Jahresberichte der Profitcenter : Wohnen
Portrait
Ein Tag im Leben eines Betreuers im Wohnbereich 5.45 Uhr : Herr I. ist der erste von 15 Bewohnern, die bis um 7 Uhr telefonisch oder persönlich direkt in der Wohngruppe vor Ort geweckt werden müssen. Heute darf Frau N. nicht vergessen werden, sie wird ausnahmsweise zu ihrer eigenen Beruhigung die nächsten drei Tage geweckt, in denen sie überbetrieblichen Kurs hat und auf keinen Fall verschlafen will. 6.45 Uhr : Herr S. wird persönlich geweckt ; er reagiert nicht auf unser Klingeln und Klopfen an der Tür. Wir öffnen mit dem Reserveschlüssel und wecken den immer noch tief schlafenden Herrn S. Gemäss Vereinbarung warten wir 15 Minuten vor der Tür, um Herrn S. die Möglichkeit zu geben, aus eigenem Antrieb in die Gänge zu kommen. In der Zwischenzeit wecken wir per Handy Frau G. und Herrn R. Mittlerweile müsste Herr S. für den Arbeitsweg parat sein. Und wirklich, wir verabschieden uns pünktlich von ihm, als er aus der Haustür kommt. Leider erhalten wir gegen 9 Uhr die Info aus dem Betrieb, Herr S. sei 30 Minuten zu spät zur Arbeit gekommen. Er hat nach Verlassen der Wohnung noch einmal umgedreht, um sich wärmer anzuziehen. 7.15 Uhr : Frau T. ruft aufgeregt an, sie habe verschlafen und müsse mit dem Zug zur Schule, ob sie wohl jemand an den Bahnhof bringen könnte. Wer kann da schon nein sagen. Heute wird ausnahmsweise Herr H. nach Absprache mit Therapeut und Arbeitsbereich direkt zur Schule nach Weinfelden gefahren. Er konnte die letzten beiden Male wegen massiver Ängste beim Zugfahren nicht zur Schule. 7.30 Uhr : Herr G. holt seine Medikamente im Wohnbereichsbüro ab und nimmt sie unter Aufsicht ein. 8.30 Uhr : Die ersten « Vermisstenmeldungen » aus den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen treffen ein. Beim Nachschauen bei den einzelnen Wohngruppen treffen wir Verschlafene, nicht ordentlich abgemeldete Kranke oder « Bereitsgeweckte-und-dann-wieder-Eingeschlafene » an. Wir fordern die Bewohner auf, sich sogleich anzuziehen und zur Arbeit zu gehen oder sich korrekt abzumelden und einen Arzttermin zu vereinbaren. Mit Unverständnis vernehmen wir die Info aus der Schule, dass Herr M., der frühzeitig und persönlich geweckt wurde, trotz anderslautender Versprechungen nicht in der Schule erschienen ist.
10 Uhr : Frau G. leidet unter Kreislaufproblemen und muss vom Wohnbereichsteam zum Arzt gefahren werden. 10.30 Uhr : Frau Anderes vom Personalbüro lädt zu einem Auswertungsgespräch mit dem IV-Berufsberater, dem Arbeitsbereich und dem Bewohner Herr B. ein. In der Wohngruppe an der XXstrasse 7 ist der Tumbler defekt. Das Wohnbereichsteam schaut nach, muss jedoch wegen der Art des Schadens einen Fachmann anfordern. 11 Uhr : Momentan ist es ruhig und es bleibt Zeit, den fälligen Abschlussbericht zu einem Bewohner nach absolvierter Abklärung zu verfassen. 12 Uhr : Der kranke Herr G. bittet um das Mittagessen, das wir im Usblick in speziellen Transportgefässen abholen und vorbeibringen. Zuvor organisieren wir noch die notwendige Essensmarke aus dem Arbeitsbereich. Die Mittagszeit bietet sich an, um im besetzten Wohnbereichsbüro Abfallsäcke für die Wohnung oder verordnete Medikamente zu holen oder aber die Rechnung für gekauftes Waschpulver gegen Bares einzutauschen. 13.30 Uhr : Geplant ist in dieser Zeit eine Teamsitzung, die notwendige Übergabe, Planung und der Austausch zwischen den Teammitgliedern. 14.30 Uhr : Vorbesprechung des morgigen Standortgesprächs von Frau M. mit dem Teamleiter aus dem Arbeitsbereich. Anschliessend Austausch mit dem Teamleiter aus der Druckerei. Frau Y. ist derzeit psychisch angeschlagen, kann sich schlecht konzentrieren, zieht sich zurück. Wir erarbeiten Strategien und vereinbaren ein Gespräch zu dritt. 15 Uhr : Heute findet ein Vorstellungsgespräch im Personalbüro bei Frau Anderes statt, Herr X. würde gerne für zwei Wochen im Brüggli schnuppern, betreutes Wohnen inklusive. 16 Uhr : Wir holen Herrn Z. aus dem Arbeitsbereich Montage für den Eintritt in eine Wohngruppe ab. Herr Z. wir die nächsten drei Monate wegen einer Abklärung im Brüggli arbeiten und wohnen. Nach den Eintrittsformalitäten und der Vorstellungsrunde innerhalb der Wohngruppe zeigen wir Herrn Z. die wichtigsten Örtlichkeiten in Romanshorn. Wir bekommen einen aufgeregten Anruf eines Teamleiters aus der Logistik : Herr T. hat sich daneben benommen. Ein gemeinsames Gespräch mit möglichen Konsequenzen ist notwendig.
17 Uhr : Dienstschluss bei Brüggli ; Einkauf mit Herrn P., er findet sich im Einkaufszentrum noch nicht zurecht und bittet uns deshalb um Unterstützung. 17 : 30 Uhr : Die erste Wohngruppensitzung am Abend. Schön ist, dass alle Bewohner vor Ort sind. Nach einem Gespräch über die Benutzung der Waschmaschine putzen wir gemeinsam das Wohnzimmer, das Bad und das WC. Herr S. fragt an, ob wir heute gemeinsam die Schmutzwäsche sortieren könnten. In der nächsten Wohngruppe werden wir schon zum gemeinsamen Kochen mit anschliessendem Essen erwartet. Gestärkt geht es in die nächste Gesprächsrunde. Heute müssen Reklamationen der Nachbarschaft geklärt werden. 21 : 30 Uhr : Frau K. wohnt seit drei Monaten in einer Einzelwohnung, sie ist für diesen Tag unsere letzte Station. Heute braucht sie ihren Wohnbetreuer als Reflektionspartner für ihre privaten Sorgen und Nöte. Auf unserem Weg ins Wohnbereichsbüro machen wir noch einen kurzen Abstecher in die Wohnung an der YYYstrasse 1. Herr A. hat heute Abend seinen wöchentlichen Putzdienst nicht erledigt. Wir lassen uns auf einen zusätzlichen Kontrolltermin um 22 Uhr vertrösten – da ist dann aber vorbildlich geputzt. 22 Uhr : Die Nachtwache kontrolliert, ob unsere Minderjährigen wie vereinbart in der Wohnung sind. Ein kurzer Weg über den Bahnhof zeigt uns, welcher unserer Bewohner sich noch mit Kollegen auf ein Feierabendbier trifft. Sie zeigen sich einsichtig, angesichts der fortgeschrittenen Zeit in die Wohnung zu gehen und nehmen den angebotenen Fahrdienst gerne an. 23 Uhr : Aufgeregt ruft Herr H. an, er komme gerade aus der Abendschule in Zürich nach Hause um festzustellen, dass er seinen Hausschlüssel in der Wohnung vergessen habe. Beruhigend, dass in unserem Büro schnell der Ersatzschlüssel greifbar ist. Fast zeitgleich meldet sich Frau U. und klagt über massive Unterleibsschmerzen. Sie stöhnt, sie weint, sie leidet ganz offensichtlich, und ihr Bauch fühlt sich hart an. Wir rufen über den diensthabenden Notarzt das Krankenauto, Frau U. wir vor Ort untersucht und ins Spital gebracht. 3 Uhr. Die Nachtwache holt Frau U. in der Notfallambulanz des Spitals wieder in die Wohnung zurück. Die Beschwerden haben sich erfreulicherweise als harmlos erwiesen. Gudrun Knab-Topka, Bereichsleiterin Wohnen
«Die Zusammenarbeit mit Brüggli ist so, wie ich sie mir wünsche: professionell, unkompliziert, freundlich. Ich profitiere von dem grossen Know-how in den verschiedenen Disziplinen bei Brüggli — und das alles unter einem Dach. Was mich besonders beeindruckt, ist die wertschätzende Haltung, welche die BrüggliMitarbeitenden gegenüber allen Beteiligten zeigen.» Stephan Good
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Berufs- und Laufbahnberater, IV-Stelle St.Gallen 33 • Jahresbericht Brüggli | 2012