Stellungnahme
BNetzA-Diskussionspapier
Entgelte für Industrie und Gewerbe

Langtitel, Beispiel: (Arial, 20 Pt, fett)
Referentenentwurf/ Regierungsentwurf
Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Stand: 21 10 2025 (…)

Stellungnahme - BNetzA-Diskussionspapier: Entgelte für Industrie und Gewerbe
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung..........................................................................3
Einleitung.........................................................................................6
1. Geänderte Rahmenbedingungen durch die Energiewende ..7
2. Rechtliche Anforderungen.......................................................8
3. Allgemeine Anforderungen an eine neue Regulierung .........9
4. Optionen für einen neuen Sondertatbestand:......................12
4.1.Option A: Sportmarktorientierte Flexibilitätsanreize...........14
4.2.Option B: Netzdienliche Flexibilisierung..............................15
4.3.Option C: Netzdienliche Anforderungen des Flexibilitätseinsatzes durch Netzbetreiber..................................16
Über den BDI..................................................................................18 Impressum.....................................................................................18
Stellungnahme - BNetzA-Diskussionspapier: Entgelte für Industrie und Gewerbe

Zusammenfassung
Die Bundesnetzagentur konkretisiert mit dem Diskussionspapier „Entgelte für Industrie und Gewerbe“ ihre Ansätze zur Reform der individuellen Netzentgelte
Mit Blick auf ein zukünftiges Anreizinstrument für industrielle Flexibilitäten wird es sehr positiv gesehen, dass die BNetzA den Optionenraum deutlich ausweitet und die Industrie darüber hinaus einlädt, eigene Vorschläge einzubringen. Neben ihrem bisherigen Vorschlag (Spotmarktorientierte Flexibilitätsansätze) bringt sie zwei weitere netzdienliche Optionen ins Spiel. Dies wird als eine wesentlich ergebnisoffenere Herangehensweise im Vergleich zum Beginn des Reformprozesses gesehen. Der neue Maßstab für Netzentgeltrabatte soll das systemdienliche Verhalten der Unternehmen sein, worunter die BNetzA ausschließlich Flexibilität versteht. Die Größenordnung der Rabatte soll sich am Begriff der Kostenreflektivität orientieren. Die BNetzA vermittelt dabei glaubhaft, dass sie für diejenigen Unternehmen, die sich auf Flexibilität einlassen, ein möglichst optimales Anreizinstrument mit sehr großzügigen Übergangsfristen entwickeln will.
Dieser Anreiz stimmt auch mit der Programmatik der Bundesregierung überein, die im Koalitionsvertrag mehr Flexibilitäten als ein Ziel für eine kosteneffiziente Energiepolitik formuliert In diesem Zusammenhang wird auch die Integration der gewerblichen Nachfrageflexibilität u.a. über Netzentgelte als eine von zehn Schlüsselmaßnahmen des BMWE auf Basis des kürzlich veröffentlichten Energiewendemonitorings benannt. Auch der BDI sieht Flexibilität als einen zentralen Baustein eines sich verändernden Energiesystems, zu deren wirtschaftlicher Erschließung Schritte gegangen werden müssen.
Wichtig ist bei alledem, dass Flexibilität freiwillig, asymmetrisch und angemessen vergütet erbracht werden kann, auch über indirekte Beiträge wie PPAs oder externe Speicher.
Gleichzeitig verengt die BNetzA den Optionenraum aufgrund ihrer expliziten Ablehnung der von Teilen der Industrie geforderten Beibehaltung der Bandlast bei gleichzeitiger Öffnung der Regelung für die freiwillige Erbringung von Flexibilität. Diese sei nicht mehr systemdienlich und müsse nach EU-Vorgabe mit einer flexibilitätsanreizenden Systematik ersetzt werden. Die Argumentation, dass die Bandlast weder netzdienlich noch EU-rechtskonform sei, wird vom BDI so pauschal nicht geteilt und aus zwei Perspektiven kritisiert:
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Bandlast als Beitrag zur Systemstabilität: Die Bandlast bietet als planbare Nachfrage für Grundlastkraftwerke einen systemischen Mehrwert. Diese Kraftwerke erbringen über ihre rotierenden Massen (Bewegung der Generatoren) mehrere Stabilitätsdienstleistungen (Momentanreserve, Trägheit, Blindleistung, etc.). Gerade bei einem steigenden Erneuerbaren-Anteil ist dies als Absicherung gegen Netzausfälle wichtig, um abrupte Frequenz- und Spannungsveränderungen zu verhindern, die v.a. die Fotovoltaik nicht ausgleichen kann. Auch als Schutz vor digitalen Angriffen wäre dies bedeutsam
Die Rabattberechnung entlang des physikalischen Pfades basiert auf dieser Verbindung zwischen Grund- und Bandlast. Mit fortschreitender Energiewende, der Etablierung alternativer systemstabilisierender Netzbetriebsmittel und dem Ausscheiden bisheriger Grundlastkraftwerke reduzieren sich die Rabatte im Zuge der Systemtransformation automatisch, da der Abstand von Bandlast-Abnehmern zum nächsten Grundlastkraftwerk immer länger wird. Die Bandlastregelung verliert damit ohnehin in dem Maße an Bedeutung, in der auch die Systemdienlichkeit der Grundlast zurückgeht Das Bandlast-Privileg läuft damit entlang seiner Systemdienlichkeit von selbst aus.
Flexibilität als grundsätzlicher Konflikt zur Produktion am optimalen Betriebspunkt und damit tendenzielle Belastung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit: Der BNetzA ist diese industriepolitische Problematik klar, sie betont aber, dass dies aus regulatorischer Sicht kein Kriterium für sie sein dürfe. Sie müsse sich einzig an der Systemdienlichkeit orientieren.
Damit erfüllt die BNetzA die BDI-Forderung der Freiwilligkeit als Basis für industrielle Flexibilität bisher nicht. Sie übt mit ihrer Herangehensweise keinen regulatorischen, aber einen ökonomischen Druck auf die Industrie zur Flexibilisierung aus. Unternehmen, die sich aufgrund einer fehlenden ökonomischen Anreizstruktur für Investitionen darauf nicht einlassen oder für die eine Flexibilisierung kaum oder nicht umsetzbar ist, müssen mit dem Verlust ihrer Rabatte rechnen, und haben dadurch einen deutlichen Kostennachteil im internationalen Vergleich zu tragen. Im besten Fall werden sie also eher zurückhaltend flexibilisieren und sich durch damit verbundene höhere Kosten und Risiken automatisch gegenüber internationalen Wettbewerbernverschlechtern,diedieseHerausforderungnicht haben.Im schlechtesten Fall ziehen die Firmen andere Konsequenzen und verlagern die Produktion, da sie den Wegfall der Bandlast als grundsätzlichen Standortnachteil identifizieren.

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Hieraus ergibt sich eine zweischneidige Konstellation: Einerseits geht die Bundesregierung erste Schritte zur Strompreissenkung, andererseits wird mit der Bandlast-Abschaffung ein Kostenrisiko für Unternehmen im internationalen Wettbewerb erzeugt, das diese Schritte mehr als neutralisieren würde. Die wahrscheinliche wirtschaftliche Auswirkung der Netzentgeltreform steht der Ankündigung des Koalitionsvertrags entgegen, „die energieintensiven Verbraucher ohne Flexibilisierungspotenzial wie bisher zu entlasten.“ Der BDI plädiert daher für eine deutlich engere Koordination zwischen BNetzA und Bundesregierung, um widersprüchliche Effekte zu vermeiden.
Er fordert vor diesem Hintergrund die Bundesregierung auf, auf EU-Ebene auf einen Rechtsrahmen hinzuwirken, der es der BNetzA erlaubt, ein breiteres Ziel für ein neues Sondernetzentgelt über die reine Fokussierung auf Flexibilität hinaus zu definieren, ohne dabei Investitionen in wirtschaftliche Flexibilität zu hemmen. Dies wäre wünschenswert, um sowohl Systemdienlichkeit als auch Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Industrien zu sichern, damit aus dem bisherigen Standortvorteil Bandlast nicht ein Unsicherheitsfaktor wird, der das Potenzial zu Standortverlagerungen bietet.
Sollte dies nicht gelingen, sieht der BDI auch die Bundesregierung in der Pflicht, eine Schlechterstellung gegenüber den aktuellen Entlastungen aufgrund industriepolitischer Erwägungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Unternehmen adressieren, auszugleichen. Dies kann unabhängig von der Netzentgeltsystematik geschehen.
Insgesamt sollte das zukünftige Anreizsystem immer die drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade in der Industrie berücksichtigen:
• Wirtschaftlich erschließbare Flexibilität sollte über die drei BNetzAOptionen angereizt werden.
• Unwirtschaftliche Flexibilität darf nicht erzwungen werden. Hierfür sollte es Unterstützung über geeignete Programme geben.
• Technisch nicht machbare Flexibilität sollte mit Härtefall- oder Rückfalloptionen berücksichtigt werden.


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Einleitung
Die Bundesnetzagentur hat am 24.09.2025 ihr Diskussionspapier „Entgelte für Industrie und Gewerbe“ veröffentlicht. Darin positioniert sie sich grundsätzlich zum Thema Bandlast und skizziert ihre Ansätze für eine Neustrukturierung der individuellen Netzentgelte. Der BDI bedankt sich für die Möglichkeit der Konsultation und nimmt im Folgenden Stellung zu den Einschätzungen, Positionen und Vorschlägen des Diskussionspapiers. Ebenso bedanken wir uns für die Teilnahmemöglichkeit am Branchen-Workshop der BNetzA am 30.09.2025 in Bonn. Die Eindrücke, die dort entstanden sind, flossen ebenso in diese Stellungnahme ein.
Der BDIbegrüßt in diesem Zusammenhang zunächst die zeitliche und inhaltliche Integration der Thematik in die AgNes-Reform. Dies ermöglicht eine stimmige Gesamtkonzeption der zukünftigen Netzentgelte und schafft kurzfristige Planungssicherheit, da damit die Bandlast-Regelung zumindest bis Ende 2028 unverändert bleibt.
Der BDI weist darauf hin, dass sich industrielle Lastflexibilität je nach Branche, Standort und Netzsituation sehr individuell darstellt. Demensprechend werden unterschiedliche Industriezweige die Vorschläge des Diskussionspapiers sehr unterschiedlich einschätzen Aus diesem Grund konzentriert sich der BDI auf branchenübergreifende Fragestellungen und überlässt gerade die detaillierte Einschätzung der vorgeschlagenen Optionen sowie die damit verbundenen Konsultationsfragen der Bewertung seiner Mitgliedsverbände.
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1. Geänderte Rahmenbedingungen durch die Energiewende
Hinsichtlich der geänderten Rahmenbedingungen für das Stromsystem sieht die BNetzA ihre Veröffentlichung zum AgNeS-Prozess als inhaltliche Grundlage auch für die Reform der individuellen Netzentgelte. Die Bandlast schätzt sie vor diesem Hintergrund als nicht mehr sachgerecht ein und führt hierzu im Diskussionspapier Folgendes aus: „Insbesondere die sog. Bandlast nach § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV reizt zu einem konstanten Abnahmeverhalten durch stromintensive Letztverbraucher an, mit dem ursprünglich der gleichmäßigen Einspeisung durch Grundlastkraftwerke begegnet werden sollte. Dies ist bei der heutigen Prägung des Erzeugungsmarkts durch eine volatile Residuallast und angesichts der immer geringeren Erzeugung aus konventionellen Grundlastkraftwerken nicht mehr geboten.“ (S.7)
Der BDI teilt diese Einschätzung nur bedingt. Es stimmt, dass die Bandlast ein konstantes Abnahmeverhalten fördert, und ein Zusammenhang mit Grundlastkraftwerken besteht. Die gleichmäßige Stromabnahme begründet sich aber v.a. durch die Logik eines großindustriellen Prozesses, der sich am optimalen Betriebspunkt, also der Vollauslastung der Produktionstechniken, bewegen möchte. So können die Fixkosten auf ein möglichst großes Produktionsvolumen umgelegt werden, was die Produkte im Vergleich zu einer suboptimalen Fahrweise günstiger macht. Dieses Prinzip sollte als industrielle Notwendigkeit auch bei zunehmender Bedeutung der Lastflexibilität beibehalten werden.
Es stimmt auch, dass durch die immer volatilere Residuallast und den Rückgang reiner Grundlastkraftwerke die Bedeutung gleichmäßiger Stromabnahme sinkt Dass diese aber „nicht mehr geboten“ sei, solange diese Kraftwerkenocheinen beachtlichenTeilderStromversorgungübernehmen, sieht der BDI anders In diesem Zusammenhang wird auch auf das netztechnische Optimum im Sinne einer hohen und gleichmäßigen Netzauslastung verwiesen, das eine gleichmäßige Stromabnahme fördert. Dafür sollten bereits heute bestehende industrielle Beiträge zur Systemstabilität entsprechend anerkannt werden
In diesem Zusammenhang wirkt die BNetzA-Aussage „Unflexibles Abnahmeverhalten ist gesamtökonomisch nachteilig und kann die Integration erneuerbarer Energien in den Strommarkt hemmen“ (S.7) zu einseitig Ein unflexibles Abnahmeverhalten mag suboptimal für den Strommarkt und das Engpassmanagement sein, und es mag viele Situationen geben, in denen Lastflexibilisierung zur Systemoptimierung beiträgt. Es ist aber nicht

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„gesamtökonomisch nachteilig“, da es eine kosteneffiziente Produktion von energieintensiven Industriegütern begünstigt.
Ebenso entstehen die gegenwärtigen Engpasskosten nicht durch gleichmäßige Verbraucher, sondern primär durch die volatile Erzeugung, gepaart mit schleppendem Netzausbau. Eine verursachungsgerechte Kostenreflektivität sollte daher auch Anreize auf der Erzeugerseite setzen, etwa für speicherbasierte Glättung oder systemdienliche Einspeisung.
DesWeiteren istzudem beieinerNeuregelungderindividuellenNetzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV darauf zu achten, dass nicht-privilegierte Industrieunternehmen nicht zusätzlich belastet werden. Die vergünstigte Umlage für das produzierende Gewerbe (Letztverbrauchergruppe C) muss daher zwingend beibehalten werden.
2. Rechtliche Anforderungen
Nach Ansicht der BNetzA müssen Sondernetzentgelte mindestens einem der Ziele der Netzentgeltsystematik dienen, die im Diskussionspapier zur AgNes-Reform beschrieben wurden. Mit Verweis auf EU-Recht wird explizit eine systemdienliche Verhaltensänderung als Bedingung für die Gewährung eines Sondernetzentgeltes gefordert.
Aus Sicht des BDI nimmt die BNetzA hier eine zu sehr auf Lastflexibilität fokussierte Sichtweise ein. Trotz ihrer expliziten Erwähnung von Erneuerbaren-Marktintegration und Energieeffizienz als weitere förderfähige Ziele lehnt sie die Berücksichtigung des Engagements von Bandlast-Unternehmen z.B. bei PPAs oder Speicherprojekten außerhalb des Standortes bisher ab, was im Workshop ersichtlich wurde. Dies ist unverständlich. Je früher die fluktuierende Erneuerbaren-Einspeisung im Stromnetz geglättet wird, desto systemdienlicher ist dies. Dementsprechend sollten auch virtuelle Speicher oder PPA-Modelle netzseitig anerkannt und mehr Wert auf die regionale Steuerung gelegt werden: Flexibilitätsanreize sollten gezielt an Netzknoten mit hoher Belastung wirken, um Netzüberlastungen zu vermeiden und den Ausbau erneuerbarer Energien zu unterstützen
Die BNetzA zeigt sich der volkswirtschaftlichen Bedeutung industrieller Produktion sowie dem Einfluss der Bandlast hierauf durchaus bewusst, lehnt aber eine Begründung des Bandlastprivilegs hieraus ab Der einzig rechtlich zulässige Maßstab für einen Netzentgeltrabatt sei die Verbesserung des Energiesystems. Auf dieser Grundlage verwirft sie auch den Vorschlag,

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„die Bandlastregelung beizubehalten und um Flexibilitätsoptionen zu erweitern, wie es die Festlegung nach § 118 Abs. 46a EnWG tut.“ (S.31) Diese einfache Verlängerungsoption, mit der das Herausrechnen von Lastspitzen in unkritischen Korridoren möglich wäre, wird mit Verweis auf eine Krisenregelung aus 2022, die nicht mehr gerechtfertigt sei, ausgeschlossen.
Ihre Position macht sie dabei klar: „Die Bandlast ist nicht mehr privilegierungswürdig. Ein Verweben von Bandlastregelung und Flexibilitätsanreizen ist sinnwidrig, da man damit versuchen würde, zwei völlig gegenläufige Verhaltensweisen zu vereinen.“ (S.31) Auch weist sie auf das Risiko hoher finanzieller Rückforderungen hin, sollte von EU-Institutionen, Wettbewerbern oder Verbrauchern, die die § 19 StromNEV-Umlage bezahlen, gegen die Bandlast erfolgreich geklagt werden.
Esistverständlich,dassdieBNetzAnuraufrechtssichererGrundlageagieren kann. Trotzdem bleibt die Ablehnung der Verlängerung der Festlegung nach § 118 Abs. 46a EnWG über 2025 hinaus unverständlich. So entsteht nach ihrem Auslaufen Endedes Jahres eineRegelungslücke,sodass vonUnternehmen in ihrem Rahmen bisher gehobene Flexibilitätspotenziale entfallen und Investitionen dazu ins Leere laufen würden. Der BDIsetzt sich daher für eine Verlängerung und Weiterentwicklung der befristeten Flexibilisierungsfestlegung BK4-22-089 ein – mindestens, bis das neue Anreizsystem in Kraft tritt.
Auch dieRückforderungsrisiken solltennichteinfachnurals Gegenargument gegen die Bandlast aufgeführt werden. Der BDI würde vielmehr begrüßen, wenn die BNetzA diese Rechtsunsicherheit klärt, und dort, wo das EU-Recht nicht eindeutig ist, mit der Bundesregierung auf verlässliche Rahmenbedingungen hinwirkt.
3. Allgemeine Anforderungen an eine neue Regulierung
ZunächstbeschreibtdieBNetzAdieGrößenordnungderderzeitigenBandlast und begründet deren Ausrichtung auf eine hohe und konstante Stromabnahme mit der „Wirkmächtigkeit der entsprechenden Unternehmen im Hinblick auf das Energieversorgungsystem und die Netzbelange“ (S.13). Aus diesem Grund empfiehlt sie, auch das neue Sondernetzentgelt auf diese Verbraucher auszurichten. Hierbei könnte nach Ansicht der BNetzA der Schwellenwert, der bisher bei 10 GWh jährliche Stromabnahme liegt, auch erhöht werden.

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Der BDI teilt die Einschätzung mit Blick auf die Wirkmächtigkeit der Bandlastkunden. Diese Wirkmächtigkeit sollte aber nicht nur auf die dadurch entstehenden Flexibilitätspotenziale bezogen werden, sondern eben auch auf die bisherige Rolle der Bandlast als planbare Nachfrage für Grundlastkraftwerke hinsichtlich der Bereitstellung von Systemdienstleistungen.
Eine Erhöhung der Eintrittsschwelle lehnt der BDI allerdings ab. Dies würde diese Unternehmen ökonomisch deutlich schlechterstellen, ohne dass sie einen neuen Entlastungstatbestand nutzen könnten. Vielmehr sollte geprüft werden,obanstattderbisherigenEintrittsschwelle derneueSondertatbestand anhanddertatsächlichaktivierbarenSystemdienstleistungspotenzialebemessen werden kann. Diese wären auch unter der 10 GWh-Schwelle sicher vorhanden.Ein Industrieunternehmen,das ein netzdienliches Verhaltenanbieten kann, würde damit bei entsprechendem netzseitigem Bedarf ein Flexibilitätsangebot erhalten, wodurch dezentrale Flexibilität für regional sehr unterschiedlicheBedarfeerschlossen werden könnte. Auch die Integrationvon zusätzlichen Unternehmen, die motiviert sind, Flexibilität zu erbringen, wäre möglich
Solange das Prinzip der Kostenreflektivität beachtet wird und sich aus systemdienlichem Verhalten tatsächlich Kosteneinsparungen ergeben, wäre damit auch kein Wegbrechen der Netzkostenfinanzierung verbunden, so wie es die BNetzA auf dem Workshop befürchtet hat.
Die BNetzA gesteht den Bandlastunternehmen zu, dass sie auch ohne die Regelung„aus technischenoderökonomischenGründenein einerBandlastähnliches Verbrauchsverhalten zeigen“ (S.13). Dynamisierte Netzentgelte seien für diese Abnehmer daher ungeeignet, wodurch ein Sondertatbestand notwendig sei. Das Bandlastverhalten wird hierfür explizit ausgeschlossen, allerdings wird attestiert, dass der Normalfall „eine nur in Grenzen flexible Last bleiben wird und der Anreiz eben nur in partiellen, zumutbaren Abweichungen davon liegen kann, die in einer angemessenen Relation zur Standardlast stehen.“ (S.13)
Der BDI begrüßt diese Einschätzung. So ist es für viele Industriezweige schwierig, Flexibilität zu realisieren, und dies oft nur bei ausreichend langen Vorlaufzeiten. Auch das Prinzip der Kostenreflektivität als zukünftige Bemessungsgrundlage ist nachvollziehbar, genauso wie die Sichtweise, dass es nicht darauf ankomme, „auf welche Weise Unternehmen die höhere Flexibilität erreichen.“ (S.14) und vielmehr darum gehe, „Anforderungen eines potentiellen Sondertatbestands in Bezug auf den Lastgang zu erfüllen.“ (S.14)

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Die Frage nach der Regelungstiefe im Verhältnis zwischen Netzbetreiber, NetznutzerundRegulierungsbehördelässtdieBNetzAoffen.Sieselbststrebt hier keine Involvierung an, setzt dann aber klare Regeln voraus, um eine gleiche Behandlung aller Netznutzer zu garantieren. Diese Sichtweise wird vom BDI unterstützt. Aufgrund der je nach Standort und Netzsituation sehr individuellen Flexibilitätspotenziale sollte ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit zwischen Netzbetreiber und Netznutzer auf Grundlage einer klaren Rahmenfestlegung bestehen.
Auch wird die Ankündigung großzügiger Übergangsfristen sehr positiv gesehen, um den Unternehmen die Vorbereitung und Realisierung eines flexiblen Abnahmeverhaltens zu ermöglichen. Die BNetzA schließt deswegen eine Veränderung der Bandlastregelung bis zu ihrem Auslaufen am 31.12.2028 aus und stellt vielmehr eine Verlängerung des Anspruchs für bestehende Vereinbarungen über dieses Datum hinaus in Aussicht. So sollen in einer Übergangsphase die aktuelle Regelung und ein flexibilitätsanreizendes Sondernetzentgelt parallel bestehen, damit die Unternehmen „die Möglichkeit haben, den richtigen Zeitpunkt für den Wechsel in das neue System frühzeitig bzw. innerhalb angemessener Karenzfristen zu wählen.“ (S.32).
Entsprechend bisheriger Aussagen der BNetzA, wonach ein Übergang bis Mitte der 2030er angestrebt wird, hält der BDI einen Übergangszeitraum von mindestens zehn Jahren für notwendig, um eine Umstellung und Flexibilisierung von Prozessen zu ermöglichen und eine wirtschaftliche Überforderung von Unternehmen zu vermeiden. In manchen Branchen kann der nötige Umstellungszeitraum auch darüber hinausgehen. Nur so können Investitionszyklen realistisch abgebildet werden. Generell wäre eine Justierung entlang typischerindustrieller Investitionszyklensinnvoll,sodassfüreinUnternehmen, das in neue Produktionsanlagen investiert, Planungssicherheit über den Refinanzierungszeitraum mit Blick auf die Bandlast besteht.
Bestehende industrielle Produktionsprozesse mit geringem oder keinem Flexibilitätspotential benötigen dabei weiterhin Erleichterungen auf gleichem Niveau, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.
Dies gilt gerade auch hinsichtlich perspektivisch steigender Netzentgelte Auch für die Ansiedlung der Batterieproduktion wäre der Entfall der gegenwärtigen Bandlast-Privilegierung ein weiterer, erheblicher Rückschlag
An dieser Stelle weist der BDI nochmals auf diezeitliche Reihenfolge der angedachten und erfolgten Reformen hin:

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Ein Vorziehen einzelner Reformen – zu den vermiedenen Netzentgelten sowie auch zu den Entgelten für singulär genutzte Betriebsmittel – ist weiterhin nicht sachgerecht. Fakt ist, dass die Beschlusskammer 8 der BNetzA am 16.9.2025 eine Festlegung zu den Entgelten für singulär genutzte Betriebsmittel erlassen hat – somit ersichtlich zeitlich vor dem Erlass einer Rahmenfestlegung der Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom (AgNes).
4. Optionen für einen neuen Sondertatbestand:
Die BNetzA konkretisiert in ihrem Papier ihre Ideen zu einer Nachfolgeregelung für die bisherigen individuellen Netzentgelte und gibt sich hier ergebnisoffen: „Grundsätzlich kommt eine Vielzahl von Ausgestaltungsmöglichkeiten für ein Rabattsystem in Frage. Auf Grundlage der Vorkenntnisse aus der Konsultation des Eckpunktepapiers möchte die Bundesnetzagentur in diesem Papier drei Ansätze näher zur Diskussion stellen. Sofern es weitere Vorschläge aus der Branche gibt, nimmt die Bundesnetzagentur diese auch weiterhin gerne entgegen.“ (S.19)
Der BDI begrüßt diesen offenen Ansatz und sieht darin eine bemerkenswerte Öffnung der Diskussion im Vergleich zu Beginn des Reformprozesses vor einem Jahr.DasichindustrielleLastflexibilität jenachBranche,Standort und Netzsituation sehr individuell darstellt, werden unterschiedliche Industriezweige die drei Optionen sehr unterschiedlich einschätzen. Aus diesem Grund konzentriert sich der BDI hierbei auf branchenübergreifende Fragestellungen und überlässt gerade die detaillierte Einschätzung der vorgeschlagenen Optionen sowie die damit verbundenen Konsultationsfragen der Bewertung seiner Mitgliedsverbände.
Generell sollten bei der weiteren Diskussion der Optionen aber folgende Punkte berücksichtigt werden:
• Asymmetrische Lastflexibilität: Es muss für eine Entlastung ausreichen, die Lastverlagerung nur in eine Richtung zu erbringen. Eine symmetrische Lastverlagerung würde die meisten Bandlast-Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt überfordern, da sie z.B. Investitionen in teure Überkapazitäten sowie Strom- oder Stoffspeicher erfordert, die ohne entsprechende finanzielle Kompensation nicht wirtschaftlich sind. Im Vergleich zu positiver Lastverschiebung (kurzfristiger Mehrverbrauch) ist es einfacher,negativeLastverschiebungumzusetzen,insbesonderebeiVollauslastung. Eine Lasterhöhung wäre bei vielen Unternehmen auch mit einer Erweiterung des Netzanschlusses und damit zusätzlichen

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Netzausbaukosten verbunden, was den Genehmigungsstau bei den Netzbetreibern weiter verschärfen würde und der beabsichtigten stärkeren Netzkosteneffizienz nicht zuträglich wäre.
• Parallelität der Optionen: Da die Lastflexibilität je nach Branche und Standort sehr individuell ist, wäre eine Auswahlmöglichkeit anstatt einer regulatorischen Vorentscheidung über die drei Optionen notwendig.
• Anrechenbarkeit indirekter Flexibilität (PPAs, Speicher außerhalb des Standortes): Dies schließt die BNetzA bisher aus. Warum soll Flexibilität am Standort aber systemdienlicher sein als Lastglättung in Nähe derStromproduktion?WürdemanFlexibilitätaufErzeugerseiteanreizen, müsstedas Netz zwischen volatilem Erzeuger und flexiblem Verbraucher nicht auf die Spitzenerzeugung von Erneuerbaren-Anlagen ausgebaut werden, um den Strom überhaupt erst zur Flexibilität transportieren zu können.
• Planbarkeit und Stabilität: Es sind klare, langfristige Regelungen und ausreichend bemessene Übergangsfristen notwendig, damit UnternehmenInvestitionenin Flexibilität tätigenkönnen.AuchdieUmsetzungdes Flexibilitätsabrufes muss mit ausreichender Vorlaufzeit durch entsprechende Signalvorgaben umsetzbar sein. Dies ist eine Forderung aus allen Branchen über die Optionen hinweg.
• Öffnung der Optionen für weitere industrielle Verbraucher: Es sollte geprüft werden, ob die geplanten neuen Sondernetzentgelte auch für Unternehmen geöffnet werden können, die bisher nicht die kontinuierliche Netznutzung nach § 19 Abs. 2 S. 2 in Anspruch nehmen konnten.
• Vermeidung von zusätzlicher Bürokratie: Die Komplexität neuer Modelle muss gering sein und sollte den Aufwand für die derzeitige Regelung nicht übersteigen.
• Förderbereitschaft bei noch nicht wirtschaftlicher Flexibilität: Neue Investitionen in Anlagenverbünde können Flexibilisierungsoptionen schaffen. Die dabei anfallenden zusätzlichen Kosten müssten allerdings durch Fördermaßnahmen unterstützt werden, um einen wirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen. Finanzielle Anreize für Lastmanagement, Batteriespeicher oder flexible Rückspeisungen sind sinnvoll, jedoch nur mit Investitionsförderung und technischer Begleitung praktikabel. Dies sollte

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so organisiert sein, dass reine Mitnahme-Effekte bei der Förderung vermieden werden.
• Breite Ermöglichung systemdienlicher Flexibilität: Es sollte den Unternehmen ermöglicht werden, alle Formen von Flexibilität nutzen zu können. Hierunter fallen neben klassischem Lastmanagement auch Sektorkopplungstechnologien,SpeicheroderElektrolyseure.Letzteresistgerade für diejenigen Standorte wichtig, denen das Wasserstoff-Kernnetz nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.
• Berücksichtigung organisatorischer Fragen: Eine neue Regelung sollte sich sehr genau mit den Herausforderungen der praktischen Umsetzung befassen, wie z.B. Toleranzen für Ausfallzeiten, Revisionen, höhere Gewalt, Unterjährigkeit, Ex-ante Auszahlung, Ermöglichung einer Clusterung von Abnahmestellen, auch über Spannungsebenen hinweg, oder die Gleichbehandlung von Netztypen (geschlossene Verteilnetze, Netze der allgemeinen Versorgung).
4.1. Option A: Sportmarktorientierte Flexibilitätsanreize
Die BNetzA schlägt vor, „die Preisreaktionszeiträume um die jeweiligen Hochpreisphasen und Preissenken eines Tages zu legen.“ (S.20) In diesen Stunden sollte eine wesentliche Lastabweichung im Vergleich zu einem Referenzzeitraum geschehen. Dies könne auch mit einem Korrelationskoeffizienten zwischen Preisentwicklung und Lastgang bemessen werden. Mit Blick auf die Vorlaufzeit empfiehlt die BNetzA eine Orientierung an IntraDay Markt, verweist allerdings auch auf die weitgehend noch fehlende kurzfristige technische Reaktionszeit. Sie schlägt deshalb die Orientierung an Preisprognosen mit Vorlauf einiger Tage vor, bezogen entweder von Prognosedienstleistern am Markt oder von einer zentralen Stelle wie z.B. den Übertragungsnetzbetreibern.
Die BNetzA hält dabei Lastverlagerungen im einstelligen Prozentbereich im Vergleich zur jeweiligen derzeitigen Bandlast für realistisch, was aufgrund der hohen Verbräuche trotzdem einen systemdienlichen Effekt hätte. Auch thematisiert sie die nicht generell sichergestellte Netzdienlichkeit des Ansatzes: „Es muss verhindert werden, dass der hier skizzierte marktorientierte Ansatz zusätzliche Netzengpässe und damit Kosten für Engpassmanagement oder Netzausbau verursacht“ (S.22) und schlägt hierfür ein Vetorecht für Netzbetreiber vor. Dabei müsse diskutiert werden, ob dieses vom Unternehmen einfach hingenommen werden müsste oder die Flexibilitätserbringung

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als Fiktion bestehen bliebe. Auch sieht sie durch die Lastgangplanung einen nennenswerten administrativen Aufwand, wofür aber gerade der hohe Rabatt gewährt werden würde.
Der BDI unterstützt die pragmatische Sicht der BNetzA auf die Möglichkeiten dieser Option. Allerdings kann durch die Feineinstellung dieser Option mit Blick auf die Nutzung von Preisprognosen, Vorlaufzeiten, Steuerung der Verbraucher und Nachweispflichten spürbare organisatorische und administrative Arbeit entstehen. Dieser Mehraufwand muss praktikabel bleiben und sollte tunlichst den derzeitigen administrativen Aufwand für die Bandlast nicht übersteigen.
Ein Knackpunkt in der Ausgestaltung wird die Festlegung der Referenzwerte sein. Dies ist eine äußerst schwierige Aufgabe und bedarf sorgfältiger Prüfung und Diskussion. Der BDI bittet die BNetzA hierbei um eine enge Einbindung im weiteren Verfahren, da dies ein sehr entscheidendes Detail in der Ausgestaltung der Nachfolgeregelung zur Bandlast sein wird. Das Abstellen auf Vorjahres- / Vergangenheitswerte ist kaum umsetzbar, da diese häufig kurzfristig auftretende und notwendige Produktionsanpassungen nicht berücksichtigt (Stillstände, Wartungen, Reaktion auf Kundenbedarfe, Anpassung des Produktportfolios und des Anlagenbestandes).
Bei einem Vetorecht der Netzbetreiber sollte klar sein, dass für diese Zeiträume die Flexibilitätserbringung fiktiv angerechnet wird, da sie ja hätte erbracht werden können. Eine solche externe, nicht beeinflussbare Einschränkung darf sich dementsprechend nicht nachteilhaft für Letztverbraucher auswirken
4.2. Option B: Netzdienliche Flexibilisierung
Eine Alternative zur marktorientieren Flexibilität wäre für die BNetzA eine „(zeitweise) netz- bzw. systemdienliche, situationsbezogene Verbrauchsanpassung von Bandlastverbrauchern“ (S.25). Konkret würden die Netzbetreiber für diese Dienstleistung Zeitfenster unterschiedlicher Netzbelastungen (Niedrig- und Hochlastzeitfenster) vorgeben. Die Mindestdauer der Lastanpassung könnte durch die BNetzA oder die Netzbetreiber festgelegt werden. Den Netzbetreibern stünde es frei, je nach individueller Herausforderung „lediglich Hoch- oder Niedriglastzeitfenster zu veröffentlichen.“ (S.26) Die Netzbetreiber wären allerdings generell zurAusweisung vonLastzeitfenstern verpflichtet, „damit alle Großverbraucher die Möglichkeit einer Flexibilitätserbringung erhalten.“ (S.26)

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Diese Option erinnert stark an die Atypik Die atypische Netznutzung setzt für einige energieintensive Branchen klare Anreize für ein zusätzliches systemdienliches Verhalten mit Bezug auf die Netzlast, indem der Stromverbrauch vorhersehbar und erheblich außerhalb des Zeitfensters gelegt wird, in dem das jeweilige Netz die höchste Auslastung hat. Sie sollte daher unbedingt fortgeführt werden – gegebenenfalls als zusätzliche Option neben der Option A und C. Die atypische Netznutzung beinhaltet zudem bereits eine regionale Komponente durch die unterschiedlich festgelegten Hochlastzeitfenster.
Auch eine einseitige Lastveränderung wäre durch die Freiheit der Netzbetreiber, lediglich Hoch- oder Niedriglastzeitfenster auszuweisen, gut abbildbar. Allerdings muss vermieden werden, dass Unternehmen bei hohen Marktpreisen gezwungen werden, die Last zu erhöhen. Außerdem ist die im DiskussionspapiervorgesehenedeutlichverkürzteVorlaufzeitfürdieAusweisungder relevanten Lastfenster (< 7 Tage) eine erhebliche Einschränkung gegenüber der heutigen Regelung und aus betrieblicher Sicht kaum umsetzbar.
Die Pflicht zur Ausweisung von Lastzeitfenstern wird aus Nutzersicht ebenfalls unterstützt. Allerdings sollte dabei der Umgang mit Netzbetreibern geklärt werden, die schlicht keinen Bedarf für solche Zeitfenster haben. In diesem Fall hätte die Option keinen netzdienlichen Effekt, was dem Prinzip der Kostenreflektivität widersprechen würde.
Insgesamt wäre die Einteilung in Zeitzonen langfristig aber besser planbar und somit für Netzbetreiber und Verbraucher gut organisierbar.
4.3. Option C: Netzdienliche Anforderungen des Flexibilitätseinsatzes durch Netzbetreiber
In dieser Variante geht es um einen Rabatt für die „Bereitschaft zur kurzfristigen Einschränkung des Einsatzes in netzkritischen Situationen“ (S.29) Es geht dabei wenigerum „denflexiblenEinsatzselbst, sonderndieMöglichkeit des Netzbetreibers zur Beschränkung von sehr hohen oder zur Erhöhung von sehr niedrigen Bezugslasten in kritischen Netzsituationen“ (S.28) Die BNetzA begründet die Relevanz einer direkten Steuerung der Flexibilität durch die Netzbetreiber auch mit einer ungleichmäßigen räumlichen Verteilung von Bandlastunternehmen und Erneuerbaren-Anlagen, wodurch marktlicheFlexibilitätnichtvorteilhaftfürdasNetzsei.Die„expliziteBereitschaft, auf Aufforderung des Netzbetreibers Flexibilität bereitzustellen“ (S.28), sei dagegen grundsätzlich immer netzdienlich.


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Aus Sicht des BDI ist diese Option zweischneidig. Einerseits ermöglicht sie einen verbindlichen Eingriff der Netzbetreiber in den betrieblichen Strombezug, was nur die wenigsten Unternehmen hinnehmen dürften. Ein externes Eingreifen in komplexe Produktionsprozesse an Verbundstandorten oder beim Umgang mit sensiblen Anlagen und Gefahrengütern sollte deshalb klar ausgeschlossen bleiben Andererseits ermöglicht sie aber die wohl treffgenaueste Netzkosteneinsparung, eben durch diese direkte Lenkungsmöglichkeit der Netzbetreiber. Für Unternehmen, die dies mit ihren Prozessen vereinbaren können, ergibt sich damit auch die Aussicht auf hohe Rabatte bei geringer Eingriffswahrscheinlichkeit, da hier, ähnlich wie in einem Kapazitätsmarkt, v.a. die Bereitschaft zur Steuerung durch den Netzbetreiber vergütet würde. Diese Option schätzt der BDI als mögliche Zusatzoption ein, sie darf aber nicht die einzig mögliche darstellen.
Eine individuelle bilaterale Vereinbarung mit dem jeweiligen Netzbetreiber kann nur als zielführende Option gelten, wenn es nicht die einzige Option ist, sondern mehrere Alternativen bestehen, wie (Flexibilitäts-)Gegenleistungen erbracht werden können. Ansonsten erscheint das Diskriminierungspotential durch den Netzbetreiber sehr hoch. Bei einer individuellen Absprache müssten realistische Vorgaben gelten, die ein Industrieunternehmen auch tatsächlich erfüllen kann. Daher ist es notwendig, dass im Vorfeld durchdieBNetzA zentrale Vorgaben und Standards gesetzt werden – Standards, die Flexibilität in der Industrie anreizen und weniger die letzte technische Anforderung seitens der Netzbetreiber erfassen.

Stellungnahme - BNetzA-Diskussionspapier: Entgelte für Industrie und Gewerbe
Über den BDI
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