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Grenchen

Nr. 13 | Donnerstag, 28. März 2019

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REGIONALE FIRMEN STELLEN SICH VOR

Der Spezialist fürs Erdreich: Einsame Spitze GRENCHEN Ein Klick genügt, und Geomatiktechniker Markus Flück weiss auf den Millimeter genau, wo sich in Grenchens Erdreich Nieder- oder Hochspannungs-, Wasser- oder Gasleitungen befinden; welchen Durchmesser sie haben, wann sie eingebaut oder saniert wurden. Markus Flück ist der «Mr. GIS» von der SWG. GIS steht für Geographisches Informations-System und damit eine nicht ganz unkomplizierte Materie. Das Porträt eines der besten GIS-Spezialisten der Schweiz und leidenschaftlichen Pilzsammlers und Buchautors. JOSEPH WEIBEL (TEXT UND FOTO)

Markus Flück ist einer der besten GIS-Spezialisten der Schweiz.

ch weiss, Markus Flück ist leidenschaftlicher Pilzsammler, und ich will von ihm eine Bestätigung meiner Annahme erhalten: Der letzte heisse Sommer war wohl ein schlechtes Pilzjahr? Denkste. Markus Flück erzählt von einem grösseren Fund von Steinpilzen in seiner Heimat im Thal. «Steinpilze lieben Wärme.» Und woher beziehen sie bei dieser Trockenheit Wasser? «Sie holen sich die Feuchtigkeit bei der Rottanne, mit der sie eine Lebensgemeinschaft bilden.» Damit ist das Gespräch lanciert – und nach einer guten halben Stunde ist nicht klar: Bin ich nun wegen dem Geomatiker oder Pilzexperten Flück hier? Kein Thema. Sein Beruf und Hobby haben mehr Gemeinsamkeiten, als man denkt.

cher Pilz ist das?» 416 Seiten, 458 Farbfotos und 180 Farbzeichnungen. 2016 wurde die fünfte Auflage gedruckt. Zwischenzeitlich hat er weitere Fachliteratur publiziert, unter anderem ein Pilzkochbuch. Die Bücher sind zum Teil in fünf anderen Sprachen erhältlich. Mit 20 habe ihn diese Leidenschaft gepackt, sagt der heute 59 Jahre alte Mann, der vor anderthalb Jahren bei den SWG noch einmal eine neue berufliche Herausforderung gefunden hat. Vor gut 30 Jahren absolvierte er schweizweit die beste Prüfung als Pilzkontrolleur und übt dieses Amt seither in Oensingen und sechs weiteren Gemeinden aus.

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Herausgeber von Pilzliteratur

Auf dem Tisch liegt eine Sammlung von Pilzbüchern auf. 1995 erschien das erste Buch mit dem Titel: «Wel-

Der Perfektionist

Markus Flück ist ein Perfektionist. Sein Wissen über das Reich mit rund 5000 verschiedenen Pilzarten ist verblüffend. Den feinen und unterschiedlichen Geschmack von Pilzen kennen viele unter uns. Aber wer

weiss, dass der Fruchtmantel einiger Pilzarten mit Flüssigkeit von Baumwurzeln versorgt wird? Weisse Fäden wandern bis 1,2 Meter in die Tiefe und docken beim Wurzelwerk verschiedener Bäume an. Das System mit diesen unzähligen weissen Fäden von den verschiedensten Pilzarten vergleicht Markus Flück mit dem Datenaustausch, wie es beim Netzwerk des Internets geschieht. Das bringt ihn auf eine logische Erkenntnis: «Das 1989 kommerzialisierte World Wide Web war in dem Sinne nicht ganz neu. Das gab es schon unter Tag.» – Voilà!

Der Geometer

Wie finden wir nun den Übergang von den Pilzen zum geographischen Informationssystem, kurz: GIS? Ganz einfach. Markus Flück beamt einen Teil des Grenchner Untergrunds auf die Projektionswand und eröffnet den Blick auf eine Zeichnung, die ebenso das Metronetz einer Grossstadt widerspiegeln könnte.

Wir sehen einen Teil der unter Boden gelegten Stromleitungen im Bereich des Hofwegs in Grenchen. Vor anderthalb Jahren hat Markus Flück bei den SWG seine Tätigkeit als GIS-Spezialist aufgenommen und das geographische Informationssystem auf die Bedürfnisse seines neuen Arbeitgebers programmiert. Die GIS-Daten widerspiegeln Punkte, Flächen, Koordinaten, Art und Namen von verlegten Leitungen; das verwendete Material, der Durchmesser, Funktion, Baujahr und weitere wichtige Daten. Auf einen einfachen Nenner gebracht, könnte man sagen, es ist das Leitungsinventar der SWG und trägt zur schnellen Findung von Leitungsstörungen, zur Planung von Neueinbauten oder Sanierungen bei. Zusammen mit der GIS-Operateurin der SWG und Mitarbeitern der Baudirektion werden die Leitungen im GIS der SWG detailliert nachgeführt. Die Baudirektion ist nach wie vor für die Feldaufnahmen verantwortlich, die seit 2012 schweizweit von Gesetzes wegen in Lage und Höhe vorgeschrieben sind. Dafür stellt die SWG ein modernes GPS-Vermessungsgerät zur Verfügung.

Die neue Herausforderung

Der GIS-Spezialist lernte einst den Beruf des Vermessers. Wie in vielen anderen Professionen geschah vieles von Hand. Grundbuchpläne wurden damals noch mit der Reissfeder auf Karton, später auf eine mit Papier beschichtete Aluminiumplatte gezeichnet und bei Bedarf immer wieder nachgeführt. Das geschah aber nicht nach dem System «Pi mal Daumen», sondern die Pläne wurden auf einen Zehntel-Millimeter genau gezeichnet. Nach einem Zwischenstopp bei zwei kleineren Ingenieurbüros ging er zurück zu seinem Lehrbetrieb, BSB+Partner. Ab 1995 baute er dort mit dem Softwareprogramm GEONIS ein umfangreiches Geografisches Leitungsin-

formationssystem auf, unter anderem auch für die SWG. Anschliessend wechselte er zu einer GIS-Softwareentwicklerin. Bis vor anderthalb Jahren arbeitete er dort. «Ich sah für mich kein Entwicklungspotenzial mehr und nahm deshalb bei den SWG noch einmal eine neue Herausforderung an.»

Der Wald ruft immer wieder

Hat dieser Mann noch ein Privatleben? Natürlich. Er ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn und lebt mit seiner Frau im Eigenheim im Naturpark Thal. Wenn er nicht gerade am Pilze sammeln und kontrollieren, am Schreiben oder Kurse geben ist, so steht er gerne auf den Ski, geht mindestens einmal wöchentlich ins Fitnesscenter. Und sicher verbringt er gemeinsam mit seiner Frau eine Woche im Süden. An den restlichen Ferientagen zieht es in gewöhnlich in den Wald zu «seinen» Pilzen. Und wenn die Gemeinsamkeiten seines Berufs und Hobbys vielleicht nicht augenscheinlich oder logisch erscheinen, so haben das scheinbar wilde Durcheinander der weissen Pilzfäden und das geordnete Leitungssystem eines Energieversorgers halt doch ganz viel gemeinsam.

> SWG SENKT ERDGASPREIS Per Ende 2018 hin haben die Gaspreise auf dem Weltmarkt nachgelassen. Der SWG-Vorlieferant für Erdgas, der Gasverbund Mittelland, senkt deshalb die Arbeitspreise per 1. April 2019. Die SWG hat sich dazu entschieden, den Arbeitspreis per 1. April 2019 deshalb ebenfalls anzupassen. Der Leistungspreis bleibt unverändert. Der Erdgaspreis wird ab 1. April 2019 um 0.5 Rp./kWh gesenkt. Weiterführende Tarifdetails finden Sie unter http://www.swg.ch/de/ kundendienst/downloads

DAS KUNSTHAUS INFORMIERT ...

REGIONALE FIRMEN IM BLICKPUNKT

Uwe Wittwers Ausstellung «Die schwarzen Sonnen» im Kunsthaus Grenchen

Eine überaus positive Erscheinung

Geschichte und Erinnerung

GRENCHEN Zufälle, sagt man, gibt es keine. Das gilt auch für Maria Dietrich-Rinaldi, als sie vor genau 20 Jahren ihr Coiffuregeschäft in Grenchen eröffnete. Gestern Mittwoch hat sie ihren «Runden» gefeiert. Ihr damaliger Entscheid, der auf verschiedenen Fundamenten fusste, bereut sie keinen Moment. «Ich freue mich noch auf viele weitere Geschäftsjahre», schmunzelt sie.

CLAUDINE METZGER

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elle Augen in einem dunklen Gesicht schauen uns ernst und auch etwas traurig an. Es ist das Porträt eines Mädchens. Frisur und Kleidung deuten darauf hin, dass es sich eher um ein älteres Bildnis handeln muss, und wir fragen uns, wer hier wohl dargestellt ist. «Porträt negativ» (2008) gehört zu einer Serie von Porträts, die als Teil der aktuellen Einzelausstellung von Uwe Wittwer im Kunsthaus Grenchen zu sehen ist. Uwe Wittwer (*1954) ist einer der bedeutendsten Maler innerhalb der Schweizer Gegenwartskunst. Sein figuratives Werk kreist um die grundlegenden Fragen nach dem Wesen des Bildes und nach dem Zusammenhang von Bild und Erinnerung. Als Ausgangspunkt dienen ihm oft Bilder, die er im Internet findet und nach seinen Vorstellungen neu interpretiert. Für «Porträt negativ» hat Uwe Wittwer auf Fotos aus einem digitalen Archiv zurückgegriffen, welche Frauen zeigen, die während des 2. Weltkriegs aus ihrer Heimat Ostpreussen vertrieben worden sind. Er setzt die Vorlage in seinem Aquarell nun aber nicht eins zu eins um, sondern er kehrt die hellen und dunklen Partien in ihr Gegenteil. Dadurch entsteht der Eindruck, es handle sich um ein Negativ. Gleichzeitig verleihen die Transparenz des Farbauftrags und die Unschärfe der Darstellung dem Bildnis etwas Irreales. Dies wirft die Frage auf, wie glaubwürdig Fotografien die Realität abbilden oder ob sie nicht vielmehr eine Interpretation der Realität darstellen.

JOSEPH WEIBEL (TEXT UND FOTO)

Uwe Wittwer, «Porträt negativ», 2008, Aquarell, 180 x 154 cm, CC BY-SA 4.0 Atelier Uwe Wittwer Auch wenn der 2. Weltkrieg den historischen Hintergrund mehrerer Arbeiten von Uwe Wittwer bildet, ist nicht der Krieg an sich das zentrale Thema seines Schaffens. Vielmehr interessiert ihn, wie Information von einer Person zur nächsten transportiert und durch die neuen Medien transformiert wird. Kunst hat in diesem Prozess immer eine wichtige Rolle gespielt. Inwiefern dies zutrifft, kann man noch bis am 26. Mai 2019 in der Ausstellung im Kunsthaus Grenchen erfahren. Die Ausstellung «Uwe Wittwer – Die schwarzen Sonnen. Gemälde, Aquarelle und Inkjetprints» im Kunsthaus Grenchen dauert bis am 26. Mai 2019. Führungen: Mittwoch, 27. März 2019, 18.30 Uhr, mit Claudine Metzger; Sonntag, 28. April 2019, 11.30 Uhr, mit Claudine Metzger; Mittwoch, 8. Mai 2019, 18.30 Uhr, mit Anna Leibbrandt.

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estartet mit ihrem Geschäft «Coiffure Ambiente» war sie an der Bettlachstrasse. Seit 2007 sind Wohn- und Geschäftshaus eins und an der Jurastrasse 70 in Grenchen angesiedelt. Maria Dietrich-Rinaldi erinnert sich noch gut: «Es war damals die letzte bebaubare Parzelle in diesem Quartier. Angesichts der guten Lage haben wir nicht mehr lange überlegt.»

«Ich glaube an Grenchen»

Coiffuregeschäfte gab es viele. «Damals», so Maria Dietrich-Rinaldi, «war ich Nummer 34.» Heute seien es in der Stadt über 60 Mitbewerber – die «Heimwerker» nicht miteingerechnet. Und trotzdem lebe es sich ganz gut, sagt sie. Wenn sie auf die zwei Jahrzehnte zurückschaue, so könne sie keine grösseren negativen Punkte entdecken. Wenn man der engagierten Geschäftsfrau zuhört, spürt man eine überaus positive Denk- und Lebensweise. Auf die entsprechende Frage, ob

Maria Dietrich-Rinaldi feiert ihr 20-Jahr-Jubiläum mit ihrem Coiffuregeschäft Ambiente an der Jurastrasse 70 in Grenchen. sie in Grenchen aufgewachsen sei und es ihr hier gefalle, sagt sie ohne Zögern: «Ja, ich bin hier aufgewachsen und lebe hier. Und ich gehöre zu den Menschen, die an Grenchen glauben.» Sie spricht von einem guten Quartier, in dem sie lebt. Man frage sie immer wieder: Was hat sich in den letzten 20 Jahren verändert? «Kunden, die eine Dauerwelle haben möchten, gibt es kaum mehr.» Heute tragen die Frauen lange und gerade Haare. Dafür würden die Haare bunter. «Den Wunsch nach ‹waschen und legen› hört man seltener.» Dafür schätze sie die manchmal intensiven Gespräche mit Kundinnen und Kunden. Ab und zu können wir auch miteinander herzhaft lachen.

Mutter und Geschäftsfrau

Maria Dietrich-Rinaldi ist nicht nur eine gewandte Haarkünstlerin, son-

dern auch Mutter von Tochter Laura und Sohn Dario. Die Tochter mache derzeit eine Lehre auf der Post, der Sohn besuche die achte Klasse. Angefangen habe sie deshalb vor 20 Jahren mit einem Teileinsatz. Kompensiert wurde ihre Abwesenheit durch Teilzeitangestellte. So war es ihr möglich, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Ihre Lehre machte sie bei Haute Coiffure Kaiser in Biel. Sie habe Kundinnen, die sich schon in der Lehre von ihr hätten frisieren lassen und es noch heute tun. Und so sieht sie recht gelassen den kommenden Jahren entgegen. Ihr gefällt ihre Profession – nach wie vor. «Ich möchte mich bei meinen treuen Kunden ganz herzlich bedanken für die letzten 20 Jahre – und noch für viele weitere!»


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