Leseprobe | Einfach Phänomenal

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2012

DER GEIST DES WALDES Paul Nicklen Dieser Bär hat zur Rettung eines Waldes beigetragen. Der weiße Kermodebär, auch Geisterbär genannt, ist eine Unterart des Amerikanischen Schwarzbären. Geisterbären sind ausschließlich in den gemäßigten Regenwäldern British Columbias an der Westküste Kanadas heimisch, und dort vor allem auf den küstennahen Inseln. Dieser Bär lebt auf Gribbell Island, wo zwei Drittel der Kermodebären von beiden Elternteilen das rezessive Gen geerbt haben, das zu ihrer weißen Fellfärbung führt. Das Foto entstand zur Zeit der Lachswanderung, wenn die Fische zu ihren Laichplätzen stromaufwärts schwimmen; der Bär hat sich von seinen Artgenossen zurückgezogen, um seinen Fang in aller Ruhe allein zu verspeisen. Nur wenige Jahre zuvor war die gesamte Küstenregenwald-Region Gefahr gelaufen, abgeholzt zu werden. Doch 2006 war es Naturschützern nach 20-jährigem Kampf und mit dem Geisterbären als Symbol für den »Great Bear Rainforest« gelungen, den Großteil des Waldes unter Schutz zu stellen. Im selben Jahr ernannte man den Bären zum offiziellen Symbolsäugetier von British Columbia. Eine Theorie bezüglich der Frage, warum die weißen Bären trotz ihrer Auffälligkeit überleben können, besagt, es liege daran, dass sie tagsüber beim Lachsfischen viel erfolgreicher sind als ihre dunklen Verwandten. Unzweifelhaft eine größere Rolle spielt jedoch, dass die in der Region ansässigen First Nations es als Tabu ansehen, die Tiere zu töten und ein Gesetz aus dem Jahr 2016 verbietet die Bärentrophäenjagd auf ihrem Territorium. Die Jagd auf Schwarzbären ist in British Columbia zwar immer noch offiziell erlaubt, doch zumindest die Kermodebären sind inzwischen sicher.

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