EB 32046 – E. Franck, Sonate Nr. 1

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Edition Breitkopf

E. Franck Sonate Nr. 1 für Violine und Klavier c-moll

Sonata No. 1 for Violin and Piano in C minor op. 19 EB 32046



Eduard Franck 1817–1893

Sonate Nr. 1

für Violine und Klavier c-moll

Sonata No. 1

for Violin and Piano in C minor op. 19

herausgegeben von | edited by

Nick Pfefferkorn

Edition Breitkopf 32046 Printed in Germany


II

Vorwort Eduard Franck (1817–1893) entstammte einer Breslauer Ban­kiers­ familie und offenbarte seine musischen Gaben schon in früher Ju­ gend, bereits als Neunjähriger spielte er Bachs Wohl­tem­pe­riertes Klavier. Als Niccolò Paganini ihn 1831 in Bad Ems konzertieren hörte, wollte er ihn als Begleiter für sein Konzert einsetzen, was je­ doch am Einspruch von Francks Mutter scheiterte. Sie war es aber, die zur rechten Zeit (gemeinsam mit Eduards Bruder Hermann) den schon damals berühmten Düsseldorfer Musikdirektor Felix Mendels­sohn Bartholdy als Lehrer für ihren Sohn gewann und damit dessen Einstieg in den musikalischen Beruf entscheidend voranbrachte. In seiner Heimat galt Eduard Franck als Vorkämpfer der musi­ kalischen Romantik. Sein freundschaftlicher Umgang mit Musikern wie Robert Schumann und dem gleichaltrigen William Sterndale Bennett, erst recht aber mit Mendelssohn, wiesen ihm die Rich­ tung und prägten den jungen Mann nachhaltig. Seine ersten Publi­ ka­tionen fanden bei ihnen freundliche Aufnahme und Kritik. Das in Leipzig bei Kistner gedruckte Opus 1, Zwölf Studien für das Piano­forte, konnte er 1837 seinem Lehrer Mendelssohn hochach­ tungsvoll zueignen. Trotz dieser starken und für Franck prägenden Eindrücke blieb eine eigenständige Entwicklung nicht aus. Zuneh­ mend trat er aus dem Schatten der Vorbilder heraus und man wür­ digt ihn heute weniger als Nachfolger denn vielmehr als Vermittler zwischen den Generationen, der bereits manch Neues der großen Meister wie Brahms und Bruckner vorwegnahm. Mendelssohn hatte Eduard Franck bereits in Düsseldorf und später in Leipzig unter seine Fittiche genommen und es folgten bald gemeinsame Konzerte. Franck gewann rasch öffentliche An­ erkennung: Egal, wo er als Pianist zu hören war, sein Klavierspiel hinterließ stets bleibenden und tiefen Eindruck. Immer wieder wird die klassische Ruhe, die wundervolle Gleichheit des Anschlags, die perlende Deutlichkeit der Figuren und die Wärme des Aus­ drucks hervorgehoben. Die Anerkennung beschränkte sich nicht auf Deutschland; er erwarb sie, wo immer er sich präsentierte. Im Freundeskreis um seinen Bruder Hermann traf er in Paris auf Frédéric Chopin und spielte ihm die neu erschienenen Variations Sérieuses von Mendelssohn vor. Die Zeit nach den Jahren bei Mendelssohn kann man durch­ aus Lehr- und Wanderjahre nennen, während derer sich Franck in Deutschland, Frankreich und England, am liebsten aber in Italien aufhielt. Reiche Anregung brachte ihm Rom, wo er Mitglied der Congregazione ed Accademia di Santa Cecilia wurde. Der Abschied von Italien fiel ihm schwer, aber er glaubte es seinem Fortkommen als „deutscher Musikant“ schuldig zu sein, in der Heimat zu wirken. Die Mendelssohns traf er in Berlin wieder, wo Fanny Hensel in ihrem Salon einen Kreis hervorragender Musiker um sich ver­ sammelte. Dort begegnete ihm die aus Eckernförde stam­mende

und von namhaften Dichtern umschwärmte Pianistin Tony Thiedemann (1827–1875), die er 1850 heiratete. Aus der Ehe gin­ gen drei Kinder hervor, unter ihnen der spätere Komponist Richard Franck (1858–1938), der, wie sein Vater, in Bezug auf die Musikent­ wicklung eine eher konservative Haltung zeigte. Eduard Franck konnte 1849 im Leipziger Gewandhaus sein Clara Schumann gewidmetes erstes Klavierkonzert in d-moll vortragen, dem Ignaz Moscheles „edle Haltung, poetische Ideen und gute Instrumentation“ bescheinigte. Auch mit einer Reihe anderer Werke hatte er Erfolg, sodass er 1851 an die Rheinische Musikschule in Köln als Lehrer für Klavier, Partiturspiel und Musik­ theorie berufen wurde. Sehr fruchtbar gestaltete sich der enge per­ sönliche und fachliche Kontakt mit Ferdinand Hiller, unter dessen Leitung die Schule zu einer der führenden Institutionen dieser Art ausgebaut wurde. Die dort entstandenen Werke Francks fanden durchweg gute Resonanz, neben Orchesterwerken (Sinfonien, Ouvertüren) auch die Violinsonaten op. 19 und 23 und andere Kammer­musikwerke. Zu einem wirklichen Triumph jedoch geriet sein unter Hillers Leitung aufgeführte erste Violinkonzert in e-moll (1855). 1859 wechselte Franck an die neu gegründete Musikschule in Bern, deren Leitung er übernahm. Geehrt mit dem Titel eines Pro­ fessor honorarius und dem Doktortitel war er weitgehend verant­ wortlich für das Musikleben von Stadt und Universität. Bücher zur Geschichte des Konservatoriums und Manuskripte zu mehreren Klaviersonaten erinnern dort an ihn. Allerdings zeigte er damals eine Scheu zu publizieren, die vorwiegend in einer ausgeprägten Selbstkritik begründet gewesen sein mag. 1867 gewann Julius Stern Eduard Franck für sein Berliner Kon­ ser­­va­torium, und von 1878 bis 1892, also bis ins 75. Lebensjahr hinein, wirkte er an Emil Breslaurs Konservatorium. Hier, in Berlin, schüttete er ein Füllhorn längst vollendeter, aber zurückgehaltener Werke aus, darunter eine weitere Symphonie, die hier vorliegenden Streichsextette op. 41 und 50, ein Klavierquintett, ein Streichquar­ tett und etliche Klaviermusik. Der ersten Violoncellosonate op. 6 ließ er mit op. 42 eine zweite folgen. Die so spät publizierten, ebenso aber die erst posthum auf­ gegriffenen oder wiederentdeckten Werke – von 18 Klaviersonaten sind bis heute erst 9 veröffentlicht – belegen nachdrücklich, dass Franck in den Jahren seines Schweigens ungebrochen komposi­ torisch tätig war. Die beiden 1882/84 komponierten und posthum erschienenen Sextette op. 41 und 50 sind bedeutende Bestandteile einer spä­ teren Schaffensperiode, besonders deutlich bei op. 50 angesichts seiner wehmütigen, retrospektiven Grundstimmung. Paul Feuchte


III

Zur Edition Die vorliegende Sonate erscheint im Rahmen einer Auswahledition bei Breitkopf & Härtel, die das musikalische Schaffen von Eduard Franck beleuchten und seine Werke erstmals in einheitlicher Text­ gestalt zugänglich machen soll. Die Nachfahren des Komponisten Paul Feuchte (Freiburg) und Andreas Feuchte (Hamburg) haben in jahrelanger Arbeit nahezu jedem Werk, dessen Autograph sich nicht im Nachlass des Komponisten und damit im Besitz der Er­ ben befindet, eine maßgebliche Quelle zuweisen können. Auffällig ist hierbei, wie auch bei den Werken des Sohnes Richard Franck, dass bei etlichen zu Lebzeiten der Komponisten erschienenen Werke keine authentischen handschriftlichen Quellen überliefert sind. Für die vorliegende textkritische Ausgabe der Werke müssen somit zwei gedruckte Quellen die Basis bilden: Erstausgabe der Klavierstimme, erschienen 1853 im Verlag von M. Schloss, Köln, Plattennummer 129, sowie die Erstausgabe der Violinstimme, ebenda.

Editionsprinzipien Die Erstausgabe von op. 19 enthüllt bereits bei einfacher Durch­ sicht zahlreiche Fehler, die wohl mehrheitlich auf Nachlässigkeiten des Stechers zurückzuführen sind. Beginnend bei rhythmischen Ungenauigkeiten wie vergessenen Fähnchen an Achtel- bzw. Sech­ zehntelnoten, verrutschten oder vergessenen Akzidenzien, über fehlende Schlüsselung bis hin zu offensichtlichen Notenfehlern, ist das ganze Repertoire an Ungenauigkeiten abgedeckt. Hinzu

kommt, dass die gedruckte Solostimme oftmals gravierende Unterschiede zu der Stimme aufweist, mit der der Klavierpart im Erstdruck überlegt ist. Möglicherweise handelt es sich um eine von Franck nachträglich eingerichtete bzw. revidierte Stimme, deren Änderungen nicht mehr in den Stich der Klavierfassung einfließen konnten. Bei der Erarbeitung des Notentextes wurden Francks Eigenhei­ ten in Bezug auf Nomenklatur, Zeichensetzung, Schreibweise von Dynamik und Tempobezeichnungen wo immer es möglich und sinnvoll erschien, beibehalten. Diese sind aus authentischen hand­ schriftlichen Quellen bekannt. In Ermangelung anderer Quellen und in Abwägung aller sinnvoll erscheinenden Möglichkeiten hat sich der Herausgeber in diesem Fall dazu entschieden, der gedruckten Klavierstimme als Hauptquelle zu folgen und Korrekturen sowie Emendationen durch diakritische Zeichen im Notentext kenntlich zu machen. Dies geschieht durch editorische Klammern bei Vor­ trags- und Dynamikbezeichnungen sowie durch Strichelung bei Bögen und Crescendo-Gabeln. Franck legte großen Wert auf die Verlängerungsstriche nach cresc.- oder dim.- Anweisungen. Dem wurde, wann immer möglich, Rechnung getragen. Einige Stellen wurden jedoch im Sinne einer besseren Lesbarkeit oder in Angleichung an andere Instrumente bzw. benachbarte Takte in die grafische Notation durch Gabeln aufgelöst. Nick Pfefferkorn


IV

Preface Eduard Franck (1817–1893), born into a Breslau banking family, had already revealed his musical talents by playing Bach’s Well-Tempered Clavier at the age of nine. When Niccolò Paganini heard him give a concert in Bad Ems in 1831, he wanted the youth as an accompanist for his concert, but this failed due to the objection of Franck’s mother. It was she, however (together with Eduard’s brother Hermann) who at the right time was able to persuade the then famous Düsseldorf music director Felix Mendelssohn Bartholdy to teach her son, thus decisively forwarding his entry into the musical profession. In his homeland Germany, Eduard Franck was considered a pioneer of musical Romanticism. His friendly relations with musi­ cians such as Robert Schumann, his peer William Sterndale Ben­ nett, and above all with Mendelssohn, had a lasting impact in point­ ing the young man in the right direction. They warmly accepted and reviewed his first publications, and in 1837 he was able, very respectfully, to dedicate his opus 1 Zwölf Studien für das Pianoforte [Twelve Studies for the Piano] to his teacher Mendelssohn. Not­ withstanding these strong impressions, formative for Franck, his independent development was inevitable. Increasingly emerging from the shadow of his role models, he is valued today less as a successor than as a mediator between generations, one who has already anticipated much that was still to come from such great masters as Brahms and Bruckner. After Mendelssohn had taken Eduard Franck under his wing as early as in Düsseldorf, as well as later in Leipzig, joint concerts soon followed, with Franck quickly gaining public recognition: No matter where he was heard as pianist, his playing always left a deep and lasting impression. Repeatedly emphasized were the classic calm, the wonderfully even keystroke, the sparkling figural clarity, and the warmth of expression. Recognition was not limited to Germany but attained wherever he presented himself. Within the circle of friends around his brother Hermann he met Frédéric Chopin in Paris and played for him Mendelssohn’s newly published Variations Sérieuses. The period subsequent to the years with Mendelssohn can cer­ tainly be called his apprenticeship, during which Franck spent time in Germany, France, and England, but most preferably in Italy. He was greatly inspired in Rome where he became a member of the Congregazione ed Accademia di Santa Cecilia. Departing Italy was difficult, but he believed he owed his development as a “German musician” to being active within his own homeland. He once again encountered the Mendelssohns in Berlin where Fanny Hensel gathered in her salon a circle of outstanding mu­ sicians. There he met the Eckernförde woman pianist Tony

Thiedemann (1827–1875), idolized by well-known poets, whom he married in 1850. The marriage produced three children, including Richard Franck (1858–1938), the later composer whose attitude towards musical development was, like his father’s, rather conser­ vative. In 1849 Eduard Franck was to play his first piano concerto in D minor, dedicated to Clara Schumann, in the Leipzig Gewand­ haus. Ignaz Moscheles described it as of a “noble attitude, [with] poetic ideas and good instrumentation.” After success with a number of other works he was appointed in 1851 to the Rheinische Musikschule [Rhenish Music School] in Cologne as instructor of piano, score playing, and music theory. With Ferdinand Hiller, under whose direction the school was developing into one of the leading institutions of its kind, his close personal and professional con­ tact turned out to be very fruitful. Franck’s works composed there were well received, including besides orchestra works (sympho­ nies, overtures) also the violin sonatas opp. 19 und 23, and other chamber music works. His first violin concerto in E minor (1855), performed under Hiller’s direction, was even a real triumph. Franck relocated in 1859, taking over the direction of the newly founded music school in Bern. Honored with the title of Professor honorarius and the doctorate, he was largely responsible for the musical life of both city and university. Books on the conservatory’s history, together with manuscripts of several piano sonatas, evoke his presence there, though at the time, he showed a reluctance to publish, due mainly perhaps to his pronounced self-criticism. In 1867 Julius Stern succeeded in recruiting Eduard Franck for his Berlin Conservatory, from 1878 to 1892, thus up to the age of 75, he was active at Emil Breslaur’s Conservatory. Here in Berlin, he poured out a cornucopia of works that had long been completed but were previously held back from publication, including another symphony, the string sextets opp. 41 and 50, a piano quintet, a string quartet, and a number of piano pieces. The first cello sonata op. 6 was followed by a second, op. 42. The works published so late, but also the works first taken up or rediscovered posthumously – of eighteen piano sonatas only nine have been published to date – firmly demonstrate that during his years of silence Franck must have gone on composing uninter­ ruptedly. The two sextets opp. 41 and 50, composed in 1882/84 and pub­ lished posthumously, are important elements of a later creative period, as is particularly evident in op. 50 with its nostalgic, retro­ spective mood. Paul Feuchte


V

On the Edition The present edition is being published by Breitkopf & Härtel as part of an anthology edition highlighting Eduard Franck’s musi­ cal oeuvre and is intended to make his works accessible for the first time in a standardized text format. Over years of work, the composer’s descendants, Paul Feuchte (Freiburg) and Andreas Feuchte (Hamburg), have been able to assign an authoritative source to nearly every work whose autograph is not located in the composer’s estate and thus within the heirs’ possession. Particu­ larly noteworthy here, just as it is for the works of his son Richard Franck, is the fact that for several works published during the composer’s lifetime, no authentic manuscript sources are extant. Hence, the present critical text edition of the works must be based on two printed sources: First edition of the piano part, published 1853 by M. Schloss, Cologne, plate number 129, and the first edition of the solo part, ibid.

Editorial Guidelines The first edition of the violin sonata op. 19 reveals numerous errors, most of which can be traced back to the engraver’s negligence. From rhythmic inaccuracies, such as forgotten flags on eighth or sixteenth notes, slipped or forgotten accidentals, to missing clefs to obviously wrong notes, the entire repertoire of inaccuracies is

covered. In addition, the printed solo part often massively differs from the one printed above the piano part. It might be possible, that those differences originate in a revision by Franck, however, they obviously could not be incorporated into the engraving of the piano version. In preparing this edition, Franck’s idiosyncrasies in terms of nomenclature, placement of dynamics and articulation, notation of dynamics and tempo markings are maintained wherever this appears possible and seems reasonable. These are known from other verifiably authentic manuscript sources. In the absence of any authentic handwritten sources and after weighing all appar­ ently sensible options, the editor decided in this case to follow the printed piano part as the main source and to mark emenda­ tions and corrections by diacritical marks within the music text, by means of editorial brackets for performance and dynamic mark­ ings, as well as by dashed lines for slurs and ties and crescendo hairpins. Franck attached great importance to the prolongation lines after cresc. or dim. markings. This was taken into account whenever pos­ sible, though some passages in the graphical notation have been resolved by hairpins for better readability or to align them with other instruments, or to adjacent measures. Nick Pfefferkorn





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