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Das Wirken des Landvogts Hans von Polenz

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Fragestellungen

Fragestellungen

Nach dem Tod Jobst von Mährens 1411 fällt das Markgraftum wieder an Wenzel zurück. Als auch dieser 1419 stirbt, sieht sich sein Bruder Sigismund endlich am Ziel, als Abschluss seines Machtstrebens nach der böhmischen Krone zu greifen. Sigismund – seit 1411 deutscher König – ringt schon seit längerem darum, mit päpstlichem Segen die Kaiserkrone zu erhalten. Zu dieser Zeit herrscht die größte Krise des Papsttums: das abendländische Schisma. Drei Päpste beanspruchen den Stuhl Petri. In der Überwindung des abendländlichen Schismas sieht Sigismund seine größte Herausforderung. Als spiritus rector initiiert er 1414 das Konstanzer Konzil.18 Vor Beginn des Konzils lässt er sich in Aachen zum Kaiser krönen. Während des Konzils aber wird auch die Ketzerei des Jan Hus thematisiert.19 Mit kaiserlichem Wort für freies Geleit kommt Hus am 03. November 1414 in Konstanz an und ihm wird sogleich der Prozess gemacht. Schließlich, am 06. Juli 1415, wird Hus auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das Konzil endet 1418 mit der Einigung auf die Wahl von Papst Martin V. und damit der Herstellung der Einheit des Papsttums. Sigismunds Wortbruch und sein Griff nach der böhmischen Königskrone 1420 ist allerdings das Fanal für den Beginn der Hussitenkriege und damit unruhiger Zeiten für die Niederlausitz.

Das Wirken des Landvogts Hans von Polenz

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Bereits im September 1420 dringt ein kleines Heer der Hussiten bis nach Zittau vor, wodurch die Lausitzen erstmals vor der drohenden Gefahr gewarnt waren.20 Anfang des Jahres 1422 hält sich die Kunde, dass hussitische Scharen die Niederlausitz mit einem Einfall bedrohen. Daraufhin ruft der damalige Landvogt, Hans von Polenz, Landstände und Städte nach Lübben, um einen Abwehrbund zu schmieden.21 Nach einigem Hin und Her zur Übernahme der Schutzmacht für die Niederlausitz verpfändet König Sigismund am 06. September 1422 für 7859 Schock böhmische Groschen das Markgraftum mit allen Rechten und Einkünften an Hans von Polenz.22 Damit liegt die ganze Verantwortung der Verteidigung des Landes beim Landvogt, der praktisch wie ein Markgraf regieren konnte. In dieser Zeit hat er zeitweise auch die Verweserschaft der Oberlausitzer Landvogtei inne. Dieser Umstand führt dazu, dass unter seiner Herrschaft ein Bündnis des Adels und der Städte beider Lausitzen zustande kommt und eine gegenseitige Unterstützung durch Geld und bewaffnete Kontingente stattfindet.23 Rudolf Lehmann beschreibt die Zusammenarbeit wie folgt: »Die Oberlausitz mit ihrem System wehrhaf-

18 Stober, Karin: Das Konstanzer Konzil – Eine Umschau. In: KATALOG KONSTANZER KONZIL 2014.

S. 218. 19 Hruza, Karel: Die Causa Jan Hus auf dem Konzil. In: KATALOG KONSTANZER KONZIL 2014.

S. 270–272. 20 Querengässer, Alexander: Die Heere der Hussiten, Teil 2. S. 38. 21 Paulitz, P.: Chronik von Senftenberg. S. 118. 22 Lehmann, Rudolf: Die Geschichte der Niederlausitz. S. 73. 23 Ebd. S. 74.

ter Städte hielt zunächst als festes Bollwerk alle Stürme auf. […] Im Frühjahr 1426 erging wieder ein Hilferuf der Oberlausitz an die Nachbarlandschaft […]. Im Mai 1427 kamen dem vom Feind bedrohten Görlitz u. a. zu Hilfe: Hans von Polenz, Hans von Cottbus […], Heinrich von Maltitz, dazu Mannschaften aus Spremberg, Sorau, Forst, Triebel, Sommerfeld und Guben«.24

Schützengilden bzw. -bruderschaften, in denen Männer und Frauen aus der Bürgerschaft gleichberechtigt Mitglied sind25, organisieren die Selbstverteidigung der Stadt und den laufenden Wachdienst. Ihre Pflicht, den Landesfürsten im Kriegsfall zu unterstützen, ist »eingeschränkt worden. Man hält sie bloß zur Landesverteidigung an oder zu Auszügen, die nicht länger als einen Tag währen. Dafür sollen sie aber ihre eigene Stadt bewachen und deren Befestigung in gutem Zustande erhalten«.26 Sicherlich war die Art und Weise der Befestigung in den Städten der Niederlausitz ähnlich aufgebaut. Exemplarisch sei an dieser Stelle die Befestigung der Stadt Cottbus beschrieben: »Mit der Anlage der Stadt erfolgte auch ihre Befestigung. […] Mit […] Ausheben des Stadtgrabens […] wurde ein Wall aufgeschüttet und dessen Krone zusätzlich durch eine doppelte Palisade geschützt. Später […] [errichtete man] auf der Innenseite der Palisade […] die Stadtmauer aus Backsteinen.«27

Während Hans von Polenz und seine Mannen mit den Heerscharen Sigismunds gegen die Hussiten außer Landes ziehen, kommt es 1429 doch zum Einfall der Hussiten in die Niederlausitz. Das Land wird flächendeckend heimgesucht. In der Sorauer Chronik steht: »Nach der vergeblichen Belagerung von Bautzen Anfang Oktober bekamen die Hussiten weitere 5000 Mann Verstärkung und zogen in die Niederlausitz.«28 Über Spremberg und Cottbus soll der Weg nach Sommerfeld geführt haben. Weiter schreibt der Chronist: »Guben wurde zu einem Grabe seiner Einwohner gemacht, und das Kloster Neuzelle aufs schrecklichste behandelt. Vor Sorau standen sie gegen Ende des Oktober.«29 Die Stadt Guben und ihr Kloster sowie das Kloster Neuzelle werden niedergebrannt. Während in Neuzelle der gesamte Konvent ausgelöscht wird30, können die Gubener Nonnen sich in das benachbarte Forst retten31 und wenige Jahre später einen Ablass erwirken.32

24 Ebd. S. 74. 25 Krüger, Karl Wilhelm: Alt-Lieberose. S. 37. 26 Paulitz, P.: Chronik von Senftenberg. S. 860–861. 27 Christl, Gundula / Christl, Andreas: Die mittelalterliche Stadt von ihrer Entstehung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. In: COTTBUS 1994. S. 27. 28 Worbs, Johann Gottlob: Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel. S. 44–45. 29 Ebd. 30 Schumann, Dirk: Die Zisterzienserklöster Dobrilugk und Neuzelle. HEIMANN / NEITMANN /

TRESP 2013. S. 355. 31 Töpler, Winfried: Das Benediktinerinnenkloster vor Guben. S. 33. 32 Bünz, Enno: Die Lausitzen und Rom. In: HEIMANN / NEITMANN / TRESP 2013. S. 76–77. Die Angabe des Klosterpatroziniums »St. Mauritius« in der Urkunde muss bezweifelt werden. Töpler schreibt,

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