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Zur Nachbearbeitung der Chronologie
ULRICH SCHULZ
Die verschiedenen Texte aus dem Nachlass von Burghard Ciesla mussten erst aufbereitet werden.4 Das Buch war – wie oben beschrieben – nicht zum Abschluss gebracht worden; schlimmer noch, im Nachlass des Hauptautoren Ciesla fanden sich nur schwer zu durchschauende Dateiansammlungen und viele unfertige Fragmente. Diese Dateien waren verteilt auf mehrere Computerfestplatten und USB-Sticks. Ihre Bezeichnungen und Datierungen waren verwirrend. Nicht fertig geworden waren leider die Kapitel zu den Jahren »1962« und »1963«, andere Kapitel wie z. B. »1961«, »Epilog«, »Prolog« und »Zur Unternehmung« waren nicht überarbeitet worden. In allen Kapiteln waren Flüchtigkeitsfehler zu finden. Was tun, wenn man kein ausgebildeter Historiker ist, wenn man mit akribischer archivalischer Quellenarbeit nicht vertraut ist, wenn man eigentlich einen anderen Beruf hat, wenn man riesigen Respekt vor der wissenschaftlichen Leistung der Hauptautoren hat und wenn man zumindest ahnt, dass eine historische Einordnung nicht einfach und sogar politisch angreifbar ist? Die wichtigste Entscheidung: Ich habe an den Originaltexten natürlich nichts geändert. Aber ich habe sie teilweise neu zusammengesetzt und vorsichtig miteinander verbunden. Um Beispiele zu nennen: Aus dem Kapitel zum Jahr »1961« wurden nicht fertig gestellte Abschnitte entfernt und die restlichen hintereinandergestellt – kenntlich gemacht durch […]. Die Danksagungen von Ciesla & Joachim standen ursprünglich als fertige Textbausteine in einem nicht fertig gewordenen vorderen Kapitel und wurden nach hinten in eine separate Danksagung verschoben. Fehlende Literaturangaben wurden nachgetragen und Flüchtigkeitsfehler korrigiert. Über 600 Fußnoten mussten durchgegangen werden.5 Manche Zitate waren nicht vollständig und wurden im Vergleich mit den Originalquellen ergänzt. Knackpunkte in den Diskussionen mit dem Verlag und dem Präsidenten Vahrson waren jedoch die finalen Kapitel »1962« und »1963«. Denn immerhin beschreiben diese Jahre die letzten Schritte bis zur Schließung. Und auf diese Kapitel führen die vorherigen hin. Als Lösung wurde besprochen, eine ältere Publikation des Zweitautoren Joachim zum sel-
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ben Thema zu verwenden, wortgleich unter die Originalzusammenfassungen von Ciesla einzufügen und durch Fragmente von Ciesla zu ergänzen. Diese Texte hatte Hans-Friedrich Joachim geschrieben, nachdem er mehrere Archive besucht und die dortigen Originaldokumente gesichtet hatte. So ist es geschehen und so ist es leider nur eine Notlösung, denn es fehlen die erst später erfolgten archivalischen Arbeiten vor allem aus dem BStU und es fehlt die behutsame, differenzierte historische Bewertung.
Um die fehlenden Bewertungen der Kapitel »1962« und »1963« ein wenig zu kompensieren, habe ich verschiedene Stimmen und Meinungen dazu gesammelt (siehe Anhang). Diese unkommentierten, wörtlichen Zitate aus verschiedenen Publikationen zeigen, dass die politisch-historische Einordnung der Fakultätsschließung konfliktiv war und ist. Die nachfolgenden Kapitel »Epilog« und »Post scriptum« sind wieder original Ciesla & Joachim-Texte. Diese Kapitel, so wie auch die Kurzübersicht zur Geschichte der Lehre in Eberswalde, spannen den Bogen zu unserer heutigen Hochschule und zu dem heutigen Eberswalde.
Die Illustrierung des Buches wurde abgesehen von dem Deckblatt völlig neu konzipiert. Die Abbildungen über den jeweiligen Kapitelüberschriften wurden hauptsächlich als Passagenbilder bzw. Stills aus dem beigelegten Film entnommen und, soweit es möglich ist, den ungefähren Zeiträumen zugeordnet. Da in dem beigelegten Film viele Aspekte noch nicht bekannt waren oder nicht illustriert wurden, haben einige Filmstills notgedrungen eher atmosphärischen Charakter und keinen direkten Bezug zu den jeweiligen Kapitelinhalten. Die Abbildungen innerhalb der Textbausteine stammen aus dem Historischen Fundus der HNEE-Bibliothek, aus dem Archiv des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE), dem Kreisarchiv Barnim, dem Eberswalder Stadtmuseum, dem Bundesarchiv-Bildarchiv und aus dem Nachlass von Burghard Ciesla. Einige weitere stammen von Zeitzeugen und ehemaligen Studierenden, die Herrn Ciesla ihre Fotoalben zur Verfügung stellten. Bei der Zuordnung der Personen und Situationen waren mir Frau Höhne (LFE), Frau Beutel (HNEE) und die in der Danksagung erwähnten Zeitzeugen eine riesige Hilfe. Die Kontakte mit den älteren Zeitzeugen waren durch die Coronakrise bedingt meist nur telefonisch und per Brief oder Email möglich, ansonsten waren einzelne Treffen in den Archiven erlaubt. Die Auswahl der Abbildungen erfolgte in Absprache mit dem Verlag. Die Zuordnungen der Abbildungen zu den Textblöcken und alle Abbildungsunterschriften sind von mir. Der Großteil dieses Buches jedoch, all die langen Kapitel von 1945 bis 1963, aber auch »Prolog« und »Epilog« sind original von Burghard Ciesla & Hans-Friedrich Joachim verfasst worden. Somit wurde versucht, den beiden verstorbenen Autoren gerecht zu werden. Von den Angehörigen weiß ich,
dass sie sich darüber wohl gefreut hätten. Nicht so sehr amüsiert hätten sie sich vielleicht über die Änderung des Titels. Mir schienen die alten Titelvorschläge6 nicht sehr aussagekräftig, weshalb ich als neuen Titel »Akademischer Kahlschlag« vorgeschlagen habe. Damit ist nicht nur ein deutlicher Bezug zur Forstwirtschaft und der Eberswalder Akademie sowie zu dem abrupten und drastischen Eingriff in die Hochschullandschaft der DDR ausgedrückt, sondern – um in der Analogie zu bleiben – auch das Neue, was daraus enstanden ist. Denn auf der Kahlschlagsfläche ist nach der friedlichen Revolution, nach der Wende und der Wiedervereinigung etwas Neues gewachsen, eine Verjüngung, eine moderne, aber an der Tradition der Nachhaltigkeit orientierte Hochschule – die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.