Cristina Gómez Godoy & Michail Lifits

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Cristina GĂłmez Godoy & Michail Lifits EinfĂźhrungstext von Antje Reineke Program Note by Thomas May


CRISTINA GÓMEZ GODOY & MICHAIL LIFITS Freitag

29. November 2019 19.30 Uhr

Cristina Gómez Godoy Oboe Michail Lifits Klavier

Camille Saint-Saëns (1835–1921) Sonate für Oboe und Klavier D-Dur op. 166 (1921) I. Andantino – Poco allegro – Tempo I II. Ad libitum – Allegretto – Ad libitum III. Molto allegro

Benjamin Britten (1913–1976)

Six Metamorphoses after Ovid für Oboe solo op. 49 (1951) I. Pan II. Phaeton III. Niobe IV. Bacchus V. Narcissus VI. Arethusa


Nikos Skalkottas (1904–1949) Concertino für Oboe und Klavier (1939) I. Allegro giocoso II. Pastorale. Andante tranquillo III. Rondo. Allegro vivo

Pause

Elliott Carter (1908–2012) Inner Song für Oboe solo (1992)

Charles Martin Loeffler (1861–1935) Zwei Rhapsodien für Oboe, Viola und Klavier (1901) I. L’Étang II. La Cornemuse Joost Keizer Viola

Franz Schubert (1797–1828) Impromptu Ges-Dur D 899 Nr. 3 (1827) Andante

Johann Wenzel Kalliwoda (1801–1866) Morceau de Salon für Oboe und Klavier G-Dur op. 228 (1859) Allegro non tanto – Allegretto – Tempo I – Più vivace

Präsentierender Partner

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Metamorphosen der Oboe Werke von Saint-Saëns, Britten, Skalkottas, Carter und anderen

Antje Reineke

„Zur Zeit verwende ich meine letzten Kräfte darauf, denjenigen Instrumenten, die in dieser Hinsicht wenig begünstigt sind, die Möglichkeit zu geben, sich Gehör zu verschaffen“, erklärte der 85-jährige Camille Saint-Saëns 1921 die Pläne zu seinen drei Bläsersonaten. Der Oboe hatten sich in der Tat nur wenige namhafte Komponisten des 19. Jahrhunderts gewidmet – die damaligen ­Instrumente entsprachen in Tonumfang, Dynamik und Ausdrucksvielfalt nicht ihren Bedürfnissen. Hector Berlioz schreibt 1843 in seiner Instrumentationslehre, die Oboe habe „einen ländlichen Charakter, voll Zärtlichkeit, fast möchte ich sage: voll Schüchternheit“. Zum „Schrei der Leidenschaft“, zum „stürmischen Ausbruch des Zornes, der Drohung oder des Heldenmutes“ sei sie nicht ­fähig. Die Situation änderte sich am Übergang zum 20. Jahrhundert zu einen durch Fortschritte im Instrumentenbau, zum anderen, weil Komponisten wie Debussy, Ravel und Strawinsky in ihren Orchesterwerken vermehrt Gewicht auf die Bläser legten und ­damit deren Spieltechniken vorantrieben. Auch das Interesse an der Oboe als Kammermusik- und Soloinstrument erwachte nun neu. Insofern ist es kein Zufall, dass fast alle Werke des heutigen Abends aus dem 20. Jahrhundert stammen. Saint-Saëns’ Sonate steht mit ihrer klaren Linienführung, dem durchsichtigen Klaviersatz und der konzisen, klassischen Anlage aus einem Sonaten-, pastoralen Mittel- und virtuosen Schlusssatz beispielhaft für Ideale wie Einfachheit, Eleganz, Rationalität und formale Balance, die in Frankreich als Merkmale einer nationalen Musiktradition angesehen wurden. Zudem gilt der Bezug auf eine Vielzahl historischer Vorbilder – französischer wie österreichischer

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und deutscher, vom Barock bis zur Romantik – als charakteristisch für Saint-Saëns’ Stil. So entspricht der erste Satz der Oboensonate zwar dem klassischen Sonatensatzschema, verweist mit seiner polyphonen Stimmführung und dem Verzicht auf einen ausgeprägten Themenkontrast aber auf barocke Vorbilder. Es ist wichtig, diese Eigenart nicht als rückwärtsgewandt zu begreifen: an die Vergangen­ heit anzuknüpfen, um das Alte in einer zeitgemäßen harmonischen Sprache zu erneuern und weiterzuentwickeln, das war Saint-Saëns’ Ziel. In der konstruktiven Tendenz, die sich daraus ergab, in der Bedeutung, die er Form und Proportionen in der Musik beimaß, scheint er sogar auf die weitere Entwicklung der 1920er Jahre ­vorzugreifen. Dem Topos der „ländlichen Oboe“ entspricht das ­Allegretto durch Merkmale der musikalischen Pastorale wie den punktierten Siciliano-­Rhythmus, die schlichte, im Umfang zunächst begrenzte Melodie, das mäßige Tempo und die Durtonart. Hinzu kommt ein Rahmenteil aus rhythmisch freien, improvisiert ­wirkenden Arabesken.

Bereits in der antiken Mythologie war die Hirtenwelt mit Musik assoziiert. Prominentes Beispiel ist der Hirtengott Pan mit seiner Flöte Syrinx, dessen musikalisches Bildnis Benjamin Brittens Six Metamorphoses after Ovid eröffnet. Syrinx war eine Nymphe, die sich in Schilfrohr verwandelte, um dem zudringlichen Pan zu entkommen. „Diese Unterhaltung mit dir soll mir bleiben!“, erklärte der daraufhin und baute die Flöte. Die Erzählung berührt eine ­weitere Konstante in der Geschichte der Oboenliteratur: den Vergleich mit der menschlichen Stimme. Den „gleichsam redende[n] Hautbois“ nannte sie 1713 der Musiktheoretiker Johann Mattheson. „Das Wesen der Welt liegt im Wandel“, lautet der Grundgedanke der Metamorphosen des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.). In 250 Episoden führen sie vom „Urbeginn der Welt“ bis „auf meine eigene Zeit“ und erzählen von Menschen und ­menschenähnlichen Wesen, die zu Tieren, Pflanzen oder Gewässern werden: zu ihrem Schutz wie Syrinx und ihre Leidensgefährtin Arethusa oder als Strafe wie Niobe und Narcissus, die für ihren Hochmut büßen. Phaethon wird von Jupiter mit einem Blitz getötet, nachdem er mit dem Sonnenwagen seines Vaters Phoebus die Erde in Brand gesteckt hat. Der Gott Bacchus verwandelt verschiedene

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Personen, Brittens Stück allerdings bezieht sich auf die Schilderung der Bacchanalien. Dass der Komponist gerade diese Geschichten als Grundlage seiner 1951 entstandenen Suite für Oboe solo wählte, hängt sicherlich mit dem Ort der Uraufführung zusammen: Sie fand unter freiem Himmel auf einem kleinen (künstlichen) See in dem Dorf Thorpeness statt, das direkt an der Nordsee inmitten ­einer Sumpf- und Heidelandschaft liegt. Der Gedanke der Metamorphose findet sich auf verschiedenen Ebenen: Da sind die Verwandlungen, von denen die Geschichten handeln; die Verwandlung des Textes in Musik; die Verwandlung der Oboe, die sich von verschiedenen Seiten zeigt; und schließlich Verwandlung als kompositorisches Grundprinzip, indem die Stücke aus ihren Anfangstakten entwickelt werden. Sie erzählen nicht die Geschichten nach, auch wenn Phaethon, nachdem er immer höher gestiegen ist, dramatisch in die Tiefe stürzt, sondern bieten Momentaufnahmen: Niobes Klage, Arethusas Wasserspiel … Narcissus’ Blick auf sein Spiegelbild wird dadurch eingefangen, dass der Melodie leise und in höherer Lage ihre Umkehrung gegenübertritt. Diese Zweistimmigkeit war neu in der Oboenliteratur und wurde in der Folge von anderen Komponisten aufgegriffen.

Im Zentrum seines Concertinos beschwört auch der Grieche Nikos Skalkottas die Oboe als pastorales Instrument. Hinzu treten ein kurzer Sonatensatz und ein Rondo als spielfreudiger Kehraus: eine traditionelle Satzfolge also, die sich mit einer kompromisslos modernen Sprache verbindet. Die Verkleinerungsform Concertino, die generell auf einen geringen Umfang oder eine kleine Besetzung hinweist, trägt dem eher leichten Charakter des Stücks Rechnung. Skalkottas selbst hebt in einem Einführungstext die Virtuosität der Partitur, ihren in Teilen tänzerischen Charakter und die viel­ fältigen musikalischen Kontraste und Variationen hervor. Außerdem betont er den Dialog der Instrumente. Es solle dem Hörer „Freude be­reiten, ihn unterhalten und faszinieren“. Skalkottas, geboren 1904 in Athen, hatte ursprünglich eine ­Karriere als Geiger angestrebt, seinen Schwerpunkt dann jedoch auf die Komposition verlagert und ab 1927 bei Arnold Schönberg in Berlin studiert. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen ihn 1933 zur Rückkehr nach Athen, wo er als Orchestergeiger arbeitete. Von

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den Entwicklungen der neueren Musik war er damit abgeschnitten; an Aufführungen seiner avantgardistischen Werke war in Griechenland nicht zu denken. Den größten Teil seines umfangreichen, vielgestaltigen Schaffens, das dennoch bis zu seinem frühen Tod 1949 entstand, hat er nie gehört. Stilistisch zeigt sich Skalkottas in seinem Concertino Strawinsky näher als Schönberg. Komponiert ist es in einem frei atonalen Stil – verzichtet also auf den harmonischen Bezug auf zentrale Töne oder Ton­arten, ist aber auch nicht zwölftönig organisiert. Dennoch ­erscheinen häufig alle oder fast alle zwölf Töne auf engem Raum ­(innerhalb ­eines Themas, einer Akkordfolge, weniger Takte etc.). Skalkottas gestatte sich jedoch „größere Freiheit, um sein Material spontan mit Verzierungen, Arpeggien, Ton- und Phrasenwieder­ holungen, bewusst neoromantischen Gesten, tonal oder polytonal wirkenden Momenten und parodistischen oder humoristischen Stellen zu entwickeln“, fasst John Thornley zusammen. Typisch sind zudem die mitunter von sehr weiten Intervallen geprägte ­Melodieführung und die expressive Verwendung der extremen Lagen der Oboe. Skalkottas schrieb das Concertino 1939 für einen Oboisten des Athener Staatsorchesters. Später fasste er es mit einer „Sonata ­concertante“ für Fagott und Klavier sowie einem Concertino für Trompete und Klavier zu einem Zyklus zusammen, den er durch zwei kurze Quartette komplettierte. Die Uraufführung des Oboen-­ Concertinos verzögerte sich allerdings bis 1959; der Zyklus war erstmals 1969 in London zu hören.

Elliott Carter verfolgte trotz seiner Ausbildung als Oboist keine Karriere als ausübender Musiker. Von Charles Ives in jugendlichem Alter in die Welt der modernen Musik eingeführt, unterrichtete er seit den vierziger Jahren Komposition an verschiedenen Hochschulen in den USA. Er gilt als einer der führenden amerikanischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Sein Inner Song ist Teil einer Trilogy für Oboe und Harfe, die Carter 1991/92 für das Ehepaar Heinz und Ursula Holliger schrieb. Heinz Holliger spielte Inner Song erstmals im April 1992 im Rahmen der Wittener Tage für neue Kammermusik zum 20. Todestag des Komponisten Stefan Wolpe, dem das Stück gewidmet ist. Carter ging für seine musikalische Hommage

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von Wolpes Suite im Hexachord für Oboe und Klavier aus. Unter ­einem Hexachord versteht man eine Reihe von sechs stufenweise aufeinanderfolgenden Tönen. Sie bilden hier die Grundlage für ­ruhige, weitgespannte kantable Bögen – den verinnerlichten Gesang des Titels. Dieser könne einerseits im Sinne von Introvertiertheit und damit als persönliches Gedenken an Wolpe interpretiert werden, schreibt der Musikwissenschaftler Henning Eisenlohr. Andererseits beinhalte er den Gedanken, dass Musik menschliche Erfahrungen auszudrücken vermag, gerade auch solche, die mit Worten nicht zu fassen sind. In die gleiche Richtung weist auch ein Vers aus einem der Sonette an Orpheus von Rainer Maria Rilke, den Carter unter sein Stück gesetzt hat – wobei er versicherte, diese Assoziation sei ihm nachträglich gekommen: „Worte gehen noch zart am Unsäglichen aus …“

Franz Schuberts acht Impromptus D 899 und 935 datieren wahrscheinlich von 1827. Nur zwei von ihnen erschienen zu ­Lebzeiten des Komponisten im Druck: Sie seien „als Kleinigkeiten zu schwer“, erklärte ihm der Mainzer Schott-Verlag. Mit dem ­Begriff Impromptu verbinden sich Vorstellungen einer (scheinbar) aus dem Stegreif geschaffenen Dichtung oder Musik. Schuberts Stücke wirken allerdings kaum improvisiert, sondern greifen die verschiedenen Satztypen der Sonate auf. Ohnehin geht die Be­ nennung wohl auf seinen Verleger zurück. Das träumerische Impromptu in Ges-Dur, das einem langsamen Satz entspricht, lebt von dem Gegensatz zwischen der ruhigen ­gesanglichen Melodie in dem schreitenden Rhythmus lang – kurz – kurz, der so typisch für Schubert ist, und einer figurierten Mittelstimme aus zarten, fließenden Arpeggien. Ein wenig dramatischer und bewegter, aber dennoch mit dem Anfang eng verwandt ist der Mittelteil. Die Melodie verwendet nun größere Intervalle und ihr Tonumfang erweitert sich. Auch die linke Hand wird eigenständiger, setzt Akzente durch Sforzati und Auftakte, bevor die Musik zur Ruhe des Anfangs zurückkehrt.

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„Die Oboe ist vor allem ein melodisches Instrument“, formulierte Hector Berlioz die zu seiner Zeit herrschende Meinung. In Solowerken konnte sich Kantabilität jedoch mit einem erheblichen Maß an Virtuosität verbinden, denn die Oboe war im 19. Jahrhundert kein Laieninstrument und daher in der Hausmusik kaum vertreten. Auch das Morceau de Salon des Tschechen Johann Wenzel Kalliwoda von 1859 verbindet Melodienreichtum mit mitreißenden figurativen Passagen. Hinter einer einfachen Bogenform scheint das für Salonkompositionen typische potpourriartige Prinzip durch, das auf ­Abwechslungsreichtum abzielt. Jeder Teil verfügt über zwei einprägsame melodische Ideen: So kontrastiert der „agitato“ überschriebene Beginn in g-moll mit einem schwungvollen Thema in B-Dur, das die Oboe in mehreren Ansätzen immer höher führt, bis sie über eine Kette chromatisch ansteigender Triller ein drei­ gestrichenes G erreicht, den höchsten Ton, der im 19. Jahrhundert von diesem Instrument verlangt wurde. Am Beginn des Mittelteils steht eines der damals beliebten alpenländisch gefärbten Themen, das mehrfach variiert und brillant gesteigert wird. In seiner Klang­ sprache scheint das Morceau der Oper verwandt, was ausgesprochen ­typisch ist für eine Zeit, die sich für Paraphrasen und Variationen über Opernmelodien begeisterte. Kalliwoda selbst war Violinvirtuose und wirkte von 1822 bis 1866 als Hofkapellmeister in Donaueschingen. Waren seine ersten Symphonien u. a. von Robert Schumann begeistert aufgenommen ­worden, so ließ das Interesse an seinen Werken schon zu Lebzeiten merklich nach. Aus seinem vielfältigen Schaffen haben sich bis ­heute vor allem einige konzertante Bläserwerke im Repertoire gehalten. Als sein beliebtestes Werk gilt ein Concertino für Oboe und Orchester.

Charles Martin Loeffler wurde 1861 wahrscheinlich in Berlin geboren, auch wenn er selbst behauptete, aus dem Elsass zu stammen. Ab 1874 studierte er in Berlin und Paris Geige und Komposition. Da sein Vater aus politischen Gründen zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt worden war, distanzierte sich Loeffler von allem Deutschen – seine Liebe galt der französischen Kultur. 1881 emigrierte er in die USA und wurde im folgenden Jahr Konzertmeister des Boston Symphony Orchestra. Nachdem er sich 1903 aus

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dem Orchester verabschiedet hatte, trat Loeffler weiter als Kammer­ musiker auf, unterrichtete, leitete einen Knabenchor, gehörte ­verschiedenen Wettbewerbsjurys und dem Board der Boston Opera Company an – und bewirtschaftete außerdem einen Bauernhof. Seine Zwei Rhapsodien gehen auf drei Lieder für Bariton, ­Klarinette, Viola und Klavier zurück, die Loeffler 1898 für den ­Klarinettisten Léon Pourtau komponierte. Ob sie damals aufgeführt wurden, ist allerdings unklar, da Pourtau im selben Sommer bei ­einem Schiffsunglück ums Leben kam. Angeregt durch den fran­ zösischen Oboisten Georges Longy, ebenfalls Mitglied des Boston Symphony Orchestra, arbeitete Loeffler einige Jahre später die ­ersten beiden Stücke für Oboe, Viola und Klavier um. Aus dem dritten wurde eine Symphonische Fantasie für Orchester und Orgel. Die Texte der Lieder stammten von Maurice Rollinat, einem Dichter der Baudelaire-Nachfolge und Vertreter der Décadence. Als Décadent und Symbolist galt auch Loeffler, der seiner Biographin Ellen Knight zufolge großes Gewicht auf die „Klangfarbe, Nuancen, den Gefühlsausdruck sowie die Beschwörung von Atmosphären und Stimmungen“ legte: „Wie die Dichter reizte ihn das Exotische, Außergewöhnliche und Exquisite, Zauberei, sehnsüchtige und ­melancholische Stimmungen sowie oft das Makabre.“ Rollinats Gedichte sind der Partitur vorangestellt. L’Étang beschreibt einen Teich voller „sehr alter Fische“ und das „plätschernde Grauen ­seiner Trübe“ sowie darüber den Mond, „einen innwendig erleuchteten Totenkopf“, der „sich in einem dunklen Spiegel beschaut“. Das ­lyrische Ich von La Cornemuse lässt die Erinnerung an den fernen, „flöten- und oboenartigen“ Klang eines Dudelsacks nicht los, ­obgleich der Spieler tot ist: „Immer, tief in meiner Seele, in den Ecken alter Furcht, höre ich wie einst den Dudelsack ­stöhnen.“ Wie die Flöte des Pan gilt auch der Dudelsack – für dessen Spielpfeifen in Frankreich wie für Oboen meist Doppelrohrblätter verwendet wurden – als Hirteninstrument. In Loefflers Rhapsodien laufen so die Fäden des heutigen Abends zusammen: die Oboe als ländliches Instrument und als Verwandte der menschlichen Stimme, deren Gesang Ausdruck von Empfindungen jenseits der Worte ist.

Antje Reineke promovierte an der Universität Hamburg mit einer Arbeit über Benjamin ­Brittens Liederzyklen. Neben der Musik Großbritanniens gilt ihr besonderes Interesse dem Lied des 19. bis 21. Jahrhunderts.

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Melody, Metamorphosis, and Memory Music for Oboe and Friends

Thomas May

Serving as a beacon for the entire orchestra during the ritual of tuning before a performance, the oboe as we essentially know it emerged around the time of Jean-Baptiste Lully in the mid-17th century. Further refinements made in the later 19th century by Paris instrument makers led to the Conservatoire oboe that set the modern standard. The oboe’s French associations are preserved in the name itself, derived from hautbois (literally, “high wood”). In his Treatise on Orchestration, Hector Berlioz noted that “the oboe is above all a melodic instrument [possessing] a rustic character, full of tenderness, even of bashfulness.” That emphasis on cantabile playing betrays the Romantic era’s perspective, and in the 19th century the oboe most frequently figured as an orchestral instrument. Beethoven, for example, makes the oboe a quasi-protagonist in the “Eroica” Symphony. “Because of the difficulties associated with reeds and the patience required to produce an acceptable tone quality,” according to the Grove Dictionary of Music, “the oboe [of the 19th century] never became popular as an amateur instrument and was little used in domestic music-making.” During the 20th century, the oboe, which played a crucial role in the Romantic orchestral repertoire, came back into its own as a solo instrument—a development, Grove remarks, that was “largely inspired by the playing of a number of fine oboists.” Cristina Gómez Godoy, who has been the Staatskapelle Berlin’s principal oboist since 2013, has chosen a wide range of works demonstrating this new solo prominence for her Pierre Boulez Saal solo debut.

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Camille Saint-Saëns: Sonata for Oboe and Piano The program begins, appropriately, with music by a French composer written for Louis Bas, student of Georges Gillet, a foundational figure in modern oboe playing. Camille Saint-Saëns’s epic lifespan encompasses the heyday of Romanticism and the birth pangs of Modernism, with the result that an artist who once championed the revolutionary new music of Liszt and Wagner ended up a staunch musical conservative. He outlasted Debussy, whose music made no sense to him, and was still vigorously at work into his 86th year, in 1921, when he wrote the Oboe Sonata. Even though his output was enormous, Saint-Saëns fell victim to the changing tides of musical fashion, and nowadays only a handful of his works, mostly from the 1870s and ’80s, remain in the repertoire. Saint-Saëns had emerged as a prodigy pianist—he introduced all five of Beethoven’s concertos to skeptical French audiences— yet his understanding of the oboe and its capabilities makes his too-rarely-heard sonata one of the key works in the solo repertoire. Indeed, it stands out during a period of draught when other major composers showed little interest in taking up the oboe’s cause. Debussy, ironically, had intended to do so in his final chamber compositions, but succumbed to cancer in the last year of the First World War. Saint-Saëns, too, focused on wind instruments at the end of his life in a deliberate effort “to broaden the repertoire of those instruments that are otherwise so neglected.” In 1921, in addition to the Op. 166 Sonata, he completed accompanied sonatas for the clarinet and bassoon and intended to continue with works for the flute and English horn. The Oboe Sonata is the first work from this project. Saint-Saëns designed an unusual trajectory, such that each of its three movements increases in tempo. The graceful cantabile of the opening Andantino readily evokes the pastoral archetype Berlioz had in mind, while the central and longest movement bookends its charming neoclassicism with ad libitum passages. The work closes with a virtuosic finale punctuated by almost martial calls-to-attention on the piano.

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Benjamin Britten: Six Metamorphoses after Ovid Of exceptional importance for the modern oboe literature, these miniatures illustrate the instrument’s expressive capacity without accompaniment and without the use of extended playing techniques. Thematically, too, they draw on Benjamin Britten’s affinity for classical antiquity and poetry. Six Metamorphoses after Ovid is a mature work dating from 1951 and premiered in June of that year as part of the Aldeburgh Festival, which Britten had co-founded. Originally, his vision was for the oboist to perform while standing afloat on a raft. Joy Broughton, daughter of Britten’s composer friend Rutland Broughton and also the work’s dedicatee, felt unsafe doing so and ended up performing while standing on an island. Metamorphoses by the Roman poet Publius Ovidius Naso (43 BC – 17/18 AD), otherwise known as Ovid, has been the catalyst for some of the most beloved figures in Western literature (including Shakespeare). Britten, in what for him was an unusual example of using a literary source as the basis for a purely instrumental composition, chose six figures from this treasury, creating for each of them a readily discernible musical profile that, even in the absence of text setting, reminds us of his acumen as a musical dramatist and indeed psychologist. The composer inscribed into the score the following descriptions of each piece, which are separated by pauses for breath: “(I) Pan who played upon the reed pipe which was Syrinx, his beloved; (II) Phaeton who rode upon the chariot of the sun for one day and was hurled into the river Padus by a thunderbolt; (III) Niobe, who, lamenting the death of her fourteen children, was turned into a mountain; (IV) Bacchus at whose feasts is heard the noise of gaggling women’s tattling tongues and shouting out of boys; (V) Narcissus who fell in love with his own image and became a flower; and (VI) Arethusa who, flying from the love of Alpheus the river god, was turned into a fountain.” Nikos Skalkottas: Concertino for Oboe and Piano During last season’s musical focus on Greece at the Pierre Boulez Saal, several programs presented music by the unjustly neglected Nikos Skalkottas. In 1921, the year in which Saint-Saëns composed his Oboe Sonata, the teenage Skalkottas moved to Berlin

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to take up a violin scholarship at the Hochschule für Musik. He had been born on the island of Euboea into a musical family and was already a violin student at the Athens Conservatory at the age of ten. In Berlin, Skalkottas soon switched from violin to composition and briefly took lessons from Kurt Weill, but the most consequential influence came when he found a mentor in Arnold Schoenberg (from 1927 to 1932), who recalled later that the young Greek was one of his most talented students. Weimar Berlin was the backdrop against which Skalkottas began developing a challenging atonal style of his own—he composed the first-ever dodecaphonic piano concerto, for example—and he succeeded in getting several works performed there. To make ends meet, he played violin in silent cinema orchestras; later, he found the support of a wealthy young Greek patron until they had a falling out. Along with the catastrophic political situation, Skalkottas suffered financial and emotional crises that compelled him to return to Greece in 1933, where he faced hostility or indifference from many of his musical peers. Although he intended to return to Berlin, he remained in Athens for the rest of his life, playing violin with the main orchestras to make a living. He became increasingly reclusive yet continued to write music, pursuing his own path with numerous 12-tone compositions as well as some tonal pieces. The Concertino for Oboe and Piano dates from this final Greek period and was written in 1939 for one of Skalkottas’s peers in the State Orchestra of Athens. The composer later envisioned the Concertino as part of a larger series of solo chamber pieces (including bassoon and trumpet) with piano accompaniment to be performed in a single concert. On its own terms, the compact Concertino, in three movements of highly contrasting characters, synthesizes Skalkottas’s penchant for classicizing forms (very much in the air, however ironically applied, in Weimar Berlin of the 1920s) with his comparatively spontaneous approach to atonality and his admiration for the rhythmic verve of Stravinsky. The Concertino offers the soloist, Skalkottas noted, “the opportunity [to play] rational, virtuosic variations” as well as a bit of “musical dancing, which can please, entertain, and intrigue the interest of the dear listener.”

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Elliott Carter: Inner Song The most recent work on tonight’s program, Inner Song originated in 1992 as a dual homage from Elliott Carter. First, he wrote it as a memorial piece on the occasion of a festival, in Witten, celebrating the late composer Stefan Wolpe. The performer, the Swiss oboist, conductor, and composer Heinz Holliger, was a close friend of Carter as well, and the work is dedicated to him. Carter in the same year also made Inner Song the inner part of Trilogy, the outer parts of which (Bariolage and Immer neu) are for oboe and harp and were written for Holliger and his late wife Ursula, an eminent harpist. The piece takes shape as an extended solo song, a contemporary perspective on Berlioz’s “cantabile” that also makes use of techniques such as multiphonics. Carter drew inspiration from one of the Sonnets to Orpheus by Rainer Maria Rilke (II.10). He singled out its last two stanzas as providing the music’s “motto”: But existence is still enchanting for us; in hundreds of places it is still pristine. A play of pure forces, which no one can touch without kneeling and adoring. Words still peter out into what cannot be expressed… And music, ever new, builds out of the most tremulous stones her divinely consecrated house in unexploitable space. Charles Martin Loeffler: Two Rhapsodies for Oboe, Viola, and Piano The composer and violinist Charles Martin Loeffler endured the trauma of his father’s political imprisonment, on account of his beliefs, when he was a boy, and he came to despise the Prussian society into which he had been born—to the point of fabricating his origins and claiming he was not from Schöneberg but Alsace. After studying violin and composition first with Joseph Joachim and later in Paris, he moved to the United States in his 20s, a country he declared was “quick to reward genuine musical merit and to reward it far more generously than Europe.” Loeffler became a concertmaster with the Boston Symphony Orchestra but retired in 1903 to his home in New England to focus on composition and farming. The highly cosmopolitan Loeffler cultivated a wide circle

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of artistic friends, including John Singer Sargent, who painted his portrait. Loeffler possessed an omnivorous curiosity that made him open to a wide range of stylistic influences, including, in some pieces, jazz (he maintained a friendship with George Gershwin). This extended as well to his tastes in literature and art, from the ancient classics to Symbolist poetry. His Francophile passions are evident in the Two Rhapsodies, which originated as songs that Loeffler wrote in 1898 to poems by the Baudelaire disciple and decadent Maurice Rollinat, L’Étang (“The Pond”) and La Cornemuse (“The Pipes”). The combination of oboe and viola has a long history from the Baroque, here coopted to a late-Romantic aesthetic with a strong leaning towards French style. Loeffler’s sensitive, fluid melodic lines are traced by the oboeviola pairing. The piano, which sets the scene for each Rhapsody, provides the backdrop and unsettling aura depicted by the poems: a “death’s head” moon overhanging a pond in the first and the plaintive, ghostly wind that echoes the sounds made by a dead piper in the second. Loeffler harnesses the idiosyncratic and fantasychasing aspects connoted by rhapsody to convincingly dramatic scenarios, making these pieces all the more richly poetic. Franz Schubert: Impromptu No. 3 in G-flat major The improvisational dimension that emerges in various other pieces on this program is often linked to the Romantic predilection for fantasy and miniaturism, which in turn seem to be anticipated by those exquisite and beloved late-period works of Schubert known as the Impromptus. The growth of the middle-class market for amateur pianists was another reason that miniature forms began to replace what by this time seemed the old-fashioned genre of the piano sonata. Schubert succeeded in publishing only three of his piano sonatas during his lifetime. Indeed, it was his publisher who imposed the title “impromptus” when he agreed to print the pieces Schubert was working on in 1827. But what model did the composer have in mind when he composed what we know as D 899 and D 935, each in groups of four? Schubert’s autograph score numbers these works consecutively (I–IV and V–VIII, respectively), which may suggest a two-part anthology or a sequel. And while they share certain formal and

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stylistic traits, each piece is so distinctive in character that any can be performed as a self-standing piece—as they may well have been at Schubert’s musical gatherings with friends. The G flat–major Impromptu, unusual in its choice of key, radiates an air of nocturnal fantasy that also comes close to the lyrical wholeness and mood-­ setting of Schubert’s lieder—a song that does not lack words because they are already so implicit, for each listener, in the tones. Johann Wenzel Kalliwoda: Morceau de Salon The Prague-born Johann Wenzel Kalliwoda (also known as Jan Kalivoda) presents a fascinating case study of the fluctuations in musical reputation. He achieved fame as both a violinist and a composer, winning a position as court Kapellmeister in Donau­ eschingen, where he presided over a vast range of musical activities for decades, performing as well as composing. A key transitional figure, Kalliwoda helped spread the renown of such fellow composers as Robert Schumann, who initially praised his work but later critiqued it as superficial. He was extremely prolific across all the genres, publishing nearly 250 works in his lifetime and leaving many more in manuscript, and widely performed—one of his orchestral pieces even made it onto the very first concert by what would later be known as the New York Philharmonic. But almost nothing of this versatile composer’s legacy remains today. The Morceau de Salon—the single work for oboe from the 19th century heard tonight—represents an alternative outlet for the instrument beyond its appearance as an integral part of the newly consolidated modern Romantic orchestra: in lighter chamber pieces meant to entertain in the salon. Dating from 1859, the work was highly popular during the composer’s life (and still is among oboists). It charmingly highlights the instrument’s potential for tender reverie— the opening section unfolds like a fantasy—but soon expands to give free rein to virtuosity in the sequence of variations at the center. A vertiginous high G—at the time, the limit of the oboe’s range— brings both the piece and tonight’s program to a brilliant close.

Thomas May is a freelance writer, critic, educator, and translator whose work has appeared in The New York Times and Musical America. He regularly contributes to the programs of the Lucerne Festival, Metropolitan Opera, and Juilliard School, and his books include Decoding Wagner and The John Adams Reader.

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