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Methodisches Vorgehen

Methodisches Vorgehen

Anhand des aktuellen Dehio’s, der die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg betreffenden Bände, verschiedener Museumskataloge und einschlägiger Publikationen23 sowie mithilfe der Unterstützung der zuständigen Kirchenvertreter, Museumsmitarbeiter und Archivare wurde der Bestand an mittelalterlichem Kircheninterieur mit der Provenienz »Niederlausitz« aufgearbeitet. So konnte eine Liste mit Retabeln, Fragmente von Retabeln, Pietas, Einzelfiguren, Johannesschüsseln, Triumphkreuzgruppen und Kruzifixen für 104 Orte erstellt werden.

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Im Vordergrund stand die Arbeit am Objekt. Das Kunstwerk selbst an seinem aktuellen Standort ist als wichtigste Quelle befragt worden.

Die Analyse fand mit dem bloßen Auge und dem Vergrößerungsglas statt. Es wurde der Versuch unternommen, vor allem die Unterscheidungsmerkmale anhand von Gesamtkomposition, Körperproportionen, Gesichtstypus, Gewanddraperien und des Verhältnisses zwischen Körper und Gewand zu systematisieren. Außerdem wurden Spuren der Schnitzwerkzeuge, Hinweise auf den Fertigungsprozess sowie Befunde des Materials und die Fassung bzw. Fassungsrückstände betreffend gesammelt und dokumentiert. Durch diese objektiven Kriterien sollte die signifikante Machart des einzelnen Werkes herauskristallisiert werden, wodurch der Vergleich zwischen den Werken möglich wird.

In einigen Fällen gestaltete sich die Bestandsaufnahme vor Ort aufgrund der Beleuchtungssituation und der teilweisen Unzugänglichkeit schwierig. Unter Zuhilfenahme von Leitern und stärkeren Leuchtmitteln konnten dennoch einigermaßen brauchbare Fotografien sowie Maße gewonnen und die Skulpturen nach Möglichkeit von allen Seiten begutachtet werden. Falls nicht, wurden die Maße geschätzt.

Der nächste Schritt lag im Katalogisieren. Aussagen zu Standort, Herkunft, Datierung, Maßen, Material, Werkstatt, Beschreibung des Objektes und seines Zustandes, Literaturangaben und eine möglichst aussagekräftige, farbige Fotografie sind zusammengefasst worden. Kunsttechnologische Untersuchungen wären zusätzlich wünschenswert, um die Ergebnisse präzisieren bzw. bestätigen zu können. Aspekte in diese Richtung sind eingearbeitet worden, soweit Restaurationsberichte bzw. dendrochronologische Untersuchungen dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf vorlagen.24

23 Die Auflistung der wichtigsten genutzten Literatur befindet sich unter 1.1.1. Forschungsüberblick. 24 Allerdings entspricht das verwendete Material der zu betrachtenden Kunstwerke hauptsächlich Laubholz, in den meisten Fällen Lindenholz, was durch seinen ungleichmäßigen Wuchs zu den Baumarten gehört, die keine Alters- und Herkunftsbestimmung mithilfe der Auswertung von Jahresringen zulassen, so dass rein naturwissenschaftliche Methoden in diesem Fall keine Aussagen bezüglich der Datierung und der

Provenienz treffen können.

Archivarbeit konnte begrenzt geleistet werden. Die Kirchenarchive vor Ort brachten kaum Ergebnisse. Die Akten zu den Objekten und die Restaurationsberichte, die im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf aufbewahrt werden, sind soweit vorhanden berücksichtigt worden; auch die Urkundenbücher zur Geschichte des Markgraftums Niederlausitz25 und die Urkundenbücher des Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae26 .

Besonderer Schwerpunkt war die Analyse der Meißner Bistumsmatrikel von 1495.27 Dieses administrative Verzeichnis enthält die mittelalterliche Struktur des Bistums Meißen und listet die Altarzinsen aller Pfarr- und Filialkirchen des Domdekanats, der Dekanate Meißen und Bautzen, der Propsteien von Meißen, Wurzen, Riesa, Bautzen, Großenhain sowie der Archidiakonate Nisan, Chemnitz, Zschillen, Oberlausitz und Niederlausitz auf.28

Eine vielversprechende Quelle scheint die Edition der Papsturkunden für böhmische Empfänger ab 1305.29 Diese Recherche würde jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen und ist deshalb nicht vorangetrieben worden.

Für das Herausarbeiten eines umfassenden Bildes der mittelalterlichen Verhältnisse haben sich die Stadtchroniken der Niederlausitzer Städte als unerlässlich erwiesen. Besonders die vor dem Ersten Weltkrieg publizierten Werke versammeln breitgefächertes Quellenmaterial zu den Hauptthemen der örtlichen, politischen Geschichte, der Kirchen- und der Schulgeschichte. Die hauptsächlich von Pfarrern oder Lehrern verfassten Chroniken liegen für die Städte Beeskow, Calau, Cottbus, Dahme, Finsterwalde, Forst, Guben, Lieberose, Lübben, Luckau, Pförten, Senftenberg, Sorau und Spremberg vor.30

25 Lehmann, Rudolf (Hg.): Urkundenbuch des Klosters Dobrilugk und seiner Besitzungen. Im Auftrage der Stände des Markgraftums Niederlausitz. Leipzig/Dresden: B. G. Teubner, 1942. Lippert, Woldemar (Hg.): Urkundenbuch der Stadt Lübben, Band 3. Die Urkunden der Stadt und des Amtes Lübben, der

Herrschaften Zauche, Pretschen und Leuthen. Im Auftrage der Stände des Markgraftums Niederlausitz.

Dresden: Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, 1933. Theuner, Emil (Hg.): Urkundenbuch des Klosters

Neuzelle. Im Auftrage der Stände des Markgraftums Niederlausitz. Lübben: 1897. 26 Der CDS ist vollständig unter http://codex.isgv.de/codex.php frei verfügbar. Das Projekt verdanken wir dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V. und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. 27 Dazu ausführlicher Kapitel 2.3. Die Meißener Bistumsmatrikel. 28 CODEX DIPLOMATICUS SAXONIAE I. S. 197–234. 29 Klicman, Ladislav / Novák, Johann Friedrich / Jensovsky, Friedrich u. a. (Hg.): Monumenta Vaticana res gestas Bohemicas illustrantia, Prag 1903–2003. Die Bände 1–6 sind digital zugänglich auf der Seite Czech

Medieval Sources online des Centre for Medieval Studies in Prag. 30 Ziethe, Wilhelm: Chronik der Stadt Beeskow bis zur Herrschaft der Hohenzollern: Nach den Acten des

Beeskower Communalarchivs. Beeskow: Louis Stempel, 1884. Reprint der Harvard University, 1957; Moderhack, Richard: Die ältere Geschichte der Stadt Calau in der Niederlausitz. Calau: Im Verlag des Magistrats, 1933. Reprint. Guben: Niederlausitzer Verlag, 2016; Christl, Andreas / Christl, Gundula / Donner,

Helmut / Friedrich, Christian / Härtel, Ricardo / Herold, Volkmar / Krestin, Steffen / Zilz, Gerhard:

Geschichte der Stadt Cottbus. Cottbus. Schiemenz, 1994; Reinhold, Werner: Chronik der Stadt Dahme und der Umgegend. Dahme: August Hilscher, 1845; Schlobach, Otto: Zur Geschichte der Stadt Finster-

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