Bier Magazin #5 Winter 2020

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Ausgabe 5 —Herbst / Winter 2020 ¤ 5,—

Der große Switch zur Dose Dosenbier international auf dem Vormarsch

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Südtirol

Brauereien zwischen Tradition und Moderne

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Waldbier Das Jahr der Eiche

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Bierpartei

Mit Humor im „Kampf der Ideen“

Biermagazin.at — craftbierfest.at

Das österreichische

BIER Magazin


DIE CULTURBRAUER LIVE IM INSTA-TALK!

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9 . DEZEMBER

Karl Schwarz

10 . DEZEMBER

Heinz Huber

16 . DEZEMBER

Seppi Sigl

17 . DEZEMBER

Ewald Pöschko

PRIVATBRAUEREI ZWETTL

MOHRENBRAUEREI

TRUMER PRIVATBRAUEREI

BRAUCOMMUNE FREISTADT

Klaus Möller

Karl Trojan

Hubert Stöhr BRAUEREI

Sepp Rieberer

Weihnachtsbiere — besondere Spielarten!

Was wir anders machen — the new generation!

Knifflige Strukturen: Genossenschaft & Commune

+

+

PRIVATBRAUEREI HIRT

SCHREMSER PRIVATBRAUEREI

Die Rohstoffe im Klimawandel

Thema

Thema

+

SCHLOSS EGGENBERG

Thema

+

BRAUEREI MURAU

Thema


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Editorial

LIEBE Bierfreundinnen und bierfreunde!

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Bilder: Rodauner Biermanufaktur, Michael Mickl

ie Bierbranche wurde 2020 von Corona und sei­ nen Folgen wie den wiederholten Schließungen der Gastronomie hart getroffen. Die Pandemie und wie die Bierszene mit ihr umgeht ist – wenn auch nicht immer explizit – ein Teil dieses Hefts, das sich wie gewohnt Neuigkeiten aus der Branche widmet: in seiner Coverstory dem wachsenden Erfolg der Dose am Biermarkt, in einer kleinen Reportage etwa der Bier­ szene in Südtirol.

Ganz explizit und auf jeder Seite mitklingend ist dieses Heft Micky Klemsch gewidmet. Er hat dieses Magazin erdacht, auch diese Ausgabe noch geplant und großteils umgesetzt. Ende Oktober 2020 ist er plötzlich verstor­ ben. Neben der Nachhaltigkeit und seinem – auch poli­ tischen – Engagement für Umwelt und Kultur war Bier eines der Lebensthemen von Micky. Er hat schon als junger Mensch in dieser Branche gearbeitet, die ihn nie losgelassen hat. Ohne ihn würde es weder unser Craft Bier Fest noch dieses Magazin geben. Micky Klemsch hat – das kann man ruhigen Gewissens sagen – die hei­ mische Bierlandschaft gerade in den letzten Jahren als Vernetzer mit Leidenschaft und Humor beeinflusst. Micky hatte in dieser Branche viele Freunde, die ihn nun ebenso vermissen wie wir den umtriebigen Kollegen. Einer dieser Freunde hat ihm ein Bier gewidmet – mit 6 Vol.-% ist es an der Einstiegsgrenze für ein „Micky-Bier“ angesiedelt. Und zwischen diesen vielen Abschiedsgrüßen an Micky wissen wir gleichzeitig schon: Es wird auch in den kommenden Monaten und weit darüber hinaus noch viel von und über Micky zu teilen geben. Bis dahin verbleiben wir daher dankbar und mit seinen munteren Waldgrüßen, Martin Mühl für das Craft Bier Team

Micky Klemsch (1967–2020)


Inhalt

14 Dosenbier:

Der Trend zum Craft-Bier in der Dose

20

Bierszene Südtirol

Zwischen Tradition und Moderne

32

Waldbier

Gereift im Eichenfass


Inhalt 3

8

20

34

40

Editorial

Untapped Virtual Festival

Bierszene Südtirol

Gasthausbrauereien

Bier Club Supersud

4

12

Inhalt

Ausgetrunken

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Impressum

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News

Brauerei Liesing

14 Dosenbier

Auch in Österreich kommt der Trend an

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Kevin kostet

36

Die Biere von Ten.Fifty

Bierpartei Mit Humor

Waldbier

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32

Gereift im Eichenfass

zum Bezirksrat

Der Bierclub zum Craft Bier Fest

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Buchtipps

Galerie

Impressum Produktion und Medieninhaberin: SUPERSUD GmbH, Wohllebengasse 16/6, 1040 Wien — Geschäftsführer: Martin Mühl — Chefredakteur: Micky Klemsch — Gestaltung: Michael Mickl — Coverbild: Istock.com/Mingirov — Autoren: Romana Beer, Manuel Fronhofer, Micky Klemsch, Martin Mühl, Jürgen Schmücking, Kevin Reiterer — Lektorat: Manuel Fronhofer — Druck: Walstead NP Druck, 3100 St. Pölten — Kontakt: info@craftbierfest.at

BEERLOVERS. Bilder: Istock.com/marioguti, forst, Gabriela Koch

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CRAFT BEERS


Bier-News

Max & Malz goes Bio Austria Maximilian Meinl, ehemals Musikveranstalter aus Kalham, braut seine vier Biersorten nach alten Rezepten. Nun ist der handwerliche Brauer für alle Produkte auch Bio-Austria-zertifiziert.

Original Hochzeitsbier

Nur weil das Münchner Oktoberfest abgesagt worden ist, heißt das nicht, dass man keine Festbiere genießen darf. Peter Kramer kreierte schon im Vorjahr ein Bier, das genau wie dessen Original anlässlich des ersten Oktoberfests 1810 schmecken soll. Heuer sogar mit stilechtem Tonkrug. Und wenn Sie Glück haben, gibt es noch etwas davon.

Bierzahl!-Mobil

Das Bierzahl!-Gewinnspiel der Fra­ stanzer Brauerei gehört seit Jahren zu den erfolgreichsten Online-Gewinn­ spielen in Vorarlberg. Den Hauptpreis, einen Citroën Méhari Baujahr 1975 im Bierzahl!-Design hat Geschäftsführer Kurt Michelini der glücklichen Gewinnerin persönlich überreicht.

Tour de Franz

Jährlich lädt Olympiasieger Franz Klammer 120 Radfahrerinnen und Radfahrer persönlich zu seiner Charity-Radtour durch Kärnten ein. Im Jubiläumsjahr der Hirter Brauerei war Start und Ziel in eben­ dieser Genussstätte. Wenn das nicht Motivation genug war?

Bilder: Bio Austria / Max malz, Hirter Brauerei, Frastanzer Brauerei, Brau union Österreich, Brew age, SpechtBräu

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Bier-News

Bierwechsel bei Wiener Fussballclubs

Während die Wiener Austria von einem steirischen Bierpartner zur regionalen Marke Schwechater wechselte, bekommt man ab dieser Saison in der Allianz Arena bei Rapid-Spielen statt Ottakringer Bier steirisches Bier von Gösser. Von der grünen Farbe her passt es ja.

Brett Affe

Der Affenkönig ist sicher eines der Aus­ hängeschilder von Brew Age, dass öster­ reichweit auch in Marktregalen steht. Zum zweiten Mal haben die Wiener Brauer ihr Double IPA erneut verbrettert. Nach der Hauptgärung wurde Brettanomyces-Hefe hinzugefügt und somit eine langsame Nachgärung in Gang gesetzt. Die streng limitierten Flaschen gibt es im Brew-Age-Webstore.

Der Specht wächst

Gerade mal 2017 gegründet, musste die niederös­ terreichische Brauerei Specht heuer schon expan­ dieren. Oder wie es Brauer Alexander Chloupek ausdrückte: „Von einer kleinen in eine größere Garage!“ Auf 600 Quadratmetern braut er nun in Kogl bei Sieghartskirchen seine vor­züglichen regionalen Biere.

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Kurz und gut

Erstes europäisches virtuelles Bierfestival Die große Bier-Plattform Untappd veranstaltete im November eine ganze Reihe exklusiver Verkostungen.

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n Zeiten der Covid-Pandemie haben wir schon an di­ versen Online-Veranstaltungen teilgenommen. Untr anderem veranstaltete Österreichs Craft-Bier-Spezi­ alist Beerlovers Online-Tastings, bei denen gemeinsam mit Brauern oder Personen aus der Szene verschiedene Themenbereiche verkostet wurden. Die Biere für die daheim über einen Stream verbundenen Teilnehmer wurden zeitgerecht versandt. Im November führte Untappd, die weltweit führende Social-Media-Anwendung für Bier und Brauereien, das erste virtuelle Untappd-Festival durch. Untappd startete 2010 und hat mittlerweile acht Millionen Nutzer welt­ weit. Die europäische Ausgabe des Festivals begann am 14. November und lief über eine ganze Woche. Sie um­ fasste eine Vielzahl von Live-Inhalten, gepaart mit einer interaktiven Festivalkarte, die es den Besuchern ermög­ licht, nach Belieben teilzunehmen und die Angebote des Festivals in aller Ruhe zu erkunden.

In Zusammenarbeit mit dem Online-Bierhändler Beer Merchants beinhalten die Eintrittskartenpakete eine Lieferung von während der Veranstaltung in ex­ klusiven Verkostungen vorgestellten Biersorten direkt an die Teilnehmer. Diese können aus Paketen wählen, die Live-Verkostungen am Samstag, am Sonntag oder an beiden Tagen inkludieren. Jede Eintrittskarte um­ fasst eine kuratierte Auswahl an Biersorten, die an die Teilnehmer verschickt wird, den Zugang zu der beglei­ tenden Live-Verkostung und ein Wochenende voller vir­ tueller Feierlichkeiten. Die Veranstaltung knüpft an den Erfolg von Untappds erstem Virtual Beer Festival in den USA an, für das die Eintrittskartenpakete in nur einer Woche ausverkauft waren. Zusätzlich zu fünf Bierverkostungen pro Tag bietet das Festival Interviews mit Braumeistern, offene Q&As, Live-Bands, Brauereiführungen und vieles mehr. Zu den Brauereien, die an der europäischen Veranstal­

Bilder: Untappd

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hr Rund um die Urs.at ve o www.BeerL op Online Sh

Österreichs Grösster Craftbeer Store tung teilnehmen, gehören: Other Half Brewing, Neon Raptor Brewing, Lervig, Garage Beer, Single Cut Beers­ miths, Põhjala, Brasserie de la Senne, Jack’s Abby Craft Lagers, Omnipollo und Koninklijke Grolsch. „Wir von Beer Merchants freuen uns, gemeinsam mit Untappd an diesem kreativen Festival teilzuneh­ men. Es ist eine großartige Gelegenheit, das, was wir am besten können, nämlich Versand und Abwicklung, zu nutzen, um Bierliebhabern eine Möglichkeit zu bieten, an einer interaktiven Veranstaltung wie die­ ser teilzunehmen“, so Ben Selby, Operations Manager bei Beer Merchants. „Sich bei einem Bier zu treffen, ist etwas, das wir heutzutage alle vermissen, und wir sind stolz darauf, einen Weg zu bieten, diese Art der sozialen Interaktion neu zu erschaffen.“ ××

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Kurz und gut

Ein erheblicher Teil des BeerLovers-Sortiments wird auch in der Getränkewelt Klosterneuburg erhältlich sein.

Ammersin eröffnet Getränkewelt in Klosterneuburg Einen Getränkehandel gab es in der Inkustraße 22 in Klosterneuburg schon lange. Doch bald erstrahlt die Halle des ehemaligen Getränke Wagner in neuem Glanz.

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er Getränkehändler Ammersin, bekannt nicht zu­ letzt für den Beerlovers Shop in der Gumpendorfer Straße, gestaltet hier seinen neuen Flagship-Store und bündelt dabei die Getränkekompetenz aus allen bestehenden Stores. Auf einer Verkaufsfläche von 240 Quadratmetern steht ab dem 7. Dezember eine unglaubliche Auswahl feinster Getränke für Durstige bereit. Auch ein erheb­ licher Teil des Beerlovers-Sortiments wird hier erhält­ lich sein. Gestaltet wird der Shop vom Innerarchitekturspezi­ alisten Derenko, der als Wiener Traditionsunterneh­ men seit 1910 begeistert Gastronomieprojekte plant

und umsetzt, sowie vom Experten für Ladeneinrich­ tung und -ausstattung Wanzl. Das Ergebnis ist ein roher Industrielook mit viel Platz zum Sehen und Ge­ sehen-Werden. Sehen lassen kann sich übrigens auch die acht Meter lange Kühltheke, dank der der Durst sogleich wohltem­ periert gestillt werden kann. Neben dem breitgefächerten Sortiment und dem gewohnt freundlichen, kompetenten Service erwartet die Besucherinnen und Besucher auch die Möglichkeit, spannende Produkte zu verkosten – sobald wieder er­ laubt und sicher – und sich mit eingeladenen Winzern, ×× Brauern und Destillateuren zu treffen.

Bild: Ammersin

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Wir trinken nur Champagner …aber wir nehmen auch euer Biergeld.

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Ausgetrunken

text – micky klemsch

Brauerei Liesing


BildER: Bezirksmuseum Liesing

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ie Brauerei Liesing – der Wiener Bezirk war damals noch ein kleiner Vorort der Hauptstadt – geht auf Johann Georg Held zurück, der das Brauhaus 1838 fertigstellte. Die Brauerei bestand aus teilweise verputz­ ten Backsteinbauten beiderseits der Werkstraße. Dass die Liesinger Brauerei aber zu einer der wichtigsten Brauereien im Kaiserreich wurde, verdankt sie vor al­ lem dem Südbahnanschluss, dem auch die Entwicklung des kleinen und unbedeutenden Orts Liesing zum Ge­ richtsbezirk und später zur Stadt geschuldet ist. Im Jahr 1928 fusionierte die Brauerei mit der Öster­ reischischen Brau AG. Strategische Überlegungen des

Ausgetrunken

Konzerns verlagerten in den späten 1960ern die Pro­ duktion schließlich an andere Standorte. Das letzte Bier wurde 1973 in Liesing gebraut; danach wurden noch Li­ monaden und Sodawasser abgefüllt. Im Jahr 2006 wur­ de mit dem Abbruch der kompletten Brauerei begonnen. Heute steht dort eine riesige Wohnhausanlage und das Einkaufscenter Riverside. An die Brauerei erinnern noch der Name einer Busstation und einer Brücke über die Liesing. Einzig die von den bekannten Architekten Fellner & Helmer gestaltete Restauration mit dem cha­ rakteristischen Turm steht noch und beheimatet heute ×× eine Billardhalle und einen Reifenhandel.

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Bier aus dosen

text – Romana beer


Bier aus dosen

Der groSSe Switch zur Dose Bild: istock.com / Mingirov

Scrollt man durch die Instagram-Profile von US-Craft-Brauereien, sieht man vor allem eines: Dosen. Dosen am Strand, vor Kaminfeuer und am Berggipfel. Glänzende und matte Dosen. Dosen in knalligen Farben und in Pastelltönen. Dosen im Retrodesign und mit minimalistischen Illustrationen. Der Trend zum Craft-Bier in der Dose ist – vor allem in den USA – nicht neu, scheint aber immer noch Fahrt aufzunehmen. In Österreich steht er hingegen gerade erst am Anfang.

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Bier aus dosen

G

leich hinter dem Eingang des größten Craft­ bier-Shops des Landes, dem Beerlovers in der Wie­ ner Gumpendorfer Straße, befindet sich ein großes Regal, in dem die Neuheiten von Craft-Brauereien aus der ganzen Welt aufgereiht sind. Flaschen gibt es in diesem Regal nur vereinzelt – dafür umso mehr Dosen: Berliner Weiße von BRLO, Chocolate Stout von Brewdog und IPA von New Belgium etwa. „Alle, die jung und in­ novativ sind, machen gerade den kompletten Switch zur Dose“, erzählt Beerlovers-Chef Markus Betz.

Klischee „billiges Dosenbier“ Im gesamten Sortiment des Shops macht Bier in der Dose aber immer noch einen kleinen Anteil aus. Und das spiegelt auch das Einkaufsverhalten wider. Dieses habe sich zwar in den fünf Jahren seit der Eröffnung von Beerlovers sehr verändert, sagt Betz, „aber immer noch kauft nur ein sehr kleiner Prozentsatz Dosen“. Ge­ rade Kundinnen und Kunden, die auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk sind, würden auf Flaschen bestehen. „Das liegt am Klischee der Dose.“ So sei etwa


bei Verkostungen immer wieder zu hören, Bier aus der Dose schmecke nach Aluminium, „aber das ist ja heute nicht mehr der Fall“. Das Klischee vom „billigen Dosenbier“ wurde 2016 auch in einer britischen Studie untersucht: Probandin­ nen und Probanden wurde dasselbe Bier, ein Session IPA der schottischen Barney’s Brewery, aus der Dose und aus aus der Flasche serviert. Der Tenor: Das Bier aus der Flasche schmecke besser. Danach wurde das­ selbe Bier noch einmal serviert – in Becher umgefüllt. Und, siehe da, die Probandinnen und Probanden konn­ ten keinen Geschmacksunterschied mehr feststellen.

Bilder: Romana Beer, ARA / werner streitfelder

Recycling: unbegrenzt Ein weiteres Vorurteil, das an der Dose klebt: Sie sei besonders schlecht für die Umwelt. „Dosen werden in der Öffentlichkeit als Sinnbild für Littering dargestellt“, bringt es Christoph Scharff, Vorstand von Altstoff Recy­ cling Austria (ARA), auf den Punkt. Und auch wenn Dosen Untersuchungen zufolge gar nicht so oft achtlos weggeworfen werden wie andere Verpackungen: „Jede Dose, die in der Natur und nicht in der richtigen Tonne landet, ist eine zu viel.“ Die Dose hat allerdings einen großen Vorteil: Alumi­ nium kann unbegrenzt recycelt werden. „Wenn Geträn­ kedosen in unseren Sammelbehältern landen, dann haben wir bereits gewonnen“, so Scharff. Denn dann steht dem Recycling nichts mehr im Weg. 86 Prozent der Metallverpackungen werden in Österreich wie­ deraufbereitet. Am Ausbau des Sammelsystems wer­ de ständig gearbeitet, „denn die getrennte Sammlung funktioniert am besten, wenn sie für die Konsumen­ tinnen und Konsumenten bequem ist und immer und überall zur Verfügung steht“. Dass sich die Ökobilanz der Dose „in den letzten Jahrzehnten maßgeblich verbessert“ hat, liegt neben dem Recycling, mit dem im Vergleich zur Neuproduk­ tion rund 95 Prozent der Energie eingespart werden, auch am Materialeinsatz. „Da hat sich viel getan“, sagt Scharff. „Das Durchschnittsgewicht einer Dose konn­ te in den letzten Jahrzehnten um 20 Prozent reduziert werden. Auch das verringert den ökologischen Fußab­ druck deutlich.“

„Es fehlt das Junge, Verrückte“ Beerlovers-Chef Betz sieht bei der Dose nur Vorteile. Was den Trend zur Dosenabfüllung betrifft, sei Öster­ reich dennoch „ziemlich weit hinten“. Eine Ausnah­ me ist die Brauerei Bevog aus Bad Radkersburg in der

Bier aus dosen

„ Jede Dose, die in der Natur und nicht in der richtigen Tonne landet, ist eine zu viel.“ Christoph Scharff, ARA

Steiermark, die einen Großteil ihrer Biere in kunstvoll gestaltete Dosen abfüllt. Sehr viele von den 314 öster­ reichischen Brauereien seien aber traditionelle Braue­ reien, sagt Betz – und nicht jeder Brand eigne sich gut für die Dose. Die beiden Wiener Craft-Brauereien Brew Age und Next Level Brewing zum Beispiel könnten, so der Biersommelier, „sofort in Dosen abfüllen“. Im Gro­ ßen und Ganzen fehle in Österreich aber „ein bisschen dieses Junge, Verrückte, extrem Kreative, das wir zum Beispiel in England und Italien sehen“. Hinter der Entscheidung, ob Dose, Flasche oder bei­ des, stehen oft auch ganz pragmatische Gründe. Denn im Gegensatz zu großen Brauereien müssen sich klei­ nere Player meist aus finanziellen Gründen und aus Platzmangel für eine einzige Abfüllanlage entscheiden. „Sehr viele würden gerne in die Dose abfüllen, aber ih­ nen fehlen Ressourcen und Geld“, sagt Betz. Und während in den USA in den letzten Jahren viele Brauereien ihre Flaschenabfüllanlagen verkauft haben und ganz auf die Dose umgestiegen sind, ist in Österreich Flaschenabfüllung immer noch die Norm. So manche Brauerei, die sowohl in Dosen als auch in Flaschen abfüllt, stellt ihre Dosenabfüllanlage auch für sogenannte Lohnfüllkunden zur Verfügung. So liefert etwa die Privatbrauerei Zwettl ihr Bier nach Unterradl­ berg bei Sankt Pölten, wo es in der Abfüllanlage von Egger in Dosen gefüllt wird. Und auf der Anlage von Ottakringer wurden schon Budweiser-Dosen abgefüllt.

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Bier aus dosen

„ In Österreich hat Bier in der Dose noch nicht das Image, das es verdient.“ Michael Neureiter, ottakringer BrauWerk

1979 wog eine Puntigamer-Dose noch 48 Gramm …

Abfüllanlage auf vier Rädern Mit einer mobilen Dosenabfüllanlage fährt seit ei­ nem Jahr Alpine Canning durch Österreich und seine Nachbarländer – drei Freunde, die sich in den USA kennengelernt und die Geschäftsidee der mobile canning line von dort mitgebracht haben. „Wir haben uns gedacht: Wenn das in den USA gut funktioniert, kommt es irgendwann auch zu uns. Also könnten wir das einfach machen und damit auch neuen Schwung in die Craft-Bier-Entwicklung bringen“, erzählt Michael Oberberger. Logistik ist bei Alpine Canning

Alpine Canning fährt seit einem Jahr mit einer mobilen Abfüllanlage durchs Land.

das Um und Auf. In der Nähe von Wien, von Rosen­ heim und von Ljubljana hat das Unternehmen jeweils ein Lager, in dem sich Tausende leere Dosen stap­ peln. „Wir versuchen alle Wege mit vollem Truck zu fahren, damit wir nicht ohne Dosen in einer Brauerei stehen“, so Oberberger. Zwischen 12.000 und 15.000 Dosen passen in den Truck – je nachdem, ob es mehr 0,33- oder 0,5-Liter-Dosen sind. Dazu noch die Abfül­ lanlage, die gemeinsam mit einem Produzenten für die Zwecke des Start-ups angepasst wurde, sowie eine Etikettiermaschine.


Bier aus dosen

Bilder: Salla Feil, Ottakringer Brauerei, Johnny What photography, BeerLovers / Simon Rainsborough

Zwölf Gramm pro Dose „In der Dose ist Bier am optimalsten vor Licht und Luft geschützt. Auf eine Palette passen doppelt so viele Do­ sen wie Flaschen – und sie ist um ein Vielfaches leich­ ter“, beschreibt Oberberger die Vorteile der Dose. Zwölf Gramm wiegt eine 0,33-Liter-Dose aus Aluminium nur noch, 14 Gramm die Halbliterdose. Natürlich habe auch die Flasche ihre Berechtigung – „aber sicher nicht in dem Verhältnis, in dem sie jetzt bevorzugt wird“. Den Grund für dieses Ungleichgewicht sieht Ober­ berger in der „in Österreich sehr traditionellen Braukul­ tur“. Die Qualität sei hoch, aber oft seien „die Gedanken eingefahren und das ist ein bisschen ein Hindernis“. In den USA hingegen sei die fehlende Brautradition viel­ leicht sogar ein Vorteil: „Man geht sehr pragmatisch an die Sache heran: Wie kann Bier über weite Wege ideal transportiert werden? In welchem Gebinde wird die Qualität am besten erhalten? Und dann setzt man das um.“

„Interesse an der Dose nimmt zu“ „In Österreich hat Bier in der Dose noch nicht das Image, das es verdient“, sagt auch Michael Neureiter, Leiter des Brauwerks. Die Kreativbrauerei von Ottak­ ringer brachte im letzten Jahr mit dem Big Easy, ei­ nem Session IPA, erstmals ein Bier in der Dose her­

… heute wiegt eine Dose nur noch zwölf Gramm.

„ es fehlt ein bisschen dieses Junge, Verrückte, extrem Kreative, das wir zum Beispiel in England und Italien sehen. Einzelne Brauereien könnten aber sofort in Dosen abfüllen.“ Markus Betz, Beerlovers

aus. Und auch im kommenden Jahr soll zumindest ein Brauwerk-Bier in Dosen abgefüllt werden. In puncto Produktqualität sei die Dose der Flasche deutlich über­ legen, so Neureiter. Im Moment sei für ihn zwar „noch schwer vorstellbar, dass die Dose in die traditionelle Gastronomie Einzug finden wird“, aber: „Das Interes­ se an der Dose nimmt zu.“ Angst, Kunden zu verlieren, weil diese von der Dose so begeistert sind, dass sie eine eigenen Abfüllanlage anschaffen, hat das Team von Alpine Canning jeden­ falls nicht. Oberberger sieht das Unternehmen genau in dieser Nische: „Brauereien können einen Sud in der Dose ausprobieren und schauen, wie das ankommt.“ Füllt eine Brauerei nach einiger Zeit selbst ab, sei das der optimale Fall. Denn dann kämen andere Brauerei­ en nach, die die Dosenabfüllung ausprobieren wollen. „Wir sind dynamisch“, sagt Oberberger, „so wie die ganze Branche“. ××

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20 Bierszene Südtirol

text – Jürgen schmücking

Mander, s’isch Zeit!

Bild: istock.com / StevanZZ

Südtiroler Brauereien zwischen Tradition und Moderne


Bierszene Südtirol

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Bierszene Südtirol

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örggelen!!! Denkt man – gerade jetzt, im Herbst – an Südtirol, denkt man an Most und jungen Wein, an den röstigen Duft heißer Kastanien, an Speck, Wurst und Sauerkraut. Und natürlich an Knödel. Bier spielt in der kulinarischen Landschaft Südtirols nicht die erste Geige. Und das obwohl die Brautradition des Landes auf eine stattliche Geschichte verweisen kann. Seit über 1.000 Jahren wird hier Bier gebraut. Heute gibt es im Etsch- und Eisacktal eine Reihe spannender Brauereien mit eigener Gaststube. Und dann ist da auch eine lebendige und höchst kreative Craft-Bier-Szene am Werken. Auch, wenn beide schwer vom Virus gebeutelt sind und unter den Einschränkungen in Gastronomie und Tourismus leiden, lohnt ein Blick auf die Bierszene Südtirols. Oder gerade deswegen. Reist man als Österreicherin oder Österreicher nach Südtirol, macht man das in der Regel vom Norden kom­ mend, über den Brenner. Der erste, für Genießer nicht ganz irrelevante Ort in Italien ist dann Sterzing. Oder Vipiteno – je nach Ausprägung der Italophilie. Jedenfalls ist die Stadt seit jeher ein zentraler Versorgungspunkt an einer der zentralsten Nord-Süd-Achsen Europas. Deshalb ist die gastronomische Tradition hier besonders stark aus­ geprägt. Und auch Bier wurde gebraut. Seeberbräu, 1875 von den Wirten Peter und Ignaz Seeber gegründet, ist eine der bedeutendsten Brauereien Tirols, das damals noch nicht „durch harten Kampf entzweigeschlagen“ war. Die beiden Weltkriege besiegelten jedenfalls das Schick­ sal des Seeberbräus. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Verkauf nach Nordtirol verboten, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb von der Brauerei Forst über­ nommen und die Sudhäuser in Sterzing stillgelegt. Seit 2016 hat sich eine kleine Gruppe privater Bierfreunde

„Nach Hause telefonieren“ – Forst: eine Brauerei, modern wie ein Raumschiff. eines alten Rezepts angenommen und braut – in homöo­ pathischen Mengen wohlgemerkt – ein „Sterzinger“, das an die einstige Größe seiner Braukunst erinnern soll. Ver­ kauft wird das Bier am Weihnachtsmarkt. Ein paar Kilometer weiter südlich liegt Vahrn. Hier liegen die nördlichsten Weingärten Italiens. Eisacktaler Sylvaner, Riesling und sogar Grüner Veltliner wachsen in diesem kühlen Terroir. Hier ist auch der Hubenbauer zuhause. Eine Buschenschank. Aber eigentlich ein gast­ ro-kulinarisches Unikum mit Landwirtschaft, Eisdiele, Metzgerei – und natürlich einer eigenen Hofbrauerei. Seit zehn Jahren wird am Hof der Hubenbauers Bier gebraut. Zuerst „nur“ als Hobby von Alexander Stolz. Weil ihm nicht gefiel, was der Markt ihm bot. Seit 2018 aber in beachtlichen Mengen und vor allem höchst professionell. Zwei Biere wollen besonders hervorgehoben werden. Da wäre zum einen der „Treibstoff“. Genauer gesagt, „A Hol­ be Treibstoff“. Ein Lagerbier, ein Klassiker also mit frisch-hefiger und floraler Note. Heißt zwar „Treibstoff“, geht aber runter, wie Öl. Dann ist da noch der „Hopfenstolz“. Das Blond Ale ist der erste Hopfenstopfversuch der kleinen Brauerei, und damit haben Stolz und Wohlgemuth (Kom­ pagnon und Bier-Buddy des Bauern) einen Voll­ treffer gelandet. Ein zartbitterer Apéro, exotisch und zitrusfrisch. Ein perfekter Speisenbegleiter in der weniger deftigen Abteilung der alpinen Küche Südtirols. An den Rezepten basteln und hobeln die beiden Freaks jedenfalls selbst. Die

Bilder: FORST, Sachsenklemme

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Braugerste kommt aus dem Land, der Hopfen wird am Hof angebaut, und das Wasser kommt direkt von einer Quelle am Schalderer Berg. So geht regional.

Sachsen und Brixen in der Klemme Ortswechsel. Immer noch Eisacktal. Sachsenklemme. So ein Name erfordert eine Erklärung. 1809 hatten die Tiroler die Schnauze voll von der bayerisch-französi­ schen Herrschaft. Nach der zweiten Schlacht am Bergisel schickten die erbosten Franzosen Truppen (vom Süden kommend) über den Brenner, kamen an einer engen Stelle im Tal vorbei, witterten Lunte und schickten ihre Verbündeten, die Sachsen voran. Jetzt haben sich aber die Tiroler Schützen in den Hängen über dieser Enge versteckt und als die Sachsen durchmarschieren wollten, hagelte es Steine, Kugeln und Baumstämme. Die Sachsen waren in der Klemme. Heute ist dort ein Hotel (Sachsenklemme) und eine Brauerei (A. H. Bräu). Wobei A. H. für Andreas Hofer steht. Wofür sonst? Das Konzept der Brauerei ist ein­ fach: modernes Design, sowohl im Gastro- wie auch im Brauereibereich, eine gewisse Größe (um auf Touristen vorbereitet zu sein), Südtiroler Kost, Pizza und dazu zwei erfrischende, unkomplizierte Bio-Biere. Zusätzlich hat das Bräu noch regelmäßig wechselnde Saisonbiere im Angebot. Und hier zeigen die Braumeister, wo der Ham­ mer hängt: Egal, ob Stout, Rauch- oder Rotbier – was hier im Braukessel brodelt hat Klasse und Potenzial. Ein

Der Sandwirt Andreas Hofer wacht über Tirol und sein Bier.

Bierszene Südtirol

herbstlicher Tipp und Favorit des Autors: das dunkle und malzig-würzige Kastanienbier. Ein obergäriges Ale, bei dem Kastanienmehl und Rauchmalz eine tragende Rolle spielen. Törggelen-Alarm! Eine Empfehlung (für Brixen) schmerzt ein we­ nig. Köstlan Brauwerkstatt Brixen eine kleine, feine Craft-Bier-Brauerei musste sich – hoffentlich nur vor­ erst – dem Coronavirus geschlagen geben und die Brau­ erei schließen. Nachdem bereits im März die beliebten Führungen eingestellt wurden, sind jetzt auch die Stahl­ tanks leer und das Sudhaus steht still. Kundinnen und Kunden wurden Ende September über diesen Schritt in­ formiert. Es könnte also durchaus sein, dass man in dem einen oder anderen Restaurant in Südtirol die Bio-Biere

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Bierszene Südtirol

Alt (das Wirtshaus) und Neu (das Sudhaus) in gelungener Harmonie: das Batzenhäusel. von Köstlan noch bekommt. Die Südtiroler Bio-Hotels hatten sie jedenfalls fast ausnahmslos auf ihren Karten: Elmar Braun vom Pennhof in Barbian, Gerd Tauber in seinem Bio-Vitalhotel in San Sigismondo im Pustertal oder der Vinschgauer Friedl Steiner im Panorama. Sogar Südtirols einziger Drei-Sterne-Koch Norbert Niederkof­ ler hat(te) die Köstlan-Biere im Angebot. Es waren ganz herausragende Kreationen, die Diplom-Biersommelière Dagmar Gneisler und ihr Team gebraut haben. Unver­ gesslich zum Beispiel Skuro, das kohlrabenschwarze Cof­ fee Stout, oder Alma, ein helles Kreativbier, bei dem die Brixener zeigen, dass sie auch Pale Ale können. Bleibt nur zu hoffen, dass sich alles zum Guten wendet und die Kessel bald wieder brodeln. Vorletzte Station Bozen. Das Batzenhäusl. Oder das Batzen­bräu. Je nach Perspektive. Das Batzenhäusl im Stadtkern von Bozen hat eine lange Geschichte. Als Hos­ piz von Ordensbrüdern, als Weinschenke, als Künstler­ treff und Galerie. Seit 2002 wird in der Andreas-­HoferStraße (wo sonst) auch gebraut. Die Produktpalette ist umfangreich und umfasst drei Linien: die Batzen Clas­

sics, die Meistersud-Edition und die Seasonal-Biere. Da­ bei sind die Classics schon ein wenig mehr als klassisch. Neben Pils, Dunkel, Weiß und Lager gibt es noch ein Colonial IPA und „Go Sexy“. Wobei sich letzteres Bier am alten Goslaer Stil orientiert. Ein milchsauer vergo­ renes Sauer Ale mit Koriander, Salz (ja, Salz). Hell und erstaunlich erfrischend. Die Meistersud-Biere sind da schon tiefgründiger und komplexer. Und auch kraftvol­ ler. Batzen Barley Wine zum Beispiel. Ein kaffeebrau­ nes Bier, das mit seinem Alkoholgehalt scharf an der 10-Prozent-Marke vorbeischrammt und mit hochreifen

Bilder: BAtzen

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Bierszene Südtirol

(und exotischen) Fruchtnoten ebenso überzeugt wie mit nussigem Sherry-Ton. Auch Batzen Kranewitten kann sich sehen lassen. Für Tiroler (Nord- wie Süd-) mag der Name geläufig klingen. Kranewitt (oder weiter nördlich Kranebitt) ist der volkstümliche Name für den Wachol­ der, und der kommt (gemeinsam mit Bergsalz und Pfef­ fer reichlich in dieses obergärige Spezialbier. Quasi der Gin für Bierfreaks. Sehr zitrusfruchtig, leicht scharf, gut gelungen. Schließlich die Seasonals: Bock (Ostern), Chocolate Stout (Herbst), Weisser Bock (Weihnachten).

Das kleine Südtirol kann auch ganz groß Zum Schluss, um die Sache einerseits zu vervollständi­ gen, andererseits auch abzurunden, noch eine Erwäh­ nung / Empfehlung: Forst. Weil es irgendwie nicht mög­ lich ist, über Südtirols Bierwelt zu schreiben, ohne die Algunder Brauerei zu erwähnen. Der Schriftzug ist im Eisack- und im Etschtal omnipräsent. Sei es auf Wirts­ haustafeln, sei es auf den unzähligen LKWs, die durchs Land fahren und das Forster Bier ausliefern. Forst hat – neben den Standards Premium, VIP Pils und 0,0 % auch Spezialitäten im Programm. Sixtus etwa ist ein schoko­ ladebrauner Doppelbock mit cremigem Schaum und verführerisch-süßlicher Malz- und Honignote. Richtig empfehlenswert ist aber ein Besuch im Schlosswirt Forst in Algund. Erstens liegt es zwischen Bozen und Meran und damit perfekt an der Strecke zu­ rück nach Österreich. Egal, ob man über den bizarren

Gilt als Klassiker: das Colonial IPA von Batzenbräu. Staufenpass fährt oder, weiter westlich, via Vinschgau über den Reschenpass. In beiden Fällen lohnt ein Zwi­ schenstopp in der Luisl Stube. So heißt nämlich das Restaurant im Schlosswirt Forst. Von der Brauerei be­ trieben, aber mit dem klaren Ziel, (zumindest) einen Michelin-Stern zu erkochen. Und nachdem passende Getränkebegleitung immer einen Bonuspunkt bei den strengen Testern bedeutet, kann man zwischen Weinund Bierbegleitung wählen. Okay, möglicherweise ist die Weiterfahrt über die kurvigen Pässe dann doch kei­ ne so gute Idee. Also eventuell einfach eine Nacht blei­ ben und am nächsten Tag weiterfahren. Südtirol ist (und wird das auch bleiben) in der Welt der Genießer als Weinparadies bekannt. Nichtsdesto­ trotz gibt es eine kreative und lebendige Bierszene, die spielerisch zwischen Tradition und Moderne tänzelt und dabei mit sensationellen Qualitäten aufwartet. Gerade in der Verbindung mit modern interpretierter alpiner Kü­ che, wie sie im Grödnertal zur Zeit fröhliche Urständ’ feiert, tun sich spannende Möglichkeiten auf. Unser Rat: hinfahren, entdecken. ××

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26 Biersteuer

text – Martin Mühl

Forderung nach Senkung der Biersteuer chon zu Beginn des Herbsts, noch bevor im No­ vember der zweite Lockdown kam, erwarteten die heimischen Brauerei in einer Umfrage des Öster­ reichischen Brauereiverbands 35 bis 50 Prozent Um­ satzrückgang in der Gastronomie im Vergleich zum Vorjahr. Ein Anlass, um die Senkung der Biersteuer anzuregen. „Mit der Schließung der Gastronomie wur­ de einem unserer wichtigsten Partner von einem Tag auf den anderen sprichwörtlich das Licht abgedreht“, erklärt der Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs, Sigi Menz. „Wir stellen unverändert tag­ täglich unsere Solidarität mit den Gastronomen unter Beweis, aber wir sehen auch, dass unsere Brauereien mit Umsatzeinbußen zu kämpfen haben.“ Vor allem bei mittelständischen und kleinen Brau­ stätten ist der Einbruch besonders stark. Ohne den Lebensmitteleinzelhandel, in dem aber nicht alle, vor allem kaum kleinere Brauereien vertreten sind, wäre die Branche noch stärker unter Druck.

S

Wurde z. B. an den österreichischen Seen Bier zumin­ dest in Maßen genossen, war dies in den urbanen Bal­ lungszentren überhaupt nicht der Fall – auch, weil der Städtetourismus fast komplett zum Erliegen kam.“ Au­ ßerdem fehlen abgesagte Events und (Groß-)Veranstal­ tungen. Der Brauereiverband rechnet vor: „ Österreichs Brauer sind nach wie vor mit einer der höchsten Abgabe­ quoten in Europa belastet. Während unsere Brauereien im Schnitt 24 Euro pro Hektoliter an das Finanzministe­ rium überweisen müssen, sind es z. B. in Tschechien nur knapp 14 Euro und in Deutschland gar nur 10 Euro.“ Die Biersteuer ist eine Steuer, die vor der Mehrwertsteuer auf Bier fällig wird – sie bemisst sich nach der Menge in Hektolitern und dem Stammwürzegehalt des Bieres in Grad Plato. Die Brauereien tragen jährlich rund 700 Millionen Euro an Steuern zum Staatshaushalt bei und generieren mit jedem Job in einer Brauerei 17 weitere Arbeitsplätze, so der Brauereiverband.

Hohe Abgabenquote

Die Senkung der Biersteuer ist eine Forderung, die viele Brauereien unterstützen. Gabriela Maria Stra­ ka, Leitung Corporate Affairs, PR & CSR bei der Brau Union: „Wir schließen uns der Meinung des Verbands

Zu den verlorenen Monaten kommen noch andere The­ men. Sigi Menz: „Hinzu kommt, dass es ein großes Ge­ fälle zwischen ländlichem und städtischem Raum gibt.

Rasche Unterstützung

Bild: istock.com / Anthony Racano

Für die Brauereien würde die Senkung der Biersteuer eine finanzielle Entlastung in einem schwierigen Jahr bedeuten.


Biersteuer

„ Mit der SchlieSSung der Gastronomie wurde einem unserer wichtigsten Partner von einem Tag auf den anderen sprichwörtlich das Licht abgedreht.“ Sigi Menz, Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs der Brauereien an und fordern eine Senkung der Bier­ steuer auf ein faires Niveau. Österreichs Brauwirt­ schaft wird mit einer der höchsten Abgabenquoten in Europa belastet. Die gesamtsteuerliche Belastung von Bier beträgt hierzulande hochgerechnet fast 50 %. Im Vergleich mit Deutschland ist die österreichische Bier­ steuer um mehr als das 2,5-Fache höher, zudem gelten

in Deutschland 19 % Umsatzsteuer. Unsere langjährige Forderung nach einer Anpassung des Biersteuersatzes in Richtung jener der Bierkernländer der EU, Deutsch­ land und Tschechien, gewinnt angesichts der aktuellen Krise an Aktualität.“ Eine Streichung der Biersteuer würde den Braue­ reien verschiedene Möglichkeiten geben. Die Wiener Brauerei Brew Age etwa würde eine nur zeitweise, ak­ tuelle Streichung der Biersteuer zur finanziellen Unter­ stützung des eigenen Betriebs nützen. „Eine dauerhafte Streichung der Biersteuer aber würden wir an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben, um die Produkte für sie günstiger zu machen“, so Michael Mauer, einer der Gründer von Brew Age, der im Unternehmen den Vertrieb verantwortet. Für Josef Sigl, Geschäftsführer der Trumer Privatbrauerei und Sprecher der mittel­ ständischen Brauereien, ist die Senkung der Biersteuer eine Möglichkeit, Brauereien zu unterstützen. Eine an­ dere sei der aktuell diskutierte Lockdown-Umsatzersatz. „Wichtig ist“, sagt er, „dass neben der betroffenen Gas­ tronomie auch über deren ebenso betroffene Zulieferer gesprochen wird und es rasch zu einer Einigung kommt, wie Brauereien unterstützt werden können.“ ××

NEW LOOK. NO COMPROMISE.

SAY GOODBYE TO THE MAINSTREAM.

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Kevin kostet

text – Kevin Reiterer

… die Biere von Ten.Fifty


Kevin Kostet

Simon Latzer und Martin White brauen seit Anfang 2018 in der Brotfabrik im zehnten Bezirk kreatives Wiener Bier. Doch wie passt das eigentlich mit ihrem Namen Bräuhaus Ten.Fifty zusammen?

Bilder: Johnny What photography, Bräuhaus Ten.Fifty

D

ie Geschichte des Bräuhaus Ten.Fifty beginnt wie der Name vermuten lässt im fünften Wiener Ge­ meindebezirk – kurz 1050 – genauer gesagt in der Bräuhausgasse. Simon Latzer und Martin White lern­ ten einander vor mittlerweile über zehn Jahren kennen, bekamen Heimbrau-Sets geschenkt und begannen zu brauen. Da das Feedback von Freunden und Familie durchwegs positiv war, wurde aus den anfänglich klei­ nen Sets bald ein 50-Liter-Braumeister. Damit führten sie rasch semiprofessionelle Verkostungen und kleine­ re Events durch. Als auch im erweiterten Umfeld die Nachfrage größer wurde, fassten sie den Entschluss, eine eigene Brauerei zu eröffnen und ihr den Namen Ten.Fifty zu geben. Eine passende Location fanden die beiden wie ein­ gangs geschrieben in der Brotfabrik. Auf dem ehema­ ligen Produktionsgelände der Anker-Bäckerei, das mittlerweile neben Wohnungen auch zahlreiche Bü­ ros, Ateliers und Lokale beheimatet, entstand in den letzten Jahren, nicht zuletzt auch durch die Brauerei selbst, ein hippes Minigrätzel. Dies vorahnend, ent­ schieden sich Latzer und White gleich einen einla­ denden Taproom mitzuplanen, der mittlerweile einer ihrer wichtigsten Absatzkanäle ist. Oft sorgen auch Kunstevents wie Vernissagen und kleinere Konzerte für regen Besuch.

Eingang zum Taproom in der Brotfabrik.

Biere aus Wien mit englischen Wurzeln Doch nun zum Wichtigsten: zu den Bieren. Zu Beginn startete das Duo mit drei Sorten, einem Red IPA, einem Pale Ale und einem Weizen. Vor allem die beiden Ales wurden stark von Whites englischen Wurzeln beein­ flusst. Bis heute bilden ein herber Malzunterbau und de­ zente Aromahopfen-Akzente oft das Grundgerüst vieler Ten.Fifty-Biere. In den letzten drei Jahren brachten es die beiden mit über 20 Sorten auf ein durchaus beacht­ liches Bier-Portfolio. Eine klare Tendenz Richtung Ale, egal ob Session, Pale oder India, lässt sich auf jeden Fall ablesen. Zuletzt gab es etwa eine limitierte vierteilige IPA-Serie mit vier neuseeländischen Aromahopfen. Aber etwa auch ein gestandenes Porter oder ein Pils – das nach dem Braubezirk benannte „Favorite(n) Pils“ – werden, nicht nur im Taproom, fleißig ausgeschenkt.

Viel Bier wandert über die Theke im Taproom.

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30 Kevin kostet

Eine Besonderheit des Bräuhaus Ten.Fifty ist – neben der englischen Brauanlage von PBC Installations, im­ merhin die einzige ihrer Machart in Österreich – auch, dass es keine Abfüllanlage im Haus gibt. Anfangs dem Platzmangel geschuldet, machten die beiden aus der Not eine Tugend und füllen nun, nach anfänglichen Versuchen mit einem mobilen Flaschenabfüller, in Dosen ab. Die poppig-bunten Etiketten dafür kommen von Fotograf Johnny What. Für die Abfüllung zeich­ net das Start-up Alpine Canning verantwortlich, das u. a. zuletzt für Loncium in Kärnten, Grieskirchner in Oberösterreich und Yankee & Kraut in Deutschland Bier aus dem Tank in die Dose gebracht hat. Mit der Dose hat sich auch die letzten Monate über ein neuer Absatzkanal aufgetan, der Onlineshop. Durch den Direktvertrieb konnten Latzer und White zumindest einige der Corona-bedingten Ausfälle kom­ pensieren. In diese Richtung soll es auch zukünftig ge­ hen. Verkäufe in ausgewählter Gastronomie – heraus­ zuheben ist hier unter anderem auch Graz als starkes Standbein – sowie der Direktvertrieb über Onlineshop und Taproom werden forciert. Letzterer wird, sofern alles nach Plan läuft, im Frühjahr 2021 mit einem auf­ ×× gepeppten Gastrokonzept aufwarten können.

Stylisches Dosendesign von Johnny What.

Bilder: Johnny what photography, Bräuhaus Ten.Fifty

Wo alles begann: Latzer füllt in der Bräuhausgasse ab.


text – Kevin Reiterer

Kevin kostet

Gegen den Wind Die Brauerei Flügge sucht die Herausforderung in der Nische – und vermeidet dabei allzu offensichtliche Trends.

D

Bilder: Brauerei Flügge

ie großen Meter innerhalb der von Hype zu Hype getriebenen Craft-Bier-Welle in Deutschland, re­ spektive in Europa, macht man aktuell wohl am ehesten mit einem NEIPA beziehungsweise verschie­ denen Ausformungen dieses nachgefragten Stils. Die Frankfurter Brauerei Flügge – erst seit etwas mehr als drei Jahren auf der Bierweltkarte zu finden – versucht es, so kann man das wohl auf den Punkt bringen, mit dem genauen Gegenteil. Sauer, Verschiedenes mit Früchten, spontane Gärung, wilde Hefen und mehr gibt es im Portfolio von Dominik Pietsch und Joa­ chim „Jo“ Amrhein. Darüberhinaus loten die beiden auch die Grenzen hin zu Wein mit viel beachteten Bier-Wein-Hybriden aus. All das führt dazu, das man es im traditionsbewussten Bier-Deutschland nicht un­

Dominik Pietsch und Joachim „Jo“ Amrhein in ihrer Brauerei. bedingt leicht hat, aber eine umso spannendere Heraus­ forderung, um nicht zu sagen Nische, findet. Flügge werden bedeutet – bei Jungvögeln – fliegen ler­ nen. Fliegen lernte diese Kreativbierschmiede schnell und fand viele Fans für ihre wenig von Hypes getriebe­ nen Biere. Etwas Neues möchten die beiden kreieren, etwas, das Spaß macht. Hält man ein Flügge-Bier in Händen, stechen zuerst die künstlerischen Etiketten ins Auge. Jede Sorte ziert ein gemalter Vogel, sowie ein menschlich anmutender Name, etwa Fränk, Anni, Fil oder Elsa. Schenkt man das jeweilige Bier ins Glas, kann es – und das macht Flüg­ ge eben spannend – in alle Richtun­ gen gehen. Trüb bis klar, hell bis dunkel, strohgelb bis dunkelbraun – Flügge-Biere gibt es in unzähli­ gen Schattierungen. Ähnlich ver­ hält es sich auch am Gaumen und im Aroma – von herb bis fruchtig, von wuchtig bis schlank. Wer also einmal Lust auf Biere fernab aus­ getretener Pfade hat, ist hier genau richtig. Aber unbedingt einen neu­ gierigen Gaumen mitbringen! ×× www.brauerei-fluegge.de

An die Flügge-Etiketten erinnert man sich auf jeden Fall länger.

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WAldbier

text – Kevin reiterer

Waldbier 2020: Eiche Vieles war dieses Jahr anders, als man es gewohnt ist, so auch im Bier- und Brausektor. Allerdings nicht alles, denn Axel Kiesbye hat gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten wieder sein hochgeschätztes Jahrgangsbier, das Waldbier, eingebraut und rechtzeitig zum Herbstbeginn präsentiert.

D

ie Zusammenarbeit von Axel Kiesbye und den Bundesforsten begann vor zehn Jahren, als 2011 das Waldbier „Tanne“ anlässlich des Internationa­ len Jahres des Waldes kreiert wurde. Schnell wurde – aufgrund des hohen Zuspruchs und der hohen Nach­ frage – aus einem als Sonderedition geplanten Bier, ein Fixpunkt im jährlichen Bierkalender. Dieses Jahr steht also mit dem zehnten Waldbier auch ein Jubiläum ins Haus. Die Geschichte der diesjährigen Version begann schon 2015 und nicht wie üblich erst mit dem Einbrau­ en des Bieres bzw. dem zeitnahen Pflücken und Ernten

der Waldzutaten. Vor fünf Jahren wurde im Bundes­ forste-Revier Kierling im Wienerwald eine 200 Jahre alte Traubeneiche gefällt, die nun, nach fünf Jahren Lager- und Trocknungszeit, weiterverarbeitet werden konnte. Insgesamt 60 Fassdauben wurden schlussend­ lich aus der Eiche gefertigt, die anschließend von einem Traditionsbetrieb zu einem Barrique-Fass verarbeitet wurden. So ist das diesjährige Waldbier „Eiche“ das erste überhaupt, das im Holzfass gereift wurde. „Die intensiven Aromen des Eichenholzes verleihen dem Waldbier eine ganz besondere, an Bourbon, Rum

Bilder: Gabriela Koch

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Waldbier

Waldbier

„ Es ist wirklich schön zu sehen, welche Preziosen unsere Wälder bieten und wie sie sich kulinarisch veredeln lassen.“ Rudolf Freidhager, Bundesforste-Vorstandssprecher

Ohne Strom im Wienerwald: Unplugged-Dinner von Hannes Müller bei der Präsentation.

und Marillen erinnernde Note“, freut sich Braumeister Axel Kiesbye im Rahmen des malerischen, fast kitschi­ gen Outdoor-Kulinariums im Wienerwald, wo die Editi­ on „Eiche“ mit einem Menü von Unplugged-Koch Han­ nes Müller präsentiert wurde. „Es ist wirklich schön zu sehen, welche Preziosen unsere Wälder bieten und wie sie sich kulinarisch veredeln lassen“, ergänzt Bundes­ forste-Vorstandssprecher Rudolf Freidhager mit einem Leuchten in den Augen.

Ein würdiges Jubiläumsbier Bis zur Erstverkostung und Präsentation im Wiener­ wald war es allerdings ein aufwendiger Prozess, benötigt ein fassgereiftes Bier doch eine gewisse Zeit, um das vol­ le Aromenspektrum des Barriques annehmen zu kön­ nen. So wurde das Ausgangsbier für einige Monaten in das eigens angefertigte 250-Liter-Holzfass gelegt, reifte den Sommer über darin und nahm die vielschichtigen Charakteristika des Eichenholzes auf, um anschließend wieder mit dem Ausgangsbier verschnitten zu werden. Zu den im finalen Bier zurückhaltenden BarriqueAkzenten gesellen sich dezente fruchtige Noten sowie ein leicht herber, vollmundiger Unterbau. Durch eine lange und kalte Lagerung wurde das intensiv kupferbis rostbraune Kreativbier geklärt, es erstrahlt im Glas ×× in vielschichtigen Herbstfarben.

Trinken für den Klimaschutz Das Waldbier versteht sich seit jeher nicht nur als Genussmittel, sondern versucht auch stets auf die positiven Aspekte sowie drohenden Probleme des österreichischen Waldes aufmerksam zu machen. Daher geht von der aktuellen Edition pro verkaufter Flasche je ein Euro in ein Wiederaufforstungspro­ jekt im Waldviertel, das auf einer vom Borkenkäfer zerfressenen Fläche entstehen soll. So soll sicher­ gestellt werden, das mit der robusten Eiche auch für zukünftige Generationen wertvolles Nutzholz zur Verfügung steht.

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34 34 BrauGasthäuser

text – micky klemsch

Klosterbräu Seefeld

D

as Fünf-Sterne-Hotel Klosterbräu zählt wohl zu den besten Adressen im tirolerischen Seefeld. 2014 eröffnete die Familie Seyrling (das Haus ist seit über 160 Jahren im Familienbesitz) die kleine Brauerei im Bräukeller. Bereits ein Jahr später wurde sie von Bierpapst Conrad Seidl in seinem Bierguide als beste Mikrobrauerei des Landes ausgezeichnet. Der Name des Hotels deutet darauf hin, dass in der 500-jäh­ rigen Geschichte des Hauses auch zuvor schon gebraut worden ist. Es waren Augustinermönche, die in ihrem Klos­ ter, das später zum Hotel wurde, Reisenden und Pilgern Unterkunft angeboten haben. Aktuell sind

sechs Biersorten erhältlich, unter anderem ein „Cham­ pagner-Bier“. Der Stil der Biere überzeugt auch die Da­ menwelt: mild gehopft, zartbitter, leichte Kohlensäure und ein schlanker Körper. Saisonal bietet das Kloster­ bräu zusätzliche Bierspezialitäten an, die neueste Kre­ ation ist ein Festbier namens „Karwendilirium“ mit 13,5 % Stammwürze und 6 % Alkohol. ××

Klosterbräu Seefeld Klosterstraße 30, 6100 Seefeld klosterbraeu.com

Bild: Dirk Bruniecki

(Seefeld, Tirol)


text – micky klemsch

BrauGasthäuser

Bild: Schnauzer & Beagle Brewery

Schnauzer & Beagle Brewery (wien)

E

in neues Brew-Pub in Favoriten! Und das sogar an der prominenten Adresse Hasengasse. Dort, wo Edmund Sackbauer in der legendären Mundl-Fern­ sehserie „Mei Bier is net deppat!“ geschrien hat, wer­ den heute handwerkliche Biere gebraut. Mit Hasen hat der Betrieb von John und Will Melling aber nichts am Hut. Eher mit Hunden. Denn sie nennen ihr Lokal das wohl hundefreundlichste Lokal Österreichs, wenn nicht Europas oder der Welt. In der kleinen Brauerei mit angeschlossenem Café werden von den gebürtigen Australiern die eigenen Biere (IPA, Porter, Wit, Gol­ den Ale, Stout, Scotch Ale) aber auch Melbourne Style Coffee und selbstgemachte Köstlichkeiten zum Essen

angeboten. Wobei hier stark auf Regionalität und Nach­ haltigkeit gesetzt wird. Schnauzer & Beagle ist eine familiengeführte Brau­ erei samt Café, die sich nicht nur um menschliche Freunde kümmert, sondern auch um die vierbeinigen Gäste. Diese werden mit selbstgemachten Hunde­ leckerlis verwöhnt. ××

Schnauzer & Beagle Brewery Hasengasse 56, 1100 Wien schnauzerbeagle.com

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36 Bierpartei

Ein

text – Micky Klemsch

bei Bier

Mit der Bierpartei gelang Turbobier-Sänger Marco Pogo bei der Wienwahl erstmals auch ein politischer Erfolg. In den Gemeinderat hat es die Spaßpartie nicht geschafft, aber in einigen Bezirksvertretungen sitzen nun die – nennen wir sie – Interessensvertreter.

D

ie Bierpartei steht mit ihrem Programm nicht hin­ ter allen Werten, die eine gepflegte Bierkultur aus­ macht. Nein, hier geht es in Ansagen und Texten schon mal schlicht und ergreifend nur um das „Ansau­ fen“. Aber eigentlich dann eben doch nicht.

„Ois Kanzler kriagt ma sehr vü Göd, doch i tat ollas spenden In Ottakring, durt soins mein Lohn zum Bierbrau'n verwenden. Da Sissi ihre Kronjuwelen, i tat's sofurt vakaufn Und um des Knedl werma uns so richtig g'scheit besaufen“ (Text aus „Die Bierpartei“ von Turbobier, 2014) Die Spuren der Band und auch die Parteigründung gehen auf 2014 zurück – sind also noch gar nicht so lan­ ge her. In Fun-Punk-/Rock-Manier, wie die Wiener es


Bierpartei

Was heißt eigentlich diverse Wahlplakate? Es gab nur dreizehn. Also nicht Motive, sondern insgesamt nur dreizehn Plakate. Die wurden aber so oft fotografiert und in den sozialen Medien geteilt, dass die Bierpartei mit ihrem viralen Auftritt sämtliche arrivierten Par­ teien in den Schatten stellte. Auch das ein Grund für ein Bier – und um solche Gründe ist Marco Pogo ja nie verlegen.

Bezirksrat of Simmering

Bilder: Bierpartei / Twitter Bierpartei

Wie schon bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr konnte die Bierpartei auf Gemeindeebene nicht genug Stimmen bekommen, um in den Wiener Ge­ meinderat einzuziehen. Doch es gibt Teilerfolge in den Bezirken. Insgesamt kann die Bierpartei rund um Dr. Pogo in Wien nun elf Bezirksräte stellen. Den Posten in Simmering tritt der Spitzenkandidat diesen Herbst sogar persönlich an. Und vielleicht schafft er es mit der Basisarbeit und vielen Hektolitern Turbobier dann ja gemäß dem aktuellen Albumtitel seiner Band auch noch zum „King of Simmering“. ××

schon von den legendären Alkbottle kannten, starte­ ten die Mannen um Sänger Marco Pogo schnell durch. Vor allem ihr Helene-Fischer-Cover „Arbeitslos durch die Nacht“ brachte ihnen breite Aufmerksamkeit und internationalen Ruhm in Form von Youtube-Clicks. Schon bald spielten sie auf den großen Festivals im deutschsprachigen Raum. Ähnlich wie bei Alkbottle – die übrigens auch ihr eigenes in Hofstetten gebrautes Bier hatten – stehen hier aber Menschen auf der Büh­ ne, deren Intellekt und gesellschaftlicher Anspruch weit höher sind, als manch Texte und Aktion glauben lassen. Bei Turbobier, wie auch beim politischen Ast, der Bierpartei, wird bewusst mit Klischees gespielt, provoziert und vor allem köstlich amüsiert. Das Bier der Band wurde anfangs in Bamberg bei Mahrs Bräu gebraut, jetzt, da Flasche und Dose österreichweit in einer Handelskette vertreten sind, musste man auf eine größere Brauerei umsteigen, die Quelle des Bieres wird aber von Marco Pogo strengstens geheim gehalten.

Ein echter Doktor Apropos: Abseits seiner Musik- und Politkarriere heißt Marco Pogo eigentlich Dominik Wlazny. Vor seinem Namen steht ein richtiger Doktortitel, den er sich 2012 an der Medizinischen Universität Wien abgeholt hat. Daher war das „Dr. Marco Pogo“ auf den diversen Wahl­ plakaten gar nicht übertrieben.

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38 Biermomente

RUND UMS BIER

Statt dem jährlichen Fassanstich zur Premierenparty gab es in Salzburg heuer Corona-bedingt nur ein Feierabendpils für Jedermann Tobias Moretti und Buhlschaft Caroline Peters.

Bilder: Brauerei raschhofer, Neumayr Fotografie / Christian Leopold, Andreas lepsi / lepsifoto, Hamburger Sprechwerk

Ein rauschendes Fest zum 375-jährigen Jubi­ läum der noch heute in Familienhand befindlichen Brauerei Raschhofer gab es Anfang September in Altheim im Innviertel.


Biermomente

Auch wenn die Wiener Wiesen 2020 nicht wie normal auf der Praterwiese stattgefunden hat, haben sich Gösser-Testimonials Lizz Görgl und Hans Knauß einen Fassbieranstich zur Ankündigung der Online-Alternative nicht nehmen lassen.

Im Hamburger Sprechwerk versammelten sich zahlreiche Autorinnen und Autoren, um aus dem neuen Buch „Unser täglich Bier gib uns heute“ vorzutragen. Am Mikro: Bierblogger Volker R. Quante.

Nachdem 2020 fast alle großen Bierfeste abgesagt werden mussten, konnte man in Ottakring das wohl mit „Abstand beste Bierfest“ feiern, das heuer sogar um zwei Wochen verlängert wurde.

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40 Bier Club Supersud

text – Martin Mühl

Willkommen im Das Crowdinvestment des Craft Bier Fest auf der Plattform „Conda hilft“ war erfolg­reich – und die erste Möglichkeit Mitglied im Bier Club Supersud zu werden. Nun steht der Club allen offen.

Die Mitgliedschaft gilt für ein Jahr und umfasst: Eintritt zu allen Craft Bier Festen innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Mitgliedschaft Das österreichische Biermagazin (Abo für mind. zwei Ausgaben) Clubkarte 6er-Pack Überraschungsbiere 10 Jetons im Wert von 10 Euro für ein Craft Bier Fest Hier zeigen wir, welche Bier euch im ersten 6er-Pack erwarten. Mitglied werden kann man im Schmaltz Geschäft: schmaltz.at

Das Geschenk fürr Biertrinke

Baladin Rock‘n‘Roll 7,5 Vol.-% Hopfenlastiger, grasiger und fruchtbetonter Duft, leicht pfeff­ riger Hintergrund. Zitrusaro­ men, Mango, Litschi und Roh­ hopfen. Stiltypischer Antrunk, Grasigkeit kommt auch im Mun­ draum zum Vorschein, Frucht­ aroma gut merkbar, aber nicht überbordend. Geschmeidiger Körper, täuscht ein wenig über Alkoholgehalt hinweg. Mild fruchtige Bittere nimmt im Ab­ gang zu. Alle Komponenten in sehr guter Balance. www.baladin.it


Bier Club Supersud

Brauwerk Hellberry 5,9 Vol.-%

Bilder: baladin, Brauwerk Ottakringer, Brew Age, Brewdog, Budweiser, Grieskirchner, Rodauner Biermanufaktur

Vlad is back … Hellberry yeah! Rot wie der Himmel über Wien, hopfige Beerenaromen befruchten das Sein, runde Bittere samt wohliger Trocken­ heit setzen Akzente. Ein IPA wie ein saftiger Kuss! www.brauwerk.wien

Brewdog West Coast Classic 4,2 Vol.-% Brewdos Hommage an die großen American Pale Ales – jene Bier­ sorte, die eine Revolution gestartet und verändert hat, was ein Bier sein kann. Kräftige Hopfennoten und ein intensives Aroma von Pinien und Zi­ trusfrüchten sind bestimmend. Ein amerikanischer Klassiker – gebraut in Schottland. www.brewdog.com

Brew Age Hopfenauflauf 5,4 Vol.-%

Grieskircher Landl Bier 5,3 Vol-%

Darf’s ein bisserl mehr Hopfen sein? Dann ist der Hofenauflauf die richti­ ge Wahl! Dieses Pale Ale mit fruch­ tig-aromatischen Hopfensorten hat ein Naserl nach Mango und Mara­ cuja. Am Gaumen offenbart sich ein harmonisches Zusammenspiel von exotischen Früchten und Hopfenbitte­ re. Vom Antrunk bis zum Abgang ein erfrischend hopfenbetontes Erlebnis. Ein Bier, das Lust auf mehr macht. www.brewage.at

Das Landl Bier erstrahlt in leuchten­ dem Bernstein und duftet nach kara­ melligen Malzaromen. Die Mühlviert­ ler Hopfensorte Tradition verleiht dem Landl Bier eine würzige Hopfennote – ein wahres Genusserlebnis, das zum Weitertrinken anregt. Passend zum Geschmack des Bieres lässt das Design das alte Grieskirchner-Logo wieder aufleben: Rostiges Rot und leuchtendes Bernstein. www.grieskirchner.at

Budweiser Budvar Dark 4,7 Vol.-% Das Budweiser Dark Lager wirkt mit seiner kastanienbraunen Farbe und der kräftig-beigen Schaumkrone besonders harmonisch. Durch den Einsatz von Münchner Malz, Kara­ mell- und Röstmalz kommen im Duft Noten von Waldhonig, Karamell und dunkler Schokolade zur Geltung. Der cremige Antrunk bringt den weichen, aber auch betont röstaromatischen Körper gut zur Geltung, welcher sich im Abgang fortsetzt. Final verbleibt die Erinnerung an Kaffee. Herbe, vom Hopfen geprägte Geschmackskompo­ nenten, bleiben stets im Hintergrund. www.budweiserbudvar.com

Rodauner Bier­ manufaktur Gselchter 5,6 Vol.-% Sanfte Specknoten prägen dieses tro­ cken ausklingende, obergärige Ale. Rodauner Gselchter ist ein unfilt­ riertes bernsteinfarbenes Ale. Sein sanfter „Smoked“-Charakter ent­ steht durch den behutsamen Einsatz von über Buchenholz geräuchertem Gerstenmalz. Erdacht als einmalige Spezial­edition zur Ehrung des schot­ tischen Dichters Robert Burns, ist die „vegane Speckjause zum Trinken“ dank des großen Erfolgs jetzt fix im Rodauner-Programm. www.rodauner-biermanufaktur.at

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42 buchtipps

Bücher 02

Beer Pairing Unser täglich Bier gib uns heute – Aroma & Geschmack – Das Bierwort Rolf Caviezel & für den Tag Thomas Vilgis Esther Isaak & Freunde

31 Autorinnen und Autoren hat die Herausgeberin Esther Isaak – bis vor zwei Jahren selbst Inhaberin eines guten Hamburger Bierfachge­ schäfts – für ein Buch versammelt, das 366 Texte zu unserem Lieb­ lingsgetränk beinhaltet. Journalis­ tinnen, Blogger, Brauerinnen und Genießer sind hier zusammenge­ kommen. So vielseitig die Biere, so unter­ schiedlich sind auch die Texte in dieser Sammlung. Die Mischung macht die Faszination aus. Jede Au­ torin und jeder Autor durfte schrei­ ben, was sie bzw. er wollte. Abge­ rundet wird das Ganze durch die Gestaltung und grafische Leiden­ schaft der Designerin Tanjowski. Verlag Tredition, 456 Seiten, € 32,90 (Hardcover)

Dieses Buch ist bereits 2017 erschie­ nen und ist es mit Sicherheit wert, hier auch jetzt noch vorgestellt zu werden. Das Buch ist schön zu le­ sen, gut illustriert und bebildert. Die vorgestellten Rezepte sind teilweise sehr anspruchsvoll und insbesonde­ re die Beer-Pairings sehr speziell. Zielgruppe ist der anspruchsvolle Biergenießer mit einem entspre­ chenden Grundwissen und Interes­ se für Neues. Fona Verlag, 432 Seiten, € 69,—

03 Der ultimative Brau Guide – Selber brauen: Richtig gutes Bier aus der eigenen Küche Sünje Nicolaysen & Jörg Iversen Köstliches Bier selbst zu brauen, ist weder kompliziert noch erfor­ dert es viel Platz oder ein großes Budget. Kochtopf, Kochlöffel, Sieb, Thermometer, dazu eine Fünf-LiterGlas­flasche mit Gärspund und ein Schlauch – das ist alles an Equip­ ment, was man braucht, um in der eigenen Küche das frischeste Bier der Welt zu brauen. Und das Ergeb­ nis? Unbezahlbar! Denn nicht nur das Bier schmeckt unübertroffen gut, auch das Gefühl ist einzigartig, einem Freund eine Flasche Bier mit den Worten zu überreichen: „Hab ich selbst gebraut.“ Craft-Bier und DIY – ein Buch, das gleich zwei große Be­ wegungen unserer Zeit aufgreift. Das perfekte Geschenk für Bierliebhaber! Heyne Verlag, 156 Seiten, € 17,50

Bilder: Verlag Tredition, Fona Verlag, Heyne Verlag

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Basierend auf dem historisch en Brausilvester ist der 30.09. de r offizi

elle Tag des österreichisch en Bieres.

orte teste Biers Die belieb nen in er h ic re der Öster as icher ist d und Österre ier.

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Österreich, genauer der Verband der Brauereien, entwic kelte als erstes Land ein zertifiz iertes

Ausbildungsprogramm für Biersommeliers.

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Österreichs Brauer lassen die Kasse klingeln. Bier spülte 2019 rund

700 Millionen € in die heimische Staatskasse.

Trumpf ! Rohstoffe sind nen Heimische n To 0 00 rund 160. 2019 wurden nnen To 0 45 nd ru ie w Braugerste sos der österreichischen Hopfen au haft verarbeitet. Landwirtsc


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