Verrechnungspreisdokumentation: Vorschläge zum Bürokratieabbau

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Verrechnungspreisdokumentation:

Vorschläge

zum Bürokratieabbau

Praxisgerechte Ausgestaltung der Transaktionsmatrix und der GAufzVO

1. Juli 2025

Einleitung

Die administrative Belastung durch steuerliche Berichtspflichten bindet in den Unternehmen beträchtliche Ressourcen. Neben der umfangreichen Verrechnungspreisdokumentation kommen zusätzliche Meldepflichten wie das Country-by-Country Reporting (CbCR), die DAC-Meldepflichten, erhöhte Mitwirkungspflichten unter dem Steueroasen-Abwehrgesetz und die Mindeststeuer (Pillar 2) hinzu. Der hohe Umfang, der enge Zeitrahmen und die zunehmende Komplexität der Berichtspflichten stellen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, die sowohl zeit- als auch ressourcenintensiv sind.

Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz wurde im Jahr 2024 die Verpflichtung zur Vorlage einer Transaktionsmatrix im Rahmen der Verrechnungspreisdokumentation eingeführt.1 Entgegen dem Versprechen des Titels des Gesetzes, Bürokratie abzubauen, kommt mit der Erstellung einer solchen Matrix auf alle Unternehmen eine neue und zusätzliche Verpflichtung zu. Eine Bürokratieentlastung erfolgt hiermit lediglich vor dem Hintergrund, dass hierdurch die ursprünglich vorgesehene automatische Vorlagepflicht einer vollumfänglichen Verrechnungspreisdokumentation für alle Geschäftsvorfälle eines Unternehmens entfällt. Unstrittig ist zu begrüßen, dass diese Anforderung, die alle Unternehmen stark belastet hätte, zurückgenommen worden ist. Zwar wurde auch in der Vergangenheit eine Übersicht über die wesentlichen Transaktionen gefordert (vgl. § 4 (2) Nr. 2a GAufzV), jedoch nicht in diesem detaillierten Umfang.

1 vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 3 Nr. 2 a, BT-Drs. 20/13015: Die Vorlagepflicht einer Transaktionsmatrix […] soll eine risikoorientierte Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen (Verrechnungspreise) fördern. Insbesondere im Rahmen der Außenprüfung dient die Transaktionsmatrix der Identifizierung von Prüfungsschwerpunkten und kann damit zu einer effektiven und beschleunigten Außenprüfung beitragen. Durch die Mitwirkungspflichten soll ferner gewährleistet werden, dass dem verfassungsrechtlichen Verifikationsgebot weiter Rechnung getragen werden kann.

Praxistaugliche Ausgestaltung der Transaktionsmatrix

In ihrer jetzigen Ausgestaltung führen die Regelungen des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes weiterhin zu einer deutlichen Verschärfung der Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten und damit zu einer höheren Belastung der Unternehmen im Vergleich zum Status Quo der vergangenen Jahre.

Dies betrifft insbesondere die Verkürzung der gesetzlichen Frist zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation von üblicherweise 60 Tage auf nunmehr generell nur noch 30 Tage (§ 90 Abs. 4 AO) sowie die angesprochene neue Verpflichtung zur Erstellung einer Transaktionsmatrix und ihrer automatischen Vorlage innerhalb von lediglich 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (zusammen mit etwaigen Dokumentationen außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle und dem Masterfile bei Überschreiten der 100 Millionen EUR-Umsatzgrenze).

Dabei birgt der Ansatz einer Transaktionsmatrix tatsächlich ein erhebliches Vereinfachungspotenzial – jedoch ist die gegenwärtige Ausgestaltung unzureichend. Vielmehr bedarf es flankierender Maßnahmen, um dieses Vereinfachungspotenzial auch tatsächlich zu heben und die Unternehmen von unnötiger Bürokratie zu entlasten.

Grundlegende Überarbeitung der Gewinnaufzeichnungsverordnung (GAufzV)

Knapp acht Jahre nach der letzten Anpassung der GAufzV ist es an der Zeit, die Regelungen der GAufzV grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen und nach Entlastungspotenzial zu durchforsten. Dies fängt bei dem sachlichen Anwendungsbereich an (Ausnahmen für kleinere Unternehmen), geht über die Ausgestaltung der Transaktionsmatrix und eine Entschlackung der Anforderungen des Local Files (sowohl in Bezug auf die zu dokumentierenden Transaktionen als auch den Umfang der vorzulegenden Unterlagen) hinaus bis hin zu einer Begrenzung der Sanktionen bei verspäteter oder Nichtvorlage der Aufzeichnungen.

Die Erwartungshaltung vieler Unternehmen geht daher in Richtung einer darüberhinausgehenden grundlegenden Lösung im Rahmen der GAufzV. Die notwendige Überarbeitung der GAufzV kann dazu genutzt werden, um das Thema der Bürokratieentlastung im Bereich der Verrechnungspreisdokumentationspflichten breiter zu denken.

Anerkennung eines risikoorientierten Prüfungsansatzes

Dabei wird anerkannt, dass die Finanzverwaltung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung in die Lage versetzt werden muss, einen risikoorientierten Prüfungsansatz zu verfolgen und sich ein Bild von der Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise machen zu können. Dies sind auch vom EuGH anerkannte Rechtfertigungen für die Erstellungspflicht einer Verrechnungspreisdokumentation.2 Trotzdem ist auch unter diesen Prämissen deutlich weniger an Bürokratie möglich und letztendlich auch erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu unterstützen sowie den Eingriff in die EU-Grundfreiheiten auf das notwendige Minimum zu beschränken.

Das Ziel einer risikoorientierten Prüfung der Verrechnungspreise durch die Finanzverwaltung und das übergeordnete Ziel der Bürokratieentlastung können und müssen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Unionsrechtskonformität – konsequent zusammen gedacht werden. Insgesamt sollte der Katalog der Dokumentationsanforderungen auf das für eine risikoorientierte Prüfung unbedingt erforderliche Maß zurückgeführt werden. Aus dieser Perspektive sind Mindestanforderungen an die

2 Vgl. EuGH vom 13.10.2022, C-431/21.

Verrechnungspreisdokumentation abzuleiten. Jeder darüberhinausgehende und damit nicht unbedingt erforderliche Gliederungspunkt sollte konsequent gestrichen werden.

Ein so gelebter Ansatz entlastet am Ende nicht nur die deutsche Wirtschaft von Bürokratie, sondern kann insgesamt zu einer Win-Win-Situation führen, da er der Finanzverwaltung, die auch unter Nachwuchsmangel leidet, einen deutlich effizienteren Prüfungsansatz erlaubt. Schließlich könnte Deutschland mit einem auf Bürokratieabbau setzenden Ansatz eine Vorreiterrolle innerhalb der EU und der OECD einnehmen und insgesamt dafür werben, die stetig gestiegenen Dokumentationsanforderungen auf das notwendige Mindestmaß zurückzuführen.

Vor diesem Hintergrund unterbreiten wir im Folgenden die Vorschläge unserer Mitgliedsunternehmen zu den Potenzialen der Bürokratieentlastung bei der Verrechnungspreisdokumentation.

1. Praxistaugliche Ausgestaltung der Transaktionsmatrix

a) Reduzierung des Umfangs und Klarstellungen

Gemäß der Gesetzesbegründung dient die Transaktionsmatrix der Finanzverwaltung der risikoorientierten Prüfung. Ausgehend von dieser Zielsetzung sollte der Umfang der Transaktionsmatrix gegenüber der Gesetzesbegründung, die derzeit als einziger Anhaltspunkt für den Umfang der Transaktionsmatrix herangezogen werden kann, reduziert werden.

Dies betrifft die folgenden Informationen:

▪ Gegenstand und Art der Geschäftsvorfälle

Viele Unternehmen nutzen funktions- und risikoähnliche Transaktionsgruppen und aggregieren ihre Geschäftsvorfälle.

Während § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GAufzV davon spricht, dass die konzerninternen und grenzüberschreitenden „Geschäftsbeziehungen“ nach Art und Umfang darzustellen sind und gemäß § 2 Abs. 3 GAufzV explizit eine Zusammenfassung von einzelnen Geschäftsvorfällen erlaubt ist, spricht die Gesetzesbegründung zur Einführung der Transaktionsmatrix durchgängig nur von „Geschäftsvorfällen“. Zwar sind auch unter dem Begriff des Geschäftsvorfalls „mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge“ zu fassen (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AStG). Es sollte jedoch bei der Überarbeitung der GAufzV klargestellt werden, dass bei der Befüllung der Transaktionsmatrix weiterhin eine sachgerechte Aggregation von einzelnen Geschäftsvorfällen im Sinne von § 2 Abs. 3 GAufzV möglich ist, wie es auch im Merkblatt des BMF vom 2. April 2025 klargestellt ist.

Es wäre daher wünschenswert, zu klären, was genau unter einem Geschäftsvorfall zu verstehen ist. Es ist wohl nicht davon auszugehen, dass damit jede Einzelproduktlieferung gemeint ist, zumal derartige Einzelvorgänge ohnehin im Rechnungswesen hinterlegt sind. Um dem Grundgedanken der Vereinfachung gerecht zu werden, halten wir es für sinnvoll und praktikabel, hier eine relativ hohe Aggregationsebene zuzulassen. Andernfalls besteht die Gefahr, hier lediglich eine umfangreiche Datensammlung zu generieren, die sicherlich nicht mehr als „Übersicht“ angesehen werden kann.

Die konkrete Wahl der Aggregationsebene sollte indes dem Steuerpflichtigen überlassen bleiben, da sich hier in Abhängigkeit vom zugrundeliegenden Geschäftsmodell (z. B. Projektgeschäft vs.

Produktgeschäft) Unterschiede im Hinblick auf die Datenverfügbarkeit, aber auch auf die Sinnhaftigkeit der Darstellung ergeben können. Bestehende unternehmensspezifische Unterschiede sollten weiterhin individuelle Lösungen ermöglichen. Eine hinreichend aggregierte Übersicht würde es erlauben, ggf. Prüfungsschwerpunkte zu identifizieren und in weiteren Prüfungsschritten zu vertiefen. Dies entspricht unseres Erachtens auch der Intention der neu eingeführten Regelung, die der Betriebsprüfung den schnellen Einstieg in den Prüfungsfall erlauben soll.

Es sollten auch keine übermäßigen Anforderungen an die Konsistenz derartiger Übersichten, z. B. bei verschiedenen Sparten innerhalb eines Konzerns, gestellt werden. Somit sollte es auch möglich sein, die Erstellung einer Transaktionsmatrix je Sparte des Unternehmens zuzulassen.

Darüber hinaus zeigt sich, dass die in der Gesetzesbegründung genannten Informationen, die in der Transaktionsmatrix genannt werden müssen, nicht der gelebten Praxis entsprechen. Hier sollte dem Betriebsprüfer ein Ermessensspielraum eingeräumt werden, um in der Praxis bewährte Methoden anzuerkennen. Insbesondere möchten wir auf folgende Informationen hinweisen, die nicht einfach so in den Unternehmen verfügbar sind und deren unbegründete Erhebung einen erheblichen Aufwand darstellen:

▪ Volumen und Entgelt der Geschäftsvorfälle

Die Pflicht zur getrennten Angabe von Volumen und Entgelt, wie sie das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 vorsieht, bringt in der Praxis unverhältnismäßige Herausforderungen mit sich. In vielen Fällen –insbesondere bei Dienstleistungen oder Lizenzvergütungen – lässt sich der wirtschaftliche Umfang nicht von der Höhe des Entgelts trennen oder wird im System des Unternehmens gar nicht gesondert erfasst.

Während die Differenzierung bei Darlehen (z. B. Darlehensbetrag und Zinssatz) sachgerecht ist, führt sie in anderen Fällen zu einem erheblichen Mehraufwand ohne erkennbaren Mehrwert für die risikoorientierte Prüfung. Deshalb wäre eine Klarstellung dahingehend wünschenswert, dass bei wirtschaftlicher Gleichwertigkeit die Angabe des Entgelts ausreichend ist.

▪ Vertragliche Grundlage

Informationen zur vertraglichen Grundlage sind nicht ad hoc verfügbar und können oftmals nicht automatisiert aus bestehenden Datenquellen abgeleitet werden. Zudem lassen sich aus den vertraglichen Grundlagen nicht zwingend nützliche Informationen für die Bestimmung der Verrechnungspreise ableiten. Vielmehr greift dieser Aspekt bereits Punkte aus der detaillierteren Sachverhalts- bzw. Angemessenheitsdokumentation auf.

Im konzerninternen Geschäftsverkehr werden Transaktionen vielfach auch über die konzerninternen „AGB“ (Group Policy) abgewickelt – also nicht über einen schriftlichen Vertrag im klassischen Sinne, aber sehr wohl mit vertraglicher Grundlage. Zudem werden in Konzernen auch mündliche Verträge als Grundlage verwendet. Schließlich hat der BFH3 zu dieser Thematik festgestellt, dass im Kontext des abkommensrechtlichen Schutzes von Art. 9 OECD-MA die Sonderbedingung in Form einer "klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung" (sog.

3 Grundlegend BFH vom 11.10.2012, I R 75/10; bestätigend BFH vom 27.02.2019, I R 73/16, Rn. 27.

formeller Fremdvergleich) nicht gilt und allein aus der Tatsache eines fehlenden Vertrages keine Verrechnungspreisanpassung zulässig ist.

Vor diesem Hintergrund wäre es begrüßenswert, zumindest praktikable Umsetzungsregeln für die verpflichtende Benennung der „vertraglichen Grundlage“ – wie sie das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 vorschreibt – zu definieren. Eine Beifügung der Verträge ist laut Merkblatt nicht erforderlich. Die Intention der Transaktionsmatrix (Übersicht, Entlastung) steht jedoch im Widerspruch zu einer Auflistung der „vertraglichen Grundlage“.

Vor dem Hintergrund, dass schriftliche Verträge nicht zwingend erforderlich sind, ist diese Information auch für eine risikoorientierte Prüfung nicht erforderlich und sollte daher nicht Teil der Transaktionsmatrix werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es im Konzernverbund für ein gesamtes Geschäftsjahr Tausende von (schriftlichen oder mündlichen) Einzelverträgen geben kann. Jeder Geschäftsbeziehung den für sie geltenden Vertrag – oder im schlimmsten Fall bei Einzellieferverträgen – alle mit dieser Geschäftsbeziehung in Verbindung stehenden Verträge aufzulisten, verursacht einen immensen Arbeitsaufwand, nicht zuletzt, weil diese Information üblicherweise nicht einfach aus den ERP-Systemen gezogen werden kann und daher manuell den restlichen Informationsfeldern in der Transaktionsmatrix hinzuzufügen wäre.

▪ Verrechnungspreismethode

Das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 hat ausdrücklich die Pflicht zur Angabe der Verrechnungspreismethode bestätigt. Obwohl das Anliegen, eine standardisierte Angabe der gewählten Verrechnungspreismethode zu erhalten, nachvollziehbar ist, ergeben sich hier aus praktischer Sicht diverse Probleme. Je nach Aggregationsgrad der Transaktionen können sich zulässigerweise ggf. die Methoden der Preisbildung und zur Dokumentation unterscheiden (price setting vs. outcome testing). Allein vor diesem Hintergrund besteht schon Unsicherheit auf Seiten der Steuerpflichtigen, ob mit der „angewandten Verrechnungspreismethode“ diejenige Methode gemeint ist, die zur Preissetzung verwendet worden ist, oder diejenige Methode, mit der in der Verrechnungspreisdokumentation die Angemessenheit aufgezeigt wird.

In den meisten Standardfällen wie Vertrieb, Dienstleistung, Auftragsfertigung, Auftragsforschung etc. wird ohnehin die TNMM (Transaktionsbezogene Nettomargenmethode) mit aus Datenbankanalysen abgeleiteten PLIs (Profit Level Indicator) zum Einsatz kommen. Insoweit erscheint der Mehrwert der Angabe der Verrechnungspreismethode in der Transaktionsmatrix zweifelhaft. Dies bedeutet nicht, dass bei entsprechender Schwerpunktbildung und gezielten Prüfungsanfragen die entsprechenden Methoden nicht erläutert werden können und im Rahmen des Local Files ohnehin dargestellt werden müssen. Für die Transaktionsmatrix würden wir uns hier jedoch ausdrücklich für eine Streichung der Verpflichtung zur Angabe der Verrechnungsmethode einsetzen.

Regelbesteuerung

Die Anforderung von Informationen über die Besteuerung im Partnerstaat geht über die eigentliche Dokumentationspflicht im Bereich der Verrechnungspreise hinaus. Die Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist streng losgelöst von der Besteuerung im Gegenland zu sehen. Für die Angemessenheit der Verrechnungspreise darf es keine Rolle spielen, wie die Transaktion im Partnerland der Geschäftsbeziehung besteuert wird. Daher ist die Angabe der Regelbesteuerung für die Fremdvergleichsanalyse irrelevant.

Weiterhin ist anzumerken, dass der Finanzverwaltung insoweit bereits Informationen geliefert werden (z. B. im Rahmen der eingeführten Meldepflichten) Daher sollten die Unternehmen nicht mit einer pauschalen Anforderung konfrontiert werden, die grundsätzlich keine Auswirkung auf die Gestaltung der Verrechnungspreise hat.

Auch die Frage nach der Besteuerung im Ausland zielt inhaltlich eher auf eine Missbrauchsverhinderung ab. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der BFH festgestellt hat, dass allgemeinpolitische Erwägungen in Richtung einer Missbrauchsvermeidung die individuelle geschäftsvorfallbezogene Fremdvergleichsprüfung nicht überlagern dürfen.4 Maßgeblich für die Fremdvergleichsanalyse sind allein die anerkannten Verrechnungspreismethoden sowie die üblichen Vergleichskriterien.

Eine solche Anforderung zur Darlegung der Besteuerung im Ausland wäre daher systemfremd und nicht sachgerecht. Sie wäre auch systemwidrig in dem Sinne, dass fremde dritte Marktteilnehmer üblicherweise die Besteuerung ihres Geschäftspartners nicht kennen und solche Informationen auch nicht einfordern.

Darüber hinaus sorgt die Implementierung von Pillar 2 bereits dafür, dass Unternehmensgewinne weltweit einer Mindestbesteuerung von 15 Prozent unterliegen, wodurch zusätzliche Angaben zur Regelbesteuerung noch entbehrlicher werden.

Die Entscheidung, ob Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Jurisdiktionen einer vertieften Prüfung unterzogen werden, liegt grundsätzlich im Ermessen der Betriebsprüfung. Vor diesem Hintergrund sollte auf die verpflichtende Angabe der „Regelbesteuerung“ in der Transaktionsmatrix verzichtet werden.

Petitum: Beschränkung der Transaktionsmatrix auf solche Angaben, die tatsächlich für eine risikoorientierte Prüfung notwendig sind und Anpassung der Transaktionsmatrix an die wirtschaftliche Realität (siehe obenstehende Ausführungen); insbesondere Verzicht auf die Datenfelder „vertragliche Grundlage“, „Verrechnungspreismethode“ und „Regelbesteuerung“. Zudem sollte in die „Hinweise auf die wesentlichen Rechte und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Außenprüfung“ (siehe zuletzt BMF-Schreiben vom 17.2.2025) ein Hinweis auf die geltenden Dokumentationsverpflichtungen aufgenommen werden. Gerade nicht beratene Unternehmen sind sich dieser neuartigen Mitwirkungspflicht ggf. nicht bewusst.

b) Anwendungszeitraum

Momentan gilt die Pflicht zur – automatischen – Vorlage der Transaktionsmatrix für alle Jahre, für die ab dem 1.1.2025 eine Außenprüfung angeordnet wird (§ 37 Abs. 5 EGAO). Dieser Vorgabe wurde durch das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 noch einmal bestätigt.

Wie dargestellt, führten die engen zeitlichen Vorgaben für die Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation schon in der Vergangenheit dazu, dass etliche Unternehmen ihre Dokumentationen zeitnah erstellt haben („Vorratsdokumentation“). Dies bedeutet, dass die TP-Dokumentationen für die zurückliegenden Jahre bis einschließlich 2020 schon vorliegen. Nach bisheriger Rechtslage hatten die Unternehmen ihre Dokumentationspflichten also erfüllt, müssten aber jetzt noch zusätzliche

4 Vgl. BFH vom 18.5.2021, I R 4/17, Rz. 56.

Dokumentationspflichten erfüllen, die sie nicht in diesem Umfang hätten, wenn auch die Prüfungen zeitnah erfolgt wären. Anstatt Bürokratie abzubauen, würden diese Unternehmen zusätzlich belastet.

Aus dieser zusätzlichen Dokumentationspflicht (Erstellung einer Transaktionsmatrix) resultiert ein zusätzlicher manueller Aufwand und ggf. sogar noch ein zusätzlicher systemseitiger Aufwand, da Datenabfragen zum Teil nochmal neu durchgeführt werden müssen, um die neuen Datenanforderungen zu erfüllen. Gerade vor dem Hintergrund, dass einige Unternehmen auf SAP S4 HANA migrieren, heißt das auch, dass man ggf. Datenabfragen für verschiedene Systeme generieren muss und für die Altjahre entsteht einfach nur zusätzlicher Aufwand.

Petitum: Für die Altjahre sollte auf die verpflichtende Erstellung der Transaktionsmatrix verzichtet werden, um zusätzlichen bürokratischen und systemseitigen Aufwand zu vermeiden.

c) Verpflichtende Vorlage außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle

Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz wurde in § 90 Abs. 4 AO n. F. eine neue Verpflichtung zur unaufgeforderten Vorlage von Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle (agGV) eingeführt. Diese Unterlagen sind nunmehr automatisch innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. Dennoch ist aufgrund der unklaren Definitionslage eine Zunahme der Streitigkeiten vorprogrammiert. Beides bedeutet mehr Bürokratie, ohne dass dem ein erkennbarer Zusatznutzen gegenüberstünde.

Hinzu kommt, dass die agGV einen nationalen Sonderweg darstellen: Weder in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien noch in anderen relevanten internationalen Regelwerken gibt es ein vergleichbares Konzept. Die Gefahr eines deutschen Alleingangs mit potenziell negativen Auswirkungen auf die internationale Standortattraktivität sollte daher so schnell wie möglich beendet werden.

Petitum: Wir empfehlen, die Sonderkategorie „agGV“ aus der GAufzV und der AO zu streichen.

d) Vorratsdokumentation und Transaktionsmatrix

Vorratsdokumentation

Viele größere Steuerpflichtige erstellen – teilweise in globalen Dokumentationsprojekten – bereits eine sog. „Vorratsdokumentation“, also eine ausführliche Verrechnungspreisdokumentation, auch ohne das die deutsche Finanzverwaltung die Dokumentation bereits angefordert hat und die zu dokumentierenden Transaktionen spezifiziert hat. Für diese Unternehmen bedeutet die Transaktionsmatrix keine Entlastung, sondern eine zusätzliche bürokratische Belastung. Dies steht im Widerspruch zum Ziel der Bürokratieentlastung.

Unternehmen, die bereits in der ersten Prüfungsrunde ausführliche Local File-Daten vorlegen, sollten daher von der Pflicht zur Vorlage einer Transaktionsmatrix befreit werden. Für diese Unternehmen würde die zusätzliche Anforderung zur Erstellung einer Transaktionsmatrix keinen inhaltlichen Mehrwert und keine Prüfungserleichterung für die Finanzverwaltung bieten, da bereits eine enge und detaillierte Interaktion besteht.

Bei dem derzeitigen Ansatz stehen die Unternehmen jedoch regelmäßig vor der Herausforderung zu entscheiden, für welche Geschäftsvorfälle eine vollständige Sachverhalts- und

Angemessenheitsdokumentation (u. a. Funktions- und Risikoanalyse, Beschreibung der Methodenwahl und Präsentation von Marktdaten) erstellt werden soll. Diese für alle Transaktionen zu erstellen, worunter auch Kleinsttransaktionen mit einem Umsatzvolumen von nur wenigen Tausend Euro zählen, ist schlichtweg praktisch nicht möglich bzw. würde massive Ressourcen in Anspruch nehmen.

Zudem sind nicht alle Transaktionen, die zwischen verbundenen Unternehmen stattfinden, so wesentlich, dass sie eine vollständige Dokumentation in der lokalen Dokumentation erfordern (so auch die OECD5). Gerade bei zahlenmäßig kleinen Transaktionen besteht auch rein praktisch keine Gefahr einer massiven Gewinnverlagerung ins Ausland.

Gleichzeitig sieht die gegenwärtige deutsche Gesetzeslage keine Bagatellregelung für kleinere Transaktionen vor. Entgegen der expliziten Empfehlung der OECD in 5.32 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien (Guidelines) gibt es in Deutschland keine transaktionsbezogenen relativen Wesentlichkeitsschwellen. Vor diesem Hintergrund stieß in der Betriebsprüfungspraxis zum Beispiel ein in der Vergangenheit gelebter 80/20-Ansatz auf Verständnis und Akzeptanz, obwohl dieser keine direkte Grundlage im Gesetz selbst hatte, sondern aus der eigentlichen Pflicht der Finanzverwaltung abgeleitet wurde, die zu dokumentierenden Transaktionen in der Vorlageanforderung zu spezifizieren (§ 2 Abs. 6 GAufzV). Angesichts der praktischen Umsetzungsschwierigkeiten einer vollständigen Dokumentation aller Transaktionen wäre es sachgerecht, die bestehende Prüfungspraxis durch eine eindeutige gesetzliche Regelung zu ergänzen

Aufgrund unterschiedlicher Systemlandschaften, unterschiedlicher Transaktionsaggregationen sowie unterschiedlicher Unternehmensgrößen stellen sich absolute Umsatzgrenzen gleichwohl als schwierig dar. Daher sollte die Pflicht zur Erstellung einer vollständigen Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation wie nachfolgend anhand von relativen Grenzen (ggf. in Kombination mit absoluten Umsatzgrenzen) beschränkt werden.

Petitum: Eine Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation sollte nur für diejenigen konzerninternen Transaktionen erforderlich sein, die zusammen mindestens 80 Prozent des gesamten debitorischen und kreditorischen Transaktionsvolumens einer Gesellschaft abdecken – unabhängig von der Art der Transaktionen.

Zudem sollten gesetzgeberische Korrekturen – wie sie nun im Merkblatt eingeräumt sind – mit dem Ziel erfolgen, eine effiziente und praxisnahe Handhabung der Verrechnungspreisdokumentation zu gewährleisten:

▪ Die Anforderung der Verrechnungspreisdokumentation sollte grundsätzlich auf Betriebsprüfungen beschränkt bleiben. Eine jederzeitige Anforderung (§ 90 Abs. 4 Satz 1 AO) sollte nur in begründeten Ausnahmefällen, mit nachweislich berechtigtem Interesse und ausschließlich für bereits veranlagte Zeiträume erfolgen.

▪ Dies gilt auch für Advance Pricing Agreements (APA). In diesen Fällen sollte die Dokumentationspflicht nach § 90 Abs. 3 AO auf die Einhaltung der APA-Bedingungen beschränkt werden, sofern ein genehmigter Antrag oder ein gültiges APA vorliegt.

▪ Eine Reduzierung der Bürokratie kann auch dadurch erreicht werden, dass in bestimmten Fällen auf detaillierte Local Files verzichtet wird, etwa bei Transaktionsgruppen mit

5 OECD (2022), Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations S. 235.

konzernweit/spartenweit geltenden Verrechnungspreisrichtlinien. Die Finanzverwaltung hat in diesen Fällen weiterhin die Möglichkeit, gezielt Informationen anzufordern.

▪ Darüber hinaus sollte, wie im Merkblatt beschrieben, für (anschlussgeprüfte) Unternehmen die Möglichkeit bestehen, mit der Finanzverwaltung abweichende/individuelle Vereinbarungen hinsichtlich des Dokumentationsansatzes (insbesondere zu Art und Umfang der Dokumentation) zu treffen, um einen risikoorientierten Prüfungsansatz zu gewährleisten.

▪ Eine vollumfängliche Dokumentation für Transaktionen mit Minderheits-Joint-Venture-Unternehmen sollte in Abstimmung mit den Finanzbehörden nur in Ausnahmefällen angefordert werden, da im Regelfall keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung unterstellt werden kann, dass fremdunübliche Verrechnungspreise verrechnet werden bzw. dies in der Konstellation faktisch nicht durchsetzbar wäre.

e) Transaktionsmatrix-Ansatz

Im Folgenden soll ein modifizierter, pragmatischer Prozess für die Vorlageanforderung eines Local Files vorgestellt werden, der auf dem Konzept der Transaktionsmatrix fußt und dessen Vereinfachungspotenziale nutzt und damit effektiv zu weniger Bürokratie führt.

§ 2 Abs. 6 Sätze 2 und 3 GAufzV lauten: „Die Anforderung [zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation] soll die Geschäftsbereiche und die Geschäftsbeziehungen des Steuerpflichtigen bezeichnen, die Gegenstand der Außenprüfung sein sollen. In der Anforderung sollen auch die Art und der Umfang der angeforderten Aufzeichnungen inhaltlich hinreichend bestimmt werden.“ Damit begrenzt die GAufzV schon seit ihrer Einführung den Umfang der Verrechnungspreisdokumentation (Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation) nur auf solche Geschäftsbeziehungen, die explizit von der Betriebsprüfung bezeichnet werden und für die der Umfang hinreichend bestimmt wird.

In der Betriebsprüfungspraxis wird dieser begrenzende Mechanismus dadurch ausgehebelt, dass die Betriebsprüfung in der Regel in ihrer Anforderung zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation die Dokumentation aller Geschäftsbeziehungen verlangt und lediglich auf den vollen Dokumentationskatalog gemäß § 4 GAufzV verweist. Diese Vorgehensweise mag der Unkenntnis der Betriebsprüfung über die verwirklichten konzerninternen Geschäftsvorfälle geschuldet sein. Effizient ist diese Vorgehensweise nicht, zumal den Unternehmen nach der Aufforderung zur Vorlage der Dokumentation unter dem bisherigen Recht nur 60 Tage zur Übermittlung der Verrechnungspreisdokumentation verblieben und diese Frist zwischenzeitlich auf nur noch 30 Tage verkürzt wurde (§ 90 Abs. 4 AO). Auch wenn eine explizite Pflicht zur zeitnahen Erstellung der Dokumentation (außer in Bezug auf sog. außergewöhnliche Geschäftsvorfälle) nicht bestand und auch weiterhin nicht besteht, hat das enge Zeitkorsett für die Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation bereits bisher dazu geführt, dass ein Großteil der Unternehmen eine „Vorratsdokumentation“ erstellt hat. Dies ist vor dem Hintergrund der auf 30 Tage verkürzten Vorlagepflicht nun fast unausweichlich. Die Transaktionsmatrix führt somit nicht zu einer Entlastung, sondern stellt nur eine zusätzliche Dokumentationsanforderung dar.

Insgesamt wird im gegenwärtigen System den Unternehmen eine hohe bürokratische Last zur Erstellung von „Vorratsdokumentationen“ aufgebürdet, ohne dass klar ist, welche Transaktionen die Betriebsprüfung überhaupt näher beleuchtet. Diese sich aus dem engen Zeitfenster der aktuellen Gesetzeslage notwendigerweise ergebende Vorgehensweise wird weder dem Ziel einer risikoorientierten Prüfung und der Bürokratieentlastung gerecht noch entspricht sie dem eigentlichen Geist der GAufzV, der eine enge und zielgenaue Begrenzung der zu dokumentierenden Geschäftsbeziehungen vorsieht.

Verrechnungspreisdokumentation: Vorschläge

Um den unnötigen bürokratischen Aufwand von „Vorratsdokumentationen“ zu vermeiden und zu dem eigentlichen Prozess zu kommen, der seit Einführung der GAufzV vorgesehen war, muss die Vorlagefrist erheblich verlängert werden – auf mindestens 6 Monate. Demnach könnte ein modifizierter Prozess zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation wie folgt aussehen: Die Unternehmen legen innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung eine Transaktionsmatrix vor, die jedoch entlang der im vorherigen Abschnitt diskutierten Elemente reduziert sein sollte. Daraufhin hat die Betriebsprüfung 3 Monate Zeit, diejenigen Geschäftsbeziehungen zu bestimmen, die ausführlicher dokumentiert werden sollen, woraufhin den Unternehmen mindestens 6 Monate bleiben, um diese Informationen zusammenzutragen.

Um eine Schlechterstellung derjenigen Steuerpflichtigen zu vermeiden, die sich für den „Transaktionsmatrix-Ansatz“ entscheiden, sollte das Vorlageverlangen der Betriebsprüfung zudem auf die größten Transaktionen beschränkt bleiben, die einen Mindestabdeckungsgrad von 80 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens überschreiten.

Im schlechtesten Fall führen beide Ansätze zu demselben Umfang einer Verrechnungspreisdokumentation. Im besten Fall jedoch führt der „Transaktionsmatrix-Ansatz“ zu einer echten risikoorientierten Prüfung und deutlich weniger Belastung, da nur noch für solche Transaktionen eine Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation erstellt wird, die auch wirklich einer Prüfung unterliegen.

Dieser Ansatz gefährdet auch nicht das Ziel der Beschleunigung der Betriebsprüfung, sondern fördert es, da es der Betriebsprüfung ein klares Zeitfenster für die Anforderung der Verrechnungspreisdokumentation gibt und die Dokumentation in Zukunft zielgenau Informationen zu den ausgewählten Transaktionen liefert, sodass die Prüfung der Verrechnungspreise fokussierter erfolgen kann.

Petitum: Unternehmen, die bereits detaillierte Dokumentationen vorliegen, sollten von der Pflicht zur Transaktionsmatrix befreit werden. Für alle anderen sollte eine reduzierte Transaktionsmatrix innerhalb von 30 Tagen nach Prüfungsanordnung vorgelegt werden. Die Betriebsprüfung hat dann 3 Monate Zeit, die relevanten Transaktionen zu bestimmen, und die Unternehmen 6 Monate, um diese zu dokumentieren. Der Umfang sollte auf die größten Transaktionen beschränkt bleiben, die einen Mindestabdeckungsgrad von 80 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens ausmachen. Das würde Bürokratie reduzieren und eine zielgerichtete, risikoorientierte Prüfung ermöglichen, ohne das Ziel der Beschleunigung der Betriebsprüfung zu gefährden.

2. Grundlegende Überarbeitung der Gewinnaufzeichnungsverordnung (GAufzVO)

a) Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung eines Local Files

Kleinere Unternehmen im Sinne der § 6 GAufZV sind von der Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation ausgenommen, wenn die Summe der Entgelte für die Lieferung von Gütern oder Waren 6 Mio. Euro und die Summe der Vergütungen für andere Leistungen 600.000 Euro nicht überschreitet. Diese an sich begrüßenswerte Erleichterungsregelung wird jedoch in ihrem Anwendungsbereich dadurch stark eingeschränkt, dass gemäß § 6 Abs. 3 GAufzV bei der Prüfung dieser Schwellenwerte die Umsätze mehrerer in Deutschland ansässiger Konzerngesellschaften zusammengefasst werden. Damit trifft die Dokumentationspflicht auch Konzernunternehmen, die für sich genommen als klein einzustufen sind. Diese Konzernregel mag als Missbrauchsverhinderungsnorm gedacht

gewesen sein, einen Konzern nicht in unzählige kleine Unternehmen aufzuspalten, um den Dokumentationspflichten zu entgehen. Ein solches Vorgehen wäre aber mit sehr hohen Kosten verbunden (u. a. Abschlussprüfungsgebühren für jede Einzelgesellschaft), sodass diese Missbrauchsgefahr real nicht besteht.

Derzeit ist offen, ob die in § 6 GAufzV verankerten Ausnahmeregelungen für kleinere Unternehmen auch die Verpflichtung zur Erstellung und Einreichung einer Transaktionsmatrix umfassen. Aus Sicht der Praxis wäre es jedoch naheliegend und folgerichtig, dass Unternehmen, die nach § 6 GAufzV von der Pflicht zur Erstellung eines Local Files befreit sind, auch von der Pflicht zur Abgabe einer Transaktionsmatrix befreit sind. Das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 enthält diesbezüglich jedoch keine explizite Ausnahmeregelung, sodass derzeit auch kleinere Unternehmen von der Verpflichtung betroffen sind. Eine Klarstellung durch die Finanzverwaltung wäre wünschenswert, um das Ziel der Entlastung kleiner Unternehmen nicht zu konterkarieren.

Petitum: § 6 Abs. 3 GAufzV sollte ersatzlos gestrichen werden, da die Konzernzusammenrechnung in der Praxis zu einer übermäßigen Ausweitung der Dokumentationspflichten führt – auch auf faktisch kleine Unternehmen. Zumindest sollten die Schwellenwerte inflationsbedingt angepasst werden – z. B. auf 10 Mio. Euro für Lieferungen und auf 1 Mio. Euro für sonstige Leistungen. Darüber hinaus sollte in einer künftigen Überarbeitung der GAufzV ausdrücklich klargestellt werden, dass Unternehmen, die nach § 6 GAufzV von der Pflicht zur Erstellung eines Local Files befreit sind, ebenfalls von der Pflicht zur Abgabe einer Transaktionsmatrix ausgenommen sind. Das BMFMerkblatt vom 2. April 2025 sieht eine solche Ausnahme derzeit nicht vor – eine entsprechende Ergänzung wäre jedoch im Sinne einer gezielten Bürokratieentlastung kleiner Unternehmen dringend geboten.

b) Entschlackung des Local Files

Die durch die Gesetzesänderung notwendig gewordene Überarbeitung der GAufzV sollte dazu genutzt werden, um den Umfang des Local Files auf das erforderliche Mindestmaß zurückzuführen und endlich den längst nicht mehr zeitgemäßen Vorrang der deutschen Sprache aufzugeben.

Wir schlagen im Einzelnen vor:

Akzeptanz englischsprachiger Dokumentationen ohne Antrag

§ 2 Abs. 5 Satz 1 GAufzV schreibt vor, dass die Verrechnungspreisdokumentation grundsätzlich in deutscher Sprache zu erstellen ist. Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann die Finanzbehörde die Vorlage einer englischsprachigen Dokumentation zulassen. Der Vorrang einer deutschsprachigen Dokumentation ist nicht mehr zeitgemäß, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Prüfung der Verrechnungspreise immer um eine grenzüberschreitende Angelegenheit handelt und damit für eine gemeinsame Kommunikation regelmäßig auf die englische Sprache zurückgegriffen wird.

Petitum: Es sollte grundsätzlich allen Unternehmen gestattet sein, sowohl das Local File als auch das Masterfile ohne gesonderten Antrag in englischer Sprache einzureichen.

Dokumentationspflichten begrenzen

Es sollte sichergestellt werden, dass ausschließlich die Regelungen der GAufzV den Gegenstand der Verrechnungspreisdokumentation vorgeben und somit für diese maßgeblich sind. Darüberhinausgehende weitere Vorgaben, etwa in den „Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024“ sollten außen vor bleiben. Dies betrifft insbesondere folgende Anforderungen:

▪ Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GAufzV).

▪ Aufzeichnung der im Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung verfügbaren und zur Preisbestimmung verwendeten Informationen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b GAufzV).

In diesem Zusammenhang sollte auch erwogen werden, die streitanfällige Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen aufzuheben. Bislang besteht keine eindeutige Definition eines außergewöhnlichen Geschäftsvorfalls, sondern § 3 Abs. 2 GAufzV enthält nur einen Beispielkatalog mit teilweise unbestimmten Rechtsbegriffen (z. B. „erhebliche“ Auswirkung auf die Höhe der Einkünfte). Im Zuge von Bürokratieentlastung könnten die gesetzlichen Regelungen spürbar vereinfacht werden, indem auf die Sonderkategorie der außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle verzichtet wird; eine Unterscheidung, die im Übrigen kaum ein anderes Land kennt. Zudem sind etliche als außergewöhnlich zu qualifizierende Geschäftsvorfälle ohnehin heutzutage schon gemäß DAC6 (Hallmark E.2 oder E.3) zu melden.

Petitum: Es sollte sichergestellt werden, dass ausschließlich die GAufzV die Verrechnungspreisdokumentation regelt, zusätzliche Vorgaben aus den „Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024“ unberücksichtigt bleiben und die streitanfällige Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen entfallen.

Kurzdokumentation

Deutschland sollte eine Vorreiterrolle innerhalb der OECD einnehmen und auf OECD-Ebene dafür einztreten, den Katalog der Informationen, die im Local File vorzulegen sind, gegenüber den Empfehlungen in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu reduzieren. Dies könnte folgende Aspekte betreffen:

• Verzicht auf die Darstellung von Wettbewerbern und Marktverhältnissen, da diese Informationen nur in seltenen Fällen für die Beurteilung der Verrechnungspreise von Belang sind und in Betriebsprüfungen verwendet werden.

• Die Erstellung von Datenbankstudien bindet viele Ressourcen bzw. ist kostenintensiv. Die OECD empfiehlt, die Finanzdaten der Vergleichsunternehmen jährlich zu aktualisieren und alle drei Jahre eine komplett neue Datenbankstudie zu erstellen. In diesem Zusammenhang wäre daran zu denken, nur alle 5-6 Jahre die Erstellung einer neuen Datenbankstudie zu empfehlen und dazwischen maximal eine Aktualisierung über einen dreijährigen Finanzdatenzeitraum.

Petitum: Deutschland sollte innerhalb der OECD eine Vorreiterrolle einnehmen und sich für eine Reduzierung des Informationsumfangs des Local File im Vergleich zu den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien einsetzen.

Vorreiterrolle bei der Reduzierung der Gliederungspunkte des Local File

Denkbar und aus Unternehmenssicht sehr zu begrüßen wäre die Einführung eines Mechanismus, der es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, das Local File nicht jährlich vollständig neu zu erstellen, sondern lediglich alle drei Jahre. Dieser Ansatz – auch als „qualifying past documentation“ bekannt –wird international bereits diskutiert und könnte insbesondere kleine und mittlere Unternehmen erheblich entlasten.

Voraussetzung wäre, dass die im zuletzt erstellten Local File enthaltenen Informationen weiterhin gültig und unverändert zutreffend sind. Der Steuerpflichtige müsste jährlich im Rahmen einer vereinfachten Prüfung bestätigen, dass:

▪ die Transaktionen weiterhin identisch sind (keine neuen Geschäftsvorfälle);

▪ die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Geschäftsstruktur sowie die Funktions- und Risikoanalyse weiterhin gelten;

▪ die verwendete Verrechnungspreismethode unverändert ist;

▪ die Preissetzungslogik gleichgeblieben ist, und

▪ die Preise weiterhin dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.

Insbesondere kleinere Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen würden deutlich entlastet, ohne dass die Prüfungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung beeinträchtigt würden. Gleichzeitig beklagen Betriebsprüfer regelmäßig, dass sie in der Dokumentation mit umfangreichen, oft standardisierten Textpassagen konfrontiert werden, deren konkreter Mehrwert für die Prüfung nicht immer erkennbar ist.

Eine Reduzierung der inhaltlichen Anforderungen auf die tatsächlich prüfungsrelevanten Elemente –sowohl im Master File als auch im Local File – wäre daher ein wirksamer und leicht umsetzbarer Beitrag zum Bürokratieabbau. Die Unternehmen würden von unnötigem Aufwand entlastet und die Finanzverwaltung könnte sich stärker auf risikoorientierte Prüfungsfelder konzentrieren.

Petitum: Einführung eines Mechanismus, der es ermöglicht, das Local File nicht jedes Jahr, sondern nur alle drei Jahre vollständig neu zu erstellen

c) Reduzierung der Sanktionen

Die Sanktionen im Zusammenhang mit der Transaktionsmatrix sollten klar und rechtssicher geregelt werden. Das BMF-Merkblatt vom 2. April 2025 hat ausdrücklich bestätigt, dass bei Nichtvorlage der Transaktionsmatrix ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 5.000 Euro gemäß § 162 Abs. 4 Satz 1 AO zu erheben ist. Diese Festlegung schafft zwar eine gewisse Rechtssicherheit für Unternehmen, lässt jedoch weiterhin Fragen offen.

So bleibt unklar, ob dieser Zuschlag abschließend ist oder ob ergänzend weitere Zuschläge nach § 162 Abs. 4 Satz 2 AO - z. B. gestaffelt nach der Anzahl der Geschäftsvorfälle oder dem Umfang der fehlenden Angaben - erhoben werden können. Um dieser Unsicherheit entgegenzuwirken, wäre eine gesetzliche oder administrative Klarstellung wünschenswert, dass für die Transaktionsmatrix

ausschließlich der Zuschlag nach Satz 1 gilt und eine „verspätete oder unvollständige“ Vorlage nicht zur Anwendung von Satz 2 führt. Nur so kann dem Charakter der Transaktionsmatrix als Übersichtsinstrument mit Vereinfachungspotenzial Rechnung getragen werden.

Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber die Sanktionssystematik im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation grundsätzlich überdenken. Die derzeitige Formulierung des § 162 Abs. 4 AO lässt den Schluss zu, dass insbesondere bei fehlender Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation Zuschläge pro Geschäftsvorfall erhoben werden können. Dies widerspricht dem Ziel eines effizienten und praktikablen Dokumentationssystems. Gezielt sanktioniert werden sollte nur die vollständige Verweigerung der Mitwirkung, nicht aber formale Abweichungen oder begründete Abweichungen im Umfang der Dokumentation.

Petitum: Es sollte gesetzlich klargestellt werden, dass bei fehlender Transaktionsmatrix ausschließlich der pauschale Zuschlag nach § 162 Abs. 4 Satz 1 AO gilt. Sanktionen sollten nur bei vollständiger Mitwirkungsverweigerung greifen.

Verrechnungspreisdokumentation:

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Abteilungsleiterin Steuern und Finanzpolitik

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Tobias Kohlstruck

Referent Internationale Steuerpolitik

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Nadine Fetzer

Referentin Internationale Steuerfragen n.fetzer@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D2070

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