Robuste Infrastrukturen & Logistik als Rückgrat europäischer Resilienz

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STELLUNGNAHME | SICHERHEITSPOLITIK | MILITÄRISCHE MOBILITÄT

Robuste Infrastrukturen & Logistik als Rückgrat europäischer Resilienz

Stellungnahme zur Initiative der Europäischen Kommission für ein Paket der militärischen Mobilität

24. Oktober 2025

Zusammenfassung

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßt die Initiative zu einem Paket der militärischen Mobilität als zentralen Baustein europäischer Sicherheit und Gesamtverteidigung. Eine starke europäische Verteidigungsfähigkeit erfordert resiliente Infrastrukturen, leistungsfähige Logistiksysteme und verlässliche Versorgungswege. Die Industrie übernimmt sowohl bei der Bereitstellung von Logistikdienstleistungen, Transportmitteln und Infrastruktur als auch beim Schutz derselben vor gewaltsamen Angriffen zentrale Aufgaben. Die Privatwirtschaft ist somit ein unverzichtbarer Partner staatlicher Akteure. Dies hat der BDI in seinem Positionspapier „Gesamtverteidigung stärken“1 vom Juni 2025 bereits deutlich hinterlegt.

Militärische Bewegungen im Rahmen der europäischen Gesamtverteidigung überschreiten zwangsläufig Grenzen zwischen Mitgliedstaaten, finden auf zivil genutzten Infrastrukturen statt und haben unmittelbare Auswirkungen auf zivile Aktivitäten. Ein EU-weit koordinierter Ansatz ist Voraussetzung, damit Verlegungen von Truppen und Material in erforderlichem Umfang und mit der nötigen Geschwindigkeit gelingen. Deutschland nimmt als logistische Drehscheibe in der Mitte Europas dabei eine Schlüsselrolle ein.

Marode und für den Verteidigungsfall nur unzureichend vorbereitete Verkehrsinfrastrukturen, bürokratische, langsame und europaweit fragmentierte Standards bei Zoll- sowie Antragsverfahren für Großraum- und Schwertransporte und weitere Genehmigungsvoraussetzungen für Straßen-Schienen-, Schiff- und Lufttransporte lähmen die Europäische Union. Entscheidend ist, dass die Initiative der Europäischen Kommission in ein europäisch abgestimmtes Vorgehen für militärische Mobilität mündet, das die gegenwärtige regulatorische Fragmentierung überwindet und Geschwindigkeit schafft. Gleichzeitig müssen Bundesinvestitionen in Dual-Use-Infrastrukturen priorisiert sowie eine frühzeitige und verbindliche Einbindung der Industrie gewährleistet werden – damit der OPLAN DEU und die europäische Gesamtverteidigung im NATO-Rahmen zügig und wirksam umgesetzt werden können.

1 Bundesverband der Deutschen Industrie: Gesamtverteidigung stärken (06/2025)

Executive Summary

The Federation of German Industries (BDI) welcomes the initiative for a military mobility package as a key component of European security and defense policy. Strong European defense capabilities require resilient infrastructure, efficient logistics and reliable supply chains. Industry plays a key role in providing logistics services, means of transport and infrastructure, as well as in protecting them against attacks. The private sector is therefore an indispensable partner for government and military authorities. The BDI has already set thus our in its position paper ‘Strengthening Total Defense. Investing in Security, Driving Innovation’2 published in June 2025.

Military movements as part of the overall European defense inevitably cross borders between Member States, take place on civilian infrastructure and have a direct impact on civilian activities. An EU-wide coordinated approach is essential to ensure that troop and material movements are carried out successfully and at the required speed. As a logistical hub in the heart of Europe, Germany plays a key role in this.

The European Union is hamstrung by dilapidated and inadequately prepared for defense purposes transport infrastructures, as well as by bureaucratic, slow and fragmented customs and application procedures and standards for large-volume and heavy goods transport as well as other approval requirements for road, rail, sea and air transport. It is crucial that the European Commission's initiative leads to a coordinated European approach to military mobility that overcomes the current regulatory fragmentation and ensures speed. At the same time, federal investment in dual-use infrastructure must be prioritised and the early and binding involvement of industry must be ensured – so that OPLAN DEU and overall European defense within the NATO framework can be implemented quickly and effectively.

2 Bundesverband der Deutschen Industrie: Gesamtverteidigung stärken (06/2025)

Einleitung

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßt die Initiative zur Stärkung der militärischen Mobilität als zentrales Element europäischer Sicherheit und Verteidigung. Verteidigungsfähigkeit hängt nicht allein von modernen Waffensystemen ab, sondern maßgeblich von langfristiger Versorgbarkeit –durch Mobilität, Nachschub und widerstandsfähige Versorgungswege. Unternehmen sichern mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kritische Produktionsprozesse, Versorgung und Stabilität im Innern – selbst unter schwierigen Bedingungen. Sie sind damit ein unverzichtbarer Pfeiler der zivilen und militärischen Gesamtverteidigung. Zugleich erfordert die grenzüberschreitende Dimension militärischer Verlegungen ein koordiniertes europäisches Vorgehen auf Basis harmonisierter, digitaler Verfahren und eine frühzeitige Einbindung der Industrie – in Planung, Betrieb und Schutz Dual-Use-fähiger Infrastruktur.

1. Widerstandsfähige Infrastruktur als Rückgrat

Robuste Infrastrukturen und verlässliche Logistikketten bilden das Rückgrat der Gesamtverteidigung. Zentrale Knotenpunkte der europäischen Verkehrsinfrastruktur sind für den Verteidigungsfall jedoch nur unzureichend vorbereitet. Die Europäische Kommission macht einen Investitionsbedarf von 100 Milliarden Euro für 500 „Hotspot-Projekte“ entlang der vier vorrangigen militärischen Mobilitätskorridore in Europa aus. Investitionsbedarf besteht dabei aus Sicht der Kommission insbesondere bei Brücken, Tunneln und Gleisanschlüssen.3 In Deutschland sind nach Schätzungen des BDI Investitionen in rein militärische und Dual-Use-fähige Verkehrsinfrastrukturen von bis zu 29 Milliarden Euro erforderlich. Davon entfallen 15 Milliarden Euro auf die Schiene, 8,5 Milliarden Euro auf die Autobahnen, bis zu 5 Milliarden Euro auf die Seehäfen und 500 Millionen auf die Binnenhäfen. Für eine schnelle Verlagerung von Personal, Material und Ausrüstung über große Distanzen – sowohl für militärische Einsätze als auch für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz – kann die Luftfahrt ebenfalls einen unterstützenden Beitrag leisten.

Die Resilienz von Verkehrs-, Energie- und IT-Infrastrukturen muss gestärkt werden. Dazu zählt auch eine verlässliche Versorgung mit konventionellen und erneuerbaren Kraftstoffen sowie mit Strom für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Neben der Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Lager-, Transport- und Betankungsinfrastrukturfür Kraftstoffe wird eine resiliente Ladeinfrastruktur im Rahmen des Hochlaufs der Elektromobilität immer relevanter. Voraussetzung für eine sichere Versorgung von Bevölkerung, Wirtschaft und Streitkräften mit flüssigen Energieträgern ist eine diversifizierte und resiliente Raffinerielandschaft in Europa mit wirtschaftlichen Perspektiven. Dafür sind regulatorische Rahmenbedingungen erforderlich, die Wettbewerbsfähigkeit sichern sowie Investitionen in den Erhalt und die Transformation zur Klimaneutralität ermöglichen. Zur Gewährleistung einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung sollten die Potenziale abfallbasierter und biogener Einsatzstoffe genutzt werden. Der industrielle Hochlauf strombasierter Kraftstoffe (PtX) sollte durch den Aufbau europäischer Produktionskapazitäten und deren Einsatz im Militär angereizt werden. Dies stärkt die Souveränität Europas im Konfliktfall und die Verfügbarkeit nachhaltiger Kraftstoffe in Friedenszeiten. Die Entwicklung und Industrialisierung innovativer H2- und PtX-Technologien stärkt gleichzeitig die Technologieführerschaft der europäischen Industrie in diesen globalen Wachstumsmärkten.

3 European Commission: Call for evidence on a proposal for a regulation on military mobility (09/2025).

Eine resiliente Rohstoffversorgung umfasst auch die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft. Hier braucht es einen europäischen Rechtsrahmen, der die grenzüberschreitende Abfallverbringung unbürokratisch ermöglicht – einen „Schengenraum für Abfälle“. So können Abfälle schnell und hochwertig aufbereitet und als Sekundärrohstoffe wieder der industriellen Produktion in Europa zugeführt oder als Energieträger genutzt werden. Hierfür sind insbesondere die Regelungen zum „Abfallende“ (End-ofWaste) praktikabler und einheitlicher auszugestalten. Oberstes Ziel bleibt eine verlässliche Rohstoffversorgung; der erleichterte Zugang zu Recyclingrohstoffen aus der EU im Rahmen der Kreislaufwirtschaft ist ein zentraler Baustein der industriellen und militärischen Resilienz.

Auf europäischer Ebene sind eine ausreichende Finanzierung im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens und eine effektive Koordination der EU- und Bundesinvestitionen notwendig, um eine rasche Ertüchtigung der Infrastruktur sicherzustellen: Finanzmittel sollten etwa über die Connection Europea Facility (CEF) bedarfsgerecht, planbar skaliert und entlang der vier multimodalen Korridore für die militärische Mobilität gebündelt werden, um Engpässe an Brücken, Tunneln, Umschlagknoten und auf der Schiene rasch und wirksam zu beheben.4 Neben diesen Investitionen sollten auch Fördermöglichkeiten aus EU-Programmen wie CEF sowie aus Länderprogrammen und weiteren europäischen Initiativen systematisch genutzt und gebündelt werden. Voraussetzung für eine effiziente Umsetzung von Investitionsmaßnahmen sind beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Transparenz zu geplanten Projekten und den für diese zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Industrie benötigt Planungssicherheit, um Kapazitäten aufzubauen. Daher muss die EU-Kommission deutlich mehr Informationen über die geplanten Korridore der militärischen Mobilität und die daraus resultierenden Infrastrukturbedarfe bereitstellen – soweit dies mit Vertraulichkeitsanforderungen vereinbar ist.

Im Verteidigungs- oder Krisenfall muss gewährleistet sein, dass verteidigungsrelevante und kritische Infrastrukturen ihren Betrieb aufrechterhalten können, auch bei eingeschränkter Energieversorgung, gestörter IT-Infrastruktur oder Personalengpässen. Hierzu sind klare Priorisierungsmechanismen, abgestimmte Notfallpläne und redundante Versorgungsstrukturen notwendig, um mindestens eine Grundversorgung für zivile, militärische und humanitären Transporte sicherzustellen. Dies erfordert ein europäisches zivil-militärisches Kommunikationskonzept das eine schnelle und gesicherte Kommunikation (bis hin zu hohen Geheimhaltungsstufen / EUCIbzw. VS-Einstufungen) zwischen Unternehmen und staatlichen Akteuren ermöglicht.

2. Leistungsfähigkeit bestehender Systeme nutzen

Deutschland verfügt über leistungsfähige logistische Strukturen mit international wettbewerbsfähigen Kompetenzen in Straßen-, Bahn-, See-, Luft- und Schwerlasttransporten. Diese Stärken sollten gezielt in die Gesamtverteidigung eingebunden werden. Eine vertiefte, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und zivilen Produktions-, Tanklager- und Logistikunternehmen erhöht Mobilität, Verlegegeschwindigkeit und Kosteneffizienz. Dabei ist sicherzustellen, dass Lasten fair verteilt werden und die Finanzierung verlässlich abgesichert wird. Abrufbare Reservestrukturen nach britischem Vorbild können hierfür einen praxistauglichen Rahmen bieten.

Perspektivisch können autonome Transportsysteme die strategische und taktische Mobilität erheblich stärken – etwa durch den flexiblen, sicheren und schnellen Transport von Material und Personal auch unter schwierigen Einsatzbedingungen oder in gefährdeten Gebieten. Um das Potenzial dieser

4 ECA: Special report 04/2025: EU military mobility (05/2025)

Technologien zu erschließen, sind vereinfachte und beschleunigte Genehmigungsverfahren für den Einsatz autonomer Systeme erforderlich. Gleichzeitig sollte die Zusammenarbeit zwischen Industrie, Behörden und militärischen Akteuren gezielt gefördert werden, damit Innovationen schnell in die Praxis überführt und Synergien optimal genutzt werden.

3. Wehrhafte Logistik sicherstellen

Neben resilienter Infrastruktur braucht es eine leistungsfähige Logistik. Erforderlich sind dezentrale, geschützte Lagerkapazitäten für sicherheitsrelevante Güter sowie Dual-Use-Logistikzentren in enger Kooperation mit der Wirtschaft. Verteidigungsrelevante Lieferketten müssen resilient und redundant ausgestaltet werden. Partnerschaften, Verfahren und rechtliche Grundlagen sollten frühzeitig und verlässlich vereinbart sein, damit im Ernstfall keine Zeit verloren geht.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind hierfür bislang nicht ausreichend ausgestaltet. Für die Industrie ist entscheidend, dass ein klar definierter, schlanker europäischer Notfallrahmen etabliert wird, der Priorisierungen für militärische Transporte festlegt, wirtschaftliche Auswirkungen auf zivile Verkehre transparent macht und angemessene, zügige Entschädigungen gewährleistet. Ein solcher Rahmen sollte Planbarkeit, Fairness, Rechtssicherheit und EU-weite Solidarität sicherstellen, zugleich aber agil und ohne neue bürokratische Großmechanismen funktionieren.

Militärisch relevante Logistik muss – risikobasiert und proportional – geschützt und abgewickelt werden. Dies ist nicht nur eine politische, sondern auch eine operative Notwendigkeit. Auf europäischer Ebene geht es dabei darum, vorhandene sektorale und nationale Sicherheitsstandards einzubeziehen und keine zusätzlichen bürokratischen Hürden aufzubauen. Ziel sind schnelle und digitale Verfahren. Doppelstrukturen müssen vermieden und eine unbürokratische Anerkennung von Standards zwischen den Mitgliedsstaaten gewährleistet werden. Dazu gehört, dass Militärlogistik von den nationalen Sicherheitsbehörden als kritische Aufgabe anerkannt und im Bedarfsfall prioritär behandelt wird. Ebenso muss der Schutz sensibler Informationen gewährleistet sein – durch angemessene Geheimschutzund Vertrauensregelungen, die EU-weit kompatibel und praxisnah ausgestaltet sind.

Wehrhafte Logistik ist zudem untrennbar mit sicherer Kommunikation und verlässlicher Lageerfassung verbunden. Satellitengestützte Dienste, sichere Kommunikationsnetze und Erdbeobachtungssysteme bilden die digitale Basis für Planung, Koordination und Schutz logistischer Bewegungen. Programme wie GOVSATCOM und IRIS² können hier wesentliche Beiträge leisten, indem sie duale Raumfahrtressourcen für Sicherheit und Verteidigung nutzbar machen.5 Erforderlich ist zudem ein europäisches zivil-militärisches Kommunikationskonzept das eine schnelle und gesicherte Kommunikation (bis hin zu hohen Geheimhaltungsstufen / EUCI bzw. VS-Einstufungen) zwischen Unternehmen und staatlichen Akteuren ermöglicht.

4. Personal, Ausbildung und Reservestrukturen Logistik

Ein leistungsfähiges Logistiksystem steht und fällt mit dem verfügbaren Personal. In Krisenlagen ist gerade beim Betrieb wie auch der Versorgung kritischer Infrastrukturen mit erheblichen personellen Engpässen zu rechnen, insbesondere im Bereich der Berufskraftfahrer. Daher ist der Aufbau belastbarer Reservestrukturen und die systematische Integration zivilen Personals in krisenfeste Abläufe

5 European Commission: EU Space Strategy for Security and Defence (03/2024)

erforderlich. Regelmäßige Übungen nach dem Prinzip „train as you fight“ stärken das Verständnis für militärische Anforderungen und erhöhen die Einsatzbereitschaft.

Auf EU-Ebene bestehen Ansätze zur Förderung von Qualifikationen und Mobilität, etwa durch die Initiative Union of Skills.6 Derartige Instrumente könnten gezielt auch für logistikrelevante Fähigkeiten nutzbar gemacht werden. Denkbar wäre perspektivisch ein EU-gestützter Logistikreservepool, in dem qualifiziertes ziviles Personal - freiwillig und im Rahmen betrieblicher Vereinbarungen - für grenzüberschreitende Einsätze abrufbar ist, digital koordiniert, bürokratiearm und europäisch kofinanziert.

5. Materielle Reserven und Vorhalteverträge

Spezialisierte Kapazitäten wie Tanklager, Großraum- und Schwertransporte sowie Gefahrgutzüge sind am Markt knapp, national wie europaweit. Zur Versorgung kritischer Infrastrukturen mit Hilfs- und Betriebsstoffen sowie zum Abtransport von z.B. Kraftwerkreststoffen und der Beschickung von Müllverbrennungsanlagen sind darüber hinaus Ganzzüge erforderlich. Um Versorgungslücken vorzubeugen, sollten Vorhaltekonzepte für alle Verkehrsträger gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelt werden. Der BDI unterstützt hierfür die Etablierung langfristiger (Vorhalte-) Verträge mit klaren Haftungs-, Vergütungs- und Abrufregelungen, die Investitions- und Planungssicherheit schaffen und Beteiligungsbereitschaft erhöhen.

6. Digitalisierung als Beschleuniger

Zivile Logistikstrukturen sind hochautomatisiert und digital vernetzt, bisher jedoch nicht systematisch mit den Fähigkeiten der Bundeswehr und / oder der europäischen Partner verbunden. Zivile Logistikinfrastrukturen sollten in ein interoperables, digital gestütztes Logistiknetz eingebunden werden können, das auf die Anforderungen des OPLAN DEU ausgerichtet ist, sich in die europäischen Military-Mobilityund TEN-T-Strukturen einfügt und zugleich nationale Anforderungen – etwa aus dem OPLAN DEU –berücksichtigt. Dies ist ein zentraler Baustein dafür, dass Deutschland und Europa ihre Rolle als logistischer Knotenpunkt im Bündnis erfüllen können.

Im Sinne der EU-Harmonisierung sollten Genehmigungen, Vergütungen und Vertragsabschlüsse daher durchgängig digitalisiert und grenzüberschreitende Genehmigungsprozesse auf das EU-Ziel von drei Arbeitstagen ausgerichtet werden, um ein gemeinsames Lagebild und abgestimmtes Handeln im Ernstfall zu ermöglichen. Klar ist dabei: Mit der digitalen Vernetzung der Logistik und der Digitalisierung von Genehmigungsprozessen geht die Notwendigkeit einher, die Cybersicherheit der Betreiber auszubauen und fortlaufend zu stärken. Wir plädieren in diesem Zusammenhang für die gegenseitige Anerkennung vergleichbarer Testierungs- und Zertifizierungsregime, Harmonisierung der EU-Cybersicherheitsstandards auf Basis des Cyber Resilience Acts (CRA) und NIS2 und langfristig für globale Standardisierung. Ergänzend sollte die Umsetzung der Critical Entities Resilience (CER-Richtlinie 2022/2557) in die nationalen und europäischen Maßnahmen integriert werden, um die ganzheitliche Resilienz kritischer Infrastrukturen sicherzustellen.

6 European Commission: Union of Skills (03/2025)

7. Harmonisierung und Beschleunigung von Verfahren

Ein zentraler Hebel für die Beschleunigung grenzüberschreitender, militärischer Mobilität liegt in der europaweiten Harmonisierung und Digitalisierung von Genehmigungs- und Zollverfahren. Unterschiedliche nationale Vorschriften und Zollformalitäten führen aktuell zu einem hohen bürokratischen Aufwand und langwierigen Verzögerungen. Im Aktionsplan Militärische Mobilität 2.0 (2023–2025) wurde bereits die Notwendigkeit erkannt, Genehmigungen zu beschleunigen und Prozesse zu digitalisieren. Der Fortschrittsbericht aus dem März 2025 bekräftigt und präzisiert dies.7

Die Europäische Kommission sollte das geplante Militärische Mobilitätspaket daher nutzen, um nationale Verfahren zu vereinheitlichen und zu beschleunigen sowie Barrieren für militärische Verlegungen und militärische Boden-, Wasser- und Lufttransporte abzubauen. Dies ist im Call for Evidence bereits angelegt. Der Vorschlag der Kommission sollte die folgenden Maßnahmen umfassen:

▪ EU-weite Angleichung von Verfahren und Standards für Großraum und Schwertransporte sowie Gefahrgut, einschließlich interoperabler Begleit- und Sicherheitsauflagen.

▪ Verbindliche Fristen für behördliche Genehmigungen grenzüberschreitender Transporte von maximal drei Tagen entsprechend der operativen Planungszeit der NATO.

▪ Einführung des Prinzips „silent consent“: Wird die Frist überschritten, gilt der Antrag als genehmigt; ergänzend sollten einschlägige Zertifikate/Genehmigungen sowie Pre-ClearanceVerfahren für Standardfälle gegenseitig anerkannt werden, um operative Genehmigungs- und Abwicklungsprozesse spürbar zu beschleunigen.

▪ Verfahren für Überflug- und Landerechte EU-weit harmonisieren und mit verbindlichen Fristen versehen. Eine verstärkte Koordination zwischen EU und NATO in der Luftraumverwaltung und bei Luftbrückenoperationen ist hierfür unerlässlich.

▪ Zoll- und Grenzvereinfachungen in Krisenzeiten, etwa durch priorisierte Korridore nach dem während der Covid-19-Pandemie eingeführten „Green-Lanes“-Prinzip und einen verteidigungsbezogenen AEO-Fast-Track („Defense-AEO“).8

▪ Digitalisierung aller Antrags- und Genehmigungsprozesse im Bereich Militärischer Logistik mit Statusverfolgung und Interoperabilität bestehender Systeme statt neuer Plattformlösungen.

▪ EU-weites Zulassungsverfahren für Fahrzeuge für militärische Zwecke, statt zeit- und kostenintensive nationale Zulassungsverfahren.

Der BDI begrüßt die geplanten EU-Maßnahmen ausdrücklich, warnt jedoch davor, Ansätze zu entwickeln, die in zeitintensive nationale Umsetzungsprozesse münden. Es braucht vorzugsweise direkt anwendbare EU-Verordnungen statt neuer Richtlinien. Maßstab sind weniger Bürokratie, flexible und agile Verfahren sowie klare Zuständigkeiten – gerade im Verteidigungsfall.

7 Council of the European Union: Joint Report to the European Parliament and the Council on the implementation of the Action Plan on Military Mobility (03/2025) / European Parliamentary Research Service: Military Mobility (07/2025)

8 European Commission: Coronavirus: Commission presents practical guidance to ensure continuous flow of goods across EU via green lanes (03/2020)

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu

T: +49 30 2028-0

Lobbyregisternummer: R000534

EU Transparency Register: 1771817758-48

Redaktion

Anna Baierl

Senior Manager EU Mobility and Logistics

T: +32 2792-1009 a.baierl@bdi.eu

Raffael Kalvelage

Senior Manager EU Mobility and Logistics

T: +49 30 2028-1528 r.kalvelage@bdi.eu

Marco Kutscher

Senior Manager Mobility and Logistics

T: +49 30 2028-1751 m.kutscher@bdi.eu

Karsten Lepper

Representative of the German Industry for Defense & Security to the EU

T: +32 2792-1013 k.lepper@bdi.eu

Kerstin Petretto

Senior Manager Security and Defense

T: +49 30 2028-1710 k.petretto@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 2175

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