Ich fände ein Erdmännchen süß, bezweifle aber leider, dass es sich bei uns wohlfühlen würde.

Welchen Autor:in würdest du gerne mal beraten?

Bill Kaulitz

Wie viele Bücher nimmst du mit in den Sommer Urlaub?

Ich leih mir für den Urlaub immer einen eReader aus der Bibliothek aus (Protipp) und lade mir mindestens 10 Bücher drauf.

Wie viele Bücher möchtest du bis zum Ende des Jahres gelesen haben?

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Freund:innenbuch Buchbox-Edition

... kennst du noch die tollen Freund:innenbücher? Antworten vergleichen, durchblättern und in Erinnerungen schwelgen, ewig darüber nachdenken, was denn jetzt das Lieblingsessen ist oder der wahre Traumberuf. Wir dachten uns: Warum stellen wir diese Fragen nicht unsere Autor:innen? Für diese Ausgabe durften wir Evan Tepest unsere etwas anderen Fragen stellen. Evan Tepest ist Autor und Kolumnist für dsa Missy Magazin und seit seinem ersten Roman "power Bottom" sind wir begeisterte Fans. Im Februar haben wir gemeinsam seine wundervolle Buchpremiere in der Backfabrik gefeiert, wo er aus seinem nun ersten Roman "Schreib den Namen deiner Mutter" gelesen hat.

Du bekommst einen Freifahrtschein Urlaub umsonst, aber du müsstest jetzt auf der Stelle los. Wohin?

Nach London, um dort die Party-Reihe “T Boys Club” zu besuchen und ein paar Bücher zu kaufen, die seit dem Brexit nicht mehr so leicht zu haben sind. Dann weiter an die südenglische Küste, Dorset oder East Sussex.

Was packst du noch kurz ein?

Einen Anzug, eine solarbetriebene Power Bank, ein paar Notizbücher.

Komödie oder Horrorfilm?

Komödie, ich kann mit Spannung gar nicht umgehen.

Was sind Red Flags bei Kulturveranstaltungen?

Veranstaltungen, die Accessibility nicht mitdenken: Von der Barrierefreiheit über den Preis bis hin zu bequemen Sitzmöglichkeiten.

Was hat dich als letztes so richtig aufgeregt?

Neben dem Rechtsruck der letzten beiden Jahre: Dass der Bundeshaushalt 2024 so auf die Schuldenbremse pocht, dass darin scharfe Sanktionen für Bezieher*innen von Grundsicherung vorgesehen sind und beim Klimaschutz gekürzt wird.

Evan Tepest: Schein den Namen deiner Mutter. Piper Verlag, 192 Seiten, 22 €

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das ist mein neues Buch

Das bin ich: Evan Tepest

Was hat dich als letztes total positiv überrascht?

Bei aller berechtigter Kritik (dass z.B. für schwule Paare und Mehrelternschaften keine Verbesserungen vorgesehen sind): dass jetzt endlich das Abstammungsrecht zugunsten lesbischer Paare mit Kindern verändert werden soll.

Wenn du irgendein Tier als Haustier halten könntest, welches Tier wäre das?

Nicht nur, weil das mein Cover-Tier ist: einen Hund. Wenn sie nicht so überzüchtet wären, eine French Bulldogge, die ich Paula oder Tuna nennen würde.

Es ist dreizehn Uhr, du bist fünfzehn, die einzige mögliche Unterhaltung ist der Fernseher. Was schaust du an?

Eine vergessene Soap, wie “St. Tropez” auf Vox, oder eine Sport-Doku.

Bestes Buch?

Gemeine Frage: Das beste Buch, das ich 2024 bisher gelesen habe, war Christina Sharpes Ordinary Notes, in dem sie sich aus einer radikalen (Schwarzen) Perspektive mit der Kontinuität von White Supremacy auseinandersetzt.

Wenn du eine bekannte Person interviewen dürftest, wen würdest du aussuchen?

Da ich Eileen Myles schon interviewen durfte: Björk.

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© Selma Kay Matter

Widder(21. März - 19. April): Der Sommer bringt für den Widder pure Action. Ein Ziel, auf das Du in Deinem Leben lange hingearbeitet hast(der Abbau deines SuBs!?), kann erreicht werden. Aber Vorsicht: Sei nicht zu impulsiv. Außer beim Bücherkauf.

Stier (20. April - 20. Mai): Der Stier liebt die Herausforderung. Deswegen kommst du diesen Sommer voll auf deine Kosten. Es sollte alles gelingen, was du dir vornimmst. Unser Tipp: Kauf ein Kochbuch mit möglichst komplizierten Rezepten. Der Titel „Deutscher Ottolenghi“ ist nicht weit.

Zwillinge (21. Mai20. Juni): Als kontaktfreudiger Zwilling könntest du diesen Sommer die Party deines Lebens feiern. Auch deine Phantasie wird beflügelt. Du solltest in deinem Kalender auf jeden Fall Platz für eine Lesung der Buchbox schaffen. Das verbindet beides optimal.

Krebs (21. Juni - 22. Juli): Deine emotionale Intuition sticht in nächster Zeit besonders hervor.

Erlaube deinem Bauchgefühl, dich durch den Tag zu leiten. Außer im Urlaub mit den Liebsten. Um Disharmonie zu vermeiden, kauf lieber einen Reiseführer und bereitet euch gut vor.

könnte. In Beziehungen zeigst du Liebe und Großzügigkeit. Deine Liebsten freuen sich über tolle Buchgeschenke.

Jungfrau (23. August - 22. September): In den Sommermonaten wird dein innerer Perfektionist erwachen, liebe Jungfrau, aber lass ein wenig Raum für Chaos und Humor zu. Lies am besten ein Buch über Zeitreisen. Da kannst du eine Menge lernen.

Waage (23. September - 22. Oktober): Dein Sinn für Ästhetik und Harmonie wird gefragt sein. Wenn die Dinge nicht perfekt aussehen, finde den Charme im Unvollkommenen. Ja, das musst du als harmoniebedürftige Waage vielleicht üben. Kaufe ein paar Malbücher und male absichtlich über den Rand.

Skorpion (23. Oktober - 21. November): In sozialen Situationen könntest du faszinierend und ein wenig unvorhersehbar wirken, denn deine geheimnisvolle Aura ist diesen Sommer noch stärker als sonst. Lies auf jeden Fall ein paar Krimis. Ein leise gehauchtes „Ich weiß wer der Mörder ist“, ist sexy und mysteriös.

Löwe (23. Juli - 22. August): Diesen Sommer strahlst du Selbstbewusstsein aus, was dir in sozialen Situationen und kreativen Projekten zugutekommt. Sei flexibel, da nicht alles nach Plan verlaufen

Schütze (22. November - 21. Dezember): Dein Abenteuergeist ist stark und den wirst du diesen Sommer auch brauchen, denn dein Weg ist nicht immer klar. Taschenbuch oder Hardcover? Roman oder Graphic Novel? Sieh es locker und sage dir: Hauptsache ein Buch!

Steinbock (22. Dezember - 19. Januar): Die nächsten Monate sind für den Stein-

bock stabil und klar. Dein Talent, Dinge fokussiert durchzuziehen, hilft dir dabei. Vor allem bei deinen Lesegewohnheiten. Jetzt ist die ideale Zeit, endlich „Unendlicher Spaß“ oder „Ulysses“ zu lesen.

Wassermann (20. Januar - 18. Februar): Diesen Sommer wird deine rebellische Seite erstrahlen, lieber Wassermann. Umarme die Freiheit des Unkonventionellen und erlaube dir, anders zu sein. In sozialen Situationen könntest du durch deine Originalität und deinen Humor brillieren. Sei bereit, neue Ideen zu umarmen und mit anderen zu teilen. Kurz gesagt: gründe endlich einen Buchclub.

Fische (19. Februar20. März):.Du tauchst diesen Sommer tief in die Wasserkaskaden deiner Gefühle. Bereite dich darauf vor, in einem Ozean von Emotionen zu planschen. Damit du nicht davon schwimmst, schnall dir ein paar Schwimmflügel um. Damit meinen wir: kauf vielleicht mal ein Buch aus der Ratgeber-Abteilung.

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literarisches Horoskop
Dein
© Liv Strömquist/avant-verlag

Kinderseiten

Illustration

entnommen aus: Elena Bulay: Dein Hund und du. Gerstenberg Verlag, 96 Seiten, 25 €

Eine magische Reise zum Nordpol ab 4 Jahren

Dr. Morley ist absolute Quallenexpertin und möchte nun mit ihrer Crew eine Expetition starten um die sagenumwogene Riesenqualle der Arktis zu finden. Voller Neugier tritt ihr Team die abenteuerliche Reise zum nördlichsten Punkt der Erde an. Doch eine Riesenqualle kann sich erstaunlich gut verstecken und während das Expeditionsschiff das Meer durchsucht, wird es von der schüchternen Riesenquallenaugen beobachtet. Dr. Morley und ihr Team machen währenddessen Bekannschaft mit Nar- und Belugawalen, treffen Orcas, Robben, Polarenten und bewundern Polarlichter am Himmel. Wird die Riesenqualle sich am Ende doch noch dazu entscheiden sich zu zeigen? Wir begleiten das Expeditionsteam auf jeder Seite und können durch liebevolle Illustrationen, die das Schiff im Querschnitt zeigen, sogar einen Einblick in den Alltag der Crew erleben. Besonders hat mir die Doppelseite mit den toll gestalteten Polarlichtern gefallen. Und wer genau hinsieht, kann die mysteriöse Riesenqualle auch schon auf den ersten Seiten entdecken. Für neugiereige, entdeckungslustige.

Chloe Savage: Auf der Suche nach der geheimnisvollen Riesenqualle. Fischer Sauerländer, 32 Seiten, 15 €

Mit Sicherheit und Spaß im Straßenverkehr

Wir alle sind täglich im Straßenverkehr unterwegs und wir Stadtkinder wissen auch besonders gut, dass es dabei manchmal gefährlich werden kann und es deshalb viele Regeln zu beachten gibt. In "So geht Straße" lernen wir aber erst einmal spannenden Fakten zur Enwicklung des heutigen Verkehrs: Die für Kleinkinder sehr beliebten Laufräder wurden beispielsweise schon vor 200 Jahren erfunden, aber zunächst nur für Erwachsene. Vor 100 Jahren betrug die Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts 15km/h für Autos und 12km/h für LKWs. Ein paar Jahre später wurden dann die ersten Fahrradwege gebaut, damit die Autos scheller fahren konnten und dann gab es zwischenzeitlich plötzlich gar kein Tempolimit mehr für Autos! Zum Glück gibt es das heute wieder, dafür gibt es aber auch immer mehr Autos auf den Straßen und außerdem noch Busse, Straßenbahnen usw. Es geht darum mit hilfreichen Tipps weiter, wie wir uns im Straßenverkehr sicher bewegen können. Die wichtigsten Straßenschilder werden vorgestellt und wir schauen uns an, was ein sicheres Fahrrad alles braucht. Besonders cool fand ich, dass uns Zeichen verraten werden, mit denen wir nicht nur anderen Verkersteilnehmnenden anzeigen können, was wir vorhaben, sondern uns auch untereinander als Radfahrende Botschaften schicken können. Aber auch das Problem, dass Radfahrende nicht genug Platz auf den Straßen haben oder die Radwege schlecht ausgebaut sind, wird thematisiert. Deshalb werden auch Ideen genannt, wie sich Kinder und Erwachsene politisch dafür engagieren können, dass das Radfahren in Städten besser und sicherer wird.

Kerstin E. Finkelstein u. Claire Lenkova: So geht Straße!, Jacoby & Stuart, 32 Seiten, 14 €

Lauras t i p p

Trost finden

Cleo und Leos Freundschaft ist die weltbeste - so eine, die irgendwie vollständig macht, mutiger und glücklicher. Bis Leo eines Tages verschwunden bleibt und ein großes, dunkles und kaltes leoförmiges Loch hinterlässt. Vor lauter Suchen und Rufen verirrt sich Cleo in Traurigkeit, Wut und Verzweiflung. Es hilft nichts, das Leo-Loch bleibt. Dann tritt Otto, der Bär, in Cleos Leben und weiß, dass man dieses Loch nicht einfach vertreiben, aber mit schönen Erinnerungen füllen und damit leben kann. Und tatsächlich wird Cleos Herz mit der Zeit wieder weicher und warm, auch wenn das Leo-Loch bleibt, wiegt es dann weniger schwer.„Du fehlst so, Hase!“ von John Dougherty gereimt, Thomas Docherty illustriert und ganz wundervoll von Katja Frixe übersetzt, ist ein Trostbuch ab 4 Jahren. Für all diejenigen, die ein eigenes Leo-Loch im Leben füllen müssen und nicht wissen, wie.

John Dougherty u. Thomas Docherty: Du fehlst so, Hase!, Penguin Junior, 40 Seiten, 15 €

Johanna s Tipp
T i p p
Alwins

Ein bezaubernder Blick in unsere Natur

Kaum ist Jimmy aus seinem Ei geschlüft schon ist allen Bienen klar: Jimmy ist irgendwie ein bisschen anders. So groß, schwer und haarig. Mhm! Aber das Motto der Bienen ist: Jede Biene ist wichtig. Allerdings ist es gar nicht so einfach eine passende Beschäftigung für Jimmy zu finden. Außerhalb des Bienenstocks entdeckt Jimmy schließlich eine Welt voller Licht und Gerüchen - wie nach Harz, Baumnadeln und feuchtem Waldboden. Die Welt außerhalb ist faszinierend, aber auch gefährlich. Doch schnell findet Jimmy Freund*innen: Helga (die Goldfliege), Bruno (den Maikäfer) und Oskar, der sich als Anakonda versteht. Alle sind ein bisschen Außenseiter. Alle sind ein bisschen einsam. Wie gut, dass sie ganz schnell Freunde werden. Am Ende des Buchs hat Jimmy viel über sich selbst gelernt, er hat ganz viele Freundschaften geschlossen und er entdeckt, dass er nicht zu einer Familie sondern zu zwei Familien gehört. Die Botschaft des Buchs ist klar: Es ist gut so, wie du bist, du musst dich nicht ändern. Und auch andere dürfen so sein, wie sie gern sein möchten. Und auch noch: Zusammen sind wir stark! Viel Botschaft für eine Kinderbuch? Finde ich nicht, denn die Geschichte ist voller Abenteuer. So macht das Lesen- unterstützt durch die liebevollen Illustrationen - einfach nur Spaß!

Barbara Rosslow: Jimmy und der Club der dicken Brummer. Coppenrath Verlag, 184 Seiten, 15 €

Elsas

t i p p

Ich traue mich! Ich kann es!

Ich mache mit!

Am 24. Oktober 1975 verließen Frauen in ganz Island ihr Zuhause und ihre Arbeit und beschlossen, der Welt zu zeigen, wie wichtig ihre Arbeit für die Gesellschaft ist: indem sie sich einen Tag frei nahmen! Um zwei Uhr nachmittags verließen die isländischen Frauen ihr Zuhause oder ihre Arbeit, hörten auf zu kochen, zu putzen oder sich um die Kinder zu kümmern. Stattdessen liefen sie singend und jubelnd durch die Straßen, während die Männer ihre Arbeit übernehmen mussten. Dei Forderung: Mehr Wertschätzung innerhalb der Gesellschaft. In diesem Bilderbuch wird Anna von ihrer Mutter vom Langen Freitag erzählt und von den Veränderungen, die dieser Tag mit sich brachte. Das Buch erinnert daran, wie wichtig es ist, sich für Menschenrechte einzusetzen, dafür zu kämpfen und zu streiken, und davon, was für eine Kraft entsteht, wenn wir uns zusammenschließen! Und wie wichtig es ist, sich für das einzusetzen, woran man glaubt! Ein wunderschön illustriertes Buch, dass erzählt, was dabei herauskommen kann, wenn sich die Hälfte der Bevölkerung auf einmal freinimmt und eine Forderung stellt: Gleichberechtigung - JETZT!

Linda Ólafsdóttir: Der Tag, als die Frauen streikten.

Wo habe ich meine Brille verloren?

Leo Timmers Bär und seine Brille sind dagegen kein Manifest. Es ist eher ein supersüßerWitz für die ganz Kleinen. Es geht um Folgendes: Bär sieht nicht gut. Deswegen braucht er ja eine Brille. Als er seine Brille verliert, merkt er, dass er Hilfe von seinem Freund Giraffe brauchen wird. Auf dem Weg zu Giraffe sieht er dann undeutlich und glaubt, auf einmal überall wilde und lustige Tiere zu sehen. Ein Fels wird zum Elefant, eine Blume zum Flamingo, so geht es weiter und weiter. Als Giraffe dann endlich gefunden ist (wenn auch zuerst für eine Schlange gehalten) und dieser bemerkt, dass Bär seine Brille die ganze Zeit über dem Kopf getragen hat, sind all die Tiere irgendwie nicht mehr aufzufinden. Die Illustrationen in diesem Buch kommen spürbar von Herzen. Es ist unglaublich süß und lustig, diesem Spiel von Fantasie und Verwechslung beizuwohnen.

Leo Timmers: Bär und seine Brille. Aracari Verlag, 36 Seiten, 15 €

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T i p p
Sonjas
Prestel Junior, 40 Seiten, 16 €
Jans Ti p p

ab 8 Jahren

Das beste Mensch-Hund Team der Welt!

Ein eigener Hund - das war als Kind immer mein absolut größter Wunsch, der mir leider nicht erfüllt wurde. Wie Lena aus dem Buch entschied ich mich dann aber im Erwachsenenalter dazu: Jetzt oder nie - ich adoptiere einen Hund aus dem Tierheim! Doch, ebenso wie Lena, wusste ich nicht allzu viel über Hunde und machte zu Beginn ein paar Fehler…

Dieses Buch soll dir dabei helfen, Hunde besser zu verstehen, zu lernen, mit ihnen zu kommunizieren und es zeigt dir, wie du dich gut um sie kümmerst. Zwar zeigt dieses Buch auch einmal mehr auf, wie unglaublich bereichernd Hunde sein können, macht aber ebenso klar, welche große Verantwortung auf die jungen Hundehalter:innen zukommt, welche Fragen vor Einzug des Vierbeiners geklärt werden müssen, wie du den passenden Gefährten an deiner Seite findest und welche Schwierigkeiten auftreten könnten. So bist du für (fast) alles gewappnet, bestens informiert und kannst genau herausfinden, ob du dir ein Leben mit Hund wirklich gut vorstellen kannst und, falls ja, wie ihr zu einem richtig guten Team werden könnt, das gemeinsam durch Dick und Dünn geht!

Elena Bulay: Dein Hund und du. Gerstenberg Verlag, 96 Seiten, 25 €

Klingt Fair

"Eine einfache Regel dafür, was gerecht ist, gibt es nicht. Oft muss man eine Weile darüber nachdenken, weil viele Dinge abgewogen werden müssen." Zum Glück hilft uns dieses bis jetzt einzigartige Kindersachbuch dabei! In kindgerechten und verständlichen Texten schafft es das Buch, komplexe und auch philosophische Themen zu erklären. Wer bekommt das letzt Bonbon aus der Tüte? Die Person, die Bonbons gekauft hat, die, die noch gar nichts Süßes hatte, die, die letztes Mal schon weniger hatte oder die Person, die tatsächlich Hunger hat? Schonmal gar nicht so einfach. Aber das Thema Gerechtigkeit hört da natürlich noch lange nicht auf: Welche Rolle spielt das Gewissen? Weshalb gibt es Regeln und Strafen? Wie entsteht Gerechtigkeit überhaupt? Und was können wir gegen Diskriminierung und für eine faire Welt tun? Super kreativ und witzig werden uns Seite für Seite die moralischen Aspekte der Gerechtigkeit näher gebracht. Besonders gefallen haben mir die kleinen Tierchen, die uns in Sprechblasen mit extra Fakten erleuchten. So informiert uns z.B. ein kleiner Vogel, dass die reichsten 10% der Menschen für knapp die Hälfte des gesamten CO²-Ausstoßes verantwortlich sind. Ein Kindersachbuch wie dieses gab es so noch nicht, danke Beltz Verlag!

Assata Frauhammer u. Meike Topperwien: Voll Ungerecht! Über Fairness und Gerechtigkeit. Beltz Verlag, 72 Seiten, 16 €

Judiths t i pp

Dieser gewitzte Lockenkopf verzaubert alle!

Endlich Nachschub für alle Fans von "Land of Stories". "Lila Leuchtfeuer" mag auf den ersten Blick anmuten, wie eine nette Kindergeschichte, ich musste aber feststellen, dass dem absolut nicht so ist. Und das meine ich durchaus positiv. Das Ehepaar Tijan Sila (der den Erwachsenen evtl aus "Radio Sarajevo" ein Begriff ist) und Lena Schneider haben eine richtig spannende und actionreiche Geschichte geschrieben, in dem es düstere Charaktere wie eine sehr böse Hexe und einen grausamen Sandmann gibt, aber auch einen Eichhörnchen Waldgeist, einen sprechenden Hammer. Und eben Lila, eine unerschrockene (und etwas chaotische) Heldin,die unerwartet in ein abenteuerliches Wochenende geschmissen wird und die Lesenden ab 10 Jahren auf 224 turbulenten Seiten grandios ungterhält.

Tijan Sila u. Lena Schneider: Lila Leuchtfeuer: Geh nicht nach Nimmeruh!, Beltz, 224 Seiten, 15 € (ab 9)

T i p p
Alwins
T i p p
Elsas

Pia und Pepe ermitteln: Ein Kinderkrimi der Extraklasse!

Das unschlagbare Ermittlungsteam ist wieder einem spannenden Fall auf der Spur. Diesmal muss nicht Pias geliebte Oma Lore gerettet werden, wie im vorherigen Band, dieses Mal muss ein ganz anderes Verbrechen aufgeklärt werden: die berühmte Piroschka-Figur ist aus dem Museum im Ort verschwunden! Für Pipas Papa, der im Museum arbeitet, ist das eine Katastrophe! Wenn er wüsste, dass Pia mit dem Verschwinden etwas zu tun hat… Die Lage spitzt sich zu, als nachts auch noch eingebrochen wird und sich herausstellt, dass die Figur Teil eines noch viel größeren Rätsels ist. Pia stellt sich der großen Aufgabe und beginnt die Ermittlungen. Sie nimmt sich dabei die Worte von Oma Lore zu Herzen: Sei stark wie ein Bär und furchtlos wie ein Löwe! Ein spannendes und witziges Buch mit tollen Charakteren und skurrilen Einfällen. Fiebere mit Pia und Pepe mit, wie sie gemeinsam einen Plan aushecken, große und kleine Abenteuer erleben und dem/der Täter:in auf die Spur kommen. Eine Detektivgeschichte für alle Krimifans und Spannungsliebhaber:innen!.

Marie Hüttner: Mitternachtsdiebe. Thienemann Verlag, 288 Seiten, 13 €

Die Stadt der Bücher

Dieses Buch ist ein Traum für alle Buchliebhaber:innen und absolut magisch. Sepia wächst in einem Waisenhaus auf und bekommt plötzlich die Einladung, bei einem Meister des Buchdrucks, Silbersilbe, in die Lehre zu gehen. Und nicht einfach irgendwo, sondern in Flohall, der Bücherstadt, in der jede Straße voller magischer Dinge auf sie wartet. Sepia kann ihr Glück kaum fassen und wird voller Wärme in der Druckerei empfangen und sie findet auch ganz schnell wundervolle Freund:innen, die ihr zur Seite stehen. Sanzio, der Lehrling der Buchbinderei und Niki, die Tochter der größten Illustratorin der Stadt, helfen Sepia, die Geheimnisse rund um die Bücherwelt zu erkunden. Denn in Flohall passieren merkwürdige Dinge und als dann auch noch die drei Meister entführt werden, steht Sepias Welt wieder auf dem Kopf und sie setzt alles daran, sie wiederzufinden. "Sepia und das Erwachen der Tintenmagie" ist der Auftakt zu einer sehr vielversprechenden Trilogie, in der sich alles um Tinte, Bücher und Freund:innenschaft dreht. Ich habe mich ab Seite eins total in Flohall verliebt! Ein Buch, das in eine Welt voller Magie und Büchern entführt und auf jeder Seite nach Zimtmilch duftet (es gibt sogar ein Rezept für die leckerste Zimtmilch und ich wurde nicht enttäuscht). Ganz große Leseempfehlung für Fantasy Fans, auch für Erwachsene!

Theresa bell: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie. Thienemann Verlag, 384 Seiten, 17 €

Jud i t h s Tipp berührend und faszinierend

„Cato und die Dinge, die niemand sieht“ ist ein wunderschönes Jugendbuch darüber, dass Menschen nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen. Und über Trost. Und über Freundschaft. Und über Zeitreisen. Klingt nach einer verrückten Mischung? Ist es auch! Catos Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben und das Mädchen hat eigentlich keine Freunde, außer ihrem Kaninchen, das denkt, es sei ein Schwein. Ihr Vater ist seit dem Tod der Mutter nur noch eine leere Hülle und die Haushaltshilfe Cornelia nervt( aber kocht ganz lecker). Da entdeckt Cato in den Herbstferien das Kino von Frau Kano. Dort beginnt sie auszuhelfen und merkt schnell, dass in diesem Kino keine normalen Filme laufen. Es ist ein Zeitreisekino. Natürlich dauert es nicht lange, bis auch Cato die Gelegenheit nutzt, um in die Vergangenheit zu reisen. Und was sie dort heraus findet, lässt sie die Menschen ihrer Gegenwart mit anderen Augen sehen … Die Geschichte von Yorick Goldewijk hat einen ganz eigenen, ungewöhnlich Plot, der für Kinder ab 10 Jahren ein großes Lesevergnügen sein wird und nicht umsonst mit dem Goldenen Griffel ausgezeichnet wurde.

Yorick Goldewijk u. Sonja Fiedler Tresp: Cato und die Dinge, die niemand sieht. Dragonfly, 240 Seiten, 15 €

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Tip p von Elsa
Ein
ab 10 Jahren
Franzis T i pp

Elsas

Die Entwicklung der Menschheit aus der Perspektive der Frau

Ein Buch, das wie ein Familienalbum oder ein Museumsbesuch funktioniert, mit dem du herausfinden kannst, wer eigentlich deine Ur-Ur-Ur…- Großmütter und -väter waren. Hier lernst du einige Vorfahren kennen, von denen du bestimmt vorher noch nicht gehört hattest! Marta Yustos hat, zusammen mit dem Illustrator Diego Rodriguez Robredo ein spannendes und unterhaltsames, extrem schön illustriertes Kinderbuch geschaffen, in dem das besondere Augenmerk den Frauen und Mädchen der Prähistorie gilt. Zurück geht die Geschichte 4 Millionen Jahre - denn unglaublich, aber wahr: wir sind die einzigen Hominiden, die seit etwa 40.000 Jahren leben. Jede Seite dieses Buches enthält eine Fülle von Informationen und Bildern und hält dadurch für unterschiedliche Altersstufen etwas bereit. Wir lernen sibirische Verwandte kennen, wir lesen von der Bevölkerung Europas, erfahren wie Nomaden sesshaft wurden und bekommen einige Pionierinnen vorgestellt, die wir danach bestimmt nicht mehr vergessen. Begebe dich auf diese besondere Reise und erlebe die Geschichte der Evolution des Homo Sapiens aus Frauenperspektive!

Marta Yustos u. Diego Rodriguez Robredo: Femina Sapiens. Midas, 48 Seiten, 20 €

tatsächlich ein must-read

Worte für dieses unglaublich schöne Kinderbuch zu finden ist alles andere als leicht. Wir begleiten die beiden Kinder Toni (-Pepperoni) und ihre beste Freundin Yum Yum bei ihrem Vorhaben eine Nacht im Garten zu zelten. Heimlich ausgestattet mit allerlei Snacks und Brause, ist an Schlaf aber natürlich nicht zu denken. Die beiden wollen stattdessen mit ihrem Funkradio Nachrichten für Tonis Mutter in den Himmel senden. Denn genau wie ihr Vater, leidet Toni unter der großen Vermissung. Doch dann passiert das Undenkbare: jemand antwortet tatsächlich auf ihre Nachricht! Für jedes Kapitel voller Witz, Quatsch und lustigen Challenges der beiden Kinder, lesen wir eine Seite aus Tonis Notizbuch auf denen sie immer wieder von ihrer kürzlich verstorbene Mutter erzählt und wie sie alles an sie erinnert. Wie toll sie gute Laune verbreiten konnte, wie schön der Strand mit ihr war und wie wütend Toni manchmal auf sie war... Stellt euch auf die allerschönste Achterbahn der Gefühle ein, bei der ihr, wie ich, vielleicht die ein oder andere Träne verliert. Die Dialoge der beiden Freundinnen sind so authentisch als hätten sie sie selbst geschrieben und nicht Karen Köhler. Dazu sind einzelne Seiten wunderbar illustriert und in Szene gesetzt. Bitte alle unbedingt lesen!

Karen Köhler: Himmelwärts. Hanser Verlag, 192 Seiten, 19 €

Davids t i p p

So verrückt kann Geschichte sein!

Ein Geschichtsbuch der besonderen Art: Von den Fakten, die du hier enthalten findest, hast du bestimmt noch nicht gehört. Dieses Buch steckt voller verrückter Erfindungen, die die unterschiedlichsten Rekorde brechen, Spaß machen, überraschen und mit denen du garantiert für einige Lacher sorgst, wenn du anderen davon erzählst. Hier nur ein paar Beispiele: das Empire State Building kratzt mit seinen 440 Metern so nah an den Wolken, dass es mehr als 25-mal im Jahr vom Blitz getroffen wird! Oder weißt du eigentlich, was eine Draisine ist? Eine Draisine ist der Vorgänger des Fahrrads und sollte das Pferd ablösen, sie bestand aus Holz und hatte noch keine Pedale. Im Gegensatz zum heutigen Fahrrad eher unpraktisch und nicht besonders stylisch… Außerdem triffst du in diesem Buch auf die erste Spültoilette der Welt, die vor 400 Jahren vom Patenkind von Queen Elizabeth I. erfunden wurde - eine bahnbrechende Erfindung, an die du bestimmt noch nicht gedacht hast! Und noch ein wenig unnützes Wissen, einfach weil es Spaß macht: Du erfährst, welche Farbe die ältesten Wollsocken der Welt hatten, die vor 1700 Jahren in Ägypten hergestellt wurden - eine Info, die man nicht so schnell vergisst!

Mike Barfield: Die erste Achterbahn der Welt und andere erstaunliche Erfindungen. Knesebeck Verlag, 96 Seiten, 18 €

T i p p
Alwins T i p p

Wie Stress weniger stresst

Fines

'Ein achtsamer Mensch befindet sich körperlich und mental im HIER und JETZT.' Ok, ich sitze HIER und JETZT neben meinem Aromadiffusor auf einer Akkupressurmatte, aber fühle mich nicht entspannt. Was mache ich FALSCH?“ Mit extrem viel Witz und literarisch-zeichnerischem Geschickt entführt uns Lucia Zamolo in die Welt des Stress. Wie funktioniert er, was macht er mit Körper und Geist, in welcher Gesellschaft entsteht und besteht er weiter und Allem voran: Wie können wir sinnvoll mit seiner Existenz umgehen und uns nicht entmutigen lassen. In der Selbstoptimierungskritik, die sich in ironisch-sarkastischem Ton durch das gesamte Buch zieht, findet sich Trost und Bestärkung in stressigen Zeiten. Egal auf welcher Seite ich das Buch aufschlage, jedes Wort, jedes Bild sitzt einfach perfekt.Ich lieb's. Sehr!

145 Meter in die Freiheit

Cornelia Franz: Goldene Steine. Carlsen Verlag, 224 Seiten, 14 € Sonjas

Lucia Zamolo: Und dann noch... Bohem Verlag, 108 Seiten, 18 € Joachim Neumann wurde 2012 als Fluchthelfer mit dem Verdienstkreuz ausgezeichnet. Dieses Buch erzählt seine Geschichte. Es ist 1961, eine Clique von Freunden aus Ost-Berlin hat das Abi in der Tasche und macht Urlaub an der Ostsee. Dann kommt der Schock: Ein Freund wird verhaftet und zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt. Gleichzeitig wird die Grenze geschlossen. Joachim "Achim" ist fassungslos und schnell erkennt er: Er will nach West-Berlin. Achims Flucht gelingt, aber schnell wird Achim klar: Er kann nicht einfach so im Westen ein "normales" Leben führen. Zu sehr ist er mit den Menschen in Ost-Berlin verbunden.

Daher beginnt Achim als Fluchthelfer zu arbeiten, u..a. an den Massenfluchten von "Tunnel 29" und "Tunnel 57". Dabei denkt er vor allem an seine Freundin Chris in Ost-Berlin, die er einfach nicht vergessen kann. Aber auch Chris gerät in der DDR zunehmend unter Druck; sie wird manipuliert, unter Druck gesetzt und landet schließlich im Gefängnis. Auch sie will fliehen. Aber wie? Was bewegt Menschen, ihr Leben zu riskieren, um zu fliehen? Was bewegt Menschen, ihr eigenes Leben einzusetzen, um anderen Menschen bei der Flucht zu helfen? Unter welchem Druck stehen diese Menschen? Dieses Buch gibt Antworten dazu - überaus packend und bewegend!

Maja Nielsen: Der Tunnelbauer. Gerstenberg Verlag, 192 Seiten, 14 €

Eine Spurensuche

Fines

t i p p

Leon spielt mal wieder den Starken: als Scherz klaut er einem Fremden seine Mütze – genauer, seine Kippa. Während er diese trägt, wird er von Faschos brutal zusammengeschlagen. Immer mehr zieht er sich zurück, lässt aber nach außen den Starken raushängen. Yara wiederum regt sich über Ungerechtigkeiten lautstark auf, sie hat große Neugierde bezüglich der Shoa, erfährt dabei viel von ihrer Nachbarin, die die NS-Diktatur miterlebt hat. Nikolai versucht dem Verprügelten zu helfen, doch dieser verschwindet, bevor er es vor die Tür schafft, sich fragend, ob der Junge mit der Kippa zu seiner Gemeinde gehört. Am liebsten würde er sich aus allem Politischen raus halten und ein Leben ohne Bevormundung als Jude leben. Nachdem die drei zusammenfinden, entspinnt sich nicht nur eine Jagd nach den unbekannten Faschos, sondern vor allem die Suche nach der eigenen politischen Identität. Die Charakterisierung der drei ist differenziert und interessant geschrieben. Sie ergänzen sich gut, was zwar an mancher Stelle etwas konstruiert und pädagogisch wirkt, die Lesenden aber trotzdem zu überzeugen vermag. Leon, Yara und Nikolai entwickeln sich miteinander und bieten ein spannendes Identifikationspotenzial.

T i p p
t i p p
ab 12 Jahren

Regina Feldmann wurde 1985 in Niedersachsen geboren. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und schreibt Kinderbücher, die in diversen Publikumsverlagen erscheinen. Darüber hinaus engagiert sie sich in Kollektiven / Projekten, die sich für Vielstimmigkeit in der Kinderliteratur einsetzen, und rezensiert Kinder- und Jugendbücher auf dem Social Media-Kanal von AfroKids Germany.

Kannst du uns etwas zu deinem Werdegang erzählen?

Wie wird man eigentlich Kinderbuchautorin?

Ich habe etwas studiert, das gar nichts mit Literatur zu tun hat, nämlich Tourismusmanagement. Darum habe ich auch viele Jahre in der Veranstaltungsbranche in unterschiedlichen Ländern gearbeitet. Zum Kinderbücherschreiben bin ich eher durch Zufall oder besser gesagt, durch meine eigenen drei Kinder (4, 7 und 9 Jahre) gekommen.

Warum Kinderbücher und keine Bücher für Erwachsene?

Ich durchforste den Markt seit Jahren nach guten, diskriminierungsarmen und vielfältigen Kinderbüchern. Im Bilderbuchbereich wird man hier und da schon fündig, aber mir fehlten die spannenden Vorlesegeschichten. Darum habe ich mir die Geschichten für meine Kinder einfach selbst ausgedacht. Da meine Bücher aber jetzt schon mit meinen Kids „mitwachsen“, kann ich nicht ausschließen, dass irgendwann mal ein Jugendbuch oder vielleicht sogar ein Buch für Erwachsene von mir erscheinen wird.

Welche Tipps hast du für Personen, die ebenso ein Buch veröffentlichen möchten? Eines meiner wichtigsten Learnings war, mir ehrliches und konstruktives Feedback einzuholen. Da die Rückmeldungen von Freund*innen und der Familie meistens nicht so schonungslos sind, wie es nötig wäre, würde ich empfehlen, sich hierfür relativ neutrale Personen zu suchen (z.B. in Schreibgruppen). Egal, wie sehr man

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seinen ersten Draft liebt, sollte man außerdem bereit sein, ihn viele, viele Male zu überarbeiten. Wenn man das Buch dann in einem großen Verlag herausbringen möchte, ist es ratsam, sich eine Literaturagentur zu suchen. Das Manuskript kleineren Verlagen anzubieten oder im Self Publishing herauszubringen, ist natürlich auch eine Option.

Wie fängt man an zu schreiben? Hast du einen genauen Plan oder legst du einfach drauf los?

Ich habe meistens eine grobe Vorstellung vom Plot und lege dann direkt los. Wenn ich zu lange warte oder vorher zu viel plane, killt das zumindest bei mir die Kreativität. Viele Ideen kommen ja wirklich erst im Schreibfluss. Manchmal werde ich von mir selbst überrascht, wenn ich vorher noch keinen blassen Schimmer habe, was ich an dem Tag schreiben will und plötzlich eine total witzige Szene auf dem Papier steht.

Woher nimmst du deine Ideen? Manchmal suche ich nach bestimmten Büchern, z.B. um sie für Gesprächsanlässe mit meinen Kindern zu nutzen. Und wenn es sie noch nicht gibt, dann schreibe ich sie einfach selbst. Oftmals unterhalte ich mich auch bei meinen Lesungen mit den Kindern darüber, was sie bewegt und was sie gern lesen würden. Sie sind ja schließlich die Zielgruppe. Aber meistens ploppen mir die Ideen einfach so im All-

tag in den Kopf, wenn ich eine skurrile Situation beobachte oder einfach, wenn ich meinen Kindern zuhöre. Meine Kids sind ohnehin meine größte Inspirationsquelle.

Was ist das besondere an Kami und Mika? Oft gilt die Annahme, dass Diversität in der Kinderliteratur entweder auf belehrende Art vermittelt wird oder mit „Problemthemen“ einhergeht. Als müsse man sich entweder zwischen Diversität oder einer spannenden Geschichte mit vielschichtigen Charakteren entscheiden. Bei „Kami und Mika“ ist die Vielfalt zwar ein selbstverständlicher und organischer Bestandteil des Buches, aber im Vordergrund steht das spannende Abenteuer, das in erster Linie Spaß machen soll.

Inwiefern hat sich der Kinderbuch-Markt verändert in den letzten Jahren? In den letzten vier Jahren ist ein wenig Bewegung in den deutschsprachigen Kinderbuchmarkt gekommen und Diversität spielt eine größere Rolle. Allerdings ist das u.a. vielen kleineren Verlagen zu verdanken, die deutlich weniger Ressourcen haben, aber trotzdem oft mutiger sind als die großen. Damit Diversität kein kurzlebiger Trend bleibt, müssen aber vor allem die Publikumsverlage langfristig mitziehen und das nicht nur in Form von Übersetzungen aus dem Ausland, sondern auch, indem sie die Diversität unter den Buchschaffenden vor Ort fördern.

Bäh! Ein fleischiger rosa Teppich entrollt sich eines Tages durch das Fenster mitten in Kamis und Mikas Zimmer und katapultiert die Zwillinge hinauf in ein magisches Land in den Wolken. Der Teppich entpuppt sich als die Zunge des Chamäleons Konrad – dem Wächter von Wolkenhain. Hier oben dürfen alle so sein, wie sie sind, und niemand muss sich verstellen. Allen voran Konrad, der knallpink ist und seine Farbe nicht der Umgebung anpasst. Doch plötzlich wird der Wächter immer blasser und schwächer. Können Kami und Mika das Chamäleon retten?

Regina Feldmann: Kami & Mika. Band 1. S. Fischer Verlage, 160 Seiten, 15 €

Verflixt! Als Mika sich bei der Prinzessinnenwahl heimlich am Büffet bedient, passiert ihr eine Riesenpanne: Mika sagt das verbotene Wort, bevor sie in eine Bombastfrucht beißt. Das bleibt natürlich nicht ohne Konsequenzen. Plötzlich taucht ein magischer Windstrudel auf, der die Zwillinge davonträgt und in eine wundersame Einöde befördert. Wo sind Kami und Mika da nur gelandet? Und viel wichtiger: Wie kommen sie wieder zurück? Fantasiegeschichten voller Vielfalt, Mut und Freundschaft. Zum Vorlesen und erstem Selberlesen ab 6 Jahren

Regina Feldmann: Kami & Mika. Band 2. S. Fischer Verlage, 176 Seiten, 15 €

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Die Wasserschweine sind los!

Knister-Babybuch: Willkommen in Berlin

ISBN: 978-3-649-64547-4 | € (D) 15,-

Emmy, Tristan und Raul sind richtig gute Freund:innen, die zusammen in einer großen Herde auf einer Wiese im Zoo leben. Noch nie waren sie außerhalb ihres Geheges und sie beginnen damit, sich zu fragen, was wohl hinter dem großen Zaun liegen könnte. Schnell ist klar: sie möchten mehr, sie möchten die Absperrung überwinden und die große weite Welt erkunden! Ihnen gelingt es, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen und auszubrechen. Auf ihren spannenden nächtlichen Ausflügen lernen sie die benachbarten Tiere kennen und erschließen sich nach und nach den großen Zoo. Sie merken: Die Geschichten, die über manche Tiere berichtet wurden, stimmen gar nicht und es können ganz ungewöhnliche, neue Freundschaften entstehen, wenn man damit beginnt, über den Tellerrand zu schauen! Die drei unzertrennlichen Wasserschweinchen haben eine Menge Spaß, feiern ihre allererste Geburtstagsparty mit Brokkoli, stoßen aber auch auf die Mehrschweinchen-Zoo-Mafia. Am Ende wissen sie, was es bedeutet, wild, frei und mutig zu sein, aber auch, dass es Zuhause auch wirklich toll ist und nur Abenteuer und Action auch nicht sein muss! Das Buch ist ein richtig tolles Vorleseabenteuer ab 6 Jahren, das von Anika Voigt wunderschön liebevoll illustriert wurde und mit seinen verrückten Charakteren überzeugt. Diese drei kleinen kleinen Capybaras muss man einfach gern haben!

Matthäus Bär, Anika Voigt: Drei Wasserschweine brennen durch. DTV Verlag, 144 Seiten, 15 €

Rätselblock

639, Band 2, ab 8 Jahren.

Hauschka Verlag, 64 Seiten, 7,90 €

Baby-Body

95326 | € (D/A) 19,95*

Zusammengesetzte Namenwörter

Seltsame Tiere: Ein Wort und ein Tier zusammen ergeben eine neue Sache. Verbinde passend.

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Bücher

Ideale Geschenke für den neuen Erdenbürger! I ♥ Berlin
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ab 8 Jahre, Band 2 Entwickelt, gestaltet und gedruckt Rätselblock ab Jahre kunterbunter Rätselspaß: Labyrinthe, Punkte verbinden, Wörterrätsel, Sudokus und Rechenrätsel, Scherzfragen und Witze und viele neue Knobeleien liebevolle, farbige Illustrationen ideal für zuhause und unterwegs mit Lösungen Noch mehr Titel unter 639_Montage_Cover.indd
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Elsas t i p p
"Spuren suchen kann jeder. Auf das Finden kommt es an."

5 Fragen an Mark-Uwe Kling

(Nein)horn, Känguru und das Klugscheißerchen, wenn du eine Figur aus deinen Büchern zum Leben erwecken könntest, welche wäre es?

Boah. Voll schwer. Aber wahrscheinlich doch das Känguru. Die Welt bräuchte gerade mehr Kängurus.

Bilderbuch, Kinderbuch, jetzt auch ein Jugendbuch, Romane… du versuchst, so viele Zielgruppen wie möglich zu erreichen. Für wen schreibst du am liebsten?

Gerade die Abwechslung macht Spaß. Aber wahrscheinlich hatte ich noch nie so viel Freude wie beim Schreiben des Spurenfinders mit meinen Töchtern.

Mark-Uwe Kling:

Der Spurenfinder.

Ullstein Verlag, 336 Seiten 19,99 €

Wie war es, mit deinen Töchtern ein Buch zu schreiben? Überraschend! Durch die Kinder haben die Dialoge, aber auch der Plot Haken geschlagen, auf die ich alleine nie gekommen wäre.

Wie können wir uns die Abstimmung mit den Illustrator:innen vorstellen? Hast du ganz bestimmte Vorstellungen zu den Bildern oder überlässt du vieles den Kolleg:innen?

Sehr unterschiedlich. Bei den Kinderbüchern macht Astrid Henn meist die ersten Vorschläge und danach besprechen wir die Skizzen. Bein den Känguru-Comics oder beim Spurenfinder habe ich quasi täglich mit Bernd Kissel telefoniert und wir haben uns eng abgestimmt. Beides ist toll. Es gibt kaum etwas schöneres beim Schreiben, wie die ersten Skizen zu bekommen.

Wenn du kein Autor geworden wärst, was wäre dein Beruf geworden?

Tja. Wahrscheinlich Musiker. Oder Filmemacher. Irgendwas mit Kunst wäre es bestimmt geworden.

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© Paula Winkler © Sven Hagolani

Wer Interesse an Büchern und/oder der Buchbranche hat, wird in den letzten Jahren immer häufiger von dem „up and coming“ Genre der YA-Literatur gehört haben. Dabei liest man oft von der YA-Literatur als „neue[m] Phänomen auf dem Buchmarkt“. Auch wird von Journalisten und auch vielen Deutschen [sic!] Verlagen dabei ein besonderes Augenmerkt auf romantische Literatur und Erotica, sowie pastellfarbene Cover und kitschige Illustrationen gelegt. Dabei ist YA so viel mehr (und selbst wenn sie’s nicht wäre, besteht kein Grund abschätzig über sie zu reden, wie es oft nicht nur innerhalb der Branche getan wird). Die BuchBox und das Team unserer eigenen YA-Abteilung, Bittersweet Books, möchten hier mit den 5 größten Vorurteilen über diesen gar nicht so neuen Trend aufräumen. Zuerst aber klären wir euch über ein paar Begrifflichkeiten auf:

1

Romatasy:

Dieses umstrittenn Portemanteau wird genutzt, um moderne Fantasyromane, deren Fokus auch auf einem romatischen Plot liegt, von traditionellen Fantasyromanen abzugrenzen. Dabei ist zu beobachten, dass dies oft nur bei Romanen von weiblichen* Autor:innen nötig zu sein scheint, während Romane von männlichen Autoren, die ebenfalls ein gewisses Maß an spiciness erreichen meist nicht vom „echten“ Fantasyroman getrennt werden(siehe George R. R. Martin’s Game of ThronesReihe). Spicy:

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4

BookTok/Bookstagram:

Sowohl TikTok, als auch Instagram haben in den letzten Jahren zur wachsenden Popularität der YA-Literatur beigetragen. (Eine nicht unerhebliche Rolle spielte hierbei allerdings auch die Covid-Pandemie, während derer viele junge und nicht mehr ganz so junge Leser:innen sich auf den beiden Plattformen stärker vernetzt und ihre Leidenschaft fürs Lesen weiter entwickelt haben).

YA – Young Adult [Literatur]:

2

NA – New Adult [Literatur]:

New Adult Protagonist:innen sind etwas älter, als YA-Held:innen. Sie sind bereits mit den ersten Herausforderungen des Erwachenseins konfrontiert, während YA sich primär mit den Herausforderungen des Erwachsenwerdens beschäftigt. Beide Kategorien würde ich allerdings noch unter dem traditionellen Lable der „Coming of Age“ stories einordnen. In diesem Text verwende ich YA oft synonym für NA – nur wenn eine Distinktion unbedingt nötig ist, dass etwas für eine ältere Leser:innenschaft ist, verwende ich die spezifischere Abkürzung NA.

Der „Würzgrad“ der YA/NALiteratur ist Leser:innen und Buchhändler:innen aus nicht immer unterschiedlichen Gründen sehr wichtig. Die Spiciness eines Romans ist immer relativ dazu, wie explizit die – was Buchhändler:innen früher nur euphemistisch „Stellen“ nannten – ausfallen. Also wie detailliert (aber auch mit wie viel Können) intime Momente zwischen Figuren in den Romanen beschrieben und ausgeschmückt werden. Je mehr Details desto höher der Spice-Level und desto eher wird aus YA- NALiteratur.

5

Die Protagonist:innen der Young Adult Fiction sind typischerweise älter, als die Protagonist:innen in traditioneller Jugendliteratur aber noch zu jung, um als vollständig erwachsen zu gelten. Im Regelfall gehen wir hier von einer Altersspanne von 15 bis 20 Jahren aus. Während die Leser:innenschaft selten jünger aber oftmals auch älter sein kann.

Seit November 2022 findet ihr bei uns eine ganze Abteilung mit YA / NA

Titeln, Fantasy, Science Fiction Romanen und Manga. Unsere Buchhändlerin Charlotte packt hier mal aus und klärt euch über die größten Irrtümer auf!

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Dann kommen wir mal zu den 5 großen Irrtümern über YA:

YA ist ein neues Phänomen

Tatsächlich gilt diese Ausnahme nicht mal in Deutschland als völlig korrekt. Auch wenn viele Deutsche Verlage erst in den letzten Jahren auf den Zug aufgesprungen sind, sind auch unsere hiesigen Buchliebhaber:innen schon seit einer Weile immer mehr an Büchern interessiert, die die Lücke zwischen dem traditionellen Jugendroman und der gängigen „erwachsenen“ Gegenwartsliteratur/Belletristik schließt. Während des Höhepunkts des Harry Potter-Hypes in den frühen 2000ern, mussten Verlage zwar noch Ausgaben mit Covern für „erwachsenen“ herausbringen, damit diese nicht vor Scham eingingen, wenn sie HP in den Öffis gelesen haben. So konnten wir hier schon sehen, dass das Interesse an guter Genre-Literatur Altersgruppen übergreifend war. In den 2010ern kamen dann Die Hunger Games-Reihe und besonders bemerkenswert John Greens „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ heraus, welche weit jenseits ihrer traditionellen Zielgruppe eine Leser:innenschaft fanden. Für mich liegen hier die Wurzeln des aktuellen YA-Trends.

YA ist nur Romance (maximal Romantasy)-Literatur:

Natürlich dominiert romantische und sogenannte Romantasy Literatur die meisten Bestsellerlisten in und außerhallb des YA-Genres. Allerdings ist dies eine grobe Fehleinschätzung. Auch romantische (Sub)Plots spielen in fast allen YA-büchern eine Rolle, so findet ihr unter unseren Bittersweet Books eine weitaus vielfältigere Themenauswahl. Von High Fantasy, über Krimi und Thriller, sowie SciFi und wirklich gruseligen Dystopischen Romanen ist eigentlich für jeden Geschmack und jede:n Leser:in zwischen 15 und 45 immer was dabei!

YA ist nur für Frauen

'The minds of novel readers are intoxicated, their rest is broken, their health shattered, and their prospect of usefulness blighted.' Der YA-Literatur widerfährt derzeit das gleiche Schicksal, wie dem allgemeinen, belletristischen Roman in den ersten Jahrsehnten seiner wachsenden Popularität. Das obige Zitat ist zwar eine Einschätzung über den Einfluss des Romans auf die Gemüter junger Frauen um 1864, man kann sich aber trotzdem auch gut vorstellen, dass Denis Scheck Ähnliches schon mal über YA- Literatur gesagt oder zumindest gedacht hat. Es ist ein wiederkehrendes Phänomen. Etwas, dass sich vorrangig weibliche Popularität erlangt, wird erstmal allgemeinhin als minderwertig empfunden. Dabei schreiben –anders als im Rest des Literaturbetriebs – nur in seltenen Ausnahemfällen weiße cis-Männer YA-Romane, wodurch hier eine Vielzahl diverser Perspektive und Erlebnisse abgebildet werden, die junge Leser:innen in frühren Generationen nicht zugänglich war. Die kann besonders queere Leser:innen abholen. Und auch wenn die deutschsprachige YA/NA immer noch schrecklich

weiß ist, kann man doch hoffen, dass die Popularität dieses Bereichs auch zur weiteren Demokratisierung des Lesens in Deutschland beitragen wird.

YA ist nur etwas für junge Leser:inne / YA ist nur für 18+ Leser:innen

Wie im Glossar schon kurz angerissen. Ich YA nicht immer nur etwas für junge Mädchen*. Wobei ich, als Buchhändlerin, schon in der Beratung darauf achte Eltern keine Bücher mit ü18 Inhalt für ihre u18 Kinder zu empfehlen. Ich glaube jedoch schon, dass auch das Lesen von etwas spicy Literatur bei jungen Menschen weitaus nicht so viel Schaden anricten kann, wie der Konsum anderer freizugänglicher Medien. Und, liebe Eltern, keine Sorge. Sehr viel NA-Literatur bieten wir in Bittersweet eh nicht an. Andersherum würde ich auf jeden Fall auch älteren Kund:innen ab und zu gerne ein YA-Buch in die Hand drücken. Durch die deutlich weniger rigiden Genregrenzen, findet man hier so viele bewegende, herzzerreißende, spannende und vor allem urkomische Bücher. Und seien wir doch mal ehrlich, wir „Erwachsenen“ lesen doch auch gerne ab und zu ein Buch mit „Stellen“.

YA ist keine „anständige“ Literatur

Abschließend muss zu dieser Annahme hier wohl nicht mehr viel gesagt werden. Natürlich ist es wahr, dass die meiste YA-Literatur sich besonders durch eine einfachere Erzählsprache auszeichnet und sich in vielen Fällen „nur“ mit Alltagsproblemen junger Menschen beschäftigt. Im Gegensatz zu der traditionellen Jugendliteratur der letzten Jahrzehnte, wird man hier vergeblich Bücher suchen, die sich zum Beispiel mit zeithistorischen Themen und jüngster deutscher Geschichte beschäftigen (Ein Phänomen, welches sich zum Beispiel im anglophonen YA finden lässt). Was sich hier hingegen finden lässt ist die Verarbeitung größerer gesellschaftlicher Themen durch literarische Parabeln in Fantasy- und dystopischen Romanen; zum Beispiel größer werdende gesellschaftliche Ungleichheit, wie in The Hunger Games oder wachsende Transphobie in Hell Followed with Us, Ideen von Weiblichkeit jenseits physischer Schönheit in Wilder Girls etc etc.

So und jetzt kannst du mit deinem neuen Wissen und ein bisschen Zeit in unserer Bitter Sweet Abteilung genau das Richtige für dich finden.

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Jasmin und Franzi stellen euch ihre liebsten Mangas vor

Kaito: Blue Flag. Carlsen Verlag, 7,99 €

Misaki Takamatsu: Skip & Loafer Altraverse, 10 €

Yuto Suzuki: Sakamoto Days. Carlsen Verlag, 7,50 €

Kanehito Yamada, Tsukasa Abe: Frieren. Altraverse, 10 €

Obwohl ich gar nicht so gerne an meine Schulzeit zurück denke, kann ich in Mangas gar nicht genug davon bekommen. Meine zwei absoluten Lieblinge sind Blue Flag und Skip an Loafer, die beide vom Schulalltag ihrer Protagonist:innen erzählen. Blue Flag ist eine super zarte Geschichte über das Chaos der ersten Liebe und Freundschaft, die von komplizierten Emotionen und persönlichen Konflikten durchzogen ist, während die Figuren durch eine ungewisse Zukunft navigieren. Humor- und hoffnungsvolle Liebegeschichte mit unerwarteten Wendungen und einer Achterbahn der Gefühle.

In Skip & Loafer verlässt Mitsumi Iwakura ihr Dorf auf dem Lande, um ihren Traum in einer Highschool in Tokyo zu verwirklichen. Doch zuerst musst sie sich an das Leben in der Großstadt gewöhnen. Super authentische Figuren und ein Mädchen, das in einer liebevollen Familie aufgewachsen ist und keine Angst hat, andere oder sich selbst zu lieben. Super herzerwärmend, sweet und behandelt subtil Themen wie Trans Identität, Freundschaft und Mobbing.

Für Actionfans kann ich Sakomoto Days nur empfehlen. Hier trifft Abenteuer auf erstklassige Comedy. Taro Sakamoto war der ultimative Auftragskiller und gefürchtet von allen Schurken. Doch darauf folgte Ruhestand, Heirat, Vaterschaft und eigentlich will er nur seinen Laden in der Nachbarschaft hüten. Doch seine Vergangenheit holt ihn ein und es stellt sich die Frage ob er seine Familie noch beschützen kann. Super lustig! Und zuletzt mein absolutes Highlight:

Frieren! Eine Abenteurergruppe hat gemeinsam den Dämonenkönig besiegt und so der Welt den Frieden gebracht. Danach beginnt aber auch für alle ein normaler Alltag. So zieht Frieren, eine Elfenmagierin los, um neue Zauber zu suchen. Ihr steht noch ein langes Leben bevor, ganz im Gegenteil zu ihren Kameraden, die langsam alt werden und sterben. Frieren muss feststellen, dass sie die Menschen, mit denen sie 10 Jahre Abenteuer erlebt hat, kaum wirklich kennt. Schließlich zieht sie mit einer neuen Schülerin durchs Land und stößt dabei immer wieder auf Orte, die sie an die alten Zeiten erinnert. Eine bitter-sweete und manchmal traurige Geschichte über das Abenteuer nach dem Abenteuer. Auf jeden Fall eine ganz neue Art Fantasy zu erzählen mit super viel Herz und Tiefgang.

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T ipps
Franzis

Akaza Samamiya: Mr. Mallow Blue. Tokyopop, 7,50 €

Yusei Matsui: Assassination Classroom. Carlsen Verlag, 7 €

Wataru Hinekure

Aruko: Mixed-up First love. Egmont Verlag, 7,50 €

Mr. Mallow Blue ist ein düsteres und packendes Körpertauschdrama.(In diesem Manga werden Themen wie Mobbing, Depressionen und Suizid verhandelt) Aoi, Sakura und Minazuki fühlen sich in ihren Leben gefangen. Sakura wird in der Schule gemobbt, ihr Mitschüler Minazuki kann keine Gesichter mehr erkennen und der erwachsene Aoi ist depressiv. Als Sakura und Aoi nur noch einen Ausweg sehen, nimmt ihr Leben statt eines schmerzvollen Endes eine schicksalhafte Wendung und beide wachen in dem fremden Körper des jeweils anderen auf. Zusammen versuchen Aoi und Minazuki einen Weg zurück zu finden, während Sakura ihre eigenen, dunklen Pläne schmiedet. Der Manga erzeugt eine spannende Atmosphäre, ohne dabei überdramatisiert zu sein und auch die bedrückende Ausgangslage und ernste Thematik werden immer wieder durch zarte und hoffnungsvolle Momente erhellt.

Assassination Classroom hingegen ist witzig und abgedreht mit der perfekten Mischung aus Comedy und Action. Eine Klasse – eine Mission: Den Lehrer töten, bevor dieser die Erde zerstört. Der Lehrer: Koro-Sensei, ein Oktopus ähnliches Tentakel-Alien, das bereits 70% vom Mond zerstört hat und in einem Jahr das gleiche mit der Erde vorhat. Bis dahin möchte er sich als Lehrer entfalten und unterrichtet die Schüler und Schülerinnen der Klasse 9E. Dabei gibt er ihnen offen die Chance zu versuchen ihn zu töten, fair ist schließlich fair. Dabei merken sie, dass KoroSensei eigentlich gar kein so schlechter Lehrer ist und so bösartig wie sein Plan vermuten lässt, wirkt er irgendwie auch nicht... Ein Manga, der beim Lesen Spaß macht, der ein großes Ensemble an verschiedenen Figuren hat und einen einzigartigen Protagonisten, den man erstaunlich schnell ins Herz schließt.

Mixed-Up First Love! ist unglaublich charmant und zum Schwärmen - Ein Radiergummi und eine Notlüge bringen den Stein der ersten Liebe ins Rollen. Als Aoki sich einen Radiergummi von seinem Schwarm Hashimoto leiht, sieht er den Namen seines vorderen Sitznachbars ‚Ida‘ darauf. Auch Ida sieht seinen Namen auf dem Radierer in Aokis Hand und zieht daraus seine (falschen) Schlüsse. Um Hashimoto nicht in eine peinliche Situation zu bringen, spielt Aoki mit und gibt vor, er sei tatsächlich in Ida verknallt. Daraus entsteht eine chaotische und einnehmende Dreiecksbeziehung zwischen den Figuren, bei der verhängnisvolle Missverständnisse und humorvolle Missgeschicke vorprogrammiert sind. „Mixed-Up First Love!“ beginnt als klassische Dreiecksgeschichte, welche die ein oder andere unerwartete Wendung bereithält und gibt den Auftakt zu einer Reihe, die durch die nicht unrealistische, herzliche Darstellung einer jungen, chaotischen ersten Liebe überzeugt und dazu noch die Verwirrung und Selbstfindung über die eigene Sexualität thematisiert.

63 Jasmins T ipps

Probier’s aus!

Diese Zeichnung kannst du mit Buntstiften kolorieren, nachdem du Outlines gezogen hast.

entnommen aus: Der Manga Workshop. TOPP Verlag, 96 Seiten, 24,99 €

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Illustration entnommen aus: Lucia Zamolo: Und dann noch... Bohem Verlag, 108 Seiten, 18 €

"Ein ziemlich seltsamer Freund Walter" von Sibylle Berg und Julius Thesing handelt von der neunjährigen Lisa, die sich fehl am Platz fühlt und allein. Sie zählt die Jahre, bis sie endlich erwachsen ist und ein neues Leben beginnen kann - fernab der Stadt, in der sie eh keiner mag. Lisa erledigt Aufgaben, die eigentlich ihre Eltern machen müssten, doch diese interessieren sich nicht für sie und ihre Ängste vor anderen Kindern - die hänseln und ärgern sie nämlich. Als der Außerirdische Walter in ihr Leben tritt, ändert sich auf einmal alles in Lisas Leben und es gibt neue Hoffnung... Ein ganz toller Comicroman über Freundschaft und darüber, dass Anderssein toll istjede:r sollte einen Walter haben!

Von dem Indie-Pop-Zwillingsschwestern-Duo Tegan und Sara kommt ihr Bestseller über das Erwachsenwerden, die Selbstfindung durch Musik und Schwesternschaft. Tegan und Sara Quin sind eineiige Zwillinge. Sie sind gerade mit ihrer Mutter und Bruce in ein größeres Haus und in eine neue Schule gezogen. Als sie die Junior High beginnen, müssen sie ihre Ängste überwinden und lernen, getrennt voneinander zu sein! Es ist schon schwierig genug, sich in der Pubertät zurechtzufinden und Freundschaften zu schließen, aber noch schwieriger ist es, wenn die Leute dich nicht von deinem Zwilling unterscheiden können. Großartig illustriert!

Tegan & Sara Quinn, Tillie Walden: Junior High. Ars Edition, 18 €

Sibylle Berg, Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter. Fischer Verlag, 19,90 €

Comic-Tipp von Franzi & Elsa

Save the Date

APR >> 08.

Lesung mit Teresa Bücker zu "Alle_Zeit"

>> 24.

Sissi Chen kommt mit ein paar Kostproben in die Buchbox und stellt ihr Kochbuch "einfach chinesisch" vor

>> 25.

Yvonne Eisenring liest in der Schweizerischen Botschaft

MÄR >> 07.

Lesung mit Katja Eichinger in der Buchbox >> 16.

Seite 19

+ eilauanne

T Teil Tau Tanne

Pf PfeilPfauPfanne

Lesung mit Caroline Wahl in der Backfabrik

>> 21.

JUN >> 10.

Lesung mit Mareike Fallwickl im Colosseum >> 18.

Lesung mit Miranda July im Colosseum

JUL >> 14.

BILDERBUCHFEST in der Lettestraße

>> 22.

Open Air Lesung mit Marie Luise Ritter im Cassiopeia

+ eeeileest

T Tee TeileTest

F FeeFeileFest

+ andaubatteeiterampe

L LandLaubLatteLeiterLampe

Lesung mit Nadine Olonetzkys in der Buchbox. Moderation: Shelly Kupferberg

R RandRaubRatteReiterRampe

+ ildaumieneachein

B BildBaumBieneBachBein

Sch Schild SchaumSchiene SchachSchein

+ ausundeerut

M MausMundMeerMut

H HausHundHeerHut

+ aseebelummeragel

N NaseNebel Nummer Nagel

H HaseHebel Hummer Hagel

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Viel Spaß beim Spielen!

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Lösungen von S.58

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Die Illustration auf der Rückseite dieser BOXPOST! ist von: Eine Initiative der Kurt Wolff Stiftung, Gestaltung: Golden Cosmos / @ goldencosmos

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Hänsel und Gretel Aschenputtel Großmutter, was hast du für große Ohren? Heute back ich, morgen brau ich,

Das war die

BOXPOST

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Ausschnitt aus dem Buch: Sven Nordqvist: Pettersson und Findus. Eine Geburtstagstorte für die Katze. Oetinger Verlag. 15

Impressum

Herausgeber: Buchbox Entertainment UG, Lettestraße 5, 10437 Berlin

Gestaltung: Franziska Schwarz

Lektorat und (Bild-)Redaktion: Elsa Stappenbeck und Franziska Schwarz

Verantwortlich: David Mesche

Autor:innen: Janina, Sonja, Laura, Steffen, Moira, Fine, Johanna, Erika, Charlotte,

Judith, Marie, Jasmin, Erika, Alwin, Rafael, Hannes, Cassandra, Elsa, Yannik, David, Franzi

Coverfoto: Maximilian Gödecke

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Kastanienallee 97 Lettestraße 5 Grünberger Straße 68 Greifswalder Straße 33 English Bookstore Kastanienallee 88
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